3
Z. Anal. Chem. 274, 359-361 (1975) by Springer-Verlag 1975 Bestimmung von Aciditfitskonstanten aus digitalen potentiometrischen Titrationskurven ohne Kenntnis der genauen Einwaage A. Binder und S. Ebel Fachbereich Pharmazie und Lebensmittelchemieder Philipps-Universit/it Marburg a. d. Lahn, Abteilung ffir Analytische Chemic Eingegangen am 3. Dezember 1974 Determination of Acidity-Constants by Digital Potentiometric Titrations without Exactly Known Weight of Substances. An explicit equation can be derived for acidity constants from the basic equations of the titration- curves of weak acids. Furthermore, an iterative optimization procedure for the initial concentration of the sub- stance can be derived from the systematically deviation of calculated pK-values. Thus, the determination of acidity constants is possible also without exactly known weight of substances, within the precision of the method (standard deviation 0.01 pK-units). Zusammenfassung. Aus dem Basisgleichungssatz ffir die Titrationskurve der Titration schwacher S/iuren oder Basen 1/iBt sich explizit eine Gleichung fiir den pK-Wert angeben. Aus dem systematischen Gang der pK-Werte wird ein Verfahren zur Optimierung der Anfangskonzentration abgeleitet, so dab auch ohne Kenntnis der genauen Einwaage Acidit/itskonstanten mit der vollen Genauigkeit von 0,01 pK-Einheiten bestimmt werden k6nnen. Best. von Acidit/itskonstanten; Potentiometrische Titration; ohne Kenntnis der genauen Einwaage. Zur Bestimmung yon Acidit/its- bzw. Basizit/itskon- stanten schwacher S/iuren oder Basen aus digitalen potentiometrischen Titrationskurven eignen sich in besonderem MaB zwei Verfahren: die explizite Auf- 16sung des der Titrationskurve zugrundeliegenden Basisgleichungssatzes [2] oder eine entsprechende Umrechnung und Linearisierung [1,3, 6, 7]. Beide Verfahren sind auch in organischen L6sungsmitteln oder in gemischten L6sungsmittelsystemen anwend- bar [3,4]. Als weiteres Verfahren kommt noch die nichtlineare Regressionsanalyse in Frage [8,9], doch mul3 hierbei dann auch der mittlere Aktivit/itskoeffi- zient beriicksichtigt werden, wenn man thermodyna- mische Konstanten bestimmen will. In der Praxis steht man oftmals vor dem Problem pK-Werte von Substanzen ermitteln zu mtissen, deren Einwaage nicht exakt bestimmbar ist. Speziell bei hygroskopischen Substanzen w/ire es von gr613tem Nutzen, wenn man mit einer ungef/ihren Einwaage auskommen wtirde. Es soll deshalb in dieser Ver- 6ffentlichung ein Verfahren beschrieben werden, durch das pK-Werte auch in solchen F/illen mit der vollen Genauigkeit bestimmt werden k6nnen. Im einfachsten Fall genfigt es, die Titrationskurve zu linearisieren. Die Bestimmung von pK-Werten nach diesem Verfahren . wurde von Hofstee [6] ver6ffentlicht und sp/iter von Benet u. Goyan [1] genauer untersucht. Leeson u. Brown [7] ber/icksichtigen die Volumen/inderung w/ihrend der Titration. Durch Einftihrung des mitt- leren Aktivit/itskoeffizienten [2] ergibt dieses Verfah- ren unmittelbar die thermodynamischen Acidit/its- konstanten. Aus der der Bestimmung zugrundeliegen- den G1. (1) ersieht man, dab der Ordinatenabschnitt der gesuchten Anfangskonzentration entspricht und dab die Steigung der aus G1. (1) resultierenden Gera- den, aus der Ka bzw. Kb errechnet wird, unabh/ingig vonder Anfangskonzentration ist. 1 z = C a- Ka "z'al-Ia~ (1) 1 i Gln. (1) und (3) gelten nur fiir ungeladene schwache S/iu- ten. F/Jr geladene S/iuren und schwache Basen gelten etwas andere Ausdrticke [2, 3].

Bestimmung von Aciditätskonstanten aus digitalen potentiometrischen Titrationskurven ohne Kenntnis der genauen Einwaage

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Bestimmung von Aciditätskonstanten aus digitalen potentiometrischen Titrationskurven ohne Kenntnis der genauen Einwaage

Z. Anal. Chem. 274, 359-361 (1975) �9 by Springer-Verlag 1975

Bestimmung von Aciditfitskonstanten aus digitalen potentiometrischen Titrationskurven ohne Kenntnis der genauen Einwaage

A. Binder und S. Ebel

Fachbereich Pharmazie und Lebensmittelchemie der Philipps-Universit/it Marburg a. d. Lahn, Abteilung ffir Analytische Chemic

Eingegangen am 3. Dezember 1974

Determination of Acidity-Constants by Digital Potentiometric Titrations without Exactly Known Weight of Substances. An explicit equation can be derived for acidity constants from the basic equations of the titration- curves of weak acids. Furthermore, an iterative optimization procedure for the initial concentration of the sub- stance can be derived from the systematically deviation of calculated pK-values. Thus, the determination of acidity constants is possible also without exactly known weight of substances, within the precision of the method (standard deviation 0.01 pK-units).

Zusammenfassung. Aus dem Basisgleichungssatz ffir die Titrationskurve der Titration schwacher S/iuren oder Basen 1/iBt sich explizit eine Gleichung fiir den pK-Wert angeben. Aus dem systematischen Gang der pK-Werte wird ein Verfahren zur Optimierung der Anfangskonzentration abgeleitet, so dab auch ohne Kenntnis der genauen Einwaage Acidit/itskonstanten mit der vollen Genauigkeit von 0,01 pK-Einheiten bestimmt werden k6nnen.

Best. von Acidit/itskonstanten; Potentiometrische Titration; ohne Kenntnis der genauen Einwaage.

Zur Bestimmung yon Acidit/its- bzw. Basizit/itskon- stanten schwacher S/iuren oder Basen aus digitalen potentiometrischen Titrationskurven eignen sich in besonderem MaB zwei Verfahren: die explizite Auf- 16sung des der Titrationskurve zugrundeliegenden Basisgleichungssatzes [2] oder eine entsprechende Umrechnung und Linearisierung [1,3, 6, 7]. Beide Verfahren sind auch in organischen L6sungsmitteln oder in gemischten L6sungsmittelsystemen anwend- bar [3,4]. Als weiteres Verfahren kommt noch die nichtlineare Regressionsanalyse in Frage [8,9], doch mul3 hierbei dann auch der mittlere Aktivit/itskoeffi- zient beriicksichtigt werden, wenn man thermodyna- mische Konstanten bestimmen will.

In der Praxis steht man oftmals vor dem Problem pK-Werte von Substanzen ermitteln zu mtissen, deren Einwaage nicht exakt bestimmbar ist. Speziell bei hygroskopischen Substanzen w/ire es von gr613tem Nutzen, wenn man mit einer ungef/ihren Einwaage auskommen wtirde. Es soll deshalb in dieser Ver- 6ffentlichung ein Verfahren beschrieben werden, durch das pK-Werte auch in solchen F/illen mit der vollen

Genauigkeit bestimmt werden k6nnen. Im einfachsten Fall genfigt es, die Titrationskurve zu linearisieren. Die Bestimmung von pK-Werten nach diesem Verfahren . wurde von Hofstee [6] ver6ffentlicht und sp/iter von Benet u. Goyan [1] genauer untersucht. Leeson u. Brown [7] ber/icksichtigen die Volumen/inderung w/ihrend der Titration. Durch Einftihrung des mitt- leren Aktivit/itskoeffizienten [2] ergibt dieses Verfah- ren unmittelbar die thermodynamischen Acidit/its- konstanten. Aus der der Bestimmung zugrundeliegen- den G1. (1) ersieht man, dab der Ordinatenabschnitt der gesuchten Anfangskonzentration entspricht und dab die Steigung der aus G1. (1) resultierenden Gera- den, aus der Ka bzw. Kb errechnet wird, unabh/ingig vonder Anfangskonzentration ist.

1 z = C a - Ka "z 'a l -Ia~ (1) 1

i Gln. (1) und (3) gelten nur fiir ungeladene schwache S/iu- ten. F/Jr geladene S/iuren und schwache Basen gelten etwas andere Ausdrticke [2, 3].

Page 2: Bestimmung von Aciditätskonstanten aus digitalen potentiometrischen Titrationskurven ohne Kenntnis der genauen Einwaage

360

4.90 �9

4.85.

/,,.80 -

/ , . 76 ..c

Z. Anal. Chem., Band 274, Heft 5 (1975)

I~K a

+

4

- I - 4 - + "t- +

4- .I- +

4- + @

4"

-I"

+

v R iml] i i i

I 2 3

J R EINBBBE / LLER NERTE/

I FUER RLLE\

NERTE \

i ~ERECHNUNB

PKR

i LINERRE

RE~RESS ON

CR=N.~*CRI

C R = I . I ~ C R ~ C R = ~ . * C R

I

Abb. 1. Scheinbare Abh/ingigkeit des pK,-Wertes yon der Reagenszugabe. Beispiel: Essigs~iure Ca -- 2,053 �9 10 -2 Mol/1 aus Einwaage der Essigs/iure ergibt sich C a = 2,171 �9 10 -2 Mol/1, MeBkette ohne Qberf~hrung, C x = 5.10 -3, Va = 20,00 ml, C a = 0,0957 N-NaOH, pK, = 4,765 (theo- ret. Wert 4,756) (ohne Optimierung 4,812)

[ -a"3~ Kw ]. va+va (2) z = [ f+ alt3o "f+ ] va

Insgesamt wird mit diesem Verfahren nicht die Genauigkeit erreicht, wie es der Me6genauigkeit entsprechen k6nnte. Die Extrapolation auf Ca ist au6erdem mit Fehlern behaftet. Bei der Bestimmung yon Acidit~itskonstanten fiber die Aufl6sung des Basisgleichungssatzes geht - wie aus G1. (3) hervor- geht - die Anfangskonzentration unmittelbar in den Wert ffir K, ein.

an3o" f ! (Kw - a~n3o - an3of• CT) K a ~ 2 all30 -b aHaof+ (C T CB)- K~ (3)1

r 1)R Cr - (4)

va + VR

C A �9 U A ca = (5)

v~ + VR

Bei richtigem Wert fiir CA zeigt der Wert ffir Ka bzw. pK~ nur durch die endliche Meggenauigkeit bedingte statistische Schwankungen um einen Mittelwert, Lediglich die ersten Megwerte und Punkte in unmittel- barer N~ihe des Aquivalenzpunktes zeigen aus nume- rischen Grfinden [(CT--CB) lfiuft gegen 0] etwas

I

I [DCa=DcR/~ I I FUER R L L E \

NE~TE \

~HNUNSl R I

~ LINERRE I EB~ESBIBN I

I~R=cR+~nl t /nus~R~cK/

1 [CR=CR-t>C~I

1

Abb.2. Flu6diagramm zur Ermittlung yon pK,-Werten mit Optimierung ffir CA

gr6Bere Abweichungen. Bei einem falschen Wert ffir CA dagegen tritt ein ganz charakteristischer Gang des pKa-Wertes in Abh[ingigkeit von der Reagenszugabe auf (Abb. 1)" Bei zu grog angesetztem Ca nimmt pK, laufend zu, w~ihrend bei einem zu geringen Wert ffir CA eine systematische Verringerung des berechneten pKa-Wertes eintritt.

Es ist deshalb ohne weiteres m6glich, fiber eine relativ einfache Optimierungsrechnung auch bei nicht genau bekanntem Ca exakte pK-Werte zu bestimmen: aus den Eingangsdaten wird zun/ichst ffir jeden Meg- punkt der scheinbare pK,-Wert ermittelt. Aus einer linearen Regressionsanalyse pKa = g (VR) - die Abweichung yon der Linearitfit ist uninteressant, da nur die Richtung des systematischen Ganges der pKa-Werte ben6tigt wird - wird bestimmt, ob CA ZU grog oder zu klein war und ein neuer Wert ffir Ca angenommen. In einer anschliegenden Optimierungs- rechnung wird mit Hilfe einer bin~iren Intervall- schachtelung Ca optimiert. Bei einer Abweichung von 4-10% betdigt die optimierte Genauigkeit ffir C A

nach 8 Iterationen ca. 0,04 %, liegt also dann besser als es die Meggenauigkeit zul/i6t. Der Rechengang kann aus dem folgenden Flugdiagramm entnommen werden. Interessenten stellen wir das Programmlisting (in ALGOL 60) auf Anforderung zur Verffigung. Eine Ver6ffentlichung aller Programme (auch ffir andere Rechner, z. B. HP 9830) ist in Vorbereitung [5].

Den ganz charakteristischen EinfluB der Optimie- rungsrechnung auf die berechneten pK,-Werte zeigt

Page 3: Bestimmung von Aciditätskonstanten aus digitalen potentiometrischen Titrationskurven ohne Kenntnis der genauen Einwaage

A. Binder und S. Ebel: Bestimmung von Acidit/itskonstanten 361

5,02

PKa , ~o I teration

0.103 1 A

A

5.04-

2X

z~ A zx

. ~A A

.,- 0100/.

. . . . . . ~176 o o~176 01001 a a m o~cz~eaa a a ~ C 1

vv~ 4.98 " v " , v-,,, 0.0994

v

q .

v

4,95 �9 ,w

- - , i l i

1 2 3 4

4

o. o97~ 2 v~ [mlI

Abb. 3. EinfluB der iterativen Optimierung ftir CA auf den Gang der pK,-Werte. Theoretische Titrationskurve pK, = 5,000, C A = 0,025, C• = 0,1, VA = 20,0, Die Ausgangs- konzentration wurde nm + 3 % zu hocb angenommen und dann iterativ optimiert

Abb. 3, wobei allerdings nur 6 I terat ionen gezeichnet wurden.

Besehreibung der Versuche. Alle notwendigen An- gaben finden sich in [2].

Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft ffir die UnterstfJtzung dieser Arbeit dutch Sach- und Personal- mittel.

Literatur

1. Benet, L. Z., Goyan, J. E.: J. Pharm. Sci. 54, 983, 1179 (1965)

2. Binder, A., Ebel, S.: diese Z. 272, 16 (1974) 3. Binder, A., EbeI, S.: diese Z. :2?4, I19 (1975) 4. Binder, A., Ebel, S. : Arch. Pharmaz. (ira Druck) 5. Ebel, S. : Metrohm-Bulletin (in Vorbereitung) 6. Hofstee, B. H. J. : Science 131, 39 (1960) 7. Leeson, L. J., Brown, M.: J. Pharm. Sci. 55, 431 (1966) 8. Meites, T., Meites, L. : Talanta 19, 1131 (1972) 9. Waldmeier , K., Rellstab, W.: diese Z. 264, 337 (1973)

Prof. Dr. S. Ebel, Fachbereich Pharmazie und Lebensmittelchemie der Universitfit, D-3550 Marburg a. d. Lahn, Marbacher Weg 6, Bundesrepublik Deutschland