2
Nr. 40, Freitag, 7. Oktober 2011 baublatt 19 unbekannt war, zur Auswahl. Auf das Spühl- bohren wurde aus Platzgründen (kein Platz für das Vorschweissen und Einziehen der PE-Leitung ab dem unteren Abschnitt der Rütistrasse) ver- zichtet und man entschied sich für das Berstlining. Auch weil in der Offerte der Firma Brunschwiler AG die Lieferung und das Schweissen der Rohre inbe- griffen waren und diese preislich sehr interessant ausfiel. Die Besonderheit dieser Baustelle lag darin, alle beteiligten Firmen in der drei- wöchigen Vollsperrung so zu koordinie- ren, dass ein reibungsloser Bauablauf möglich war. Das Zeitfenster für die ein- zelnen Unternehmen war sehr eng, eine kleine Unstimmigkeit hätte die Vollsper- rung gefährdet. FORTSETZUNG AUF SEITE 20 Berstlining Rohrerneuerung ohne Graben Bei der Erneuerung einer 60 Jahre alten Rohrleitung entschied man sich in Baden für das grabenlose Berstlining-Verfahren, das in der Aargauer Stadt erstmals zur Anwendung kam. Die Verantwortlichen berichten über ihre Erfahrungen mit der Technik. Von Gianfranco Giampa* INFO In der Schweiz bieten nebst der Brunschweiler AG folgende Firmen das Berstliningverfahren an: • Emil Keller AG, Winterthur/Marthalen ZH • Menegola AG, Amriswil TG • Fuster Tiefbau AG, Heiden AA • WZ-Systems Gerätetechnik GmbH, Lenzburg AG • Klammsteiner Kabel- und Leitungsbau, Zuzwil BE • Gawatech AG, Neuhausen am Rheinfall SH • Wild Armaturen AG, Jona-Rapperswil SG I m Zusammenhang mit der Sanierung der Rütistrasse in Baden entschied man sich bei der Regionalwerke AG Baden, die bestehende Transport- und Versorgungsleitung zum Reser- voir zu sanieren. Bei der bestehenden Leitung handelte es sich um eine Graugussleitung NW von 400 Millimetern Durchmesser aus dem Jahr 1950. Diese wurde in einem steilen Hang verlegt (Steigung circa 45 Prozent). Klar war dabei von Anfang an, dass man die Graugussleitung durch ein PE-Rohr ersetzen würde. Gewählt wurde ein HDPE-Rohr NW mit 450 Millimetern Durchmes- ser und einem zusätzlichem Schutzmantel der Marke Simona. Als mögliche Varianten kamen herkömmliches Graben, Spühlbohrung oder Berstlining (siehe «Hintergrund» auf Seite 20) in Frage. Wobei auf die Variante Graben in einem solch steilen Hang schnell aus Sicherheits- und Kostengründen ver- zichtet wurde. Nun standen noch das in unserem Netz bei Sanierungen vielfach bewährte Spühl- bohren und das Berstlining, dass bei uns noch Bilder: zvg Dank des grabenlosen Vorgehens musste die Rütistrasse nur drei Wochen gesperrt werden. Der Berstkopf mit dem neuen Rohr, das im selben Arbeitsgang eingezogen wird. PRAXIS

Bilder: zvg Berstlining Rohrerneuerung ohne Graben · 2016. 2. 10. · Firma Brunschwiler AG die Lieferung und das Schweissen der Rohre inbe-griffen waren und ... zvg Dank des grabenlosen

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Bilder: zvg Berstlining Rohrerneuerung ohne Graben · 2016. 2. 10. · Firma Brunschwiler AG die Lieferung und das Schweissen der Rohre inbe-griffen waren und ... zvg Dank des grabenlosen

Nr. 40, Freitag, 7. Oktober 2011 baublatt 19

unbekannt war, zur Auswahl. Auf das Spühl- bohren wurde aus Platzgründen (kein Platz für das Vorschweissen und Einziehen der PE-Leitung ab dem unteren Abschnitt der Rütistrasse) ver-

zichtet und man entschied sich für das Berstlining. Auch weil in der Offerte der Firma Brunschwiler AG die Lieferung und das Schweissen der Rohre inbe-griffen waren und diese preislich sehr interessant ausfiel. Die Besonderheit dieser Baustelle lag darin, alle beteiligten Firmen in der drei-wöchigen Vollsperrung so zu koordinie-ren, dass ein reibungsloser Bauablauf möglich war. Das Zeitfenster für die ein-zelnen Unternehmen war sehr eng, eine kleine Unstimmigkeit hätte die Vollsper-rung gefährdet. FORTSETZUNG AUF SEITE 20

Berstlining

Rohrerneuerung ohne GrabenBei der Erneuerung einer 60 Jahre alten Rohrleitung entschied man sich in Baden für das grabenlose Berstlining-Verfahren, das in der Aargauer Stadt erstmals zur Anwendung kam. Die Verantwortlichen berichten über ihre Erfahrungen mit der Technik.Von Gianfranco Giampa*

INFOIn der Schweiz bieten nebst der Brunschweiler AG folgende Firmen das Berstliningverfahren an:

• Emil Keller AG, Winterthur/Marthalen ZH• Menegola AG, Amriswil TG• Fuster Tiefbau AG, Heiden AA• WZ-Systems Gerätetechnik GmbH, Lenzburg AG• Klammsteiner Kabel- und Leitungsbau, Zuzwil BE• Gawatech AG, Neuhausen am Rheinfall SH• Wild Armaturen AG, Jona-Rapperswil SG

Im Zusammenhang mit der Sanierung der Rütistrasse in Baden entschied man sich bei der Regionalwerke AG Baden, die bestehende

Transport- und Versorgungsleitung zum Reser-voir zu sanieren. Bei der bestehenden Leitung handelte es sich um eine Graugussleitung NW von 400 Millimetern Durchmesser aus dem Jahr 1950. Diese wurde in einem steilen Hang verlegt (Steigung circa 45 Prozent). Klar war dabei von Anfang an, dass man die Graugussleitung durch ein PE-Rohr ersetzen würde. Gewählt wurde ein HDPE-Rohr NW mit 450 Millimetern Durchmes-ser und einem zusätzlichem Schutzmantel der Marke Simona.Als mögliche Varianten kamen herkömmliches Graben, Spühlbohrung oder Berstlining (siehe «Hintergrund» auf Seite 20) in Frage. Wobei auf die Variante Graben in einem solch steilen Hang

schnell aus Sicherheits- und Kostengründen ver-zichtet wurde. Nun standen noch das in unserem Netz bei Sanierungen vielfach bewährte Spühl-bohren und das Berstlining, dass bei uns noch

Bild

er: z

vg

Dank des grabenlosen Vorgehens musste die Rütistrasse nur drei Wochen gesperrt werden.

Der Berstkopf mit dem neuen Rohr, das im selben Arbeitsgang eingezogen wird.

PRAXIS

Page 2: Bilder: zvg Berstlining Rohrerneuerung ohne Graben · 2016. 2. 10. · Firma Brunschwiler AG die Lieferung und das Schweissen der Rohre inbe-griffen waren und ... zvg Dank des grabenlosen

20 baublatt Nr. 40, Freitag, 7. Oktober 2011 Nr. 40, Freitag, 7. Oktober 2011 baublatt 21

Warum hat die Stadt Baden beim Eingriff in der Rütistrasse das Berstlining-Verfahren gewählt?Die Verantwortlichen hatten mit verschiedenen Firmen Kontakt und haben mehrere Vorgehens-weisen angeschaut. In dem steilen Hang, in dem das Rohr zu ersetzen war, stellte sich dabei das Berstlining als technisch beste Variante dar, die zudem innerhalb der kurzen Bauzeit von drei Wochen realisierbar und von allen Techniken am günstigsten war.

Welche Vorabklärungen mussten getroffen werden?Wir mussten drei Sachen überprüfen. Zum Ers-ten die Überdeckung des alten Rohres. Hier gilt die Faustregel, dass diese das Zehnfache der geplanten Verdrängung betragen muss. Im Klar-text: Wir hatten ein altes Rohr von 400 Millime-tern Durchmesser und ein neues von 450 Milli-metern. Also wurde mit einer maximalen Ver-drängung von rund 100 Millimetern gerechnet, womit die Überdeckung mindestens einen Me-ter betragen musste, was hier der Fall war.Als Zweites untersuchten wir, welche Einbet-tung die alte Leitung hatte; ob sie direkt im Erd-reich lag oder einbetoniert war. Durch gezielte

Sondagen konnten zwei betonierte Widerlager freigelegt werden.Die dritte Frage lautete: Weist das Rohr Rich-tungsänderungen auf? Denn das Berstlining-verfahren ist für gradlinige Rohrverlegungen ausgelegt. Zu starke Bögen oder etwa Etagen können nicht durchfahren werden.

Die Richtungsänderung bei der Rütistrasse lag also im Bereich des Möglichen?Das ist so. Die alten Rohre waren, vereinfacht gesagt, mit Muffen ineinandergesteckt. Und alles, was mit Muffen ausgelenkt wurde, kön-nen wir mit dem Berstliningverfahren ebenfalls durchfahren. Wenn es ein Formstück drin hat, zum Beispiel ein 30-Grad-Bogen, dann kommt es auf die Rohrdimension an, ob die Richtungs-änderung durchfahren werden kann. So ähn-lich wie ein Auto einen bestimmten Wende- radius benötigt. Bei der Rütistrasse massen wir im oberen Bereich 80 Prozent Gefälle und im unteren 40 Prozent. Also wussten wir, dass es auf der zu berstenden Strecke eine Richtungs-änderung haben musste. Diese haben wir loka-lisiert, freigelegt und gesehen, dass wir sie mit dem Berstgestänge durchfahren können.

Wie geht ein Rohreinzug vor sich?Dieser findet mit hydraulischen Zugmaschinen und wenn immer möglich von oben nach unten statt. Dies hat zwei Gründe. Der erste Grund ist das Eigengewicht des Neurohres. Wir hatten hier 72 Meter Neurohr von total rund vier Tonnen Ge-wicht. Da es von den Baustellengegebenheiten her möglich war, konnten wir das Rohr von oben nach unten ziehen und gleichzeitig die Schwer-

kraft beim Einzug mithelfen lassen. So musste keine zusätzliche Zugkraft beim Einzug für das Eigengewicht des Neurohres aufgebracht wer-den. Der zweite Grund ist die Arbeitssicherheit. Das Berstgestänge, welches auch als Führung dient, wird jeweils entgegengesetzt der Zugrich-tung in die alte Leitung eingeschoben. Dies geschieht mit sogenannten Klinken. Da bei Alt-rohren mit Gefälle das Gestänge beim Einschie-ben Hang aufwärts zusätzlich durch die Klinken gegen Rückwärtsrutschen gesichert ist, wird wenn immer möglich das Berstgestänge von unten nach oben eingeschoben.

Seit wann verwenden Sie die Berstlining-Technik?Hier müssen wir unterscheiden zwischen dem dynamischen und dem statischen Bersten: Das dynamische Berstlining ist schon seit etwa 30 Jahren bekannt und wird auch schon so lange von uns angewendet. Beim statischen Berst- lining, wie an der Rütistrasse, sind wir vor über zehn Jahren eingestiegen. Wir waren die erste Schweizer Firma, die entsprechendes Equipment gekauft und eingesetzt hat.

Ist die Technik inzwischen etabliert?In gewissen Städten ja, wie zum Beispiel St. Gal-len, Luzern, Thun, Winterthur und natürlich Baden. Dort ist es seit Jahren Stand der Technik und wird wo immer möglich angewendet. Zum einen, weil es meistens die schnellste Bauweise ist, zum anderen, weil die Technik meist auch die günstigste ist. Es gibt aber auch einige Städte und Gemeinden, aber auch Firmen und Planer, die noch nie vom Berstlining gehört haben. (bk)

NAchGeFRAGt … beI MIcheL SchWARb

Michel Schwarb (35) ist Maschinenbau-ingenieur und Bauführer bei der Firma Brunschwiler AG, Sirnach, die das Berstlining in Baden durchführte.

Das Berstlining-Verfahren, das vor rund 30 Jahren entwickelt wurde, ist eine Technik zur grabenlosen Erneuerung von Rohrleitungen in gleicher Trasse. Mit dynamischer oder statischer Energie wird das bestehende Rohr durch einen konisch geformten Berstkörper zerstört und radial nach aussen in das Erdreich verdrängt. Davor wird nach Bedarf auch ein Schneidkopf montiert. Beim statischen Berstlining, das in der Schweiz seit gut zehn Jahren bekannt ist (siehe «baublatt» 11/2008) und in Baden zur Anwendung kam, wird der «Sprengkörper» mittels Hydraulik durch die alte

Leitung gezogen, wobei das vom anderen Ende der zu ersetzenden Leitung eingeführte Berstgestänge als Führungsschienen dient. Unmittelbar mit dem Berstprozess, meist direkt an den Berstkopf mon-tiert, wird das neue Rohr nachgezogen, in derselben oder in grösserer Dimension. Mit dem Verfahren können Altrohrleitungen aller Materialien erneuert werden. Als Material für die neuen Rohre eignen sich Steinzeug, Beton, Stahl und diverse Kunststoffe. Es ist mit der Methode auch mög-lich, mehrere Medienrohre gleichzeitig einzuziehen. (bk)

hINteRGRuNd

Querschnitt einer Berstlining-Baustelle, bei der das neue Rohr von links nach rechts eingezogen wird:

1 Startbaugrube2 Neurohr3 Berstkörper4 Schneidkopf5 Berstgestänge6 Altrohr7 Zielbaugrube8 Berstlafette

Dank seiner Dimensionierung zerstört der Berstkopf das alte Rohr, das ins Erdreich gedrückt wird.

Hierbei war die Granella-Gruppe gefordert, die den Hauptauftrag für die Sanierung erhalten hat. Das Team aus dem Bereich Strassen- und Tief-bau war für die Grabarbeiten der Werkleitungen, die neue Fundationsschicht und das Setzen der Randabschlüsse zuständig. Parallel dazu trug eine Mannschaft der Granjet Granella AG den Konstruktionsbeton der Konsolköpfe und den Mörtel der Randabschlüsse mit Hilfe von Was-serhöchstdruck ab. Diese Arbeiten wurden mit Roboter und Hand-lanzen durchgeführt. Anschliessend reprofilierte man die Betonkonstruktion und brachte die Spachtelung und Hydrophobierung auf. Beim Wiederaufbau und der Reprofilierung der Beton-konstruktion wurde ein frosttausalzbeständiger Beton verwendet, um die Langlebigkeit auch bei harten Wintern zu garantieren.

Noch schneller als geplantDie Firma Brunschwiler AG aus Sirnach TG, ei-nes der führenden Spezialtiefbauunternehmen im Bereich der grabenlosen Rohrerneuerung (siehe «Info» auf Seite 19) war für den Einbau der neuen Rohrleitung mit dem sogenannten Berstlining-Verfahren zuständig. Die wohl wichtigste Tatsa-che hierbei ist, dass es sich um ein Verdrän-gungsverfahren handelt: Für das einzuziehende Neurohr wird mittels Verdrängung ein Hohlraum geschaffen. Je nach Bodenbeschaffenheit hat dies einen wesentlichen Einfluss auf den erfolg-reichen Rohreinzug. Daher ist es wichtig, im Vor-

n Bauherr Regionalwerk AG, Baden AG

n Berstlining Brunschweiler AG, Sirnach TG

n Grabarbeiten, Betonsanierung Granella AG, Würenlingen TG

n Wasserhöchstdruck Granjet Granella AG, Würenlingen TG

n Rohre Simona AG, Möhlin AG

n Rohrschweissungen Scheidegger Leitungsbau GmbH, Arni BE

beteILIGte

Die Lafette, von der aus der Berstkopf mittels Hydraulik durchs Rohr gezogen wird.

feld der Baustellenabklärungen so viele Informa-tionen wie möglich über die zu berstende Leitung und die Umgebung in Erfahrung zu bringen (siehe «Nachgefragt»).Dank der guten Zusammenarbeit aller am Projekt beteiligten Unternehmen und einer strikt einge-haltenen Projektplanung konnte das Bauprojekt in der geforderten Zeit und ohne irgend welche Komplikationen zur Zufriedenheit aller Beteiligten ausgeführt werden. Die Arbeiten ver-liefen so gut, dass der gesamte Deckbelag der Rütistrasse bereits vor Termin während der Voll-sperrung eingebracht werden konnte. n

* Gianfranco Giampa ist Projektleiter Erdgas-, Fernwärme- und Wasserversorgung bei den Regionalwerken Baden.

1 2

8

7

6543

PRAXIS