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spielsweise durch Photospaltung oder -isomerisierung in ein che- misches oder physikalisches Aus- gangssignal umwandeln. Singer und Jäschke entwarfen zu diesem Zweck photochrome Nukleoside, die eine lichtgesteuerte elektrocyc- lische Reaktion eingehen. 1) Die Zielverbindungen bestehen aus ei- ner 7-Deazapurineinheit, die über einen 1,2-Cyclopentenyllinker mit einem substituierten Thiophen ver- knüpft sind. Während der durch kurzwellige UV-Strahlung ausgelös- ten Ringschlussreaktion entstehen stark gefärbte Isomere, die durch Belichtung im sichtbaren Bereich wieder in die farblosen, ringgeöff- neten Formen übergehen (Abbil- dung 1). Bemerkenswert sind das nahezu quantitative Schaltverhal- Nukleotid- modifikationen Das auf wenige Bausteine be- schränkte chemische Repertoire von Nukleinsäuren wird in der For- schung ständig durch neue Nukleo- tidmodifikationen bereichert, wäh- rend aus diversen Organismen ebenfalls ständig über neue Nu- kleotidmodifikationen berichtet wird. Auch im vergangenen Jahr er- weiterte sich so das Repertoire der Einsatzmöglichkeiten von Nuklein- säuren in Chemie und Lebenswis- senschaften. Zu den aktuellen Bei- spielen gehören Photoschalter, post-synthetische Funktionalisie- rung, RNA-Klick-Chemie und kata- lytische Nukleinsäuren. Einige Nu- kleotidmodifikationen haben be- reits die eigentliche Grundlagenfor- schung hinter sich gelassen und be- finden sich in Tests für therapeuti- sche Anwendungen. Neue photoschaltbare Nukleotidmodifikationen Licht ist ein leistungsfähiges und breit anwendbares Werkzeug zur Steuerung der Funktion von Bio- molekülen. In typischerweise licht- unempfindlichen Molekülen kön- nen kleine photoaktive Moleküle Photosensitivität induzieren, die ein optisches Eingangssignal bei- Andres Jäschke, Ronald Micura, Arnold Grünweller, Roland Hartmann, Mark Helm, Wolfgang Liebl, Lars Merkel, Nediljko Budisa, Uschi Sundermann, Susanna Kushnir, Frank Schulz Biochemie 2010 Trendbericht ten, sowie die hohe Reversibilität und Stabilität der Verbindungen. Über die Substituenten sind die Wellenlängen für die Schaltvorgän- ge steuerbar. So ließ sich ein Paar orthogonaler Schalter generieren, die in derselben Probe unabhängig geschaltet werden konnten. Diese Photoschalter sind viel verspre- chende Bausteine für die Synthese lichtempfindlicher Nukleinsäuren, z. B. mit katalytischer Aktivität. 2) Postsynthetische Nukleinsäuremodifikationen Kurze synthetische Oligo- nukleotide lassen sich recht leicht positionsspezifisch mit Farbstoffen, reaktiven Gruppen oder Peptiden cosynthetisch derivatisieren. Post- Abb. 1. Reversibel photoschaltbare Nukleoside auf Diarylethen-Basis. 297 Nachrichten aus der Chemie | 59 | März 2011 | www.gdch.de/nachrichten Nukleotidmodifikationen: Wertvoll für Grundlagenforschung und therapeutische Anwendung. Synthetische Biologie: Was ist sie, welche Perspektiven hat sie und welche Techniken setzt sie ein? Kombinatorische Biosynthese: Jenseits der Polyketide.

Biochemie 2010

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Page 1: Biochemie 2010

spielsweise durch Photospaltung oder -isomerisierung in ein che-misches oder physikalisches Aus-gangssignal umwandeln. Singer und Jäschke entwarfen zu diesem Zweck photochrome Nukleoside, die eine lichtgesteuerte elektro cyc -li sche Reaktion eingehen.1) Die Zielverbindungen bestehen aus ei-ner 7-Deazapurineinheit, die über einen 1,2-Cyclopentenyl linker mit einem substituierten Thiophen ver-knüpft sind. Während der durch kurzwellige UV-Strahlung ausgelös-ten Ringschlussreaktion entstehen stark gefärbte Isomere, die durch Belichtung im sichtbaren Bereich wieder in die farblosen, ringgeöff-neten Formen übergehen (Abbil-dung 1). Bemerkenswert sind das nahezu quantitative Schaltverhal-

Nukleotid - modifikationen

� Das auf wenige Bausteine be-schränkte chemische Repertoire von Nu klein säuren wird in der For-schung ständig durch neue Nukleo-tidmodifikationen bereichert, wäh-rend aus diversen Organismen ebenfalls ständig über neue Nu-kleotidmodifikationen berichtet wird. Auch im vergangenen Jahr er-weiterte sich so das Repertoire der Einsatzmöglichkeiten von Nuklein-säuren in Chemie und Lebenswis-senschaften. Zu den aktuellen Bei-spielen gehören Photoschalter, post-synthetische Funktionalisie-rung, RNA-Klick-Chemie und kata-lytische Nukleinsäuren. Einige Nu-kleotidmodifikationen haben be-reits die eigentliche Grundlagenfor-schung hinter sich gelassen und be-finden sich in Tests für therapeuti-sche Anwendungen.

Neue photoschaltbare Nukleotidmodifikationen

� Licht ist ein leistungsfähiges und breit anwendbares Werkzeug zur Steuerung der Funktion von Bio-molekülen. In typischerweise licht-unempfindlichen Molekülen kön-nen kleine photoaktive Moleküle Photosensitivität induzieren, die ein optisches Eingangssignal bei-

Andres Jäschke, Ronald Micura, Arnold Grünweller, Roland Hartmann, Mark Helm,

Wolfgang Liebl, Lars Merkel, Nediljko Budisa, Uschi Sundermann, Susanna Kushnir, Frank Schulz

Biochemie 2010

�Trendbericht�

ten, sowie die hohe Reversibilität und Stabilität der Verbindungen. Über die Substituenten sind die Wellenlängen für die Schaltvorgän-ge steuerbar. So ließ sich ein Paar orthogonaler Schalter generieren, die in derselben Probe unabhängig geschaltet werden konnten. Diese Photoschalter sind viel verspre-chende Bausteine für die Synthese lichtempfindlicher Nukleinsäuren, z. B. mit katalytischer Aktivität.2)

Postsynthetische Nukleinsäuremodifikationen

� Kurze synthetische Oligo-nukleotide lassen sich recht leicht positionsspezifisch mit Farbstoffen, reaktiven Gruppen oder Peptiden cosynthetisch derivatisieren. Post-

Abb. 1. Reversibel photoschaltbare Nukleoside auf Diarylethen-Basis.

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Nukleotidmodifikationen: Wertvoll für Grundlagenforschung und therapeutische Anwendung.

Synthetische Biologie: Was ist sie, welche Perspektiven hat sie und welche Techniken setzt sie ein?

Kombinatorische Biosynthese: Jenseits der Polyketide.

Page 2: Biochemie 2010

synthetische Methoden für größere Nukleinsäuren und insbesondere für deren interne Positionen sind dagegen kaum entwickelt. Solche Techniken brächten zellbiologische Untersuchungen zur Struktur, Funktion und Dynamik von RNA dramatisch voran. Onizuka und Kollegen berichteten über Oligo-nukleotide mit Funktionalitäts-transfer (functionality transfer oli-gonucleotides), in denen sie die Thiofunktion von 6-Thioguanosin in einem synthetischen DNA-Oligo-nukleotid zunächst mit einem sub-stituierten Methylendiketon deriva-tisieren.3) Bei Hybridisierung mit ei-nem komplementären RNA-Strang (der auch sehr lang sein kann) greift die exocyclische Aminogrup-pe des mit dem Thioguanosin paa-

bildung 3) umsetzen. Sie überträgt dabei statt einer Methylgruppe eine Seitenkette mit einer terminalen Alkinfunktion auf die RNA. Die Al-kinfunktion lässt sich anschlie-ßend per Klick-Chemie beispiels-weise mit einem Farbstoffazid mar-kieren.

CoMA-Methode: Ribonukleotide zur Analyse von DNA-Enzymen

� Desoxyribozyme (DNA-Enzy-me) sind synthetische, einzelsträn-gige DNA-Moleküle, die chemische Umwandlungen mit hoher Selekti-vität katalysieren.5) DNA-Enzyme finden zum Schneiden und Ligieren von RNA-Strängen bis heute neu-artige und wichtige Anwendungen, zum Beispiel kürzlich für die Semi-synthese von nichthydrolysierbaren 3'-Peptidyl-tRNAs6) oder zum Nachweis von tRNA-Nukleosid-Modifikationen.7) Umso erstaunli-cher ist es daher, dass bisher kein DNA-Enzym strukturell in atoma-rer Auflösung charakterisiert wur-de. Deshalb kommt Methoden zur Identifikation der für die Katalyse entscheidenden Nukleotide beson-dere Bedeutung zu. Allerdings ist die traditionelle, systematische De-letion und Substitution individuel-ler Nukleotide und die Analyse der Reaktionskinetik vieler separater Desoxyribozym-Mutanten zeit- und arbeitsintensiv.

Höbartner und Mitarbeiter be-richteten über einen kombinatori-schen Ansatz zur Mutationsinterfe-renz-Analyse. Die Methode lässt sich generell für die Charakterisie-rung funktioneller einzelsträngiger DNA einsetzen und eignet sich be-sonders, um essenzielle Nukleotide in DNA-Enzymen zu identifizie-ren.8) Die kombinatorische Mutati-onsinterferenz-Analyse (CoMA) er-laubt die gleichzeitige Beurteilung der katalytischen Aktivität aller möglichen Punktmutanten eines Desoxyribozyms. Hierfür werden die Desoxyribozym-Mutanten über Festphasensynthese in vier kom-binatorischen Bibliotheken her-gestellt. Zur Kodierung der Nukleo-basenmutation in der Bibliothek

renden Cytidins nukleophil an der a,b-ungesättigten Carbonylgruppe an, übernimmt diese und eliminiert Thioguanosin als Abgangsgruppe (Abbildung 2). Damit gelingt die positionsspezifische interne Deriva-tisierung von RNA in brauchbaren Ausbeuten; zunächst allerdings nur in vitro.

Ein anderer Zugang zur Lösung desselben Problems stellten die Ar-beitsgruppen Motorin, Weinhold und Helm vor.4) Statt der Sequenz-spezifizität eines Oligonukleotids wurde hier die strukturelle Spezifi-zität eines RNA-bindenden Enzyms zur Zielfindung genutzt. Dieses En-zym, eine RNA-Methyltransferase, kann statt ihres natürlichen Cofak-tors S-Adenosylmethionin auch das synthetische Analogon EnYn (Ab-

funktionales DNA-Oligonukleotid

RNA-Zielstrang

5‘

5‘3‘

3‘

Abb. 2. Prinzip des sequenzspezifischen Funktionalitätstransfers. Gezeigt ist der reaktive

Duplex aus funktionalem Oligodesoxynukleotid und RNA-Zielstrang, innerhalb dessen die

Funktionalität zielgerichtet auf das Cytidin im RNA Strang übertragen wird.

Abb. 3. Prinzip der enzymatischen Alkinylierung von RNA durch das Substratanalogon EnYn (links) und

anschließende Konjugation durch CuI-catalysierte Azid-Alkin-1,3-Cycloaddition (CuAAC).

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�Magazin� Biochemie 298

Page 3: Biochemie 2010

Wege). RNAi kann mRNAs, die übermäßig stark exprimiert werden und dadurch Krankheiten verursa-chen (z. B. Krebs, Stoffwechsel-erkrankungen, neurodegenerative Erkrankungen), gezielt blockieren oder durch Abbau ausschalten. Das gleiche Therapieprinzip ist anwend-bar, wenn fremdes genetisches Mate-rial (z. B. Viren) in den Organismus eindringt. Die RNAi-Effektormole-küle sind siRNAs, kleine doppel-strängige RNA-Moleküle mit einem üblicherweise zwei Nukleotide lan-gen 3'-Überhang an beiden Helixen-den. Einer der beiden Stränge wird dann vom Effektorkomplex RISC (RNA-induced silencing complex) selektiert, während der andere Strang von der Endonuklease Ago2 gespalten und abgebaut wird. Der selektierte Strang bindet dabei mit RISC an die Ziel-mRNA, wodurch diese ebenfalls von Ago2 gespalten

für die es bereits klinische Daten aus vorangegangenen Antisense-basier-ten Ansätzen gibt. Dement -sprechend enthalten therapeutische siRNAs in klinischen Tests derzeit typischerweise Phosphorothioate und 2'-Methoxymodifikationen. Der Einbau neuerer Modifikationen in small interfering RNAs (siRNAs) lie-ferte auch im vergangen Jahr wieder Einblicke in den Mechanismus der RNAi.

Ein zentraler Aspekt des RNAi-Mechanismus ist die sequenzspe -zifische Watson-Crick-Basenpaa-rung von siRNAs oder micro RNAs (miRNAs) mit der entsprechenden mRNA. Dadurch wird die mRNA entweder endonukleolytisch gespal-ten und abgebaut (siRNA-Weg), die Translation blockiert oder ein Abbau über Deadenylierung und Decap-ping in zytoplasmatischen Proces-sing (P)-Bodies induziert (miRNA-

dienen die 2'-OH Gruppen von Ri-bonukleotiden als chemische Mar-kierung. Jede Bibliothek besitzt da-her eines der vier Standard-Ribo-nukleotide statistisch verteilt im ka-talytischen Bereich. Der CoMA-Ar-beitsablauf besteht aus vier Schrit-ten (Abbildung 4): a) Festphasensynthese der vier

2'-OH-kodierten kombinatori-schen Mutationsbibliotheken,

b) Trennung aktiver und inaktiver Individuen der Bibliothek,

c) spezifische Spaltung des Rück-grats an mutierten Stellen durch alkalische Hydrolyse und

d) Analyse des Interferenzmusters durch denaturierende Polyacryl -amid-Gelelektrophorese (PAGE). So ließen sich beispielsweise die

katalytisch essenziellen Nukleotide zweier DNA-Enzyme, eines mit RNA-2'-5'-Lariat- und eines mit RNA-3'-5'-Ligase-Aktivität, in hoch-effizienter Weise identifizieren. Da-rüber hinaus macht CoMA es mög-lich, die katalytische Einheit rational zu verkleinern. Bestechend ist die Qualität der experimentellen Daten, welche die Methode liefert, da die al-kalische Hydrolyse ausschließlich die 2'-OH-markierten Rückgratposi-tionen spaltet, während die jeweili-gen DNA-Produktstränge unter den verwendeten Bedingungen absolut stabil sind. Die CoMA-Methode be-sitzt so das Potenzial, in der Charak-terisierung von DNA-Enzymen weg-weisend zu werden.

Verbesserte therapeutische Anwendung der RNA-Interferenz

� RNA-Interferenz (RNAi) ist ein wirksamer, da katalytischer Weg zur gezielten Inhibierung der Gen-expression, an den hohe therapeuti-sche Erwartungen geknüpft werden. Elf Jahre nach der ersten Beschrei-bung der RNA-Intererenz9) und vier Jahre nach der Vergabe des Nobel-preises an Fire und Mello gab es im letzten Jahr bereits über ein Dutzend RNAi-basierte Wirkstoffe in kli-nischen Phasen der Stufe 2.10) Diese zügige Entwicklung geht unter an-derem auf eine breite Palette von Nukleotidmodifikationen zurück,

Abb. 4. Arbeitsablauf der kombinatorischen Mutationsinterferenz-Analyse (CoMA) zur Bestimmung funktioneller

Nukleotide in Desoxyribozymen. (adaptiert nach Lit. 8))

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Biochemie �Magazin� 299

Page 4: Biochemie 2010

und anschließend weiter abgebaut wird. SiRNAs werden nun so kon-zipiert, dass RISC überwiegend den zur Ziel-mRNA komplementären Strang selektiert. Dieser wird als Guide- oder Antisense-Strang be-zeichnet, der andere Strang heißt Passenger- oder Sense-Strang. Die Strangauswahl erfolgt hauptsächlich über einen thermodynamischen Gradienten (Abbildung 5a) zwi-schen den Helixenden der siRNA-Duplex. Wenn die Helixstabilität im 3'-nahen Bereich des Guide-Strangs höher ist als in seinem 5'-Bereich, wird die Selektion des Guide-Strangs begünstigt.11)

Nukleotidmodifikationen wer-den zurzeit verstärkt dazu einge-setzt, Probleme beim therapeuti-schen Einsatz von siRNAs im Men-schen zu entschärfen. Dazu gehört neben dem schnellen Abbau un-modifizierter siRNAs in körper-eigenen Flüssigkeiten wie Blut vor allem das Problem der unspezi-fischen Off-Target-Effekte (zu un-terscheiden von den gewünschten On-Target-Effekten). Gründe für Off-Target-Effekte sind neben ei-ner siRNA-vermittelten Induktion des Immunsystems die unspezi-fische Herunterregulation von Ge-nen. Eine Ursache hierfür liegt da-rin, dass in unseren Zellen auch endogene miRNAs die RNAi-Ma-schinerie zur Genregulation nut-zen. Die Basenpaarung von mi -RNAs mit einer Ziel-mRNA wird dabei im Wesentlichen über eine Seed-Region (Nukleotide 2 bis 8 der miRNA, gezählt vom 5'-Ende) hergestellt. SiRNAs können mi -RNA-ähnliche Effekte hervorrufen, indem sie unspezifisch mit solchen miRNA-Seeds eine kurze Basen-paarung eingehen.

Ein wichtiges Problem bei der Applikation von siRNAs ist die ge-ringe Bioverfügbarkeit, da die Nie-ren siRNA sehr schnell wieder aus-scheiden (renale Clearance). Aus pharmazeutischer Sicht gab es kürzlich zwei Durchbrüche bei RNAi-basierten Wirkstoffen: die erste erfolgreiche Applikation von oral verfügbaren siRNAs12) und den ersten RNAi-Effekt im Menschen,

5'-P 3'-OHGuide (Antisense)-Strang

Passenger (Sense)-Strang

5'5'

5'

5'5'

5'

siRNA-Sensor

miRNA-Seed-Sensor

miRNA-Full-Sensor

c)

a)

P-5'HO-3'

Tm

Seed

Seed

( )

b)

Tm

( )( )

( )

siRNA 1

siRNA 2

Helix-Stabilitäts-Gradient

1 (3'-AS):5 10 15 19

Gkcal/mol)

-7.4

-8.6

Abb. 5. a) Strukturelle und thermodynamische Eigenschaften von siRNA-Duplexen. Gezeigt ist eine

Standard-siRNA mit 19 Basenpaaren (durch vertikale Linien indiziert) und je zwei Nukleotiden, die an

den 3'-Enden überhängen; funktionell wichtig sind zudem die Phosphatgruppen an den 5'-Enden bei-

der Stränge. Der zur Ziel-mRNA komplementäre Strang heißt Guide- oder Antisense-Strang (rot) der

andere Passenger- oder Sense-Strang (blau). Das orangene Dreieck bezeichnet die Spaltstelle durch

Ago2. Im oberen Bereich der Teilabbildung ist die durchschnittliche Stabilität der einzelnen Basenpaa-

re der Duplex für eine Gruppe von 53, in humanen Zellen funktionelle siRNAs dargestellt.17) Auf der

x-Achse bezeichnet 1 das 5'-terminale Nukleotid des Antisense (AS)- oder Guide-Strangs.

b) Darstellung von siRNA mit verschiedenen Nukleotidmodifikationen: RNA (graue Füllung); UNA

(orange); LNA (grün). Die Seed-Region und ein optionales drittes Nukleotid im 3'-Überhang sind ein-

gezeichnet.

c) Experimenteller Nachweis unspezifischer Off-Target-Effekte.15b) Im Fall des siRNA-Sensor-Konstrukts

befand sich eine singuläre Zielsequenz im 3'-UTR der Reporter-mRNA, im Fall des miRNA-Seed-Sensors

enthielt das 3'-UTR stattdessen vier Kopien einer Sequenz, die im Sinne eines miRNA-Targets nur zu

den ersten 8 Nukleotiden der siRNA komplementär waren (Seed Match); im Fall des miRNA-Full-Sen-

sors besaßen die vier miRNA-Targets das Potenzial für eine zusätzliche Basenpaarung mit den Nukleo-

tiden 13 bis 19 des Guide-Strangs, eine Konstellation, die für einige produktive miRNA-Ziel-RNA-Inter-

aktionen beobachtet wird. Zur Vereinfachung ist in der Abbildung nur je eine Kopie des Seed-Sensors

und des Full-Sensors gezeigt.

�Magazin� Biochemie 300

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Page 5: Biochemie 2010

der auf systemische Verabreichung von siRNA-Formulierungen in Na-nopartikeln zurückgeht.13)

Normalerweise nehmen Zellen siRNAs aufgrund ihrer negativ gela-denen Phosphatgruppen nicht spon-tan auf. Auch hier gibt es mittlerwei-le diverse Strategien, um die Auf-nahme von siRNAs in Zellen zu stei-gern, unter anderem Nukleotidmo-difikation (darunter locked nucleic acids, LNAs, Abbildung 5b). Die Verwendung von Cholesterolkon-jugaten, die Transport und zelluläre Aufnahme verbessern, ist eine be-kannte Strategie, die kürzlich um ei-ne Disulfid-Strategie erweitert wur-de (siehe unten). Chen und Kolle-gen zeigten am Beispiel von Zellen des zentralen Nervensystems einen erhöhten RNAi-Effekt Cholesterol-konjugatierter siRNAs gegenüber konventionellen siRNAs, die nur Phosphoro thioate und 2‘-Methoxy -modifikationen enthielten. Die Ein-führung einer Disulfidbrücke zwi-schen siRNA und Cholesterol, um die siRNA im reduktiven Milieu der Zelle freizusetzen, erhöhte den RNAi-Effekt noch einmal deut-lich.14)

Trotz deutlicher Fortschritte gab es bisher kaum Modifikationen oder Modifikationskombinationen, die alle Aspekte der therapeutischen Anwendung von siRNAs verbessern. So geht z. B. eine erhöhte Duplex-Stabilität meist mit einer geringeren Wirksamkeit der siRNAs einher.

Drei Publikationen aus dem La-bor von Jørgen Kjems untersuchten den Einfluss von Unlocked-Nu-cleic-Acids(UNA)- und Locked-Nu-cleic-Acids(LNA)-Modifikationen (Abbildung 5b) auf die Wirksam-keit von siRNAs in vitro und in vi-vo.15) Hier lag ein besonderer Fokus auf Nukleinsäure-Modifikationen, die unspezifische Off-Target-Effek-te verringerten. Dabei stellte sich heraus, dass singuläre positionsspe-zifische UNA-Modifikationen diese Eigenschaft mit sich bringen. UNA-Modifikationen destabilisieren Hy-bridhelices zwischen einer Ziel-RNA und einer Effektor-RNA (si -RNA oder miRNA) um 5 bis 8 °C pro UNA-Baustein. Im Gegensatz

dazu wirken LNA-Modifikationen helixstabilisierend.16)

Wie gelang es nun, die Off-Tar-get-Effekte von siRNAs durch die Einführung von UNA-Modifikatio-nen zu reduzieren? Der Schlüssel hierfür liegt in der Seed-Region des Guide-Strangs. Dieser Bereich, der für die Interaktion mit der Ziel-mRNA unabdingbar ist, steht aller-dings auch im Verdacht, die meisten unspezifischen Effekte auszulösen, indem es zu Basenpaarungen mit miRNA-Seeds in anderen mRNAs kommt. Jesper Bramsen aus der Gruppe von Jørgen Kjems testete deshalb systematisch positionsspezi-fische UNA-Modifikationen in der Seed-Region von siRNAs auf verrin-gerte Off-Target-Effekte; letztere wurden anhand einer Reporter-mRNA mit Seed-Bindungsstellen

evaluiert (Abbildung 5c, miRNA-Seed-Sensor und miRNA-Full-Sen-sor).

Eine UNA-Modifikation – opti-mal geschieht diese an Position 7 der Seed-Region – verringerte Off-Target-Effekte stark, ohne dass die Knock-down-Effizienz für die spe-zifische Ziel-mRNA beeinträchtigt wurde.15b) Zudem erhöhte sich die Vitalität der Zellen. Das Ergebnis impliziert, dass die durch den UNA-Rest vermittelte thermo-dynamische Destabilisierung kei-nen messbaren Effekt auf die etwa 20 Nukleotide lange Basenpaarung zwischen dem Guide-Strang einer siRNA und der dazu komplemen-tären Ziel-mRNA hat. Allerdings werden die kürzeren miRNA-typi-schen Basenpaarungen empfind-lich destabilisiert.

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Biochemie �Magazin� 301

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Page 6: Biochemie 2010

Andres Jäschke, Jahrgang

1962, ist seit dem Jahr 2002

Lehrstuhlinhaber für pharma-

zeutische Chemie an der Uni-

versität Heidelberg. Er studier-

te Chemie an der HU Berlin

und promovierte dort 1993 bei Dieter Cech. Von

1993 bis 1995 war er Postdoktorand bei Alexan-

der Rich am MIT. 2000 habilitierte er sich an der

FU Berlin in bioorganischer Chemie. Seine For-

schungsinteressen umfassen katalytische und

regulatorische Nucleinsäuren, molekulare Schal-

ter sowie Hybridkatalysatoren.

Ronald Micura, Jahrgang

1970, ist seit dem Jahr 2004

Professor für organische Che-

mie an der Universität Inns-

bruck. Er studierte Wirt-

schaftsingenieurwesen/Tech-

nische Chemie an der Universität Linz, wo er

1995 promovierte. Nach einem Postdocaufent-

halt von 1996 bis 1998 an der ETH Zürich und am

Scripps Research Institute habilitierte er sich im

Jahr 2002 an der Universität Innsbruck in organi-

scher Chemie. Sein Forschungsgebiet ist die che-

mische Biologie von Nukleinsäuren.

Roland K. Hartmann, Jahr-

gang 1956, ist seit dem Jahr

2003 C4-Professor am Institut

für Pharmazeutische Chemie

der Universität Marburg. Er

studierte Biochemie an der FU

Berlin. Nach Promotion und Habilitation (1993)

am Fachbereich Chemie der FU Berlin wechselte

er 1995 an das Institut für Biochemie der Univer-

sität Lübeck. Seine Forschungsinteressen sind

katalytischerund regulatorische RNA-Moleküle.

Arnold Grünweller, Jahrgang

1964, ist seit dem Jahr 2004

Akademischer Ober rat in der

Arbeitsgruppe Hartmann an

der Universität Marburg. Er

studierte Biologie an der Uni-

versität Gießen. Nach seiner Promotion 1997 an

der Universität Lübeck im Institut für medizi-

nische Molekularbiologie arbeitete er als Postdoc

am MPI für Molekulare Genetik in Berlin und am

Institut für Biochemie der FU Berlin. Seine For-

schungsinteressen liegen in den Bereichen regu-

latorische RNA-Moleküle, modifizierte Nuklein-

säuren und Regulation der Chromatinstruktur.

Mark Helm, Jahrgang 1969, ist

seit dem Jahr 2009 Professor

für pharmazeutische/medizi-

nische Chemie an der Univer-

sität Mainz. Er promovierte

1999 in Molekularbiologie an

der Universität Straßburg. Es folgten Postdokto-

rate am California Institute of Technology und

an der FU Berlin. Danach war er Forschungsgrup-

penleiter in der Abteilung Chemie am Institut

für Pharmazie und molekulare Biotechnologie

der Universität Heidelberg, wo er sich 2008 in

den Fächern pharmazeutische Chemie und Bio-

chemie habilitierte. Seine Forschungsgebiete:

Strukturdynamik von RNAs, Aufnahme und in-

trazelluläre Verteilung von siRNA-Ribonukleo-

tidmodifikationen, RNA-Biokonjugate.

Eine zweite Ursache für Off-Tar-get-Effekte liegt in der Selektion des Passenger-Strangs anstelle des Guide-Strangs durch RISC. Auch da-durch können ungewollt andere Ziel-mRNAs mit partieller Komple-mentarität zum Passenger-Strang gehemmt werden. Dass der Guide-Strang bevorzugt ist, lässt sich ebenfalls durch die Positionierung von LNA- und UNA-Modifikatio-nen in den 3'-Überhängen der si -RNA-Duplexe erreichen. Als güns-tig erwies sich der Einbau von zwei LNA-Resten in den 3'-Überhang des Guide-Strangs sowie eines singulä-ren UNA-Rests in den 3'-Überhang des Passenger-Strangs (Abbildung 5b; siRNA 1). Die Modifikationen in den 3'-Überhängen erhöhen zu-dem die Biostabilität der siRNA-Du-plexe.15a,b)

Multiple LNA-Modifikationen im Passenger-Strang eignen sich dazu, die Biostabilität und zellulä-re Aufnahme nackter siRNAs zu verbessern, können jedoch die Entwindung des siRNA-Duplex durch RISC und damit den RNAi-Effekt verschlechtern. Kjems und Mitarbeiter zeigten, dass sich der Knock-down mit stärker LNA-mo-difizierten siRNAs verbessert, wenn zwei destabilisierende UNA-Modifikationen im Guide-Strang positioniert werden (Abbildung 5b, siRNA 2).15c)

Schließlich zeigte ein siRNA-Du-plex mit je einer UNA-Modifikation in den 3'-Überhängen gegenüber ei-ner unmodifizierten siRNA-Kontrol-le eine deutlich verbesserte Biostabi-lität und Knock-down-Effizienz in einem Xenograft-Mausmodell eines humanen Bauchspeicheldrüsentu-mors.15a)

Mit LNA- und UNA-Modifika-tionen stehen also Stellschrauben zur Verfügung, welche die Eigen-schaften von siRNAs bezüglich Se-lektivität, Effizienz, Biostabilität und Zell aufnahme verbessern und feinjustieren können. Dies ist ein wichtiger Schritt, um siRNAs für therapeutische Anwendungen zu optimieren.

�Magazin� Biochemie 302

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zierte Kopie der durch Evolution entstanden Erbinformation eines na-türlich vorkommenden Bakteriums. Auch die Zellhülle, in die das syn-thetisierte Genom eingebracht wur-de, war die Hülle eines im Labor ge-züchteten, aber in der Natur existie-renden Bakteriums.

Was ist eigentlich synthetische Biologie?

� Synthetische Biologie ist gar nicht so neu, wie oft vermutet wird. Den Begriff und auch diese Teildisziplin der Biowissenschaften gab es bereits lange vor der Veröffentlichung der Venter-Gruppe.2,3,4) Es fällt schwer, eine kurze, prägnante Definition für synthetische Biologie zu geben, denn viele Experimente, die man da-runter subsumieren kann, werden schon lange durchgeführt. Auch die Übergänge zu Verfahren der Gen-technik, der Systembiologie und des Metabolic Engineering sind flie-ßend. Deshalb bleiben generelle Be-schreibungen der synthetischen Bio-

Synthetische Bio -logie: Perspektiven

� Die Veröffentlichung des J. Craig Venter Institute, erstmals eine Bakte-rienzelle geschaffen zu haben, die durch ein chemisch synthetisiertes Genom gesteuert wird 1) (Abbil-dung 1), erregte im vergangenen Jahr international viel Aufsehen. Wissenschaft, Politik, Medien und Öffentlichkeit diskutierten lebhaft, ob es sich hier um ein erstes Beispiel für von Menschen geschaffenes Le-ben handele. Darüber hinaus wurde der bereits zuvor begonnene Diskurs über Risiken und Chancen der syn-thetischen Biologie intensiviert.

Noch im Monat der Ankündi-gung der Venter-Publikation beauf-tragte der US-amerikanische Prä-sident seine Bioethik-Kommission, eine Studie zur synthetischen Biolo-gie durchzuführen, deren Ergebnisse im Dezember 2010 vorgelegt wur-den.2) Hierzulande hatten schon im Juli 2009 die Deutsche Forschungs-gemeinschaft DFG, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaf-ten acatech und die Deutsche Natio-nale Akademie der Wissenschaften Leopoldina eine gemeinsame Stel-lungnahme veröffentlicht.3)

Beide Studien bescheinigen der synthetischen Biologie großes Inno-vationspotenzial sowohl für die Grundlagenforschung, um ein bes-seres Verständnis über grundlegende Vorgänge in lebenden Zellen zu ge-winnen, als auch für die industrielle Anwendung. Sie befürworten die Fortführung und Förderung dieser Forschungsrichtung unter beglei-tender Abschätzung und ggf. Ein-grenzung möglicher Risiken.

Die Tages- und Online-Presse rea-gierte auf das chemisch synthetisier-te Genom oft sehr effektheischend, die FAZ titelte am 21. Mai beispiels-weise: „Synthetische Biologie: Die Angst vor dem Amok der Mikro-ben“. Allerdings war das von Gibson et al.1) beschriebene Ergebnis beilei-be kein Schöpfungsakt von neuarti-gem Leben. Das von der Venter-Gruppe synthetisierte DNA-Molekül war nämlich eine nur leicht modifi-

logie oft unscharf. Die auf der Inter-netseite http://syntheticbiology.org aufgeführte Beschreibung definiert sehr breit: „Synthetische Biologie ist a) das Design und der Aufbau neuer biologischer Bausteine und Systeme und b) der Nachbau existierender natürlicher biologischer Systeme für nützliche Zwecke. [Synthetic Biolo-gy is a) the design and construction of new biological parts, devices, and systems, and b) the re-design of exis-ting, natural biological systems for useful purposes].“ Hilfreich ist es, die in der synthetischen Biologie verfolgten Strategien und Arbeits-methoden zu betrachten, die sich in Top-down- und Bottom-up-Ansätze einteilen lassen (Abbildung 2).2)

Beim Top-down-Ansatz dienen existierende Organismen und ihre Gene als Basis. Diese werden mit molekularbiologischen Methoden reduziert (im Extremfall bis zum Mi-nimalgenom,5) das nur noch die le-bensnotwendigen Gene enthält) und durch Ersatz von Genen oder Ergän-zung neuer Gene so modifiziert,

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Abb. 1. Vorgehensweise bei Synthese und Transplantation des Genoms von

Mycoplasma mycoides nach Gibson et al.1)

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dass die so erhaltenen, genetisch ver-änderten Organismen verbesserte oder neue genetische oder metabo-lische Eigenschaften aufweisen.

Der Bottom-up-Ansatz baut dage-gen nicht auf existierenden, leben-den Zellen auf. Stattdessen sollen nicht lebendige Komponenten zu künstlichen biologischen Systemen zusammengesetzt werden. So wer-den Module mit bekannter Funktion neu kombiniert und es entstehen Systeme mit neuen Eigenschaften. Das Zusammenfügen derartiger Funktions- oder auch Regulations-module kann in Wirtsorganismen erfolgen oder künftig theoretisch auch in gänzlich künstlichen biolo-gischen Systemen. Exemplarisch für diesen Ansatz initiierten Wissen-schaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT), der Harvard University und der University of Ca-lifornia (UCSF) einen offenen Kata-log von biologischen Standard-DNA-Modulen (Bio Brick standard biological parts), die für grundlegen-de biologische Funktionen kodieren und kombinier- und austauschbar sind.6) Eine große Herausforderung

Hierfür wurden fast 1100 jeweils 1080 bp große, überlappende DNA-Kasetten aus kleinen in vitro synthe-tisierten Oligonukleotiden zusam-mengesetzt und als etwa 10 kbp gro-ße DNA-Stücke in Escherichia coli kloniert. Diese Genomfragmente wurden dann in weiteren Schritten zunächst zu elf etwa 100 kbp großen Abschnitten und diese schließlich zum 1,08 Mbp großen, ringförmigen Gesamtgenom assembliert (Abbil-dung 1, S. 303).1)

Der Trick dabei war es, lebenden Hefezellen den Zusammenbau der in sie transformierten Gemische über-lappender DNA-Fragmente zu über-lassen, denn die Assemblierung, aber auch die Vervielfältigung ins-besondere der großen Genomteile war in vitro oder in Escherichia coli nicht möglich. Auch die Isolierung und die Handhabung von Genom-stücken von 100 kbp oder 1 Mbp Größe war dabei experimentell zu bewältigen. Eine weitere beachtliche Leistung war es, das synthetisch her-gestellte und in Hefe assemblierte Genom von M. mycoides erfolgreich in die Zellhülle einer anderen Myco-

ist es zu lernen, wie man Basismodu-le derart miteinander verknüpft oder in bestehende biologische Systeme einpasst, dass sie sich wie vorherge-sagt verhalten.7)

Die folgenden Beispiele und mög-lichen Anwendungen entstammen vor allem dem Bereich der Mikroor-ganismen. Hier ist, gerade was das Potenzial der synthetischen Biologie in absehbarer Zeit anbelangt, der größte experimentelle Fortschritt zu erwarten.

Genomtransplantation

� Zweifellos handelt es sich bei der Veröffentlichung des J. Craig Venter Institute1) um eine bis dato unver-gleichliche Leistung der Molekular-biologie. Der wissenschaftliche Wert dieser Arbeit besteht vor allem da-rin, wesentliche technische Hürden überwunden zu haben. Erstmals ist es gelungen, ein komplettes bakte-rielles Genom von Mycoplasma my-coides (mit einer Gesamtlänge von etwa 1,08 Mbp übrigens ein ver-gleichsweise recht kleines Bakterien-genom) synthetisch nachzubauen.

Abb. 2. Generelle Vorgehensweisen bei experimentellen Strategien der synthetischen Biologie.

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rer Sequenzen lassen sich so vorher-sagen, was für das Design neuer Po-lyketidsynthesewege hilfreich sein kann. Allerdings ist die funktionelle heterologe Expression von Genclus-tern für große, multimodulare Enzy-me wie PKS nicht trivial.

Synthese von Bulk-Chemikalien: Biokraftstoffe

� Beispiele für in Entwicklung be-findliche neue Verfahren, die Metho-den der synthetischen Biologie nut-zen, sind die fermentative Herstel-lung von Ethanol oder anderen Al-koholen aus Pflanzenzellwand-Poly-sacchariden, die Herstellung von Ethanol aus Glycerin oder die Pro-duktion von Bio-Ölen mit modifi-zierten photosynthetischen Al-gen.17,18)

Erhebliche Schwierigkeiten ma-chen bei der Produktion von Bio-alkoholen aus Lignocellulose die Unlöslichkeit und der ineffiziente Abbau des Pflanzenzellwand-Mate-rials. Der Nachbau von bakteriellen Multienzymkomplexen des Cellulo-seabbaus (Cellulosomen) mit gen-technischen Methoden oder das De-sign neuer Komplexe19) aus natür-lich verfügbaren oder in vitro opti-mierten Enzymbausteinen ist eine Option zur Entwicklung effizienter Biokatalysatoren für den Lignocellu-loseabbau dar. Ein weiteres Problem liegt darin, dass die üblicherweise für die Ethanolproduktion einge-setzten Stämme der Hefe Saccharo-myces cerevisiae die monomerisier-ten Zucker der Lignocellulose, ein Gemisch aus vor allem Glucose und Xylose, nicht effizient zu Ethanol vergären. Diese können entweder nur Glucose verwerten oder, im Fall von modifizierten Stämmen, die auch Xylose verwerten können, Xy-lose nur langsam und erst nach voll-ständigem Verbrauch der Glucose vergären. Vielfach wurde in der Ver-gangenheit bereits versucht, effizient Xylose vergärende Hefestämme zu entwickeln.17) Kürzlich wurden me-tabolisch verbesserte Stämme mit ei-nem hochaffinen Aufnahmesystem für Cellobiose konstruiert.20) Die Hydrolyse dieses Disaccharids aus

tration von 31 mgL–1 zu produzie-ren.

Ein anderes Beispiel ist das seit mehreren Jahren intensiv bearbeitete Gebiet der Biosynthese von natürli-chen und nicht-natürlichen Poly-ketiden durch Polyketidsynthasen (PKS) [s. Nachr. Chem. 2011, 59, 29]. Durch ein immer tieferes Ver-ständnis der Funktionsweise der einzelnen katalytischen Einheiten der PKS9,10) erschließen sich zuneh-mend neue Möglichkeiten, Poly-ketid-Biosynthesewege zu verändern oder neu zu entwerfen (kombinato-rische Biosynthese), um neue phar-mazeutische Wirkstoffe zu gewin-nen. Zhang et al. stellten beispiels-weise mit Escherichia coli als hetero-logem Expressionssystem neue Po-lyketidstrukturen her.11) Weitere Beispiele für den Einsatz von Enzy-men der Polyketidsynthese in künst-lich zusammengesetzten Stoffwech-selwegen in diesem heterologen Wirt, z. T. unter Fütterung mit Vor-läufersubstraten, sind die Produkti-on von unnatürlichen Flavonoiden und Curcumin-Analoga.12,13) Werne-burg et al. berichteten kürzlich über den Einsatz von Mutasynthese, Bio-transformation und kombinatori-scher Biosynthese für die Herstel-lung von 15 neuen Analoga von Au-reothin, einem Shikimat-Polyketid-Hybridmetabolit mit antimikrobiel-ler und Antitumorwirkung des Akti-nomyceten Streptomyces thiolu-teus.14)

In Pilzen und Bakterien gibt es ei-ne Vielfalt an putativen Genclustern für Sekundärmetabolitsynthese, die für PKS und nichtribosomale Pep-tidsynthetasen kodieren, von denen viele (zumindest unter den gewähl-ten Kultivierungsbedingungen im Labor) nicht exprimiert werden.15) Diese könnten dennoch künftig als natürlicher Fundus von Enzymbau-steinen für die Neukombination von PKS-Funktionen zu neuen Synthe-sewegen dienen. Kürzlich beschrie-ben Li et al. einen Ansatz der verglei-chenden Sequenzanalyse und phylo-genetischen Klassifizierung von Pro-dukttemplat(PT)-Domänen.16) Poly-ketid-Cyclisierungsreaktionen von unbekannten PKS auf Grundlage de-

plasma-Art, M. capricolum, zu trans-plantieren. Letztere sollte die einge-führte Fremd-DNA nicht zerstören und war deshalb restriktionsdefi-zient.

Es sei nochmals betont: Das ein-geführte Genom wich nicht gravie-rend von der Genomsequenz eines natürlich vorkommenden, durch Evolution entstandenen Genoms ab. Damit war auch die durch die Ge-nomtransplantation erhaltene Zelle genetisch oder physiologisch nicht grundlegend neu oder gar eine echte synthetische Zelle. Dieses Proof-of-principle-Experiment demonstriert jedoch, dass es technisch möglich ist, ein ganzes bakterielles Genom durch In-vitro-Synthese, Assemblie-rung und Transfer vollständig und funktional in eine artfremde Zellhül-le einzuführen.

Synthese von hochwertigen chemischen Verbindungen

� Ein Anwendungsgebiet der syn-thetischen Biologie ist die Synthese chemischer Verbindungen in biolo-gischen Wirten, die diese Verbin-dungen natürlicherweise nicht pro-duzieren. Ein Beispiel hierfür ist die Produktion von Casben, dem ver-muteten Vorläufermolekül vieler Di-terpene der Pflanzengruppe der Eu-phorbien, in der Hefe Saccharomyces cerevisiae. Manche Diterpene aus Euphorbien sind medizinisch rele-vant oder mögliche Therapeutika, z. B. Prostratin, ein Aktivator von la-tentem HIV-1, oder Ingenol-3-ange-lat, ein Wirkstoffkandidat gegen Krebs. In einem eher ungerichteten Versuchsansatz identifizierten Kirby et al. 8) Diterpensynthasegene aus ei-ner Auswahl von Euphorbien-Spe-zies und brachten diese Pflanzenge-ne in einem modifizierten S. cerevi-siae-Stamm zur Expression. In die-sem Stamm war der Stoffwechselflux durch den Mevalonat-Weg erhöht, und dadurch häufte sich in der Zel-le das Casben-Vorläufermolekül Geranylgeranyl-Diphosphat an. Die funktionelle Expression eines Pflan-zen-Casbensynthasegens in diesem noch nicht optimierten System ge-nügte, um Casben mit einer Konzen-

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dem Celluloseabbau zu Glucose er-folgt dann intrazellulär durch eine b-Glucosidase. Der Effekt dieser Stamm-Modifizierung war, dass die Glucoserepression der Xylosever-wertung vermieden wurde und dass die neu entwickelten Stämme Xylose und Glucose simultan vergoren. Die Cofermentation von Cellobiose und Xylose steigerte die Ethanolausbeu-te.

Eine Alternative zu Alkoholen als Biokraftstoffen sind Fettsäurealkyl -ester (Biodiesel) aus kurzkettigen Alkoholen und langkettigen Fett-säuren. Für die Herstellung gibt es chemische, enzymatische und fer-mentative Prozesse.21) Da die heuti-ge industrielle Biodieselproduktion hauptsächlich pflanzliche Öle und petrochemisch erzeugtes Methanol verwendet und meist bei Temperatu-ren von 60 bis 70 °C oder höher ab-läuft, wären effizientere enzymati-sche oder mikrobielle Verfahren at-traktiv, insbesondere die vollständi-ge Produktion von Fettsäurealkyl-estern aus einfachen und nachhal-tig verfügbaren Kohlenstoffquellen durch dafür maßgeschneiderte Mi-kroorganismen. Kürzlich berichte-ten Elbahloul und Steinbüchel über die Bildung von etwa 25 % Fettsäu-reethylester in der Zelltrockenmasse von rekombinanten E.-coli-Zellen, die mit heterologen Genen für Enzy-me der Bildung von Ethanol einer-seits und der Fettsäureethylestersyn-these andererseits ausgestattet wor-den waren.

Verbesserte E.-coli-Stämme be-schrieben Steen et al.22) Neben den Fremdgenen für die Ethanolproduk-tion (Pyruvatdecarboxylase und Al-koholdehydrogenase) und die Acyl-transferase waren diese so modifi-ziert, dass sie durch die Überexpres-sion von Genen für Thioesterasen und Acyl-CoA-Ligasen und die Aus-schaltung des Fettsäureabbaus durch gezielte Gendeletion einen er-höhten Spiegel an freien Fettsäuren aufwiesen. Zudem wurden E.-coli-Stämme generiert und für die Her-stellung von Fettsäureethylestern eingesetzt, die Gene für Enzyme mit Xylanaseaktivität (Xyn10B aus Clostridium stercorarium und Xsa

aus Bacteroides ovatus) exprimierten und dadurch Biodiesel beim Wachs-tum auf der Hemicellulose Xylan produzierten.23)

Eine Möglichkeit für die künftige Produktion von Bio-Ölen sind pho-tosynthetische Algen. Algen nutzen als Energiequelle Sonnenlicht sind wenig anspruchsvoll, was Wasser-qualität und Medium anbelangt. Au-ßerdem fixieren Algen durch ihre autotrophe Lebensweise Kohlen-dioxid. Die Biotech-Firma Synthetic Genomics modifizierte Algenstäm-me für die Produktion von Bio-Öl.24) Diese Algenstämme sind in einem kontinuierlichen Produktionspro-zess einsetzbar.

Neue Funktionsmodule und mikrobielle Wirte

� Neue Funktionsmodule für die synthetische Biologie, beispielsweise neue Gene und Gencluster für neue Enzyme und ganze Stoffwechselwe-ge, lassen sich aus der immensen Di-versität der natürlichen Mikroorga-nismen gewinnen. Nach Schätzun-gen sind allerdings in manchen Pro-ben mit komplexen Mikroben-gemeinschaften über 99 % der darin enthaltenen Mikroorganismen mit heutigen Methoden nicht kultivier-bar. Trotzdem lässt sich mit den erst seit wenigen Jahren verfügbaren Me-thoden zur Metagenomanalyse (Me-tagenom: Gesamtheit der Genome in einer Umweltprobe) deren geneti-sches und physiologisches Potenzial erschließen.25,26)

Für das Aufspüren neuer Gene aus Metagenomen gibt es grundsätz-lich zwei Vorgehensweisen: entwe-der sequenzbasiert oder funktions-basiert. Beide Methoden isolieren zunächst Metagenom-DNA direkt aus Umweltproben oder aus Anrei-cherungskulturen. Anschließend werden Genbibliotheken in einem passenden Wirt-Vektorsystem ange-legt.

Bei der sequenzbasierten Vor-gehensweise folgt dann eine Hoch-durchsatz-Sequenzierung, entweder völlig zufällig oder mit zuvor ange-reicherten DNA-Fragmenten. Die er-haltenen Sequenzdaten werden in si-

lico nach Genen für Proteine mit Se-quenzähnlichkeit zu bekannten En-zymen oder Enzymgenen durch-sucht.

Bei der funktionellen Screening-Methodik dagegen sucht man mit einem möglichst spezifischen und sensitiven Aktivitätsassay in einer Metagenom-Bibliothek nach re-kombinanten Klonen, die metage-nomische Gene für eine gewünsch-te Funktion heterolog funktionell exprimieren. Der funktionsbasierte Ansatz ist also sequenzunabhängig und bietet damit den Vorteil, dass so auch neuartige Gene für eine bestimmte Funktion auffindbar sind, die keine Sequenzähnlichkeit zu bereits bekannten Enzymen die-ser Funktion aufweisen. Beispiels-weise wurden so in den letzten Jahren Gene für neue Esterasen und Laccasen entdeckt, deren Pri-märstrukturen nicht verwandt wa-ren mit bekannten Enzymen dieser Funktionen.27)

Bei der Suche nach neuen Genen mit funktionsbasierten Screening-methoden werden üblicherweise metagenomische Genbanken im Wirtsbakterium Escherichia coli her-gestellt und durchmustert. Aller-dings wird so nur ein Teil der für die gewünschte Funktion kodierenden Gene detektiert, denn bei weitem nicht alle metagenomischen Gene sind mit dem Genexpressionsappa-rat des klassischen Klonierungswirts E. coli kompatibel. Alternative Wirtsbakterien für das funktionelle Screening von (Meta)Genom-Gen -bibliotheken können mitunter die Ausbeute der gesuchten Gene erhö-hen.28)

Neben dem von der Natur vor-gegebenen Enzymrepertoire lassen sich für das Design synthetischer Stoffwechselwege auch Enzyme ge-winnen, deren katalytische Eigen-schaften mit Methoden des struk-turbasierten Designs oder moleku-larer Evolution verändert wurden. Auch Enzyme, die neue, in der Bio-logie bisher nicht bekannte Reak-tionen katalysieren, sind so mög-lich. Jiang et al. etwa generierten durch In-silico-Design und experi-mentellen Nachweis Enzyme, die

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eine Retro-Aldol-Reaktion zur Spal-tung einer C-C-Bindung in dem (nicht in der Natur vorkommen-den) Substrat 4-Hydroxy-4-(6-me-thoxy-2-naphthyl)-2-butanon kata-lysieren.

Wenn man mikrobielle Wirte für die industrielle Anwendung opti-mieren will, müssen sie unter ande-rem auch Eigenschaften aufweisen, die sie für die jeweiligen Prozess-bedingungen (Substratverwertungs-fähigkeiten, Stressresistenz usw.) tauglich machen.30) Derzeit nutzen die meisten Studien nur wenige mi-krobielle Modellorganismen wie Escherichia coli, Bacillus subtilis oder Saccharomyces cerevisiae, denn für diese Organismen gibt es eine breite Datenbasis, und sie sind für geneti-sche Modifikation gut zugänglich. Mit der Beschränkung auf wenige mikrobielle Wirtsorganismen nutzt man aber nur eine winzige Auswahl der natürlichen genetischen und physiologischen Vielfalt mikrobiel-ler Zellen. Wirte unterscheiden sich in ihren grundlegenden physiologi-schen Eigenschaften (z. B. in ihrem Verhältnis zu Sauerstoff, externem pH-Wert und zur Temperatur oder in ihrem Energiestoffwechsel und ihrer Fähigkeit, verschiedene Sub-strate zu verwerten), aber auch in ih-rer Zellwand- und Membranzusam-mensetzung, Phagenempfindlich-keit, Fähigkeit zur Expression hete-rologer Gene usw. Sowohl für die Grundlagenforschung, als auch für die biotechnische Anwendung sind daher neue Wirtsorganismen wich-tig. Der Forschungsverbund Expres-Sys hat sich deshalb zur Aufgabe ge-stellt, neue Wirtsorganismen bereit-zustellen.31)

Maßgeschneiderte Regulation

� Eine der vielleicht wichtigsten Erkenntnisse aus der Anwendung moderner Hochdurchsatz-Sequen-zierungsverfahren zur Analyse mi-krobieller Transkriptome ist die zu-vor unbekannte, enorme Komplexi-tät nichtkodierender RNAs, von de-nen viele offenbar regulatorisch wir-ken.32) In vielen Ansätzen zur mi-krobiellen Stammentwicklung, die

durch genetische Modifizierung Stämme und deren Stoffwechsel und Produktionseigenschaften ver-ändern wollen, spielt die Regulation der Genexpression eine entschei-dende Rolle. Die Verwendung von RNA in neu entwickelten Regulati-onssystemen erscheint hierfür at-traktiv.33,34)

Callura et al.35) beschrieben eine vielseitig einsetzbare, neue Metho-de, welche die Expression von Ei-gen- und Fremdgenen steuert. Diese könnten künftig eingesetzt werden, um z. B. Funktions- oder Regulati-onsmodule in mikrobiellen Zellen zu kontrollieren. Die Methode nutzt synthetische Riboregulatoren, die in Wirtszellen exprimiert und einge-setzt werden können, um durch RNA-RNA-Interaktion die Gen-expression zu beeinflussen. So sind die dichte Regulation der Synthese von (auch toxischen) Proteinen, kurze Ansprechzeiten der Regulati-on, einstellbare Expressionsstärke von Genen oder die unabhängige Regulation mehrerer Gene möglich. Dieses RNA-basierte Regulationssys-tem wurde auch eingesetzt, um ver-schiedene Input-Signale in vivo zu verrechnen und damit ein gewolltes Regulationsereignis auszulösen, in diesem Fall einen programmier-baren Schalter zur Tötung der Bakte-rienzellen.35,36)

Resümee

� Die aufgeführten Beispiele betref-fen nur subzelluläre und Einzelzell -ansätze in der synthetischen Biolo-gie. Aus Sicht der Mikrobiologie zählen jedoch auch komplexere An-sätze wie die Analyse von Physiolo-gie und Interaktionen von zwei defi-nierten Mikroorganismen, die im La-bor cokultiviert werden,37) oder so-gar die Analyse von künstlich zu-sammengestellten Ökosystemen zur synthetischen Biologie (synthetische Mikrobiologie).

Obwohl die heute verfügbaren, modernen Methoden der Molekular-biologie und Mikrobiologie Enzym-gene und ganze Stoffwechselwege gezielt modifizieren können, ist man von der Möglichkeit neue, syntheti-

sche Einzeller mit unnatürlichen Ei-genschaften zu schaffen, sehr weit entfernt, erst recht von mehrzelligen eukaryontischen Organismen. Dafür weiß die Wissenschaft noch viel zu wenig über die komplexen regulato-rischen Vorgänge sogar in ver-gleichsweise einfachen natürlichen Bakterienzellen.

Dennoch bleibt die Vision, maß-geschneiderte Produktionsorganis-men für die Biotechnik zu gestalten, also Designerzellen für die Produkti-on von Designer-Chemikalien zu entwickeln.30) Hier sollte das Genom so umgestaltet sein, • dass möglichst billige Substrate

verwertet werden können, • die Substratverwertung und Pro-

duktbildung optimiert sind und zum gewünschten Zeitpunkt stattfinden,

• dass sich keine unerwünschte Nebenprodukte bilden,

• die Produkttoxizität z. B. durch entsprechend eingestellte Cyto-plasmamembran und Zellwand minimiert ist,

• die Zellphysiologie mit ihren En-zymen auf die gewünschten Pro-zessbedingungen (pH, Salzgehalt, Temperatur etc.) abgestimmt ist usw.

Ein derartiges Design auf dem Reiß-brett von ganzen Genomen für die

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Entwicklung von Produktionszellen ist aus Sicht der industriellen An-wendung nicht unattraktiv, aber si-cherlich nicht kurzfristig zu errei-chen. Realistischer ist da schon die wissensbasierte, schrittweise Opti-mierung (im Sinn einer Verbes-serung von Produktionseigenschaf-ten) von Genomen bereits eingesetz-ter Produktionsorganismen in itera-tiven Zyklen von genomischer Mo-difikation und Analyse der Stamm-eigenschaften.

Die Wissenschaft muss ange-sichts der Chancen der syntheti-schen Biologie an aktiver und sachli-cher Informationsverbreitung in Po-litik und Öffentlichkeit interessiert sein. Sie muss den Eindruck vermei-den, die Wissenschaft versuche, in Frankenstein-Manier Leben, also womöglich unkontrollierbare Orga-nismen, zu erschaffen. Mit Blick auf Risiken und Gefahren des Miss-brauchs müssen Wissenschaftler und Wissenschaftsgemeinschaft ihre Verantwortung wahrnehmen und Maßnahmen zur Abschätzung und Regulierung von Gefahren ergreifen. Die Tatsache alleine, dass Risiken denkbar sind, darf jedoch nicht die Forschung lähmen. Die synthetische Biologie sollte im Kern als ein Er-kenntnisinstrument verstanden wer-den, mit dem biologische Systeme (nach)gebaut und so besser verstan-den werden können – ähnlich wie die synthetische Chemie für die Chemie.38)

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Wolfgang Liebl, Jahrgang

1959, ist Lehrstuhlinhaber

für Mikrobiologie an der TU

München. Er studierte Biolo-

gie mit Hauptfach Mikrobio-

logie und promovierte am

Lehrstuhl für Mikrobiologie der TU München.

Nach einem Forschungsaufenthalt am MIT in

Cambridge, Massachusetts, von 1986–1987

und der Habilitation an der TU München

nahm er 1997 einen Ruf an die Universität

Göttingen an und leitete dort die Abteilung

für Genomische und Angewandte Mikrobiolo-

gie. 2008 wechselte er an die TU München.

Seine Forschungsinteressen sind die ange-

wandte Mikrobiologie, insbesondere Enzy -

matik des mikrobiellen Polysaccharidabbaus,

extremophile Mikroorganismen und Physiolo-

gie und Genetik biotechnisch relevanter Bak-

terien. [email protected]

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�Magazin� Biochemie 308

Page 13: Biochemie 2010

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Biochemie �Magazin� 309

dings ist bei all diesen Untersuchun-gen zu beachten, dass das Genom von unterschiedlichen Vertretern derselben Art sich erheblich unter-scheiden kann. So fand das Team um Ussery beim Vergleich verschiedener Escherichia-coli-Stämme heraus, dass nur 20 Prozent des Genoms konserviert sind.3)

Um Minimalzellen zur Erkennt-nis- und Produktgewinnung im La-bor zu erzeugen, können zwei Stra-tegien angewendet werden [siehe Kapitel „Synthetische Biologie: Per-spektiven“]. So sollen beim Bottom-up-Ansatz die entsprechenden Zel-len entworfen werden, indem die es-senziellen Biopolymere in gereinig-ter Form mit allen nötigen Informa-tionsträgern (Genen) und nieder-molekularen Substraten innerhalb einer synthetischen Lipidhülle verei-nigt werden. Das gegensätzliche Konzept ist der Top-down-Ansatz.4) Bei beiden Ansätzen ist jeweils eine übergeordnete hierarchische Einheit nötig, die durchgängig stabil funk-tioniert. Allein für die Aufrecht-erhaltung der Funktionseinheit und ihrer eventuellen Reparatur sind

Synthetische Biologie: Techniken

� Im Jahr 2010 gab es in der synthe-tischen Biologie die größten Fort-schritte bei den synthetischen Geno-men. Weiterhin wuchs das Verständ-nis bezüglich der Ökonomie natür-lich vorkommender minimaler Gen-ausstattungen sowie der Generierung von orthogonalen biologischen Syste-men. Im Folgenden werden wir au-ßerdem sowohl auf den experimen-tellen und konzeptuellen Fortschritt bei der künstlichen Genreduktion (Top-down-Strategie) und der damit verbundenen minimalen Zelle einge-hen als auch auf die Anwendungen nichtkanonischer Monomere bei der (Bio)Synthese von natürlichen Poly-meren – die Xenobiologie.

Top-down-Strategien und minimale Zellen

� Das Konzept der Genminimie-rung geht davon aus, dass sich durch Deletion verzichtbarer Chromoso-menabschnitte einfachere Stämme erzeugen lassen. Diese benötigen ei-nen geringeren Energieaufwand für ihre überlebenswichtigen Funktio-nen und sind somit effizienter in der Wertstoffproduktion einsetzbar. Al-lerdings herrscht noch keine Einig-keit darüber, wie weit die Minimie-rung gehen kann und soll, da es ab-hängig von den Umgebungsbedin-gungen unterschiedliche essenzielle Funktionen geben kann. Wahr-scheinlich gibt es die minimale Zelle gar nicht. So ist bekannt, dass Myco-plasma genitalium eine Genomgröße von 580 kb mit 480 proteincodieren-den Genen aufweist, während der Endosymbiont Buchnera apidicola bei einer Größe von 450 kb 400 pro-teincodierende Gene besitzt.1) Nach Koonin sollten aber 250 Gene aus-reichen, um einer modernen Zelle das Überleben zu sichern.2) Die wei-tere Minimierung der genetischen Ausstattung gibt vielleicht auch Auf-schluss über die genetische Zusam-mensetzung des letzten gemein-samen Vorfahren von Archaeen, Pro-karyoten und Eukaryoten. Aller-

entsprechende Gene nötig. Eine Mi-nimalzelle muss auf jeden Fall fol-gendes ermöglichen: • Speicherung und Prozessierung

von Information in Form von DNA (inkl. Replikation, Repara-tur, Abbau und Modifizierung) und RNA (Transkription, Trans-lation, Abbau etc.),

• Proteinprozessierung, -faltung und -sekretion,

• Aufnahmemechanismen für Sub-stratmoleküle – da Minimalzellen einen Großteil ihrer Substrate und Metaboliten nicht selbst syn-thetisieren können, sind sie auf deren Aufnahme aus dem Medi-um angewiesen und dementspre-chend müssen Zellstruktur, -wand und -prozesse darauf abge-stimmt sein – und

• Elektronentransfer sowie der Transport von Protonen zur Er-zeugung protonmotorischer Kraft (Energiemetabolismus).5) In den letzten Jahren wurden die

Genome von E. coli (4434 Gene) und Bacillus subtilis (4245 Gene) redu-ziert – teilweise auf 70 Prozent des Ursprungswerts.6–7) Allerdings zeigen

Abb. 1. Konzept der Klonierung bakterieller Genome.15) Das Genom wird zunächst in Hefezellen eingebracht. Dies

ermöglicht eine effiziente Modifizierung (z. B. das Einfügen von Insertionen, Deletionen, Neuanordnungen usw.).

Anschließend wird das modifizierte Genom wieder durch Genom-Transplantation in die Bakterienzelle überführt.

Dieser Zyklus lässt sich mehrmals wiederholen.

Genom

bakterielle Zelle

bakterielle Zelle mit modifiziertem

Genom

Selektion

bakterielle Empfängerzelle

Einführung eines Hefevektors in das bakterielle Genom

Genom mit einem Hefevektor

Genom-isolierung

in Hefe kloniertes bakterielles Genom

Modifizierung des bakteriellen Genoms

Genom-isolierung

Transplantation

ModifiziertesGenom

Transformation

Page 14: Biochemie 2010

die neusten Ergebnisse bezüglich My-coplasma pneumonia (vermutlich 733 Gene), dass trotz geringer Genom-größe ein hoher Grad an Komplexität im Proteom und Metabolom erreicht wird.8–9) Diese Beobachtungen bestä-tigen erneut, dass unser Wissen und Verständnis auch in Bezug auf natür-liche Redundanzen begrenzt ist. Dies muss bei den experimentellen Arbei-ten nach der Top-down-Strategie stets berücksichtigt werden. Anderer-seits lassen sich bereits jetzt wichtige Rückschlüsse ziehen: So würde im einfachsten Fall die Anwesenheit al-ler wichtigen Substrate und Metaboli-te im Kulturmedium die Deletion al-ler Gene ermöglichen, die aus-schließlich metabolische Funktion haben. Die resultierende Minimalzel-le wäre also nur mit Genen für die Kernfunktionen (Replikation der DNA, Synthese von RNA und Protei-nen) ausgestattet. Interessanterweise ergab die Genomsequenzierung der Symbionten von Carsonella ruddii (213 Gene)10) und Hodgkinia cicadi-cola (188 Gene),11) dass nur die Kern-funktionalitäten vorhanden sind und die Symbionten metabolisch sehr stark von den Wirtszellen abhängen.

Grundlegende Arbeiten aus dem Arbeitskreis Venter helfen dabei, alle gängigen Annahmen und Hypothe-sen im Gebiet der Minimalzelle zu

Xenobiologie – CMOs statt GMOs

� Die meisten Forscher auf dem Gebiet der synthetischen Biologie konzentrieren sich auf natürliche Komponenten und versuchen, stan-dardisierte biologische Einzelteile, Netzwerke und Subsysteme zu etab-lieren. Währenddessen wächst die Zahl derer, die an der Einführung von nichtnatürlichen (besser: nicht-kanonischen) Molekülen in lebende Organismen arbeiten.

Die Chemie lebender Systeme ist hochgradig standardisiert: Der gene-tische Code übersetzt das vierbuch-stabige Alphabet der DNA in die 20 Monomere der Proteinbiosynthese. Deshalb erfordert die Erzeugung ei-nes tatsächlich künstlichen Lebens zusätzliche Codierungseinheiten, die sich in ihren chemischen und physi-kochemischen Eigenschaften von den natürlichen unterscheiden. Dies lässt sich nur durch neue Basenpaare realisieren, welche die Codierung zu-sätzlicher Aminosäuren möglich ma-chen. Auf diese Weise wäre auch die Vermehrung der künstlichen Gense-quenzen (und damit der künstlichen Proteine) möglich. Obwohl es bis da-hin noch ein weiter Weg ist, tragen die langjährigen Anstrengungen Früchte. So konnten in den letzten Jahren eine Reihe von nichtkanoni-

testen, da sie DNA-Synthesen und -Manipulationen in unbekanntem Maß erlauben. In einer Reihe von Experimenten aus den letzten drei Jahren gelang es, das 580 kb große Genom von M. genitalium durch Routinesynthese von Oligonukleoti-den und späterer schrittweiser Ver-knüpfung in Hefe zu synthetisie-ren.12) Außerdem wurde eine neue Assemblierungsmethode für In-vi-tro-Anwendungen entwickelt, die inzwischen nach dem Autor Gibson-Chemie benannt wurde. Eine beach-tenswerte Weiterentwicklung war dann die Etablierung einer Methode zur Manipulierung und Klonierung ganzer Genome in Hefe. Mit dieser Technik wurde das 1,08 Mb große Genom von M. mycoides assembliert und von einer Zelle in eine andere transplantiert.13)

Diese Arbeiten erzeugten zwar noch keine künstliche Zelle, aber sie bedeuten einen enormen Fortschritt: Seit den 1970er Jahren war es mög-lich, einzelne Gene zu klonieren, heute können es nun ganze Genome sein.14) Da Hefen sich besser gene-tisch manipulieren lassen als Myco-plasma, ist davon auszugehen, dass durch die Methode von Venter meh-rere Mikroorganismen für die For-schung zugänglich werden, die sich sonst nur schwer kultivieren lassen.

Abb. 2. Konzept des gleichzeitigen multiplen Einbaus nicht-kanonischer Aminosäuren. Mittels Genetic Code Engineering können in einem Protein global bestimmte

Aminosäuren durch ihre synthetischen Analoga ersetzt werden. Dadurch wird eine chemische Funktionalisierung ermöglicht, die es so in der Natur nicht gibt. Die

resultierenden Proteine werden Kongenere genannt, da sie die gleiche Gensequenz wie das native Protein haben.

�Magazin� Biochemie 310

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Page 15: Biochemie 2010

Anfänge liegen in den 1950er Jah-ren, aber erst seit den 1990ern wird dieser Ansatz ernsthaft verfolgt. Sei-nem langjährigen Nischendasein ist es geschuldet, dass derzeit Metho-den aus dem Genomic Engineering, Metabolic Engineering, Cell Sig-naling und der erweiterten System-biologie den biologischen Ansatz der synthetischen Biologie prägen. Aller-dings besteht kein Zweifel, dass so-wohl Genetic Code Engineering als auch Genetic Code Expansion zu zentralen Themen der synthetischen Biologie werden.

Beide Methoden verfolgen dassel-be Ziel und nutzen jeweils die Sub-strattoleranz verschiedener an der Translation beteiligter Komponen-ten, unterscheiden sich in der jewei-ligen Vorgehensweise jedoch grund-legend. Während Genetic Code En-gineering auf die Neuzuordnung von codierenden Basen-Tripletts (Codons) setzt und in Folge dessen im Zielprotein während der Trans-lation aminosäurespezifische Substi-tutionen erfolgen, werden bei der Genetic Code Expansion Stop-Codons neu interpretiert und auf diesem Wege zusätzliche Aminosäu-ren in den genetischen Code auf-genommen. Um aber im Zielprotein einen positionsspezifischen Aus-tausch zu bekommen, sind mehrere

Arsen in Elektronentransferprozes-sen zu studieren oder die Mechanis-men der Adaption aufgrund von um-weltverschmutzenden Arsenrück-ständen in der Natur näher zu unter-suchen. Allerdings stellen die Auto-ren die Hypothese auf, dass bei der gefundenen Art das Arsen Phosphor auch in lebenswichtigen Positionen substituiert, genauer gesagt im Rückgrat der Nukleinsäurepolyme-re. Obwohl die sterischen Verhält-nisse solch ein analoges Verhalten vermuten lassen, ist bisher kein Be-weis erbracht worden, dass ein ar-senhaltiges ATP-Analog stabil sein würde.21) Außerdem ist zu ver-muten, dass ein arsenhaltiges Nukle-insäurerückgrat extrem hydrolyse- und oxidationsanfällig ist.22) Darü-ber hinaus liefern die Autoren kei-nen eindeutigen analytischen Beweis – z. B. durch massenspektrometri-sche Messungen – für die Existenz arsenhaltiger ATP- oder DNA/RNA-Moleküle im Zytoplasma von intak-ten Halomonadaceae-Zellen. Daher bleiben weitere experimentelle und analytische Bestätigungen, die ange-messene Kontrollen enthalten, abzu-warten.

Allerdings werden hier auch die Grenzen von CMOs deutlich: Wel-che chemischen Funktionalitäten man auch immer in Zellen einbrin-gen möchte, sie müssen den physio-logischen Bedingungen auf der Erde entsprechen, also stabil in Wasser bei etwa 300 K und neutralem pH-Wert sein. Dies schränkt die Mög-lichkeiten erheblich ein, artifizielle biologische Systeme zu etablieren.

Der genetische Code und seine Interpretationen

� Eine Möglichkeit, dem Ziel der Konstruktion einer künstlichen Zel-le mit nichtnatürlichen Eigenschaf-ten näher zu kommen, ist es, natürli-che Substrate oder Monomere durch synthetische Analoga zu substituie-ren. Eine zweite ist die Einführung neuer Komponenten in lebende Zel-len. Dabei nichtkanonische Amino-säuren, die sich von den 20 kano-nischen unterscheiden, einzusetzen, ist einer der direktesten Wege. Seine

schen Monomeren für die Synthese von DNA und RNA eingesetzt wer-den, die nichtnatürliche Basenpaa-rungen erlauben.16) Diese Xeno-nukleinsäuren sind somit Bestandteil der Xenobiologie.17)

Neben der höheren Biosicherheit ermöglicht die Xenobiologie einen Zugang zu einer ungekannten chemi-schen Diversität auf zellulärer Ebe-ne.18) Da diese Zellen nicht nur einen erweiterten genetischen Code haben werden, sondern die entsprechenden nichtnatürlichen Proteine eventuell auch andere Kofaktoren benötigen, um enzymatisch aktiv zu sein, kann man hier nicht mehr von genetisch modifizierten Organismen (GMOs) sprechen, sondern muss diese als chemisch modifizierte Organismen (CMOs) betrachten, die wirklich eine artifizielle vom Menschen erdachte Lebensform darstellen.

Zur Xenobiologie können auch die Proteinkongenere gezählt wer-den, die sich mit nichtkanonischen Aminosäuren schon sehr zuverlässig erzeugen lassen (siehe unten). In letzter Konsequenz sind auch diese Kongenere Vorstufen zu den be-schriebenen CMOs. In diese Rich-tung gehen auch die Arbeiten von Wong, deren Anfänge in den 1980er Jahren liegen. Seiner Gruppe gelang es nun, Bacillus-subtilis-Stämme durch Zwangsfütterung und Selekti-on dazu zu bringen, verschiedene Tryptophan-Analoga proteomweit einzubauen. Die entsprechenden Trp-auxotrophen Stämme vermeh-ren sich in Anwesenheit der nicht-kanonischen Aminosäuren und sind nicht auf Tryptophan im Medium angewiesen.19)

Auf Arsen basierendes Leben – Fakt oder Fiktion?

� Ein sensationeller Artikel von Wolfe-Simons und Kollegen er-schien letztes Jahr in Science. Darin beschreiben die Autoren die Ent-deckung einer im kalifornischen Mono Lake lebenden Bakterienart (GFAJ-1), bei der Arsen statt Phos-phor das Wachstum unterstützt.20) Zweifellos ist es von großem Interes-se, in Zellen die Verwendung von

Biochemie �Magazin� 311

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Page 16: Biochemie 2010

Optimierungsschritte zu durchlau-fen (u. a. Evaluierung eines Amino -acyl-tRNA-Synthetase/tRNA-Paares, Screening für die optimale Position des In-frame-Stop-Codons usw.).23) Obwohl beide Ansätze bisher größ-tenteils nur für den Einbau von nichtkanonischen Aminosäuren in einzelne Zielproteine verfolgt wur-den, ist davon auszugehen, dass in Kombination mit den bereits er-wähnten Arbeiten von Wong und Venter das Ziel der CMO-Herstel-lung näher rückt.

Bisher war in vivo durch Genetic Code Engineering nur eine syntheti-sche Aminosäure pro Expressions-experiment in ein Zielprotein ein-baubar – das Kongener erhält somit eine neue Eigenschaft. Dies kann beispielsweise eine Änderung der biophysikalischen Eigenschaften wie Fluoreszenz oder Faltungsver-halten oder die Einführung einer neuen, bioorthogonalen funktionel-len Gruppe sein, die es möglich macht, das Protein später chemisch zu modifizieren. Im letzten Jahr ge-lang es unserer Gruppe allerdings, in einem einzigen Experiment drei neue Aminosäuren in ein Zielprotein einzuführen.24–25) Dadurch wurden in einem Fall ein neuer Chromo-phor, eine strukturstabilisierende Aminosäure sowie eine funktionali-sierbare Gruppe in den Barnase-In-hibitor Barstar eingeführt, während im anderen Fall eine Lipase mit ei-ner großen Zahl von Fluoratomen erzeugt wurde.

Etwa zur gleichen Zeit berichte-ten zwei weitere Gruppen über den parallelen Einbau von zwei Amino-säuren durch mutierte Tyrosyl-tRNA-Synthetase bzw. durch Pyrro-lysyl-tRNA-Synthetase. Liu und Kol-legen nutzten dazu die Toleranz na-türlicher Ribosomen, die zwei che-misch unterschiedliche synthetische Aminosäuren in das grünfluoreszie-rende Protein übersetzten. Die ent-sprechende mRNA wies zwei In-frame-Stop-Codons auf: UAG und UAA.26) Im Gegensatz dazu verwen-dete die Gruppe um Chin ein ortho-gonales Ribosom, das effizienter als das natürliche das Amber-Stop-Codon (UAG) sowie Quadruplett-

Codons überliest.27) Das modifizier-te Protein war in diesem Fall Calmo-dulin. Beide Gruppen erbrachten den analytischen Nachweis des gleichzeitigen Einbaus zweier nicht-kanonischer Aminosäuren sowie der Modifizierung der reaktiven funk-tionellen Gruppen (terminales Alkin bzw. Azid). Orthogonale Ribosomen bieten den Vorteil, dass aufgrund von Mutationen in der Shine-Dalgar-no-Sequenz nur die modifizierte mRNA translatiert wird, während das Proteom weiter von nativen Ri-bosomen erzeugt wird.

Ein weiterer wichtiger Schritt war die Kombination von Genetic Code Engineering und Genetic Code Ex-pansion in einem Experiment. Da-durch gelang es, ein mutiertes Pro-teinkongener zu erzeugen, bei dem einerseits ein positionsspezifischer Einbau einer nichtkanonischen Aminosäure erfolgte und gleichzei-tig ein mehrfacher aminosäurespezi-fischer Einbau einer weiteren nicht-kanonischen Aminosäure. Die Vor-teile dieser Methode liegen auf der Hand: Durch den multiplen Einbau entstehen synergistische Effekte

(z. B. führt eine größere Zahl positi-ver Wechselwirkungen zu einer hö-heren Stabilität des Proteins), und die einzelne Aminosäure kann in Form eines Chromophors zur De-tektion oder als orthogonaler reakti-ver Reaktionspartner zur weiteren Modifikation dienen.28)

Einen wichtigen Beitrag zur Ge-netic Code Expansion leistete auch die Gruppe um Skerra. Sie ent-wickelte eine neue Strategie zum Screening von Aminoacyl-tRNA-Synthetasen mit hoher Spezifität für nichtkanonischen Aminosäuren.29) Der auf dem grünfluoreszierenden Protein basierende Ansatz kom-biniert genetisches Screening mit FACS-Selektionsmethoden zu einer leistungsstarken Methode, die dem bisherigen auf Antibiotika basieren-den Vorgehen überlegen ist.

Neue Entwicklungen im Bereich des multiplen Einbaus sowie kom-binierte Methoden zur Inkorporati-on von nichtkanonischen Amino-säuren und bessere Screeningmetho-den werden sicherlich in naher Zu-kunft zu anwendungsorientierten Kongeneren führen.

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Nediljko Budisa ist seit Mai

2010 Leiter des Arbeitskrei-

ses Biokatalyse an der Tech-

nischen Universität Berlin. Er

erhielt seinen Doktortitel

1997 in der Gruppe von Ro-

bert Huber am Max-Planck-Institut für Bioche-

mie in Martinsried. Von 1997 bis 2010 war er

am Max-Planck-Institut für Biochemie erst als

Postdoktorand und dann als Privatdozent und

unabhängiger Gruppenleiter tätig. Seine For-

schung wurde unter anderem vom BioFuture-

Programm des BMBF gefördert. Seine For-

schung konzentriert sich auf den Kern der syn-

thetischen Biologie und soll eine solide Basis

für die Laborevolution synthetischer Lebens-

formen mit neuen chemischen Komponenten

schaffen. [email protected]

Lars Merkel ist seit Mai 2010

wissenschaftlicher Mitarbei-

ter im Fachgebiet Biokataly-

se an der TU Berlin. Er stu-

dierte Chemie an der Tech-

nischen Universität Claus-

thal und fertigte im Jahr 2004 seine Diplom -

arbeit im Arbeitskreis von Andreas Schmidt in

der organischen Chemie an. Für seine Doktor-

arbeit wechselte er in die Gruppe von Nediljko

Budisa an das Max-Planck-Institut für Bioche-

mie und die Technische Universität München,

wo er 2008 promovierte.

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�Magazin� Biochemie 312

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Die größte konzeptionelle Heraus-forderung für die kombinatorische Biosyntese ist die Identifikation grundlegender Regeln, um Biosyn-thesewege umzuprogrammieren. Ei-ne wesentliche Hürde ist, die Inter-aktionen zwischen den verschiede-nen Enzymen untereinander und mit ihren jeweiligen Substraten zu verste-hen. Außerdem ist die kombinatori-sche Biosynthese gegenwärtig oft durch fehlende organisch-chemische und biochemische Methoden be-grenzt. In den vergangenen Jahren er-schien jedoch eine Reihe von Arbei-ten, die das große Potenzial und die Vielseitigkeit dieser Strategie zeigen.

Allen Anstrengungen zur kom-binatorischen Biosynthese jedweder Substanzklasse gemeinsam sind die Voraussetzungen, die vor jedem Ex-periment erfüllt sein müssen: Die be-

Kombina torische Biosynthese

� Die zentrale Strategie für die kombinatorische Biosynthese ist die Rekombination oder sonstige Muta-tion von Enzymen, die an den Bio-synthesen beteiligt sind (Abbil-dung 1). Hierüber werden einzelne Reaktionen in den Biosynthesekaska-den abgewandelt, weggelassen oder ersetzt, so dass ein alternatives Pro-dukt am Ende der Biosynthese steht.

Das Konzept wurde aufgrund sei-nes Potenzials viel beachtet, und ei-ne Reihe von Arbeitskreisen be-schäftigt sich damit. Dabei zeigten sich allerdings gravierende Schwie-rigkeiten, so dass dieses For-schungsgebiet noch am Anfang sei-ner Entwicklung ist.

Abb. 1. Strategien in der kombinatorischen Biosynthese: Ein natürlich vorkommender biosynthetischer Gencluster kann

mit zusätzlichen Genen versehen werden, die der Biosynthese einzelne Syntheseschritte hinzufügen. Daraus resultieren

neue Fermentationsprodukte. Aus einem Gencluster können jedoch auch Fragmente entfernt oder inaktiviert werden.

Diese Lücke in der Biosynthese kann anschließend mit alternativen Genen komplementiert werden. Ein Spezialfall dieser

Variante ist die Mutasynthese, bei der gezielt Gene ausgeschaltet werden, welche die Herstellung eines definierten Bio-

synthesebausteins dirigieren. Der dadurch entstehende Mangel lässt sich dann durch Zugabe synthetischer Bausteine

komplementieren, auch der Einbau nichtnatürlicher funktioneller Gruppen ist möglich. Mit oder ohne Komplementie-

rung kann auch diese Strategie Naturstoffderivate liefern. Experimentell außerordentlich anspruchsvoll ist die dritte Vari-

ante der kombinatorischen Biosynthese, in der gleich mehrere Gencluster durch molekularbiologische Methoden rekom-

biniert werden. Dadurch entstehen stark vom Ausgangszustand verschiedene Gencluster.

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teiligten Gene, die häufig als Cluster im Genom eines Produktionsorganis-mus vorliegen, müssen möglichst vollständig identifiziert und kloniert sein. Hier gab es in den vergangenen Jahren durch die schnelle Genom-sequenzierung1) und neue Techniken zur Analyse von Metagenomen2,3) große Fortschritte. Ein Verständnis der biosynthetischen Logik muss in allen Fällen an die genetische Infor-mation gekoppelt sein.

Kritisch ist häufig die Wahl der Enzyme als Ziel von Manipulation. Nicht selten sind die gewählten En-zyme intrinsisch nicht in der ge-wünschten Weise modifizierbar.

Neben Polyketiden [Nachr. Chem. 2011, 59, 29], die zuerst Gegenstand der Forschung waren, gelten Koh-lenhydrate, Peptide sowie Alkaloide und Terpene als aussichtsreiche Sub-stanzklassen für die kombinatori-sche Biosynthese. Sie standen in den letzten Jahren ebenfalls im Fokus der Untersuchungen zur kombina-torischen Biosynthese.

Kohlenhydrate und Glycokonjugate

� Die kombinatorische Biosynthese von Kohlenhydraten bedeutet in vie-len Fällen die Biosynthese von Koh-

in den ersten zwei Schritten immer gleich. Im Fall der Glucose als Start-punkt ist das Produkt dieser Schritte die dNDP-4-Keto-6-desoxy-D-gluco-se; die daran beteiligten Enzyme sind eine dNTP-Zucker-1-Phosphat-Nu-cleotidyltransferase und eine dNDP- D-Hexose-4,6-dehydratase. Die an-schließenden Schritte erzeugen die strukturelle Diversität. Das können Decarboxylierungen, Desoxygenie-rungen, Transaminierungen, Ketore-duktionen, C-, N- und O-Methylie-rungen sowie Epimerisierungen sein, durch die sich die D- und L-Isomere der verschiedenen 6DOH bilden (Ab-bildung 3).

Durch Fortschritte in der Ge-nomsequenzierung und die Arbeit von Naturstoffchemikern wächst das Wissen über die Biosynthesewege dieser Zucker, so dass immer mehr Gencluster für Experimente verfüg-bar werden.

Hutchinson und Mitarbeiter be-schrieben eine biosynthetische Gly-codiversifizierung bereits im Jahr 1998. Durch genetische Manipulati-on des Doxorubicin-Produktions-organismus bildete sich das Dauno-robicin-Epimers Epirubicin.9) Durch den gezielten Ersatz einer 4-Ketore-duktase durch analoge Enzyme mit entgegengesetzter Stereospezifität wurde selektiv ein Stereozentrum invertiert. Um aus solchen Experi-menten zu einer tatsächlich kom-binatorischen Biosynthese zu gelan-gen, bedarf es zusätzlicher Diversität entweder auf der Zuckernucleotid- oder auf der Aglycon-Seite.

Salas et al. beschrieben eine Fa-milie an Expressionskonstrukten, die in einem eleganten Experiment in der Glycodiversifizierung des Ki-nase-Hemmers Staurosporin Einsatz fanden.10, 11)

Eine effektive Glycorandomisie-rung gelang in einem chemoenzy-matischen In-vitro-Experiment.12, 13) Das Vancomycin-Aglycon wurde da-zu mit 23 natürlichen sowie synthe-tischen nichtnatürlichen Zuckernu-cleotiden mit der nativen Glycosyl-transferase GtfE umgesetzt. Von den 23 möglichen Produkten entstanden 21 mit einer Ausbeute von über 25 %.

lenhydrat-Konjugaten. Glycosyl-transferasen sind hier die Schlüssel-enzyme. Sie übertragen einen nu-cleotidaktivierten Zuckerdonor auf ein passendes Aglycon (Abbil-dung 2). Ausführliche Übersichten finden sich in Lit.4–7).

Die meisten Glycokonjugate von Naturstoffen enthalten Zucker aus der Familie der 6-Desoxyhexosen (6DOH), von der bislang über 70 Va-rianten in Pflanzen, Pilzen und Bak-terien beschrieben wurden.8) Die Anknüpfung an die Aglycone erfolgt häufig durch den Aufbau einer O-glycosidischen Bindung, aber auch durch C- oder N-glycosidische Verknüpfungen. Aglycone können an ein oder mehreren Positionen mit Mono- oder Oligosacchariden modi-fiziert sein. Die Oligosaccharid-Ket-te kann dabei aus bis zu 17 Einhei-ten bestehen (Saccharomicin A aus Saccharotrix espanaensis). Nach der Anknüpfung des Kohlenhydrats an das Aglycon lässt es sich weiter mo-difizieren, meist durch Methylierun-gen oder Acylierungen.

Die Biosynthese der meisten 6DOH-Derivate beginnt mit phos-phataktivierten Hexosen (überwie-gend Glucose). Trotz aller strukturel-ler Diversität verläuft die Biosynthese

Abb. 2. Prinzip der kombinatorischen Biosynthese von Glycokonjugaten oder Oligosacchariden. Die Biosynthese läuft

meist in vivo ab, kann aber auch mit isolierten Systemen durchgeführt werden. In jedem Fall muss ein nucleotid-

aktivierter Zucker bereitgestellt werden, in vivo geschieht dies durch spezialisierte Gencluster. Die einzusetzende Gly-

cosyltransferase wird parallel zu dem Gencluster in einem anderen Stamm oder auch in der gleichen Zelle coexpri-

miert, so dass, unter Bereitstellung eines geeigneten Akzeptors, die Glykosylierung katalysiert werden kann. Glycosyl-

transferasen sind für gewöhnlich substratspezifisch gegenüber dem Donor und häufig auch gegenüber dem Akzeptor.

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breite in der Glycodiversifizierung von Naturstoffen zu rechnen.

Neben komplexen Glycokon-jugaten werden auch Aminoglyco-sid-Antibiotika aus dem Blickwinkel der kombinatorischen Biosynthese erforscht. Diese Oligosaccharide werden über komplexe und vielstu-fige Biosynthesewege erzeugt. Emp-fehlenswert sind die Übersichten in Lit.18,19).

Biosynthetisch gewonnene Deri-vate der Aminoglycoside sind bis-lang selten, es gibt allerdings viel versprechende Beispiele für erste en-zymatische oder chemoenzymati-sche Experimente.

Die Gruppe von Spencer erzeugte durch den Einsatz eines syntheti-

biotikum Oleandomycin vermittelt. Durch gerichtete Evolution mit ran-domisierter Mutagenese wurde eine Enzymvariante entwickelt, mit dem nichtnatürlichen Substrat Me thyl -um bel life ron als Akzeptor eine hö-here Aktivität zeigte als das Wildtyp-Enzym.

Die eingefügten drei Mutationen steigerten die Promiskuität des En-zyms sowohl beim Zucker-Donor als auch beim Akzeptor. Aus einer Bi-bliothek von 22 Zucker-Nucleotiden setzte das Wildtyp-Enzym nur 3 um, die Variante aber 15. Die Variante zeigte auch eine erhöhte Aktivität gegenüber sechs nichtnatürlichen Akzeptoren. Demnach ist tatsächlich mit einer signifikanten Variations-

Abb. 3. Allgemeine Biosynthese der 6DOH-Familie. Die Biosynthese der Mehrheit dieser

Verbindungen beginnt mit Glucose-1-Phosphat, aus welchem in zwei gemeinsamen Schrit-

ten die NDP-4-Keto-6-desoxy-D-glucose entsteht.

Diese Methode ist allerdings häu-fig durch die Substratflexibilität der Enzyme begrenzt. Bei einem analo-gen Experiment mit der Novobio-cin-Glycosyltransferase NovM bilde-ten sich nur 3 von insgesamt 40 möglichen Glycokonjugaten.14) Die Gruppe von Spencer versuchte die-ses Problem durch gezielte Mutage-nesen zu lösen, indem Hybride ver-schiedener Glycosyltransferasen her gestellt wurden. Auf diese Weise waren ausgewählte Donor- mit Ak-zeptorspezifitäten kombinierbar und es entstanden neue, anders nicht zu-gängliche Vancomycin-Derivate.15)

Die begrenzte Verfügbarkeit von nukleotidaktivierten Monosaccharid-Bausteinen lässt sich über die Rever-sibilität der von Glycosyltransferasen katalysierten Reaktionen umgehen. Durch den glycosyltransferasekataly-sierten Austausch von Glycanen zwi-schen verschiedenen Naturstoffen er-gab sich eine größere Bibliothek an Verbindungen.16) Dieses Experiment nutzte neben der Reversibilität von Glycosylierungen besonders die Ak-zeptorflexibilität der Glycosyltrans-ferasen. Allerdings schwankt diese stark von Enzym zu Enzym, eine Ge-neralisierbarkeit solcher Experimen-te ist also unwahrscheinlich.

Dieser Schwierigkeit wurde durch Mutagenesestudien begeg-net.17) Gegenstand der Unter-suchung war die Glycosyltransferase OleD, die Resistenz gegen das Anti-

Abb. 4. Enzymatische Anknüpfung einer AHBA-Seitenkette an Kanamycin A zur Gewinnung des Notfall-Antibiotikums Amikacin.

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schen Bausteins mit der AHBA-Sei-tenkette versehene Aminogylcosid-Derivate.20) AHBA ist ein wesentli-ches Strukturmerkmal, um Resisten-zen gegen diese Antibiotika-Klasse zu überwinden. Es wird durch Par-tialsynthesen in einige klinisch ge-nutzte Antibiotika eingeführt. Nun wurde entdeckt, dass durch natürli-che Biosynthesewege unter Einbrin-

gung eines synthetisch erzeugten AHBA-Vorläufers dieselbe Modifika-tion effizient an verschiedene Ami-noglycoside geknüpft werden kann (Abbildung 4, S. 315).

Kürzlich erschien eine erste Stu-die zur vollständig biosynthetischen Manipulation von Aminoglycosiden. Dabei wurden einzelne Enzyme he-terolog in E. coli exprimiert. Bislang

ist dies allerdings nur der erste Schritt einer breiteren Erforschung dieser Biosynthesen für die kom-binatorische Biosynthese.21)

Nicht-Ribosomale Peptide

� Peptide sind eine große Natur-stoffklasse mit einer hohen struktu-rellen Diversität. Eine besondere Stellung innerhalb dieser Gruppe nehmen die nichtribosomalen Pepti-de (NRP) ein, zu denen zahlreiche medizinisch relevante Verbindungen gehören. Sie sind in vielen Bakterien und Pilzen enthalten. Umfangreiche Übersichtsartikel zu dieser Klasse finden sich in Lit.22–24).

Die zentrale Rolle in ihrer Biosyn-these spielen die nichtribosomalen Peptidsynthetasen (NRPS). NRPS sind modular aufgebaut, jedes Mo-dul einer NRPS verlängert eine wachsende Peptidkette um eine Aminosäure und katalysiert deren Modifikationen. Ein Modul besteht dabei aus mehreren, meist kovalent verknüpften, Domänen (Abbil-dung 5). Innerhalb eines Moduls wird durch eine Adenylierungs-domäne (A-Domäne) eine spezi-fische Aminosäure mit ATP als Ami-noacyl-AMP aktiviert, eine Konden-sationsdomäne (C-Domäne) kataly-siert anschließend die Bildung einer Peptidbindung. Die wachsende Pep-tidkette bleibt während ihres Auf-baus an PCP-Domänen gebunden (PCP = Peptidyl Carrier Protein).

Neben diesen essenziellen Domä-nen kann ein Modul noch weitere katalytische Funktionen enthalten. Dazu gehören zum Beispiel Epimeri-sierungsdomänen (E-Domänen), die die Konfiguration der eingesetzten L-Aminosäure invertieren. Von be-sonderem Interesse sind außerdem Reduktasen (Re-Domänen) und Cy-clasedomänen (Cyc-Domänen). Letztere sind Varianten der C-Domä-nen, die Verknüpfungen mit Cy-stein, Serin oder Threonin als Ak-zeptor katalysieren. Zusätzlich ver-knüpfen sie die Thiol- oder Hydro-xylgruppe in der Seitenkette der Aminosäure mit der Kette, wodurch Thiazolin- oder Oxazolinringe ent-stehen (Abbildung 6). Diese Hetero-

Abb. 6. Ablauf der durch die Cy-Domänen katalysierten Cyclodehydratisierung. Die Cy-

Domänen katalysieren den nucleophilen Angriff einer Serin-, Threonin- oder Cystein-Seiten-

kette auf das stromaufwärts gelegene Amid, gefolgt von der Dehydratisierung des primä-

ren Produktes unter Bildung eines Oxazolins oder Thiazolins. Durch in den Cluster integrier-

te Oxidasen lassen sich die Thia- oder Oxazoline durch Dehydrierung zu den aromatischen

Thiazolen bzw. Oxazolen umsetzen. Alternativ können auch spezifische Reduktasen

Thiazoline zu den entsprechenden Thiazolidinen reduzieren.

Abb. 5. Aufbau einer nichtribosomalen Peptidsynthetase (NRPS). Im Lademodul wird die

Starter-Aminosäure an einer Adenylierungs-Domäne (A) als Aminoacyl-AMP aktiviert. Un-

ter Freisetzung von AMP wird die Aminosäure an das Peptidyl Carrier Protein (PCP) gebun-

den, einem zu den ACP in Typ-I-PKS analogen Protein. Die Kondensationsdomänen (C) kata-

lysieren die Verknüpfung zweier Aminosäuren. Im Endmodul befindet sich eine Terminale

Esterase-Domäne (TE), welche die fertige Peptidkette vom Enzym abspaltet und zyklisiert.

In die NRPS können modifizierende Domänen eingegliedert sein.

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zyklen können in optionalen Schrit-ten durch spezialisierte Domänen weiter umgesetzt werden. Oxidasen katalysieren die Bildung aromati-scher Thiazole und Oxazole, wäh-rend alternativ spezialisierte Reduk-tasen die Reduktion zum gesättigten N-Heterozyklus, dem Thiazolidin, katalysieren. Ebenfalls optional in den Cluster integriert sind Methyl-transferasen. Zahlreiche nichtribo-somale Peptide sind N-methyliert. Die Methyltransferasen übertragen hierbei eine CH3-Gruppe aus S-Ade-nosylmethionin (SAM).

Die Natur kombiniert die einzel-nen katalytischen Domänen der NRPS in vielen Varianten; dadurch ergibt sich die große Vielfalt an Struk-turen. Nach Peptidsynthese und Ab-spaltung des Produkts von der NRPS werden häufig post-NRPS-Schritte durchgeführt. Diese modulieren oft die Hydrophilie des Produkts, kön-nen aber auch die Spezifität der biolo-gischen Wirkung variieren. Eine Aus-wahl enzymatischer Modifikationen außerhalb der NRPS beschreiben Marahiel und Essen.25)

Adenylierungsdomänen verfügen über charakteristische Abschnitte, die den spezifischen Einbau einer Aminosäure in ein naszierendes Pep-tid steuern.26) Die Analyse zeigte ei-ne sehr gute Korrelation zwischen einem bestimmten Sequenzmotiv in diesem Abschnitt mit der Substrat-spezifität der jeweiligen A-Domäne, über die evolutionären Distanzen zwischen verschiedenen Spezies und sogar zwischen Bakterien und Pil-zen. Diese Erkenntnis führte zu der Entwicklung von Domain- und Mo-dule-swapping-Experimenten.27) Es wurde auf ein verkürztes Modellsys-tem auf Basis der Tyrocidin-Synthe-tase zurückgegriffen, das durch ge-zielte Erweiterungen in die Lage ver-setzt wurde, kurze Peptide mit vor-hersagbarer Sequenz biosynthetisch zu erzeugen.

Der Austausch einzelner NRPS-Domänen oder -Module wurde in-tensiv untersucht, von besonderer Relevanz waren dabei Studien zu Protein-Protein-Wechselwirkungen, die sich bei Domain- oder Module-swapping-Experimenten oft als limi-

tierend erwiesen hatten.28) Dieses Prinzip griffen mehrere Arbeitskreise auf, was zu der Biosynthese einer Rei-he nichtnatürlicher Peptide führte.

Beispielhaft sind die Arbeiten von Baltz und Mitarbeitern mit dem anti-biotisch wirksamen Lipopetid Dap-tomycin. Durch den gezielten Aus-tausch einzelner oder mehrerer Do-mänen aus der Daptomycin-NRPS stellten sie mehrere ebenfalls biolo-gisch aktive Daptomycinderivate her (Abbildung 10). Die Ausbeuten la-gen dabei sogar in einigen Fällen im präparativ nützlichen Bereich.29) Ins-gesamt beschreibt diese Veröffent-lichung die Erzeugung von über 30 Daptomycin-Derivaten, bei denen die Aminosäuresequenz modifiziert, Glutamat methyliert (Glu � 3mGlu) und die Struktur der Lipidkette ver-ändert war. Ein Teil dieser 30 Sub-stanzen ließ sich in hinreichender Menge aus der Fermentation rei-nigen, um sowohl Struktur als auch biologische Aktivität zu bestimmen. Keine der auf diese Weise erzeugten Substanzen ist Daptomycin in seiner antibiotischen Wirksamkeit über-legen, allerdings haben einige Deri-vate ein leicht verändertes Wirk-spektrum.

Basierend auf diesen Ergebnissen zielte eine weitere Studie aus der gleichen Gruppe darauf, die Produk-tionsleistungen der rekombinanten NRPS-Systeme zu verbessern.30) Da-bei gelang es, die Verknüpfungen verschiedener NRPS-Fragmente zu optimieren und so die nichtnatürli-chen Peptide in Ausbeuten von bis zu 134 mg·L–1 zu gewinnen. Einer

alternativen Strategie folgend be-schrieben Marahiel und Mitarbeiter die Variabilität in der Ringgröße ma-krozyklischer Peptide durch eine Deletion einzelner Module inner-halb einer NRPS.31)

Sonstige Naturstoffklassen

� Alkaloide und Terpene sind bis-lang in erheblich geringerem Aus-maß in Bezug auf die kombinatori-sche Biosynthese untersucht wor-den. Ein bemerkenswertes Beispiel zur Variablilität der Alkaloidbiosyn-these in Pflanzen gelang der Gruppe von O’Connor: Durch Eingriffe in die Alkaloidbiosynthese des Mada-gaskar-Immergrüns (Catharanthus roseus) bildeten sich viele nicht-natürliche Monoterpen-Indol-Alka-loide.32) Die wohl größte Herausfor-derung in diesen Experimenten ist die Isolation signifikanter Mengen neuer Metabolite. Bislang werden überwiegen hochkomplexe und schwer analysierbare Gemische er-zeugt. Eine weitere Diskussion steht beispielsweise in Lit.33,34)

Entsprechende Arbeiten zu Ter-penen waren bislang vor allem mit Carotenoiden erfolgreich. Die bio-synthetische Erzeugung zahlreicher nichtnatürlicher Carotenoide gelang mehreren Gruppen.35–38)

Zusammenfassung

� Die vergangenen Jahre zeigten zwar das große Potenzial der kom-binatorischen Biosynthese, aber auch ihre Grenzen. Gegenwärtig ist die

Abb. 7. Struktur des Lipopetid-Antibiotikums Daptomycin. Die von Baltz und Mitarbeitern er-

folgreich variierten Positionen 8, 11, 12 und 13 innerhalb des Peptids sind rot hervorgehoben.

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größte Herausforderung, Naturstoff-Derivate in präparativ nützlichen Mengen und in hinreichend großen und strukturell diversen Substanzbi-bliotheken herzustellen. Bislang ge-lang entweder die Biosynthese klei-ner Substanzbibliotheken, beispiels-weise im Fall des Lipopeptids Dapto-mycin. Oder aber die präparierbaren Mengen strukturell komplexer Ver-bindungen waren für eine weitere Untersuchung zu gering. Zudem ist das erforderliche enzymologische Wissen noch eher begrenzt. Ein mög-licher Durchbruch gelang hier Mara-hiel und Essen für nichtribosomale Peptid-Synthetasen, indem sie die erste Kristallstruktur eines vollstän-digen NRPS-Moduls aufklärten.39)

Die genetische Manipulation der natürlichen Produktionsorganismen ist in vielen Fällen kompliziert und zeitaufwändig. Eine Alternative bie-tet in diesen Fällen die heterologe Expression ganzer Biosynthesewege in leicht handhabbaren Mikroorga-nismen, wie durch Katz und Khosla beschrieben.40,41) Diese Technik be-schleunigt die Erzeugung von Sub-stanzbibliotheken ebenso wie das Studium der Enzymologie, jedoch oft zum Preis einer stark verringer-ten Fermentatiosausbeute. Im Fall von NRPS ist die enorme Größe der an der Biosynthese beteiligten Gen-cluster eine zusätzliche Schwierig-keit.

Die kombinatorische Biosynthese übt dennoch eine große Anzie-hungskraft auf die Naturstoffbioche-mie aus. Die Aussicht, in einem Ex-periment viele komplexe Verbin-dungen durch den meist relativ ein-fachen Weg der Fermentation zu er-zeugen, rechtfertigt den hohen For-schungsaufwand.

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Uschi Sundermann, Jahrgang

1983, ist seit dem Jahr 2008

Doktorandin im Arbeitskreis

von Frank Schulz und Mitglied

der International Max Planck

Research School on Chemical

Biology in Dortmund. Sie studierte von 2003 bis

2008 Biotechnologie/Chemietechnik an der

Hochschule Emden/Leer. Zusätzlich hat sie ei-

nen BSc in Toxikologie (Studium am Athlone In-

stitute of Technology, Irland) .

Susanna Kushnir, Jahrgang

1966, ist seit dem Jahr 2009

wissenschaftliche Mitarbeite-

rin in der Chemischen Biologie

an der Fakultät für Chemie der

TU Dortmund. Sie promovier-

te 1996 bei Viktor Fedorenko an der ukrainischen

Universität Lemberg. Bis zum Jahr 2000 war sie

dort wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Ab-

teilung für Genetik und Biotechnologie. Danach

wechselte sie als Postdoktorandin an das Hans-

Knöll-Institut und das Institut für Molekulare

Biotechnologie in Jena. 2003 kam sie an das

Max-Planck-Institut für Molekulare Physiologie

nach Dortmund.

Frank Schulz, Jahrgang 1979,

ist seit Oktober 2009 Beil-

stein-Stiftungsprofessor für

Bioorganische Chemie an der

TU Dortmund. Er promovierte

im Arbeitskreis von Manfred T.

Reetz am MPI für Kohlenforschung in Mülheim.

Im Jahr 2007 ging er als Postdoktorand an die

Universität Cambridge in den Arbeitskreis von

Peter F. Leadlay. Ende 2008 kam er als Liebig-Sti-

pendiat zum Aufbau einer eigenen Arbeitsgrup-

pe zurück nach Deutschland. Seine Arbeitsgrup-

pe befasst sich mit fermentativen und chemo-

enzymatischen Synthesen von Naturstoffen.

[email protected]