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A. Perutz : {Jber usw. A. Poehlm~nn : Blutgruppenuntersuchungen usw. 181 Bei den vorliegenden statistischen Betrachtungen handelt es sich um den Stadtbezirk Bonn, dessen Einwohnerzahl seit 1912 getrennt naeh Mgnnern und Frauen bekannt ist. Erfaf~t wurden a]le Haut- patienten, die in den Polik]iniken der Haut- und Kinderklinik sowie bei J~rzten der Stadt in den letzten 15 Jahren behandelt wurden. Beim Ekzem zeigt sich jedes Jahr ein deutlicher Friihjahrsanstieg. Direkte und indirekte Beziehungen des Wetters (Temperatur, Druek und Feuchtigkeitswerte der Luft, Niedersehlagsmengen, Windbewegung, Besonnung) zu diesem Friihjahrsanstieg lassen sieh in manchen Jahren feststellen. Bcider Tuberkulose fi~llt yon 1917 ab ein Ansteigen der Haut- tuberkulose auf, die seit 1923 wieder zuriickgeht, wohingegen seit dieser Zeit ein Ansteigen der Hauttuberkulide zu beobaehten ist. Die Zahl der Hauttuberkulide ist grSl~er a]s in der Vorkriegszeit. Die Zahl der Psoriasiserkrankungen, die wghrend der Kriegsjahre zuriiekgegangen war, zeigt in den letzten Jahren wieder einen Anstieg. 62. Herr A. Perutz-Wien: 0her allergische Gewerbedermatosen. Als allergisehe Gewerbedermatosen wird eine Gruppe yon beruf- lichen Schgdigungen der ]-Iaut bezeichnet, bei denen die sch~digende Substanz als Allergen wirkt. Bei der Terpentin- und Jodoformderma- titis gelang die passive {~bertragung auf ein normales Individuum. Ferner konnte festgestellt werden, dal~ bei diesen Dermatosen eine StSrung des vagosympathischen Gleichgewichtes im Sinne einer 13ber- erregbarkeit des Parasympathieus zu finden war. Diese Patienten waren gegen untersehwellige Pilokarpindosen iiberempfindlich und rea- gierten auf intraven6se Zufuhr kleinster Adrenalinmengen mit voriiber- gehender Blutdrucksenkung. Naeh oraler Peptonzufuhr erfolgte ein Leukocytensturz yon ungefghr 30 %. Aul~erdem war dabei eine Ver- mehrung des Calciumspiegels im peripheren Blute nachzuweisen. Die Labilitgt des autonomen Nervensystems ist fiir die allergisehe Dispo- sition verantwortlich zu maohen. 63. Herr A. Poehlmann-Mfinchen: Blutgruppenuntersuchungen bei Hautkrankheiten. Die Blutgruppenforsehung beim Menschen steht heute im Mittel- punkte des Interesses. Wghrend die klinische und gerichtliche Medizin, Anthropologie und Vererbungswissenschaft bereits reichen Gewinn aus der Blutgruppcn-

Blutgruppenuntersuchungen bei Hautkrankheiten

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Page 1: Blutgruppenuntersuchungen bei Hautkrankheiten

A. Perutz : {Jber usw. A. Poehlm~nn : Blutgruppenuntersuchungen usw. 181

Bei den vorliegenden statistischen Betrachtungen handelt es sich um den Stadtbezirk Bonn, dessen Einwohnerzahl seit 1912 getrennt naeh Mgnnern und Frauen bekannt ist. Erfaf~t wurden a]le Haut- patienten, die in den Polik]iniken der Haut- und Kinderklinik sowie bei J~rzten der Stadt in den letzten 15 Jahren behandelt wurden.

Beim Ekzem zeigt sich jedes Jahr ein deutlicher Friihjahrsanstieg. Direkte und indirekte Beziehungen des Wetters (Temperatur, Druek und Feuchtigkeitswerte der Luft, Niedersehlagsmengen, Windbewegung, Besonnung) zu diesem Friihjahrsanstieg lassen sieh in manchen Jahren feststellen.

B c i d e r Tuberkulose fi~llt yon 1917 ab ein Ansteigen der Haut- tuberkulose auf, die seit 1923 wieder zuriickgeht, wohingegen seit dieser Zeit ein Ansteigen der Hauttuberkulide zu beobaehten ist. Die Zahl der Hauttuberkulide ist grSl~er a]s in der Vorkriegszeit.

Die Zahl der Psoriasiserkrankungen, die wghrend der Kriegsjahre zuriiekgegangen war, zeigt in den letzten Jahren wieder einen Anstieg.

62. Herr A. Perutz-Wien: 0her allergische Gewerbedermatosen. Als allergisehe Gewerbedermatosen wird eine Gruppe yon beruf-

lichen Schgdigungen der ]-Iaut bezeichnet, bei denen die sch~digende Substanz als Allergen wirkt. Bei der Terpentin- und Jodoformderma- titis gelang die passive {~bertragung auf ein normales Individuum. Ferner konnte festgestellt werden, dal~ bei diesen Dermatosen eine StSrung des vagosympathischen Gleichgewichtes im Sinne einer 13ber- erregbarkeit des Parasympathieus zu finden war . Diese Patienten waren gegen untersehwellige Pilokarpindosen iiberempfindlich und rea- gierten auf intraven6se Zufuhr kleinster Adrenalinmengen mit voriiber- gehender Blutdrucksenkung. Naeh oraler Peptonzufuhr erfolgte ein Leukocytensturz yon ungefghr 30 %. Aul~erdem war dabei eine Ver- mehrung des Calciumspiegels im peripheren Blute nachzuweisen. Die Labilitgt des autonomen Nervensystems ist fiir die allergisehe Dispo- sition verantwortlich zu maohen.

63. Herr A. Poehlmann-Mfinchen: Blutgruppenuntersuchungen bei Hautkrankheiten.

Die Blutgruppenforsehung beim Menschen steht heute im Mittel- punkte des Interesses.

Wghrend die klinische und gerichtliche Medizin, Anthropologie und Vererbungswissenschaft bereits reichen Gewinn aus der Blutgruppcn-

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182 A. Poehlmann: Blutgruppenuntersuehungen bei Hautkrankheiten.

forschung gezogen haben, stand die praktische Anwendung der Blut- gruppenforschung auf die Dermatologie bisher noch aus 1.

Ich selbst befal~te reich daher seit l~ngerem mit Blutgruppen- bestimmungen bei Hautkrankheiten, um evtl. gesetzmal~ige Beziehungen zwischen Blutgruppe und Hautkrankheiten nachzuweisen und priifte besonders Dermatosen mit unbekannter ~tiologie bzw. solche, bei denen ein Zusammenhang mit einer bestimmten konstitutionellen Eigenart als wahrscheinlieh angenommen wird.

Ich untersuchte ausschlie~lich mit der l~eagensglasmethode und ich m6chte nut diese Technik empfehlen, nachdem sich mir die Objekt- tragermethode als unzuverlassig erwieson hat.

Bei der ]~eagensglasmethode ergeben sieh naeh meinem Erachten keine Schwierigkeiten in der Beurteilung der Agglutination und die Gruppenzugeh6rigkeit ist in jedem Falle exakt festzustellen.

Ich konnte nun bisher bei keiner Hautkrankheit eine evtl. Be- ziehung zwisehen Blutgruppe und Hautaffektion beobaehten auBer bei der Psoriasis.

Bei meinem Material yon Psoriasis stetlte ieh ein auff~tlliges Uber- gewieht der Gruppe O (Gruppe I nach Jansl~y) lest:

Unter 158 Kranken beider]ei Geschlechtes mit Psoriasis vu]garis:hatten

88 = 55,69% die Blutk~rpereheneigenschaft 0 46 = 29,11% . . . . A 19 = 12,02% . . . . B 5---- 3,16 % . . . . AB

Einen Zufallsfehler (Irrtum der kleinen Zahl) mSchte ieh flit meine Beobaehtung nieht annehmen, denn einmal handelte es sich doch um eine ziemlieh betrachtliehe Zahl yon Psoriasisf~llen, dann war das Verhaltnis von Gruppe O zu Gruppe A aueh bei den fortgesetzten Untersuehungen das gleiche wie das in meiner ersten VerSffentliehung (Miineh. reed. Woehensehr. 1927, Nr. 28, S. 1180) mitgeteilte, ferner sind in meinem Psoriasismaterial die Blutgruppe B und AB in an- n~hernd normaler Verteihmg vorhanden, und endlieh land ich bei den versehiedenen anderen Hautkrankheiten (dabei an einem viel weniger zahlreichen Material) die Blutgruppenverteilung der Norm entsprechend ~.

Dieses yon mir beobachtete auff~llige ~bergewieht der Blutgruppe 0 bei Psoriasis dr~ngt zu der Hypothese, dab die Individuen der Gruppe O eine besondere Disposition zu Psoriasis besitzen.

1 Lediglieh beziiglich der Syphilis liegen Mitteilungen tiber den Einflul~ der Blutgruppe auf das Sehwinden der WaR. (Straszynski) sowie fiber den Einfluft der Blutgruppe auf die Impfmal~ria (Wendlberger) vor.

Aul~er bei Psoriasis war lediglich noch bei Alopeeia areata ein Uberwiegen der Blutgruppe 0 auff~tllig, doch ist bier die Zahl der F~lle fiir SehluBfolgerungen noeh zu gering (Gruppe 0 bei 58,16%, Gruppe A bei 31,63%, Gruppe B bei 8,16% und Gruppe AB bei 2,04% der Fglle).

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Aussprache. E. Urbach: Zur Chemie der alten und kranken ttaut. 183

Da es sich bet den gruppenspezifischen Bluts t rukturen um vererb- bare konsti tutionelle Merkmale handelt , wi~re es so leieht verst~ndlich, weshalb sich die , ,Disposition" zu Psoriasis durch Generat ionen vererbt .

Eine auff/~llige Dominanz der Blutgruppe 0 ist von Hermanns (Miinch. r e e d . Wochensehr. 1927, Nr. 23, S. 967) an dem Material der inneren Poliklinik Miinchen auch bet den thyreotoxisehen Er- k rankungen festgestellt worden.

Andererseits scheint aueh bet der Psoriasis das endokrine System eine Rolle zu spielen, was dutch den sehon lange bekannten Ein~]u/~ der Sehilddriisenpr~parate wahrscheinlieh gemacht wird, wie dureh die neueren Beobaehtungen ~on Heilerfolgen nach Verabreichung yon Thymuspr~para ten (Grosz, Samberger) und nach Thymusre izung dureh RSntgenbest rahlung (Klingmi~ller, Brock) oder Durchwarmung mit Diathermie (Leszczynski).

Die Ergebnisse der Blutgruppenforsehung - - Dominanz der Blut- gruppe O bet Psoriasis und bet thyreotoxisehen Erkrankungen - - legen es nahe~ aueh h i e r Zusammenh~nge zu vermuten und vielleicht neben der Blutk6rpereheneigensehaft auch das endokrine System als Fak to r ffir die erbliche Disposition anzuspreehen 1.

Wiirde diese meine erstmalige Beobaehtung von Korrelat ion yon Blutgruppe O und Psoriasis an ganz groBem Material und yon ver- sehiedenen Untersuehern best~tigt werden, so w~re dami t ein weiterer Sehrit t zum Verst~ndnis des Wesens der Psoriasis getan.

Aussprache. Herr Laufer-Frankfurt a. ~ . Ieh habe ~n der Hautklinik Frankfurt a.M.

Blu~gruppenbestimmungen bet Hautkranken vorgenommen. Ein gesetzm~t$iges Verhalten yon Blutgruppen zu Hautkrankheiten konnte ich ebenfalls nieht nach- weisen. Bet der Psoriasis land ieh in der 1. Gruppe einen ann~thernd normalen Weft vergliehen mit der Prozentzahl der GesamtbevSlkerung, bet der 3. Gruppe eine Zunahme. Allerdings sind unsere Zahlen noeh klein, so dal~ man sichere Schliisse nicht daraus ziehen kann. Als Beitrag zur Frage der vererblichen Der- matosen diirfte yon Interesse sein, da$ eine Patientin mit Hydroa vacciniforme zur selben Gruppe gehSrte wie der niehterkrankte Bruder.

Herr E. Hoffmann-Bonn weist darauf kin, dab an den Bonner Kliniken Kl6vekorn und Simon Blutgruppenuntersuchungen an fast 1200 Patienten ans- gefiihrt haben. VerSffentlicht in Dermatol. Zeitschr. 50, H. 4. 1927.

64 Herr E. Urbaeh-Wien: Zur Chemie der alton und kranken Haut.

Meine Mitteilung betriff t eine neue Arbeitsrichtung, die K~nigstein und ich eingesehlagen haben, um den Zusammenhang zwisehen ge-

1 Vgl. aueh Leven, Dermatol. Wochensehr. 1923, Nr. 33, S. 1002.