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Buchbesprechungen Haas, Peter Medizinische Informationssysteme und Elektronische Krankenakten ISBN 3540204253, Springer, Berlin u. a. 2005, 756 Seiten, a 39,95 Mit diesem Buch liegt eine umfangreiche Einfu ¨ hrung in das Themengebiet der medizi- nischen Informationssysteme vor, das sich vor allem durch seine fundierte Darstellung auszeichnet. Zielgruppe des Buches sind ne- ben Benutzer medizinischer Informations- systeme in Gesundheitsversorgungseinrich- tungen (Ȗrzte, Pflegekra ¨fte, EDV-Leiter etc.) auch Informatik- und Medizinstuden- ten. Das Buch ist in 8 Kapitel gegliedert. Nach einem einfu ¨ hrenden Kapitel widmet sich der Autor in Kapitel 2 den wesentlichen Grund- lagen von Informationssystemen. Dazu wer- den neben Einordnung des Begriffs vor allem Ziele, Funktionsumfang und Gestal- tungsmo ¨ glichkeiten von Informationssyste- men behandelt. Ausgehend von der These, dass ein medizinisches Informationssystem vor dem Hintergrund der Gegebenheiten im Gesundheitswesen entwickelt werden sollte, behandelt der Autor in Kapitel 3 Grund- lagen der konventionellen medizinischen Dokumentation und Prinzipien der Organi- sation von Behandlungsprozessen. Hauptteil des Buches sind Kapitel 4 bis 6. In Kapitel 4 wird nach definitorischer Abgrenzung schwerpunktma ¨ßig Ziel, Nutzen und Anfor- derungen an elektronische Krankenkarten pra ¨sentiert. Dabei werden auch unterschied- liche medizinische Begriffsordnungen und Vokabularen thematisiert und auf ihre zen- trale Bedeutung bei der Entwicklung einer elektronischen Krankenakte hingewiesen. Diese allgemeinen Implementierungsaspekte konkretisiert der Autor in Kapitel 5, indem er eine Reihe notwendiger Anwendungs- funktionalita ¨ten einer elektronischen Kran- kenkarte, die er als Module bezeichnet, um- fassend beschreibt und deren Abha ¨ngigkei- ten durch ein Schichtenmodell verdeutlicht. Zu den beschriebenen Modulen geho ¨ ren u. a. Patientendatenverwaltung, Falldaten- verwal-tung, Behandlungsprozessdokumen- tation, Ergebnisdokumentation, Diagnose- dokumentation, Pflegedokumentation, Da- tenschutz. Kapitel 6 beschreibt zusa ¨tzliche Funktionalita ¨ten eines medizinischen Infor- mationssystems, die u ¨ ber die elektronische Krankenkarte hinausgehen (Beispiel: Archiv- verwaltung, Entscheidungsunterstu ¨ tzung etc.). Im Gegensatz zu Kapitel 4 bis 6, die ei- ne funktionale Ausrichtung haben, the-mati- siert Kapitel 7 anhand der Darstellung wich- tiger Projektphasen, wie die Auswahl und Einfu ¨ hrung eines medizinischen Informa- tionssystems strukturiert und vollzogen wer- den kann. Im letzten Kapitel pra ¨sentiert der Autor in knapper Form drei Einsatzszena- rien fu ¨r Arztpraxisinformationssysteme, Krankenhausinformationssysteme und Be- triebsa ¨rztliche Informationssysteme. Das Buch eignet sich als Grundlagenlitera- tur sowohl fu ¨ r Praktiker als auch fu ¨ r Stu- denten, die sich einen șberblick u ¨ ber medi- zinische Informationssysteme verschaffen wollen und ist damit fu ¨ r die angesprochenen Zielgruppen geeignet. Didaktisch zeichnet es sich durch seine versta ¨ndliche Schreibweise, seinen strukturierten Aufbau sowie Leitfra- gen zu Beginn und ein Zusammenfassung am Ende der Kapitel aus. Zahlreiche schema- tische Darstellungen erleichtern das Ver- sta ¨ndnis. Positiv fa ¨llt auf, dass der Autor Wert auf die Definition grundlegender Be- griffe gelegt hat. Verweise auf die verwende- ten Quellen ermo ¨glicht behandelte Teilgebie- te weiter zu vertiefen. Die Darstellung der Module in den Kapiteln 5 und 6 sind zwar z. T. recht umfangreich, aber der Thematik weitgehend angemessen. Besonders empfeh- lenswert sind die Grundlagenkapitel zur me- dizinischen Dokumentation und Organisa- tion von Behandlungsprozessen sowie der Vokabularen und Begriffordnungen der Me- dizin fu ¨ r Informatikstudenten und -prakti- ker. Insgesamt kann das Buch empfohlen werden, zumal es eines der wenigen integra- tiven Bu ¨ cher zu diesem Thema darstellt. Kamyar Sarshar, Mainz Aier, S.; Scho ¨nherr, M. (Hrsg.) Enterprise Application Integration Serviceorientierung und nachhaltige Architekturen ISBN 3-936771-30-8, GITO-Verlag, Berlin 2004, 428 Seiten, a 44,80 Inhaltlich gliedert sich der zweite Band der Reihe „Enterprise Architecture“ der Heraus- geber Aier/Scho ¨ nherr, der den Themenberei- chen Serviceorientierung und Nachhaltigkeit von Architekturen gewidmet ist, in vier Tei- le. Ein erster Teil ist der Unternehmens- architektur und dem Architekturmanage- ment gewidmet. Ein zweiter Teil setzt sich mit Standards, Modellierung und Notatio- nen auseinander. Ein dritter Teil thematisiert die Service-orientierte Architektur (SOA) und in einem letzten Teil werden Implemen- tierungsstrategien fu ¨ r die Enterprise Appli- cation Integration (EAI) diskutiert. Die vier Teile fu ¨ gen sich harmonisch zum Ganzen, auch wenn ganz unterschiedliche Themen- bereiche von ganz unterschiedlichen Auto- ren beleuchtet werden. Das Lesepublikum, an das der Band sich richtet, reicht von Wis- senschaftern bis zu Praktikern im Architek- turmanagement-Umfeld. Die theoretische Auseinandersetzung mit den Themen wird im zweiten Band der Reihe erneut anhand von (vier) Fallstudien illustriert, wobei es sich ausschließlich um solche aus der Fi- nanzdienstleistungsindustrie handelt. Im Folgenden wird kurz auf ausgewa ¨hlte Beitra ¨- ge eingegangen. Den Beginn macht ein Beitrag zu Ge- schichte und Rahmenwerken der Unterneh- mensarchitektur. Letztere werden u. a. da- raufhin untersucht, inwiefern sie Konzepte und Ziele enthalten, die im EAI-Umfeld wieder diskutiert werden. Dies ergibt einen idealen auch historischen Einstieg in die im Band angesprochenen Themenbereiche. Al- lerdings steht der Beitrag einem Vergleich der verschiedenen Rahmenwerke letztlich kritisch gegenu ¨ber. Interessant ist in diesem Zusammenhang etwa die Erwa ¨hnung von Metaphern, mittels der das Management von IT-Architekturen in Zusammenhang ge- bracht wird. Da liegen, wie im Beitrag er- wa ¨hnt, die Metaphern Baukunst und Stadt- planung aus den entsprechenden Ingenieurs- wissenschaften nahe, mittels der heute in vielen Architekturvorhaben und entspre- chenden organisatorischen Einheiten im Un- ternehmenskontext die eigene Arbeit plausi- bel gemacht wird. Ein weiterer Beitrag thematisiert die Nachhaltigkeit als Gestaltungsziel von Un- ternehmens- und IT-Architekturen. An der șbertragung des umwelto ¨ konomischen Konzepts der Nachhaltigkeit auf die Unter- nehmensarchitektur ist insbesondere span- nend, dass dadurch unterschiedliche Sichten, etwa die globale Sicht, die Systemsicht, die Sicht der nachfolgenden Generationen, die Sicht der Entscheidungstheorie sowie der o ¨ f- fentlichen Partizipation ins Spiel gebracht werden. Die Sichten ko ¨ nnen entsprechend auf Unternehmensarchitekturen bestehend aus IT und Organisation u ¨ bertragen wer- den. Die Autoren u ¨ bertragen ferner mit Ge- winn die aus dem o ¨ kologischen Diskurs der Nachhaltigkeit sich ergebenden Begriffe der Suffizienz, der Effizienz, der Konsistenz und der Partizipation in den wirtschafts- informatischen Diskurs rund um das Ma- nagement von Architekturen. Eine Mo ¨ glich- keit, diese Begriffe unternehmensintern be- zu ¨ glich der Architektur fassbar zu machen, ist die Modularisierung von Architekturen, u ¨ ber die erstens Komplexita ¨t reduziert und zweitens die erwa ¨hnten Begriffe konkreti- siert und fu ¨ r eine Messung operationalisiert werden ko ¨nnen. Die Autoren kommen fer- ner zum Schluss, dass das Konzept der Nachhaltigkeit und dessen șbertragbarkeit in die Diskussion um die Architektur, mit ih- rem Unterworfensein unter den permanen- ten Wandel, ein taugliches Konzept sei. WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 6, S. 448 463 WI – Literatur

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Haas, PeterMedizinische Informationssysteme undElektronische KrankenaktenISBN 3540204253, Springer, Berlin u. a.2005, 756 Seiten, a 39,95

Mit diesem Buch liegt eine umfangreicheEinfuhrung in das Themengebiet der medizi-nischen Informationssysteme vor, das sichvor allem durch seine fundierte Darstellungauszeichnet. Zielgruppe des Buches sind ne-ben Benutzer medizinischer Informations-systeme in Gesundheitsversorgungseinrich-tungen (�rzte, Pflegekrafte, EDV-Leiteretc.) auch Informatik- und Medizinstuden-ten.Das Buch ist in 8 Kapitel gegliedert. Nach

einem einfuhrenden Kapitel widmet sich derAutor in Kapitel 2 den wesentlichen Grund-lagen von Informationssystemen. Dazu wer-den neben Einordnung des Begriffs vorallem Ziele, Funktionsumfang und Gestal-tungsmoglichkeiten von Informationssyste-men behandelt. Ausgehend von der These,dass ein medizinisches Informationssystemvor dem Hintergrund der Gegebenheiten imGesundheitswesen entwickelt werden sollte,behandelt der Autor in Kapitel 3 Grund-lagen der konventionellen medizinischenDokumentation und Prinzipien der Organi-sation von Behandlungsprozessen. Hauptteildes Buches sind Kapitel 4 bis 6. In Kapitel 4wird nach definitorischer Abgrenzungschwerpunktmaßig Ziel, Nutzen und Anfor-derungen an elektronische Krankenkartenprasentiert. Dabei werden auch unterschied-liche medizinische Begriffsordnungen undVokabularen thematisiert und auf ihre zen-trale Bedeutung bei der Entwicklung einerelektronischen Krankenakte hingewiesen.Diese allgemeinen Implementierungsaspektekonkretisiert der Autor in Kapitel 5, indemer eine Reihe notwendiger Anwendungs-funktionalitaten einer elektronischen Kran-kenkarte, die er als Module bezeichnet, um-fassend beschreibt und deren Abhangigkei-ten durch ein Schichtenmodell verdeutlicht.Zu den beschriebenen Modulen gehorenu. a. Patientendatenverwaltung, Falldaten-verwal-tung, Behandlungsprozessdokumen-tation, Ergebnisdokumentation, Diagnose-dokumentation, Pflegedokumentation, Da-tenschutz. Kapitel 6 beschreibt zusatzlicheFunktionalitaten eines medizinischen Infor-mationssystems, die uber die elektronischeKrankenkarte hinausgehen (Beispiel: Archiv-verwaltung, Entscheidungsunterstutzungetc.). Im Gegensatz zu Kapitel 4 bis 6, die ei-ne funktionale Ausrichtung haben, the-mati-siert Kapitel 7 anhand der Darstellung wich-tiger Projektphasen, wie die Auswahl undEinfuhrung eines medizinischen Informa-

tionssystems strukturiert und vollzogen wer-den kann. Im letzten Kapitel prasentiert derAutor in knapper Form drei Einsatzszena-rien fur Arztpraxisinformationssysteme,Krankenhausinformationssysteme und Be-triebsarztliche Informationssysteme.Das Buch eignet sich als Grundlagenlitera-

tur sowohl fur Praktiker als auch fur Stu-denten, die sich einen �berblick uber medi-zinische Informationssysteme verschaffenwollen und ist damit fur die angesprochenenZielgruppen geeignet. Didaktisch zeichnet essich durch seine verstandliche Schreibweise,seinen strukturierten Aufbau sowie Leitfra-gen zu Beginn und ein Zusammenfassungam Ende der Kapitel aus. Zahlreiche schema-tische Darstellungen erleichtern das Ver-standnis. Positiv fallt auf, dass der AutorWert auf die Definition grundlegender Be-griffe gelegt hat. Verweise auf die verwende-ten Quellen ermoglicht behandelte Teilgebie-te weiter zu vertiefen. Die Darstellung derModule in den Kapiteln 5 und 6 sind zwarz. T. recht umfangreich, aber der Thematikweitgehend angemessen. Besonders empfeh-lenswert sind die Grundlagenkapitel zur me-dizinischen Dokumentation und Organisa-tion von Behandlungsprozessen sowie derVokabularen und Begriffordnungen der Me-dizin fur Informatikstudenten und -prakti-ker. Insgesamt kann das Buch empfohlenwerden, zumal es eines der wenigen integra-tiven Bucher zu diesem Thema darstellt.

Kamyar Sarshar, Mainz

Aier, S.; Schonherr, M. (Hrsg.)Enterprise Application IntegrationServiceorientierung und nachhaltigeArchitekturenISBN 3-936771-30-8, GITO-Verlag,Berlin 2004, 428 Seiten, a 44,80

Inhaltlich gliedert sich der zweite Band derReihe „Enterprise Architecture“ der Heraus-geber Aier/Schonherr, der den Themenberei-chen Serviceorientierung und Nachhaltigkeitvon Architekturen gewidmet ist, in vier Tei-le. Ein erster Teil ist der Unternehmens-architektur und dem Architekturmanage-ment gewidmet. Ein zweiter Teil setzt sichmit Standards, Modellierung und Notatio-nen auseinander. Ein dritter Teil thematisiertdie Service-orientierte Architektur (SOA)und in einem letzten Teil werden Implemen-tierungsstrategien fur die Enterprise Appli-cation Integration (EAI) diskutiert. Die vierTeile fugen sich harmonisch zum Ganzen,auch wenn ganz unterschiedliche Themen-bereiche von ganz unterschiedlichen Auto-ren beleuchtet werden. Das Lesepublikum,

an das der Band sich richtet, reicht von Wis-senschaftern bis zu Praktikern im Architek-turmanagement-Umfeld. Die theoretischeAuseinandersetzung mit den Themen wirdim zweiten Band der Reihe erneut anhandvon (vier) Fallstudien illustriert, wobei essich ausschließlich um solche aus der Fi-nanzdienstleistungsindustrie handelt. ImFolgenden wird kurz auf ausgewahlte Beitra-ge eingegangen.Den Beginn macht ein Beitrag zu Ge-

schichte und Rahmenwerken der Unterneh-mensarchitektur. Letztere werden u. a. da-raufhin untersucht, inwiefern sie Konzepteund Ziele enthalten, die im EAI-Umfeldwieder diskutiert werden. Dies ergibt einenidealen auch historischen Einstieg in die imBand angesprochenen Themenbereiche. Al-lerdings steht der Beitrag einem Vergleichder verschiedenen Rahmenwerke letztlichkritisch gegenuber. Interessant ist in diesemZusammenhang etwa die Erwahnung vonMetaphern, mittels der das Management vonIT-Architekturen in Zusammenhang ge-bracht wird. Da liegen, wie im Beitrag er-wahnt, die Metaphern Baukunst und Stadt-planung aus den entsprechenden Ingenieurs-wissenschaften nahe, mittels der heute invielen Architekturvorhaben und entspre-chenden organisatorischen Einheiten im Un-ternehmenskontext die eigene Arbeit plausi-bel gemacht wird.Ein weiterer Beitrag thematisiert die

Nachhaltigkeit als Gestaltungsziel von Un-ternehmens- und IT-Architekturen. An der�bertragung des umweltokonomischenKonzepts der Nachhaltigkeit auf die Unter-nehmensarchitektur ist insbesondere span-nend, dass dadurch unterschiedliche Sichten,etwa die globale Sicht, die Systemsicht, dieSicht der nachfolgenden Generationen, dieSicht der Entscheidungstheorie sowie der of-fentlichen Partizipation ins Spiel gebrachtwerden. Die Sichten konnen entsprechendauf Unternehmensarchitekturen – bestehendaus IT und Organisation – ubertragen wer-den. Die Autoren ubertragen ferner mit Ge-winn die aus dem okologischen Diskurs derNachhaltigkeit sich ergebenden Begriffe derSuffizienz, der Effizienz, der Konsistenzund der Partizipation in den wirtschafts-informatischen Diskurs rund um das Ma-nagement von Architekturen. Eine Moglich-keit, diese Begriffe unternehmensintern be-zuglich der Architektur fassbar zu machen,ist die Modularisierung von Architekturen,uber die erstens Komplexitat reduziert undzweitens die erwahnten Begriffe konkreti-siert und fur eine Messung operationalisiertwerden konnen. Die Autoren kommen fer-ner zum Schluss, dass das Konzept derNachhaltigkeit und dessen �bertragbarkeitin die Diskussion um die Architektur, mit ih-rem Unterworfensein unter den permanen-ten Wandel, ein taugliches Konzept sei.

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Ein weiterer Beitrag befasst sich direktoder indirekt mit dem vielfach thematisier-ten, aber sich einer umfassenden konzeptio-nellen Aufarbeitung offensichtlich entzie-henden, Konzept der Zeit im Rahmen vonEAI und SOA. Konkret erfolgt dies anhanddes Schlagwortes Real-Time Enterprise(RTE), welches letztlich die Kopplung vonanalytischen und operativen Systemen for-dert, um eine Steuerung des Unternehmensaus informationstechnologischer Sicht zuunterstutzen. Allerdings ist vielerorts trotzImplementierung von EAI- und SOA-Lo-sungen die Realisierung des RTE-Postulatsderzeit kein Thema, was unterschiedlicheGrunde hat. Unter anderem mag dies mitUnterschieden der Datenmodellierung, aberletztlich und viel zentraler mit dem Unter-schied des zeitlichen Blicks auf Daten undInformationen zusammenhangen, die in denunterschiedlichen erforderlichen Informati-onssystemen gehalten werden. Die Zeit spieltin operativen und in analytischen Systemeneine unterschiedliche Rolle und hat eine un-terschiedliche Bedeutung. Wenngleich derBeitrag verschiedene technische Losungs-ansatze und Produkte (EAI, WFM, BPM,EAI) erwahnt, die im Rahmen von RTE the-matisiert werden, ware, wie im Beitrag ange-dacht, aus betriebswirtschaftlicher Sicht(Controlling) zu untersuchen, inwiefernKosten und Nutzen unterschiedlicher Varia-nten von Architektur- oder Serviceinfra-strukturauspragungen zu einer zeitgerechte-ren Verfugbarkeit von Informationen fur dieFuhrung des Unternehmens beitragen.Ein weiterer Beitrag geht auf das Service

Lifecycle Management ein. Dabei positio-niert der Verfasser Services als Mittler zwi-schen Betriebswirtschaft und Informations-technologie. Er streift weiter die Aggregationvon Services zu Domanen, wofur das Doma-nenkonzept der Deutschen Post Mail als Il-lustrationsbeispiel beigezogen wird. Am ent-sprechenden Domanenkonzept wird gezeigt,dass lose gekoppelte Services verschiedeneDomanen beruhren und uber ein Infra-strukturkonzept – in der Fallstudie mittelseines Servicebus – gebundelt werden kon-nen. Intradomain-Kopplungen erfolgen imentsprechenden Beispiel im Gegensatz zurInterdomain-Kopplung eng. Fur das Infra-strukturkonzept wurde das EAI-Konzeptbeigezogen. Nur am Rande werden Zwi-schenstufen zwischen Domanen und Ser-vices thematisiert. Dieser Umstand sollte inder Theorie vertiefter diskutiert und ins-besondere Begriffe geklart werden. Beispiels-weise ist zur Komplexitatsreduktion, parallelzur technischen Service- und Domanenbil-dung, eine betriebswirtschaftliche Doma-nen-, Funktionsblock- oder Servicezuord-nung denkbar. Der Beitrag thematisiertweiter das Domanen-Engineering und posi-tioniert dazu entsprechend das Service Life-

cycleManagement. Ausgehend von diesen Er-lauterungen zieht der Autor danach aus be-triebswirtschaftlicher Sicht das Prozessmodellnach �sterle bei, um darin das Service-Ma-nagement anstelle des Prozessmanagementszu positionieren und entsprechend Informati-onssysteme dazu in Relation zu stellen. Lastbut not least werden Kennzahlen zum Perfor-mance-Management der ServicearchitektursowieOntologien im Rahmen der Service-Ar-chitektur diskutiert und positioniert.Ein letzter ausgewahlter Beitrag geht vom

mehrdimensionalen – in Schichtenbildungenresultierenden – Komplexitatsmanagementals kritischem Erfolgsfaktor fur EAI aus.Dabei werden in einem ersten Teil die kom-plexitatsbezogenen Ziele fur EAI themati-siert, u. a. Effizienz- und Effektivitatsveran-derungen bezuglich Architekturen aufgrunddes EAI-Einsatzes. Danach wird kurz aufdie Erreichbarkeit der Ziele der Komplexi-tatsreduktion hinsichtlich der thematisiertenKriterien durch EAI eingegangen. Darauswerden Anforderungen fur ein effektivesKomplexitatsmanagement abgeleitet, wobeidem Umstand am Rande Rechnung getragenwird, dass die Komplexitatsreduktion mittelsModularisierung mitunter wieder die Gefahrbirgt, den Blick fur das Ganze zu verlieren.Nicht ganz klar wird angesichts der The-menbereiche Serviceorientierung und EAI,welches im Sinne einer „Standardisierungder Modularisierung“ letztlich relevante Mo-dularisierungsprinzipien sind.Besonders erfreulich an diesem Band, wie

schon am letzten der Reihe, ist die innovativeund mehrdimensionale Art, mit der an dieseskomplexe und interessante Thema der Wirt-schaftsinformatik herangegangen wird. Al-lerdings lasst der Band auch keine Zweifeldaran offen, dass in diesem Bereich, u. a.auch aufgrund der laufenden technologi-schen Veranderungen und deren Auswirkun-gen auf die Unternehmensarchitekturen,auch in theoretischer Hinsicht noch viel Ar-beit zu leisten ist. Dies sind beste Vorausset-zungen dafur, dass diese Reihe noch langefort besteht.

Konrad Walser, Bern

Welfens, Paul J. J. et al.Internetwirtschaft 2010 – Perspektivenund AuswirkungenISBN 3-7908-1560-8, Physica-Verlag,Heidelberg 2004, 438 Seiten, a 74,95

Die Autoren legen mit „Internetwirtschaft2010“ eine Untersuchung vor, welche so-wohl die okonomische wie auch die tech-nologische Entwicklung der Informations-und Kommunikationswirtschaft in Deutsch-land betrachtet.

Wesentlicher Teil der Arbeit ist die Bewer-tung von verschiedenen Faktoren und Trei-bern hinsichtlich ihres voraussichtlichenEinflusses auf die Internetwirtschaft derkommenden Jahre. Diese Einflussfaktorensind in einem mehrstufigen Verfahren vonExperten identifiziert, bewertet und in Be-ziehung zueinander gesetzt worden. Ihr Ver-halten zueinander fuhrt zu zwei intensivdiskutierten Szenarien. Die Autoren be-schreiben im Szenario des „verhaltenenWachstums“ eine stark gebremste Entwick-lung der Informations- und Kommunikati-onswirtschaft, im Szenario „Durchbruch“eine Situation, in der die Informations- undKommunikationswirtschaft eine treibendeRolle in Deutschland einnimmt.Beide Szenarien vermitteln ein plausibles

und nachvollziehbares Bild uber moglichezukunftige Zustande. Sie lassen sich daruberhinaus auch fur Planungsaktivitaten von Un-ternehmen und Organisationen, die starkvon der Informations- und Kommunikati-onswirtschaft abhangig sind bzw. diese ge-stalten, heranziehen, ggf. abwandeln, erwei-tern und einsetzen.Die Autoren liefern weiterhin ein Bild der

makrookonomischen Auswirkungen der ge-nannten Treiber auf die Bereiche Außenhan-del, Wachstum und Beschaftigung. Schließ-lich gelingt es ihnen noch, Empfehlungen furdie Wirtschaftspolitik auszusprechen.Der durchaus lesbare Untersuchungs-

bericht ist fur denjenigen Leser, der sich furPlanungen und moglichen Entwicklungender Informations- und Kommunikations-wirtschaft interessiert, von großem Nutzen.Hilfreich sind nicht zuletzt die ausfuhrlichenErlauterungen der Problemstellung, derwirtschaftlichen und technischen Grund-lagen sowie die durchgefuhrten Konvergenz-analysen hinsichtlich der Plattformen furdigitale Dienste, zur voraussichtlichen Inno-vationsdynamik und zu regulierungspoliti-schen Aspekten.

Thomas Deelmann, Bonn

Hansen, Hans R.; Neumann, GustafWirtschaftsinformatik 1 – Grundlagenund AnwendungenISBN 3-8252-2669-7, 9. Aufl., UTB,Stuttgart 2005, 855 Seiten, a 19,90

Wer sich mit Wirtschaftsinformatik beschaf-tigt, kennt sicher einige der bisherigen 8 Auf-lagen dieses Buches. Es handelt sich um einesder erfolgreichsten, wenn nicht um das er-folgreichste Buch zur Wirtschaftsinformatikim deutschsprachigen Raum, das sowohl anden Universitaten als auch in der Praxis rei-chen Absatz findet. Man muss den „Han-sen“ nicht besprechen, um auf ihn aufmerk-

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sam zu machen. Der Markt hat schon ent-schieden. Auch diesmal handelt es sich umeine umfassende Beschreibung der Wirt-schaftsinformatik. Hat es auch Perspektivein die Zukunft? Die neuen Paradigmen, wieCRM, E-Commerce und ERP sind erfasstund wie schon bei den fruheren Auflagenmit hoher Professionalitat inhaltlich und di-daktisch meisterlich beschrieben. WenigeLehrbucher in der schnelllebigen Zeit derTechnik sind in der Wirtschaftsinformatikuber die Gegenwart hinausreichend. Ein sol-cher Bestseller braucht sich den Wert nichtbestatigen zu lassen, aber die Kommentie-rung einer etwaigen Wegweiserfunktion hilftmoglicherweise dem Leser und dem Fach.�ber 40 Prozent der weltweiten Investi-

tionen sind in den vergangen 15 Jahren in dieInformationstechnik geflossen. Unendlichviel Wissen hat sich angesammelt und dieWirtschaft hat sich gewandelt. Tausende vonStudierenden haben das Hansen/Neumann-Buch studiert, Firmen sind mit dieserGrundlage gegrundet und auch betriebenworden und letztlich ist auch die SAP eineprogrammgewordene Inkarnation eines odervieler betriebswirtschaftlichen Lehrbucher.Seit Hansens Lehrbuch erstmals 1978 er-schien, hat das Werk den Wandel der Indus-trie durch die Informationstechnik zumin-dest mitverfolgt, vielleicht hat es ihn ja uberdie Kopfe der Leser auch beeinflusst.Es gibt heute kein Unternehmen mehr, das

noch so betrieben wurde oder die EDV nachden Konzepten von 1978 organisiert. Dieneueste Freiburger Umfrage von 2005 besta-tigt dies eindeutig fur die deutschsprachigenUnternehmen. Nicht mehr allein das Erzie-len von Wettbewerbsvorteilen ist das Zieldes IT-Einsatzes, vielmehr ist ein deutlicherMotivationswandel hin zur Vermeidung vonWettbewerbsnachteilen zu erkennen. NeueLehrbucher sind schon daher notwendig, umdie �nderungen in der Technik, aber auchdes internationalisierten Umfeldes systema-tisch in immer kurzeren Abstanden zu re-flektieren. Es geht nicht mehr nur um dieBeherrschung der EDV und die korrekteAbbildung betrieblicher Prozesse mit Hilfevon EDV. Vielmehr ist es die Vernetzung,die betriebswirtschaftlich relevante Model-lierung der Prozesse und die zeitnahe Infor-mation fur das Management zu Veranderun-gen innerhalb und außerhalb des Betriebes,die den Erfolg und den Wert der Informati-onstechnik bestimmen.Hat sich im „Hansen“ etwas verandert.

Zum einen fallt auf, dass seit der 8. Auflageein neuer Autor mit Gustaf Neumann hin-zugezogen wurde und zum andern erstauntzunachst die Aufteilung auf zwei Bande.Aufteilung und Inhalte sind aber nicht zufal-lig und reprasentieren die beiden Schnitt-punkte zu den Nachbardisziplinen. Wahrendder Band 1 sich mit den betriebswirtschaft-

lichen Systemen befasst, behandelt der Band2 die technischen Hilfsmittel, wie Datenban-ken, Netzwerke und Systeme. Die AutorenHansen und Neumann reflektieren damit,bewusst oder unbewusst, den Wandel derStellung der IT in Unternehmen. Die neues-ten Gerate und Programme schaffen nichtmehr allein den erwunschten Wettbewerbs-vorsprung. Erst das Zusammenspiel vonProzess- und Methodenwissen bewirkt denErfolg. Die IT ist gewissermaßen im Alltagdes Betriebes angekommen und wird zuneh-mend als „normale“ Investition gesehen.Technisches Wissen ist notwendige Voraus-setzung, aber nicht hinreichend fur die Be-stimmung der Wirtschaftsinformatik.Beim ersten Durchlesen ist das Urteil auch

fur den Kritiker klar; auch diese Auflage hatdas Potenzial, es seinen erfolgreichen Vor-gangern gleichzutun. Endlich wieder einLehrbuch der Wirtschaftsinformatik, dasnicht das Wichtigste in den Bauelementen imSinne einer allgemeinen Geratekunde und inder Aufzahlung von Myriaden von Soft-wareakronymen sieht, sondern das in sechsKapiteln auf uber 800 Seiten vom Einsatzortausgehend die Entwicklungen der letzten 10Jahre darstellt und systematisch bewertet.Hatten die Autoren sich auch noch die ers-ten 45 Seiten gespart, konnte man sagen, dassdas gesamte Buch, also die Kapitel zur Pla-nung, der Entwicklung und dem Betrieb vonInformationssystemen, deren Einsatz imBuro und bei den betrieblichen Leistungs-prozessen durch ERP-Systeme, sowie dieSchaffung neuer Kanale zur Kundenkom-munikation und die Unterstutzung des Ma-nagements zukunftsweisende Beitrage zurWeiterentwicklung des Kanons der Wirt-schaftsinformatik liefert. Hatte man zu denSystemen noch einiges zur Theorie ihresEinsatznutzens erfahren, ware das Buchkomplett.Es fallen sofort die zahlreichen Grafiken

und Begriffskasten auf. Sie sind mit Liebezum Detail erstellt und helfen nicht nur beimLernen, sondern in einer didaktisch profes-sionellen Weise wurden die Vorteile desLehrbuches mit denen des Nachschlagewer-kes kombiniert. Insgesamt sind alle Kapitellesenswert. Geben sie doch einen lebendiggeschriebenen und nachvollziehbaren Ein-blick in die Probleme und Grundfragen, diemit dem Einsatz von IT fur jedes Manage-ment anstehen.Das intensivere Beschaftigen lasst beim

wissenschaftlich interessierten Leser die Fra-ge nach dem Gegenstand und der Methodein der Wirtschaftsinformatik aufkommenund im Folgenden dann leise, aber stetig mit-schwingen. Definitiv leisten die Kapitel eins,zwei und drei fur das Fuhrungspersonal ei-nen unbezahlbaren Dienst. Sie machen denLeser fachlich kompetent. Herausragendund perspektivisch sind jedoch die Kapitel 4

und 5. Gerade die Erfolge der SAP und diezunehmende Standardisierung in den be-trieblichen und zwischenbetrieblichen Pro-zessen weltweit, macht eine Blickrichtungnotwendig, die nicht „in der Sache“, sonderngewissermaßen von einer Sicht „neben derSache“ her gefuhrt wird. Die Einordnunguber Transaktionen und die Beispiele, vor al-lem im Handelsbereich zeigen methodischnachvollziehbar die Veranderungen der Be-ziehungen zur Außenwelt durch IT. Die Ein-fuhrung in die Netzokonomie beweisen, dassdie Theorie durchaus oft als die beste Praxisbezeichnet werden kann. Obwohl Hansen/Neumann den Leser sonst nicht mit Theorielangweilen, moge sich der Leser an den weni-gen Seiten selbst vergegenwartigen, ob die 15Theorieseiten, ihm nicht das Verstandnis derrestlichen 100 Seiten dieses Kapitels erleich-tern, ja ihm sogar Einsichten ermoglichen, dieihm wohl sonst verborgen geblieben waren.Fur die sicher anstehende 10. Auflage, moch-te man die Autoren bitten, diese Theoriesei-ten insbesondere fur das letzte Kapitel anzu-fugen. Es ware aus Sicht des Rezensenten je-doch nicht nur dort, sondern auch im 4. und5. Kapitel ein wirklicher Mehrwert.Diese Anmahnung von Theorie wird hau-

fig auf Basis eines sich scheinbar ausschlie-ßenden und kontraren Verstandnisses von„Rigor (wissenschaftliche Stringenz) versusRelevanz (praktische Relevanz)“ gefuhrt.Hansens Buch ist relevant. Grundsatzlich istjedoch ein Lehrbuch, das nur relevant ist,aber nicht wissenschaftlich, langfristig auchfur die Praxis uberflussig. Das Buch vonHansen/Neumann ist auf den betriebswirt-schaftlichen Einsatz von IT ausgerichtet undnutzt die betriebswirtschaftliche Methodikzur Auswahl und zur Wertung des Stoffes.Die Bewertung der IT in diesem Sinne ist imBuch allgegenwartig, man hatte sie sich je-doch noch konsequenter gewunscht. Letzt-lich gibt es keine Entscheidung zwischen Re-levanz und Wissenschaftlichkeit – beidesmuss die Wirtschaftsinformatik besitzen. Dieneue Stellung der IT in Unternehmen stelltneue Anforderungen und der Rezensent istsicher, dass auch hier der Band 1 sowohl denStudierenden als auch der Praxis wertvolleOrientierungshilfe leistet. Man ist auf den 2.Band von Hansen/Neumann gespannt.

Gunter Muller, Freiburg

Hansen, Hans R.; Neumann, GustafWirtschaftsinformatik 2 – Informations-technikISBN 3825226700, 9. Aufl., UTB, Stuttgart2005, 942 Seiten, a 21,90

Hier ist er nun der zweite Band des WI-Klassikers von Hansen/Neumann. AchtAuflagen lang haben es die beiden Autoren

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geschafft, das aus ihrer Sicht relevante Wis-sen zur Wirtschaftsinformatik in einem Bandzu vereinen. Die 9. Auflage hat nun die zu-mutbare Große eines Buches uberschrittenund zu zwei Banden gefuhrt. Die Aufteilungist kennzeichnend fur die heutige Diskussionum die „richtigen“ Inhalte und Forschungs-richtungen in der Wirtschaftsinformatik.Verlauft diese doch entlang der Schnittliniender beiden Hansen/Neumann-Bande. Wid-met sich der Band 1 den aktuellen Anwen-dungssystemen wie CRM, E-Commerceund ERP, sowie der Netzokonomie, so gibtder Band 2 Auskunfte zu den Werkzeugenund Systemen, die diese Anwendungen erstermoglichen.Bucher konnen auf zwei Arten bespro-

chen werden. Zum einen aus einer Innen-sicht heraus oder aber ganz anders von einerAußensicht her urteilend. Hansen/Neumannkonnen sich der erhohten Gefahr einer mog-licherweise „ungerechten“ Beurteilung derAußensicht stellen, da die Innensicht, d. h.das, was die Autoren sich selbst vorgenom-men und beabsichtigt haben, mit „aus-gezeichnet“ beurteilt werden muss. Die Au-ßensicht fur diese Rezension sei nun durchdie populare These des amerikanischenTechnikjournalisten Carr mit seinem „IT do-es not matter“ gegeben. Durch die Freibur-ger Untersuchung konnte auch fur Deutsch-land bestatigt werden, dass die Hardwarezur Infrastruktur gehort und das „Rennenum die Spitze“ in der IT sich nicht mehr un-bedingt in den Produktivatskennziffern desUnternehmens widerspiegelt. Mit Informati-onstechnik alleine kann kein Wettbewerbs-vorteil mehr erlangt werden. Was kann inCarrs Welt ein Buch uber Werkzeuge nochNeues bieten? Lenkt es nicht ab, da man sichweniger mit den Problemen befassen kann,die wirklich wichtig sind? Man fragt sich da-her gespannt, war es uberhaupt notwendigden 2. Band zu veroffentlichen und was fin-den Hansen und Neumann in der Informatikso wichtig und fur die Zukunft so viel ver-sprechend, dass sie sich der Muhe unterzo-gen haben, ein solches Buch zu erstellen?Der zweite Band besteht aus zwei Teilen.

Im ersten Abschnitt wird auf etwa 300 Seitendie Geratewelt behandelt. Die Ausfuhrungenzu den technischen Teilen erreichen eine Tie-fe und Soliditat, dass man den Aufwand furdas Lesen als lohnenswert bezeichnen kann.Niemand wird in Carrs Welt zurechtkom-men und die Dienste nutzen konnen, ohnedass er sich mit den notwendigsten Grund-lagen beschaftigt hat. Die Beschleunigungder Welt ist ja nicht dadurch geschehen, dassman das Basiswissen vernachlassigen kann,sondern die Ursache der Geschwindigkeit istdarin zu suchen, dass solche Informationenimmer notwendiger werden, aber eben allei-ne nicht mehr ausreichen. Fur den Rezensen-ten waren insgesamt 12 Stunden notwendig,

um die 300 Seiten zu lesen und er hat nebender Bestatigung von Bekanntem viel Neueserfahren. Erfreulich ist die Qualitat der Spra-che. Hansen/Neumann beweisen damitnachhaltig, dass auch im wissenschaftlichenBereich gute Lehrtexte auf deutsch verfasstwerden konnen und dass damit ein Beitragzur Verstandlichkeit geleistet wird. Sie sindnicht der Versuchung der Moderne erlegen,die glaubt, unnotiger und meist auch unver-standlicher Jargon erhohe das Renommeedes Autors und sichere ihm die Achtung derLeser. Es ist den Verfassern gelungen, dieFortschritte der Informatik in ihren Auspra-gungen und ihren Moglichkeiten klar dar-zustellen und sie eroffnen dem Leser einePerspektive, die es gestattet, ein kompetentesUrteil uber eine mogliche Zukunft der Gera-te zu gelangen. Der erste Teil von Hansen/Neumann ist eine sprachlich gelungene undinhaltlich vorbildliche Transferleistung derLeistungen der technischen Disziplinen indie Wirtschaftsinformatik und schafft damitdie Voraussetzung, in die Bereiche des IT-Einsatzes vorstoßen zu konnen, die die ge-wunschten Produktivats- und Wettbewerbs-vorsprunge versprechen.Der zweite Abschnitt des Bandes ist mit

seinen ca. 550 Seiten zum einen deutlich um-fangreicher und beschaftigt sich zum ande-ren mit Software. In methodisch gegliedertenKapiteln zu Entwicklungsumgebung, Daten-speicherung und -ubertragung sowie Netz-werke und verteilte Systeme werden die furdas wirtschaftliche Handeln wichtigsten Sys-temsoftwarekomponenten integrierter Infor-mationssysteme vorgestellt. Gerade fur dasKapitel Entwicklungsumgebung zeigt sichexemplarisch der Januskopf bei den heutigenAnforderungen. So muss den Autoren zwarLob hinsichtlich der technischen Fakten undder klassifikatorischen Leistung zugespro-chen werden, zu kurz kommt jedoch Hilfe-stellung bei der Entscheidungsfindung, wel-chen Kriterien denn nun erfolgsbestimmendsind bei der Auswahl und der Zuordnungexistierender und konkurrierender Plattfor-men. Viele Unternehmen stehen vor der Fra-ge nach der Bedeutung und der Zukunft vonOpen-Source. Ist LINUX oder Windowsder richtige Weg? Dieser „Tanz auf der Ra-sierklinge“ zwischen Information einerseitsund Hilfestellung bei Entscheidungen ander-seits ist den Autoren in den beiden Kapitelnzur Datenspeicherung und zur den Netz-werken besser gelungen, wenn auch hier dieNeigung zur Information uberwiegt. MitXML wird moglicherweise eine Produktivi-tatsverbesserung ahnlicher Art erreicht wer-den, wie dies vor Jahrzehnten mit dem heutenoch unubertroffenen SQL als der wichtigs-ten pradikativen Sprache fur Datenbankender Fall war. Der Informationsteil zur Da-tenubertragung ist vorbildlich und reprasen-tiert den Stand der Wissenschaft und Technik

in herausragender Weise. Der Praktiker unddie Studierenden finden hier einen Text, derkompakt in das Thema einfuhrt; er zeigt diePerspektiven der Entwicklung. Der Ab-schnitt zu verteilten Systemen beschreibt dieaktuellen Herausforderungen in der Infor-matik. Web-Services, mobiler Code undCORBA seien dabei stellvertretend genannt.Ich bin der �berzeugung, dass in der 10.Auflage sowohl Web-Services, semantischeNetze als auch XML und Sicherheit und Pri-vatsphare großere Aufmerksamkeit erfahrenwerden.Ein gutes, lesenswertes und wichtiges

Buch, das auch alleine stehen kann, aber inZusammenhang mit dem ersten Band derbeiden Autoren seine wirkliche Bedeutungfur die Wirtschaftsinformatik gewinnt. Inso-fern bedauert der Rezensent bei allem Ver-standnis fur die Umstande die Aufteilungund rat fur die 10. Auflage zu einer Wieder-vereinigung.

Gunter Muller, Freiburg

Weilkiens, T.; Oesterreich, B.UML 2-Zertifizierung: Intermediate-StufeISBN 3-89864-312-3, dpunkt, Heidelberg2005, 171 Seiten, a 26,00

Im Vorwort dieses Bandes schreibt Ivar Ja-cobson, dass die Unified Modeling Language(UML) analog zur naturlichen Sprache ver-wendet werden konne. Dabei sei allerdingsbei „guter“ Verwendung zu beachten, dassdie Anwendung zum gewunschten Ergebnisbeitragt, namlich adaquate Software zu ent-wickeln. Die Autoren nehmen diesen Hin-weis zum Anlass, und zeichnen in diesemBand das notwendige Grundwissen auf,UML als Sprache zur strukturierten und ge-brauchstauglichen Softwareentwicklung zubeschreiben. Das Buch bereitet Interessentenauf die OCUP (OMG Certified UML Pro-fessional) Intermediate-Prufung vor. Es wirdgezeigt, dass der Wert der Modellierung beientsprechender Sprachanwendung in derKonstruktion qualitativ hochwertiger Soft-ware liegt.Das Buch ist nach einer kurzen Einleitung

zum Zertifizierungsprogramm direkt auf je-ne Konstrukte ausgerichtet, welche fur diePrufung relevant sind. Der OCUP Interme-diate erfordert detailliertes Wissen zu Kom-positionsstrukturdiagrammen, Komponen-tendiagrammen, Verhaltensgrundlagen, Ak-tionsmodellen, Aktivitats-, Interaktions-,Zustands-, Einsatz- und Verteilungsdiagram-men, Profilen und Standardstereotypen. DerStoff beinhaltet nicht nur die fur die UML-AnwenderInnen sichtbaren Elemente, son-dern auch grundliegenden Konzepte derSprache. Damit ist es auch als Nachschlage-

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werk und zur Meta-Modellierung der Spra-che geeignet. Die Autoren geben auch imAnhang eine �bersetzungshilfe Deutsch-Englisch fur die wichtigsten Begriffe derUML. Dort finden sich daruber hinaus Ver-weise auf relevante Literatur und ein fur dieSuche unerlasslicher Index mit den wichtigs-ten Begriffen. Entsprechend der Intermedia-te-Stufe werden fur die Verhaltensmodellie-rung bis hin zu verteilten Systemen samtlicheGrundlagen ubersichtlich erklart. Dazu zahltdie entsprechende Visualisierung der Notati-on sowie auch die fur akkurate Modellierungerforderliche Vorgehensweise und Abbil-dung auf unterschiedlichste Losungen. JederTeil des Buches enthalt spezielle Prufungs-themen, welche direkt auf den Intermediate-Test verweisen. Die Semantik der verwende-ten Konstrukte ist ansprechend dargestelltund erlaubt mit Hilfe der Checkliste zu je-dem Konstrukt eine effektive individuelleVerstandnisentwicklung. Da Information,welche nicht prufungsrelevant ist, nicht indas Buch aufgenommen wurde, ist der Inhaltmit Hilfe der genannten Struktur ubersicht-lich gefasst und erlaubt die gezielte Vorberei-tung fur die Zertifizierung. Die Beispieleentsprechen den Verwendungen der jeweili-gen Konstrukte, sodass bezuglich Abstrakti-onsgrad und Durchgangigkeit nicht unbe-dingt komplexe Modelle nach Durchsichtder Inhalte eigenstandig modelliert werdenkonnen. Mit Hilfe der Meta-Modelle aller-dings lassen sich die Konzepte entsprechendder Intension der Autoren auf die gesamteAnwendungspalette von UML leicht uber-tragen. Insgesamt haben die Autoren ein ge-lungenes Vorbereitungswerk fur jene Inte-ressierten vorgelegt, welche die UML-Inter-mediate-Qualifikation anstreben.

Christian Stary, Linz

Heilmann, Heidi; Alt, Rainer;�sterle, Hubert (Hrsg.)Virtuelle Organisationen – HMD-Praxisder Wirtschaftsinformatik, Jg. 42, Nr. 242ISBN 3-89864-314-X, dpunkt, Heidelberg2005, 128 Seiten, a 23,50

In Heft 242 des praxisnahen Wirtschafts-informatikjournals widmen sich die Heraus-geber dem Themengebiet der virtuellen Or-ganisation. Insgesamt sind neun Beitrage ab-gedruckt.Der erste Beitrag von Alt, Legner und �s-

terle widmet sich dem Konzept, der Realitatund der Umsetzung von virtuellen Organi-sationen. Ausgehend vom Stand der For-schung werden Praxisbeispiele virtueller Or-ganisationen aufgezeigt. In Summe wird einrealistisches Bild zum aktuellen Stand virtu-

eller Unternehmen aus Sicht der Wissen-schaft und der Praxis erarbeitet. Im nachstenBeitrag von Riemer und Klein wird das Sozi-alkapital als Voraussetzung fur das Funktio-nieren virtueller Organisationen betrachtet.Ausgehend von komplexen Projekten wirdgefordert, dass virtuelle Organisationen aufTeamstrukturen aufbauen mussen. Zwar wi-derspricht dies teilweise der von Davidowund Malone skizzierten Organisation, dochsind soziale Beziehungen zwischen Team-mitgliedern die Grundlage fur eine notwen-dige soziale Infrastruktur wissensintensiverTatigkeiten. Diese Infrastruktur wird als So-zialkapital bezeichnet. Benz, Burkle und Ko-wald betrachten Gesellschaftsformen fur vir-tuelle Unternehmensnetzwerke. Ausgehendvon relevanten Aspekten zur Rechtsformwird ein exemplarischer Gesellschaftsvertragbetrachtet und ein Ausblick auf EU-Rechtgegeben. Katzy widmet sich IT-Werkzeugenfur virtuelle Organisationen aus strategischerSicht. Ausgehend von drei idealtypischenGrundkonfigurationen virtueller Organisa-tionen (d. h. strategische Netzwerke, Sup-ply-Chain-Netzwerke, Projektnetzwerke)werden standardisierte IT-Werkzeuge dar-gestellt. Hess und Wittenberg betrachten imfunften Beitrag ein IT-gestutztes Netzwerk-controlling. Im Detail werden in einer pra-xistauglichen Sicht konkrete Moglichkeitenzur Instrument- und IT-Werkzeugunterstut-zung von Controllingaufgaben im Netzwerkaufgezeigt und uber ein Beispiel verdeutlicht.Mehlich und Postler greifen virtuelle Orga-nisationen im Kommunalbereich heraus,welche bisher nicht im Mittelpunkt der For-schung standen. Ausgehend von demBMBF-Projekt KOVIUS werden erste Er-gebnisse zur Art und Verbreitungsformenvirtueller Organisationen im offentlichenSektor und Hinweise auf fordernde undhemmende Umsetzungsbedingungen gege-ben. Wilke, Gizanis, Senn und Koch be-trachten ein Geschaftsnetzwerk inkl. IT-Un-terstutzung fur Reparaturlogistik in derSchweiz, mit dem Ziel der Kostensenkungim Netzwerk und eines besseren Kundenser-vices. Daruber hinaus werden Erfolgsfak-toren fur kooperative Geschaftslosungen ab-geleitet. Maidl, Axtner und Arlt skizzierendie Virtualisierung in der Automobilindus-trie am Beispiel der IT-Vernetzung im Ko-operationsprojekt zwischen der BMWGroup und der Magna Steyr Fahrzeugtech-nik. Der Praxisbericht gibt einen Einblick ineine erfolgreiche Entwicklungs- und Pro-duktionskooperation in der Industrie unddortigen Herausforderungen und Losungs-ansatzen. Schmietendorf, Venkov, Dumkeund Stojanov liefern einen Praxisbericht zurkooperativen Softwareentwicklung mit ei-nem osteuropaischen Partner. U. a. werdenBesonderheiten und Erfolgsfaktoren dar-gestellt. Der letzte Beitrag von Sarbach dis-

kutiert Basel II als Sprungbrett fur das Fi-nancial Supply Chain Management. Nach ei-ner Darstellung des Regelwerks Basel IIwerden Auswirkungen auf das FinancialSupply Chain Management erarbeitet.Den Leser erwarten verschiedene Praxis-

berichte moderner (Projekt-)Organisationenund deren Nutzung bekannter Informa-tionstechnologien. Als Quintessenz ergibtsich, dass sich die Grundgedanken von Davi-dow und Malone nur ansatzweise durch-gesetzt haben. Fur eine grundlegende Ein-fuhrung zur virtuellen Organisation ist aufdie Basisliteratur zu verweisen.

Christian Scheer, Mainz

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