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Cannabis & Co – ADHS und Sucht Workshop 17. Riehener Seminar, 24. Oktober 2006 R. Stettler, Oberarzt Klinik Sonnenhalde

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Cannabis & Co –ADHS und Sucht

Workshop17. Riehener Seminar, 24. Oktober 2006

R. Stettler, OberarztKlinik Sonnenhalde

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ADHS und SuchtDiagnostik: DSM-IV Kriterien (1) A1-Kriterium

Unaufmerksamkeit (mind. 6 Symptome, während 6 Monaten, unangemessen)

Beachtet Einzelheiten nicht / macht Flüchtigkeitsfehler Schwierigkeiten Aufmerksamkeit über längere Zeit

aufrecht zu halten Scheint nicht zuzuhören Führt Anweisungen nicht zu Ende durch Schwierigkeiten Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren Widerwille oder Verweigerung gegenüber

längerdauernden geistigen Anstrengungen Verliert Gegenstände, die zur Lösung von Aufgaben

wichtig Lässt sich durch äussere Reize ablenken Ist bei Alltagstätigkeiten vergesslich

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ADHS und SuchtDiagnostik: DSM-IV-Kriterien (2) A2-Kriterium

(mind. 6 Symptome während 6 Monaten, unangemessen) Hyperaktivität

Zappelt mit Händen und Füssen, rutscht auf Stuhl herum Steht unangemessen häufig auf Läuft häufig herum und klettert exzessiv, wenn unpassend;

Unruhegefühl Schwierigkeiten, sich ruhig zu beschäftigen (auch

Freizeitaktivitäten) Häufig „auf Achse“, „getrieben“ Redet übermässig viel

Impulsivität Platz mit Antworten heraus Kann schwer warten, bis er an der Reihe Unterbricht und stört andere häufig (platzt in Gespräche

oder Spiele anderer hinein)

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ADHS und SuchtDiagnostik: DSM-IV Kriterien (3) B-Kriterium

Einige Symptome treten bereits vor dem Alter von 7 Jahren auf

C-Kriterium Beeinträchtigungen zeigen sich in zwei oder mehr

Bereichen (Schule, Arbeitsplatz, zu Hause) D-Kriterium

Deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen, der sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsfähigkeit

E-Kriterium Symptome können nicht durch andere psychische

Störung besser erklärt werden

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ADHS und SuchtDiagnostik: DSM-IV Subtypen Mischtypus

Kriterien A1 und A2 erfüllt Vorwiegend unaufmerksamer Typus

Kriterium A1, nicht aber Kriterium A2 erfüllt Vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typus

Kriterium A2, nicht aber Kriterium A1

Teilremittiert Bei Personen (besonders Jugendlichen und

Erwachsenen), die zum gegenwärtigen Zeitpunkt Symptome zeigen, aber nicht mehr alle Kriterien erfüllen

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ADHS und SuchtDiagnostik: Wender-Utah-Kriterien

1. Aufmerksamkeitsstörung2. Motorische Hyperaktivität3. Affektlabilität4. Desorganisiertes Verhalten5. Affektkontrolle6. Impulsivität7. Emotionale Überreagibilität

Verlangt für Diagnose Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität mind. 2 der Punkte 3-7

Wender PH, 1985

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ADHS und SuchtDiagnostik

DSM-IV ICD-10

Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung, Mischtypus (314.01)

Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0)

Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend unaufmerksamer Typus (314.00)

Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität (F98.8)

Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typus (314.01)

Hyperkinetisches Störung des Sozialverhaltens (F90.1)

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ADHS und SuchtFallbeispiel Herr A. (32 j.) Erstkontakt Stationäre Aufnahme 1996 wegen Epianfall im

Entzug Bis 1998 mehrere akute Aufnahmen zur Entgiftung Unter Abstinenz jeweils kurze depressive Episoden

Unter SSRI (Citalopram bis 60mg/T) leichte Stimmungsaufhellung

Subjektives Unruhegefühl, Unkonzentriertheit, Gedankenvielfalt und Ablenkbarkeit sowie Trinkdruck bleiben

Weitere Trinkrückfälle mit Kontrollverlust V. a. emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom

Borderline-Typ wird gestellt (SKID II)

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ADHS und SuchtFallbeispiel Herr A. (32 j.) Vorgeschichte

Geburt 1974 als 2. Sohn Unauffällige präpartale Phase Beide Eltern berufstätig, Vater Alkoholprobleme, Mutter

litt unter Depressionen Scheidung der Eltern als Pat. 4j. Früh erhebliche und anhaltende Verhaltensauffälligkeiten

beim Pat. Bewegungsdrang, innere Unruhe, Stimmungsschwankungen Pat. konnte nicht in Kindergarten integriert werden, weshalb

Mutter Hausarbeit annahm Stiefvater versuchte „Zucht und Ordnung“ mit Schlägen Einschulung in Sprachheilschule wegen Sprachproblemen

und Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblemen

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ADHS und SuchtFallbeispiel Herr A. (32 j.) Vorgeschichte (2)

Pat. wird Psychologen vorgestellt, das Wort „hyperaktiv“ fällt, keine therapeutischen Konsequenzen

In der Schule Kontakt mit 2 Leidensgenossen Unterricht stören, Androhung von Schulverweisen Blödsinn machen aus Langeweile, Klauen an der

„Tagesordnung“ 13j. erster Vollrausch Pat. erlebt sich „ruhiger“ unter Alkoholeinfluss Vater, zu welchem lose Kontakte bestanden, verstarb

1988 an alkoholischer Leberzirrhose Schulabschluss nach 10 J. Sonderschule, Anlehre als

Dreher erfolgreich beendet

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ADHS und SuchtFallbeispiel Herr A. (32 j.) Vorgeschichte (3)

Soziales Umfeld seit 14j. Geprägt durch Kontakte zu Gleichaltrigen mit Alkohol- und Drogenproblemen („da war immer etwas los“)

Stabile Beziehungen möglich 1992 Heirat, 1993 Vater eines Sohnes 1998 Langzeitarbeitslosigkeit Wegen steigendem Alkohol- und Drogenkonsum

Scheidung 2000 Danach über einige Zeit obdachlos 6 Monate in therapeutischer WG 2002 Kennenlernen einer neuen Partnerin, Heirat

2003

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ADHS und SuchtFallbeispiel Herr A. (32 j.)

Definitive Diagnosen Polytoxikomanie (F19.2) Dysthymia (F34.1) Rezidivierende depressive Episoden

(F33.1) ADHS, Mischtypus, teilremittiert

(F90.0, keine Hyperaktivität mehr)

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ADHS und SuchtFallbeispiel Herr A. (32 j.) Behandlung

Nach Citalopram, Behandlungsversuch mit Moclobemid ohne nachhaltige Wirkung auf ADHS

Anfang 2003 Methylphenidat Beginn 2x5mg, Rebound und Rückfälle Stationär Einstellung auf 60mg/Tag Pat. kann an Einzel- und Gruppentherapien teilnehmen

(erstmals!) Abendliches Stimmungstief wird mit Nortrilen (bis

225mg/T) behandelt, ohne Erfolg Umstellung auf retardiertes Methylphenidat-Präparat

(3x20mg Ritalin SR) brachte Besserung Mehrjährige ambulante Einzel- und Gruppentherapie

(Skills) unter regelmässigem Einbezug der Partnerin Vernetzte soziale Unterstützung

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ADHS und SuchtPrävalenz ADHS im Kindesalter

3-5%

Fortdauer der Störung bis ins Erwachsenenalter 35-50%

ADHS im Erwachsenenalter 1-2.5%

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ADHS und Sucht Verschleierung der ADHS-Symptome beim Erwachsenen

Laufkötter R et al., 2005

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ADHS und SuchtRemission der ADHS-Symptomatik

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ADHS und SuchtKomorbidität

Prävalenz bei Erwachsenen mit ADHS

Affektive Erkrankungen

Major Depression 13.3%

Dysthymia 25.0%

Kurze depressive Episoden 42.5%

Angststörungen 8.3%

Suchterkrankungen

Alkoholbedingte Störungen 17-45%

Drogenbedingte Störungen 9-30%

Persönlichkeitsstörungen

Antisoziale PS 21%

Borderline PS 14%

Histrionische PS 12%

Passiv-aggressive PS 18%

Wilens et al., 1996

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ADHS und SuchtKomorbidität

Verdoppeltes Lebenszeitrisiko für eine Suchterkrankung bei ADHS

Erhöhtes Risiko für Suchtentwicklung bei zusätzlichen komorbiden Störungen (Persönlichkeitsstörung, Depression, Angst etc.)

Bei Komorbidität ADHS und Suchterkrankung besteht in bis 71% zusätzlich eine Persönlichkeitsstörung

nach Ohlmeier M et al., 2005

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ADHS und SuchtKomorbidität

15% bis 25% aller Patienten mit einer Suchterkrankung leiden an einer komorbiden ADHS

Ca. 66% hatten zusätzlich Verhaltensstörungen im Kindesalter (conduct disorder)

Cave: Vorsicht bei Diagnosestellung! Studie mit Kokainabhängigen (Levin FR et al., 1998):

10% klares ADHS 11% ADHS-Symptome nur im Erwachsenenalter

Wilens TE, 2004

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ADHS und SuchtADHS als Risikofaktor

Das Risiko eine Substanzabhängigkeit zu entwickeln ist bei ADHS-Patienten doppelt so hoch wie bei Patienten ohne ADHS 52% versus 27%

Biederman et al., 1995

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ADHS und SuchtScreening notwendig

Aus der hohen Koinzidenz von ADHS und Sucht ergibt sich die Dringlichkeit eines Screenings sämtlicher Suchtpatienten auf ein ADHS und umgekehrt

Boerner et al., 2001

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ADHS und Sucht„Unheilige Allianz“

Einfluss psychoaktiver Substanzen:

verstärken imitieren reduzieren

Diagnostische Trennschärfe zwischen ADHS und Substanzmittelabhängigkeit dadurch erschwert

Hauptsymptome des ADHS

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ADHS und SuchtSchwierigkeiten auf Suchtabteilungen

ADHS-Patienten fallen auf durch: Häufige Wiederaufnahmen in sukzessiv

schlechterem psychischen und physischen Zustand

Schwierige Integration in das therapeutische Setting

Verstösse gegen Stationsordnungen Ablehnung von Therapieangeboten Plötzliche Abbrüche der stationären

Behandlung kurz nach Aufnahme mit oftmals umgehenden Trinkrezidiven

Wolf U et al., 2006

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ADHS und SuchtEvaluation

Sorgfältige Anamnese Psychiatrisch Suchtspezifisch Soziales Kognitive Entwicklung, Ausbildungen Familienanamnese

Um die ADHS-Symptomatik zuverlässig beurteilen zu können empfiehlt sich eine vorgängige Abstinenz von 1 Monat

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ADHS und SuchtMögliche Ursachen für erhöhtes Risiko

Vermehrte Impulsivität bei ADHS Anschluss an problematische peer

groups Soziale Probleme infolge von

Schulabbrüchen und Ärger am Arbeitsplatz

Familiäre Probleme Versuche einer missglückten

Selbsttherapie Krause et al., 2005

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ADHS und SuchtADHS als Schrittmacher einer Suchtentwicklung

ADHS-Symptomatik

Suchtentwicklung mitKontrollverlust,

Toleranzentwicklungund Einengung

GestörteVerstärkermechanismen

Anhedonie,Impulsives

Drogensuchverhalten

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ADHS und SuchtDrogenabusus und Aufmerksamkeitsstörung

66 Jugendliche ohne ADHS Follow up 8 Jahre Resultate:

Schlechtes Abschneiden bei neuropsychologischen Tests (Aufmerk-samkeit und exekutive Funktionen) zuverlässiger Prädiktor für späteren Drogenabusus

Tapert SF et al., 2002

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ADHS und SuchtUngünstiger Verlauf

ADHS führt zu einem schwerwiegenderen Verlauf einer Suchterkrankung Beginn des Abusus zu einem früheren Zeitpunkt Deutlich längeres Bestehen der Abhängigkeit Häufigerer Wechsel von Alkohol auf andere

Drogen Abstinenz wird seltener erreicht Zusätzliche Komorbidität mit bipolarer

affektiver Störung sowie Störung des Sozialverhaltens ist besonders ungünstig

Wilens, 2004

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ADHS und SuchtDrogenabusus als Selbstmedikation?

Je 15 Adoleszente mit / ohne ADHS Warum mit Drogenkonsum

angefangen? Beide Gruppen: „to get high“

Warum Drogenkonsum fortgeführt? Mit ADHS: wegen dem positiven Einfluss

auf Stimmung Ohne ADHS: wegen der

euphorisierenden WirkungHorner BR et al., 1997

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ADHS und SuchtFrüher Beginn mit Konsum

Wilens TE, 2004

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ADHS und SuchtAlter bei Erstkonsum

Ohlmeier M et al., 2005

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ADHS und SuchtArt des Drogenkonsums

Ohlmeier M et al., 2005

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ADHS und SuchtEinfluss von ADHS auf Suchtverläufe

Biederman J et al., 1998

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ADHS und SuchtPsychosoziale Schwierigkeiten

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ADHS und SuchtGemeinsame Kandidatengene

Gemeinsame Kandidatengene bei ADHS und Sucht

Genprodukte Assoziation

Dopaminrezeptoren (DRD2, DRD4)

AlkoholismusSubstanzmissbrauchADHSNovelty-Seeking

Dopamintransporter (DAT) AlkoholismusADHSNovelty-Seeking

Dopaminabbauendes Enzym (COMT)

SubstanzmissbrauchADHSNovelty Seeking

nach Edel MA et al., 2006

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ADHS und SuchtSensation Seeking Scale (SSS)

Unterskalen der SSS1. Thrill and Adventure Seeking

(Erlebnis- und Abenteuersuche)

2. Experience Seeking (Suche nach v.a. mentalen Erfahrungen)

3. Disinhibition (Enthemmung)

4. Boredom Susceptibility (Empfindlichkeit gegenüber Langeweile)

Zuckerman M, 1979

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ADHS und SuchtSuche nach Stimulation

Sensation SeekingNovelty Seeking

Impulsivität

Cloninger et al., 1987

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ADHS und SuchtTypologie AlkoholabhängigkeitTypologie bei Alkoholabhängigkeit nach Cloninger (1987)

Typ I Typ II

Eher umweltbedingt +

Eher genetisch bedingt (z.B. Vater Alkoholkrank) +

Männer + +

Frauen +

Früher Beginn (vor 25. LJ) +

Neigung zu impulsiver Aggressivität unter Alkoholeinfluss

Gering Stark

Novelty Seeking (Neugierverhalten) Gering Stark

Harm Avoidanve (Schadensvermeidung) Stark Gering

Reward Dependence (Abhängigkeit von Zuwendung anderer)

Stark gering

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ADHS und SuchtNature or Nurture Negative Interaktionen zwischen Eltern und

Kindern spielen eine grössere Rolle als genetische Faktoren in der Entwicklung von

ADHS Störung des Sozialverhaltens Oppositionelles Verhalten in der Kindheit

Negative Interaktionen zwischen Eltern und Kindern, starke Expression negativer Affekte und emotionaler Distress sind ebenso wichtige Faktoren in der Entstehung von Suchterkrankungen

Wichtige Ansätze präventiver Massnahmennach Brady KT et al., 2005

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ADHS und SuchtAlkoholabhängigkeit

Untersuchung von 314 alkoholabhängigen Patientinnen: 21.3% hatten ein ADHS

signifikant früherer Beginn der Alkoholabhängigkeit (24 vs 30 Jahre)

Höhere Trinkmengen (253g vs 196g) Häufiger soziale und juristische Belastungen

(11% vs 2%) Vermehrt Suizidgedanken (25% vs 11%) 51% zeigten eine dissoziale

Persönlichkeitsstörung

Johann et al., 2004

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ADHS und SuchtNikotinabusus

Deutlich höheres Risiko für Nikotinabusus Gilt für Pat. mit ins Erwachsenenalter

persistierenden AHDS wie auch für Pat. mit ausschliesslich ADHS in der Kindheit

Hyperaktiv-unaufmerksame Pat. haben deutlich häufiger langjährigen Nikotinabusus als Pat. mit ausschliesslich Aufmerksamkeits-störung

Positive Wirkung von Nikotin auf Symptome der ADHS nachgewiesen (Nikotinpflaster)

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ADHS und SuchtNikotin Nikotinerges System und ADHS

1. Nikotin fördert Ausstrom von Dopamin, welches Aufmerksamkeitsdefizite bei erwachsenen Nichtrauchern und Rauchern mit ADHS verbessern kann

2. ADHS ist signifikanter Risikofaktor für frühen Zigarettenkonsum bei Kindern

3. Elterliches Rauchen scheint ein Risikofaktor für ADHS zu sein

4. Untersuchungen an Ratten und Affen ergeben Hinweise, dass Nikotin bei Aufmerksamkeit und motorischer Aktivität involviert ist

Davids E et al., 2003

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ADHS und SuchtNikotin als ADHS-Therapie Transdermale Nikotinapplikation bessert

Aufmerksamkeitsdefizite bei ADHS(Levin ED et al., 1998)

Nikotinerger Agonist ABT-418 wirksam bei Erwachsenen mit ADHS

(Wilens TE et al., 1999)

Nikotinkarenz bei Pat. mit ADHS besondere Herausforderung

(Lerman C et al., 2001)

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ADHS und SuchtNikotin

Dopaminerg und noradrenerg wirksame Medikamente wie: Bupropion (Zyban®) Nortriptilen (Nortilen®) Moclobemid (Aurorix®)

Wirken sowohl bei Behandlung der Nikotinahängigkeit als auch bei ADHS

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ADHS und SuchtNikotin als Eintrittstor für andere Substanzabhängigkeiten

Zusammenhang zwischen Rauchen und Substanzabusus bei Jugendlichen mit ADHS

Nichtraucher (n=76)

Raucher (n=15) p-Wert

Substanzabhängigkeit allgemein

4 (5%) 9 (60%) p<0.001

Alkoholabhängigkeit

4 (5%) 6 (40%) p<0.001

Drogenabhängigkeit

0 (0%) 8 (44%) p<0.001

Alkoholgebrauch 23 (30%) 7 (78%) p<0.001

Drogengebrauch 6 (8%) 10 (71%) p<0.001

Marihuanagebrauch

5 (7%) 11 (69%) p<0.001

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20

06

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ADHS und SuchtNikotin als Eintrittstor für andere Substanzabhängigkeiten

Rauchen erhöht das Risiko später eine Substanzbhängigkeit zu entwickeln signifikant

Dieser Zusammenhang ist für Jugendliche mit ADHS stärker ausgeprägt im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne ADHS

Die Resultate der aktuellen Studie stützen die „gateway“-Hypothese, wie sie bereits mehrfach beschrieben wurde

Prävention des Rauchens bei ADHS-Jugendlichen von eminenter Wichitigkeit!

Biederman J et al., 2006

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ADHS und SuchtNikotinwirkung auf Dopamintransporter

Krause KH et al., 2002

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ADHS und SuchtKomorbidität bei Cannabisgebrauch

Cannabis und Komorbidität

Abhäng-igkeit

(n=278)

Schädl. Ge-

brauch (n=298

)

p-Wert Total (n=600

)

Störung des Sozialverhaltens 71% 39% 0.000 53%

ADHD 57% 23% 0.000 38%

Akuter emotionaler Stress 42% 13% 0.000 27%

Akuter physischer Stress 30% 22% 0.027 26%

Akuter traumatischer Stress 25% 5% 0.000 14%

Opfer von Gewalt (letzte 90 d) 25% 17% 0.010 20%

komorbide Probleme gesamt 90% 63% 0.000 75%

Tim

s FM

et

al.,

Addic

tion,

20

02

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ADHS und SuchtCannabis: Konsumhäufigkeit

0

5

10

15

20

25

einmal 2.5 2.1 6 8.4

mehrmals 5.9 6.4 12.2 22.4

1986 1990 1994 1998

Entwicklung des Haschischkonsums der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler im 9. Schuljahr

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ADHS und SuchtCannabis: Konsumhäufigkeit

Einstiegsalter 1992/93: 16,5 Jahre 1997/98: 15,8 Jahre

Früher Erstkonsum führt mit grösserer Wahrscheinlichkeit zu Gebrauch anderer illegaler Drogen

Müller S et al.: 2002

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ADHS und SuchtCannabis: ESPAD-Daten Schweiz gehört in Europa zu den Ländern mit

dem höchsten Cannabisgebrauchs-Niveau Regelmässig THC-gebrauchende Jugendliche

haben oft zusätzliche psycho-soziale Probleme Gebrauch zu ignorieren und zu banalisieren ist

Ausdruck einer Vernachlässigung Jugendlicher, nicht etwa wohlwollende Toleranz

Früher Einstieg ist mit deutlichem Risiko für späteren regelmässigen Gebrauch assoziert

Gmel G et al., 2004

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ADHS und SuchtCannabis und Ausbildungserfolg

Starker Cannabis-Konsum ist assoziert mit

Erhöhtes Risiko Schule vorzeitig zu verlassen ohne Abschlussqualifikation

Seltener Beginn einer universitären Ausbildung Seltener universitärer Abschlussgrad

Whs eher Resultat des ungünstigeren sozialen Kontext als direkte Cannabiswirkung

Fergusson DM et al., 2003

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ADHS und SuchtCannabis: Psychologische Effekte

Langzeiteffekte bei chronischem Konsum Leistung eingeschränkt, auch wenn nicht

akut intoxikiert Verminderte Aufmerksamkeit Gedächtnisprobleme Eingeschränkte Verarbeitung komplexer

Informationen Kann während Wochen nach Cannabis-Stopp

persistierenNach Solowij, 1998

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ADHS und SuchtAmotivationales Syndrom bei Cannabis

Amotivationales Syndrom Energieverlust und fehlender Antrieb Whs eher Ausdruck einer chronischen

Intoxikation Validität dieser Diagnose bleibt unklar

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ADHS und SuchtCannabis und Schizophrenie Cannabis-Konsumenten haben ein ca.

2-fach erhöhtes Risiko an einer Schizophrenie zu

erkranken Elimination von Cannabis-Gebrauch

würde zu einer ca. 8%-igen Reduktion der Schizophrenie-Inzidenz führen

Cannabis-Konsum alleine jedoch nicht ausreichende Erklärung für Auftreten einer Schizophrenie

Cannabis-Konsum auch keine notwendige Bedingung

Arseneault L et al., BJP 2004

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ADHS und SuchtSubstitution von Kokain durch Methylphenidat

Placebo-kontrollierte Studie 25 Pat. mit Methylphenidat (45mg/d) 24 Pat. mit Placebo

Resultate: Keine signifikante Unterschiede für

Kokainbeikonsum Studienabbruch

Keine Zunahme von „craving“ bei beiden Gruppen

Grabowski J et al., 1997

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ADHS und SuchtMPH: Zunahme der Verschreibungen

Montandon JB et al., 2002

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ADHS und SuchtMPH: Zunahme der Verschreibungen

Montandon JB et al., 2002

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ADHS und SuchtMacht Methylphenidat (Ritalin) abhängig?

Metaanalyse von 6 prospektiven Studien Insgesamt 674 Pat. mit und 360 Pat. ohne

Methylphenidatbehandlung

Das Risiko einer späteren Störung sowohl durch Alkohol als auch durch andere Substanzen ist unter adäquater Behandlung mit Methylphenidat um das 1.9-fache geringer!

Wilens et al., 2003

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ADHS und SuchtAbhängigkeitspotential von MPH

Volkow ND et al., 2003

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ADHS und SuchtAbhängigkeitspotential von MPH

Volkow ND et al. 2003

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ADHS und SuchtAbhängigkeitspotential von MPH

Volkow ND et al. 2003

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ADHS und SuchtTherapeutische Aspekte

Multimodales Behandlungskonzept notwendig Psychoedukation, verhaltenstherapeutische

und systemische Elemente, Medikamente Anbindung an eine suchtspezifische

Behandlungsstelle Nachhaltige Veränderung der ADHS-

assoziierten Symptome kann erst nach Beseitigung der akuten Drogenprobleme erfolgen

Edel et al., 2006

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ADHS und SuchtTherapeutische Aspekte

Medikamentöse Behandlung in erster Linie mit aufmerksamkeits-verbessernden Antidepressiva

Desipramin, Bupropion, Reboxetin, Atomoxetin Methylphenidat sollte nur unter

strengen Kautelen erst in zweiter Linie eingesetzt werden

Retardpräparaten ist der Vorzug zu geben (geringeres Euphorierisiko!)

Edel et al., 2006

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ADHS und SuchtLange therapeutische Arbeitsbeziehung

Merkmale einer therapeutischen Arbeitsbeziehung:

Stabil und verlässlich Niederschwellig (Kriseninterventionen) Flexibel (Schnittstellen) Nicht direktiv Ausreichend lang, meist über Jahre

hinaus nötig Wolf U et al., 2006

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ADHS und SuchtMedikamentöse Behandlung Studien

Insgesamt 5 Studien 1 doppelblind, randomisiert 4 offen

Total 113 Patienten Untersuchte Wirkstoffe

Bupropion (2) MPH (2) Venlafaxin (1)

Dauer 6 – 13 Wochen

Resultate Signifikante Reduktion der ADHS-Symptomatik (in 4/5) Milde Symptomreduktion der Suchtkomponente Zumeist zusätzliche Behandlungselemente

Wilens TE, 2004

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ADHS und SuchtMedikamentöse Behandlung

1. Wahl Antidepressiva

Bupropion, Desipramin NRI (Atomoxetin)

2. Wahl Stimulanzien

Pemolin MPH Dextroamphetamin

Wilens TE, 2004

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ADHS und SuchtZusammenfassung ADHS ist auch im Erwachsenenalter eine häufige, psychiatrisch

relevante Störung.

ADHS tritt im Erwachsenenalter kaum in reiner Form auf und wird durch die Symptome komorbider Störungen verschleiert.

Zwischen ADHS und Suchterkrankungen besteht eine enge Verbindung, die durch sehr hohe Komorbiditätsziffern gekennzeichnet ist.

Das Risiko eine Suchterkrankung zu entwickeln ist bei ADHS-Patienten doppelt so hoch wie bei Patienten ohne ADHS.

Jeder ADHS-Patient sollte auf eine Suchterkrankung hin gezielt evaluiert werden.

Jeder Suchtpatient sollte auf eine ADHS hin gezielt evaluiert werden.

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ADHS und SuchtZusammenfassung (2) Das gemeinsame Auftreten einer Suchterkrankung mit ADHS ist mit

einem ungünstigen Verlauf vergesellschaftet.

Suchtmittel können die Hauptsymptome eines ADHS auf vielfältige Weise beeinflussen und die Krankheitsmanifestation verschleiern.

Das ADHS muss in der Behandlung jedoch mitberücksichtigt werden, da es sonst sehr oft zu vorzeitigen Therapieabbrüchen kommt.

Durch gleichzeitiges Auftreten eines ADHS sowie einer dissozialen Persönlichkeitsstörung nimmt das Risiko einer Suchterkrankung weiter zu.

Nikotin entfaltet ähnliche Wirkung im Frontalhirn wie Stimulanzien .

Cannabiskonsum ist bei Patienten mit ADHS sehr stark verbreitet und muss immer aktiv erfragt werden.

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ADHS und SuchtZusammenfassung (3) Es besteht keine Gefahr der Entwicklung einer Abhängigkeit

bei Methylphenidat-Behandlung im Kindesater. Das Risiko einer Suchtentwicklung wird sogar relevant vermindert durch den rechtszeitigen Einsatz dieses Medikamentes.

Die Komplexität einer komorbiden Störung mit ADHS und Sucht erfordert einen multimodalen Behandlungsplan mit enger interprofessioneller Zusammenarbeit.

Bei einer etablierten Suchterkrankung sollte Methylphenidat zur Behandlung des ADHS nur mit grosser Zurückhaltung verabreicht werden. Erste Wahl sind Antidepressiva.

Die Behandlung der Suchterkrankung hat Priorität.

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ADHS und SuchtLiteraturBrown Thomas E.:Attention-Deficit Disorders and Comorbidities in Children, Adolescents, and Adults.APPress, 2000

Edel Marc-Andreas, Vollmoeller:Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung bei Erwachsenen.Springer, 2006

Hallowell Edward M. / Ratey John:Zwanghaft zerstreut oder die Unfähigkeit, aufmerksam zu sein.Rowolth-Verlag, 9. Aufl., 2006

Hüther Gerald / Bonney Helmut:Neues vom Zappelphilipp. ADS verstehen, vorbeugen und behandeln.Walter-Verlag, 2002

Krause Johanna, Krause Klaus-Henning:ADHS im Erwachsenenalter.Schattauer, 2. Aufl., 2005

Schäfer Ulrike / Rüther Eckart:ADHS im Erwachsenenalter. Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige.Hogrefe-Verlag, 2005