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Ti CENTURION LUXURY REPORT 22

Centurion Luxury Report Ti22

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Page 1: Centurion Luxury Report Ti22

TiCenturion Luxury report

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Luxus – ein Phänomen, so alt wie die Menschheit. Und dennoch einem steten Wandel unterworfen. Was bedeutet uns Luxus heute und wie verändert sich unser Luxusverständnis in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise? Wie wird Luxus heute empfunden und gelebt? Diesen Fragen sind wir nachgegangen. Und wir haben einen Blick in die Zukunft gewagt. Bereits zum zweiten Mal.

Im 21st Centurion Living Report hat sich American Express vor drei Jahren intensiv mit dem Thema „Luxus und Wertewandel“ auseinandergesetzt. An die Erkenntnisse dieser Studie knüpfen wir mit dem aktuellen Trendreport Centurion Luxury Report Ti22 an. Wofür steht Ti22? Für Titan, für das chemische Element Titan. Ein Metall, das leicht, matt glänzend und extrem widerstandsfähig ist. Aus diesem Material ist auch die neue American Express Centurion Card gefertigt. Sie symbolisiert zugleich den neuen Luxus und dessen oberste Maxime: Qualität und Wertigkeit.

Wir haben 22 deutschsprachige Experten, Trendsetter und Visionäre befragt und ihre Statements zum Thema Luxus zusammengefasst. Im Namen von American Express möchte ich allen Teilnehmern an dieser Stelle herzlich für ihre Mitwirkung und Unterstützung danken. „Wir leben wieder bewusster, mit mehr Sinn für Qualität und echte Werte.“ Mit dieser Erkenntnis aus dem Centurion Luxury Report Ti22 möchte ich Sie einladen, uns in die neue Welt des Luxus zu begleiten, und wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.

HerzlichstIhr

Werner Decker Vorsitzender der Geschäftsleitung American Express Deutschland

eDitoriAL

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inhALtsverzeiChnis

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Editorial

Einleitung

Luxus & Mode

Luxus & Reise

Luxus & Design

Luxus & Kulinarik

Luxus & Kunst

Schlussgedanke

Expertenporträts

Impressum

03CEnTuRIon LuxuRy REpoRT Ti22

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Luxus geht neue Wege. Ein Trend, der sich überall abzeichnet, ob in Design, Mode, Kunst, Kulinarik oder Reise. Beständigkeit, Exklusivität und ein hohes Leistungsniveau sind wieder gefragt. Während beispielsweise der Finanz- und Immobiliensektor versucht durch mehr Solidität verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, setzen die wohlhabenden Kunden wieder verstärkt auf nachhaltige Geldanlagen, etwa festverzinsliche Werte. Vermögenserhalt vor Wertsteigerung. Deutschlands Reiche werden sich durch die Finanzkrise eher bestätigt fühlen, sie haben ohnehin viel vorsichtiger agiert als die Reichen in vielen anderen Ländern, wo die Zahl der Millionäre 2008 im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückging: vor allem in Großbritannien (–31 %), Italien (–21 %) und den USA (–18,5 %). Aber auch bei den großen Gewinnern der letzten Jahre, in den Boomregionen Asiens und Lateinamerikas, gibt es heute erheblich weniger Dollarmillionäre als noch 2007, zum Beispiel in China (–12 %) und Brasilien (–8,5 %). In Deutschland betrug der Rückgang dagegen nur knapp 3 %.1 Bewusster Umgang mit Geld bedeutet wieder, den wahren Wert des Geldes zu schätzen – anhand echter Gegenwerte. Auch das ist Luxus.

Geht man von einer Evolution des Luxus aus, so befinden sich heute viele postindustrielle Nationen in einer Phase des „sinnenden Luxus“. In Zukunft orientiere sich Luxus, so die einhellige Expertenmeinung2, immer weniger am Preis als zunehmend an nicht materiellen Faktoren. Die Menschen suchen nach Erlebnissen und Emotionen. Luxus soll intellektuell stimulieren, erstklassige Dienstleistungen und mehr Lebensqualität bieten

und vornehmlich der Selbstverwirklichung dienen. Der neue Luxus geht von der Statusdemonstration zum Wohlstandsgeflüster, glaubt die britische Journalistin Katherine Vaughan. „Es gibt im Konsum und Lifestyle eine greifbare Verschiebung hin zu etwas Angemessenerem für diese bewegten Zeiten. Unauffälliger Luxus bedeutet aber nicht, dass luxuriöser Lifestyle verschwunden ist. Die Veränderung geht zu mehr Umsichtigkeit, Kultiviertheit, zu etwas, was natürlich viel besser ist für uns.“3

einLeitunG

„Luxus ist, was wir in unserer individuellen Vorstellung als ein

Mehr an Lebensqualität wahrnehmen.“Konstantin Bissias, Geschäftsführer Sea Cloud Cruises GmbH

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Beständigkeit bedeutet beispielsweise in der Mode zwangsläufig auch Zeitlosigkeit. Es sind wieder langlebige Dinge gefragt, die nicht nach einem Sommer aus der Mode sind. „Klassischer Stil ist bei Handtaschen überall im Kommen“, bestätigt Angela Ahrendts, Geschäftsführerin von Burberry. „Die Kunden möchten sicher sein, dass sie ihre Tasche auch die nächsten Jahre tragen können und niemand weiß, wie alt sie ist.“4 Auch bei Luxusautos spielt das Stichwort Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle: „Trendsetter im Luxusmarkt sind alle Betriebe, die sich Kriterien der Nachhaltigkeit und der Qualität zu eigen machen und deshalb Produkte herstellen, die teurer sind als die übliche Massenware“, sagt Alexander Marguier, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. „Aber selbst die deutschen Automobilhersteller sind mit ihren Produkten auch und gerade im oberen Preissegment weit weniger unzeitgemäß, als es immer wieder behauptet wird: Technische Höchstleistung, Qualität, Komfort und ein mitunter sensationell niedriger Kraftstoffverbrauch verkörpern zusammen geradezu exemplarisch einen zukunftsorientierten Luxus.“

Bestätigt sich auch hier der Trend unter den Reichen und Superreichen hin zu mehr Werten und individueller Qualität? Hat sich die in der Vergangenheit angedeutete Verschiebung vom Status- hin zum Symbolluxus verstärkt? Spielt die momentane wirtschaftliche Situation hierbei eine beschleunigende Rolle? Diese Fragen haben wir mit anerkannten Meinungsbildnern aus Mode, Design, Kulinarik, Reise und Kunst diskutiert. Ihre Einschätzungen geben ein umfassendes Bild zum Wertewandel in der neuen Definition von Luxus: wie Luxus heute erlebt, gewünscht und konsumiert wird.

Philosophisch betrachtet ließe sich sagen, bei aller Individualität findet der Luxus zurück zu seinem Ursprung: vollendeter Lebenskunst. Deren Erfüllung findet auch jenseits aller materiellen Freuden statt, glaubte der englische Maler und Philosoph John Ruskin: „Der höchste Lohn für unsere Bemühungen ist nicht das, was wir dafür bekommen, sondern das, was wir dadurch werden.“

1 World Wealth Report, 2009 (Merrill Lynch/Capgemini).2 21st Centurion Living Report, 2006/2007.3 The Wealth Report, 2009 (Knight Frank).4 Reuters Global Luxury Summit, 2009.

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Jede Saison das Gleiche: Modechefs und Chefredakteure der größten Fashionmagazine reisen zu den Modewochen nach Berlin, New York, London, Mailand und Paris. Alle sind sie gespannt, was die Designer für Visionen haben, wie sie also den Zeitgeist mit ihrer Handschrift in Mode verwandeln. Auch im vergangenen Frühjahr war das so, als die Kollektionen für Herbst und Winter vorgestellt werden sollten. Werden sich die Kreativen von den eher schlechten wirtschaftlichen Prognosen beeinflussen lassen, um den vielleicht vorsichtigen Einkäufern der großen Luxuskaufhäuser zu gefallen? Sicher, so dachten viele, werden die Kreativdirektoren auf Nummer sicher gehen und eher auf tragbare Bekleidung als auf wegweisende Trends setzen, die das Modekarussell am Laufen halten sollen. Mit diesen Fragen setzte man sich also in den Flieger mit Destination Laufsteg. Vier Wochen später, am Ende der internationalen Modeschauen, aber war alles anders. Ganz anders.

Denn so wunderbare Kollektionen hat man selten gesehen. Die Designer (fast) aller Marken haben sich offenbar wieder auf das besonnen, worauf es im Luxussegment derzeit ankommt: hohe Schneiderkunst zu erschaffen, hervorragende Materialien zu benutzen und detailverliebte Looks zu kreieren. Fast schon hatte man den Eindruck, dass die Designer allen zeigen wollten, wie gut sie ihre Arbeit beherrschen und wie wichtig es ist, genau jetzt etwas zu wagen, statt auf Nummer sicher zu gehen. In schwierigen Zeiten reicht es eben nicht mehr, in einen klassischen Kaschmirpulli einfach ein Etikett mit dem Namen einer großen Marke zu nähen. Den kann man sich auch von einer günstigen Marke kaufen. Genauso wenig ist es jetzt ein Kaufgrund, nur deshalb für mehrere Hundert Euro eine Tasche besitzen zu wollen, weil diese mit dem Logo eines In-Labels bedruckt ist. Der Kunde legt wieder mehr Wert auf Nachhaltigkeit. Er möchte etwas Besonderes besitzen, was eine Saison überdauert und ihm jene Exklusivität verspricht, für die Luxus einst gestanden hat.

Vorbei also sind die „Luxus für alle“-Zeiten, in denen schon ein Schlüsselanhänger einer Modemarke als Statussymbol galt. Heute will niemand mehr eine It-Bag besitzen. Sie wurde durch die so genannte Quite-Bag vom Regalsockel gestoßen. Jener Tasche, die für persönlichen Stil steht, nicht für schnelllebige „Fashion“. Nicht zufällig melden Unternehmen wie die französische Luxusmarke Hermès selbst jetzt Umsatzgewinne. Denn ihre Produkte vereinen all das, was bereits 2006 im 21st Centurion Living Report über die Zukunft des Luxus vorausgesagt wurde. Dort sagte der italienische Modedesigner Giorgio Armani: „Ich glaube jedoch, dass das Prädikat Luxus nicht allein durch den Preis definiert wird, sondern eher anhand von Qualität, Echtheit, einem Grad von Exklusivität und Zeitlosigkeit festzumachen ist.“

Leise ist DAs neue LAutVon MARCuS LuFT

Luxus & MoDe

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„Es wird mehr Wert gelegt auf Zurückgezogenheit,

auf private Momente mit lieben Menschen. Man

scheut das Getöse der Öffentlichkeit. Für die

Mode ist dies ein gutes Zeichen: Sie wird weniger

oberflächlich, weniger offensichtlich, dafür

nachhaltiger und werthaltiger.“Adrian Runhof, Gründer und Inhaber Talbot Runhof

07CEnTuRIon LuxuRy REpoRT Ti22

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„Ich denke generell, dass es in Zeiten, in denen es so viel

massenproduzierten Trash gibt, gerade die Dinge sind, die sich durch

Einzigartigkeit, gute Qualität und Verarbeitung auszeichnen, die einem das

Gefühl von Luxus geben.“

Leyla piedayesh, Gründerin und Inhaberin Lala Berlin

LALA BERLIn

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Leise ist das neue Laut. Niemand möchte heute mit Mode eine Botschaft herausposaunen. Es kommt wieder darauf an, wie Kleider geschnitten sind und nicht von wem sie entworfen wurden. „Es gibt überhaupt keinen Grund, laut zu sein“, sagt beispielsweise auch Tomas Maier, der Kreativdirektor von Bottega Veneta. Auch das italienische Label verzichtet komplett auf Logos und zeigt Kollektionen, die schlicht und raffiniert zugleich sind.

Die Kür dabei ist, Kleider so zu entwerfen, dass sie subtil Aufmerksamkeit erreichen. Plötzlich ist ein perfekt gesetzter Abnäher oder ein gewagter Schlitz wichtiger als ein Kleid mit großer Logoschnalle. In Deutschland meistern Marken wie Unrath & Strano oder Talbot Runhof diese Aufgabe. Auch Wolfgang Joop zeigt mit seiner Marke „Wunderkind“, wie gut man heute „einfach angezogen“ sein kann.

Doch Luxus bedeutet heute mehr als nur das Tragen eines edlen Kleides. Exklusivität wird von Verbrauchern auch in den Läden erwartet. Auch dies kann als Zeichen der Rückbesinnung auf die ursprüngliche Definition von Luxus gewertet werden. So wurde Mode beispielsweise in den Fünfzigern in Couturehäusern gezeigt und nach Maß für die Kundin angefertigt. Der französische Modeschöpfer Christian Dior war der erste Kreative, der mit günstigeren Schnitten die Masse bediente. Später brachte Yves Saint Laurent mit seiner „Rive Gauche“-Kollektion eine preisgünstigere Zweitlinie, wie heute bei allen großen Modehäusern üblich, heraus. Doch wirklich Exklusives gab es nur in den Salons der Marken. Genau dieser Trend setzt sich auch heute wieder durch. Die Berliner Designer Unrath & Strano beispielsweise boten ihre Mode zunächst in ihrem eigenen Salon am Kurfürstendamm an. Ähnliches ist im Einzelhandel festzustellen: Luxuskaufhäuser – etwa der Berliner Departmentstore im Quartier 206 – haben mittlerweile abgetrennte Salons, die für Private-Shopping-Besuche genutzt werden können. Das Stuttgarter Kaufhaus Breuninger bietet sogar einen Maßanzugservice für Männer an.

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Persönliche Beratung ist dabei heute so wichtig wie ein guter Stoff und akkurater Schnitt. Das wissen auch große Modemarken, die in diesem Segment mittlerweile fast alle eigene Angebote bieten. Jil Sander beispielsweise lancierte erfolgreich „Sartorial“. Männer können sich hier aus verschiedenen Stoffen ihren eigenen Anzug oder das perfekte Hemd nach einem Beratungsgespräch schneidern lassen. Gucci lässt für Kunden Schuhe von Hand nähen und bei Prada kann man sich aus den allerfeinsten Lederarten seine eigene Hand- oder Aktentasche anfertigen lassen. Sogar bei Louis Vuitton, dessen Logo das bekannteste und meistkopierte der Welt ist, besteht seit Mai die Möglichkeit, die persönlichen Initialen des Besitzers auf das Gepäck drucken zu lassen.

Eine Trendwende ist auch bei Marken festzustellen, die bisher durch schrille High Fashion mit geringer Halbwertszeit sehr viel Umsatz machten. Dolce & Gabbana beispielsweise zeigen mittlerweile am Ende ihrer Kollektionspräsentationen Couturekleider, die von Hand genäht und nur auf Bestellung gefertigt werden. Eine Hinwendung zu Kollektionen, die stark an die Haute Couture – die hohe Schneiderkunst also – erinnern, ist ohnehin bei vielen Labels feststellbar. Selbst eine so junge Brit-Chic-Marke wie Burberry Prorsum präsentiert mittlerweile Kleider, die so aufwendig drapiert und verarbeitet sind, wie es bis vor Kurzem nur in Paris bei Couturehäusern wie Dior oder Chanel zu sehen war. Luxus, das kann man somit überall feststellen, sucht sich seinen Weg nicht mehr nach unten. Er wird qualitativ hochwertiger, um so eine (kleinere) Zielgruppe anzusprechen, der Wertigkeit und Modernität so viel wert ist, dass sie auch bereit ist, viel dafür auszugeben.

All das sind Beispiele dafür, dass die Mode von der Krise profitieren kann. Es wird eine Bereinigung des Segments geben. Einige Marken, die durch den aufgesetzten Glanz der vergangenen Boomjahre profitiert haben, werden nicht überleben. Doch Gewinner sind die Kreativität und Fantasie der Designer. Sie haben offenbar wieder zu ihren Wurzeln zurückgefunden und gemerkt, dass ein gutes Kleid eben doch mehr aussagt als eine gekonnte Marketing- und Imagestrategie. Bleibt nur zu hoffen, dass die Kunden bereit sind, diese Mühe zu honorieren – und die wunderbarste neue Mode seit vielen Jahren auch wirklich kaufen …

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„Für unsere Kunden bedeutet

Luxus Qualität und Individualität.“unrath & Strano

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Luxus & reise

Bereits vor Jahren deuteten sich bei den Luxusreisen vier wesentliche Trends an: 1. Der Wunsch nach Erlebnissen. 2. Der Wunsch, Wissen zu erwerben. 3. Das Bedürfnis nach echten Werten. 4. Das Bedürfnis, sozial- und umweltverträglich zu konsumieren und Verantwortung zu übernehmen.1 Die globale Finanzkrise wird diese Trends sogar noch verstärken. Luxus wird mehr und mehr zur bewussten Entscheidung. Dabei erfährt der Begriff Luxus eine neue Definition. Der neue Luxus ist zum einen höchst individuell: Luxus ist, was einem Menschen persönlich wertvoll und gleichzeitig nicht umsonst zu haben ist, also einen gewissen Einsatz erfordert. Und das kann bei jedem etwas anderes sein. Gleichzeitig folgt die Definition von Luxus besagten allgemeinen Trends – weg von rein materiellen Werten hin zu Erlebniswerten, weg von Statussymbolen hin zu persönlicher Erfüllung. Für Reiseanbieter sind beide Entwicklungen eine Herausforderung, die ein hohes Maß an Flexibilität und Qualitätsbewusstsein erfordert, ebenso wie den Mut, sicheres Terrain zu verlassen und ungewöhnliche Wege zu gehen.

Die besagten Trends für Luxusreisen harmonieren miteinander und verstärken sich wechselseitig. So wird der Wunsch, Wissen zu erwerben, zum besonderen Erlebnis, wenn etwa bedeutende Architekten persönlich durch ihre Meisterwerke führen oder thematisch ausgerichtete Resorts die Faszination Wein ganzheitlich vermitteln – von der Erläuterung des Winzers zur Herstellung und Geschichte über die Spabehandlung bis hin zur Verkostung.

Bereits im Alltag erfahren diese Trends mehr und mehr Zuspruch. Wachsendes Gesundheitsbewusstsein geht eng einher mit dem Bedürfnis nach schonendem Umgang mit den Ressourcen. Daraus resultieren wachsende Erwartungen an die Luxusreise. Wer schon im Alltag sensibel ist für Themen wie Design, gesunde Ernährung und Umweltverträglichkeit, wird erst recht in seiner kostbarsten Zeit, dem Urlaub, darauf achten. Gäste werden weniger Entspannung am Pool suchen mit perfektem Rundumservice als vielmehr die Möglichkeit, sich vor Ort weiterzuentwickeln. Verstehen ist das neue Haben. Und sie werden den Luxus nicht genießen können, solange sie das Gefühl haben, er gehe zulasten der Umwelt oder der einheimischen Bevölkerung. Transparenz und Vertrauen werden eine wachsende Rolle spielen. Ebenso die regionale Verwurzelung. Wo globale Ketten identische Produkte weltweit verfügbar machen, wächst das Bedürfnis nach Authentizität. Regionale Produkte sind nicht nur in der Küche gefragt, sondern auch in Kunst und Design und bei den verwendeten Baumaterialien.

Wie inDiviDuALitÄt DAs reisen prÄGt

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1 21st Centurion Living Report, 2006/2007.

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„Wohlhabende Reisende suchen nach bildenden Erfahrungen und

nicht bloß nach Entspannung. Mehr denn je wollen Gäste heute aktive

Teilnehmer und nicht bloß Zuschauer sein.“

Claus Sendlinger, Gründer und CEo Design Hotels AG

LoISIuM

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Im Zentrum des neuen Luxus steht der eigene Körper. „Gesundheit wird zur Grundvoraussetzung der Leistungsgesellschaft und damit zum Maßstab der eigenen Identität“, sagt Trendforscher Peter Wippermann vom Trendbüro Hamburg. „Nur wer gesund ist, kann weiter teilnehmen. Die Bereitschaft wächst, durch Investitionen in den Körper die eigene Gesundheit und Attraktivität zu steigern. Der Körper wird zum Mittelpunkt der Welt.“ Gesundheit nicht mehr vornehmlich als Reparatur an einem beschädigten Körper, sondern als permanente präventive Investition in unser kostbarstes Gut. Bewusst und mit Genuss. Einen Blick in die Zukunft des luxuriösen Gesundheitstourismus gibt das Life Medicine Resort in Bad Gleichenberg, Steiermark. Das Konzept verbindet Tradition, Gesundheit, Spitzenküche und Design – auch Schönheit fördert das Wohlbefinden – mit den individuellen Bedürfnissen der Gäste. Auf einzigartige Weise wurde die prächtige Steirische Hügellandschaft in die Anforderungen von Spitzenmedizin und architektonischer Eleganz einbezogen bei gleichzeitigem Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Natur. Der natürliche Bachlauf blieb ebenso unberührt wie der Baumbestand.

Auf dem Weg zum neuen Luxus wird auch die Bedeutung städtischer Resorts zunehmen. Sie verbinden Architektur, Kultur und Möglichkeiten für kreative Neugier. Eine Idee, was mit neuem Luxus gemeint sein könnte, gibt das frisch renovierte Hotel Ana Yela in der Altstadt von Marrakesch, Marokko. Ana Yela ist sinnlich, emotional und regional verwurzelt. Ein Hotel mitten im Leben. Die aufwendigen Renovierungsarbeiten wurden komplett von örtlichen Kunsthandwerkern durchgeführt. Auch sämtliche Möbel und alle Dekorationsobjekte bis hin zum Geschirr wurden einzeln von marokkanischen Kunsthandwerkern in Handarbeit angefertigt. Ana Yela bedeutet „Ich bin Yela“. Mit kunstvollen kalligrafischen Schriftzügen erzählt der kleine Stadtpalast die Geschichte des Mädchens Yela, das vor langer Zeit dort gelebt hat.

Auch Themenhotels haben Zukunft, sofern es gelingt, die anderen Trends zu integrieren. Etwa regionale Einbindung, Nachhaltigkeit, Tradition und Design. Im Herzen des österreichischen Weinviertels, wo ein neues Qualitätsbewusstsein seit Jahren für exzellente Weine auf dem Markt sorgt, hat der amerikanische Architekt Steven Holl mit dem Wine & Spa Resort Loisium eine Vision verwirklicht. Ein futuristisch anmutendes Hotel mit Wein-Spa, umgeben von Weinreben mit Blick auf die alte Dorfkirche. Dazu ein Weinerlebniszentrum, in das ein 900 Jahre altes Labyrinth aus Weinkellergewölben integriert ist, das dadurch erhalten wird. Lernen, entspannen und genießen.

Mag sich beim Reisen generell der Trend zum Kurzurlaub weiter verstärken, so heißt es im Luxussegment: Erst ausgedehnte Urlaubsaufenthalte schaffen die nötige Erholung. Es braucht Zeit, anzukommen und sich auf Landschaft, Klima und Menschen einzulassen. Erst dann besteht die Chance, neue Eindrücke und Energien auch produktiv umzusetzen. So könnten Arbeit und Freizeit im Urlaub langfristig verschmelzen, sich gegenseitig inspirieren: ein Zusammenfließen von Geschäft und Vergnügen, wie das Londoner Future Laboratory prophezeit.

„Es ist nicht mehr wichtig, wie teuer der Wein ist, sondern ob ich

seine Herkunft, die Landschaft, in der er wächst, und den Winzer

persönlich kenne.“

Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher

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Luxus & DesiGn

Design ist gewissermaßen das Gesicht einer Idee, einer Haltung. Neue Ideen und Haltungen haben neue Gesichter. Definierte sich alter Luxus noch über Statussymbole, die ausdrückten: „Ich bin reich, ich kann mir Verschwendung leisten“, so steht neuer Luxus gewissermaßen für das Gegenteil: „Ich leiste mir Sparsamkeit, ich leiste mir umweltfreundliche Mobilität.“ Luxus bedeutet also immer noch, sich etwas leisten zu können. Aber dahinter steckt eine positive Botschaft: „Ich leiste mir die beste Technik, um möglichst umweltfreundlich zu fahren.“ Im Grunde setzt sich im Design fort, was sich beim Essen längst durchgesetzt hat: Nahrungsmittel aus biologischem Anbau oder aus fairem Handel sind meist teurer als analoge Ware. Luxus heißt letztlich: „Ich leiste mir wahre Qualität in einem umfassenden Sinn.“ So entsteht auch eine neue Freude am Luxus. Genießen mit gutem Gewissen.

Luxus und Ökologie sind kein Widerspruch. Das verdeutlicht auch Mercedes-Benz mit seinem Slogan: „Green Luxury“ in allen Klassen. Umweltfreundlichkeit ist möglich – ohne Verzicht auf Leistung, Sicherheit, Komfort und Ästhetik. Beispiel hierfür ist die Weltpremiere des Mercedes S 400 HYBRID auf der Messe Auto

Shanghai 2009: Als weltweit erstes Fahrzeug mit serienmäßigem Hybridantrieb mit Lithium-Ionen-Batterie ist der S 400 HYBRID die sparsamste Luxuslimousine mit Ottomotor (7,9 l / 100 km) und einem Kohlendioxidausstoß von 186 Gramm pro Kilometer. Zukunftsträchtig ist auch das Speichern nicht genutzter Bewegungsenergie. Im Leerlauf und beim Bremsen wird der Elektromotor zum Generator und gewinnt einen Teil der erzeugten Energie zurück, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen.

WunsCh nACh inDiviDuALisierunG

„Luxus definiert sich weniger durch den Wert als durch die

Einzigartigkeit, Handwerkskunst und Tradition.“

Sébastien Knop, CEo Vacheron Constantin

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„Der Trend hin zu nachhaltigkeit und

Wertbeständigkeit ist unverkennbar. Qualität,

zeitloses Design und Handarbeit gepaart mit

moderner Technik rücken dabei immer mehr in

den Fokus.“Michael Mayer, Regional Director Europe uK Bentley Motors

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Am Wendepunkt suchen Unternehmen nach neuen Wegen. Der neue Luxus unterscheidet sich aber deutlich von kurzlebigen Moden, an die man sich hängt, weil man selbst die Orientierung verloren hat. Der neue Luxus setzt auf Innovation und Entwicklung, aber er folgt keinen Moden. Authentische Marken bekennen sich zu Werten, die immer da waren, aber oft verkannt wurden. Diese Werte erhalten nur ein zeitgemäßes Gesicht. Authentizität ist es, was zeitlose Marken immer stark gemacht hat. Nur wer selbst verwurzelt ist, kann anderen Orientierung geben. „Es wird weniger ,Show-off ‘ oder ,Bling-Bling‘ geben und dafür mehr Freude an einem bleibenden, zeitlosen Luxus“, sagt Sébastien Knop, CEO von Vacheron Constantin. „Starke Marken mit Tradition sollten daher am wenigsten unter dieser Krise leiden. Kreativität und Innovation werden die Steckenpferde der meisten Luxusmarken sein, um sich den neuen Kundenwünschen anzupassen.“ Vacheron Constantin, gegründet 1755 in Genf, ist die älteste ununterbrochen tätige Uhrenmanufaktur der Welt. Nach dem Geheimnis ihres Erfolgs befragt, nennt das Unternehmen drei Schlüsselfaktoren: 1. Jahrhundertealtes Wissen und Können im Zusammenspiel mit hochmoderner Technik. 2. Universelle, zeitlose und dezente Ästhetik. 3. Vollendung von Technik und Ästhetik bis ins kleinste Detail. Wer so handelt, bleibt immer glaubwürdig und setzt auch im neuen Luxus Maßstäbe. Luxus ist demnach nichts anderes als höchste Qualität, die ihren hohen Preis absolut wert ist.

Einer der wichtigsten Trends des 21. Jahrhunderts ist zweifellos die Individualisierung. Im soziologischen Kontext: Das Individuum verlagert seine Abhängigkeit von der unmittelbaren Umgebung auf entlegenere Netzwerke. Die loseren Bindungen erhöhen den Spielraum für persönliche Entscheidungen und gleichzeitig den Druck, sich selbst zu definieren. Das reicht vom gewählten Lebensmodell bis zur Kleidung. Und je mehr weltweit identische Produkte den Alltag bestimmen, desto größer der Wunsch nach Besonderem, nach Einzigartigem.

„Luxus wird es immer geben, weil es immer auch einen Hang zur

Differenzierung und Veredelung gibt.“

Gorden Wagener, Designchef Mercedes-Benz

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„Im Industrial Design wird sich der Wunsch nach Individualität vermehrt durch intelligente, innovative Systemlösungen oder durch raffinierte Steuerungsmöglichkeiten in der Fertigung realisieren“, sagt Herbert Schultes, Chefdesigner bei bulthaup-Küchen. „Beides führt schon in naher Zukunft zu mehr Sinnlichkeit und komplexeren und skulptural anspruchsvollen Formen bei hoher Material- und Oberflächenqualität und damit sicher zu einer höheren Lebensqualität.“

Luxus im Zeitalter der Individualisierung bedeutet aber noch mehr: Man will nicht nur Konsument sein, der sich für ein fertiges Produkt entscheidet. Man möchte schon in der Entstehungsphase auf das Produkt Einfluss nehmen. Welche Auswirkungen das für die Autohersteller hat, erklärt Michael Mayer, Regional Director Europe UK bei Bentley Motors: „Für die Automobilbranche bedeutet Luxus mehr denn je, sich von der Masse abzusetzen und ein Auto zu besitzen, das ganz den eigenen Wünschen und Bedürfnissen entspricht, möglicherweise sogar ein Unikat ist. Viele unserer Kunden reisen in unser Werk in Crewe, England, um vor Ort mit unseren Designern und Ingenieuren einen Bentley zu spezifizieren, der ganz ihren Vorstellungen entspricht. Qualität, zeitloses Design und Handarbeit gepaart mit moderner Technik rücken dabei immer mehr in den Fokus. Bentley steht für ,British Understatement‘, eine Form des Luxus, mit der sich viele heute identifizieren können.“

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Luxus & KuLinAriK

Qualität, Lernen und Erlebnis sind auch die großen Gradmesser des neuen Luxus in der Kulinarik. Neben den objektiven Faktoren – hochwertige Zutaten, handwerkliches Können, perfekter Service, Exklusivität, Innovation und stimmiges Ambiente – gewinnen auch die subjektiven Faktoren an Einfluss: Authentizität, Wohlbefinden und Erleben. Persönliche Betreuung der Gäste, Informationen über die Herkunft der Zutaten und Weine, die Möglichkeit, hinter die Kulissen zu schauen, bis hin zur Erläuterung der Restaurantphilosophie. „Ich finde es gut, dass wir heute auch andere Luxusbegriffe erschließen – mehr qualitative, ja sogar asketische“, schwärmt Zukunftsforscher Matthias Horx. „Das ist ein Anzeichen dafür, dass wir von einer ,Materiegesellschaft‘ langsam in eine ,Ideengesellschaft‘ hineinwachsen. Und in dieser neuen Welt zählen eben andere Werte. Zum Beispiel Bildung und Kultur: Es ist nicht mehr wichtig, wie teuer der Wein ist, sondern ob ich seine Herkunft, die Landschaft, in der er wächst, und den Winzer persönlich kenne.“

Der Luxus der Balance: Spitzenkoch Tim Raue zelebriert in seinem Berliner Restaurant „The Krug Room“ das Besondere. Er bereitet dort ausschließlich Produkte zu, die nur in geringsten Mengen verfügbar sind und nur einem sehr kleinen Kreis angeboten werden können: Leber vom Aal, Doppelkinn vom Iberischen Schwein, katalanische Seegurken. Dazu reicht er Raritäten aus den Kellern des Champagnerhauses Krug. Edelste Tropfen, die es auf dem Markt praktisch nicht zu kaufen gibt. „Luxus ist für mich das kleine Detail und das ganz Große, was wir uns leisten können. Was den Unterschied ausmacht, ist, persönlich betreut zu sein, Zeit und Platz zu haben. Luxus ist für mich die Annehmlichkeit, das genießen zu können, was ich durch harte Arbeit erreicht habe“, sagt Tim Raue. Stilbildend für den neuen Luxus ist der Krug Room aber wegen seines Gesamtkonzepts. Die perfekte Balance zwischen Essen, Körper und Geist. Kulinarisch entsteht diese Balance durch Raues moderne Interpretation der chinesischen Küchenphilosophie mit regionalen Produkten: die Kombination von Fisch, Fleisch und Gemüse mit der natürlichen Süße von Früchten, einer stets feinen Bitternote von frischen Kräutern und anderen Pflanzen und einer betörenden Schärfe und Säure. Auf einem geistigen Level entsteht die Harmonie durch Transparenz, Öffnung und Nähe. Der Krug Room ist mit der Küche und damit unmittelbar mit Tim Raue verbunden. Eine Kamera projiziert das Geschehen aus der Küche direkt auf einen Bildschirm in den Krug Room. Jeder Gang wird von Tim Raue und Marie-Anne Raue persönlich serviert, die dabei auch den Bezug zum jeweiligen Krug-Champagner erläutern.

WieDerentDeCKte reGionALKÜChe

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„Generell erleben wir einen Shift vom Status- zum Symbolluxus. Biofood

zum Beispiel führt nahrungsmittel wieder auf ihren handwerklichen und

Herkunftskern zurück: als etwas Gewachsenes, sorgfältig Gemachtes.

Bionahrungsmittel sind der neue Luxussektor – früher waren das eher

schwere Weine und besonders fette Speisen.“Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher

MA RESTAuRAnT

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Der Luxus der Avantgarde: keine Qualität ohne Innovation. Kreativität ist die Triebfeder jeder Branche – ob Technik, Kunst oder Küche. Ohne Experimente kein Fortschritt. Juan Amador ist der König der kreativen Küche in Deutschland. In seinem Restaurant Amador in Langen bei Frankfurt verschwindet er vollkommen hinter seinen avantgardistischen Kreationen. Aufregende, futuristische Kreationen. Ein Blick in die Zukunft. „Die Gäste sollen einfach nur kommen und sich überraschen lassen“, sagt Amador. „Nichts erwarten, außer dass sie staunen, lächeln und genießen werden.“ Die Freude am Luxus war stets verbunden mit der Lust auf Neues: Avantgarde und Pioniergeist spielen auch im neuen Luxus eine große Rolle.

Der Luxus der Regionalität: Lange Zeit dachte man bei Spitzenküche automatisch an Frankreich und Italien. Wer in anderen Ländern Spitzenküche anbieten wollte, orientierte sich an der Küche dieser Länder. Das Wiederentdecken eines regionalen Selbstbewusstseins hat dazu geführt, dass auch andere Länder und Regionen auf der Gourmetlandkarte ihren Platz finden. Letztlich ist der große Triumphzug der spanischen Molekularküche eine postmoderne Interpretation baskischer oder katalanischer Küche. Mit der Rückbesinnung auf die Regionalküche haben auch die Küchenchefs in Deutschland mehr und mehr Erfolg. Niemand hat das so sehr verinnerlicht wie Harald Rüssel, Chef des Landhauses St. Urban an der Mosel. Schon der Ort deutet auf tiefste regionale Verbundenheit: Inmitten ländlicher Idylle im Moselgebiet nahe Trier, einer der ältesten Städte Deutschlands, steht das sanft renovierte Landhaus. Daneben plätschert der Dhronbach, ein Seitenarm der Mosel. Es verwundert nicht, dass die Fisch- und Wildgerichte aus der Umgebung stammen. Aus dem persönlichen Bezug zur Region entstand ein persönlicher Bezug zu Herstellern und Lieferanten, zu Bäckern, Metzgern, Fischern, Obstbauern und Jägern und damit genauste Kenntnis von der Herkunft und Qualität der Produkte. Rüssel sieht dies als Schlüssel zu seiner „neuen deutschen“ Küche. Ein Blick in die Speisekarte spricht Bände: Rindertafelspitzgelee mit mariniertem Weißkraut in Kreuzkümmel, Flusskrebse und gebackene Kaviarkartoffel. Pochiertes Landei und geräucherter Moselaal mit gestampften Kartoffeln, Speck und Petersilienschaum. Auch Nils Henkel, Küchenchef des Drei-Sterne-Restaurants Dieter Müller in Bergisch Gladbach und „Koch des Jahres 2009“ (Gault Millau Deutschland), sieht die kulinarische Landpartie im Trend: „Ich denke, dass die regionale deutsche Küche in den nächsten Jahren verstärkt in den Vordergrund rücken wird. Es gibt einige Restaurants in Deutschland, die sich speziell und auf hohem Niveau mit regionaler Küche auseinandersetzen. (...) Wenn die gehobene Gastronomie Einfluss darauf nimmt, dann haben wir die Möglichkeit, Traditionen zu erhalten.“

„Das Verständnis von Luxus wird

sich in Zukunft deutlich mehr an

Werten orientieren, insbesondere

an Qualität, nachhaltigkeit und an

Regionalität.“Alexander Marguier, verantwortlicher Redakteur des

Gesellschaftsressorts der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung

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Im Luxus nimmt die Kunst eine Sonderrolle ein. Wie kein anderes Luxusgut verbindet sie die Aura der Exklusivität mit sozialer Verantwortung. Kaum ein Sammler bewahrt seine Kunst hinter verschlossenen Türen auf, um sie nur für sich zu haben. Sammler stiften Museen oder verleihen ihre Sammlungen zumindest vorübergehend an Galerien und Museen. Es ist, als ob der Kunst diese Verpflichtung immanent ist: Du kannst mich sammeln, aber ich gehöre allen. So sieht es auch Kunstsammler Harald Falckenberg. Er ist überzeugt, „dass Kunst als Kulturgut letztlich der Gesellschaft zur Verfügung stehen muss“. So wird Luxus gemeinnützig, etwa wie eine kostspielige Solaranlage oder Nahrungsmittel aus biologischem Anbau. Die Kunst hat die aktuellen Trends im Luxus vorweggenommen. Auch weil das Wesen der Kunst in seinem immateriellen Wert verankert ist. Letztlich ist der Wert der Kunst nur dem Geschmack des Betrachters unterworfen. „Kunst hat oft einen hohen Preis und der steht in keinem Verhältnis zu den Produktions- oder Materialkosten etwa eines Bildes. Diese Willkür, dieser Rest des Unerklärbaren macht Kunst so reizvoll“, sagt Cornelius Tittel, Chefredakteur des Kunstmagazins Monopol. „Und die Begegnungen mit Künstlern sind für viele Reiche ein gewünschter Ausgleich zu ihrem sonstigen Umgang. Sie sind eine dringend benötigte Inspiration – fernab der Konventionen ihres Businessalltags.“

Als immaterieller Wert profitiert die Kunst gleichzeitig vom neuen Luxusverständnis und der Sehnsucht nach echten Werten, die über den bloßen materiellen Gegenwert einer Sache hinausgehen. „Die steigende Dominanz des Konsumismus in der westlichen Welt hat bereits ein neues Luxusverständnis hervorgerufen“, sagt Max Hollein, der diese Entwicklung als sehr positiv begrüßt. „Ruhe, freie Zeiteinteilung und eben nicht ständige Verfügbarkeit sind zum neuen Inbegriff von Luxus geworden. Im Zuge dieses neuen ,Luxus des Immateriellen‘ legen die Menschen wieder einen größeren Wert auf die ästhetischen, intellektuellen und kulturellen Seiten des Lebens.“

Auch ökonomisch zahlt sich aus, wenn ein Sammler Kunst nicht als reine Geldanlage betrachtet, sondern als Kulturgut, als immateriellen Luxus. Hier hatte die Finanzkrise gar bereinigende Wirkung. „Die Experten der Finanzwelt, die zuvor den Kunstmarkt beflügelt und nun in der Krise viel Geld verloren haben, sind erst einmal weg. Aber nach wie vor gibt es Kunstsammler mit einem langfristigen Konzept“, sagt Klaus Gerrit Friese, Galerist und Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Galerien. Gegenüber der „Geldanlagenkunst“ erreicht ein wahrhaft kunstinteressierter Sammler eine Qualität, die weit über den monetären Wert der Kunst hinausreicht. Diese Art der Qualität zu schaffen, ist auch eine Form des neuen Luxus. Ein Luxus, der Zukunft hat.

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Luxus & Kunst

iMMAterieLLe Werte

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„In der physischen Erfahrbarkeit eines Kunstwerkes

und der Entfaltung seiner Aura entsteht ein

alternatives Zeit- und Realitätsempfinden, das

sich wohltuend von der Geschwindigkeit und den

rasant fortschreitenden Kommunikations- und

Reproduktionstechnologien unserer virtuellen Welt

abgrenzt.“Max Hollein, Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt

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Luxus hat seinen ursprünglichen Sinn verändert. „Üppigkeit, Verschwendung“ – so die wörtliche Übertragung aus dem Lateinischen – gilt heute weniger denn je. Der neue Luxus speist sich aus einem Bewusstsein für höchste Qualität und Werte. Ein Trend, der überall erkennbar ist, ob in Mode, Design, Kunst, Reise oder Kulinarik. Zukunftsforscher Matthias Horx bringt es auf den Punkt. „Zeit, Aufmerksamkeit, Stille, Konzentration, Sinnhaftigkeit, Ethik“ bestimmen das Luxusverständnis von heute. All das könne sich auch in Gegenständen ausdrücken. „Bei edlen Uhren zählt heute nicht mehr der Goldanteil, sondern die symbolisch ausgedrückte Überzeitlichkeit. Eine solche Uhr signalisiert enorme Dauerhaftigkeit. Man weiß, dass sie auch in 5 000 Jahren noch ticken wird.“ Ausgedient hat der alte Protzluxus. Mit dem Kollaps der kreditfinanzierten Massenspekulation ohne echten Gegenwert verschwindet der Glanz reiner Statussymbole: „Jachten mit goldenen Wasserhähnen, schwere Limousinen, Uhren im Format von Tennisbällen, Designervillen, in denen zwar alle technischen Spielereien eingebaut sind, aber man sich zwischen Ehepartnern kein Wort mehr zu sagen hat. All das wird heute zu Ladenhütern“, glaubt Horx.

Bereinigt durch die Krise gewinnt der neue Luxus Konturen, ein Trend der sich bis dato eher still und unauffällig angebahnt hat. Erstmals könnte Luxus auch zu einer gesellschaftsstiftenden Kraft werden, einer Kraft die vielmehr dem modernen Gerechtigkeitssinn entspricht. Durch die Betonung von Nachhaltigkeit, Qualitätsbewusstsein, Verantwortung und schonendem Umgang mit kostbaren Ressourcen schwindet der negative Beigeschmack, der das Image von Luxus lange begleitet hat und jener lateinischen Bedeutung sehr nahe kam. Der neue Luxus könnte sogar Vorbildfunktion haben. Auf dem Weg von einer Quantitätsgesellschaft zur Qualitätsgesellschaft. So wie sich der Luxus wandelt vom Statussymbol zur Lebenseinstellung, zu einem bewussten Genießen, das nicht zu Lasten anderer geht. Die Zeit reinen Konsumierens ist vorbei. Zumal es nur ein kurzes Glück beschert, wie Philosophen und Glücksforscher einhellig bestätigen. „Der schnellste Weg, um das Interesse an etwas zu verlieren, ist es zu kaufen“, schreibt der Londoner Starphilosoph Alain de Botton. Genuss aber bedarf eines Qualitätsbewusstseins. Wer die Landschaft kennt, wo ein bestimmter Wein wächst, wer mit dem Winzer über dessen Arbeit gesprochen hat, kann einem Wein mehr Sinnlichkeit entlocken als jemand, der eine Flasche kauft, weil sie teuer ist. Ein Sammler, der einen Künstler kennt und beim Betrachten seiner Gemälde etwas empfindet, wird von einem Kunstwerk mehr haben als ein Käufer, für den Kunst nur eine renditeversprechende Geldanlage ist. Neuer Luxus fordert eine aufgeklärte Einstellung gegenüber Produkten und ihrem Stellenwert. Erst dann entfalten sie ihr ganzes Genusspotenzial. Trotz allem können Produkte, so schön und hochwertig sie auch sein mögen, einen Menschen nicht zu etwas machen, was er nicht ist. Oder wie Botton formulierte: „Die elegantesten, vollendeten Fahrzeuge verschaffen uns nicht einmal den Bruchteil der Erfüllung einer Beziehung.“ Auch dieses Bewusstsein ist Luxus.

sChLussGeDAnKe

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Juan Amador, 40, ist Küchenchef des Drei-Sterne-Restaurants Amador in Langen. Der Schwabe spanischer Abstammung beschreibt seinen Stil als „Neuinterpretation der klassischen katalanisch-baskisch-französischen Küche“. www.restaurant-amador.de

Konstantin Bissias, 37, ist Geschäftsführer von Sea Cloud Cruises. Individuelles Reisen auf höchstem Niveau – das ist die Idee hinter den Segel- und Flusskreuzfahrten von Sea Cloud Cruises mit den Zielgebieten Europa und Karibik. www.seacloud.com

Nils Henkel, 40, ist Küchenchef des Gourmetrestaurants „Dieter Müller“ in Bergisch Gladbach und wurde in diesem Jahr für seine kulinarischen Meisterleistungen mehrfach geehrt.www.schlosshotel-lerbach.com

Max Hollein, 40, ist Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt und leitet seit 2006 das Städel Museum und das Liebieghaus. Die Schirn zählt zur bestbesuchten Kunstinstitution der Rhein-Main-Region. www.schirn.de www.staedelmuseum.de

Matthias Horx, 54, hatte schon immer eine Vorliebe für Phänomene und deren Deutung. Seit 1998 ist er Inhaber des von ihm gegründeten Zukunftsinstituts in Frankfurt und Wien und gehört heute zu den bekanntesten Trendforschern der Republik. www.zukunftsinstitut.de www.horx.com

Sébastien Knop, 33, zeichnet für den europäischen Markt als General Manager von Vacheron Constantin verantwortlich. Gegründet 1755 in Genf, ist sie die älteste ununterbrochen tätige Uhrenmanufaktur der Welt. www.vacheron-constantin.com

Marcus Luft, 39, ist Fashion Director von Gala und Gala Style. Sein Motto lautet: Folge niemals der Mode – sondern nur deinem eigenen Stil! www.gala.de

Alexander Marguier, 40, verantwortet seit 2001 das Gesellschaftsressort der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. In seinem 2007 bei DuMont erschienenen „Luxuslexikon“ verrät er, was wirklich luxuriös ist. www.faz.net

Michael Mayer, 40, ist Regionaldirektor für das Europageschäft von Bentley Motors. Bentley ist offizieller Hoflieferant der britischen Königin und der Königsfamilie. Die Automarke gehört seit 1998 zum Volkswagen-Konzern. www.bentleymotors.com

expertenportrÄts

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Leyla Piedayesh, 38, gründete 2004 das Modelabel Lala Berlin. Mit einem Paar gestrickter Pulswärmer vom Flohmarkt fing alles an. Schnell erreichte das Label mit seiner urban-legeren Eleganz Kultstatus: anfangs lässiger Strick, heute Materialmix und auffällige Prints. Die studierte Betriebswirtin war früher als MTV-Redakteurin tätig. www.lalaberlin.com

Marie-Anne und Tim Raue, 35, sind Gastgeber der MA Restaurants im Berliner Adlon, zu denen das „MA Tim Raue“, das „uma Restaurant“ und die „shochu Bar“ gehören. Tim Raue präsentiert eine zeitgemäße, asiatisch inspirierte Küche und ist für seine Kochkunst vielfach ausgezeichnet worden. www.ma-restaurants.de

Herbert Schultes, 71, ist in seinem eigenen Studio bei München für die Unternehmen bulthaup, Classicon, WMF u.a. tätig. Er erhielt für seine Leistungen zahlreiche Auszeichnungen. Produkte, die er oder Designteams unter seiner Leitung entwarfen, sind u. a. im Museum of Modern Art, New York, ausgestellt. www.bulthaup.com

Claus Sendlinger, 45, ist Gründer und Vorstandsvorsitzender von Design Hotels AG. Die Gruppe umfasst mehr als 175 individuell geführte Hotels weltweit, die besonderes Augenmerk auf Design und Architektur legen. www.designhotels.com

Talbot Runhof – das sind der Amerikaner Johnny Talbot, 45, und der Deutsche Adrian Runhof, 46. Die Kollektionen des Münchner Designerduos stehen für rasanten Glamour und modernen Luxus. Alle Modelle sind qualitativ hochwertig „made in Germany“ und werden seit 2006 auf der Paris Fashion Week präsentiert. www.talbotrunhof.com

Cornelius Tittel, 32, ist Chefredakteur des monatlich erscheinenden Kunstmagazins „Monopol“. Zuvor war er bei der „Welt am Sonntag“. Sein Motto: „Kunst ist das neue Leitmedium“.www.monopol-magazin.com

Unrath & Strano – das sind Klaus Unrath, 39, und Ivan Strano, 35 – etablierte sich binnen kurzer Zeit. Kein Wunder: Die Modemacher sind ehemalige Schüler der bekannten Designerin Vivienne Westwood. Ihre Kollektion verbindet moderne Eleganz und tragbare Mode für den Alltag. www.unrath-strano.com

Gorden Wagener, 40, ist Designchef von Mercedes-Benz. Der Diplom-Designer ist seit 1997 für das Unternehmen tätig und hatte 2002 die Leitung der Designgestaltung der A-, B-, C-, E-, CLK- und CLS-Klasse übernommen. www.mercedes-benz.de

Peter Wippermann, 60, legte mit dem Trendbüro Hamburg den Grundstein für die moderne Trendforschung in Deutschland. Er ist Professor für Kommunikationsdesign an der Folkwang Hochschule, Essen. Thema des gefragten Vortrags-Redners ist der Wertewandel der Gesellschaft. www.trendbuero.com

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herAusGeber

American Express Services Europe Ltd.Zweigniederlassung Frankfurt am MainTheodor-Heuss-Allee 11260486 Frankfurt am Mainwww.americanexpress.de

KontAKt

Katrin StürmerHead of Consumer Charge CardsICS Germany

Konzept unD reDAKtion

Weise Kommunikation GbRwww.weise-kommunikation.de

GestALtunG

Signale – Büro für Kommunikationwww.signale.com

biLDnAChWeiseEInLEITunGBentley Motors Limited (04), Andreas Rose Style Coaching/Frank Röth (05)

MoDEGetty Images/AFP/Damien Meyer (07), Lala Berlin (08), Unrath & Strano (10)

REISEDesign Hotels Ana Yela (11), Loisium/Robert Herbst (12)

DESIGnDaimler/Mercedes-Benz S 400 Blue HYBRID (14), Bentley Motors Limited (15), Vacheron Constantin Quai de l’Ile (16), bulthaup B3 (17)

KuLInARIKMA Restaurants (19), Restaurant Amador (20)

KunSTStädel Museum/Norbert Miguletz (22)

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