65
SCHATTEN ÜBER GREIFENFURT Fünfte Kampagne des Aventurischen Karmakorthäons Johannes Hild, Dezember 2017 April 2018 Ende TSA 1012 BF: Seit fast zwei Jahren saß nun schon kein rechtmäßiger Kaiser mehr auf dem Greifenthron des Mittelreichs. Seit fast zwei Jahren hatte sich ein immer größer werdender Schatten über die Provinzen des Mittelreichs ausgebreitet und stürzte das Kaiserhaus von Gareth in seine bisher schwerste Krise. Die Ereignisse nahmen ihren Anfang, als seine allerdurchlauchtigste Magnifizenz, Kaiser Hal von Gareth, im Phexmond 1010 BF einen Jagdausflug unternahm und von diesem nicht zurückgekehrt war. Das Kaiserhaus proklamierte, dass der Kaiser nur verschollen war und jederzeit zurückkehren könnte, so dass der Thronfolger, seine kaiserliche Majestät Prinz Brin von Gareth, die Regierungsgeschäfte lediglich mit dem Titel eines Reichsbehüters wahrnahm. Die Amtszeit des neuen Reichsbehüters stand jedoch unter keinem guten Stern: Die garstigen Schwarzpelze, die vor gut zwei Sommern aus dem Orkland gekrochen kamen und ihrem obersten Anführer, dem Aikar Brazoragh, in den Krieg folgten, hatten zunächst Andergast überfallen, die Gestüte von Teshkal geplündert und zuletzt in einem langwierigen Feldzug das Svelltland unterjocht. Als die Horden der Schwarzpelze in die Grenzprovinz Weiden einzufallen drohten, führte Reichsbehüter Brin persönlich die jüngst ausgehobene Orkzwingerlegion zum Nebelmoor, um zusammen mit den Rondrianern vom Orden der Wahrung zu Rhodenstein den Vormarsch der Schwarzpelze zu stoppen. Während der Abwesenheit von Reichsbehüter Brin erklärte sich der älteste Cousin von Kaiser Hal, der schon seit Jahren in Ungnade gefallene Answin von Rabenmund, zum rechtmäßigen Kaiser und besetzte den Greifenthron. Die Usurpation spaltete die Vasallen des Mittelreiches in Befürworter und Gegner der Machtergreifung Answins und lähmte das Reich. Die Provinz Horasien nutzte die Unruhen sogar, um sich vom Mittelreich loszusagen und das unabhängige Horasreich auszurufen. Die Usurpation währte ein knappes Jahr und endete mit der Verhaftung des Thronräubers durch den Reichsgroßgeheimrat Dexter Nemrod und der ihm unterstellten KaiserlichGarethischen InformationsAgentur. Während der Usurpator in den Kerkern Gareths auf sein Urteil wartete, führte Reichsbehüter Brin sein Heer bis zur Feste Nebelstein bei Greifenfurt, um dort zusammen mit den Resten der Thuranischen Legion einen Feldzug der Orks im südlichen Finsterkamm aufzuhalten. Die Orks führten im Sommer des Jahres 1012 BF jedoch drei Heerzüge unter dem Kommando des Blutmarschalls Sadrak Whassoi zu einer großen Legion zusammen, die nicht nur die Thuranische Legion aufrieb, sondern auch der Orkzwingerlegion schwere Verluste einbrachte. Die Überlebenden des kaiserlichen Heeres mussten sich nach Orkenwall zurückziehen und der Reichsbehüter verlor in diesem Zuge auch die Kontrolle über die Stadt Greifenfurt, die sich nach kurzer Belagerung den orkischen Streitkräften unterwarf. Insbesondere die Untoten in den Reihen der Orks, die angeblich von den blutrünstigen Tairachpriestern gerufen wurden, verbreiten Entsetzen und sorgten für ein schnelles Ende des Widerstands. In Orkenwall begann Reichsbehüter Brin, seine Truppen für eine Entscheidungsschlacht zu sammeln. Doch als es im Rondramond zur Schlacht bei Orkenwall kam, konnten die Kaiserlichen der dreifachen

CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

SCHATTENÜBERGREIFENFURTFünfte Kampagne des Aventurischen Karmakorthäons 

Johannes Hild, Dezember 2017 ‐ April 2018 

 Ende  TSA  1012  BF:  Seit  fast  zwei  Jahren  saß  nun  schon  kein  rechtmäßiger  Kaiser  mehr  auf  dem Greifenthron des Mittelreichs.  Seit  fast  zwei  Jahren hatte  sich  ein  immer  größer werdender  Schatten über die Provinzen des Mittelreichs ausgebreitet und stürzte das Kaiserhaus von Gareth  in seine bisher schwerste Krise. Die Ereignisse nahmen ihren Anfang, als seine allerdurchlauchtigste Magnifizenz, Kaiser Hal  von  Gareth,  im  Phexmond  1010  BF  einen  Jagdausflug  unternahm  und  von  diesem  nicht zurückgekehrt  war.  Das  Kaiserhaus  proklamierte,  dass  der  Kaiser  nur  verschollen  war  und  jederzeit zurückkehren  könnte,  so  dass  der  Thronfolger,  seine  kaiserliche Majestät  Prinz  Brin  von  Gareth,  die Regierungsgeschäfte lediglich mit dem Titel eines Reichsbehüters wahrnahm.  Die  Amtszeit  des  neuen  Reichsbehüters  stand  jedoch  unter  keinem  guten  Stern:  Die  garstigen Schwarzpelze,  die  vor  gut  zwei  Sommern  aus  dem  Orkland  gekrochen  kamen  und  ihrem  obersten Anführer, dem Aikar Brazoragh, in den Krieg folgten, hatten zunächst Andergast überfallen, die Gestüte von  Teshkal  geplündert  und  zuletzt  in  einem  langwierigen  Feldzug  das  Svelltland  unterjocht.  Als  die Horden der  Schwarzpelze  in die Grenzprovinz Weiden  einzufallen drohten,  führte Reichsbehüter Brin persönlich  die  jüngst  ausgehobene  Orkzwingerlegion  zum  Nebelmoor,  um  zusammen  mit  den Rondrianern vom Orden der Wahrung zu Rhodenstein den Vormarsch der Schwarzpelze zu stoppen.  Während der Abwesenheit von Reichsbehüter Brin erklärte sich der älteste Cousin von Kaiser Hal, der schon seit Jahren in Ungnade gefallene Answin von Rabenmund, zum rechtmäßigen Kaiser und besetzte den Greifenthron. Die Usurpation spaltete die Vasallen des Mittelreiches in Befürworter und Gegner der Machtergreifung Answins und lähmte das Reich. Die Provinz Horasien nutzte die Unruhen sogar, um sich vom Mittelreich loszusagen und das unabhängige Horasreich auszurufen.  Die Usurpation währte ein knappes  Jahr und endete mit der Verhaftung des Thronräubers durch den Reichsgroßgeheimrat Dexter Nemrod  und der  ihm  unterstellten  Kaiserlich‐Garethischen  Informations‐Agentur. Während der Usurpator  in den Kerkern Gareths auf sein Urteil wartete, führte Reichsbehüter Brin  sein  Heer  bis  zur  Feste  Nebelstein  bei  Greifenfurt,  um  dort  zusammen  mit  den  Resten  der Thuranischen Legion einen Feldzug der Orks im südlichen Finsterkamm aufzuhalten. Die Orks führten im Sommer  des  Jahres  1012  BF  jedoch  drei Heerzüge  unter  dem  Kommando  des  Blutmarschalls  Sadrak Whassoi  zu einer großen Legion zusammen, die nicht nur die Thuranische Legion aufrieb, sondern auch der Orkzwingerlegion schwere Verluste einbrachte.  Die  Überlebenden  des  kaiserlichen  Heeres  mussten  sich  nach  Orkenwall  zurückziehen  und  der Reichsbehüter verlor  in diesem Zuge auch die Kontrolle über die Stadt Greifenfurt, die sich nach kurzer Belagerung den orkischen Streitkräften unterwarf. Insbesondere die Untoten in den Reihen der Orks, die angeblich von den blutrünstigen Tairachpriestern gerufen wurden, verbreiten Entsetzen und sorgten für ein schnelles Ende des Widerstands.  In Orkenwall  begann  Reichsbehüter  Brin,  seine  Truppen  für  eine  Entscheidungsschlacht  zu  sammeln. Doch als es  im Rondramond  zur Schlacht bei Orkenwall kam, konnten die Kaiserlichen der dreifachen 

Page 2: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Übermacht  nur  2.000  Mann  entgegenstellen  und  erlitten  eine  verheerende  Niederlage.  Die  Mark Greifenfurt geriet unter die Kontrolle der Orks und wurde dem Kriegsfürsten Sharraz Garthai unterstellt.   Während Reichsbehüter Brin über den Winter hinweg neue Truppen  in Wehrheim sammelte und dort einen  Gegenschlag  vorbereitete,  führte  der  Blutmarschall  Sadrak Whassoi  in  den  letzten  Tagen  des Winters 20.000 Schwarzpelze an den Ufern der Breite bis zum Angbarer See und marschierte von dort aus in das ungeschützte, südliche Garethien ein. Reichsbehüter Brin erkannte, dass es die Orks direkt die Kaiserstadt  Gareth  angreifen  wollten  und  schickte  seine  Botenreiter  aus,  um  die  verbliebenen Kaiserlichen Truppen rechtzeitig in Gareth zu sammeln.  Ende TSA1012 BF:  In endlosen Kolonnen marschierte die Kaiserliche Armee  in Gareth ein. Die Banner und  Fahnen  der  Regimenter  wehten  lustig  im  frischen  Frühlingswind,  doch  in  den  Gesichtern  der Soldaten  war  nur  strenge,  disziplinierte  Ausdruckslosigkeit  zu  erkennen.  In  einem  Eilmarsch  waren tausende  Soldaten  der  leichten  und  schweren  Fußtruppen  aus  Wehrheim  angereist,  um  die Kaisermetropole gegen den drohenden Orkensturm zu sichern. Späher berichteten, dass die Vorhut der Orks  bereits  bei  der  Stadt  Ferdok  angekommen  waren,  diese  aber  bisher  nicht  angegriffen  hatten. Welche  Strecke  die  Orks  als  nächstes  einschlagen  würden,  war  nicht  bekannt,  doch  der Reichserzmarschall Helme Haffax, Graf von Wehrheim, rechnete fest damit, dass die Schwarzpelze einen Angriff  auf die  Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das  Fußvolk und  den  Tross  in die Kasernen  führte,  zog  Reichsbehüter  Brin  mit  den  berittenen  Edlen  und  den  Ritterzügen  seiner Lehensleute in die Alte Residenz in Alt‐Gareth ein, um dort bis zum nächsten Einsatz zu ruhen.  Die Heeresleitung war einhellig der Meinung, Gareths  traditionelle Bürgerwehr als Plänkler  gegen die Heerhaufen der  Schwarzpelze einzusetzen. Und  somit wurden auf Befehl von Reichsbehüter Brin drei Obristen ausgesandt, um das  I.,  II. und  III. Garether Freiwilligenregiment einzuberufen. Graf Griesbert von  Bruck,  ein  altgedienter  Rittersmann  alter  Schule  und  neu  bestellter  Oberst  des  II. Freiwilligenregiments,  war  wenig  davon  begeistert,  niedere  Plänkler  in  die  Schlacht  zu  führen  und delegierte diese Aufgabe an die  ihm  zugeteilten Hauptleute.  Insbesondere Baronin  Ira von Seewiesen und  Junker Wolfmir  von Kaltensporn eilten daraufhin  zum Ostmarkt Gareths, um dort  junge Händler, Handwerker und Abenteurer  für den Dienst  in der Armee  zu  gewinnen. Nicht wenige neue Rekruten ließen  sich mit dem Versprechen  von Ruhm und  Ehre und  einem Handgeld  von  10  frisch  gepressten Silbertalern  an  Ort  und  Stelle  verpflichten.  Und  somit  ertönte  regelmäßig  der  Eidesspruch  der Neuberufenen,  die  ihr  Kreuz  in  den Heuerlisten  der Offiziere  gemacht  hatten:  "Ich  schwöre  auf  den Herrn Praios und auf die Herrin Rondra, dass ich der Kaiserlichen Armee ab heute für ein Jahr und einen Tag dienen werde sowie dem Reichsbehüter Brin ein treuer Soldat und meiner Heimat ein tapferer Recke sein werde!"  Die  frisch  vereidigten  Jungsoldaten  wurden  daraufhin  zum  alten  Hippodrom  eskortiert,  um  dort kaserniert und  in den Grundzügen des Soldatentums ausgebildet zu werden. Während Baronin  Ira von Seewiesen  das  1.  Banner  des  II.  Freiwilligenregiments  kommandierte,  wurde  Junker  Wolfmir  zum Anführer des 2. Banners ernannt. Unter seinen Soldaten, die in den kommenden Tagen im Marschieren, im  Säbelkampf  und  im  Bogenschießen  ausgebildet werden  sollten,  befanden  sich  einige  Räuber  und Mordgesellen aus den Schuldtürmen Gareths, denen durch den Dienst  in der Armee eine Begnadigung für vergangene Verbrechen zugesagt wurde. Doch nicht alle Plänkler  in Junker Wolfmirs Banner waren ehrlose Verbrecher. Und  insbesondere  für  seinen eigenen Haufen hatte der  Junker den  schüchternen Zuckerbäckerlehrling Alwin, die grobschlächtige Hufschmiedin Mechthild, den elfischen Bogenschützen Arthilas,  den  zwergischen  Krieger Ortax  und den Rondrageweihten  Rondrian  von Gareth  vorgesehen. Junker Wolfmir  war  dabei  besonders  froh,  Rondrian  als  Feldkaplan  gewonnen  zu  haben,  da  dieser ebenso wie Wolfmir selbst aus der nahen Baronie Kaiserlich Ochsenblut stammte und noch dazu bereits 

Page 3: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

in den drei großen Gefechten am Nebelmoor, am Nebelstein und bei Orkenwall  tapfer gegen die Orks gekämpft hatte.  In den kommenden Tagen wurden die Rekruten des II. Freiwilligenregiments von früh bis spät gedrillt, da eine Kampfbegegnung mit den Orks noch vor Ende des Tsamondes erwartet wurde. Da in der Kaiserstadt allerdings  große  Unsicherheit  herrschte,  ließ  Reichsbehüter  Brin  eine  Heerschau  ausrichten,  um  die Truppenstärke  des  Kaiserreichs  zu  demonstrieren. Über  10.000  tapfere Männer  und  Frauen  zogen  in voller Kampfmontur einen Tag lang durch die Straßen von Gareth und präsentierten sich gegenüber den Bürgern mit blankgeputzten Klingen und gebürsteten Kleidern. Neben den berühmten Eliteregimentern der Adlergarde, Greifengarde und Drachengarde marschierten auch die Albernischen Axtschwinger und Langbogenschützen von Fürst Cuanu ui Bennain im Heerzug mit. Man hörte sogar, dass der Schwertkönig Raidri Conchobair sowie der oberste Weißmagier und Großmeister der Pfeile des Lichts, Saldor Foslarin, mit einer Delegation Kampfmagier an dem Heerzug  teilnahm. Auf einer Tribüne  in der Alten Residenz winkten die Würdenträger der Stadt den stundenlang aufmarschierenden Soldaten zu.  Junker Wolfmir erkannte  dort  das  greise  Schwert  der  Schwerter  Viburn  von  Hengisfort,  den  Boten  des  Lichts  Jariel Praiotin, den Reichsbehüter Brin und dessen Frau Emer ni Bennain sowie die kindlichen Prinzessinnen Rohaja, Yppolita und den nur wenige Monate alten Kronprinzen Selindian Hal. Zwischen der Kaiserlichen Familie und dem Boten des Lichts stand mit strengem Gesichtsausdruck der Reichsgroßgeheimrat und Großinquisitor  Dexter  Nemrod,  der  die  aufmarschierenden  Heerscharen  ausgiebig  und  nachdenklich musterte.  Bereits wenige  Tage  nach  der Heerschau  trafen  neue  Lageberichte  in Gareth  ein,  die  alsbald  in  den Kasernen und  Tavernen Verbreitung  fanden:  "Die Orks marschieren nach Grambusch, die wollen  sich vom Süden anschleichen!"  Helme  Haffax  reagierte  auf  diese  Nachricht mit  der Mobilmachung  von mehreren  Regimentern  der leichten  Reiterei,  des  leichten  Fußvolks  und  der  Plänkler.  Diese  Vorhut  sollte  in  Grambusch  Stellung beziehen  und  den  vorrückenden  Orks  den  Weg  in  die  Kaisermetropole  abschneiden.  Das  II. Freiwilligenregiment  gehörte  ebenfalls  zu  dieser  Abordnung  und musste  unverzüglich  ausrücken. Die Reise  auf  der  Reichsstraße  nach  Süden  zog  sich  über  fast  zwei  Tage,  doch  kurz  vor  dem  Dörfchen Silkwiesen kam die Vorhut  ins Stocken. Die Berichte der Späher verkündeten, dass die Orks bereits bis Silkwiesen vorgedrungen waren und sich dort verschanzt hatten. Die leichte Reiterei wurde entsandt, um die Orks am Ausbau  ihrer Stellung zu behindern, die Plänkler allerdings sollten ebenfalls Befestigungen errichten, um die Ankunft des nachrückenden Hauptheeres vorzubereiten und dem Vormarsch der Orks ein Ende zu setzen. Tatsächlich dauerte es  fast eine Woche, bis weitere Einheiten aus Gareth und den umliegenden Regionen im Heerlager versammelt waren, welches sich entlang der Reichsstraße zwischen dem  Silkbach  und  der  Dämonenbrache  erstreckte.  Die  Kaiserlichen  konnten  allerdings  bestens  von Gareth  aus  versorgt werden,  so  dass  diese  langatmige  Vorbereitung  vor  allem  dazu  diente,  die Orks mürbe zu machen.  Am Morgen des ersten Tag des Phexmonds, dem Tag des Glücks, war es dann soweit: Auf Anraten des Reichserzmarschalls gab Reichsbehüter Brin den Befehl zum Angriff. Das  II. Freiwilligenregiment rückte als erstes aus. Ihr Auftrag lautete, die vorderste Front der Orkstellung zu finden, die dortigen Gegner zu binden und den Vormarsch der schweren Pikeniere zu sichern. Kurz nach dem Auszug der Plänkler zog ein  Frühlingsgewitter  auf  und  verdunkelte  den  Himmel.  Das  Gewitter  wurde  aber  nicht  nur  als wohlwollendes  Zeichen  der  Sturmgöttin  Rondra  verstanden,  sondern  sorgte  mit  den  kalten Regenschauern auch dafür, dass der Vormarsch der Plänkler besser vor feindlichem Beschuss geschützt war. Oberst Griesbert führte seine Plänkler auf seinem Streitross bis kurz vor die Frontlinie der Orks. Dort hielten  sich die Schwarzpelze hinter wuchtigen Kriegswagen verborgen, auf denen hölzerne Palisaden 

Page 4: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

montiert waren. Die Palisadenwagen boten zwar Deckung vor feindlichen Blicken und Geschossen, doch der vom Regen  schlammige Boden  raubte den Belagerungsgeräten  jede Mobilität,  so dass diese nicht zurückweichen konnten. Als die Plänkler nur noch 20 Schritt von den  feindlichen Orks entfernt waren, hielten  beide  Seiten  die  Stellung,  bis  die  schweren  Pikeniere  eintrafen.  Während  Kampflärm  vom gegenüberliegenden  Silkbachufer  darauf  hindeutete,  dass  die  Kaiserlichen  in  die  Flanke  der  Orks eingedrungen  waren,  ertönte  das  Rückzugssignal  an  die  Plänkler.  Oberst  Griesbert  sah  jedoch anscheinend keine Ehre darin, das schwere Fußvolk alleine gegen die Orks kämpfen zu  lassen und rief seinen Hauptleuten  im  II. Freiwilligenregiment festentschlossen zu: "Der Rückzugsbefehl wird  ignoriert! Folgt mir in die Schlacht, Soldaten, wir werden die Orks hier und jetzt bezwingen!"  Hauptfrau Ira von Seewiesen, die immerhin die Stellvertreterin von Oberst Griesbert war, war über den Befehl ihres Kommandanten entsetzt. Sie wagte es aber nicht, den Befehl zu verweigern und führte ihre Truppen mit einem Kampfschrei an die vorderste Front bei den orkischen Kriegswagen. Junker Wolfmir und  die  übrigen  Hauptleute  taten  es  ihr  gleich  und  lieferten  sich  ein  kurzes  Scharmützel  mit  den Plänklern  der  Schwarzpelze, welches  auf  beiden  Seiten  schnell  zu  schweren Verlusten  führte. Oberst Griesbert  selbst  wurde  von  einem  orkischen  Spießträger  vom  Pferd  gehebelt  und  von  einem blutrünstigen  Zholochai‐Krieger  erschlagen.  Doch  zum  Glück  konnten  die  schweren  Pikeniere mittlerweile die Stellung der Orks erreichen und bildeten eine schwer zu durchdringende Kampffront, so dass  Ira  von  Seewiesen  das  II.  Freiwilligenregiment  aus  dem  Gefecht  ziehen  konnte.  Während  die Pikeniere die Stellung der Orks einnahmen,  ließ die neue Obristin  ihre Plänkler  ins Hauptlager  führen, damit dort deren Wunden versorgt werden konnten.  Vom Mittag bis zum Abend wurden auf den Silkwiesen weitere kleine Stellungskämpfe gefochten, die aus  Sicht  der  Kaiserlichen  zwar  allesamt  erfolgreich  verliefen,  aber  noch  nicht  zu  einer Entscheidungsschlacht  führten.  Am  Abend  mussten  sich  die  Truppen  allerdings  ins  Hauptlager zurückziehen  oder  gut  gesicherte,  strategische  Stellungen  einnehmen.  Die  Orks  konnten bekanntermaßen  in der Dunkelheit der Nacht deutlich besser sehen als Menschen,  so dass mit einem schweren Gegenschlag  in  den Nachtstunden  zu  rechnen war. Als  die  Sonne hinter  den unheimlichen Wipfeln  der  Dämonenbrache  verschwand,  erreichte  ein  Botenreiter  aus  Gareth  das  Lager  des Reichsbehüters:  "Die  Orks!  Sie  sind  im  Schutz  der  Dämonenbrache  bis  nach  Gareth marschiert  und greifen die Stadt an!"  Anfang PHE 1012 BF: Zu Beginn der Abendstunden ließ die Obristin Ira von Seewiesen die Plänkler des II. Freiwilligenregiments antreten und sprach: "Tapfere Männer und Frauen, der Dienst der Plänkler wird in dieser  kriegerischen  Nacht  erneut  benötigt.  Es  liegt  an  uns,  die  Nacht  hindurch  den Waldrand  zur Dämonenbrache abzulaufen und nach feindlichen Truppenbewegungen Ausschau zu halten. Im Abstand von einer Stunde soll ein jedes unserer verbliebenen sieben Banner von hier aus an der Brache entlang nach Süden marschieren. Kurz vor Silkwiesen soll dann das Schlachtfeld überquert werden. Anschließend sollen wir am Ufer des Silkbaches entlang ins Lager zurückkehren. Kleinere Einheiten des Feindes sind in Kämpfe zu verwickeln. Sobald größere Auffälligkeiten bemerkt werden, sind diese durch das Entsenden von  Boten  unverzüglich  der  Heeresleitung  zu melden!"  Die  Hauptleute  des  II.  Freiwilligenregiments bestätigten  den  Befehl  salutierend  und  führten  ihre  Banner  zunächst  zurück  zu  den  Lagerfeuern. Anschließend schwärmten die Plänkler aus, um entlang der düsteren Dämonenbrache zu patrouillieren. Als die Plänkler aber das Schlachtfeld im Süden erreichten, bemerkten sie mehrere feindliche Einheiten, die sich im Schutz der Dunkelheit zu einem großen Kampfverbund sammelten. Der weise Arthilas konnte mit  seinen  scharfen  Elfenaugen  besser  in  der  Dunkelheit  sehen  und  erkannte,  dass  es  sich  bei  den feindlichen Truppen um frisch erhobene Untote handelte: Sowohl die Kadaver von Orks als auch jene der kürzlich  gefallenen Menschen  humpelten  durch  die  Dunkelheit  und  bildeten  einen mehrere  Banner starken Heerwurm. 

Page 5: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

 Eilig nahmen die Plänkler  ihre Beine  in die Hand und  rannten zurück zum Hauptlager der Kaiserlichen Armee,  um  der  Heeresleitung  von  den  aufmarschierenden  Untoten  zu  berichten.  Reichserzmarschall Helme Haffax kannte diese Taktik aus der verlorenen Schlacht um Orkenwall. Dieses Mal war er aber besser auf den Einsatz von Untoten vorbereitet: Er befahl den Rückzug aller Truppen  in der Umgebung hinter  die  gut  befestigten  und  ausgeleuchteten  Palisaden.  Schützen  wurden  mit  Brandpfeilen ausgestattet und  kleine  Signalfeuer wurden  außerhalb der Palisaden entzündet, um den  Feind besser sehen zu können. Die Untoten stürmten in Scharen auf die hölzernen Tore des Kaiserlichen Heerlagers zu und wurden mit den präparierten Pfeilen in Brand gesteckt. Der Ansturm der niederhöllischen Kreaturen verlor überraschend  schnell an Kraft und die Untoten waren nicht  in der  Lage, die Befestigungen der Kaiserlichen zu durchbrechen. Überraschend wandten sich die Untoten wie auf ein geheimes Zeichen hin von den Kaiserlichen Truppen ab und schlurften zurück in die Dunkelheit im Süden.  Reichsbehüter Brin mochte die  feindlichen Truppen aber nicht entkommen  lassen und  sammelte acht Schwadronen leichter und schwerer Reiterei zusammen, die mit Fackeln und Reitersäbeln ausritten, um das Untoten‐Regiment niederzustrecken. Die verbliebenen Fußsoldaten wurden erneut entsandt, um die Umgebung abzusichern. Die Plänkler hingegen sollten die gefallenen Untoten vor den Palisadenwällen enthaupten  und  auf  Scheiterhaufen  verbrennen.  Dem  Elfen  Arthilas  fiel  dabei  auf,  dass  jeder  der gefallenen Untoten jeweils einen großen, fremdartigen Knochensplitter im Schädel trug. Grobschlächtige Zauberrunen waren in diese Knochensplitter eingraviert. Arthilas brachte einige der Knochensplitter zum obersten  Weißmagier  Saldor  Foslarin,  der  diese  im  Zelt  der  Heeresleitung  präsentierte  und  als Zauberwerk der orkischen Schamanen identifizierte: "Vermutlich sind in diese Knochensplitter Dämonen gebunden,  die  die  Untoten mit  Leben  erfüllen..." mutmaßte  der Weißmagier.  Dann  jedoch  hielt  er plötzlich  mitten  im  Satz  inne  und  sprach  erschrocken:  "Der  Reichsbehüter...   sie  sind  von  Feinden umringt... schnell nach Süden!"  Saldor Foslarin berichtete Helme Haffax panisch, dass der Reichsbehüter Brin mit seiner Reiterei in eine Falle  der Orks  gelaufen war:  "Mein  Adjutant  hat mir  eine magische  Botschaft  gesandt.  Die  Untoten haben  die  Kaiserlichen  Reiter  in  einen  befestigten  Spießwall  gelockt. Orkische  Speerträger  haben  die Kavallerie in die Zange genommen! Die Zeit drängt!"  Helme Haffax schickte seine Boten zu den Stallungen, damit  jedes noch verfügbare Pferd gesattelt und zur  Südpforte des  Lagers gebracht wird. Der Reichserzmarschall  selbst hetzte  zu den  Lagerfeuern der Plänkler  und  rief:  "Prinz  Brin  ist  in Gefahr!  Ein  jeder,  der  reiten  kann,  soll  jetzt  sofort  ein  Streitross nehmen und mir  folgen!" Viele tapfere Heldinnen und Helden unter den Plänklern  folgten dem Aufruf und ritten mit Helme Haffax in die Schlacht. Die spontan ausgehobene Reiterei war bei weitem nicht so gut eingespielt wie eine reguläre Kavallerie‐Einheit, doch in der Stunde der Not musste ein jeder seinen Beitrag  leisten. Die berittenen Plänkler  trafen kurz hinter dem Lager der Kaiserlichen auf  zwei Banner orkischer Speerträger und durchbrachen mit Mühe, Blut und Schweiß deren Reihen. Anschließend sahen sie  in etwa einer Meile Entfernung ein großflächiges und geisterhaftes  Leuchten. Als die Reiter näher kamen, erkannten diese, dass das Leuchten von unzähligen Irrlichtern erzeugt wurde, die Reichsbehüter Brins  Kavallerie wie  ein  übernatürlicher Mückenschwarm  umkreisten.  Brins  acht  Schwadronen waren bereits  stark  dezimiert  worden,  orkische  Speerträger,  Plänkler,  Bogenschützen  und  auch  einige Streitoger  hatten  die  Kaiserlichen  in  die  Zange  genommen  und  in  schwere  Gefechte  verwickelt,  aus denen es keine Rückzugsmöglichkeiten gab.  Unter  der  Führung  von  Helme  Haffax  brachen  die  berittenen  Plänkler  wie  ein  Donnerkeil  in  die feindlichen Reihen ein. Das anschließende Gefecht war blutig und verlustreich und  zu den bereits am Boden  liegenden  Leichnamen  der  bisher  gefallenen  Kavalleristen  gesellten  sich  die  Leiber  unzähliger 

Page 6: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Pferde und Plänkler. Doch die Einmischung der Plänkler brachte die Stellung der gegnerischen Truppen gehörig durcheinander und trug dazu bei, dass der Reichsbehüter mit seinen verbliebenen Getreuen aus der Zangenlage entkommen konnte. Die berittenen Plänkler und die verbliebenen Kavalleristen konnten nach Norden zum schweren Fußvolk der Kaiserlichen Garderegimenter sowie zu drei Schwadronen der berüchtigten  Darpatischen  Ritter  aufschließen.  Die  Kaiserlichen  Truppen  formierten  sich  erneut  und holten zum Gegenschlag aus, der bis zum Morgengrauen andauerte.  Am  Vormittag  des  kommenden  Tages  wurde  die  Schlacht  auf  den  Silkwiesen  entschieden:  Frisch angekommene Almadanische Landsknechte konnten vom Süden her den orkischen Tross angreifen und nahmen  dadurch  den  Schwarzpelzen  jede  Rückzugsmöglichkeit.  Die  Kaiserlichen  Truppen  im  Norden rückten weiter vor und befreiten letztlich das Dorf Silkwiesen aus den Klauen der Orks. Die verbliebenen Truppen der Schwarzpelze  lösten sich auf und flohen nach Osten  in Richtung Raschtulswall. Am Abend des  2.  PHE  1012  BF  wurde  der  Sieg  über  die  Orks  auf  den  Silkwiesen  verkündet.  Die  Truppen beobachteten noch einige Tage die Region und zogen anschließend zurück nach Gareth, um sich dort von den Gefechten  zu  erholen  und  sich  für  den  nächsten Militärschlag  vorzubereiten. Die Heldinnen und Helden der Schlacht wurden wenige Tage später  in Gareth von Reichsbehüter Brin mit der Kaiser‐Raul‐Schwertspange  für  ihre  herausragende  Tapferkeit  zu  Felde  ausgezeichnet.  Zu  den  geehrten  Recken gehörten  auch  der  tapfere  Rondrian  von  Gareth,  der  sich  einem  Streitoger  gestellt  hatte,  sowie  die heldenhafte Hufschmiedin Mechthild  Klotzenplotz,  die  unter  Einsatz  ihres  Lebens  ihren  zwergischen, schwerverletzten Kameraden Ortax  aus den Reihen der  Feinde  gezogen und  eigenhändig  ins  Lazarett geschleppt hatte. Ebenso wurden an diesem Tag die Namen der ca. 3.000 gefallenen Soldatinnen und Soldaten  verlesen. Ritter Wolfmir  seufzte  anerkennend,  als der Name  von Alwin  Zuckerbeck  verlesen wurde.  Mitte PHE 1012 BF: Die Schlacht auf den Silkwiesen lag nun schon fast zwei Wochen zurück, die meisten Truppenverbände  der  Schwarzpelze  im  zentralen  Mittelreich  waren  mittlerweile  aufgespürt  und vernichtet worden. Es gab jedoch mehrere Gerüchte, dass demnächst in einer großen Frühjahrsoffensive die besetzten Ländereien in der Mark Greifenfurt und im Herzogtum Weiden befreit werden sollten. Und so  trainierten  auch die  Plänkler des  II.  Freiwilligenregiments weiter  im Hippodrom  zu Gareth, um  ihr Kampfgeschick für die kommenden Schlachten zu verbessern.  Ritter Wolfmir von Kaltensporn erhielt  in dieser Zeit überraschend Besuch vom  Inquisitionsrat Answulf Praiordan Nethelheimer. Der  Inquisitionsrat nahm den Ritter beiseite und sprach: "Hört mich an, Ritter Wolfmir. Ich wurde vom Großinquisitor Dexter Nemrod persönlich ausgeschickt, um aus den Reihen der Plänkler ein Kommando aus besonders tapferen, aber auch fähigen Helden zusammenzustellen, die auf eine wichtige, kriegsentscheidende Mission in die Mark Greifenfurt entsandt werden sollen. Nicht mehr als sechs sollen es sein."  Ritter Wolfmir war geehrt, dass der Großinquisitor eine Spezialeinheit aus seinen Reihen anforderte, und ließ seine Truppen antreten. Er selbst wollte Teil des Kommandos sein und wählte aus den anwesenden Plänklern den Feldkaplan Rondrian, den Zwergenkrieger Ortax, den Elfenheiler Arthilas sowie die tapfere Mechthild  aus.  Als  letztes  Mitglied  der  Mission  wurde  ein  unscheinbarer  Plänkler  namens  Kapo ausgewählt,  da  dieser wohl  aus Greifenfurt  stammte  und  sich  in  der Mark  auskannte.  Inquisitionsrat Answulf führte die Auserwählten zum Inquisitionsturm in der nahegelegenen Stadt des Lichts, damit der Großinquisitor  Dexter  Nemrod  das  Kommando  persönlich  in  Augenschein  nehmen  konnte.  Im Inquisitionsturm  trafen  Wolfmirs  Männer  auf  den  Weißmagier  Darian  von  Rabenmund,  der  wohl ebenfalls  für  die  Mission  angefordert  worden  war  und  diese  magisch  unterstützen  sollte.  Die Anwesenden  stellten  sich  gegenseitig  kurz  vor und  spekulierten, welche wichtige Mission  ihnen wohl aufgetragen werden würde.  

Page 7: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

 Dexter Nemrod  traf  nach  etwa  einer  Stunde  ein.  Er musterte  die Missionsanwärter  ausgiebig,  fragte diese  nach  ihren  Namen  und  ihren  Fähigkeiten  und  befahl  anschließend  in majestätischem  Tonfall: "Meine  Entscheidung  ist  gefallen.  Sie  sollen  es  sein,  die  für  die Operation Greifenschlag  in  die Mark geschickt werden. Sie sollen sich  in der Rüstkammer der KGIA  für die Operation vorbereiten und dann nach Wehrheim  reisen, um dort geheimes Kriegsmaterial von  Inquisitionsrat Delian von Wiedbrück  in Empfang  zu  nehmen.  Das  Kriegsmaterial  muss  anschließend  durch  die  Reihen  der  Feinde  nach Greifenfurt  geschmuggelt  werden.  Es  wird  benötigt,  um  die  Befreiung  der  Stadt  Greifenfurt vorzubereiten. Inquisitionsrat Answulf soll die Operation leiten, Ritter Wolfmir soll die Befugnisse eines Agenten der KGIA erhalten und die Operation adjustieren."  Der Großinquisitor händigte Answulf ein kurzes Anweisungsschreiben aus und schickte diesen dann mit Darian und Ritter Wolfmirs Plänklern zur Rüstkammer der Kaiserlich Garethischen Informations‐Agentur. Die Gefährten wurden dort von der Rüstmeisterin Gelda von Stippwitz ausgiebig gemustert. Sie  las sich das  Anweisungsschreiben  des  Großinquisitors  durch  und  sprach:  "Hier  steht,  dass  ich  Euch  die Ausrüstung  gewöhnlicher  Söldner  übergeben  soll.  Eine  mögliche  Durchsuchung  und  Beschlagnahme durch  den  Feind  wird  erwartet  und  muss  im  Sinne  der  Operation  erduldet  werden."  Gemäß  den Anweisungen des Großinquisitors ließen die Recken ihre guten, standesgemäßen Kleider, Rüstungen und Waffen  in der Rüstkammer einlagern und erhielten stattdessen stinkende Lederrüstungen, gebrauchte Knüppel und rostige Säbel. Gelda von Stippwitz stellte den Plänklern außerdem einige Pferde bereit. Sie übergab Wolfmir einen Türkisring, damit er sich gegenüber Reichstreuen als Mitglied der KGIA ausweisen konnte. Answulf  hingegen  erhielt  einen  Stapel  Briefe,  den  er  in Wehrheim  an Delian  von Wiedbrück überreichen sollte.  Die  Gruppe  brach  am  nächsten Morgen mit  den  Pferden  nach Norden  auf  und  erreichte  nach  zwei Nächten die Reichsstadt Wehrheim. Die  Stadt war  vor  allem  für die  vielen  stationierten Truppen, die Kadettenakademie und der Kanzlei  für Kriegswesen bekannt,  in der der Reichserzmarschall  residierte. Answulf kannte sich in Wehrheim aus und führte die Gefährten direkt zu Delian von Wiedbrück, der den Reisenden ein Abendmahl sowie ein Schlafgemach  im  Inquisitionsturm anbot. Während die Recken mit den Wächtern des Inquisitionsturms speisten und anschließend Wein und Bier genossen, las Delian von Wiedbrück die an  ihn übergebenen Briefe aus Gareth durch.  In den Abendstunden  rief er Answulf  zu sich,  führte  ihn  in  das  oberste  Stockwerk  des  Inquisitionsturms  und  sprach.  "Hier  ist  das  geheime Kriegsmaterial gelagert, welches  Ihr nach Greifenfurt bringen sollt." Als Delian die Tür des Stockwerks öffnete,  erklang  das  Flattern  und  Gurren  von  über  einhundert  Tauben.  Delian  ergänzte  ernst:  "Drei Dutzend Wehrheimer Brieftauben müsst Ihr an den Orks vorbei nach Greifenfurt schmuggeln!" Answulf hatte sich eine andere Art von Kriegsmaterial vorgestellt und musterte nachdenklich die Weidenkäfige, in denen die Brieftauben üblicherweise transportiert wurden.  Die beiden Inquisitionsräte gingen wieder nach unten in die gesellige Stube und schmiedeten Pläne bei Wein und Bier. Delian berichtete zunächst, was er über die Strecke nach Greifenfurt wusste: "Bis zum Dergelufer ist alles fest in der Hand der Kaiserlichen. Auf der anderen Seite liegt die Stadt Eslamsroden, die  im vergangenen Sommer von den Orks eingenommen und geplündert wurde. Die geschleifte Stadt wird aktuell von Handwerkern wieder aufgebaut und von den verbliebenen Soldaten des Greifenfurter Regiments  bewacht. Obristin  Trullane  von Wertlingen  hält  die  Stadt,  bei  ihr  solltet  Ihr  euch melden. Hinter Eslamsroden liegen dann die Ruinen von Orkenwall und dahinter befindet sich schon Greifenfurt, welches noch  immer  in  der Hand der Orks  ist. Der Anführer der Orks  in  dieser Region heißt  Sharraz Garthai.  Der  Großinquisitor  erwähnt  in  seinem  Schreiben,  dass  Ihr  im  Rahmen  der  Operation Greifenschlag die Tauben zum Inquisitionsrat Marcian in Greifenfurt bringen sollt. Marcian leitet eine im geheimen operierende Untergrundorganisation, die einen Aufstand zur Befreiung der Stadt vorbereiten 

Page 8: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

soll. Um mit ihm in Kontakt zu treten, sollt Ihr das Bordell Fuchshöhle in Greifenfurt aufsuchen. Fragt den Besitzer nach einem Mann, der gut zu Euren Vögeln ist. Das sind die Kontaktworte für die Übergabe der Brieftauben. Marcian wird Euch dann weitere Anweisungen geben. Zu Beginn eines jeden Götternamens soll Marcian einen Lagebericht mit einer Taube nach Wehrheim schicken."  Delian  überlegte  kurz  und  sprach  dann:  "Eine  Sache muss  ich  noch mit  Euch  besprechen.  Ich  kenne Marcian nicht so gut, ich habe aber von mehreren Quellen gehört, dass er die Prinzipien des Herrn Praios regelmäßig überstrapaziert und dann seine Taten vertuscht. Solltet Ihr Beweise dafür finden oder Zeuge dafür sein, dass Inquisitionsrat Marcian die Grenze zum Frevel an der göttlichen Ordnung überschreitet, müsst  Ihr  Eure  Aufgabe  als  Inquisitor  wahrnehmen: Marcian  muss  dann  aus  seinen  Dienstpflichten entbunden  und  bis  zu  einem  ordentlichen  Prozess  festgehalten werden.  Der  Prozess  kann  natürlich warten, bis der Krieg gegen die Orks geschlagen ist. Im Zweifel müsst Ihr das Kommando übernehmen."  Am nächsten Morgen fassten die Plänkler den Plan, sich als Händler aus dem Norden mit entsprechender Bedeckung auszugeben, um mit dieser Tarnung die wertvolle Ware an den Orks vorbei zu schmuggeln: Mit  Hilfe  der  Kaiserlichen  Kriegswerkstätten  zu  Wehrheim  wurde  ein  Munitionswagen  zu  einem Handelswagen mit  einem  geheimen Unterbodenfach  umgebaut.  In  dem Unterbodenfach wurden  die Taubenkäfige  eingelagert.  Der  Handelswagen  an  sich  wurde  mit  Bierfässern,  Schnapskrügen  und gackernden Hühnern bestückt. Answulf war klar, dass diese Tarnung sehr riskant war. Zwar war weithin bekannt,  dass  die  Schwarzpelze Händlern  gegenüber wohlgesonnen waren,  sofern  diese  interessante Waren in die besetzten Gebiete lieferten. Doch wer konnte schon ahnen, was im Kopf eines Orks vor sich ging?  Ende  PHE  1012  BF:  In  den  frühen  Morgenstunden  verließen  die  Gefährten  mit  dem  umgebauten Munitionswagen die Stadt Wehrheim und  fuhren auf der Reichsstraße nach Westen. Ortax und Ritter Wolfmir  verkleideten  sich  als  fahrende  Händler  und  lenkten  den Wagen,  der mit  Bier,  Schnaps  und Geflügel beladen war. Answulf, Rondrian, Arthilas, Mechthild, Darian und der alte Kapo hingegen gaben sich  als  einfache  Söldner  aus  und  nutzten  die  Reisezeit  nach  Eslamsroden,  um  sich  auf  ihre Tarnidentitäten  vorzubereiten.  Die  Gefährten  lernten  sich  in  dieser  Zeit  auch  untereinander  näher kennen und freundeten sich trotz der Standesunterschiede miteinander an.  Zwei Tage später reichten die Reisenden die Kleinstadt Eslamsroden. Der Ort war im vergangenen Herbst von den Orks eingenommen, geschliffen und geplündert worden, mittlerweile befand sich die Stadt aber wieder  in der Hand der Greifenfurter Grenzreiter, die unter dem Kommando der stiernackigen Obristin Trullane  von Wertlingen  standen.  Die  Gefährten  hielten  ihre  Tarnung  als  reisende  Händler  zunächst aufrecht, doch die märkischen Soldaten hatten kaum Verständnis dafür, dass der Handelszug weiter nach Westen  in das besetzte Greifenfurt ziehen wollte, da die Truppen vor Ort ein großes  Interesse an den aufgeladenen Waren hatten. Bevor die  Soldaten  sich die Handelswaren mit Gewalt nehmen  konnten, offenbarten sich Wolfmir und Answulf gegenüber der Obristin Trullane als Abgesandte des Mittelreichs in geheimer Mission und baten die Kommandantin um Unterstützung. Die Obristin glaubte den beiden und berichtete von der Lage  in Eslamsroden: "Der Aufbau der Wehranlagen geht schleppend voran, da noch immer regelmäßig Schnee fällt. Von orkischen Aktivitäten gibt es in letzter Zeit kaum zu berichten, das Land weiter im Westen wird allerdings von orkischen Grenzpatrouillen bewacht. Wir sind stark genug besetzt, um die Stadt gegen kleinere Truppenverbände zu sichern, einem großen Orkensturm können wir aber nicht standhalten. Seit Wochen warten wir auf Verstärkung aus Wehrheim oder Gareth. Wisst  Ihr denn etwa, wann das Reichsheer endlich zu uns kommt, damit wir die Mark von den stinkenden Orks befreien können?"  

Page 9: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Die  Gefährten  konnten  zwar  von  der  glorreichen  Schlacht  auf  den  Silkwiesen  und  einer  geplanten Frühjahrsoffensive  berichten,  zu  genaueren  Details  der  Truppenbewegungen  konnte  aber  niemand etwas sagen.  Nach  einer  erholsamen Nacht  in  Eslamsroden  reisten die  Freunde weiter nach Westen  in die orkisch besetzte Mark.  Die  Orks  nannten  dieses  Gebiet Winsh  Thamak,  welches  von  den  Einheimischen  zu Finstermark verballhornt wurde, die Hauptstadt Greifenfurt selbst wurde von den Schwarzpelzen Saljeth genannt. Etwa zur Mittagszeit bemerkten die Reisenden eine Schwadron orkischer Grenzreiter, die rasch zu  den  Gefährten  aufschloss  und  diese  umkreisten.  Rondrian  begrüßte  den  Anführer  der  Reiter mit gebrochenem Orkisch und reichte  ihm einen Krug Schnaps als Tribut und Geste der Unterwerfung. Der Anführer,  der  sich  Unterhäuptling  Oxbrull  von  den  Zholochai  nannte,  war  angetan  davon,  dass  die Glatthäute seine Sprache sprachen und fragte die Reisegruppe, woher sie kamen und wohin sie ziehen wollten, während gleichzeitig einige Untergebene den Wagen der Gefährten  inspizierten und dreist ein Fass Bier öffneten. Rondrian erzählte dem Orkanführer seine Geschichte  im gebrochenen Orkisch: "Wir kommen von Hartweide von Tobrien. Wir sind Händler, äh, Oloch. Wir handeln mit Greif..., äh, Saljeth. Wir bringen Körnerbier und Feuerwasser und Hühner."  "Ihr  Ergoch,  wer  euer Maruk?",  fragte  der  Unterhäuptling  nach  und  wollte  somit  wissen,  welchem orkischen Anführer die Recken unterstellt waren. "Ai Maruk?!", antwortete Rondrian vorsichtig und gab damit zu, dass sie keinen orkischen Meister über sich hatten.  Oxbrull musterte die Menschlinge, die nervös vor  ihm versammelt waren, dann schlug er sich  lachend auf die Brust und verkündete  lautstark: "Ihr  jetzt meine Ergoch. Ich euer Maruk. Ihr bringen Körnerbier und  Feuerwasser und Geflügel nach  Saljeth  zu mein  Ergoch: Ugdalf  in Haus  von Roter  Stier.  Er  euch geben Geld. Wenn  andere Okwach  fragen nach  euer  Tribut,  ihr  sagen  gehört Okwach Oxbrull. Wenn andere  Okwach  wollen  euer  Tribut,  ihr  sagen:  Ai  Tribut,  sonst  kriegen  Okwach  auf  die  Fresse  von Oxbrull!" Rondrian nickte und bestätigte, dass er die Waren  für Oxbrull  zu Ugdalf bringen würde. Die Orks  ritten nach Osten davon, die Recken hingegen  zogen weiter nach Westen und erreichten gegen Abend  die  Ruinen  von  Orkenwall.  Hier waren  noch  immer  die  Spuren  der  vergangenen  Schlacht  zu erkennen  und  eine  Atmosphäre  des  Todes  und  der  Vernichtung  war  allgegenwärtig  an  diesem verlassenen Ort zu spüren.  Am kommenden Tag führte die Reichsstraße durch ein kleines Wäldchen, welches in früheren Zeiten von den  örtlichen  Adeligen  als  Jagdgebiet  genutzt wurde. Die Gefährten  entdeckten  hier  die  Reste  einer orkischen Handelskarawane: Auf einem noch immer brennenden Handelskarren schmorten die Kadaver von vier Orks, die anscheinend noch gelebt hatten, als das Feuer entzündet worden war. Eine  zweite Handelskarre wurde genutzt, um zwei armseligen Orks im Rahmen einer brutalen Folter die Eingeweide aus  dem  Leib  zu  ziehen.  Von  den  geladenen Handelswaren  und  den  Zugtieren war  nichts  zu  sehen, stattdessen  konnte man  aber  Spuren erkennen, die  in das Unterholz des Waldes  führten.  "Wer  auch immer  das  getan  hat, wollte wohl  eine  grausame  Botschaft  verkünden..."  kommentierte  Darian  das Massaker und schlug vor, eilig den Schauplatz des Geschehens zu verlassen.  Am  frühen  Nachmittag  erreichten  die  Gefährten  die  Stadt  Greifenfurt,  die  direkt  an  Westufer  der breiten, aber wasserarmen Breite lag. Die acht Schritt hohen Stadtmauern waren offensichtlich nach wie vor  im besten Zustand, die Orkkrieger auf den Wehrgängen deuteten aber darauf hin, dass die  Stadt noch  immer  in der Hand der Schwarzpelze war. Ortax  lenkte den Handelskarren mit leichter Nervosität direkt auf das östliche Schanzentor zu, wo bereits mehrere Orkwächter auf die Reisenden warteten. Die Orkwächter  erkundigten  sich bei  den Glatthäuten  im  rauen  Tonfall  , was  sie  in die  Stadt  führte, und durchsuchten dabei gründlich den Handelskarren und auch die Gefährten selbst nach Schmuggelware. 

Page 10: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Rondrian erklärte den Orks, dass sie unter dem Schutz von Unterhäuptling Oxbrull standen und dass die Lebensmittel  zu Ugdalf  ins Haus des Roten Stiers gebracht werden mussten. Die Orkwachen grunzten spöttisch und wollten die Waren zunächst beschlagnahmen, um sie als Tribut zu Oberhäuptling Sharraz Garthai in die Flussgarnison zu bringen.  Rondrian  konnte  dies  jedoch  nicht  zulassen  und  drohte,  dass  Oxbrull  ihnen  "auf  die  Fresse"  geben würde, wenn die Lebensmittel nicht  zu Ugdalf kommen. Der Tonfall der Orks wurde plötzlich deutlich freundlicher und diese machten sich sofort daran, den Handelswagen bis zur Schankstube "Roter Stier" zu  eskortieren.  Der  Inhaber  der  Schankstube  hieß  tatsächlich  Ugdalf  und  war  ein  einheimischer Schankwirt, der sich wohl mit den Besatzern arrangiert hatte und diesen regelmäßig Bier, Schnaps und Wein ausschenkte. Ugdalf freute sich über die menschlichen Händler und zahlte Ortax eine angemessene Summe  an  Münzen  für  die  Getränke  und  das  Geflügel.  Er  bot  den  Gefährten  sogar  eine Übernachtungsmöglichkeit  in  seinem Obergeschoss  an  und  ergänzte:  "Die Okwach  sind  beim  Saufen zwar nicht die leisesten Kunden, aber zumindest werden unsere Freunde von dem Alkohol eher friedlich als gewalttätig."  Wolfmir nahm das Angebot von Ugdalf an, damit die Orks keinen Grund hatten, die Gruppe wieder aus der Stadt zu eskortieren. Er erkundigte sich bei Ugdalf nach der allgemeinen Stimmung in der Stadt und fragte dann auch beiläufig nach dem Bordell Fuchshöhle, da die Gefährten dort heimlich Kontakt zum Inquisitor Marcian aufnehmen wollten.  Ugdalf  führte  die  Gefährten  auf  die  Straße  und  erklärte  verständnisvoll:  "Die warmen  Schenkel  der Freudenmädchen sind auch meiner Meinung nach bestens geeignet, um die Strapazen einer so  langen Reise  zu  verwinden.  Seht  ihr  dort  vorne  den  Turm  am  Kanal?  Der  gehörte  einst  zur  historischen Stadtmauer und ist jetzt das Wohnquartier unseres neuen Henkers. Einen ähnlichen Turm gibt es auf der anderen Seite des Sonnenhügels.  Ihr umrundet den Sonnenhügel am besten gleich da vorne und dann dürftet ihr den anderen Turm sehen. Da drinnen ist dann auch die Fuchshöhle. Beeilt euch aber. Sobald es dunkel ist, dürfen wir Glatthäute nicht mehr auf der Straße sein."  Da  Answulf  einen  spöttischen  Tonfall  in  Ugdalfs  Stimme  bei  der  Erwähnung  des  Henkers  bemerkte, fragte  er  nach, was  es mit  dem  neuen Henker  auf  sich  hatte. Ugdalf  antwortete:  "Zerwas  heißt  der Bursche. Er  ist wohl ein Landadeliger aus Almada oder Al'Anfa oder so. Er  ist mitten  im Winter  in die Stadt eingereist, als die Orks hier bereits das sagen hatten. Hat den alten, verlassenen Turm gekauft und wohnt  jetzt  in  der  Bruchbude.  Angeblich  hat  er  sehr  viel  Geld mitgebracht  und  ist  ein  Ergoch  von Oberhäuptling Sharraz Garthai."  Answulf  dankte  Ugdalf  für  die Wegbeschreibung. Während  Kapo  und Mechthild  beim  Ausladen  des Handelskarrens  halfen  und  den  Schlafsaal  im  Obergeschoss  bezogen, wanderten  Rondrian, Wolfmir, Answulf, Darian, Ortax und Arthilas durch die Stadt zum Bordell Fuchshöhle. Dort angekommen, mussten die Gefährten  erst  einige  Zeit warten, bevor der  Inhaber des Bordells,  ein windiger  Zuhälter namens Lancorian, die Gäste empfing. Lancorian bediente in letzter Zeit wohl vor allem die Kundenwünsche der Schwarzpelze und war überrascht, eine komplette Reisegruppe in seinem Bordell empfangen zu können. Als der  sichtlich überarbeitete  Lancorian die Gefährten  fragte, welche Begehrlichkeiten es  zu erfüllen gab, zeigte  ihm Answulf seinen Bernsteinring und erwiderte anzüglich: "Wir suchen nach einem Mann, der gut zu unseren Vögeln ist."  Lancorians  Gesichtszüge  erstarrten.  Er  führte  die  Gefährten  diskret  in  seine  Privatgemächer  im Obergeschoss des Turms, vergewisserte sich, dass niemand lauschte und erwiderte dann: "Ich kenne den Mann, den Ihr sucht. Er hat als einer der wenigen den letzten Aufstand gegen die Orkbesatzer überlebt, 

Page 11: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

wird aber jetzt von den Schwarzpelzen in der ganzen Stadt gesucht. Ich kann Euch nicht zu ihm bringen, ich kann ihm aber eine Nachricht von Euch ausrichten lassen."  Answulf  nickte  und  sprach:  "Wir  sind  im  Roten  Stier  bei  Ugdalf  untergebracht,  unser  gemeinsamer Freund kann uns dort aufsuchen." Lancorian schüttelte den Kopf und erwiderte entsetzt: "Der Ugdalf ist ein Ergoch der Orks, geht bloß weg von dort! Wenn Ihr eine sichere Unterkunft braucht, kann  ich Euch den Gasthof Brohm empfehlen. Der befindet sich zwischen der ehemaligen Rondraburg  im Süden und dem  Sonnenhügel  im  Stadtkern.  Dort  übernachten  die  Fernhändler,  die  mit  der  Familie  Brohm Handelsbeziehungen  unterhalten.  Orks  sollten  dort  keine  sein."  Answulf  dankte  Lancorian  für  die Informationen und bestätigte, dass die Gefährten beim Gasthof Brohm auf den gemeinsamen Freund warten würden. Dieser nickte ebenfalls und gab den Recken noch eine Warnung mit auf den Weg: "Seid vorsichtig, wem Ihr Euch offenbart. Nicht jeder hier leidet unter der Herrschaft der Schwarzpelze und die Orks verstehen es, Kollaborateure und Verräter reich zu belohnen!"  Die  Gefährten  bedankten  sich  bei  Lancorian  noch  einmal  für  die  Unterstützung  und  eilten  dann  in Richtung Südtor, um den Gasthof Brohm zu finden. Die Tore des Gasthofs waren zunächst verschlossen, doch nach mehrmaligem Klopfen öffnete eine Frau mittleren Alters, die sich als Rosina Brohm vorstellte. Wolfmir gab sich auch ihr gegenüber als reisender Händler aus und konnte Rosina dazu überreden, das Gasthaus, welches eigentlich mangels Kundschaft geschlossen war, für Wolfmirs Gefolgsleute zu öffnen. Rondrian eilte daraufhin mit Arthilas zum Roten Stier, um dort Mechthild, Kapo und den Handelskarren abzuholen,  in  dem  noch  immer  die  Brieftauben  aus Wehrheim  versteckt waren.  Dem  verwunderten Ugdalf erzählte Rondrian, dass die Händler  ihre Geschäfte  in der Stadt bereits erledigen konnten und noch am selben Tag abreisen wollten.  Zurück  im Gasthof Brohm bereitete Rosina derweil eine magere Zwiebelsuppe als Abendmahl vor.  Ihr deutlich  jüngerer  Ehegatte war mittlerweile  ebenfalls  dazu  gekommen  und  stellte  sich  vor:  "Ich  bin Gernot, der Inhaber dieses Gasthofes, meine Frau Rosi habt ihr ja schon kennengelernt. Ich habe gehört, dass  Ihr zum Handeln  in der Stadt seid? Mein Vater Glombo Brohm  ist ein berühmter Handelsmagnat, von dem  Ihr bestimmt schon gehört habt. Er hat viel Einfluss  in der Stadt und war zu besseren Zeiten Mitglied des Magistrats. Wegen der Orkkrise hat er momentan aber viel Zeit und wäre bestimmt nicht abgeneigt, mit Euch über zukünftige Geschäfte zu sprechen."  Answulf  stimmte  zu, dass ein Gespräch mit dem ehemaligen Magistrat  gewinnbringend wäre. Gernot nickte  freudig und ergänzte:  "Wegen der Ausgangssperre  können wir  aber  erst  am nächsten Morgen aufbrechen,  Ihr könnt aber  im Schlafsaal nächtigen." Die Gefährten  ließen den Tag  in der Schankstube ausklingen  und  konnten  unter  anderem  erfahren,  dass Gernots  älterer  Bruder  vor  dem Orkkrieg mit Rosina verheiratet war, die Schlacht um Orkenwall aber nicht überlebt hatte. Gernot ergänzte mit einem Seufzen:  "Ich  war  zu  dieser  Zeit  in  der  Bürgerwehr  von  Greifenfurt.  Unser  Kommandant,  der  alte Leumann, hat die Stadt aber kampflos den Orks überlassen. Die Orks haben es  ihm gedankt,  indem sie ihn an die Tore des Praiostempels genagelt haben. Die meisten Angehörigen der Bürgerwehr sind aber versklavt worden und müssen Hilfsdienste für die neuen Herren der Stadt ableisten. Ich wurde noch vor dem Winter  frei  gelassen,  dafür  hat  anscheinend mein Vater  gesorgt. Meine  ehemaligen  Kameraden hatten weniger Glück: Sie mussten zunächst den Praiostempel einreißen und Stück für Stück abtragen. Und auch heute noch müssen sie die große Grube auf dem Sonnenhügel ausheben, wo einst der Tempel stand. Den Gerüchten zu Folge ist den Schwarzpelzen ihr blutiger Totengott Tairach erschienen und hat ihnen befohlen, unter dem Praiostempel von Greifenfurt nach einem Schatz zu graben."  Am  nächsten Morgen  wollten  Ortax,  Arthilas, Wolfmir  und  Rondrian  nach  einem  kargen  Frühstück zusammen mit Gernot zum alten Brohm aufbrechen. Doch als sie gerade den Gastsaal verlassen wollten, 

Page 12: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

wurde Ortax von einem der Knechte angesprochen: "Die Tauben in Euren Karren habe ich an die frische Luft gebracht, habt Ihr auch Futter für die mageren Viecher?". Rondrian war völlig aufgebracht, dass die Brieftauben  entdeckt  worden  waren  und  bat  alle  Anwesenden  darum,  nichts  von  den  Tauben  zu erzählen,  da  die  Orks  sie  sonst  verspeisen  würden.  Rosina  bot  daraufhin  an,  die  Tauben  auf  dem Dachboden des Gasthofs unterzubringen.  Gernot machte sich wohl seine eigenen Gedanken beim Anblick der Tauben, schlug dann aber weiterhin vor,  den  alten  Glombo  aufzusuchen.  Die  Gefährten  folgten  Gernot  zu  seinem  Vater,  der  auf  dem Sonnenhügel am anderen Ende der Straße  residierte. Hier konnte man auch die große Grube auf dem Greifenplatz  sehen, welche  von  den  versklavten  Bürgern  ausgehoben wurde.  Glombos  Stadtvilla  lag ebenfalls  am  Greifenplatz  und  war  nach  wie  vor  mit  prächtigen  Möbeln  und  Kunstgegenständen ausgestattet. Die Gefährten warteten zunächst auf den Herren des Hauses, der sich wohl im Vorfeld mit seinem  Sohn  beraten  wollte,  und  wurden  dann  nüchtern  vom  alten  Glombo  empfangen.  Der wohlbeleibte Magnat klagte zunächst über die fürchterlichen Zustände in der Stadt, erkundigte sich dann bei Ortax nach dessen üblichen Handelswegen und  schlug  anschließend  folgendes Geschäft  vor:  "Die meisten Handelswaren aus Greifenfurt, Waffen, Werkzeuge und Lebensmittel, dürfen nicht aus der Stadt gebracht  werden.  Die  Orks  würde  solche  Waren  sofort  beschlagnahmen.  An  unserem  guten Greifenfurter Filz sind die pelzigen Orks aber nicht  interessiert, da sie dessen Wert verkennen. Der Filz lässt sich aber gut in Angbar verkaufen, welches Ihr in etwa einer Woche erreichen könnt, wenn Ihr am Ufer der Breite nach Süden reist."  Ortax begutachtete den Filz und kaufte vier Kisten des Stoffes, die von den Tagelöhnern des Magnaten später am Tag direkt zum Gasthof geliefert werden sollten.  Nachdem das Geschäft besiegelt war, gingen die Gefährten zusammen mit Gernot zurück zum Gasthof und wurden dort von einem unglaublich schmutzigen Bettler angesprochen, der um eine milde Gabe bat. Gernot erkannte den Bettler wohl, führte ihn schnell in die Gaststube und schloss die Tür. Dann sprach er empört in die Runde: "Geschmuggelte Brieftauben, Adelige, die so tun als wären sie niedere Söldner, und dann auch noch ein falscher Bettler, der ein gesuchter Inquisitor ist. Ich weiß noch nicht genau, was hier vor sich geht, aber ich bin nicht erfreut, dass Ihr Eure Verschwörung in meiner Gaststube abhaltet, meine Herren!"  Answulfs Gefährten und der vermeintliche Bettler musterten sich gegenseitig in aller Ruhe, dann ergriff der Bettler das Wort: "Ich bin der Mann, der gut zu Euren Vögeln ist." Answulf nickte und übergab dem Bettler ein Bündel Briefe, wie es  ihm vom Großinquisitor aufgetragen worden war. Der Bettler nickte dankend und bat Gernot dann, der Runde einen Krug Most zu spendieren. Der angebliche Bettler setzte sich an ein Fenster und studierte die Briefe ausgiebig, dann wandte er sich an Answulf: "Mein Name ist Avesius Marcian,  ich  bin  der  Kommandant  des Widerstands  des  besetzten  Greifenfurts.  Laut  diesen Briefen  soll  ich  von  Euch  Brieftauben  aus  Wehrheim  in  Empfang  nehmen  und  Euch  wiederum Brieftauben  aus  Greifenfurt  überlassen."  Answulf  stellte  sich  und  seine  Gefährten  ebenfalls  vor  und deutete an, dass sich die Wehrheimer Brieftauben im Dachspeicher des Gasthauses befanden.  Marcian nickte anerkennend und sprach: "Ich denke, die Tauben sollten dort oben in Sicherheit sein. Ich selbst kann Euch keine Brieftauben aus Greifenfurt überlassen, die wurden von den Orks im vergangenen Winter allesamt verschlungen. Gemäß diesen Briefen soll  ich die baldige Befreiung der Stadt durch die Kaiserlichen vorbereiten, die wohl in wenigen Wochen hier eintreffen werden."  Answulf, Rondrian und Wolfmir erkundigten sich, in wie weit die Befreiung der Stadt vorbereitet werden konnte und wie aussichtsreich eine Revolte wohl sein würde, und Marcian antwortete: "Eigentlich sollten 

Page 13: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

genügend waffenfähige Bürger in Greifenfurt da sein, um die Orks  in einem gut koordinierten Aufstand aus  der  Stadt  zu werfen. Aktuell  sind  auch  gar nicht  so  viele Orks  in  der  Stadt. Das würde  sich  aber ändern,  wenn  das  Reichsheer  auf  die  Mark  zu  marschiert.  Dann  wimmelt  es  hier  bestimmt  von Schwarzpelzen. Die Verteidigungsanlagen der Stadt sind bestens im Schuss, so dass das Reichsheer wohl nur  nach  längerer  Belagerung  in  die  Stadt  eindringen  könnte.  Besser  scheint mir,  die  Kontrolle  über Greifenfurt  zu  erringen,  bevor  das  Reichsheer  eintrifft.  Das  schaffe  ich  aber  nur,  wenn  mir vertrauenswürdige und mutige Recken zur Seite stehen, die keine Angst vor den Schwarzpelzen haben."  Answulf, Darian und die Plänkler von Wolfmir  zögerten nicht  lange und boten  ihre Unterstützung an. Auch Gernot und seine Frau Rosina stimmten zu: "Dieses Gasthaus soll unser Hauptquartier sein,  lasst uns diese Stadt zurückerobern!"  Marcian dämpfte die aufsteigende Euphorie mit harten Worten: "Glaubt ja nicht, dass das ein Kinderspiel ist.  Ich habe  im Hesindemond schon einmal einen Aufstand organisieren wollen, aber ein Verräter aus den eigenen Reihen hat die Schwarzpelze alarmiert. Die haben uns dann bei unserem geheimen Treffen überrascht  und  viele  meiner  Waffenbrüder  erschlagen.  Ich  selbst  kann  mich  auch  nicht  jedem offenbaren,  auf meinen  Kopf  ist  ein  saftiges  Kopfgeld  ausgesetzt. Wir  brauchen wirklich  einen  guten Plan, um hier erfolgreich zu sein."  Marcian nahm sich nun selbst einen Becher Apfelmost und erklärte: "Ich habe eine Verbündete  in der Flussgarnison.  Sie  kommt  sehr  nahe  an  Sharraz  Garthai  heran  und  kann  uns  mitteilen,  welche Truppenbewegungen die Schwarzpelze  in der Finstermark planen. Um die Kontrolle über die Stadt  zu übernehmen, müssen  auf  jeden  Fall  die  Rondraburg,  die  Norrnfeste  und  die  Schanze  eingenommen werden. Die Orks in der Flussgarnison können wir dann in eine Belagerung zwingen. Dafür brauchen wir aber ausreichend Kämpfer, die dann auch koordiniert zuschlagen können. Die ehemaligen Soldaten der Bürgerwehr in den Barracken am Sonnenhügel scheinen mir dafür geeignet zu sein. Ebenso soll es in den Wäldern außerhalb der Stadt eine Gruppe von Freischärlerinnen geben, die von der Amazone Lysandra angeführt  werden.  Angeblich  hat  der  Abt  des  Norrnklosters  im  Norden  Kontakt  zu  Lysandra.  Wir brauchen unbedingt auch Waffen. Der Schmied Darrag stellt angeblich Klingen für die Orks her, vielleicht kann  man  ihm  einige  dieser  Waffen  abnehmen?  Weitere  Verbündete  könnten  der  Henker  Zerwas Wilmaan,  der  Alchemist  Promos  von  Hylailos,  der  Hundezüchter  Derlo  und  Bruder  Gordonius  vom Therbûniten‐Hospital sein. Wir müssten aber erst einmal herausfinden, ob diese Leute vertrauenswürdig sind. Mein Freund Lancorian von der Fuchshöhle wird uns bestimmt helfen,  ich kenne  ihn  schon  sehr lange und vertraue ihm. Habe ich schon erwähnt, dass er ein abtrünniger Illusionsmagier ist?"  Anfang PER 1012 BF: Marcian nahm das Angebot  von Gernot und Rosina  an, den Gasthof Brohm  als Hauptquartier  des  Widerstands  zu  nutzen,  und  verließ  das  Gebäude,  um  seine  Habe  aus  seinem bisherigen  Versteck  zu  holen.  Während  Mechthild,  Darian  und  Wolfmir  das  Gasthaus  bewachten, erkundigte sich Kapo in der Stadt nach Neuigkeiten.   Answulf, Rondrian, Ortax und Arthilas hingegen besuchten den Schmiedemeister Darrag, der angeblich für die Schwarzpelze Waffen herstellte und eine Schmiede am Ostrand des Stadthains betrieb. Als die Gefährten sich der Schmiede näherten, bemerkten sie drei Orks, die den Schmiedemeister offensichtlich drangsalierten.  Schnell  stellte  sich  heraus,  dass  die  aggressiven  Schwarzpelze mit  der  herausragend miesen Qualität der Waffen unzufrieden waren, die anscheinend aus Darrags Schmiede stammten, und kurz davor waren, den Familienvater zu verprügeln. Rondrian und seine Freunde mischten sich ein und behaupteten: "Oxbrull uns schicken, wir sollen den Schmied mit Faust bezahlen für krumme Schwerter!"  

Page 14: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Die Orks glaubten Rondrian und als dieser den winselnden Schmied  in das Haus zerrte, um  ihn dort zu verprügeln,  folgten  ihm die drei Schwarzpelze  johlend  in die gute Stube. Rondrian  schubste Darrag  in eine Ecke und holte dann zum Schlag aus. Doch statt dem Schmiedemeister die Nase zu brechen, drehte er sich einem der überraschten Orks zu und trat diesem mit voller Wucht ins Gesicht. Ortax und Answulf stürmten  daraufhin  ebenfalls mit  ihren  Knüppeln  in  die  Stube  und  halfen  Rondrian  dabei,  die  drei Schwarzpelze zu erschlagen. Die unvorbereiteten Orks konnten gegen die drei erfahrenen Krieger nicht lange bestehen und starben  in  ihrem eigenen Blut. Der Schmiedemeister und dessen Frau und Kinder schrien vor Angst, doch als sich die Lage allmählich beruhigte, stammelte Darrag weinend: "Was habt ihr getan? Die Orks werden bestimmt bald kommen und meine Familie umbringen, um dieses Blutbad zu rächen!"   Rondrian  entgegnete:  "Wir  sind  hier,  um  die  Stadt  von  den Orks  zu  befreien. Helft  uns  bei  unserem Aufstand und die Orks werden euch nie mehr behelligen." Darrag  ließ sich von Rondrians  flammender Rede überzeugen und die beiden besprachen zusammen mit Answulf,  in wie weit Darrag den Aufstand unterstützen  konnte.  Darrag  erklärte:  "Ich  kann  etwa  20  Handwerksmeister  und  deren  Gesellen  in unserem Viertel organisieren. Ihr müsst mir nur rechtzeitig ein Signal geben und dann werden wir mit in die Schlacht ziehen. Ich weiß außerdem, wo in der Stadt noch Waffen versteckt sind. Das Versteck ist gut gesichert, es lässt sich aber vermutlich nicht öffnen, ohne die Orks zu alarmieren. Wir müssen in diesem Fall also sehr schnell und koordiniert vorgehen."   Während die Pläne zum Aufstand weiter reiften, zerkleinerten Ortax und Arthilas die drei Orkleichen und packten die  Leichenteile  in  zwei große Gurkenfässer. Anschließend putzen  sie  zusammen mit Darrags Frau den Boden, damit  von dem Blutbad  keine  Spuren mehr  zu  sehen waren. Darrag  schlug  vor, die Leichenteile  zu  seinem  Freund  Derlo  zu  bringen,  der  diese  an  seine  Jagdhunde  verfüttern  könnte. Rondrian und die anderen stimmten dem zu und begleiteten den Schmiedemeister. Der wortkarge Derlo, der auf der anderen Seite des Stadthains wohnte,  ließ sich von Darrag die Situation erklären und war bereit, die Orkkadaver diskret zu entsorgen.   Da bis zum Einbruch der Nacht noch Zeit war, eilten Rondrian und seine Gefährten weiter zum Laden des Alchemisten Promos von Hylailos. Die Gefährten klopften an die Tür, doch die überaus hässliche Tochter des Alchemisten wollte die Recken offensichtlich nicht hinein lassen und verkündete barsch: "Wir haben geschlossen!" Answulf bemerkte aber, dass die junge Frau etwas zu verbergen hatte. Er ließ sich deshalb auch nicht abwimmeln,  sondern verschaffte sich  stattdessen gewaltsam Zugang  zum Laden. Die  junge Frau  schrie  daraufhin  um  Hilfe  und  wenig  später  kam  ihr  überraschend  alter  Vater  aus  einer Nebenkammer  in den Ladenraum geeilt, um nach dem Rechten zu sehen. Der Alchemist versuchte die Eindringlinge zu beruhigen und schien Answulf und dessen Gefährten für einen Schlägertrupp zu halten, der  von  den  Elfenbergs  geschickt  wurde.  Rondrian  bekräftigte  diesen  Eindruck  und  konnte  dem Alchemisten entlocken, dass dieser sich eigentlich auf die Herstellung von Dünger spezialisiert hatte und regelmäßig für die Elfenbergs arbeitete. Seit dem Hesindemond wollten die Elfenbergs aber, dass er eine Seuche  gegen  die  Orks  züchtete.  Fast  schon  besessen  ergänzte  er:  "Ich  brauchte  nur  noch  einen lebenden Ork, um die Wirkung der Krankheit auszutesten. Könnt  Ihr mir einen  solchen besorgen?"  In Answulfs Ohren klang dieser Plan nach einem schweren Frevel gegen die Gebote der Herrin Peraine und er  beschwor  den  Alchemisten,  von  diesen  dunklen  Plänen  abzulassen.  Promos  ließ  sich  von  Answulf tatsächlich ein schlechtes Gewissen einreden, doch er verweigerte dennoch  jede Kooperation. Answulf ergriff  deshalb  erneut  die  Initiative  und  brach  in  das  Kellerlabor  des  Alchemisten  ein,  um  dort  alle Aufzeichnungen  über  die  Seuche  sowie  ein  schweres  Buch  mit  dem  Titel  "Von  den  Siechen  der Geschichte" zu konfiszieren. Er  fand  im Kellerlabor auch mehrere Käfige voller Kaninchen, die meisten der Tiere waren allerdings tot. Answulf packte die toten Kaninchen  in einen Sack und kehrte zu seinen Freunden zurück, die im Laden auf den Alchemisten und dessen Tochter aufgepasst hatten.  

Page 15: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

 Da die Dunkelheit bald einbrach, schlug Answulf vor, die toten Kaninchen zum nahegelegenen Hospital der Therbûniten zu bringen, damit die Ordensschwestern einen perainegefälligen Segen über die toten Kaninchen sprechen und diese somit von allen Krankheitsdämonen reinigen konnten. Die wachhabende Ordensschwester nahmen die Kaninchen entgegen, kam mit den Gefährten  ins Gespräch und erzählte mit entspanntem Tonfall: "Der Herrin Peraine sei Dank.  Im Moment gibt es weder besonders schwere Krankheiten  noch  besonders  viele  Verwundete  zu  versorgen. Wir  haben  hier  nur  die  Beschwerden einiger schwangerer Frauen, die über ziehende Schmerzen  im Unterleib und einem großen Heißhunger auf  blutiges,  rohes  Fleisch  klagen. Das  lässt  sich  aber mit  einem  entspannenden  Zwölfblatttee  leicht beheben." Answulf fragte weiter nach und konnte dabei herausfinden, dass das Hospital über genügend Personal und Vorräte verfügte, um die Verletzten einer größeren Schlacht zu versorgen. Die Ordensfrau betonte allerdings, dass die Herrin Peraine alle Lebewesen gleichermaßen  liebt und deshalb auch den Orks  eine medizinische  Behandlung  nicht  verweigert werden würde.  "Dies  ist wohl  auch  der  Grund, warum die Schwarzpelze uns und unsere Brüder und Schwestern in den Peraineklostern bisher verschont hatten. Wir  sind  die  einzige Glaubensgemeinschaft,  die  von  den  Schwarzpelzen  nicht  aktiv  bekämpft wird."   Kurz vor Einbruch der Dunkelheit trafen sich alle Verschwörer wieder im Gasthaus der Brohms. Marcian konnte berichten, dass ein Großteil der Orks in etwa einer Woche für einen Tag ausreiten würde, um die Tribute der Dörfer und Klöster im Umland einzutreiben. Bis dahin wollte Marcian mehrere Rädelsführer mobilisieren,  die  auf  entsprechende  Signale  hin  strategisch wichtige  Stellung  in Greifenfurt  angreifen würden. Rondrian meldete sich daraufhin sofort als Rädelsführer für den Angriff auf die südlich gelegene Rondraburg. Marcian nickte anerkennend, hatte aber noch große Schwierigkeiten mit der Koordination: "Wir  müssen,  wenn  es  so  weit  ist,  die  Rädelsführer  koordiniert  informieren,  damit  der  Aufstand erfolgreich  sein  kann.  Ich  dachte  dabei  an  eines  großes  Illusionssignal  meines  Freundes  Lancorian, welches  er  an  den Himmel  zaubern  könnte,  doch  das würde  die Orks  ebenfalls  alarmieren." Arthilas mischte sich daraufhin ein: "Mit meiner Elfenmagie kann ich einem jeden Rädelsführer in der Stadt eine Gedankenbotschaft senden.  Ich muss die Rädelsführer dazu aber vorher treffen und  ihre Aura  in mich aufnehmen." Marcian glaubte dem Elfen zunächst nicht, doch als dieser ihm ein Gedankenbild als Beweis sandte, keimte in Marcian eine niederhöllische Freude auf: "Das ist ja wunderbar! Die Orks werden nicht ahnen, was  sie  erwartet!". Und  etwas  ernster  ergänzte  er:  "Ich werde morgen weitere  Rädelsführer aufsuchen und mich darum kümmern, dass wir uns alle an einem geheimen Ort treffen können, um den Aufstand  gemeinsam  durchzusprechen.  Ihr  solltet  morgen  zum  Norrnkloster  im  Norden  gehen  und versuchen, mit  den  Freischärlerinnen  der  Amazone  Kontakt  aufzunehmen  und  um  Unterstützung  zu bitten."   Answulf,  Rondrian,  Mechthild,  Ortax  und  Arthilas  packten  am  nächsten  Tag  die  Filzwaren  auf  den Handelskarren  und  fuhren mit  diesem  zum  Norrntor.  Gegenüber  den  Orks  an  der Wache  gab  sich Rondrian  als Händler  aus,  der  im Auftrag  von Oxbrull  die  nutzlosen  Filzballen  im  nördlich  gelegenen Hundsgrab gegen Alkohol tauschen sollte. Der Wagen der Gefährten wurde zwar kurz durchsucht, doch diese wurden nicht weiter aufgehalten und konnten die Stadt verlassen. Die Recken reisten etwa zwei Stunden auf der Straße nach Norden und konnten dann das Norrnkloster erkennen, welches über einen holprigen  Weg  erreicht  werden  konnte.  Das  Wehrkloster  war  offensichtlich  nicht  von  den  Orks geplündert worden und die perainegefälligen Klosterbewohner kümmerten sich fleißig um die Bestellung der  Felder.  Ortax  lenkte  den Wagen  in  den  Innenhof  des  Klosters, wo  der  Abt,  der  sich  als  Bruder Perainhard vorstellte, die  fremden Händler begrüßte. Die Gefährten  fragten recht unverhohlen, ob die Klosterbrüder die Freischärlerinnen von Lysandra kannten oder gar wussten, wo sich  ihr Lager befand, doch der Abt schüttelte nur verwundert den Kopf und sprach: "Von einer Amazone namens Lysandra ist mir  nichts  bekannt  und  es  käme mir  auch  nicht  in  den  Sinn,  die  kriegerischen Machenschaften  von 

Page 16: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Freischärlerinnen zu unterstützen. Wir sind ein friedfertiger Orden der alle Geschöpfe der Herrin Peraine achtet  und  sich  aus  weltlichem  Schlachtgetümmel  heraushält.  Aber  wir  wären  bereit,  euch  euren wunderbaren  Filz  abzukaufen.  Im  Gegenzug  können  wir  euch  einige  Kisten  von  unserem  köstlichen Knoblauchschnaps anbieten. Die Schwarzpelze mögen weder Zwiebeln noch Knoblauch und auch dieser Schnaps scheint ihnen nicht zu munden. Sie wollen ihn jedenfalls nicht als Tribut annehmen." Ortax war sehr dafür, den Filz gegen den Schnaps einzutauschen und handelte mit dem Abt ein Tauschgeschäft aus.   Nachdem die Waren umgeladen waren, überlegten die Gefährten, was sie nun tun konnten. "Wir sollten den jenen Ort auf der Reichsstraße im Osten aufsuchen, wo der Handelszug der Orks überfallen worden war. Vielleicht  finden wir dort Hinweise auf die Freischärlerinnen?", schlug Rondrian vor. Ortax nickte und lenkte den Wagen zunächst wieder in Richtung Greifenfurt und bog dann auf einen Trampelpfad ab, der zur Reichsstraße und dem dortigen Waldgebiet führte. Am Nachmittag erreichten die Gefährten den Schauplatz  des Überfalls. Die Orkleichen waren beseitigt worden, die beiden  kaputten Handelskarren lagen  am  Straßenrand. Ortax und Arthilas  suchten die nahe Umgebung nach  Spuren  ab und  konnten mehrere Hufabdrücke  finden, aus denen sich aber keine eindeutige Fährte ablesen  ließ. Answulf hörte plötzlich das Donnern  von Hufen und wies die Gruppe hastig  an,  sich beim Wagen  zu  sammeln. Von Osten  her  näherte  sich  eine  Schwadron Orkreiter,  deren  Anführer  den  Gefährten wohlbekannt war: Unterhäuptling Oxbrull. Der mächtige Orkführer erkannte auch die Blankhäute wieder, die er zu seinen Ergoch gemacht hatte, und fragte: "Ihr gebracht Feuerwasser zu Ugdalf, gut gut. Was  ihr  jetzt haben  in Karren?"  Rondrian  erzählte  wahrheitsgemäß,  dass  seine  Gefährten  mehrere  Krüge  voller Knoblauchschnaps erstanden hatten. Diese Nachricht schien Oxbrull aber nicht zu erfreuen. Er nahm sich trotzdem  einen Krug, um das Gesöff  zu probieren,  spuckte den Knoblauchschnaps  sofort wieder  aus, warf  den  Krug  zu  Boden  und  schrie  wütend:  "Schmecken  immer  noch  wie  Orksch!  Ist  nur  gut  für schwache  Glatthäute.  Du  gehen  weg  von  hier  und  handeln  Ekelwasser  gegen  richtig  Feuerwasser!" Rondrian nickte  zustimmend und bestätigte:  "Ja, Meister, wir bringen Ekelschnaps nach Tobrien." Die Orks zogen zum Glück weiter in Richtung Greifenfurt und behelligten die Gefährten nicht weiter.   Die Freunde überlegten, was sie nun  tun konnten, und beschlossen, den Wald  systematisch nach den Freischärlern abzusuchen. Sie brachten den Wagen ins Unterholz und tarnten diesen mit frischem Laub. Die Pferde wurden abgespannt und an der Hand mitgeführt. Ortax gab die Richtung vor und geleitete die Gefährten  entlang  von  Wildwechseln  durch  das  Unterholz  des  Forstes.  Die  Freunde  hielten  immer wieder Ausschau nach Spuren von menschlichen Waldbewohnern, konnten aber nichts entdecken. Einzig Arthilas  war  zufrieden,  da  er  regelmäßig  Felder  voller  Zwölfblattfarn  entdeckte  und  die  wertvolle Heilpflanze  aberntete.  Am  Abend  schlugen  die Gefährten  an  einem  Bachlauf  ein Nachtlager  auf  und wurden  in  der  kommenden Nacht  von  einem  hungrigen  Rudel Wölfe  überfallen.  Die Wölfe  konnten Mechthild und eines der beiden Pferde schwer verletzen, konnten aber anschließend schnell erschlagen werden. Die Freunde ließen sich von diesem Angriff nicht entmutigen und suchten auch am kommenden Tag weiter den Wald ab. Als sie gegen Mittag den Nordrand des Waldes absuchten, trafen sie unerwartet auf eine Jägerin, die misstrauisch Abstand von den Gefährten hielt und ihren Bogen gespannt hatte. Die Jägerin gehörte offensichtlich zu den Freischärlerinnen und nannte sich Robine. Rondrian und Answulf kamen mit der Jägerin vorsichtig ins Gespräch und forderten Robine auf, von ihr zu Lysandra begleitet zu werden. Die Jägerin spuckte allerdings nur vor Abscheu auf den Boden und rief: "Einen Dämon werd' ich tun, stinkendes Männerpack."   Rondrian  fühlte  sich  in  seiner  Ehre  beleidigt  und  predigte,  dass  die  Orks  aus  Greifenfurt  nur  mit gegenseitiger Unterstützung  aus  diesem  Land  vertrieben werden  konnten.  Er  ergänzte  selbstgerecht: "Ich  gehe davon  aus, dass  Eure  Lysandra noch weiterhin den Gesetzen der Herrin Rondra  folgt.  Falls Lysandra daran  Zweifel hat, dem Ruf der Göttin  zu  folgen und mit mir gemeinsam  in die  Schlacht  zu ziehen, so will  ich  ihr den rechten Weg weisen. Viel mehr noch fordere  ich sie zu einem heiligen Duell: 

Page 17: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Sollte ich obsiegen, so soll mir Lysandra in die Schlacht folgen. Sollte sie obsiegen, so unterwerfe ich mich ihrer Weisung." Robine, die wohl wenig von rondrianischen Duellen verstand, glotzte Rondrian ungläubig an und rief: "Dir hat doch ein Ork  ins Gehirn geschissen!". Ohne eine Reaktion abzuwarten, wandte sie sich von den Gefährten ab und eilte im Schutz des Unterholzes davon. Die Gefährten überlegten kurz, ob sie  Robine  verfolgen  wollten,  hielten  dies  aber  für  nicht  zielführend.  Stattdessen  durchsuchten  die Freunde weiter den Wald nach den  Freischärlerinnen. Gegen Abend mussten die  Freunde erneut ein Lager  aufschlagen  und  zogen  am  Folgetag wieder  in  Richtung  Straße. Nach  vielen weiteren  Stunden erfolgloser Suche schlussfolgerte Ortax griesgrämig: "In diesem Teil des Waldes sind sie wohl nicht."   Die Gefährten erreichten die Reichsstraße am Nachmittag und suchten wieder die Stelle auf, an der sie vor  zwei  vollen  Tagen  ihren  Wagen  versteckt  hatten.  Leider  war  das  tarnende  Laub  mittlerweile eingetrocknet und der Wagen mitsamt seiner Ladung gestohlen worden. Aus den Spuren konnte man lesen, dass der Wagen bis zur Straße gebracht wurde, dort verlor sich aber die Fährte der Diebe. Ortax verfluchte die Diebe, die seinen Alkohol gestohlen hatten, und Answulf murmelte entsetzt: "Bei Praios, ich  hatte  die  Seuchenschriftstücke  des Alchimisten  im Geheimfach  des  Karrens  versteckt. Hoffentlich gelangen diese nicht in die falschen Hände!"   Anfang PER 1012 BF: Ortax untersuchte die Spuren  in der Nähe des gestohlenen Handelskarrens und schlussfolgerte auf Grund der Radabdrücke, dass dieser wohl am Vortag in Richtung Greifenfurt gebracht worden war. Arthilas schickte daraufhin ein telepathisches Gedankenbild an Wolfmir und Marcian und berichtete,  dass  die  Freischärlerinnen  noch  nicht  entdeckt worden waren.  Er  bat  außerdem Wolfmir darum,  nach  dem Handelskarren  und  den  dort  versteckten Dokumenten  zur Orkseuche Ausschau  zu halten.  Ortax  war  sich  außerdem  mittlerweile  ziemlich  sicher,  dass  die  Freischärlerinnen  nicht  im östlichen Wald  zu  finden  waren  und  schlug  vor,  noch  einmal  zum  Norrnkloster  zu  gehen,  um  das Waldgebiet im Norden zu durchsuchen. Die Reisenden erreichten das Kloster am frühen Nachmittag und folgten einem der von Holzfällern und Pilzsuchern angelegten Waldpfade ins Unterholz. Nach etwa einer Stunde  hörte  Arthilas  Kampflärm  und  kurz  darauf  stolperte  den  Gefährten  ein  ängstlicher  Holzfäller entgegen, der sich anschließend mit einem panischen Schrei in die nahen Büsche warf.   Answulf folgte dem jungen Mann, packte ihn am Kragen und fragte nach, was vor sich ging. "Wir werden von Mörderfrauen  überfallen.  Sie  schlachten  unsere  Orkmeister  ab!",  stammelte  der  Holzfäller  und Answulf befahl: "Bring uns da sofort hin!". Der Holzfäller  folgte dem Befehl und  führte die Freunde zu einer Lichtung  in der Nähe des Waldpfades, auf der sich etwa ein Dutzend Orks mit etwa gleich vielen menschlichen Kämpferinnen ein Gefecht auf Leben und Tod lieferten. Einige weitere Holzfäller kämpften dabei Seite an Seite mit den Freischärlerinnen, wurden aber von den Schwarzpelzen schwer bedrängt. Rondrian befahl seinen Waffenbrüdern, ebenfalls gegen die Orks anzukämpfen, und gemeinsam gelang es den Recken, Holzfällern und Freischärlerinnen, die Schwarzpelze bis auf den letzten Ork zu erschlagen. Von den menschlichen Streitern waren  zwar  viele  verletzt und mussten medizinisch versorgt werden, doch Todesfälle waren nicht zu beklagen. Die Anführerin der Freischärlerinnen stellte sich den Gefährten als Lysandra von Yeshinna vor. Sie trug die Rüstung einer Amazone, schien aber keinen Respekt für die Gebote  der  Herrin  Rondra  zu  haben,  und  zeigte  ihren  tiefen  Hass  auf  die  Schwarzpelze  bei  jeder Gelegenheit.  Rondrian missfiel  insbesondere,  dass  die  gefallene  Amazone  jenem  Ork  in  den  Rücken gefallen war, mit dem sich der Feldkaplan  im vergangenen Gefecht ehrenvoll duelliert hatte. Lysandra wiederum  bedankte  sich  auch  nicht  für  die  Unterstützung  und  machte  klar,  dass  sie  und  ihre Freischärlerinnen nicht auf die Hilfe dahergelaufener Männer angewiesen waren.   Answulf versuchte die kaltherzige Lysandra davon zu überzeugen, die Bürger der Stadt Greifenfurt bei der geplanten Befreiung zu unterstützen, doch diese lehnte ab: "Die Stadt zu befreien ist schwer genug, diese dann  aber  zu halten, bis das  kaiserliche Heer  sich hierher  geschleppt hat,  ist unmöglich.  Lieber 

Page 18: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

schlachten wir die Orks  in Wald und Wiesen, als uns  in diese Todesfalle  innerhalb der Stadtmauern zu begeben." Glücklicherweise mischte  sich  Lysandras  jugendliche Geliebte, eine Rondra‐Novizin namens Leogard, in die Verhandlungen ein und konnte zusammen mit Answulf die Amazone davon überzeugen, die Befreiung mit einem Scheinangriff auf das Norrntor zu unterstützen. "Unser elfischer Freund Arthilas wird  Euch  eine  telepathische  Botschaft  senden,  sobald  wir  Eure  Angriffskraft  brauchen",  erläuterte Answulf.  Die  Amazone  entgegnete:  "Nun  gut, wenn  ihr  in  den  Tod  laufen wollt, will  ich  euch  nicht hindern. Wir werden zwei Tage benötigen, um unsere Banner zu sammeln, und uns anschließend hier in der  Nähe  des  Klosterwalds  positionieren.  Wir  werden  Euer  Signal  erwarten  und  zum  Norrntor marschieren und dort Präsenz zeigen. Sobald aber die kommende Vollmondnacht ohne eine Nachricht von  Euch  verstrichen  ist,  werden  wir  wieder  gehen."  Die  Freischärlerinnen  wollten  sich  mit  ihren verletzten Waffenschwestern  in das dichte Unterholz der Wälder  zurückziehen. Einige Holzfällerinnen durften  sich  ihnen  anschließen, die männlichen Holzfäller waren  aber nicht  erwünscht. Rondrian war noch  immer  schlecht  auf  die  Amazone  zu  sprechen  und  hielt  die  Gruppe  an,  zusammen  mit  den Holzfällern zurück nach Greifenfurt zu gehen.   Etwa  eine  Stunde  vor  Sonnenuntergang  erreichten  sie  die  Stadt  und  konnten  das  halbe  Dutzend Holzfäller mit  einem  grunzenden  "das  da  Sklaven  für Oxbrull"  an  den  orkischen  Stadtwachen  vorbei schleusen und  zum Gasthof der Brohms  führen.  Sie  trafen  in der Gaststube  auf Marcian, Gernot und Rosina sowie auf Wolfmir, Darian und Kapo, die sich allesamt über die Rückkehr der Gefährten freuten. Bei Marcian  saßen  außerdem  zwei  recht  abgemagerte Männer, die eifrig  eine  Schüssel  Zwiebelsuppe leerten. Marcian erklärte, dass es sich bei den beiden um ehemalige Offiziere der Stadtwache handelte, die  heimlich  aus  dem  Sklavenlager  bei  der Grube  befreit werden  konnten  und  die Mobilisierung  der Grubenarbeiter unterstützen würden. Während Answulf von der Vereinbarung mit Lysandra berichtete, brachte Rosina die frisch rekrutierten Holzfäller in einem der Schlafsäle des Gasthauses unter.   Bei  einem  Becher  Wein  in  den  Abendstunden  erklärte  Wolfmir  seinen  Freunden,  welche  Pläne  er zusammen mit Marcian, Kapo und Darian  in den vergangenen Tagen geschmiedet hatte: "Wir werden uns  in den kommenden Morgenstunden mit einigen Rädelsführern  in einem Lagerhaus treffen, um die Befreiungspläne durchzusprechen. Der erste Angriff soll zur Mittagszeit  in knapp drei Tagen geschlagen werden. Das erste Ziel  ist dabei das Haus der Kapitäne,  in dem angeblich noch einige Waffen versteckt sind. Dieses Haus der Kapitäne ist in der Nähe der Grube und des Sklavenlagers. Wir können also parallel die Grubensklaven befreien und mit Waffen ausstatten. Zusammen mit den Rädelsführern sollte es uns dann gelingen, die strategisch wichtigen Standorte der Stadt zu besetzen und die Orks zu vertreiben. Wir haben  bereits  das  Lagerhaus  gesichert,  das  Haus  der  Kapitäne  und  die  Sklavenbarracken ausgekundschaftet und die günstigsten Laufwege zu den einzelnen Festungen ausgemacht. Die beiden Grubenarbeiter dort hinten sind Reo und Emeran, sie werden morgen auch bei dem Treffen mit dabei sein  und  später  die  befreiten  Sklaven  anführen. Wir  konnten  sie  heimlich  hierher  holen,  indem wir zunächst  Gernots  Vetter  Alrik  in  die  Sklavenbarracken  eingeschleust  haben.  Der  kennt  die  Sklaven persönlich und hat diese vermutlich bereits in die kommenden Pläne eingeweiht. Darian hat die Orks mit einem Zaubertrick abgelenkt und Kapo und  ich haben Reo und Emeran heimlich  in die Freiheit geführt. Feiner Kerl, dieser Alrik. Er tut mir aber auch ein bisschen  leid: Er wird  jetzt wohl gerade  in der Grube sitzen und Steine schlagen."   Wolfmir wandte sich außerdem an Arthilas: "Deine Gedankenbotschaft hat mich heute Morgen erreicht, mein  elfischer  Freund.  Kapo  konnte  den  gestohlenen Wagen  tatsächlich  vor wenigen  Stunden  beim Schankwirt Ugdalf  ausfindig machen. Anscheinend  hat Oxbrull  den Wagen  entdeckt  und  in  die  Stadt bringen  lassen. Wir wollten den Wagen wieder einfordern, aber das hat nicht geklappt: Oxbrull selbst war  im Roten Stier und hat klar gemacht, dass der Wagen  jetzt Ugdalf gehört." Kapo ergänzte hustend und schniefend: "Hab mir das vorhin noch mal näher angeschaut. Irgendwelche Papiere und ein Buch in 

Page 19: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

'nem Leinenbeutel waren da aber nicht mehr  in dem Wagen drin. Die hat wohl  jetzt  jemand anderes." Die Gefährten gingen früh zu Bett und schlichen sich am kommenden Tag nach und nach zum Lagerhaus ins  Fischerviertel,  um  das  Treffen  der  Rädelsführer  abzusichern.  Die  Rädelsführer  kamen  auch nacheinander  zum  Lagerhaus  und  als  alle  versammelt  waren,  begrüßte  Marcian  jeden  von  ihnen persönlich. Überraschend für Wolfmir und Darian war, dass der Henker Zerwas ebenfalls bei dem Treffen anwesend war, obwohl er nicht als Rädelsführer eingeplant war. Beide waren dem südländischen Henker in  den  vergangenen  Tagen mehrmals  begegnet,  da  dieser  ebenfalls  erstaunlich  oft  in  der  Nähe  des Hauses der Kapitäne herum spazierte. Darian sprach Zerwas an und  fragte, wer  ihn zu diesem Treffen geladen hatte. Der Südländer mit dem gepflegten Schnurbart und den geölten Haaren antwortete mit blumigen Worten:  "Der alte Glombo Brohm hat mir gezwitschert, dass der Widerstand der Stadt hier zusammen kommen wird.  Ich selbst bin noch nicht  lange  in dieser erstaunlich abgeschiedenen Region und mag auch kaum  jemanden kennen. Ich bin aber ein erfahrener Schwertkämpfer und möchte dabei helfen,  die  Orks  zu  Boron  zu  schicken."  Darian  hatte  das  Gefühl,  dass  Zerwas  mehr  war,  als  er vorzugeben  schien  und  fragte  ganz  offen,  ob  man  sich  nach  dem  Treffen  zu  einer  Tasse  Tee zusammensetzen könnte, um über weitere Details zu sprechen. Zerwas stimmte dem zu: "Ihr könnt auch gerne eure Freunde mitbringen,  ich habe einen hervorragenden Ongalo‐Hochland‐Tee anzubieten.  Ich habe  gehört,  dass  ihr  Handelsbeziehungen  nach  Tobrien  pflegt.  Ich  bin  immer  an  neuen Handelsbeziehungen interessiert."   Mittlerweile hatte Marcian das Wort an alle Anwesenden gerichtet und verkündete den großen Plan zur Befreiung der Stadt: "Werte Freunde, tapfere Streiter. Unsere  Informantin  in der Flussgarnison konnte berichten,  dass  die Orks  am  Tag  vor  dem  Vollmond,  also  in  zwei  Tagen,  in  die  umliegenden  Dörfer ausreiten werden, um die Tribute einzufordern. Sie werden zwar bis zum Abend zurückkehren, doch die Stadt wird deutlich weniger Feinde an diesem Tag beherbergen. Es ist an uns, diesen Tag zu nutzen, um Greifenfurt  im  Namen  des  Herrn  Praios  zurückzuerobern. Wir  werden  zu Mittag mit  dem  Aufstand starten: Die Filzarbeiter werden  sich  in der Nähe des Norrntors  sammeln und sich bereit machen, die Norrnfeste  anzugreifen. Wir  rechnen  außerdem damit, dass die  Freischärlerinnen  von  Lysandra einen Angriff  auf  das  Norrntor  unternehmen werden,  um  die Orks  unter  Druck  zu  setzen.  Darrag  und  die Handwerker  der  Neustadt  sollen  derweil  die  Schanze  belagern  und  bei  Gelegenheit  sogar  erobern. Ähnliches gilt für die Bauerngarde von Timon Elfenberg, die die Rondraburg im Süden angreifen soll. Die Fischer und Holzfäller sollen sich am Hafen positionieren und dafür sorgen, dass die Orks, die sich in der Flussgarnison befinden, nicht in die Stadt ausrücken können. Die Flussgarnison selbst ist zu gut gesichert für einen Angriff, wir kümmern uns später um diese. Meine Kämpfer und die Händler in der Innenstadt werden  mit  mir  am  Sonnenhügel  positioniert  sein  und  die  Grubenarbeiter  befreien.  Das  Haus  der Kapitäne wird außerdem unser Hauptquartier während dieses Tages sein. Alle Meldungen sollen dorthin übermittelt werden. Mit den Grubenarbeitern werden wir von dort aus einen Haupttross bilden, der die Befestigungen der Stadt aufsuchen wird und die verbliebenen Orks erschlagen wird. Bei der Koordination wird uns der Elf Arthilas mit  seinen  telepathischen Kräften behilflich  sein. Er wird euch Rädelsführern gedanklich die  Signale  zum Angriff übermitteln. Sobald die  Stadt  in unserer Hand  ist, müssen wir nur noch wenige Tage ausharren, bis das Kaiserliche Heer einmarschiert.  Ich habe bereits eine Brieftaube nach Wehrheim entsandt, um die kaiserlichen Truppen zu mobilisieren."   Die  Rädelsführer  hatten  noch  einige  Fragen  zu  den  Details  des  Plans,  insgesamt  schienen  aber  alle überzeugt und willig zu sein, die Befreiung der Stadt zu riskieren. Nach dem Treffen begleiteten Wolfmir, Answulf und Darian den Henker Zerwas zu dessen Wohnturm, um dort mit ihm bei einer Tasse Tee über die  Lage  der  Stadt  und  neue  Handelskontakte  zu  sprechen.  Eigentlich  wollten  die  drei  ihn  aber ausspionieren, da der  Südländer erst  seit wenigen Wochen  in Greifenfurt wohnte und  trotz orkischer Besatzung  munter  seinen  undurchsichtigen  Geschäften  nachging.  Zerwas  servierte  seinen  Gästen zunächst  eine  Flasche  Knoblauchschnaps,  den  er  wohl  von  Ugdalf  erstanden  hatte,  und  reichte 

Page 20: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

anschließend den Tee. Sein Wohnturm war  frisch renoviert und mit geschmackvollen Möbeln bestückt worden, die offenbar aus der Manufaktur der Brohms stammten. Zerwas war sehr redselig und erzählte, dass  er  aus  dem  Grandenhaus  Wilmaan  aus  Al'Anfa  stammte,  wegen  einiger  Differenzen  mit  dem Patriarchen aber nach Greifenfurt in den alten Henkersturm gezogen war. Der Turm gehörte wohl einst seinem Urgroßonkel. Mit einem Lächeln erläuterte er: "Die Orks haben diese Stadt nicht mehr  lange  in ihren Klauen, doch bis dahin  kann man  gute Geschäfte mit  Ländereien und  Immobilien machen, und beides finde  ich verlockend. Sobald wir die Schwarzpelze vertrieben haben, plane  ich eine Pelzzucht zu etablieren.  Ich werde hier wohl auch als Henker meinen Dienst tun, wie es meine Vorfahren taten.  Ich bin ein Virtuose mit dem Richtschwert und sehr geschickt darin, Männer und Frauen zu unserem Herrn Boron  zu  schicken."  Answulf  bemerkte  einen  silbernen  Ring mit  einem  speziellen  Rabensymbol  am Ringfinger des neuen Henkers und hatte das Gefühl, dieses  Symbol  schon  einmal  gesehen  zu haben. Konnte es sein, dass Zerwas ein Mitglied der Hand Borons war, die als die gefährlichste Meuchlergilde des ganzen Kontinents verrufen war?   Anfang PER 1012 BF: Nach dem Gespräch mit dem Henker Zerwas bereiteten  sich die Recken auf die bevorstehende Schlacht vor. Der Angriff auf die Orks  sollte ursprünglich am 9. Tag des Perainemonds stattfinden,  da  die  Orks  an  diesem  Tag  ausreiten  wollten,  um  im  Umland  Greifenfurts  Tribute einzufordern. Doch die Orks entschieden sich wohl auf Grund des schlechter werdenden Wetters dafür, bereits einen Tag früher auszureiten. Kapo bemerkte glücklicherweise die abziehenden Orks bei seinem morgendlichen  Stadtrundgang  und  eilte  sofort  zum  Gasthof  Brohm,  um  seine  Mitverschwörer  zu alarmieren. Marcian, der den Vormittag wohl bei seinem Freund Lancorian in der Fuchshöhle verbracht hatte,  stieß nach kurzer Zeit ebenfalls zu den Gefährten und  sprach: "Die Orks sind einen Tag zu  früh dran.  Das  könnte  unsere  Befreiungspläne  zwar  gefährden,  ich  sehe  aber  keine  Alternative.  als  den sofortigen Angriff. Mein  Freund Arthilas,  bitte hilf mir mit  deinen  Zauberkräften,  die Rädelsführer  zu alarmieren. Wir werden zuschlagen, wenn die Mittagssonne  im Zenit steht. Unser erstes Ziel wird das Haus der Kapitäne sein. Der Besitzer des Hauses, Goswin Klöppelbeck, hat im Keller wohl einige Waffen versteckt,  die wir  für  die  Rückeroberung  der  Stadt  brauchen werden.  Anschließend  befreien wir  die Grubensklaven und bewaffnen diese."   Die  Recken  eilten  daraufhin  zum  Haus  der  Kapitäne  und  spionierten  die Umgebung  aus:  Tatsächlich befanden sich deutlich weniger Orks  in der Stadt.  Im Haus der Kapitäne befanden sich sogar nur zwei Schwarzpelze,  die  Barracken  der Grubensklaven  und  die Grube  selbst  aber waren  von  jeweils  einem guten Dutzend Orks bewacht. Neben den Korogai‐Orks, die in etwa die Kampferfahrung und Ausrüstung von Straßenräubern hatten, befanden sich in den beiden Lagern aber auch mehrere Zholochai, die nicht nur für ihre Kampferfahrung und Brutalität bekannt waren, sondern auch schwere Rüstungen trugen und Kampfhunde mit sich führten.   Die Recken teilten sich in zwei Gruppen auf: Eine Gruppe stand Schmiere am Haupteingang des Hauses der  Kapitäne,  die  andere Gruppe  schlich  sich  in  den Hinterhof,  um  über  ein  Fenster  heimlich  in  das Gasthaus einzudringen. Während Arthilas  leise einen Fensterladen öffnete, um den Einstieg durch das Fenster des Schlafsaals zu ermöglichen, erschien wie aus dem Nichts der Henker Zerwas und grüßte die Gefährten  in seinem fröhlichen, südländischen Dialekt: "Boron mit Euch, meine Freunde. Die Orks sind bereits ausgeritten an diesem regnerischen Tag. Ich hatte mir schon gedacht, dass wir ebenfalls bereits heute unseren Befreiungsplänen nachgehen und habe auch das passende Werkzeug dabei." Der seltsam wirkende Südländer öffnete seinen Mantel und offenbarte mit einem breiten Grinsen ein  langes,  leicht gekrümmtes Richtschwert mit  einer  schmalen Klinge  aus  schwarzem  Stahl. Wolfmir hatte eine  solche Klinge bereits einmal gesehen: Sie stammte wohl aus Al'Anfa und wurde dort auch Boronsichel genannt. Zusammen mit Zerwas drangen die Gefährten ins Haus der Kapitäne ein und erschlugen die überraschten Orks in völliger Lautlosigkeit. Während Kapo das Obergeschoss sicherte, sprach Wolfmir den Wirt Goswin 

Page 21: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

an: "Marcian schickt uns, wir sollen die Waffen bereithalten. Wir befreien heute die Stadt von den Orks!" Goswin  nickte  und  zeigte  den  Recken  eine  Bodenklappe,  die  unter  einigen  zerbrochenen  Stühlen verborgen war. Die Stühle wurden beiseite geräumt und die Klappe frei gelegt, so dass die Gefährten in den Keller vordringen konnten. Interessanterweise war der gemauerte Keller von kreisrunder Form und schien  deutlich  älter  zu  sein  als  das  Haus  der  Kapitäne.  Man  konnte  wegen  der  nicht zusammenpassenden  Grundrisse  sogar  den  Eindruck  gewinnen,  dass  ursprünglich  ein  völlig  anderes Gebäude über dem Keller gestanden haben musste.   Im Keller fanden die Gefährten mehrere Kisten voller Waffen, Rüstungen und Lampen, die wohl einst der Stadtgarnison  gehörten.  Dazu  gab  es  auch  Verbandmaterial,  Wasserfässer  und  einige  eingelagerte Lebensmittel.  Darian  bemerkte  aber  auch  ein  kleines  Holztor  an  der  Ostwand  des  Kellergewölbes, welches schon sehr alt war. An das Tor waren vor langer Zeit Holzlatten genagelt worden und sicherten dieses somit gegen Eindringlinge. Darian erkundigte sich bei dem Wirt nach dem Tor, doch dieser meinte nur, dass das Tor bereits seit Jahrhunderten versiegelt war und wohl zu einem eingestürzten Gewölbe führte,  in dem es spuken sollte. Die Recken brachten die Waffen eilig  in die Schankstube, nahmen sich selbst  einige  Schwerter  und  legten  die  restliche  Ausrüstung  auf  den  Tischen.  Arthilas  und  Darian platzierten  sich  anschließend  an  den Westfenstern  des  Hauses,  von  denen  aus  das  Sklavenlager  der Grubenarbeiter  eingesehen  werden  konnte.  Etwa  ein  Dutzend  Schwarzpelze  bewachte  die  dortigen Grubensklaven. Unter den Sklaven befand sich auch Alrik Brohm, der die Befreiung seiner Kameraden sehnlichst erwartete.   Rondrian,  Kapo,  Ortax,  Answulf  und  die  beiden  bereits  befreiten  ehemaligen  Stadtwachen  Reo  und Emeran  positionierten  sich  auf  der  Straße  zwischen  dem  Sklavenlager  und  dem  Haus  der  Kapitäne. Zerwas, Marcian, Mechthild und Wolfmir schlichen sich derweil zum Nordwestende des Sklavenlagers, um den Orks in den Rücken zu fallen. Die Orks wurden allerdings misstrauisch und sprachen die Recken an:  "Was du  suchen hier?" Darian nahm dies  zum Anlass,  eine magische  Explosion  in die Reihen der Feinde  zu  schleudern.  Rondrian  stürmte  mit  gezücktem  Schwert  voran  und  stellte  sich  den  Orks wagemutig entgegen. Diese hetzten aber zeitgleich  ihre Kampfhunde auf den mutigen Feldkaplan. Die Kampfhunde  überwältigen Rondrian, warfen  diesen  zu Boden  und  schlugen  ihre  geifernden  Zähne  in dessen  Gliedmaßen.  Rondrian war  zum  Glück  gut  gerüstet  und  konnte  die  Hunde  von  seiner  Kehle fernhalten,  bis  Arthilas  die  tollwütigen  Tiere mit  seinem  Bogen  erlegen  konnte.  Kapo  warf  derweil einigen Sklaven ein Bündel Waffen zu und hielt die anderen Sklaven an, zu Darian ins Haus der Kapitäne zu  eilen.  Die  Grubensklaven  nutzten  die  Ablenkung  der  Orks  und  flohen  aus  dem  Lager.  Wolfmir, Mechthild und Marcian konnten die Orks im hinteren Bereichs des Lagers erschlagen und insbesondere Zerwas erwies sich als herausragender Kämpfer, der mit seiner Boronsichel durch die Reihen der Feinde tanzte und auch den kampfstarken Zholochai mit scheinbarer Leichtigkeit die hässlichen Köpfe von den Schultern schlagen konnte. Um Rondrian herum sah die Lage aber nicht so rosig aus: Alrik Brohm stellte sich  einem  Zholochai  entgegen  und wurde  von  diesem  getötet,  ein weiterer  Zholochai  setzte  Ortax schwer  zu  und wenige Augenblicke  später  kamen  drei weitere  Zholochai  vom  Sonnenhügel  herunter geeilt, um die Glatthäute zu bekämpfen. Die Zholochai schlugen grausam und taktisch geschickt zu. Erst konnten  sie  Ortax  niederschlagen,  dann Wolfmir  und  schließlich  auch Marcian.  Der  tapfere  Henker Zerwas kämpfte sich derweil mit beeindruckender Kampfeskraft weiter durch die Reihen der Feinde und konnte  zusammen  mit  Mechthild  und  dem  schwer  angeschlagenen  Rondrian  die  letzten  Zholochai niederstrecken.   Als die Orks besiegt waren, wurden die schwerverletzten Krieger ins Haus der Kapitäne gebracht und von Arthilas medizinisch versorgt. Für Alrik Brohm kam aber  jede Hilfe zu spät. Kapo und Mechthild eilten derweil weiter nach Norden, um die  Lage  in der  Stadt  auszukundschaften. Reo und  Emeran  rüsteten derweil  die  befreiten  Grubensklaven mit  den  Rüstungen  und Waffen  im  Haus  der  Kapitäne  aus  und 

Page 22: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

führten  diese  anschließend  ebenfalls  nach  Norden.  Die  Recken  bemerkten  erleichtert,  dass  die Norrnfeste  im Norden durch die gemeinsamen Bemühungen von Lysandras Freischärlerinnen und den Filzarbeitern  bereits  erobert  worden  war.  Darrag  und  die  Handwerker  der  Neustadt  konnten  auch erfolgreich  die  Schanze  im  Osten  einnehmen,  da  die  dort  stationierten  Orks  wohl  alle  über  die Wehrmauer  zur  südlichen  Rondraburg  geeilt  waren.  Kapo  konnte  von  einem  schwer  verletzten Obstbauern erfahren, dass der Angriff von Timon Elfenberg auf die Rondraburg nicht erfolgreich war: "Wir haben versucht, mit unseren Obstbaumleitern auf das Dach des Rondratempels zu kommen und haben gleichzeitig einen Ausfall über die Mauerstiege gewagt. Aber die Schwarzpelze waren stärker. Nur wenige von uns sind da wieder lebend rausgekommen. Und unser Herr Elfenberg ist ebenfalls gefallen." Die Recken  sammelten alle verbliebenen Truppen und berieten dann mit Marcian,  Lysandra, Reo und Emeran, wie man die Rondraburg einnehmen konnte. Nach kurzen Diskussionen wurde ein Kriegsplan zusammengestellt,  der  einen  Zangenangriff  auf  die  Rondraburg  vorsah.  Zerwas  erklärte  sich insbesondere bereit, sich während der ersten Angriffe heimlich auf das Torhaus der Burg zu schleichen und dieses zu öffnen.   Die Schlacht um die Rondraburg dauerte bis zum Abend und wurde mit schwerem Blutzoll auf beiden Seiten bezahlt. Letztlich gelang es Zerwas aber tatsächlich, das Torhaus zu öffnen, so dass die Burg nicht länger  gehalten  und  die  Schwarzpelze  erschlagen  werden  konnten.  Am  Abend  sammelten  sich  die wichtigsten  Rädelsführer  und  Truppenbefehlshaber  im  Haus  der  Kapitäne,  und  wurden  vom selbsterklärten  Stadtkommandanten Marcian  in  den  Kriegsrat  der  Stadt  aufgenommen. Marcian  trug mittlerweile stolz die Rüstung und den blutroten Mantel, der einst dem Kommandanten der Stadtwache gehört hatte, und berichtete, was ihm seine Späher zugetragen hatten: "Die Norrnfeste, die Schanze und mittlerweile  auch  die  Rondraburg  sind  wieder  in  unserer  Hand.  In  der  Stadt  selbst  gibt  es  noch vereinzelte Orkgruppen, die wir ausräuchern müssen. Die meisten Orks sitzen aber in der Flussfeste fest. Wir  haben Meldung  bekommen,  dass  bereits  einige  Schwarzpelze  von  den  Tributzügen  im  Umland zurückgekehrt  sind,  aber  von  unseren  Bogenschützen  auf  den Mauern  vertrieben worden  sind. Wir gehen davon aus, dass diese bald einen Gegenangriff schlagen werden, um die Stadt zurückzuerobern. Wir müssen heute Nacht also alle auf den Mauern bereit stehen. Die Flussgarnison ist hierbei ein großes Problem: Es haben sich wohl über 300 Schwarzpelze dort eingenistet und diese haben Zugang zu den dort eingelagerten Waffen und Nahrungsmitteln. Außerdem müssen wir eine Vielzahl unserer Truppen dafür aufwenden, die Flussgarnison zu belagern. Dieses Problem können wir aber erst morgen angehen. Mögen die Götter uns in dieser Nacht gewogen sein."   Tatsächlich wurden  in der kommenden,  regnerischen Nacht über mehrere Stunden hinweg sowohl die Nordmauer als auch die Schanze angegriffen. Mit Hilfe der mit Bögen bewaffneten Freischärlerinnen und dem großen Rotzenkatapult auf der Schanze konnten die Angreifer aber erfolgreich  zurückgeschlagen werden. Als der Morgen anbrach, schleppte sich der immer noch schwer verletzte Rondrian in den frisch befreiten Rondratempel,  um  dort  die Nähe  der Göttin  zu  erfahren. Der  Tempel war  nicht  im  besten Zustand und wurde von den Orks  in den vergangenen Monaten offenbar als Abtritt verwendet. Doch Rondrian  ließ  sich  nicht  beirren  und  betete  innig  zur  Kriegsgöttin  Rondra. Nachdem  er  seine Gebete beendet hatte, wurde er von der Freischärlerin Leogard angesprochen, die wohl ebenfalls die Nähe der Göttin  suche  und mit  einer  großen  Bürste  und  einem  Eimer Wasser  den Altar  des  Tempels  reinigen wollte. Rondrian erfuhr, dass Leogard vor dem Überfall des Orks als Novizin im Tempel gedient hatte und seit dem Untergang der Stadt im letzten Sommer mit Lysandra durch die Wälder gezogen war. Rondrian versprach,  die  geschändeten  Tempelhallen  bald  neu  einzusegnen,  erkundigte  sich  aber  auch  nach Lysandras  Geschichte.  Der  Feldkaplan  erfuhr,  dass  die  Amazone  Lysandra wohl  einst  sehr wohl  den Gesetzen  der  Herrin  Rondra  gefolgt  war.  In  der  Schlacht  um  Orkenwall  war  sie  unter  ihren Ordensschwestern aber wohl die einzige, die die Angriffswelle der Untoten überlebt hatte. Seitdem hatte 

Page 23: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

sie den Glauben an die Ehrenhaftigkeit der Kriegsgöttin verloren. Beiläufig berichtete Leogard auch, dass Lysandra wohl vor hatte, die Stadt mit den Freischärlerinnen bald zu verlassen.   Rondrian  war  bestürzt  darüber,  dass  Lysandra  die  dringend  für  die  Verteidigung  benötigten Freischärlerinnen aus Greifenfurt abziehen wollte. Er eilte durch die morgendlichen Regenschauer dieses regnerischen Tages und konnte Lysandra nach kurzer Suche bei der großen Grube auf dem Sonnenhügel finden.  Die  Amazone  beobachtete  nachdenklich,  wie  sich  die  von  den  Orksklaven  gegrabene  Grube allmählich mit Wasser füllte, als sich Rondrian an sie annäherte und sprach: "Ich habe gehört, dass Ihr die Stadt  verlassen wollt.  Diese Menschen  brauchen  aber  Euren  Schutz. Wollt  Ihr  diese  ihrem  Schicksal überlassen und dadurch zulassen, dass die Orks erneut über diese Region herrschen? Wo soll dies alles enden? Wollt Ihr denn wirklich den Rest Eurer Tage unvorsichtige Orks im Umland erschlagen, um Euch an der Herrin Rondra zu rächen? Oder wollt Ihr endlich erkennen, dass es auch in der dunkelsten Nacht den Mut  einer Heldin  braucht,  um  der Herrin  gerecht  zu werden?"  Lysandra wollte  dem  Feldkaplan scharf  antworten,  doch  plötzlich  schlug  ein  Blitz mit  donnerndem  Krachen  in  die  nur wenige Meter entfernte  Grube.  Die  erschrockenen  Gläubigen  traten  einige  Schritt  zurück  und  huldigten  der Sturmgöttin.  Rondrian  glaubte  Tränen  auf  Lysandras  Gesicht  zu  erkennen,  es  konnten  aber  auch Regentropfen sein. Nach kurzem Schweigen antwortete sie ihm entschlossen: "Wir werden bleiben. Die Rondraburg soll unsere Festung sein."   Gegen  Mittag  sammelte  sich  der  Kriegsrat  erneut  im  Haus  der  Kapitäne  und  Marcian  berichtete erleichtert:  "Wir  konnten  heute  Nacht  die Mauern  der  Stadt  halten.  Die  Orks  haben  deutlich mehr Kämpfer verloren als wir. Außerdem konnten viele neue Rekruten gewonnen werden, so dass wir mit etwa 500 Kämpfern für die Verteidigung der Stadt rechnen können. Die Flussgarnison ist noch immer ein wichtiges strategisches Ziel, doch wir müssen diese wohl belagern, bis das Kaiserliche Heer eintrifft. Wir rechnen damit, dass die Vorhut aus Wehrheim  in etwa einer Woche bei uns eintrifft. Bis dahin sollen weitere Bürger für die Bürgerwehr rekrutiert werden. Außerdem sollen die Lebensmittel in den Kontoren der Händler und den  Lagern der Wirtshäuser  für die Truppen beschlagnahmt werden." Überraschend mischte sich Kapo in die Besprechung ein und rief: "Wieso machen wir es nicht wie die Thorwaler? Diese haben  vor  wenigen  Jahren  die  Orks  aus  dem  Bodirtal  vertrieben,  indem  sie  den  Oberork  in  einem heiligen Duell  erschlagen  hatten. Die Orks  glauben wohl  an  solche Götterentscheidungen."  Rondrian befürwortete diese überaus rondragefällige  Idee, doch als er gerade erklären wollte, als Champion der Greifenfurter  gegen  den  Anführer  der  Orks  anzutreten,  kam  ihm  Zerwas  zuvor:  "Ein  solches  Duell verlangt  nach  einem  erfahrenen  Henker.  Ich  werde  den  Champion  der  Orks  mit  Freude  zu  Boron schicken!" Der südländische Henker, der in den vergangenen Schlachten bereits mehrfach durch seinen Heldenmut und sein Kampfgeschick auf sich aufmerksam gemacht hatte, wurde von den versammelten Rädelsführern mit Beifallsrufen zum Champion der Greifenfurter erklärt.   Zusammen  mit  Reos  Stadtwache,  Wolfmirs  Plänklern,  Lysandras  Freischärlerinnen  und  Marcians Bürgerwehr zog Zerwas zur Flussgarnison und forderte die dort stationierten Orks lautstark heraus: "Hört mich  an,  Ihr  kampfwütigen  Zholochai.  Weder  wir  noch  Ihr  wollen  die  nächsten  Wochen  damit verbringen, uns gegenseitig zu belagern und einen guten Kampf aufzuschieben. Ich fordere Euch deshalb auf, den Kampf um diese Stadt hier und  jetzt zu entscheiden!  Ich  fordere Euren stärksten Krieger zum heiligen  Duell  vor  den  Augen  Eurer  und  unserer  Götter.  Wer  auch  immer  dieses  Duell  für  sich entscheiden mag, soll die Herrschaft über Saljeth erlangen. Die unterlegenen Krieger hingegen sollen die Stadt verlassen." Die Schwarzpelze verlachten zunächst ausgiebig den aufmüpfigen Henker, doch dann zeigte sich ein besonders großer und blutrünstiger Zholochai auf der Mauer und rief: "Ich Unterhäuptling Oxbrull.  Ich  bester  Krieger  hier.  Ich  kämpfe  für  Brüder  zu  Ehre  von  Tairach  und  Brazoragh.  Ich  dich machen kopflos, dann ich dein Glatthautbrüder vertreiben wie Ungeziefer aus Saljeth!" Die Orks fuhren die  Zugbrücke  der  Flussgarnison  herunter  und  Oxbrull  stellte  sich  dem  bereits  wartenden  Zerwas 

Page 24: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

entgegen. Die Orks auf den Mauern der Flussgarnison jubelten Oxbrull entgegen und ebenso erschallten die Jubelrufe zu Ehren des Henkers aus den Reihen der Greifenfurter.   Nachdem der erste Jubel verklungen war, zog Oxbrull seine schwere Kriegsaxt und Zerwas schwang seine Boronsichel. Der Henker tänzelte an den großen Ork heran, schlug eine Finte und tanzte wie ein Blatt im Wind ein paar Schritte zurück. Oxbrull stürmte dem Henker hinterher, um diesen zu erschlagen, doch zur Überraschung der Zuschauer konnte Zerwas dem Angriff elegant entgehen und durchtrennte mit einem blitzschnell geführten Hieb die Kehle des Orks. Röchelnd brach der schwere Oxbrull zusammen und fiel plump  zu Boden. Während die Orks mit  Entsetzen das  Scheitern  ihres Champions erkannten und die Greifenfurter  in hellen  Jubel  ausbrachen,  riss  Zerwas die Rüstung  seines Gegners  auf und  schnitt mit einem Dolch dessen Herz heraus. Er hob das noch immer schlagende Herz deutlich sichtbar in die Höhe und  biss  dann  provokativ  ein  großes  Stück  davon  ab.  Der  Jubel  der  Greifenfurter  wurde  zu  einem überraschten Aufschrei in die sich die panischen Schreie der eingeschüchterten Orks mischten. "Bote von Tairach!", riefen die Orks in ihrer eigenen Sprache und waren offenbar so sehr verängstigt, dass viele von ihnen  sich  eilig  von  den Mauern  der  Flussgarnison  abseilten  und  zum  sicheren Westufer  der  Breite schwammen. Die Greifenfurter Truppen verloren keine Zeit und drangen durch das offene Torhaus in die Flussgarnison  ein.  Einige Orks  verschanzten  sich  in  den Häusern  und  Türmen  der Garnison,  doch  die Greifenfurter waren  in der Überzahl und  konnten die  verbliebenen  Schwarzpelze  in den  kommenden Stunden  aus  der  Flussgarnison  vertreiben.  Und  als  am  Abend  der  Vollmond  am mittlerweile wieder klaren Himmel  aufleuchtete,  befanden  sich  die  Flussgarnison  sowie  die  dortigen Waffen,  Pferde  und Lebensmittel ebenso wie alle anderen Wehranlagen der Stadt  fest  in der Hand der neuen Herren von Greifenfurt.   Mitte PER 1012 BF: Am ersten Tag nach der Befreiung der Stadt Greifenfurt setzte der Stadtkommandant Marcian  seinen  neuen  Kriegsrat  ein.  Zu  den Mitgliedern  des  Kriegsrats  gehörten Wolfmir,  Rondrian, Answulf, Gernot, Darrag, Lysandra, Gordonius, Reo und Zerwas, wobei Marcians Assistentin Sartassa die Schriften  führte.  Die  Sitzung  des  Kriegsrats  fand  im Markgrafenpalast  in  der  Flussgarnison  statt  und Marcian nutzte die Gelegenheit, um über die Lage der Stadt zu berichten: "In der vergangenen Nacht konnten wir Greifenfurt erneut gegen die Angriffe der Schwarzpelze verteidigen. Ebenso konnten wir die letzten Verstecke der Orks  in diesen Hallen  ausräuchern und  auch die  streunenden Kriegshunde  sind keine  Bedrohung  mehr. Mittlerweile  ist  es  uns  sogar  gelungen,  die  Uferbastion  auf  der  westlichen Flussseite  zu  befreien,  so  dass  der  Fährbetrieb  über  den  Fluss wieder  unter  unserer  Kontrolle  steht. Wenn die Götter mit uns sind, sollten wir die Stadt ohne große Verluste halten können bis das Kaiserliche Heer zu uns aufschließt."   Der  Kriegsrat  klopfte  zustimmend  auf  Holz,  anschließend  wurden  weitere  organisatorische  Details besprochen:  Marcian  legte  fest,  dass  die  Norrngarnison  der  Stadtwache  übergeben  und  unter  das Kommando  von  Hauptmann  Reo  gestellt  werden  soll.  Hauptmann  Emeran  bekam  die  Ostschanze zugesprochen,  Hauptfrau  Lysandra  sollte  die  Rondraburg  führen  und  die  Fischerstecher  von Meister Efferdan  sollten  die  Uferbastion  besetzen.  Die  Bewachung  der  Flussgarnison  und  der  benachbarten Mauerabschnitte  wurde  Gernot  Brohm  unterstellt.  Die  Brieftauben  und  der  überschüssige  Proviant sowie  alle  Pferde,  Transportmittel,  und  Waffen,  die  nicht  direkt  im  Einsatz  waren,  sollten  in  den Kammern der Flussgarnison eingelagert werden. Ebenso wurde  festgelegt, dass die Tempel der Herrin Rondra und des Herrn Ingerimm wieder errichtet werden sollten. Der Praiostempel, der im Rahmen der Grabungsarbeiten  der  Orks  komplett  abgetragen  wurde,  sollte  erst  nach  der  Orkkrise  neu  erbaut werden. Bis dahin sollte aber ein großer, goldener Gong neben dem Praiosschrein auf dem Sonnenhügel aufgestellt werden. Ebenso einigte man sich darauf, dass die Verstorbenen der vergangenen Schlachten im  Stadtpark  in der Nähe der  Stadtmauer bestattet werden. Anschließend beantragte Gernot Brohm, 

Page 25: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

den Magistrat  der  Stadt  wieder  einzusetzen,  damit  dieser  die  zivilen  Geschicke  Greifenfurts  regeln konnte.   Marcian war  entschieden  gegen diesen  Plan  und  verwies  auf  das Raulsche  Kriegsrecht, welches  dem rangobersten, anwesenden Soldaten des Kaiserlichen Heeres die uneingeschränkte Befehlsgewalt über das Kriegsgebiet  zugestand. Nach einer heftigen Diskussion über die Befugnisse des Magistrats wurde eine Abstimmung durch den Kriegsrat beantragt. Marcian unterbrach daraufhin die Sitzung und sprach im Vertrauen mit Answulf, Rondrian und Wolfmir: "Werte Freunde, mir scheint, Ihr habt Euch noch nicht gänzlich entschieden, wie  Ihr  zur Wiedereinsetzung des Magistrats  stehen  sollt.  Ich  kann Euch  sagen, dass der Magistrat vor allem von den Patrizierfamilien Brohm und Elfenberg dominiert wird und diese vor  einem  halben  Jahr  beschlossen  haben,  die  Stadt  an  die Orks  auszuliefern,  nur  um  ihren  eigenen Wohlstand zu sichern. Die Stadt Greifenfurt muss aber nicht nur ihr eigenes Wohl im Auge behalten, das Kaiserreich  selbst muss  in  diesem  Fall  vor  weiterem  Schaden  geschützt  werden.  Ein Magistrat,  mit welchen Befugnissen auch  immer, wird dem Kriegsrat nur  im Wege stehen und  im Zweifel die Mission gefährden!"  Answulf,  Rondrian  und  Wolfmir  ließen  sich  von  Marcian  überzeugen  und  stimmten anschließend  im Kriegsrat gegen die Wiedereinsetzung des Magistrats. Die Stimmung  im Kriegsrat war daraufhin stark angesäuert, dennoch gab es weitere Entscheidungen zu treffen: Späher sollten in alle vier Himmelsrichtungen  ausgeschickt  werden,  um  die  Stellungen  der  Schwarzpelze  auszukundschaften. Ebenso  sollten  vereinzelte  Botenreiter  nach  Wehrheim  und  Oberangbar  geschickt  werden,  um Lageberichte aus dem Kaiserreich einzuholen.   Wolfmir  erklärte  sich  bereit,  mit  einigen  seiner  Vertrauten  nach  Westen  auszureiten.  Die  Plänkler nutzten die Fähre, um an das andere Ufer der Breite zu kommen und ritten dann auf der Reichsstraße nach Westen  in Richtung Thuranien. Nach etwa einer Stunde bemerkten die Plänkler die Spuren eines großen Versorgungszugs der Orks, der vor wenigen Tagen kurz vor Greifenfurt die Straße verlassen hatte und nach Norden gezogen war. Wolfmir und seine Gefährten verfolgten die Spuren bis zu einer Furt  in der Nähe des Norrnklosters und erkannten, dass das Perainekloster von den Orks eingenommen worden war. Zelte  vor den Klostermauern deuteten darauf hin, dass ein ganzes  feindliches Regiment dort ein Lager aufgeschlagen hatte und die Straße nach Norden kontrollierte. Wolfmirs Späher ritten zurück zur Reichsstraße und  folgten dieser weiter nach Westen. Am  frühen Nachmittag erreichten sie den Weiler Breitenbruck,  der  von  einem  kleinen  Trupp Orks  besetzt war. Die wenigen Orkbesatzer  konnten  den Weiler wohl nur deshalb unter Kontrolle halten, weil dieser vor allem von Alten und Kindern bewohnt war, die die Felder bestellen und das Vieh hüten sollten. Wolfmirs Plänkler nutzten die Gunst der Stunde und  griffen  die  Besatzer  direkt  an.  Die  Orks  konnten  den  deutlich  besser  gerüsteten  Reitern  kaum standhalten und wurden vernichtend geschlagen. Wolfmir wandte sich an die erstaunten Breitenbrucker: "Greifenfurt ist wieder in der Hand der Kaiserlichen! Packt eure Habe, euer Korn und euer Vieh und eilt zur  Stadt,  damit  ihr  dort  Zuflucht  finden  könnt."  Die  Dorfbewohner  jammerten  zwar,  dass  sie  ihre Gehöfte  nicht  den  Orks  überlassen  wollten,  aber  keiner  wagte  es,  sich  den  Befehlen  Wolfmirs  zu widersetzen.   Wolfmir  ritt  mit  seinen  Gefährten  weiter  nach  Westen.  Und  als  die  Sonne  allmählich  hinter  dem Finsterkamm verschwand, bemerkte Ortax ein Banner von Thuranischen Plänklern, welches sich mühsam die  Straße  entlang  schleppte. Die  Thuranischen Plänkler waren  allesamt  ausgehungert und  erschöpft, kaum einer der Soldaten war älter als 16 Sommer, einige waren sogar nur halb so alt. Der Anführer des Banners stellte sich als Wenzel vor und sprach mit brüchiger Stimme: "Wir kommen aus Hesindelburg. Haben  die  Stadt  Anfang  Phex  zurückerobert.  Dann  kamen  die  Orks.  Unzählige  Orks, mit  Ogern  und Kriegsgeräten. Die haben die Stadt  in Schutt und Asche gelegt. Wir sind von Thuranien abgeschnitten!" Wolfmir konnten den jungen Hauptmann beruhigen und erklärte, dass Greifenfurt kürzlich von den Orks befreit worden war und die Thuranier aufnehmen würde. Hauptmann Wenzel sprach seinen Dank aus 

Page 26: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

und schlug mit seinen Kameraden ein Nachtlager auf, um sich vom anstrengenden Marsch zu erholen. Wolfmir wollte allerdings noch ein wenig weiterreiten und entdeckte in nur etwa fünf Meilen Entfernung zwei Schwadronen  leichte Kavallerie der Schwarzpelze. Diese Vorhut der Orks  schlug glücklicherweise ebenfalls ein Nachtlager auf, so dass Wolfmir eilig zurück zu den Thuranischen Plänklern reiten konnte und diese in einem langen und beschwerlichen Nachtmarsch bis nach Greifenfurt führte. Zusammen mit den Breitenbrucker Bauern erreichten die Gefährten und die Thuranischen Burschen die Stadtmauern von Greifenfurt. Wolfmir und  seine Kameraden erstatteten Bericht und  ruhten  sich anschließend den Rest des Tages aus. Weitere Späher meldeten derweil, dass die Orks zwar auch eine größere Stellung bei Orkenwall  aufgebaut  hatten,  die  südliche  Uferstraße  nach  Oberangbar  war  allerdings  noch  nicht blockiert.   Am kommenden Morgen richtete Answulf einen Morgengottesdienst zu Ehren des Herrn Praios auf dem Greifenplatz  aus.  Er  predigte  vom  Licht  des  Herrn  Praios  und  nicht wenige  Bürger  der  Stadt waren gekommen, um dem Götterfürsten  zu huldigen. Überraschenderweise wurde die Zeremonie aber von einem geistig umnachteten Obdachlosen gestört, der aufgeregt auf Marcians  roten Mantel zeigte und immer wieder  "Der  Tod  trägt  rot!" brabbelte.  Eine  ältere  Frau entschuldigte  sich  für den  "einfältigen Uriens" und brachte den verwirrten Mann beiseite, damit dieser Ruhe gab. Answulf wollte den Vorfall genauer  untersuchen  und  sprach  die  alte  Frau  nach  dem  Praiosdienst  an.  Diese  erklärte  ihm  mit bedächtiger Stimme: "Der verrückte Uriens war einst unser Praios‐Kaplan hier am Greifenplatz. Als die Orks  die  Stadt  einnahmen,  hat  er  den  Tempel  verteidigt. Als  der  Tempelvorsteher  exekutiert wurde, musste er zusehen und dessen Gedärme essen. Und als der Tempel niedergerissen wurde, hat er wohl völlig  den  Verstand  verloren.  Seitdem  lebt  er  auf  der  Straße  und  spricht  immer wieder  die  gleichen rätselhaften Phrasen wie  'Der Tod  trägt  rot!' und  'Bringt die Brüder heim!' und was  sonst noch alles. Armer  Bursche..."  Answulf wollte  selbst  den  verrückten  Uriens  aufsuchen  und  fand  diesen  in  seiner Wohngasse, wo er  in  fast kindlicher Manier mit ein paar Steinplatten spielte, als wollte er ein Mosaik legen. Answulf  sprach den ehemaligen Kaplan an, doch dieser murmelte nur  seine  sinnlosen Phrasen. Dann  jedoch  packte  er  Answulf  am  Ärmel  und  zog  ihn  zur  nahe  gelegenen  Villa  Elfenberg.  Vom verschlossenen  Gusseisentor  aus  konnte  Answulf  den  nach  wie  vor  prächtig  gepflegten  Garten  der Elfenbergs sehen und dazu auch ein uraltes, monumentales Relief, welches die hintere Hauswand der Stadtvilla  fast  vollständig  bedeckte.  Das  Relief  war  allerdings  vom  Zahn  der  Zeit  schwer  beschädigt worden. Mit Mühe  konnte man  einen  von  unzähligen  Pflanzen,  Büschen  und  Bäumen  bewachsenen Hügel sehen,  zu dessen Füßen ein breiter Fluss  floss. Auf dem Hügel sah man einen Zwerg und einen Elfen,  die  beide  siegreich  ihre  Waffen  zum  Himmel  streckten.  Unter  ihnen  waren  erschlagene Schwarzpelze zu erkennen. Answulf erkannte aus der Ferne auch eine  Inschrift, war aber zu weit weg, um die Buschstaben genau entziffern zu können.   Plötzlich hörte er ein Räuspern neben sich und erblickte eine  in Trauer gekleidete, ältere Dame. Es war Clarissa Elfenberg, die Herrin des Hauses, die kürzlich  ihren Sohn Timon an die Orks verloren hatte. Sie zeigte  auf  den weinerlichen Uriens  und  sprach:  "Hat  der  nervige  Bursche  schon wieder  versucht,  in unseren Garten einzudringen?" Answulf verneinte dies und stellte sich der Dame vor. Dann fragte er die Patrizierin nach dem Relief und erfuhr, dass  sich dieses wohl  schon  seit über 1.000  Jahren an diesem Platz  befand.  Clarissa  ergänzte  fast  schon  stolz:  "Wir  haben  das  Relief  schon  von  vielen  Gelehrten untersuchen lassen, die dessen Ursprung in den dunklen Zeiten vermuten. Die Inschriften, die sowohl im alten  Elfischen  als  auch  im  alten  Zwergischen  angebracht  sind,  sprechen  von  einem  Ehrendenkmal, welches ein Bündnis aus alter Zeit bezeugen soll. Mir scheint, dass Elfen und Zwerge wohl schon einmal hier  gegen die  Schwarzpelze  gekämpft haben.  Interessant  ist wohl dieser dunkle Bereich  am unteren Rand des bewachsenen Hügels, dort wo große Teile des Reliefs fehlen. Es sieht aus, als wäre etwas unter dem Hügel verborgen." Answulf blickte zunächst auf das Relief und dann zu der fünf Schritt tiefen Grube auf  dem Greifenplatz,  die  von  den Orks  ausgehoben worden war.  Plötzlich  erinnerte  er  sich  an  den 

Page 27: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

mysteriösen  Kellerzugang  im  Keller  des  Hauses  der  Kapitäne.  "Was  da  wohl  vor  den  Augen  Praios verborgen sein mag?", fragte sich der Inquisitor und beschloss, zusammen mit Ortax, Kapo, Darian und den anderen Gefährten diesen Keller zu durchsuchen.   Mit Brechstangen, Schaufeln und  ihren Waffen wanderten die Freunde den Sonnenhügel hinunter und besuchten den Wirt Goswin und dessen Frau. Sie machten dem verwirrten Wirt klar, dass sie  im Keller nach Orks Ausschau halten mussten, stiegen zusammen die Stiege in den Keller hinab und durchbrachen anschließend mit ihrem Werkzeug die Holzlatten, die einen mysteriösen Gang versperrten. Der Gang war höher als ein Mann und auch unerwartet breit,  so dass man eine Handkarre bequem hindurchführen konnte.  Das  Mauerwerk  bestand  aus  grob  gehauenen  Felsstücken,  die  ineinander  verkeilt  waren. "Unebener  Boden,  krumme  Wände,  primitive  Deckenabstützung.  Ein  Wunder,  dass  das  noch  nicht eingestürzt  ist. Das  ist definitiv keine Zwergenarbeit...", murmelte Ortax und entzündete eine weitere Fackel. Die Gefährten  folgten dem Gang und stellten  fest, dass dieser  in ein größeres Gewölbesystem mündete,  welches  größtenteils  bereits  eingestürzt  war.  Die  Gewölbe  waren  allesamt  in  einem miserablen  Zustand  und  nicht  selten  fanden  die  Gefährten  Stoffreste,  Holzstücke,  Knochen  und Tonscherben  in den Trümmern. Die Gefährten zeichneten einen Plan der Anlage und stellten fest, dass diese  wie  ein  Boronrad  aufgebaut  war:  Ein  großer  Rundgang  spannte  sich  wie  ein  Rad  unter  dem Sonnenhügel, einige wenige Gänge  zeigten von diesem Rad nach außen ab und  führten  in kreisrunde Keller, die allerdings nicht mit den darüber  liegenden Gebäuden verbunden waren. Weitere Kammern und Gänge befanden sich  innerhalb des Boronrades. Vorsichtig erkundeten die Gefährten einen Raum nach  dem  anderen  und  fanden  im  Südwesten  der Anlage  eine  vergessene  Schatzkammer,  in  der  vor allem  Kunsthandwerk,  Urnen,  verblichene  Ölgemälde  und  Geschmeide  gelagert  waren.  Die Schatzkammer war  in keinster Weise gegen Diebstahl gesichert und wurde wohl vor  langer Zeit nicht mehr betreten.  Kapo  vermutete, dass  es  sich wohl um Hehlerware handelte, die  vor  langer  Zeit hier vergessen wurde.  In  einer weiteren Kammer  im Norden  fanden die Gefährten  eine  alte Gruft,  in der mehrere Dutzend Leichname sowohl in Wandnischen als auch in schmucklosen Särgen deponiert worden waren. Ein großer, zentraler Sarkophag trug dabei das Wappen des Greifen und war sogar mit einer gut lesbaren Grabplatte ausgestattet. "In praiosgefälligem Gedenken an Aldec Praiofold  II von Wertlingen, geboren im Jahr 272, gestorben im Jahr 348..." las Answulf vor und ergänzte "... war das nicht der erste Priesterkaiser?" Die Gefährten wollten die Grabruhe des Praiosheiligen nicht  länger stören und  folgten einem vor langer Zeit freigelegten Gang, der mit Brettern und Steinen gegen weiteren Einsturz gesichert worden war. Der Gang  führte zu einem ehemaligen Fensterloch, welches von der anderen Seite durch ein Holzbrett verdeckt war. Ortax trat das Holzfenster ein und bemerkte, dass es sich in Wirklichkeit um die  Rückwand  eines  Schranks  handelte,  der  durch  den  Tritt  nach  vorne  fiel  und  krachend  zu  Boden stürzte.   Die Kammer,  in der sich der Schrank befand, war einerseits sehr sauber und gut gepflegt. Andererseits befanden  sich mehrere  Kisten mit  konservierten  Lebensmitteln,  Tiegel mit  eingelegtem Gemüse  und bauchige Weinflaschen. Die Gefährten hörten aufgeregte Rufe und kurz darauf wurde eine abgesperrte Holztür  am  anderen  Ende  der  Kammer  entriegelt.  Der Öffner  der  Tür  und mutmaßliche  Eigentümer dieser Vorratskammer war Lancorian, der die Gefährten überrascht anschaute und empört fragte: "Was habt Ihr hier in meinen Kellern zu suchen?" Answulf ließ sich nicht von dem aufgeblasenen Illusionisten beeindrucken und  fauchte  zurück:  "Gemäß Beschluss des Kriegsrats  zu Greifenfurt  sind größere  Lager von  Lebensmitteln  für die Kriegsbemühungen  in die  Flussgarnison einzulagern.  Ihr habt diesen Befehl offensichtlich ignoriert. Wir werden diese Lebensmittel beschlagnahmen und Kommandant Marcian Euer Fehlverhalten melden."  Lancorian  war  empört  über  diese  Vorgehensweise  und  forderte  Answulf  zu einem Duell, um die Auseinandersetzung zu entscheiden. Rondrian nahm die Aufforderung zum Duell an, allerdings  war  dem  Feldkaplan  aber  klar,  dass  Lancorian  kein  geübter  Kämpfer  und  erst  recht  kein würdiger Gegner war. Der Grangorer Illusionist  ließ sich aber nicht entmutigen. Stattdessen  ließ er sich 

Page 28: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

seinen Duellmantel und seinen Degen bringen, machte sich  in einem Schminkspiegel die Haare zurecht und  lästerte dabei ausgiebig über Marcian, den er wohl von  früher kannte. Als Lancorian endlich  zum Duell bereit war,  ließ  ihn Rondrian  zunächst einige  schwächliche Hiebe austeilen, dann  schlug er den Freudenhausbesitzer kurzerhand mit einem gezielten Faustschlag nieder. Lancorian gab sich geschlagen, richtete aber noch eine verschnupfte Warnung an Rondrian und Answulf: "Glaubt ja nicht, dass Marcian weiß was er tut. Die  letzten Lakaien, die blind seinen kurzsichtigen Befehlen gefolgt sind, sind auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Euch wird es bestimmt nicht besser ergehen."   Wolfmir holte daraufhin einige Männer von der nahe gelegenen Norrngarnison und ließ die Lebensmittel und die mutmaßliche Hehlerware  in die Flussgarnison bringen. Der Kriegsrat wurde ebenfalls über die Entdeckungen unter dem Sonnenhügel  informiert. Ortax und Kapo wollten derweil herausfinden, ob es weitere Verbindungsgänge von den rahjagefällig eingerichteten Freudenkellern der Fuchshöhle zu dem alten Gewölbe gab. Tatsächlich  fand Ortax  in der Waschkammer der Kurtisanen hinter einer hölzernen Wand einen weiteren Zugang, der wieder zu einem Teil des Rundgangs führte. Allerdings bargen die von dort abgehenden und größtenteils unter Erde begrabenen Ruinen  keine weiteren Geheimnisse. Ortax prüfte nochmals seine Skizzen zu der Anlage und bemerkte eine Lücke in der Anordnung der Räume, die sich  zwischen  der  Praiosgruft  und  den  Kellern  der  Fuchshöhle  befand.  Er  untersuchte  diese  Stelle genauer und entdeckte einen zugemauerten Raum. Mit Kraft und Werkzeug gelang es dem Zwerg nach mehreren  Stunden, das Mauerwerk einzureißen und den  verborgenen Raum  freizulegen. Erschrocken stellten die Gefährten fest, dass es sich um einen alten Tairachschrein handelte, der mit Opferschädeln und einem Opferaltar ausgestattet war. Auf dem Opferaltar  fand Darian eine orkische Opferklinge aus magisch gehärtetem Kupfer. Er untersuchte die Klinge und sprach: "Diese Klinge scheint mir extrem alt zu sein. Außerdem  ist sie verzaubert mit urtümlicher Magie. Die Art der Verzauberungen kann  ich aber nicht  ausmachen." Von dem Tairachschrein  aus  gab es  keine weiteren Geheimgänge. Dennoch  fragte sich Ortax,  ob  es wohl  in  der Mitte  der  Anlage weitere  Räumlichkeiten  gab.  Er  suchte  deshalb  eine geeignete Stelle und grub über mehrere Tage hinweg einen Tunnel durch die weiche Erde, die anfangs von der Zusammensetzung an Waldboden erinnerte, dann aber mehr und mehr mit Steinen, Trümmern und Wandstücken  durchsetzt war. Die Grabungsarbeiten wurden  zunehmend mühevoller  als  sich  die Erde  allmählich  in  Gestein  verwandelte  und  nach  etwa  einer  Woche  stieß  der  Zwerg  auf  eine Granitschicht, die wohl natürlichen Ursprungs war und vermutlich den Kern des Sonnenhügels bildete.   Missmutig warf Ortax seine Spitzhacke beiseite, wusch sich die Erde vom Gesicht und brummelte: "Eine Woche Buddelarbeit umsonst. Wir können  froh sein, dass uns da kein Gang auf den Kopf gestürzt  ist. Was auch immer die Orks da suchen, hat Väterchen Angrosch wohl gut versteckt."   Ende PER 1012 BF: In den kommenden Tagen wurde die Lage in Greifenfurt nicht wesentlich besser. Ein Botenreiter aus Oberangbar brachte  zwar Nachricht, dass das Kaiserliche Heer bald eintreffen würde, aber die Greifenfurter mussten sich dennoch auf eine wochenlange Belagerung einstellen. Einige Bürger, vor  allem  die  alten  und  gebrechlichen,  verließen  daraufhin  die  Stadt  in  Richtung  Süden. Stadtkommandant  Marcian  ließ  außerdem  im  großen  Stil  Lebensmittel,  Tierfutter  und  Lampenöl beschlagnahmen,  um  die  Versorgung  der  Stadtbewachung  sicherzustellen.  Insbesondere  die alteingesessenen Patrizierfamilien hatten aber kein Verständnis für diese Maßnahmen und protestierten regelmäßig  vor  der  Flussgarnison.  Späher  berichteten,  dass mittlerweile  über  1.000 Orks  im Umland Stellungen  errichtet hatten. Besonders besorgniserregend war dabei, dass  sich  eine  ganze Herde  von Streitogern bei Orkenwall niedergelassen hatte. Die als Menschenfresser bekannten Oger nutzten  ihre gewaltige Stärke, um mehrere schwere Katapulte durch die Lande zu ziehen. Die monströsen Unholde waren  aber  wohl  auch  bestens  geeignet,  diese  so  genannten  Ogerlöffel  mit  Munition  zu  beladen. Marcian führte den Kriegsrat mit strenger Hand, doch da er einen Aufstand der Alteingesessenen gegen 

Page 29: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

seine Herrschaft befürchtete, entsandte er den verschlagenen Kapo und die unscheinbare Sartassa, um die Stadtvilla von Glombo Brohm zu observieren.   Tatsächlich  konnten  beide  Spione  berichten,  dass  sich  neben  den  Familienangehörigen  und Manufakturarbeitern auch andere wichtige Bürger der Stadt regelmäßig beim alten Brohm trafen. Unter den  Gästen  befanden  sich  der  Stadtschreiber  Zaberwitz,  der  Handwerksmeister  Darrag,  der  Henker Zerwas,  sowie  Reo  und  Emeran,  die  beide  Hauptmänner  der  Stadtwache  waren.  Kapo  bemerkte insbesondere,  dass  der  Stadtschreiber  regelmäßig  Dokumente  und  Schreibutensilien  aus  dem nahegelegenen Rathaus zu Glombo Brohm brachte, dann kurz in sein eigenes Häuschen am Greifenplatz einkehrte und anschließend wieder  ins Rathaus  schlenderte. Dem alten Kapo kam dies verdächtig vor und er nutzte einen günstigen Moment, um sich das Häuschen des Stadtschreibers genauer anzusehen. Er fand dabei auf dem Dachboden eine ganze Kiste voller Dokumente, die belegten, dass der Magistrat sich regelmäßig heimlich traf und Beschlüsse fasste. Kapo überflog die Aufzeichnungen und stellte fest, dass der Magistrat wohl Mittel  suchte, die Befugnisse des  Kriegsrats  einzuschränken oder diesen  gar aufzulösen.  Ebenso  fanden  sich Hinweise, dass die Alteingesessenen nach Möglichkeiten  suchten, die eigene Habe vor Beschlagnahme zu schützen. Kapo fiel allerdings auch eine Erweiterung des städtischen Grundbuchs auf: Zerwas hatte wohl in den letzten Wochen vier Häuser auf dem Sonnenhügel erstanden, deren Vorbesitzer vor den Orks geflohen waren.   Im  Laufe  der  kommenden  Wochen  stellte  sich  eine  seltsame  Routine  in  Greifenfurt  ein.  Die Wachschichten forderten ihren Tribut, die Rationierung der Lebensmittel drückte auf die Stimmung und die scheinbar endlosen Truppenaufmärsche der Schwarzpelze zehrten an den Nerven der Greifenfurter. Kapo  nutzte  die  Tage  im  Ingerimmmond,  um  sich  Zerwas'  neu  erworbene  Immobilien  genauer anzusehen, er  konnte aber nichts Auffälliges entdecken. Arthilas wurde nach wie  vor  im Hospital des Heilers  Gordonius  gebraucht  und  Rondrian  verbrachte  seine  Zeit  damit,  zusammen mit  der  Rondra‐ Novizin Leogard den neu eingeweihten Rondra‐Tempel zu leiten, die Stadtmauern mit zu bewachen und Waffenübungen für die Bürgerwehr zu organisieren.  Insbesondere hörte Rondrian Gerüchte von einem verfluchten Mauerabschnitt  an  der  Uferseite  südlich  der  Flussgarnison.  Der  Fischermeister  Efferdan konnte  dazu  genauere Details  berichten:  "In  der  letzten Woche des  Ingerimm‐Mondes  sind dort  vier unserer Wachleute  in die Tiefe gestürzt. Niemand von den benachbarten Türmen hat Details gesehen, aber es  scheint  so  zu  sein, dass die  vermissten Wachleute  von der Mauer gestoßen oder geschossen worden  sind. Man  hat  von  den  Verschollenen  nur  die  panischen  Schreie  gehört,  aber  keine  Spuren gefunden. Nicht einmal ein Leichnam konnte geborgen werden." Rondrian und Leogard konnten nicht zulassen, dass dieser Mauerabschnitt unbewacht blieb und beide meldeten sich  freiwillig, um dort die Nachtwache  zu übernehmen.  Leogard und Rondrian  kamen  sich  in dieser Zeit deutlich näher und die anfänglichen,  rondragefälligen  Schwertübungen  in  den  Morgenstunden  wurden  alsbald  um rahjagefälliges Ringen erweitert.   Ortax wollte unterdessen herausfinden, was es mit den verschütteten Ruinen unter dem Sonnenhügel auf sich hatte. Er führte weitere Grabungen in der Nähe des verborgenen Tairachscheins durch, konnte aber außer Erde und Dreck keine neuen Erkenntnisse bergen. Darian hingegen hatte mittlerweile den orkischen Opferdolch ausgiebig untersucht und kam zu dem Schluss, dass es sich um eine Ritualwaffe handelte,  die  ihre  Kraft  aus  dem  Blut  ihrer  Opfer  zog  und wohl  in  der  Lage war,  dämonische  oder vielleicht sogar alveranische Wesenheiten zu töten. Zusammen mit Answulf und Wolfmir suchte er das Stadtarchiv  im Rathaus  auf, um  in den dort  gelagerten Unterlagen die Vergangenheit Greifenfurts  zu recherchieren. Das  Stadtarchiv befand  sich unter der  Führung des  Stadtschreibers Zaberwitz, der  sich aber  als nicht besonders hilfsbereit erwies. Dies war  auch nicht  verwunderlich, da der  Stadtschreiber dem alten Glombo Brohm wohl treu ergeben war und vermuten musste, dass Answulfs Recherchen  im Auftrag  Marcians  ausgeführt  wurden  und  gegen  den  Magistrat  gerichtet  waren.  Der  eingebildete 

Page 30: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Stadtschreiber wagte es allerdings nicht, den Gefährten den Zugang zum Stadtarchiv zu verweigern, bat diese aber, nichts durcheinander zu bringen. Als Answulf die Tore zum Archiv öffnete, traf ihn allerdings fast der  Schlag: Kisten, Pergamente, und  Schriften  lagen  in  großen  Stapeln  aufeinander, die  teilweise miteinander  verwachsen  waren.  In  den  Regalen  lagen  verstaubte  Weidenkörbe  mit  ungeordnetem Papier und es gab weder einen  Index noch eine  irgendwie erkennbare Ordnung, nach der die Schriften sortiert waren.  "Wir werden Wochen brauchen, um hier  erst  einmal  aufzuräumen!",  ächzte Wolfmir, doch  Darian  ließ  sich  nicht  entmutigen  und  nahm  sich  einen  Korb  voller  Dokumente,  um  diese  zu durchforsten.   Erst nach mehreren Wochen intensiver Recherche konnte Darian berichten, was die Gefährten über die Geschichte der Stadt Greifenfurt herausgefunden hatten: "Die Stadt wurde wohl vor über 1.500 Jahren zur Zeit der Horasischen Kaiser gegründet und hieß damals noch Saljeth. Angeblich war ein heiliger Greif aus dem Gefolge des Herrn Praios hier erschienen. Allerdings haben die Schwarzpelze die Stadt im ersten Orkensturm vor gut 1.100  Jahren erobert und zu einer Kultstätte  für  ihren Blutgott Tairach umgebaut. Die  Stadt  konnte  erst  100  Jahre  später  von  Brigon‐Horas  befreit  werden,  vermutlich  mit  der Unterstützung  von Elfen und Zwergen. Außerdem  soll bei dieser Schlacht erneut ein Greif erschienen sein. Nach dieser Schlacht wurde die Stadt unter dem Namen Greifenfurt wiedergegründet. Zur Zeit der Priesterkaiser wurde Greifenfurt mit der Reichsstraße an Wehrheim angeknüpft und entwickelte sich zu einem  Handelszentrum  und  berühmten  Pilgerort  zur  Anbetung  der  praiosgefälligen  Greifen.  Die Markgrafen  von Wertlingen  residierten  seit  dieser  Zeit  in  der  Stadt. Nach  den Magierkriegen wurde Greifenfurt erneut von den Orks angegriffen und geschliffen, der Praiostempel wurde zerstört. Die Stadt konnte  wenige  Jahre  später  zurückerobert  werden.  Die  Oststadt  wurde  zu  dieser  Zeit  ebenfalls ausgebaut, ein neuer Praiostempel wurde errichtet und die Stadtmauern wurden erweitert. Die Familie Brohm stellt seit mindestens dieser Zeit die Bürgermeister der Stadt. Zu erwähnen ist wohl noch, dass es vor etwa 200 Jahren einen großen Brand auf dem Sonnenhügel gab, bei dem auch Teile des Stadtarchivs verloren gingen."   Ende RAH  1012 BF: Die  Kaiserliche Armee war  immer  noch  nicht  in Greifenfurt  eingetroffen und die verfluchten Namenlosen Tage würden bald anbrechen. Die Stimmung hellte sich aber kurzfristig auf, als am  22.  Rahja  knapp  drei  Schwadronen  leichter  Reiterei  unter  dem  Kommando  von Oberst  Alrik  von Blautann die Stadtmauern erreichten. Die Kavallerie  ritt  in die Stadt ein und wurde von Kommandant Marcian  in der Flussgarnison begrüßt und dort auch einquartiert. Oberst Alrik von Blautann berichtete, dass die Schwarzpelze Eslamsroden eingenommen hatten und mit den Kaiserlichen um die Kontrolle der Dergelbrücke kämpften. Der Oberst selbst hatte die Befehle, bis nach Greifenfurt durchzudringen und von dort aus die Stellungen der Orks auszukundschaften und deren Nachschublinien zu stören. Marcian wollte die Kavallerie aber bevorzugt  in der Stadt einsetzen, um die Anzahl der Verteidiger zu erhöhen. Alrik von Blautann führte seine Kavallerie in den kommenden Tagen dennoch regelmäßig ins Umland, um ungeschützte Stellungen der Orks anzugreifen.   Am 29. Rahja bemerkten die Mitglieder des Kriegsrats, dass Marcians Assistentin Sartassa verschwunden war. Marcian beauftragte den Inquisitor Answulf nach der verschwundenen KGIA‐Agentin zu suchen und erklärte: "Sartassa ist zwar oft stundenlang auf Spähposten, meldet sich aber regelmäßig zurück. Zuletzt habe ich sie gestern Mittag hier in ihrem Quartier gesehen. In den letzten Wochen hatte sie den Auftrag, die Stadtvilla von Glombo Brohm zu observieren. Ich fürchte, dass sie etwas Belastendes herausgefunden hat  und  möglicherweise  in  Schwierigkeiten  geraten  ist."  Answulf  nickte  und  suchte  zusammen  mit Arthilas  und  Kapo  den  Greifenplatz  auf.  Arthilas  nutzte  seine  elfischen  Zauberkräfte,  um  Sartassas Lebensaura aufzuspüren, doch diese war weder auf dem Greifenplatz noch an weiteren prominenten Orten in Greifenfurt zu erspüren.   

Page 31: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Answulf suchte daraufhin die Stadtwache auf, um dort nach Hinweisen auf eine verschwundene Halbelfe zu  fragen. Hauptmann Reo von der Stadtwache konnte zwar nicht wirklich weiterhelfen, allerdings  fiel ihm  in diesem Zusammenhang eine andere Angelegenheit ein:  "Ihr müsst verstehen, dass wir uns  zur Zeit  voll  und  ganz  auf  die  Verteidigung  der  Stadt  konzentrieren.  Viele  Leute  werden  als  vermisst gemeldet, obwohl diese einfach nur die Stadt verlassen haben, um an einem anderen Ort  ihr Glück zu versuchen. Allerdings war erst vor einigen Tagen der Alchemist Promos bei uns und hat uns aufgefordert, seine Tochter zu bewachen. Er meinte, dass in der Stadt ein Unhold umgeht, der Frauen verschleppt. Wir haben den Kerl nicht ernst genommen, immerhin ist seine Tochter hässlich wie die Nacht. Aber Ihr könnt Euch natürlich der Sache annehmen."   Answulf  nahm  diesen  Hinweis  auf  und  eilte  zum  Alchemisten  Promos,  der  gerade  dabei war,  seine Fenster mit Brettern zu vernageln. Answulf kam ins Gespräch mit dem leicht verwirrten, alten Mann und erfuhr, was dieser zu sagen hatte: "Ich flehe Euch an, Euer Gnaden, etwas Fürchterliches geht  in dieser Stadt um. Vor einer Woche  ist eines der Freudenmädchen aus der Fuchshöhle spurlos verschwunden. Und wenige Tage später ist dann auch die Bäckerstochter Aurelia Butterweck entführt worden. Wer auch immer  hinter  diesen  Entführungen  steckt,  ist  bestimmt  auch  hinter  meiner  geliebten Marina  her!" Answulf  fand  schnell  heraus,  dass  der  Alchemist  keine  handfesten Hinweise  zu  diesen  Entführungen anbieten konnte und suchte stattdessen die Fuchshöhle auf. Eine der älteren Kurtisanen bestätigte, dass eine  junge  Kollegin  mit  dem  exotischen  Namen  Rosavajinia  tatsächlich  seit  einer  knappen  Woche vermisst wurde:  "Soweit  ich mich  erinnern  kann,  hat  sie  sich mit  einem  Freier  getroffen,  bevor  sie verschwand. Das war der Oberst der Kavallerie, Blauwald oder so. Am besten fragt Ihr Rosavajinias beste Freundin, die liebestolle Lucilla. Sie ist heute mit Kunden beschäftigt, ich kann Euch aber gerne morgen Vormittag  eine  Verabredung mit  ihr  besorgen."  Answulf  nickte  und  sprach:  "Ich werde  diese  Lucilla morgen ausgiebig befragen."   Anschließend besuchte der Inquisitor die Bäckersfamilie Butterweck und befragte die sichtlich betrübte Alma nach dem Verschwinden  ihrer  Tochter Aurelia. Weinend erzählte die  Frau, was  sich  zugetragen hatte: "Ich habe sie vor fünf Tagen in den Abendstunden das letzte Mal gesehen. Sie ist nach der Arbeit zum Therbûniten‐Hospital, um sich dort von Meister Gordonius untersuchen zu  lassen. Sie hatte wohl Unterleibsschmerzen.  Sie  ist  aber  nicht  von  dort  zurückgekehrt. Meister  Gordonius  selbst  hatte  sie damals behandelt und mir berichtet, dass er sie nach der Untersuchung noch bis zur Tür des Hospitals begleitet hatte.  Ich  fürchte,  ihr  ist etwas Schreckliches zugestoßen!" Answulf  fragte genauer nach und presste aus der verzweifelten Alma heraus, dass Aurelia möglicherweise ein Kind erwartete. Die Mutter gestand  unter  Tränen:  "Unsere  Aurelia wurde  im  letzten  Herbst  von  den  Orks  geschändet.  Seitdem blutete  sie nicht mehr, hatte  aber  seltsame Gelüste nach  rohem  Fleisch und  frischem Blut.  Ein  jeder weiß, dass dies die Anzeichen eines Orkenbastards sind, der in ihr heranwächst. Mein Ehegatte darf aber nichts davon wissen, diese Blutschande würde ihm das Herz brechen!" Answulf suchte als nächstes das Therbûniten‐Hospital auf. Er hatte mittlerweile die Vermutung, dass alle drei entführten Frauen einen Orkenbastard  in sich  tragen könnten und deswegen entführt wurden. Answulf besprach diese Theorie mit Meister Gordonius, der ebenfalls die Entführungsgerüchte kannte und diese Entwicklung mit Sorge verfolgte. Doch Meister Gordonius war  anderer Meinung:  "Es  gibt bestimmt  genügend  Leute, die die eigene Tochter lieber tot sähen, als dass ihnen ein Orkenbastard in die Familie geboren wird. Allerdings sind  Blutgelüste  keineswegs  ein  sicheres  Anzeichen  für  ein  Orkenkind.  Eine  solche  Überraschung offenbart sich üblicherweise erst  im Kindsbett. Tatsächlich erwartet Aurelia ein Kindlein, auch wenn sie nicht verheiratet ist. Vielleicht ist sie mit dem Kindsvater aus der Stadt geflohen? Zu Rosavajinia kann ich nur  Folgendes berichten: Sie  lässt  sich ebenso wie die anderen Frauen aus der Fuchshöhle einmal  im Monat von mir untersuchen und ich kann mit Gewissheit sagen, dass sie kein Kindlein unter dem Herzen trägt."  Answulf  bat  Gordonius,  ihm  eine  Liste  mit  allen  schwangeren  Frauen  zu  erstellen,  die  sich 

Page 32: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

momentan im Therbûniten‐Hospital in Behandlung befanden und ging dann zurück zur Flussgarnison, um dort beim Abendessen mit seinen Freunden über die neu gewonnenen Erkenntnisse zu sprechen.   Am nächsten Morgen hielt Inquisitor Answulf wie üblich eine Andacht auf dem Sonnenhügel, als Meister Gordonius ihn aufgeregt ansprach: "Es gab gestern Nacht einen Doppelmord im Stadthain, das solltet Ihr Euch ansehen!" Aufgeregt  folgte Answulf dem Heiler zum Tatort und  traf dort auf mehrere Mitglieder der Stadtwache, sowie weitere Helfer aus dem nahe gelegenen Hospital, die zwei Leichname genauer in Augenschein nahmen. Bei den beiden Toten, die ausgeblutet auf dem Boden lagen, handelte es sich um einen Mann  und  eine  Frau.  Beiden  fehlte  zunächst  der  Kopf,  doch  der  Schädel  des Mannes  konnte schnell von Arthilas gefunden werden: Er steckte in einem abgebrochenen Ast in den Wipfeln der nahen Bäume.  Jemand  musste  den  Mann  wohl  mit  dem  Kopf  voran  auf  diesem  Ast  aufgespießt  und anschließend  den  Körper  vom  Kopf  gerissen  haben.  Krallenspuren  am  Körper  des Mannes  deuteten darauf hin, dass es sich mindestens um einen Bären handeln musste. Der Kopf der Frau wurde kurze Zeit später ebenfalls gefunden: Er befand  sich auf dem Boronrad bei den Massengräbern  in der Nähe der Stadtmauer.  Jemand hatte zuerst das Blut aus dem Kopf gelassen und diesen dann auf dem Boronrad fast schon künstlerisch drapiert.   Die ermordeten Bürger konnten nun ebenfalls  identifiziert werden: Die Frau war Aldine Probst aus der nahe  gelegenen  Apfelweinstube,  bei  dem  Mann  handelte  es  sich  um  den  Schustersohn  Ronnes Tannerfeist.  Schnell  konnte  bestätigt werden,  dass  die  beiden  ein  Liebespaar waren  und  in warmen Sommernächten gerne im Stadthain der Göttin Rahja opferten. Die anwesenden Bürger waren schockiert über den Doppelmord und nicht wenige malten  sich  schreckliche Theorien über den  Tathergang  aus. Manche sprachen von einem geisteskranken, vielleicht sogar eifersüchtigen Mörder, andere dachten an einen  Tairach‐Dämon,  an  einen  Vampir  oder  an  einen  magisch  mutierten  Zholochai.  Einige  Bürger berichteten sogar, dass in den vergangenen Vollmondnächten ein riesiger Rabenvogel am Nachthimmel gesichtet  worden  war,  der  über  der  Stadt  kreiste.  Andere  glaubten  an  einen Werwolfsfluch,  da  es ähnliche Vorfälle vor einigen Jahren in der Stadt Winhall gegeben hatte. Die Leichen wurden ins Hospital gebracht, damit diese dort genauer untersucht werden konnten.   Answulf und seine Gefährten gingen derweil zurück zur Flussgarnison, um Marcian Bericht zu erstatten. Der Stadtkommandant machte sich angesichts dieser Entwicklungen noch mehr Sorgen um Sartassa, ihm fiel  aber  ebenso wie Answulf  auf,  dass  diese  Vorfälle möglicherweise mit  der Ankunft  der  Kavallerie zusammenhingen. Answulf hatte vor, Oberst Alrik von Blautann zum Verschwinden von Rosavajinia zu befragen, doch er wollte erst noch mit der Kurtisane Lucilla  in der Fuchshöhle sprechen. Die Kurtisane empfing  den  Inquisitor  in  einer  der  Lustkammern  des Bordells  und  erzählte, was  sie  über  ihre  beste Freundin wusste:  "Sie hat mir  ganz  aufgeregt erzählt, dass  sie  sich mit Alrik  von Blautann  verabredet hatte. Dieser Alrik von Blautann ist ein durchaus stattlicher und charmanter Bursche und man sagt, dass seine  rahjanischen Künste noch besser  sind  als  seine  rondrianischen Talente.  Ich  kann mir  aber nicht vorstellen, dass er ihr etwas angetan hat. Ich glaube eher, dass Rosavajinia ein großzügiges Trinkgeld von ihm bekommen hat und dann damit abgehauen  ist, um den Anteil  von  Lancorian nicht abdrücken  zu müssen."   Answulf suchte anschließend wieder die Flussgarnison auf und befragte dort die Wachleute, um weitere Informationen  über  Alrik  von  Blautanns  Tagesablauf  zu  gewinnen.  Doch  der  Kavallerie‐Oberst  hatte anscheinend  schon mitbekommen, dass Marcians  Leute  sich nach  ihm  erkundigten und  konfrontierte Answulf  beim Mittagessen. Der  adrette Oberst  gab  auf Nachfrage  zu,  dass  er  vor  einigen  Tagen mit Rosavajinia  in der Apfelweinstube  am Rand des  Stadthains war und dort  ihre Gesellschaft  genoss.  Es stellte  sich dabei heraus, dass die Weinstube der Familie Probst gehörte, deren Tochter Aldine  in der vergangenen  Nacht  ermordet  worden  war.  Alrik  von  Blautann  stritt  jedoch  ab,  irgendetwas  mit 

Page 33: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Rosavajinias  Verschwinden  oder  Aldines  Ermordung  zu  tun  zu  haben:  "Ich  habe  diese  Kurtisane  nur einmal  getroffen,  diese  Aldine  habe  ich  nur  einmal  kurz  gesehen. Und  seitdem  habe  ich  bereits  ein halbes Dutzend  andere  holde  Schönheiten  in diesen  Stadtmauern mit meinen  Talenten  beglückt  und keine dieser Damen ist verschwunden."   Alrik von Blautann behauptete durchaus glaubhaft, dass er nur zufällig mit den Opfern bekannt war. Als er aber gefragt wurde, ob er bereit wäre, sich von Darian magisch untersuchen zu lassen, lehnte er dies vehement  ab  und  beendete  beleidigt  das  Gespräch.  Der  Inquisitor  Answulf  suchte  als  nächstes  die Apfelweinstube  der  Familie  Probst  auf.  Die  Familie  trauerte  natürlich  um  die  verstorbene  Familie, allerdings  gab  es  in  der Weinstube  keine  Hinweise  auf  ein  Gewaltverbrechen,  stattdessen war  alles sauber und ordentlich. Aldines Onkel konnte aber bestätigen, dass Rosavajinia die Weinstube oft genutzt hatte,  um  besondere  Kunden  zu  verehren.  Ebenso  wusste  er,  dass  Aldine  und  Rosavajinia  gute Freundinnen waren.   Während Answulf weitere Befragungen durchführte, verbreitete sich  in Greifenfurt die Nachricht, dass eine schwer verletzte Obristin des Kaiserlichen Heeres aus der Gefangenschaft der Orks entkommen war und  im Hospital behandelt wurde. Marcian und Wolfmir suchten die Obristin auf und beide erkannten die tapfere Kriegerin: Es war Trullane von Wertlingen, die zusammen mit den Greifenfurter Grenzreitern vor  einigen  Wochen  noch  die  Stadt  Eslamsroden  gesichert  hatte.  Die  Obristin  berichtete  vom Krankenbett  aus  mit  panischer  Stimme,  was  sich  zugetragen  hatte:  "Die  Schwarzpelze  haben Eslamsroden  eingenommen.  Ich  habe  die  Schlacht  überlebt,  wurde  aber  von  den  Orks  gefangen genommen.  Ich  habe mit  ansehen müssen, wie  sie meine Mitgefangenen  rituell  geopfert  haben,  um ihren Götzen  zu  huldigen."  Sie  schluchzte  kurz  und  sprach:  "Ich  habe  auch  den  Prinzen Brin  bei  den Gefangenen gesehen. Doch die Orks haben mich nicht gut genug gefesselt,  so dass  ich mich befreien konnte.  Ich habe den Prinzen dann ebenfalls befreien können und bin mit  ihm geflohen. Aber die Orks hatten unser Verschwinden wohl  schnell bemerkt und haben uns  verfolgt. Prinz Brin  konnte nicht  so schnell  rennen  und wurde  von  den  Schwarzpelzen wieder  eingefangen. Mit  seinen  letzten  Befehlen schickte er mich weiter, damit ich Hilfe holen kann. Ich bin Tag und Nacht gerannt und konnte mich bis hierher durchschlagen. Bitte, ihr müsst unseren Reichsbehüter befreien! Wenn Prinz Brin den Tod findet, oder schlimmer noch, den Orkgötzen geopfert wird, ist alles verloren!"   Ende  RAH  1012  BF:  Der  Kriegsrat  fand  sich  in  den  Abendstunden  des  letzten  göttergefälligen  Tages zusammen, um die neue Lage zu besprechen. Mittelpunkt der Gespräche war die noch  immer schwer verletzte  und  hochgradig  erschöpfte  Trullane  von  Wertlingen,  die  auch  nervlich  kurz  vor  dem Zusammenbruch  stand.  Sie  erzählte  noch  einmal  von  ihrer Gefangennahme  und  ihrem  Versuch,  den Reichsregenten Brin aus der Gefangenschaft der Orks zu befreien: "Wir sind  in ein Gefangenenlager  im besetzten Eslamsroden gebracht worden. Wir wurden dort wie Schweine in einem Pferch gehalten. Viele meiner Mitgefangenen gehörten zu den Verteidigern der gefallenen Stadt. Doch als sie Prinz Brin zu uns geworfen hatten, hatte ich nicht das Gefühl, dass ihnen bekannt war, welche wichtige Persönlichkeit sich in  ihrer  Gewalt  befand.  Der  Prinz  selbst  machte  einen  gebrochenen  Eindruck  und  konnte  mir  nur mitteilen, dass die Schlacht am Dergelufer verloren war. Einige meiner treuesten Untertanen haben die Orks  in den kommenden Stunden abgelenkt und wurden wohl erschlagen, so dass  ich mit dem Prinzen entkommen konnte. Unser Vorsprung wurde aber schnell zunichte gemacht, da der Prinz wohl schwere Verletzungen an den Beinen hatte.  Ich hätte  ihn allerdings niemals zurücklassen dürfen. Ach, wäre  ich doch nur erschlagen worden, statt diese schwere Bürde in dieser dunkelsten Stunde tragen zu müssen!"  Oberst Alrik von Blautann und auch Marcian hatten weitere Fragen zur Stellung der Orks in Eslamsroden und  erfuhren,  dass  dort  wohl  mehrere  hundert  Schwarzpelze  stationiert  waren,  die  auch  schwere Belagerungsgeräte,  Kampfhunde,  Kriegsoger  und  einen  kompletten  Zirkel  an  Tairach‐Schamanen 

Page 34: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

beherbergten. Wolfmir und Answulf hatten  jedoch Zweifel an der Geschichte, da es schwer zu glauben war,  dass  die  Obristin  den  Orks  so  einfach  entkommen  konnte.  Andererseits  war  es  auch  kaum vorstellbar, dass die  tumben  Schwarzpelze  verschlagen  genug waren,  um  im  Sinne  einer moralischen Kriegsführung  gezielt  Augenzeugen mit  Falschinformationen  auszustatten  und  entkommen  zu  lassen. Arthilas  und  Darian  untersuchten  die  verzweifelte  Trullane  ausgiebig,  konnten  aber  keine magische Manipulation feststellen. Sie selbst schien ebenfalls keine Zweifel an ihren Erlebnissen zu haben.  Oberst Alrik von Blautann war  zweifellos von Trullanes Geschichte überzeugt und  schlug heldenmutig vor, mit  seinen besten Rittern umgehend nach Eslamsroden aufzubrechen, um den Reichsregenten  in einem Alveranfahrts‐Kommando aus den Klauen der Orks zu befreien. Marcian und auch Wolfmir war klar, dass  eine  solche Mission  aussichtslos war und noch dazu die Verteidigung der  Stadt  schwächen würde, doch der heißblütige Obrist ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen.  Während der Kriegsrat bis tief in die Nacht hinein mit Trullane sprach, patrouillierten Kapo und Ortax mit ihren Nachtlaternen durch die Straßen Greifenfurts. In der Nähe des Hafens bemerkten die beiden, wie drei Hilfsgardisten anscheinend auf einen Hilferuf aufmerksam wurden und eilig  in das  Lagerhaus der Familie Brohm stürmten. Ortax und Kapo wollten sich dies genauer ansehen, kamen näher und hörten plötzlich Kampfschreie und Alarmrufe, die  aus dem  Inneren des Gebäudes  erschallten. Mit  gezückten Waffen eilten die beiden Freunde zum Eingangstor des Lagerhauses und lugten in dessen Innenraum: Sie konnten dabei  sehen, wie die Hilfsgardisten  sich aufgeregt gegen eine Gruppe unbekannte Gegner  zu wehren  versuchten.  Erst  als Ortax  und  Kapo  näher  heran  traten,  erkannten  sie,  dass  es  sich  bei  den Angreifern  um  drei  junge  Frauen  handelte.  Eine  davon  war  Sartassa,  die  andere  konnte  Ortax  als Rosavajinia identifizieren und die dritte war vermutlich die verschwundene Aurelia Butterweck. Alle drei Frauen hatten ungesund blasse Haut, seltsam verformte Krallenhände und tierähnliche Fangzähne. Sie trugen  blutverschmierte  Kleidung  und  schlugen  kreischend  mit  ihren  Klauen  wie  wild  gewordene Harpyien auf die Hilfsgardisten ein. Ortax und Kapo stellten sich den drei Wahnsinnigen entgegen, um den Rückzug der Hilfsgardisten zu decken, und teilten ihrerseits kräftig Hiebe gegen die irre kichernden Gegnerinnen aus. Die drei Frauen erkannten allerdings ihre Unterlegenheit, zogen sich flinken Fußes aus dem Gefecht zurück und verschwanden in der Dunkelheit der Nacht. Kapo blickte ihnen noch hinterher und eilte dann zur nahegelegenen Flussgarnison, um dort Hilfe zu holen. Ortax wiederum kümmerte sich um einen der schwer verletzten Hilfsgardisten, dessen Halsschlagader von den Mörderfrauen aufgerissen worden war. Anscheinend hatten die Frauen sein Blut getrunken. Zum Glück trafen kurz darauf weitere Gardisten ein, die Ortax dabei halfen, den schwer verletzten Kameraden in das Therbûniten‐Hospital zu bringen.  In der Flussgarnison suchte Kapo derweil seine Freunde Wolfmir, Darian und Answulf auf und erzählte von den Vorfällen im Lagerhaus. Die vier wollten auch Marcian über die Lage in Kenntnis setzen, doch dieser hatte wohl dem Wein zu sehr zugesprochen und wollte sich lieber mit dem Freudenmädchen Lucilla vergnügen, als sich näher mit der Angelegenheit zu befassen. Stattdessen beauftragte er Answulf, sich der Sache anzunehmen.  Im  Hospital  sahen  sich  Bruder  Gordonius  und  der  Elfenheiler  Arthilas  den  verletzten  Hilfsgardisten genauer  an  und  ließen  sich  von  Ortax  genau  beschreiben,  wie  die  drei  Angreiferinnen  ausgesehen hatten. Es war natürlich auffällig, dass es sich bei Rosavajinia, Aurelia und Sartassa um genau jene Frauen handelte, die  in den vergangenen Tagen als vermisst gemeldet worden waren. Gordonius, Arthilas und auch Darian berieten sich, was die Frauen in diese bluttrinkenden Bestien verwandelt haben könnte. Die Theorien reichten dabei von Tollwut und anderen Wahnkrankheiten bis zur gefürchteten Werseuche, die ihre Träger in den Vollmondnächten in rasende Bestien verwandelte. Alle drei Gelehrten waren sich aber einig, dass die Frauen nach Möglichkeit  lebendig gefangen werden sollten, damit das Übel  identifiziert und  ein Heilmittel  gefunden werden  konnte.  Ebenso wurde  festgelegt, dass  alle, die  von den  Frauen gebissen worden waren, im Hospital unter Beobachtung gestellt werden mussten. 

Page 35: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

 Weit nach Mitternacht trafen auch Rondrian und Leogard  im Hospital ein, allerdings aus völlig anderen Gründen:  Leogard  fühlte  sich  offensichtlich  nicht  gut  und  war  leicht  verwirrt,  Rondrian  wiederum erklärte ihren Zustand: "Vor knapp einer Stunde hatte sie einen prophetischen Anfall. Sie sprach immer wieder von einem Fürsten der Nacht, der ins Licht gebracht wird. Ich konnte sie aus der Trance befreien, doch meine geliebte Leogard kann sich nicht erinnern, wie es zu dieser Trance kam." Leogard bestätigte dies  und  erklärte  erschöpft:  "Ich  fühle  mich  wie  nach  einer  durchzechten  Nacht,  inklusive  einer Kneipenschlägerei. Habt Ihr vielleicht ein Kräutlein gegen meine brummenden Kopfschmerzen?"  Während die meisten Gefährten zur Flussgarnison zurückkehrten, um dort noch etwas Schlaf zu finden, blieb Arthilas weiterhin  im Hospital, um den gebissenen Hilfsgardisten  im Auge zu behalten. Ortax und Kapo hingegen nahmen sich nochmals  ihre Nachtlaternen und zogen mit wachsamen Augen durch die finsteren Straßenzüge der Stadt. Kapo hatte sich dabei von Ortax getrennt, schlich sich mit seiner Laterne durch die verregneten Gassen des südlichen Hafenviertels und  inspizierte die Häuser. Plötzlich hörte er jedoch ein helles Kichern  in der Dunkelheit der Nacht, welches nicht  sehr beunruhigend klang.  Sofort deckte er seine Laterne ab und versteckte sich hinter einem Mäuerchen, um nicht entdeckt zu werden, doch die Sinne dieser Nachtwanderer waren wohl außerordentlich scharf, denn nicht wenig später hörte er die süffisanten Rufe der drei tollwütigen Frauen: "Hast du kein zu Hause, alter Mann? Willst du mit uns spielen? Willst du einen Kuss haben?"  Kapo leuchtete mit seiner Laterne in die tierhaften Gesichter der drei wahnsinnigen Frauen und erkannte die Gefahr, die ihm drohte. Lautstark schrie er Alarm, um die Nachbarn auf seine Situation aufmerksam zu machen, und wich dabei den Krallenhänden aus, die sich gierig nach  ihm streckten. Mit unerwartet eleganter Beweglichkeit sprang er über das Mäuerchen und eilte direkt zurück zur Flussgarnison.   Erst mit Beginn der Morgendämmerung des ersten Tages des Namenlosen sprach er Answulf und seine Freunde  auf die Vorfälle  in der Nacht  an und  führte die Gefährten  zu der  Stelle,  an der  ihm die drei Mörderfrauen aufgelauert hatten. Answulf bemerkte dabei mehrere Anwohner, die an der Eingangstür eines Fachwerkhauses standen und dort mit besorgten Gesichtern ihren morgendlichen Tee tranken. Die Anwohner berichteten aufgeregt, was sie beunruhigte: "Heute Nacht hat  jemand  laut Alarm geschrien. Wir dachten, dass die Orks kommen, und sind deshalb in unseren Häusern geblieben. Aber jetzt machen wir uns Sorgen um die Hagenbutts. Die wohnen hier  in dem Fachwerkhaus und hören nicht auf unsere Rufe.  Und  die  Tür  ist  wohl  auch  verrammelt."  Answulf  versprach  den  Anwohnern,  sich  der  Sache anzunehmen und ließ Ortax und Rondrian die Tür aufbrechen. In dem Haus selbst fanden die Gefährten die beiden Leichname der Familie Hagenbutt sowie den Kadaver ihres kleinen Kindleins. Alle drei hatten schwere Halswunden und waren seltsam blutleer, so als wäre  ihr Blut ausgesaugt worden. "Das waren Vampire..."  sprach Answulf mit  zitternder  Stimme.  Er  ließ  die  Leichen  verbrennen  und  schickte  dann Wolfmir  und Darian  ins  Stadtarchiv:  "Bitte  sucht  dort  nach  geeigneten Geschichten  und  Erzählungen über  Vampire.  In  vielen  Standardwerken  der  Praioskirche  gibt  es  Berichte  über  diese  Blutsauger. Vielleicht gibt es dort auch Hinweise, was man am besten gegen diese tun kann. Ich glaube mich daran zu erinnern, dass sie vor allem nachts aktiv sind, sich bei Tage  in  ihre Verstecke zurückziehen und die Reliquien des Herrn Praios fürchten."  Answulf selbst wagte sich gegen Mittag mit Ortax  in die alten Keller unter dem Sonnenhügel, um dort nochmals alle dunklen Schlupfwinkel abzusuchen. Zuletzt  inspizierten die beiden noch einmal die Gruft des heiligen Aldec Praiofold von Greifenfurt, dessen Sarkophag noch immer in der dunklen Grabkammer stand. Answulf hatte plötzlich einen schrecklichen Verdacht und wies Ortax an, die Grabplatte zu öffnen. Glücklicherweise war das Grab aber bisher nicht geschändet worden: Der  Leichnam des verstorbenen Priesterkaisers  lag friedlich  in dem steinernen Sarg und selbst die praiosgefälligen Grabbeigaben waren 

Page 36: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

unangetastet.  Answulf  fiel  dabei  insbesondere  ein  schweres  Buch mit  goldbeschlagenem,  ledernem Einband auf, welches neben den Beinen des Toten  lag. "Erinnerung zum Ruhme des Sonnenfürsten...", übersetzte Answulf den Titel des Buches und beschloss, dieses an sich zu nehmen. "Zwar fühle ich mich nicht wohl dabei, dieses Werk aus dem Grabe eines Heiligen zu entwenden, doch ich glaube, es könnte uns hilfreich in unserem Kampf gegen die Finsternis sein."  Am  Abend  trafen  sich  die  Gefährten  bei  einer  halben  Schüssel  Sauerkraut  im  Speisesaal  der Flussgarnison, um  ihre Erlebnisse  auszutauschen. Answulf hatte  sich  zwar bereits  in die Erinnerungen von Aldec Praiofold eingelesen, doch die Gedanken des ersten Priesterkaisers waren teilweise schwer zu verfolgen,  so  dass  der  Inquisitor  wohl  noch  Tage  brauchen  würde,  um  das  Schriftstück  vollständig auszuwerten. Wolfmir und Darian hatten dafür einige Standardwerke zu Vampiren im Stadtarchiv sichten können und fassten zusammen, was dort geschrieben stand:   „Viele Weise Mittelaventuriens  behaupten,  dass Werwölfe  und  Berserker  nach  ihrem  Tod  Vampire werden.  Im  Bornland  heißt  es,  dass  Selbstmörder  zu  Vampiren  werden.  Bei  Nivesen  gilt  Inzest  als Entstehungsursache.  In  der Greifenfurter Mark  genügt  es  angeblich, Henker  oder Müller  gewesen  zu sein.  Blutsauger  kann  man  in  ihrem  Grab  daran  erkennen,  dass  die  Haare  und  Zähne  der  Leiche weiterwachsen. Im Bornland glaubt man, die Nachtzehrer am Schmatzen  in den Gräbern erkennen und sie durch Silbermünzen zwischen den Zähnen tot halten zu können. In Weiden und im Svelltland kursiert der Aberglaube, dass schon der Blick eines Vampirs die Seele  raubt  ‐ ein Aberglaube, der sonst gegen Elfen verwendet wird. Albernische Märchen erzählen, dass Vampire den Namen  ihres nächsten Opfers rufen.  In Garethien heißt es: Vampire müssen Praiosblumenkerne, die  sie auf  ihrem Grab  finden, erst zählen, bevor sie sich zur Ruhe legen können. Üblicherweise werden sie dabei von der Sonne überrascht und von dieser verbrannt. Die bekannteste Methode, einen Vampir  zu vernichten,  soll  sein, den Kopf abzuschlagen und an einer Wegkreuzung zu vergraben und den Körper zu verbrennen und die Asche in alle Winde  zu  verstreuen. Die  Zwerge, die durchaus unter Vampiren  leiden, behaupten, dass  silberne Waffen  ihnen den Tod bringen.  In Al'Anfa verwendet man die Boronische Methode: Die Boroni fangen den Vampir mit silbern durchwirkten Schlingen und begraben ihn ‐ auch wenn er sich noch wehrt.  Der  Vampir  hat  die  Fähigkeit,  von  den  Lebewesen  den  Hauch  des  Lebens,  von  Rohal  als  Sikaryan bezeichnet,  zu  rauben.  Dies  gelingt  ihm  durch  den  Biss  und  das  Saugen  des  Blutes  ihrer  Opfer,  die dadurch meist Leben und Seele verlieren. Kann ein Vampir nicht genug Blut erhalten,  so muss er sich zum Schlafe begeben. Gelingt es ihn auch danach nicht, Blut zu saugen, so verliert er seine dämonische Kraft und wird zu einem einfältigen Wesen, das zum Schutz vor dem Praiosmal oftmals in Gruften haust und wahnsinnig ist. Die Blutsauger haben spitze Zähne, tragen schwarze Kleidung und beißen ihre Opfer von der Seite in den Hals. Sie können sich in Fledermaus, Ratte und Wolf verwandeln sowie dergleichen Getier befehligen. Sie vergehen  im Sonnenlicht, sie hassen Knoblauch und Alraunenpulver, die heiligen Symbole des Praios und durch Efferdpriester geweihtes Wasser. Werden sie bezwungen,  fliehen sie  in ihren Sarg. Getötet werden sie mit einem Holzpflock aus dem frischen Holz von Weißdorn oder Eiche."  In den späten Abendstunden setzte sich Marcian ebenfalls zu den Gefährten und erkundigte sich nach dem Stand der Ermittlungen. Answulf setzte den Stadtkommandanten in Kenntnis, dass Sartassa und die beiden anderen verschwundenen Mädchen möglicherweise unter einem Vampirfluch litten. Marcian war zutiefst erschüttert, dass seine Gefährtin nachts mordend durch die Straßen von Greifenfurt irren sollte, und konnte sich nur schwer wieder beruhigen. Nach einem kurzen Tobsuchtsanfall verkündete er aber, dass  bei  der  Stadtwache  weitere  Vermisste  gemeldet  wurden:  "Eine  Hand  voll  Hilfsgardisten  ist verschwunden.  Sie  sollten  zum  Einbruch  der  Nacht  durch  die  Straßenzüge  des  Sonnenhangs patrouillieren, doch sie sind nicht von  ihrem Rundgang zurückgekehrt." Answulf sprang sofort auf und 

Page 37: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

wies seine Gefährten an: "Holt eure Waffen und Rüstungen und vergesst eure Laternen nicht, wir treffen uns an der Zugbrücke und dann jagen wir diese Biester."  Zusammen mit Wolfmir, Mechthild, Ortax und Darian durchsuchte Answulf in der verregneten Nacht die Straßenzüge  des  Sonnenhügels  nach  Hinweisen  auf  die  vermissten  Hilfsgardisten.  An  der  südlichen Hauptstraße  wurden  die  Gefährten  fündig:  Eine  abgebrannte  Fackel  lag  auf  einem  steinernen Begrenzungspfosten  in  der Nähe  von  zwei  verlassenen Häusern. Bei  der  Inspektion  eines  der Häuser bemerkten die Vampirjäger, dass die Eingangstür nicht verriegelt war. Die Gefährten öffneten die Tür und  lösten eine primitive Alarmfalle aus. Gleichzeitig  fanden sich aber auch  frische Schlammspuren  im Eingangsbereich. Die Kameraden durchsuchten  vorsichtig das  verlassene Haus,  scheuchten eine Katze auf und fanden eine zweite Alarmfalle am Hintereingang, die noch nicht ausgelöst worden war. In einem Nebenraum  entdeckte  Ortax  eine  Bodenklappe,  die  anscheinend  in  einen  Keller  führte.  Der  Zwerg öffnete  die  Klappe  und  leuchtete  die  Räume  im  Untergeschoss  aus:  Es  handelte  sich  um  ein  altes Kellergewölbe, welches  in der Bauart den anderen Gewölben unter dem Sonnenhügel glich. Mechthild baute eine  improvisierte Leiter, mit der man die wenigen Meter  in die Tiefe steigen konnte.  Im ersten Raum hatte sich ein wenig Wasser gesammelt, die Räume dahinter waren aber trocken.  Die einzelnen Kellerräume waren nicht besonders groß, bildeten aber einen uneinsichtigen Komplex,  in dem  es  viele  verborgene Winkel  und  dunkle  Verstecke  gab.  Die  Gefährten  hörten  ein  verstohlenes Kichern aus einem Nebenraum und  fanden  in einer weiteren Kammer vier blutleere Leichname, deren Hälse aufgerissen worden waren: Es handelte sich um die vermissten Gardisten, die wohl den Vampiren zum Opfer gefallen waren. Mit gezückten Waffen inspizierten die Gefährten vorsichtig einen Raum nach dem anderen. In der hintersten Kammer öffnete Wolfmir vorsichtig einen alten Schrank und erschrak zu tiefst, als sich eine der Vampirfrauen aus den Schatten  in der Nähe  löste und sich von hinten auf den Ritter stürzte. Aggressiv schlug sie die Fänge  in den Hals des Hauptmanns und verletzte dessen Kehle. Warmes,  rotes  Blut  floss  an  Wolfmir  herunter  und  dieser  versuchte,  den  Blutsauger  panisch abzuschütteln.   Answulf und Ortax eilten herbei und schlugen nach der Vampirfrau, die sie als Rosavajinia erkannten. Doch  erst  als  Darian  seine  arkanen  Kräfte  kanalisierte  und  magische  Flammen  auf  das  ehemalige Freudenmädchen  schleuderte,  ließ  diese  von Wolfmir  ab.  Die  blauen  Zauberflammen  breiteten  sich großflächig auf der schreienden Frau aus und brannten auf ihrer Haut wie auf einem Öltuch. Rosavajinia sackte leblos zusammen, doch bevor ihr Ortax den Rest geben konnte, wurde der tapfere Zwerg von der blutlüsternen Aurelia angegriffen, die sich zuvor hinter mehreren Fässern versteckt hatte. Sie sprang den überraschten Zwerg von hinten an und biss sich durch seinen Bart in dessen Hals, der ebenfalls heftig zu bluten anfing.  Answulf  schlug mit  seinem  geweihten  Sonnenzepter  nach  der  hinterhältigen  Vampirfrau,  doch  diese wich  ihm aus und zog sich eilig  in den Nebenraum zurück. Darian reagierte sofort und erleuchtete den Raum mit einer magischen Lichtillusion und die verfluchte Aurelia  fürchtete das Licht so sehr, dass sie sich keifend  in die dunkleren Ecken des Gewölbes zurückzog. Ortax nutzte die Gelegenheit, um der am Boden  liegenden und noch  immer schmauchenden Rosavajinia den Kopf abzuschlagen und  tatsächlich zerfiel deren Leib kurz darauf zu stinkendem Staub. Mechthild, die im Vorraum gewartet hatte, um der Gruppe den Rücken zu decken, verließ ihren Posten und schloss zu ihren Gefährten auf. Allerdings hatte wohl die dritte Vampirfrau  Sartassa nur  auf diese Unvorsichtigkeit  gewartet, überfiel die überraschte Soldatin aus dem Hinterhalt und durchbohrte mit  ihren Fängen Mechthilds Halsschlagader. Mechthild konnte den Blutsauger zwar abschütteln, doch die Verletzung war so schwer, dass das Blut schubweise aus  ihrem  Hals  spritzte.  Glücklicherweise  waren  Ortax,  Wolfmir  und  Answulf  gleich  zur  Stelle,  um Sartassa von Mechthild abzuschirmen und strategisch einzukreisen. Answulf hob sein Sonnenzepter und 

Page 38: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

schmetterte  dieses  mit  einem  praiosgefälligen  Schutzsegen  auf  den  Lippen  wuchtvoll  in  Sartassas Schädel.  Die  vampirische  Halbelfe  schrie  auf,  fing  plötzlich  an  zu  brennen  und  zerfiel  ebenfalls  zu stinkender Asche.  Aus  den Augenwinkeln  konnte Answulf  beobachten, wie  die noch  immer  nicht besiegte Aurelia  über einen halbdunklen Gang zur Kellerklappe eilte, und dann durch diese nach oben entkam. Ein lauter Knall und ein anschließendes, schabendes Geräusch machten klar, dass Aurelia die Kellerklappe geschlossen und  wohl  auch  mit  einem  schweren  Möbelstück  blockiert  hatte.  Die  Gefährten  waren  im  Keller eingesperrt.   Ortax, Wolfmir und vor allem Mechthild versuchten zur Ruhe zu kommen und legten sich auf den Boden. Die Verletzungen an ihren Hälsen reichten bis zu ihren Blutgefäßen und bluteten heftig. Ortax gelang es zwar,  seine  eigene  Blutung  mit  Hilfe  einer  zwergischen  Bartkompresse  zu  stillen,  doch  keiner  der Gefährten hatte genug Kenntnisse in den Methoden der Heilkunde, um die Verletzungen von Mechthild und Wolfmir zu stoppen. Während Answulf zur Sicherheit den Leichnamen der ausgesaugten Gardisten mit Mechthilds Kurzschwert die Köpfe abschlug, nahm Darian die mittlerweile bewusstlose Gefährtin an die Hand und  sprach:  "Ich werde versuchen, eine mächtige Zauberformel anzuwenden, um Mechthild und mich zu Arthilas zu teleportieren. Diese Magie ist schwierig zu wirken, doch ich fürchte, dass Arthilas der  einzige  ist, der Mechthild nun noch  zu  retten  vermag." Darian  konzentrierte  sich und  sprach die magischen  Worte  laut  und  klar,  doch  die  Zaubermatrizen  entglitten  ihm  und  erschöpften  seine Zauberkraft. Mit  traurigem Blick  legte er Mechthild sanft zu Boden und schloss  ihre Augen. Selbst der starke Ortax  spürte einen Kloß  in der Kehle, als die  tapfere Gefährtin endgültig  ihr  Leben  ließ und  zu Boron ging. Nach einem kurzen Moment der Stille  sprach Answulf mit  leiser,  zitternder Stimme:  "Wir müssen  ihr  den  Kopf  abschlagen,  sonst  wird  sie  auch  zu  so  einem  Monster!"  Dann  nahm  er  das Kurzschwert und tat, was getan werden musste.  Trauer und Verzweiflung flutete die Herzen der Gefährten, als es auch Wolfmir  immer schlechter ging. Die  Blutung  an  seiner  Kehle  schien  nicht  aufzuhören,  obwohl  Ortax  mehrfach  versuchte,  einen Druckverband an dessen Hals anzulegen. Wolfmirs Haut wurde immer blasser und seine Stimme immer schwächer. Er nickte seinen Freunden ein letztes Mal zu und sackte dann leblos in sich zusammen. Voller Verbitterung  legte  Answulf  das  Kurzschwert  an,  um Wolfmirs  Kopf  abzutrennen. Doch  gerade  als  er ausholen wollte, um das Werk zu vollenden, schlug Wolfmir die Augen auf, hob den Oberkörper, holte tief  Luft,  musterte  seine  Freunde  mit  erschrockenen  Augen  und  sprach  ehrfürchtig:  "Ich  habe  das Angesicht Borons gesehen..."  2. Tag des Namenlosen 1012 BF: Die im Keller eingeschlossenen Freunde nahmen still Abschied von ihrer gefallenen  Gefährtin Mechthild.  Answulf  sprach  einige wenige  andächtige Worte  und  bat  den  Herrn Boron  darum,  ihre  Seele  in  die  zwölfgöttlichen  Paradiese  zu  geleiten.  Anschließend  untersuchte  er ausgiebig  seinen  Kameraden Wolfmir,  da  dieser  nun möglicherweise  ebenfalls  von  dem  Vampirfluch befallen worden war. Ortax und Darian bauten derweil aus Tischen und Kisten eine Treppe, um besser an die Kellerluke zu gelangen, die Ortax mit einigen kräftigen Axthieben  in Trümmer schlug. Nachdem die Kellerluke  aufgebrochen  war  und  auch  in  dem  verlassenen  Haus  kein  Anzeichen  von  Gefahr  mehr bestand, eilten die Gefährten mit dem schwer verwundeten Wolfmir auf die Straße und brachten diesen umgehend ins Therbûniten‐Hospital, damit Arthilas den Freund medizinisch versorgen konnte.  Anschließend gingen Darian, Ortax und Answulf zur Stadtwache, um dort über die Geschehnisse in dem verlassenen Haus zu berichten. Hauptmann Reo führte persönlich einen Trupp Stadtgardisten zum Tatort und ließ die Leichen bergen, die dann am kommenden Morgen rituell verbrannt wurden. Gegen Mittag trafen  sich  die Gefährten  in  der  Truppenküche  der  Flussgarnison  bei  einem  kargen Mittagsmahl  und 

Page 39: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

tauschten ihre Erlebnisse aus. Arthilas konnte berichten, dass es Wolfmir mittlerweile besser ging und er zum Glück keine Symptome des Vampirfluchs zeigte. Answulf war allerdings gar nicht zufrieden damit, dass Aurelia Butterweck noch immer auf freiem Fuß war und wohl auch in der kommenden Nacht wieder ihren  blutrünstigen  Gelüsten  nachgehen würde.  Noch  dazu war  Kapo  schon  seit mehreren  Stunden spurlos verschwunden.  Als die Gefährten  ihr Mittagsmahl beendet hatten und eine Runde Knoblauchschnaps tranken, wurden sie  von  einem  der  Torwächter  der  Flussgarnison  angesprochen:  "Inquisitor  Answulf,  hier  sind  zwei Hilfsgardisten von der Stadtwache, die Euch gerne sprechen möchten." Answulf nickte zustimmend und wandte  sich den beiden  Stadtwachen  zu. Der eine war offensichtlich  tulamidischer Abstammung und stellte sich als Altair Leporem aus Lowangen vor, der andere schien ein örtlicher Jägersmann zu sein und hieß  Andrak.  Während  Andrak  recht  schweigsam  war,  erzählte  Altair  gleichwohl  aufgeregt  und gestenreich,  was  ihn  bewegte:  "Werter  Herr,  wir  wollen  uns  Eurem  Kampf  gegen  die  furchtbaren Vampirfrauen anschließen. Wir haben mitbekommen, was den armen Hagenbutts passiert  ist und was die Biester mit unseren Kameraden auf dem Sonnenhügel angerichtet haben. Mein Freund Andrak kann gut mit dem Bogen umgehen und ich bin auch geübt im Kampf gegen die Orks. Außerdem habe ich ein Buch in meinem Besitz, in dem wertvolles Wissen über Vampire steht!"  Altair legte einen schweren Foliant auf den Tisch, der den Titel "Almanach des Volksglaubens" trug und las  vor:  "Der  Vampir  oder  Blutsauger  erscheint  oftmals  als  bleicher  Mensch  ohne  Herzschlag  und Körperwärme, trotz seiner Schmächtigkeit weist er große Kraft und Behändigkeit auf. Zum Leben braucht ein Blutsauger nichts denn das Blut von Lebewesen, vor allem von Menschen, unter diesen besonders Jungfrauen. Zum Blutsaugen besitzen  sie  spitze Eckzähne,  an denen  sie auch  leicht  zu erkennen  sind. Tötet ein Blutsauger einen Menschen durch den Entzug des Blutes, so wird dieser nach einem Tag wieder lebendig und selbst zum Ungeheuer. Blutsauger gelten als auf normalem Wege unverwundbar, erleiden aber  unter  besonderen  Bedingungen  großen  Schaden.  Sie  erleiden  schwere  Verbrennungen  durch Sonnenlicht und reagieren allergisch auf Silber und dem Wasser aus den Efferdtempeln. Ein Pflock aus frischem Holz ins Herz oder das Abtrennen des Kopfes tötet sie endgültig, während Alraune, Knoblauch und  andere  Peraine‐Kräuter  Ihnen  unangenehm  sind.  Eine  gesegnete  Praioskrause  schützt  vor  ihrem Biss.  Diversen  Berichten  zufolge  sollen manche  Vampire  nicht  von Wasser  getragen  werden,  haben weder Spiegelbild noch Schatten und hinterlassen keine Spuren im Schnee. Ebenso wird berichtet, dass Vampire  ohne  Einladung  kein  Heim  betreten  können  und  von  rahjagefälligem  Wein  geschwächt werden."  Answulf beriet sich kurz mit seinen Freunden und beschloss dann, die beiden Hilfsgardisten unter sein Kommando zu stellen. Dann erteilte er neue Befehle für den Rest des Tages: Arthilas sollte noch einmal nach Wolfmir  sehen  und  sich  gleichzeitig  im  Hospital  erkundigen,  ob  dort  Alraunenwurzeln  vorrätig waren.  Darian  sollte  sich  weiter  ausruhen,  der  Rest  der  Gruppe  sollte  aber  zu  den  einzelnen Wachstationen  und Garnisonen  in  den  Stadtvierteln Greifenfurts  gehen,  um  sich  dort  nach weiteren Entführungsfällen  oder  Mordanschlägen  zu  erkundigen.  Ebenso  sollten  alle  verdächtigten,  leer stehenden Häuser genauer inspiziert werden. Speziell sollte auch nach Kapo gefragt werden.  Die  Fahndungsversuche  von  Answulfs  Gefährten  waren  zunächst  erfolglos,  doch  gegen  Abend bemerkten Andrak und Altair ein verlassenes Haus am Ostmarkt, welches einst dem Pachtmeister der Marktstände  gehörte.  Auffällig  war,  dass  die  Fensterläden  im  Obergeschoss  alle  offen  standen,  im Untergeschoss aber fest verschlossen waren. Bei näherer Untersuchung stellten die beiden fest, dass die Hintertür auf den ersten Blick  scheinbar mit Brettern vernagelt war, allerdings  leicht geöffnet werden konnte. Ebenso befand sich die Glut eines kürzlich niedergebrannten Feuers im Kamin. Altair eilte schnell zur Flussgarnison, um dort Verstärkung zu holen, während Andrak vor dem Haus Wache stand. 

Page 40: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

 Altair  konnte  Answulf,  Arthilas, Ortax  und  Rondrian  bei  der  Flusswache  antreffen  und  eilte mit  den Gefährten zurück zu Andrak. Die Kameraden hatten sich mit Knoblauchschnaps und einem Fischernetz bewaffnet  und  drangen  vorsichtig  in  das  verdächtige Gebäude  ein. Die  Freunde  hörten merkwürdige Klopfgeräusche  im Obergeschoss  und  fanden  dort  ein  Schlafzimmer  vor,  in  dem  ein  großer  Schrank zentral auf dem Boden lag. Die Schranktüren waren mit einem Holzstück verriegelt, allerdings schien sich etwas  in  dem  Schrank  zu  befinden,  was  beständig  gegen  dessen  Innenseite  klopfte.  Die  Gefährten konnten wenig  später  die Hilferufe  einer  Frau  aus  dem  Schrank  hören,  die wohl  in  dem Möbelstück eingesperrt war. Altair zog vorsichtig den Riegel aus dem Türgriff des Schranks und öffnete diesen.  Im Inneren befand sich die Vampirfrau Aurelia Butterweck, die wie eine Katze aus dem Schrank zu springen versuchte. Rondrians Faust war allerdings  schneller und  streckte die Vampirfrau gleich wieder nieder. Ortax  sprühte  derweil  etwas  Knoblauchschnaps  auf  die  Bäckerstochter  und  Andrak  nutzte  das Fischernetz, um Aurelia spinnengleich einzuwickeln.  Nachdem  die  zappelnde  Aurelia  ausreichend  gefesselt  und  in  Decken  eingewickelt  war,  eilten  die Gefährten wieder in das Untergeschoss des Hauses und bemerkten erstaunt, dass jemand wohl erst vor wenigen Augenblick einen Krug voller dünnflüssigem Pech auf die Eckbank geschüttet und anschließend entzündet haben musste. Von dem Brandstifter war nichts zu erkennen, doch da der Brandherd schwer zu  löschen war, eilten die Gefährten mit  ihrer Beute eilig aus dem brennenden Haus. Während Altair, Andrak und Ortax die Nachbarn mobilisierten, um den Brand zu  löschen, eilten die übrigen Gefährten zurück zur Flussgarnison, um Aurelia in den Kerker einzusperren.  Arthilas untersuchte die nach wie vor gefesselte Vampirfrau, die noch immer fürchterliche Krallenhände und  scharfe Fangzähne besaß, und  stellte verwirrt  fest, dass  sie weder  richtig  lebte, noch wirklich  tot war. Blutproben, Haarproben und sogar ein ausgerissener Fangzahn verwandelten sich nach kurzer Zeit zu muffig  riechender Asche, gleichzeitig  schlossen  sich  ihre Wunden aber nach wenigen Augenblicken auch wieder. Auf  Silber und Alraunenpulver  reagierte  sie,  als  hätte man  ihr  eine  Fackel  auf die Haut gedrückt. Insbesondere schienen sich diese Wunden nicht mehr so schnell zu erholen. Darian wagte eine magische Analyse und stellte dann fasziniert fest: "Ich kann eine okkulte Verwandlungsmagie feststellen, die  in ihrer Aura an eine dämonisch induzierte Erkrankung oder Besessenheit erinnert und sie in einem Zustand  zwischen Leben und Unleben hält.  Ich glaube nicht, dass man diesen Zustand beenden kann, ohne das Subjekt dadurch zu  töten." Aurelia selbst schien wahnsinnig und verwirrt zu sein. Sie sprach immer  wieder  von  ihrem  großen  Hunger  und  bat  um  einen  Schluck  Blut.  Answulf  versuchte  sie  zu verhören, während Arthilas  gleichzeitig  in  ihren Geist eindrang, um  ihre Gedanken  zu  lesen. Aus den Erinnerungsfetzen  und  Gedankenbildern  puzzelten  Answulf  und  Arthilas  die  Umstände  ihrer Verwandlung  zusammen  und  berichteten, was  ihr wohl widerfahren war:  "Aurelia  spricht  von  einem dämonischen Meister, der  ihr vor wenigen Tagen  im nächtlichen Stadtpark aufgelauert war und sie zu dem gemacht hat, was sie jetzt ist. Dieser Meister scheint eine monströse Kreatur mit blutroter Haut zu sein,  der  wie  eine  Mischung  aus  haarlosem  Ork  und  Fledermaus  aussehen  muss.  Die  Kreatur  ist gleichsam  stark wie hinterhältig und hat Aurelia  ins Haus  am Ostmarkt  verschleppt und dort  ihr Blut getrunken. Die Kreatur hat Aurelia  anschließend  zur bereits  verwandelten Rosavajinia  in den  Schrank gesperrt und ihr befohlen, dort zu schlafen. Einige Zeit später ist wohl auch Sartassa als dritte Vampirfrau in den Schrank gesperrt worden. Allerdings gehorchte Sartassa wohl nicht ihrem Vampirmeister und hat den Schrank geöffnet. Die drei Vampirfrauen  sind vermutlich  in den vergangenen Nächten gegen den Willen ihres Meisters durch die Stadt geirrt, um ihren Blutdurst zu stillen."  Woher dieser Vampirmeister kam, wo er sich versteckt hielt und ob es noch weitere Vampirfrauen  in anderen Verstecken gab, konnte Aurelia nicht beantworten.  

Page 41: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Am  kommenden  Morgen  des  3.  Tags  des  Namenlosen  tagte  der  Kriegsrat  und  natürlich  war  dem Stadtkommandanten Marcian nicht verborgen geblieben, welche Kreatur  in seiner Feste untergebracht worden war. Insbesondere Zerwas war der Meinung, dass ein solch gefährliches Wesen sofort vernichtet werden  musste:  "Was  ist,  wenn  sich  mit  Hilfe  ihrer  übernatürlichen  Kräfte  befreien  kann  und  ein Massaker  in der  Flussgarnison anrichtet? Bestimmt haben uns die Tairachschamanen der Orks diesen Fledermausdämon  geschickt,  um  uns  von  innen  heraus  zu  vernichten.  Ich  stelle  meine  Klinge  und Henkerserfahrung  gerne  zur  Verfügung,  um  diesem  Ungeheuer  den  Kopf  abzuschlagen.  "  Answulf widersprach und argumentierte, dass Aurelias Seele  in den Namenlosen Tagen nur schwer den Weg  in Borons Hallen  finden konnte: "Wie es uns die Zeugnisse der Heiligen des Herrn Praios  lehren, soll die verfluchte Bäckerstochter am Tag des Praios den  Feuertod  finden, damit  ihre unsterbliche  Seele  vom dämonischen Makel gereinigt werden kann!"  Den  Vormittag  verbrachten  die  Gefährten  mit  weiteren  Vorbereitungen:  Ortax  schmiedete Silberbeschläge an  seinen Rundschild und Darian kochte ein einfaches Waffenöl aus Alraunensud und ranziger  Knoblauchbutter.  Nach  dem  Mittagessen  wurde  Answulf  erneut  von  Altair  und  Andrak aufgesucht:  Beide  hatten  noch  einmal  in  dem  anbrannten  Vampirhaus  nach  Hinweisen  gesucht  und konnten ein dunkles, gelocktes Haar sicherstellen, welches sich  im Türrahmen der Hintertür verfangen hatte. Answulf fiel auf Anhieb keine Person ein, von der das Haar stammen konnte. Arthilas war aber der Meinung,  dass  er mit  seiner  Elfenmagie möglicherweise  in  der  Lage war,  den  Eigentümer  des Haars aufzuspüren. Der Elf zog zusammen mit dem halbwegs genesenen Wolfmir durch die Straßen der Stadt, um den unbekannten Lockenkopf zu telepathisch zu orten.  Am Nachmittag erklangen plötzlich Alarmrufe und Warnhörner von der Ostschanze. Ein berittener Bote erreichte die Flussgarnison und schrie: "Die Orks! Sie haben berittene Krieger zur Schanze geschickt! Holt den Stadtkommandanten, sie wollen wohl verhandeln!" Marcian schwang sich sofort auf sein Pferd und auch Rondrian und Darian folgten dem Stadtkommandanten zum Stadttor an der Ostschanze. Von dort aus konnten die Greifenfurter etwa vier Schwadronen berittener Orkkrieger erspähen. Der Großteil der Schwarzpelze  befand  sich  außerhalb  der Reichweite  der Bogenschützen,  eine  kleine Delegation  hatte sich aber aus dem Truppenverband gelöst und kam vorsichtig näher an die Stadtmauern heran.   Die  näher  kommenden  Reiter  trugen  ein weißes  Banner  und  immer wieder  erschallte  der  Ruf  eines kahlköpfigen  Andergasters  mit  schwarzem  Rauschebart,  der  an  der  Seite  der  Orks  ritt:  "Der  große Sharraz  Garthai  fordert  ein,  euren  Anführer  zu  sprechen!  Bringt  uns  euren  Anführer!"  Neben  dem Kahlkopf befand sich noch ein anderer Mensch bei den Orkreitern: Dieser saß gefesselt auf dem Pferd eines Orkkriegers und war mit einem Leinensack verhüllt.  Marcian  ließ sich auf die Aufforderung ein und ritt mit einer kleinen Delegation, zu der auch Rondrian, Darian  und  Trullane  von Wertlingen  gehörten,  näher  an  die  feindliche  Gruppe  heran.  Als  sich  beide Delegationen  in Hörweite zueinander befanden, bellte der Anführer der Orks harsche Worte  in  seiner Muttersprache und der Andergaster übersetzte diese: "Ihr närrischen Glatthäute, die ihr noch immer in diesen Mauern  verharrt.  Eure  Schlacht  ist  vorbei,  eure  Armee  ist  gefallen,  euer  Prinz  ist  in  unseren Händen!"   Einer  der  Orkreiter  zog  dem  gefangenen  Menschen  den  Leinensack  vom  Kopf.  Er  war geknebelt und starrte mit leeren Augen auf den Boden zu seinen Füßen. „Das ist er, das ist Prinz Brin!“, schrie Trullane von Wertlingen mit überschlagender Stimme.   Erneut bellte der Orkhäuptling und der Andergaster übersetzte: "Räumt diese Stadt, sie gehört uns,  ihr habt  sie  uns  gestohlen!  Bis  zum  Abend  sollt  ihr  Zeit  haben,  euch  nach  Süden  zurückzuziehen.  Alle Bewaffneten, die nicht bis zum nächsten Morgengrauen die Mauern Saljeths verlassen haben, haben ihr Leben  verwirkt.  Sie werden  an  den  Stelen  zu  Ehren  Tairachs  sterben. Die Haut wird  ihnen  vom  Leib 

Page 42: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

abgezogen, bis der Blutgeruch die Wölfe anlockt.  Ihre Augenlider werden abgeschnitten, damit Raben ihnen  die  Augäpfel  herauspicken.  Nach  drei  Tagen  werden  den  noch  Lebenden  die  Zähne herausgebrochen und mit eisernen Haken das Herz herausgezogen und zu ihren Füßen vergraben, denn sie waren stark genug, im Totenreich Tairachs als Sklaven leben zu dürfen."  Der Orkkrieger zog den Sack wieder über den Kopf des Gefangenen und die Delegation der Schwarzpelze zog  sich  zurück.  Doch  als  die  Orkreiter  wieder  bei  den  verbliebenen  Truppen  angekommen  waren, wandten  sie  sich  noch  einmal  den  Greifenfurtern  zu.  Mit  einer  fließenden  Bewegung  zückte  der vorderste Reiter einen großen Dolch und schnitt dem Gefangenen die Kehle durch. Dieser zuckte kurz unter  seinem  Leinensack  auf  und  erschlaffte, während  sich  der  Leinensack mehr  und mehr mit  Blut vollsog. Trullane schrie vor Entsetzen, doch sowohl Marcian als auch die meisten anderen Mitglieder der Delegation blieben ruhig oder ließen sich ihren Schrecken zumindest nicht anmerken. Als die Orks außer Hörweite  waren,  ergriff  Darian  das  Wort:  "Der  Gefangene  war  verzaubert  oder  vielleicht  sogar verwandelt. Es kann durchaus sein, dass dies nur ein Trick war, um unsere Moral zu brechen. Ich glaube außerdem,  dass  der  Andergaster  ein mächtiger  Druide  ist. Warum  er  sein  eigenes  Volk  an  die Orks verrät, kann  ich mir aber nicht erklären." Auch Rondrian hatte starke Zweifel: "Der Prinz hätte niemals gebrochen zu Boden geblickt, er hätte stolz nach vorne geschaut und sich nicht wie ein Schlachtlamm verhalten." Marcian  schloss  sich  dieser Meinung  an und  konnte  auch  Trullane  von Wertlingen davon überzeugen,  dass  die  Orks  wohl  mittlerweile  so  tief  gesunken  waren,  dass  sie  ihre  Schwäche  mit schändlichem Blendwerk zu vertuschen versuchten.  Unter den Verteidigern der Stadt verbreiteten sich natürlich schnell Gerüchte darüber, was tatsächlich passiert  war.  Doch  Marcian  konnte  mit  Hilfe  seiner  Erfahrungen  in  moralischer  Kriegsführung  und Propagandawesen  kommunizieren,  dass  es  sich  bei  der  Angelegenheit  um  einen  plumpen Einschüchterungsversuch der Orks handelte, bei der ein  schlecht  getarnter Doppelgänger des Prinzen sein Leben lassen musste. Die Aufforderung der Orks an die Verteidiger, die Stadt vor Sonnenaufgang zu verlassen, wurde ebenfalls als hinterhältige Intrige eingestuft.  Am  späten Nachmittag  fanden Ortax  und Altair  heraus,  dass  Kapo wohl mittlerweile  selbst  die  Stadt Greifenfurt verlassen hatte: Die Stadtwachen am Rondrator konnten berichten, dass er mit einem Pferd in  den Morgenstunden  nach  Süden  davon  geritten  war.  Etwa  zeitgleich  konnte  Arthilas  mit  seinen Elfensinnen die Aura des gesuchten Lockenkopfs am Sonnenhügel spüren: Es war niemand anderes als der  verrückte  Uriens.  Arthilas  und Wolfmir  befragten  den  verwirrten  Obdachlosen,  doch  dieser  rief weiterhin nur die  immer gleichen Worte: "Der Tod trägt rot!" Arthilas nutzte seine Elfenmagie, um die Gedanken des Schwachkopfs zu  lesen, doch diese waren äußerst verwirrend und schwer  in die richtige Reihenfolge zu bringen. Arthilas glaubte aber, dass Uriens wohl mittels Telepathie dazu gebracht worden war, das Haus der Vampire anzuzünden. Außerdem konnte Arthilas einen angsterfüllten Gedanken  im wirren  Geist  von  Uriens  isolieren:  "Er  ist  dem  roten  Fledermausdämon  begegnet...in  einer  kalten Vollmondnacht  im  Schnee...bei der Blutulme  im Garten der  Elfenbergs...der Dämon hat  ihn bemerkt, aber verschont!"  Beim Abendessen  trafen  sich die Gefährten wieder  in der Flussgarnison. Answulf wollte weiterhin die gefangene Aurelia bewachen und das Buch des Heiligen Aldec Praiofold  lesen. Darian hatte allerdings andere  Pläne:  "Wir  sollten  uns  heute  Nacht  im  Garten  der  Elfenbergs  auf  die  Lauer  legen  und  den Nachthimmel beobachten. Heute ist Vollmond und ich habe da Gefühl, dass sich der Fledermausdämon wieder  zeigen wird." Rondrian  stimmte dem  zu und  auch Ortax, Wolfmir, Arthilas, Altair  und Andrak wollten  sich  der  Vampirjagd  anschließen. Die  Gefährten  rüsteten  sich  entsprechend mit Netzen  und Silberwaffen  aus  und  vergifteten  ihre  Pfeile  mit  dem  Alraunengift.  Die  Gruppe  marschierte  zum Sonnenhang  und  Darian  wurde  bei  Clarissa  Elfenberg  vorstellig.  Die  Patrizierin  war  anfangs  nicht 

Page 43: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

begeistert  davon,  dass  selbsternannte  Vampirjäger  in  ihrem  Garten  kampieren  wollten,  bot  den Gefährten nach längerer Überzeugungsarbeit allerdings an, den kleinen Wachturm an der Gartenmauer zu öffnen, damit sich die Gefährten dort auf die Lauer  legen konnten. Der kleine Wachturm  lag zentral und war hoch genug,  so dass man die ganze  Stadt  im Mondlicht der  sternenklaren Nacht betrachten konnte. Die Fackeln und Lampen auf den Stadtmauern waren ebenso zu erkennen wie die Lagerfeuer der Orkspäher  in der Ferne. Gegen Mitternacht entdeckte Arthilas ein Flugwesen am Himmel, welches von der Ostschanze kam und zielgerichtet nach Westen flog. Arthilas, Andrak und Altair eröffneten das Feuer und  trafen  das  überraschend  große  Wesen  sogar  mit  ihren  vergifteten  Pfeilen.  Die  Kreatur  sah tatsächlich  wie  eine  haarlose  Riesenfledermaus  aus  und  kreischte  auf,  als  die  Pfeile  in  ihren  Leib einschlugen. Der Dämon ließ sich aber nicht von seinem Pfad abbringen und flog weiter nach Westen in Richtung Flussgarnison. "Es will zu Aurelia!", schrie Ortax. Die Gefährten nahmen die Beine  in die Hand und eilten zur Flussgarnison, aus deren Richtung bereits Alarmrufe erklangen. Zunächst herrschte große Verwirrung, weil die Verteidiger der Garnison von einem Angriff der Orks ausgingen.   Schnell stellte sich aber heraus, dass die Nachtwächter auf dem Nordturm der Flussgarnison tatsächlich vom  Fledermausdämon  kaltblütig  gemetzelt  wurden.  Es  sollte  wohl  kein  Zufall  sein,  dass  sich  im Nordturm der einzige Zugang zu den Kerkern und Kellern der Festung befand. Arthilas, Andrak und Altair näherten sich dem Dämon vom Nordwestturm aus an und schossen weiterhin ihre vergifteten Pfeile auf die  niederhöllische  Kreatur,  die  bereits  ein  gutes Dutzend  an Verteidigern mit  ihren  überaus  starken Klauen  zerrissen  hatte.  Das  Gift  der  Alraune  schien  aber  seine  Wirkung  nicht  zu  verfehlen:  Die Riesenfledermaus  heulte  bei  jedem  Treffer  fürchterlich  auf  und  ließ  dann  ab  von  ihrem  Blutrausch. Taumelnd stürzte sie sich von der Mauer und segelte nach Osten davon.  4.  Tag  des Namenlosen  1012  BF: Der  Fledermausdämon   konnte  in  den  Stunden  vor  Sonnenaufgang vertrieben werden, doch seinen kraftvollen Angriffen waren ein Dutzend Verteidiger der Flussgarnison zum  Opfer  gefallen.  Arthilas  und  Meister  Gordonius  versorgten  die  verletzten  Überlebenden,  die Leichname der Gefallenen wurden allerdings  in ein Lagerhaus am Flusshafen gebracht, damit diese zu späterer  Zeit  verbrannt werden  konnten.  Pünktlich  zum  Sonnenaufgang  pries  Inquisitor  Answulf  den Herrn Praios  in einem Morgengottesdienst und predigte von dem Bösen, welches  in den Namenlosen Tagen  den Glauben  eines  jeden  Rechtschaffenen  auf  die  Probe  stellte. Nach  dem Gottesdienst  tagte Marcians Kriegsrat, der  allerdings  recht  schwach besucht war, da Alrik  von Blautann noch  immer  auf Rettungsmission  war  und  sich  Meister  Gordonius  um  die  verletzten  Kameraden  kümmern  musste. Insbesondere  fehlte  aber  auch  Zerwas,  so  dass  Rondrian  und  Answulf  beschlossen,  gemeinsam mit Ortax, Wolfmir und den Gefährten von der Stadtwache den Henker von Greifenfurt  in seiner Heimstatt zu besuchen.  Die Gefährten klopften wenig später an die Vordertür des Wohnturms, doch Zerwas war wohl nicht zu Hause. Wolfmir und Ortax hatten schon lange den Verdacht, dass Zerwas etwas zu verbergen hatte, und konnten  die  übrigen  Gefährten  überreden,  in  den Wohnturm  einzubrechen,  um  nach  Hinweisen  zu suchen. Rondrian gelang es allerdings nicht, die Vordertür aufzubrechen, da diese mit Eisenstreben und einem modernen  Schloss  bestens  gegen  Einbrüche  geschützt war. Ortax  beschloss  deshalb,  auf  den Balkon  des  Wohnturms  zu  klettern  und  die  Balkontür  einzutreten.  Die  übrigen  Gefährten  drangen ebenfalls über den Balkon in den Turm ein und durchsuchten die Wohnräume des Henkers. Es stellte sich schnell  heraus,  dass  Zerwas  wohl  recht  gut  betucht  war  und  über  edle  Kleider  und  wertvollen Silberschmuck verfügte. Er war offensichtlich belesen, beschäftigte sich mit der Kunst Poesie und hatte wohl  auch  regelmäßig Damenbesuch.  In  einem Geheimfach  konnten  die Gefährten  einen  Beutel mit geschliffenen  Edelsteinen  finden,  die  vor  allem  im  Süden  ein  beliebtes  Zahlungsmittel  waren.  Der Edelsteinvorrat war wertvoll  genug, um  ein Dutzend weiterer Häuser  in Greifenfurt  zu  erwerben, die Gefährten  wagten  es  aber  nicht,  den  Henker  zu  bestehlen.  Arthilas  bemerkte  außerdem  ein 

Page 44: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

interessantes Detail: Die Wohnräume  von  Zerwas waren  zwar  gepflegt,  aber nicht unbedingt peinlich sauber. Trotz dieser Tatsache konnte der Elfenheiler aber nicht ein einziges Haar von Zerwas finden. Da die Gefährten im Wohnturm keinen Hinweis auf den Verbleib des Henkers finden konnten, erkundigten sie sich bei den Wachhabenden der Stadttore, doch niemand hatte den vermissten Südländer an diesem Tag oder in der vergangenen Nacht gesehen.  Gegen  Mittag  erklangen  die  Kriegstrommeln  der  Orks  und  mehrere  Späher  berichteten,  dass  die Schwarzpelze wohl einen Angriff auf die Stadt vorbereiteten. Rondrian führte seine Gefährten daraufhin zur Rondraburg, um  sich dort den Verteidigern anzuschließen. Er  stellte auch Andrak und Altair unter sein Kommando, da er diese  für  fähige Kämpfer hielt. Die Trommelsignale der Orks waren den ganzen Tag über zu hören, doch erst als die Nacht hereingebrochen war, erklangen Hornsignale und Alarmrufe von  der  Norrnfeste.  Rondrian  hielt  mit  seinem  Trupp  die  Stellung  am  Südtor  und  erfuhr  über  die regelmäßig eintreffenden Botenreiter, dass die Schwarzpelze mit Hilfe von Sturmleitern und Setzwällen versuchten,  die Nordmauer  einzunehmen. Während  Rondrian  abwog,  ob  er  seine Untergebenen  zur Norrnfeste führen sollte, entdeckte Ortax eine seltsame Nebelwolke, die die südöstlichen Ufertürme am verfluchten Mauerabschnitt in dichten Dunst hüllte. Der Zwerg wurde mit einem Pony ausgeschickt, um sich  die  Nebelwolke  genauer  anzuschauen.  Dieser  bemerkte  schnell,  dass  eine  kleine  Gruppe  von kampfstarken Zholochai im Schutz des Nebels von der Flussseite aus in die Stadt eingedrungen war und die Südwestmauer einnehmen wollte. Ortax kehrte augenblicklich um und informierte Rondrian über die Eindringlinge. Der Feldkaplan wiederum sammelte seine besten Waffengefährten, um die Flussseite zu verteidigen.  Gemeinsam  ritten  die Waffenbrüder  zum  Hafen  und  bemerkten,  dass  etwa  zwei  Dutzend  Zholochai bereits den Hafenturm  an der Kaimauer erstürmt hatten und über die Wehrgänge den benachbarten Eckturm einnehmen wollten. Arthilas, Andrak und Altair  lenkten  ihre Pferde näher an die Mauer heran und nahmen die  schlecht  geschützten Orks mit  ihren Bögen unter Beschuss. Rondrian  führte derweil Ortax, Wolfmir, Darian und Answulf zum Eingangstor des Hafenturms, da von dort aus eine Treppe auf den umkämpften Mauerabschnitt  führte. Der  Innenraum des Hafenturms war allerdings  in Dunkelheit verborgen, doch gebrüllte Befehle in der Sprache der Schwarzpelze machten klar, dass sich noch immer einige Angreifer in der Düsternis befanden. Rondrian drang dennoch vorsichtig in den Hafenturm ein und wurde sofort von mehreren Zholochai angegriffen, die sich in der Dunkelheit verborgen hielten. Rondrian wehrte  die  Speerstöße mit  seinem  Schild  ab  und  verschanzte  sich  in  einer  dunklen  Ecke. Ortax,  der ebenso wie die Orks  in der Nacht besser  sehen  konnte,  als es Menschen möglich war,  folgte  seinem Anführer und versuchte die benachbarte Ecke zu verteidigen.  Die kampferprobten Zholochai nahmen Rondrian und Ortax in die Zange, während eine seltsame Kreatur aus der Dunkelheit gekrochen kam und sich auf Rondrian zubewegte. Die offensichtlich magische Kreatur wirkte auf den ersten Blick wie ein zwei Schritt großer Wels, der in seinem Inneren aus dunklem Wasser zu bestehen schien. Das Wesen watschelte nach vorne und versuchte, Rondrian mit  seinen wässrigen Tentakeln zu erwürgen. Glücklicherweise gelang es Answulf aber, die Kreatur von Rondrian abzulenken und aus dem Gebäude zu locken. Darian erkannte die Kreatur als ein Elementarwesen, lud seine Fackel mit geballter Astralkraft auf und erschlug das Untier mit einem einzigen, mächtigen Hieb.  Die Zholochai im Innenraum waren allerdings nach wie vor ernstzunehmende Gegner und lieferten den Gefährten ein Gefecht auf Leben und Tod. Erst nach mehreren Anläufen und mit der Hilfe von Andrak, Altair und Arthilas gelang es Rondrians  Stoßtrupp, die Zholochai  zu überwältigen und den Hafenturm wieder unter Kontrolle zu bringen.  

Page 45: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Die Gefährten eilten  anschließend auf den Wehrgang des umkämpften Mauerabschnitts und  konnten erkennen,  dass  die  verbliebenen  Zholochai wohl  bereits  in  den  benachbarten  Eckturm  eingedrungen waren.  Gleichzeitig  ertönten  neue  Alarmrufe  und  Warnsignale  von  der  nahe  gelegenen  Südmauer. Rondrian und  seine  Kameraden  folgten der  Spur  aus  orkischen  und menschlichen  Leichnamen,  unter denen  sich  auch  Gernot  Brohm  befand,  und  folgten  den  Angreifern  in  den  umkämpften  Eckturm. Kampflärm deutete darauf hin, dass die marodierenden Zholochai wohl gerade auf der Wehrplatte  im obersten Turmgeschoss waren, um die dort stationierten Bogenschützen abzuschlachten. Zusammen mit weiteren Verteidigern  von der benachbarten Mauer  eilten die Gefährten  auf der Wendeltreppe nach oben und entdeckten auf der Wehrplatte zu ihrer Überraschung den Henker Zerwas, der wohl mit seiner schwarzen  Boronsichel  die  feindlichen  Zholochai  abgewehrt  hatte. Mit  einem  süffisanten  "Boron mit Euch! Ihr seid spät dran, ich bin schon fast fertig mit der Arbeit!" begrüßte er die Verteidiger und schlug anschließend dem letzten lebenden Zholochai mit einem eleganten Schwerthieb den Kopf vom Hals.  Die Gefährten hatten keine Zeit um zu hinterfragen, warum der Henker ganz alleine auf der Wehrplatte war, um sich einer Überzahl von Orks zu stellen, da der Ansturm der Schwarzpelze noch lange kein Ende gefunden hatte: Vom Eckturm aus konnten die Verteidiger sehen, wie unzählige Orks mit Sturmleitern zur nahegelegenen  Südmauer  vordrangen, um diese  zu besetzen.  Ebenso  konnte Arthilas  ein  kleines, vogelähnliches  Sturmelementar  erkennen,  welches  für  kurze  Zeit  versuchte,  die  Mauerwächter  mit magischen Windböen von den Zinnen zu wehen, sich dann aber in die Dunkelheit der Nacht zurückzog. Rondrian  führte die Verteidiger zur Südmauer und mit vereinten Kräften gelang es den Plänklern, den Sturm auf die Mauer abzuwehren. Unzählige Schwarzpelze fanden in der Schlacht ihren Tod, doch auch der eine oder andere Verteidiger musste dafür mit seinem Leben bezahlen.  Als sich mehr und mehr zeigte, dass die Schwarzpelze nicht in der Lage waren, mit ihren Sturmleitern die Südmauer  einzunehmen,  machten  eine  feurige  Explosion  sowie  entsetzte  Aufschreie  am  nicht  weit entfernten Südtor klar, dass dort mit weiteren Angreifern zu rechnen war. Mit den letzten verbliebenen Kräften eilten Rondrian und seine Freunde auf dem Wehrgang weiter  zum Südtor und erblickten dort drei Dutzend Korogai und einige wenige Zholochai, die wohl durch das Südtor gebrochen waren und sich innerhalb  der  Stadtmauern  ein  Gefecht mit  Lysandras  Freischärlerinnen  lieferten.  Ganz  vorne  in  der Schlachtreihe tobte ein befremdlicher Stier, der wie eine grob gehauene Statue wirkte und wohl magisch zum Leben erweckt worden war. Der Felsenstier zermalmte die Verteidiger wie ein lebendig gewordener Rammbock und hatte den Orks wohl  im Vorfeld dabei geholfen, das Südtor zu durchbrechen. Rondrian führte seine Gefährten durch einen der Tortürme nach unten und stellte sich dem steinernen Ungeheuer entgegen,  doch weder  Rondrians  Schwert  noch  die  Klingen  seiner  Freunde  waren  in  der  Lage,  den Felsenpanzer  des  Stiers  zu  durchbrechen. Als  der  Felsenstier  dabei war,  Rondrian  auf  die  steinernen Hörner  zu  nehmen,  zückte  er  den magischen  Ritualdolch,  den  die  Freunde  vor  einigen Wochen  im Tairach‐Schrein  unter  dem  Sonnenhügel  gefunden  hatten,  und  rammte  die  kupferne  Klinge  in  die steinerne Augenhöhle des Ungetüms. Die Kreatur trat mit ihren Hufen wütend nach dem Feldkaplan und warf diesen um, doch Answulf und Wolfmir nutzen die Gelegenheit, um den Stier aus dem Gleichgewicht zu schleudern und ebenfalls zu Fall zu bringen. Die Erde vibrierte leicht, als der steinerne Stier auf dem Boden aufschlug.   Zerwas nutzte die Gelegenheit, um  sein  schwarzes  Schwert  in den Kopf der Kreatur  zu  rammen, und tatsächlich  gelang  es  ihm, mit  der  Klinge  den  Fels  zu  durchbrechen.  Der  steinerne  Stier  erschlaffte daraufhin und  zerfiel  zu  losen  Felstrümmern. Wenige Minuten  später gelang es den Verteidigern, die angreifenden Orks  zurückzudrängen und  zu besiegen. Die überlebenden Schwarzpelze  zogen  sich vom Schlachtfeld  zurück  und  die  Verteidiger  nutzten  die  Zeit,  um  die  offene  Bresche  im  Südtor  mit Felstrümmern und Brettern zu verschließen.  

Page 46: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Zum Morgengrauen des letzten Tages des Namenlosen war die Schlacht um Greifenfurt geschlagen. Die Stadt  konnte  gehalten werden  und  den Orks war  es  nicht  gelungen,  die Verteidigung  der Metropole nachhaltig  zu  beschädigen.  Im  Laufe  des  Tages  wurden  vor  allem  die  Verwundeten  versorgt.  Die Leichname der Gefallenen wurden ebenfalls am Hafen gesammelt, damit diese am kommenden Tag auf der anderen Uferseite bestattet werden konnten. Insgesamt waren etwa 150 Verteidiger von Greifenfurt in dieser Schlacht gefallen, die Orks hatten allerdings knapp 500 Angreifer verloren.  1. PRA 1013 BF: Zu Beginn des neuen  Jahres war  trotz der vergangenen, aufreibenden Schlacht große Freude  und  Erleichterung  in  Greifenfurt  zu  verspüren.  Answulf  organisierte  einen  großen Morgengottesdienst zum Tag des Lichts, in dessen Rahmen nicht nur die gefallenen Verteidiger feierlich verbrannt wurden, sondern auch die Vampirfrau Aurelia den reinigenden Flammen übergeben worden war:  "Mögen  die  heiligen  Flammen  ihre  Seele  von  allen  Verfehlungen  und  aller  Sünde  reinigen  und geleitet  von  der  Asche  den  Weg  in  die  himmlischen  Gefilde  finden!",  sprach  der  Inquisitor  die überlieferten  Worte  und  forderte  die  Gläubigen  zum  Gebet  auf,  während  die  ehemalige  Bäckerin schreiend in den Flammen verging.   Am Nachmittag verbreitete sich eine weitere Nachricht wie ein Lauffeuer in den Straßen von Greifenfurt: Alrik von Blautann war mit seinen Reitern zurückgekehrt und wurde zudem auch noch von zwei Bannern Angbarer Sappeure und einer Hand Bethanaer Kampfmagier begleitet. Im Kriegsrat berichtete Alrik von Blautann, was er und seine Truppen erlebt hatten: "Wir sind am Rand des Reichsforsts von Süden her nach Eslamsroden vorgestoßen, doch bevor wir  in Reichweite der Stadtmauern waren, stießen wir auf Kundschafter des Kaiserlichen Heeres. Uns wurde berichtet, dass der Reichsbehüter wohlauf war und sich im Hauptlager am Dergelufer befand. Die Kundschafter haben uns zum Hauptlager geführt, so dass wir persönlich mit Prinz Brin und Helme Haffax  sprechen konnten. Die Schwarzpelze wollten uns also tatsächlich mit einem Doppelgänger des Prinzen täuschen. Der Reichserzmarschall hat uns anschließend befohlen, die Angbarer Sappeure und die Kampfmagier nach Greifenfurt zu eskortieren, damit die Stadt weiter gehalten werden kann. Die Kaiserlichen selbst müssen zunächst Eslamsroden befreien, so dass wir vermutlich  noch  einige Wochen  durchhalten  müssen,  bis  das  Greifenfurter  Land  vollständig  befreit werden  kann."  Marcian  nickte  zustimmend  und  gab  entsprechende  Anweisungen  für  die  weitere Verteidigung der  Stadt. Ebenso wurden den  Sappeuren und den Kampfmagiern eigene Quartiere und Wachbereiche zugewiesen.  In den kommenden Tagen gab es  keine weiteren Angriffe von Seiten der Orks, allerdings drückte der Hunger wieder deutlich auf die Stimmung der Bürger. Answulf nutzte diese Zeit, um die Memoiren des heiligen  Aldec  Praiofold  II.  zu  Ende  zu  lesen. Nach  anfänglichen  Schwierigkeiten mit  der  unsauberen Schrift verschlang er das Buch aber  regelrecht und berichtete wenig später aufgeregt, was er über die Erlebnisse  des ersten Priesterkaisern gelernt hatte:  "Im  Jahr 290 BF  ist Aldec Novize  im Praiostempel zu Greifenfurt. Er berichtet von den Umtrieben des ketzerischen Barons Walmir von Riebeshoff, der in der Acheburg seinen Heimatsitz hat. Der Baron wurde der Namenlosen‐Anbeterei und der Menschenopferung für schuldig erklärt, hatte sich seiner Verhaftung aber blutig widersetzt. Der Baron wurde vom Henker von Greifenfurt  in der Mittagssonne hingerichtet. Bemerkenswert war, dass der Körper des Barons nach der Enthauptung zu stinkender Asche verbrannt war.  Im  Jahr 303 BF  ist Aldec Tempelvorsteher des Praiostempels zu Greifenfurt.  In dieser Zeit geschah es, dass  der  Henker  von  Greifenfurt  eines  grausamen  Verbrechens  angeklagt  worden  war:  Er  soll  zwei Ordensschwestern des Norrnklosters  entführt und  verzaubert haben,  so dass diese  von blutrünstigen Dämonen besessen waren. Der Wohnturm des Henkers, in dem sich alle drei befanden, wurde daraufhin 

Page 47: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

angezündet  und  die  Brut  des  Namenlosen  damit  verbrannt.  In  der  Glut  fand  man  den  schwarzen Zweihänder, den einst Walmir von Riebeshoff besessen hatte.  Im Jahr 307 BF ist Aldec ist Illuminierter von Greifenfurt. Er stellt eine Theorie auf, dass die Katakomben unter dem Sonnenhügel einst von den Schwarzpelzen bewohnt waren, die dort  ihrem Blutgötzen eine große Tempelhalle errichtet hatten. Ein halbgöttlicher, stierköpfiger Sohn des blutigen Orkgötzen Tairach soll  die  Kulthallen  bewohnt  haben  und  sich  von  den Orks  verehrt  haben  lassen.  Die wahren  Götter konnten  diesen  Schandfleck  aber  wohl  nicht  ertragen  und  haben  die  komplette  Anlage  unter  Erde begraben. Aldec stellt außerdem eine Beziehung zwischen dem stierköpfigen Halbgott und der von ihm offensichtlich verachteten Kriegsgöttin Rondra her, die er als Mutter des Stiergotts identifiziert.  Im Jahr 317 BF ist Aldec seit 10 Jahren Illuminierter von Greifenfurt. Er berichtet von einem Massaker an den Praiospriestern der Stadt, die in einer Vollmondnacht in den Namenlosen Tagen allesamt scheinbar von einer wilden Bestie ermordet worden waren. Ausgiebige Untersuchungen lassen erkennen, dass der Mörder  niemand  anderes  als  der  Henker  von  Greifenfurt  war,  der  nach  seiner  Verbrennung offensichtlich von den Toten zurückgekehrt war. Der ehemalige Henker wurde vom neuen Henker der Stadt enthauptet und erneut zerfiel sein Leib zu Asche. Die Asche wurde allerdings  in einer geweihten Urne versiegelt und an einem  sicheren Ort versteckt, der nur die Wegkreuzung genannt wird, dessen genaue Lage aber verschwiegen wird.  Im  Jahr 324 BF  ist Aldec Bote des Lichts zu Gareth. Zu einer seiner ersten Amtshandlungen zählte die Gründung  des  Ordens  vom  Bannstrahl  Praios‘,  dessen  Aufgabe  es  sein  sollte,  die  Kreaturen  des Namenlosen zu jagen.  Im Jahr 330 BF erfährt Aldec Praiofold II von einer erneuten Vampirplage in Greifenfurt. Er sendet seine Bannstrahler aus, um den Erzvampir hinter diesem Verbrechen zu  finden. Die von Aldec ausgesandten Bannstrahler konnten nach monatelangen Untersuchungen und unzähligen Verlusten eine alte Burgruine in den Wäldern südöstlich von Greifenfurt ausmachen, in der sich der Erzvampir eingenistet hatte. Aldec bezeichnet  diesen  Erzvampir  als  Walmir  den  Ketzer.  Aldec  berichtet,  dass  sich  laut  Aussagen  der Bannstrahler der Erzvampir im Kampf gegen die Bannstrahler in eine blutrote, fledermausartige Kreatur verwandelt  hatte,  aber  mit  Hilfe  von  efferdgefälligen  Netzen  eingefangen  und  einer  geweihten Praioskrause und vergoldeten Ketten gebunden werden konnte.  Da Aldec damals befürchtet hatte, dass der Erzvampir nach seiner körperlichen Vernichtung erneut zurückkehren würde,  ließ er anweisen, den noch  lebenden,  aber   gefesselten Walmir  in  einem  praiosgefälligen  Sarg  lebendig  zu  vergraben.  Die Grabstätte  wurde  unter  der  Krypta  des  Praiostempels  zu  Greifenfurt  angelegt.  Aldec  Praiofold  ließ außerdem anweisen, dass ein jeder Diener des Praios von den Schandtaten des Ketzers unter der Krypta erfahren sollte, damit sein Grab nie mehr geöffnet werden würde. Aldec schreibt abschließend, dass es nach dieser Handlung keine Vampirplage mehr in Greifenfurt gab.  Nach dem Tod von Kaiser Rude und der Ermordung von Rudes Sohn wird Aldec Praiofold II im Jahr 335 BF  zunächst  zum Reichsbewahrer und dann  zum ersten Priesterkaiser. Er berichtet vor allem von den gewaltsamen Bemühungen der Rondrianer, die praiosgefällige Ordnung zu stürzen. In dieser Zeit ordnete er an, die Rondratempel zu schließen und die Geweihten der ketzerischen Kirche zu verhaftet, peinlich zu befragen  und  notfalls  hinzurichten.  Aldec  begründet  diese  drastischen  Schritte  mit  einer  von  ihm entdeckten  spirituellen Verbundenheit  zwischen den Opferkulten der Rondra und den Blutgötzen der Orks. "  Anfang PRA 1013 BF: Nachdem der Angriff der Orks  in den Namenlosen Tagen erfolgreich abgewehrt worden war, kehrte allmählich wieder Ruhe und Alltag in die Stadt Greifenfurt ein. In Marcians Kriegsrat 

Page 48: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

wurde  vor  allem  diskutiert,  wie  mit  der  drohenden  Lebensmittelknappheit  und  einem  möglichen weiteren Angriff der Orks umgegangen werden sollte. Erste Berichte des Proviantmeisters machten aber klar, dass die Stadt bei strenger Rationierung bis zum Boronmond versorgt sein würde.  Inquisitor  Answulf  und  Magister  Darian  beschäftigten  sich  in  diesen  Tagen  nach  wie  vor  mit  dem blutroten  Fledermausdämon,  der  wohl  der  Meister  der  Vampirfrauen  war.  Diese  Kreatur  des Namenlosen war gemäß der Aufzeichnungen bereits zu Zeiten von Priesterkaiser Aldec Praiofold unter dem  Namen  Walmir  von  Riebeshoff  bekannt  gewesen  und  hatte  damals  ebenfalls  in  der  Mark Greifenfurt  Angst  und  Schrecken  verbreitet.  Answulf  interessierte  sich  insbesondere  für  den praiosgefälligen Sarg, in dem der verfluchte Erzvampir laut den Memoiren des Priesterkaisers vor vielen Jahrhunderten unter dem Praiostempel lebendig begraben worden war. Außerdem hatte er das Gefühl, dass  das  schwarze  Schwert  von  Zerwas  mit  dem  Vampirfluch  zusammenhing  und  möglicherweise ebenfalls von den Grubenarbeitern ausgebuddelt worden war.   Der  Inquisitor  erkundigte  sich  deshalb  bei  den  ehemaligen  Grubensklaven  nach  außergewöhnlichen Fundstücken.  Diese  konnten  ihm  zwar  bestätigen,  dass  sie  von  den  orkischen  Besatzern  gezwungen worden  waren,  den  Praiostempel  abzutragen,  dessen  Krypta  auszuheben  und  sämtliche  Särge  zu zerstören,  die  sich  dort  befunden  hatten,  doch  ungewöhnliche  Funde  waren  nicht  bekannt. Weibel Sigiswald konnte sich an genauere Details erinnern und erzählte dem Inquisitor, an was er sich erinnerte: "Die Orks haben uns befohlen, die Gräber  zu öffnen. Die Knochen und  Leichenteile wurden an einen Orkschamanen  übergeben,  die  Grabbeigaben  aus  Gold  und  aus  anderen Metallen  sowie  die Waffen wurden in einer speziellen Kiste gesammelt. Ein schwarzer Zweihänder war da nicht dabei. Für Gemälde, Steinskulpturen  und  Möbel  haben  sich  die  Orks  nicht  interessiert.  Das  Holz  wurde  im  Winter  als Brennholz  genutzt,  die  Steinrelikte  wurden  in  handliche  Stücke  zerkleinert  und  auf  Schutthaufen geworfen. Von  einem praiosgefälligen  Sarg  ist mir nichts bekannt, die waren  alle mehr oder weniger gleich. Allerdings haben wir  tatsächlich noch  einen  seltsamen  Fund  entdeckt:  Ein  alter  Leichnam war wohl mit einem Dutzend  goldener  Zimmermannsnägel  an  einen  großen Balken  genagelt und  in  einer Grube unterhalb der Krypta verbuddelt worden. Diesen Bereich haben wir aber schon lange abgetragen. Weiter unten ist dann ja nur noch Granit." Answulf hatte gehofft, dass die Grubenarbeiter seine Theorien zum  Vampirfluch  bestätigen  konnten,  doch  die  bisherigen  Erkenntnisse  passten  irgendwie  nicht mit seinen Vermutungen zusammen.  Die  Gefährten  verfolgten  deshalb  eine  andere  Spur:  In  den Memoiren  des  Priesterkaisers war  auch beschrieben, dass sich Walmir von Riebeshoff zur Zeit der Priesterkaiser in einer alten Burgruine in den südöstlichen Wäldern verschanzt hatte. Da der Fledermausdämon auch oft dabei beobachtet wurde, wie er  in  diese  Richtung  davon  flog  oder  von  dort  angeflogen  kam,  sprach  einiges  dafür,  dass  dieser Unterschlupf noch immer von der Kreatur genutzt wurde. Rondrian erkundigte sich bei Lysandra, die das Umland gut kannte, ob ihr eine solche Burgruine bekannt war und tatsächlich konnte ihm die Anführerin der Freischärlerinnen weiterhelfen: "Etwa einen Tagesmarsch  im Süden gibt es einen Trampelpfad, der von der Ortschaft Niemith an der Breite bis zur Burg Ulmenhain im Reichsforst führt. Auf halber Strecke gibt  es  einen  dicht  bewaldeten  Hügel mit  uralten  Bäumen,  auf  dem  sich  eine  verlassene  Burgruine befindet. Die Ruine  ist unter dem Namen  Kastell Kompitz bekannt und  in  vielen  regionalen Märchen sollen  dort  wahlweise  Feen,  Elfen  oder  Nachtalben  hausen. Wir  hatten  im  letzten  Herbst  dort  ein Winterquartier  eingerichtet,  doch  das  Quartier  wurde  von  den  Orks  überfallen  und  ausgelöscht. Vermutlich haben sich die Orks dort selbst eingenistet und das Gebiet unter ihre Kontrolle gebracht."   Rondrian berichtete beim Mittagessen von  seinen Erkenntnissen und Andrak erklärte:  „Ich kenne den Weg  zu  dieser  Burgruine.  Soll  ein  verfluchter  Ort  sein,  hab‘  ich  gehört.  Da  sind  schon  vor  dem Orkensturm regelmäßig Menschen verschwunden.“  

Page 49: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

 Darian, Wolfmir und Altair suchten am Nachmittag nochmals das Stadtarchiv auf, um Recherchen zum Kastell Kompitz einzuholen. Beim Abendessen konnten die drei berichten, dass das Kastell zur Zeit der Priesterkaiser "Burg am Wegkreuz" genannt wurde und auch einen elfischen Namen trug, der sich grob mit  "Pforte  von  Ornaval"  übersetzen  ließ.  Die  Gefährten  beschlossen,  sich  diese  Burgruine  genauer anzuschauen,  da  diese  möglicherweise  tatsächlich  das  Versteck  des  Fledermausdämons  war.  Sie sprachen auch mit Marcian darüber, doch dieser wollte die Angelegenheit lieber diskret halten: "Dass Ihr Vampirmonster  jagt, kann  ich den Bürgern der Stadt nur schwer vermitteln. Wenn Euch  jemand  fragt, werdet  Ihr nach  Süden  reisen, um die  Stellungen der Orks auszuspähen und  Jagdgebiete ausfindig  zu machen.  Und  kommt  bald  wieder,  ich  kann  jede  helfende  Hand  hier  gebrauchen.  Haben  wir  uns verstanden?"  Die  Gefährten  packten  ihre  Ausrüstung  zusammen  und  breiteten  sich  auf  die  Abreise  vor.  Zum Sonnenaufgang des kommenden Tages hielt Inquisitor Answulf seinen vorerst letzten Praiosgottesdienst am Schrein des Sonnenhügels, erklärte der Gemeinde dann, dass er für einige Tage abwesend sein werde und übergab die priesterlichen Geschäfte feierlich an die neue Diakonin Alrike Funkelstein. Als sich die Gemeindemitglieder  von  Answulf  verabschiedeten,  ergab  sich  jedoch  noch  seltsamer  Vorfall:  Der Stadtschreiber  Zaberwitz  wollte  Answulf  diskret  einen  Zettel  zustecken,  auf  dem  folgende  Worte standen:  "Trefft mit zur Mittagszeit im ehemaligen Rahjatempel ‐ gez. Z.“.  Answulf wollte den Stadtschreiber darauf ansprechen, doch dieser fühlte sich offenbar beobachtet und flüsterte nur ängstlich die Worte: "Nicht hier, der Henker beobachtet mich!".  Answulf hatte den Verdacht, dass Zerwas, der ebenfalls bei den Gemeindemitgliedern stand, etwas mit dieser Nachricht zu tun hatte. Allerdings war dem Inquisitor nicht klar, ob es sich um eine Ablenkung, um eine Falle oder um ein ernst gemeintes Treffen handelte. Er beschloss allerdings, seine Reisepläne nicht weiter zu verzögern, und verließ kurz darauf zusammen mit seinen Freunden die Stadt.  Andrak  führte die Gruppe querfeldein nach  Südwesten und nutzte  vor  allem  verborgene und  schwer einsehbare Pfade, um  eine  Entdeckung durch die  Schwarzpelze  zu  vermeiden.  Tatsächlich  fanden die Gefährten reichlich Spuren von patrouillierenden Orks. Gegen Nachmittag  fanden die Reisenden einen großen Teich  in den Wäldern,  in dem einige  Frösche munter quakten. Da die  Freunde auf Grund der Lebensmittelrationierung  reichlich ausgehungert waren, nutzten sie die Gunst der Stunde und  fischten den Teich leer. Die Frösche und Kröten reichten allerdings gerade einmal aus, um den eigenen Hunger zu stillen. Einige Stunden später bemühte sich Andrak, einen geeigneten und möglichst abgelegenen Platz für das Nachtlager zu finden, doch eine Gruppe von Orks hatte wohl die Spuren der Gefährten entdeckt und diese verfolgt.   Die Schwarzpelze, die  in der Dunkelheit der warmen Sommernacht deutlich besser sehen konnten, als ihre  menschlichen  Gegner,  schlichen  sich  an  die  ruhenden  Gefährten  an  und  bereiteten  einen Überraschungsangriff  vor.  Einige  der Gefährten  hielten  zwar Wache,  doch wegen  der Dunkelheit  des Waldes  konnten  sie  die  Angreifer  erst  bemerken,  als  es  schon  zu  spät war:  Einer  der Orks,  der  ein mächtiger  Schamane  des  orkischen  Feuergottes  Gravesh  war,  rief magische  Feuerkräfte  herbei  und schleuderte diese  in die Reihen  seiner glatthäutigen Feinde. Die überaus heißen Flammen hüllten das Nachtlager  der  Gefährten  in  ein  brennendes  Inferno  und  versengten  die  Haut  der  schreienden Gefährten. Arthilas und Altair brachen brennend zusammen, wurden aber von Andrak mit einer Decke gelöscht und in Sicherheit gezogen. Darian konnte sich hinter einem Baum vor den Flammen retten und konzentrierte  sich  auf  einen magischen  Gegenangriff.  Ortax,  Rondrian, Wolfmir  und  Answulf  hatten ebenfalls starke Verbrennungen erlitten, doch da bereits einige Orks den Gefährten entgegen kamen, um 

Page 50: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

diese endgültig zu Boron zu schicken, mussten sie die Zähne zusammenbeißen und sich den Feinden mit letzter  Kraft  entgegen  Stellen.  Es  gelang  Rondrian  und Wolfmir,  jeweils  einen Ork  zu  erschlagen. Als jedoch der Feuerschamane ein weiteres Inferno beschwören wollte, schleuderte Darian einen magischen Blitz auf diesen, so dass die Feuerbeschwörung misslang.   Glücklicherweise  zogen  sich die Angreifer daraufhin  in die Dunkelheit des Waldes  zurück. Andrak war sich allerdings sicher, dass diese bald mit weiteren Kriegern zurückkehren würden. Er wies Wolfmir und Answulf  an,  jeweils  eine  improvisierte  Trage  für  Arthilas  und  Altair  zu  bauen  und  führte  die  stark angeschlagene  Reisegruppe  noch  in  derselben  Nacht wieder  zurück  nach  Greifenfurt.  Die  Gefährten erreichten  die  Stadt  im  Morgengrauen  und  suchten  dann  das  Therbûniten‐Hospital  auf,  um  die Brandwunden versorgen zu lassen.  Mitte PRA 1013 BF: Die Gefährten erholten sich einige Tage  in der Obhut von Bruder Gordonius, doch dieser Rückschlag brachte sie nicht davon ab, eine erneute Expedition zu der verfluchten Burgruine zu wagen. Andrak wählte diesmal einen  sumpfigen Pfad auf der westlichen Uferseite der Breite aus, um zunächst bis nach Niemith zu kommen. Der Ort selbst war von den Orks schon vor Monaten geplündert und  niedergebrannt  worden  und  die  Freunde  fanden  auch  keine  Überlebenden  in  den  Ruinen  des Dörfchens. Allerdings gab es in der Nähe einige Sonnenblumenfelder. Die Gefährten nahmen sich einige Sonnenblumen mit, deren Kerne schon halbwegs ausgereift waren und  labten sich an den Samen. Mit einem grob zusammengezimmerten Floß überquerten die Freunde die Breite und folgten anschließend dem Trampelpfad nach Burg Ulmenhain. Andrak konnte auf dieser Seite des Flusses weitere Spuren von patrouillierenden  Schwarzpelzen  erkennen,  doch  er  konnte  die  Reisegruppe  zunächst  entlang  eines Bachs  führen  und  dann  ein  schwer  einsehbares  Nachtlager  zwischen  mehreren  Hecken  ausfindig machen.  Nach  einer  ungestörten Nacht  konnten  die  Freunde  ihre  Expedition  fortführen  und  erreichten  gegen Mittag den bewaldeten Hügel, auf dessen Rücken die Ruinen von Kastell Kompitz vermutet wurden. Ein Wildwechsel  führte  in  Serpentinen nach oben, der Wald war  aber ungewöhnlich  still und düster. Auf halber Höhe entdeckten die Gefährten einen Lagerplatz, auf dem die Leichname von mehreren Orks zu finden waren. Die Kadaver der Schwarzpelze waren schon eine gute Woche alt. Krallenwunden deuteten darauf  hin,  dass  diese  von  wilden  Tieren  überfallen  worden  waren.  Arthilas  stellte  allerdings  keine Fraßspuren  von  Raubtieren  oder  größeren  Aasfressern  fest,  stattdessen  deuteten  typische Verwesungsspuren darauf hin, dass die Körper der Schwarzpelze regelrecht geschächtet worden waren. Mit gezückten Waffen  folgten die Gefährten weiter dem Wildwechsel, der  sich kurz vor der  steinigen Hügelkuppe in zwei Trampelpfade gabelte. Ein Trampelpfad führte weiter nach oben zu den Ruinen, die von dieser Position aus  schon  zu erkennen waren. Der andere Trampelpfad  führte allerdings  zu einer nahegelegenen Höhle, aus deren Eingang ein Bachlauf hervortrat.  "Die  fröhlichen  Gesänge  scheinen  aus  dieser  Kaverne  zu  kommen!",  sprach  Arthilas  und  zeigte  zum Höhleneingang. Die Gefährten des Elfen blickten ihn verwirrt an und Ortax sprach aus, was alle anderen dachten:  "Mag  sein,  dass meine Ohren mich  völlig  im  Stich  lassen,  aber  dieser Wald  ist  so  still wie Pilzbrösel  in  Biersuppe!"  Arthilas war  nun  ebenfalls  verwirrt  und  erklärte:  "So  schlecht  können  eure Ohren  doch  nicht  sein,  man  kann  die  Gesänge  schon  von  Weitem  hören.  Sie  singen  ein  elfisches Dschissandra, sie singen über die Wunder des Morgenwalds?!".  Rondrian  vertraute  dem  Elfenfreund  und  führte  die Gruppe  zu  dem mysteriösen Höhleneingang. Die Höhlen  schienen  sich  direkt  unter  den  Ruinen  des  Kastells  zu  erstrecken  und  waren  natürlichen Ursprungs. Die Gefährten folgten dem Bachlauf in die Höhle hinein und bemerkten, dass dieser aus dem Überlauf eines natürlichen Badebeckens entsprang. Das Wasser, welches das Badebecken füllte, schien 

Page 51: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

dabei aus der nördlichen Höhlenwand zu treten und bildete dort einen regelrechten Schleier aus Wasser. Die Gefährten  konnten  in den hinteren Höhlen  eine  Lagerstätte  der  Freischärlerinnen  entdecken, die schon seit Monaten verlassen war. Verweste Leichname und Kampfspuren deuteten darauf hin, dass die ehemaligen Bewohner der Höhle angegriffen und erschlagen worden waren. Arthilas bemerkte, dass das Wasser  in  dem  Badebecken  angenehm warm war.  Das  elfische  Dschissandra  schien  ebenso wie  das Wasser aus dem Felsen zu kommen. Darian untersuchte das Wasser mit seinen magischen Fähigkeiten und  erklärte  erstaunt:  "Hier  ist  ein  Sphärentor  in die Anderswelt,  in der die  Feen  leben und  aus der angeblich die Elfen stammen. Das Tor ist allerdings verschlossen."   Arthilas lauschte weiter dem Dschissandra und fing plötzlich an, ebenfalls zu singen und die Melodie mit seinen eigenen  Liedern  zu  ergänzen. Darian bemerkte, dass die Gesänge des  Elfenfreunds  tatsächlich Einfluss auf das Feentor hatten und dieses entriegelten: Der Wasserschleier öffnete sich wie ein Vorhang und bildete einen Höhlenausgang  in einen überaus  lichten, wohlriechenden Zauberwald,  in dem bunte Schmetterlinge  tanzten. Arthilas deutete an, dass  sein Gesang das Feentor offen hielt und Darian  trat hindurch auf die andere Seite.   Die Anderswelt war unbeschreiblich schön: Die Luft war frisch und klar, das helle Licht, welches aus den Baumkronen  der  Bäume  hervor  quoll,  war  angenehm  warm  und  am  Horizont  erstrahlte  aus  allen Richtungen  eine wundersame Morgenröte.  Die  übrigen  Gefährten  und  letztlich  auch  Arthilas  folgten Darian  in  die  Anderswelt  und  erkannten,  dass  das  Feentor  von  dieser  Seite  aus  in  einem  breiten, alleinstehenden  Felsen  eingearbeitet war.  Elfische  Schriftzeichen bildeten  einen Bogen um das  Portal und Arthilas erkannte, dass das Dschissandra von dort aus erklang. Der Elf übersetzte die Zeichen: "Dort steht, dass dies die Pforte am Abendrand der Tagstern‐Wälder ist... Der Erschaffer der Elfenzeichen heißt Ornaval... Er wünscht uns eine gute Reise?!".  "Heda,  Fremdlinge, wo  kommt  Ihr denn her?",  erklang plötzlich  eine piepsige  Stimme. Die Gefährten sahen sich um und erkannten ein kleines Feenwesen, welches auf einem Eichhörnchen saß, als wäre es ein prächtiges Pferd: Der Feenritter sah von der Statur her aus wie ein handgroßer Elf, allerdings trug er eine  fein  ziselierte,  goldene Ritterrüstung und hatte einen Helm mit  einem  zierlichen  Federbusch  auf dem  Kopf.  Sein  Reithörnchen  trug  ebenfalls  einen  fein  geschmiedeten,  goldenen  Pferdekürass.  Der Feenritter nannte  seinen unglaublich  langen und komplizierten Namen und ergänzte:  "Ihr könnt mich aber auch Ka'yl nennen!". Arthilas grüßte den Feenritter nun ebenfalls und stellte sich und seine Freunde vor. Der Elf und der Feenritter unterhielten sich und schnell stellte sich heraus, dass die Gefährten  im lieblichen Morgenwald der Holden Leriella waren.  Die anderen Gefährten sprachen ebenfalls mit dem kleinen Feenkrieger. Ortax konnte herausfinden, dass Ka'yls  goldenes  Rüstzeug  von  einem  legendären  zwergischen  Riesenschmied  ‐  oder  riesigen Zwergenschmied?  ‐ namens Linosch Goldbart  in den Winterbergen geschmiedet worden war. Answulf bemerkte mit Sorge, dass in dieser Welt zwar Sonnenlicht zu sehen war, aber kein Praiosmal am Himmel stand. Er  fragte Ka'yl nach der Sonne, doch dieser war sehr verwundert über die Frage. Der Feenritter hatte  unter  anderem  auch  Probleme  mit  den  Konzepten  von  Zeit,  Distanz  und  Richtung.  Darian erkundigte  sich bei dem Feenritter, ob  ihm ein blutroter Fledermausdämon bekannt war, doch dieser verneinte die Frage. Andrak wiederum sorgte sich mehr um seinen leeren Magen und fragte Ka'yl, ob es im  Morgenwald  etwas  zu  essen  gab.  Der  Feenritter  nickte  und  schlug  vor,  die  Gefährten  zum Riesennussbaum  zu  führen,  dessen  schmackhafte  Nüsse wohl  in  der  Lage waren,  auch  den  größten Hunger zu stillen.  Der Feenritter führte die Gefährten vom Feentor weg und mitten durch den lichten Morgenwald, in dem einige wundersame Wesenheiten zu bestaunen waren: Die Freunde passierten den Pfad der  lachenden 

Page 52: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Steine, die Wiesen der Quasselschmetterlinge und beobachteten sogar einige Hirschbiestinger bei ihren seltsamen  Jagdspielen. Während  der  Reise  holte  Andrak  eine  seiner  Sonnenblumen  hervor,  um  die letzten Kerne heraus zu knabbern. Ka'yl bemerkte dies und sprach aufgeregt: "Ihr habt eine Lichtblume bei Euch? Wurdet  Ihr etwa  von unserer Holden gerufen, um die  Lichtblume an  ihren Hof  zu bringen, damit die Heilkraft der Blume die Schattenseele vertreiben kann?" Andrak schüttelte verwirrt den Kopf, doch  Rondrian  wollte  sich  genauer  erkundigen,  was  es  mit  der  Schattenseele  auf  sich  hatte.  Ka'yl erklärte:  "Bevor  Ihr  in  diese Welt  gekommen  seid,  hat  eine  Fremdlingsfrau  den Morgenwald  durch Ornavals Pforte betreten. Doch die Fremdlingsfrau  leidet unter einer schweren Krankheit, sie hat eine bösartige Schattenseele auf  ihren Schultern, die  ihr einige  fiese Sachen einflüstert. Die Geweihten des Morgenwaldes haben sie deshalb zur Holden Leriella gebracht, damit diese die bösartige Schattenseele vertreiben  kann. Doch die Holde meint, dass die  Schattenseele nicht  von dieser Welt  ist und nur die Macht der Lichtblume den finsteren Schatten bezwingen kann. Also hat sie die Fremdlingsfrau  in einen goldenen Käfig gesperrt und  ihre Ritter ausgesandt, um die Lichtblume zu  finden.  Ich kann Euch gerne zur Holden bringen, damit Ihr unserer Holden die Lichtblume zum Geschenk machen könnt!"  Als der Feenritter seine Geschichte beendet hatte, bemerkten die Gefährten den Schatten eines riesigen Baumes, der  auf  einem  lichten Grashügel  stand. Der  Stamm des Baumes war  so dick wie  ein  kleines Schiff  lang war und  ragte so weit nach oben, dass man die weitreichende Krone nur erahnen konnte. Arthilas berührte den wundersamen Baum und bat ihn höflich um eine Nuss. Der Baum reagierte auf die Bitte des Elfen, schüttelte sich mit einem Seufzen und ließ mehrere Walnüsse vom Himmel fallen, die wie kleine Meteoriten mit großer Wucht auf den Boden aufschlugen. Die Nüsse waren so groß, dass sich ein Mensch in der Schale hätte verstecken können. Es dauerte einige Zeit, bis die Gefährten die grüne Hülle und  die  harte  Schale  aufbrechen  und  den  Nusskern  freilegen  konnten.  Die  Freunde  brachen  sich handgroße  Stücke  von dem  Kern  ab und  verzehrten  diese. Die Nussstücke  schmeckten überraschend süß, wie  in Honig getauchter Lebkuchen, und füllten die  leeren Mägen mit einem wohligen Gefühl der Sättigung. Die Freunde füllten ihre Netze mit den schmackhaften Nussbrocken und ließen sich dann von Ka'yl weiter durch den Morgenwald führen. Der Wald wurde für kurze Zeit deutlich dichter und düsterer, wurde dann aber wieder lichter und öffnete sich zu einem wenige Meilen durchmessenden Tal, in dessen Zentrum ein funkelnder See glitzerte,  in dem wiederum ein prächtiges, weißes Prunkschloss stand, auf dessen unzähligen, zierlichen Türmchen bunte Banner im Wind wehten.  Mitte PRA 1013 BF: Neugierig und verwundert folgten Arthilas und seine Gefährten dem Feenritter Ka'yl durch den Morgenwald bis zum Schloss der Holden Leriella, welches inmitten eines magischen Sees lag. Schafsartige Biestinger  in Wappenröcken warteten am Ufer auf die  fremden Gäste und brachten diese mit einer verzauberten Fähre zum Hauptportal des Feenschlosses. Einige Hasenbiestinger geleiteten die Gefährten bis in den Thronsaal von Leriellas Anwesen, in dem ein großes Fest gefeiert wurde: Biestinger, Blütenfeen  und  Wurzelbolde  schmausten  an  langen  Tafeln  die  dargereichten  deftigen  und  süßen Speisen, Musikanten  spielten  auf  verzauberten Musikinstrumenten  lebhafte  Tanzmusik und unzählige kleinere Feenwesen brachten schmutziges Geschirr beiseite und deckten neue Gedecke auf.  Im  hinteren  Bereich  des  Festsaals  saß  die  Holde  Leriella,  die  hochgeborene  Herrin  dieses  Teils  der Feenwelt. Sie saß auf einem prächtigen Thron mit goldenen Beschlägen, ihre Kleider und erst recht ihre Frisur waren in grotesker Weise ausladend und erweckten den Eindruck, als würde ein elfisches Gesicht und  zwei  zarte Arme aus einer großen Hecke aus buntem Bausch und goldenen  Locken herausragen. Hinter der Feenkönigin erstreckte sich ein großes Panoramafenster aus Butzenglas, durch das das Licht des hellen  Tages  fiel. Neben dem  Thron hing  ein  goldener,  großer  Käfig  von der Decke,  in dem  eine traurige Halbelfe  in aventurischer Waldmannskleidung  saß. Um  ihre Schultern herum  schlang  sich ein schattenartiger Mantel,  der  aus  schwarzem Rauch  zu  bestehen  schien. Der  Schattenmantel  sollte  ich 

Page 53: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

allerdings als Dämon herausstellen, der von vampirischer Natur war und von der armen Halbelfe besitzt ergriffen hatte.   Die Holde Leriella bat die Gefährten an  ihren Tisch und  ließ  ihnen überaus süße Speisen und Getränke bringen. Sie erkundigte  sich  immer wieder nach den Abenteuern der Gefährten und  fragte  löchernde Fragen,  war  aber  selbst  nur  wenig  gesprächig  und  beantwortete  Fragen  mit  Gegenfragen  oder nichtssagenden  Worten.  Gleichzeitig  war  sie  aber  sehr  dankbar,  als  die  Fremden  ihr  einige  der Sonnenblumen als Gastgeschenke überreichten, die sie aus Aventurien mitgebracht hatten. Mit Mühe konnten  die Gefährten  herausfinden,  dass  die Halbelfe  den Namen  Rosandra  trug  und  in  dem  Käfig gefangen gehalten wurde, weil sie einen Hasenbiestinger gebissen hatte. Die Holde erläuterte: "Sie hat die Friedensgesetze dieses Reichs gebrochen. Über  ihre Schuld soll der Magierfürst des Nachtschlosses richten. Faramud  ist sein Name. Er war einst wie  Ihr und  ist sehr weise, doch er wird wohl erst  in den Abendstunden eintreffen. So lange sollt Ihr mir weiter von der Wunderwelt berichten, die Ihr Mittelreich nennt."  Darian  ließ  sich  nicht  auf  weitere  Erzählungen  ein,  sondern  untersuchte  stattdessen  die  gefangene Halbelfe,  die  wiederum  die  Gefährten  erfolglos  zu  überreden  versuchte,  aus  dem  Käfig  befreit  zu werden.  Der  Magier  stellte  schnell  fest,  dass  Rosandra  ähnlich  wie  Aurelia  von  einem  vampirisch‐dämonischen  Astralwesen  besessen  war.  Im  Gegensatz  zu  Aurelia  äußerte  sich  dies  aber  nicht  in Klauenhänden und Fangzähnen. Die böse Aura  schien  sich vielmehr  in dem dämonischen  Schatten  zu manifestieren, der mit Rosandras Lebensaura verschmolzen war. Darian konnte sich diese Besonderheit nur mit den absurden Anomalien der Feenwelten erklären, er war sich aber ebenso wie Wolfmir sicher, dass aus Rosandras Mund nur die Falschheit des Dämons sprach. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis der Abend anbrach und der Magierfürst Faramud zum Fest der Holden erschien. Der Magierfürst hatte die Gestalt einer menschenähnlichen Stinkmorchel, die tulamidische Gewänder trug und den Geruch von faulen Eiern verströmte.  In  seinem Gefolge befanden  sich mehrere, befremdlich aussehende Pilzlinge, die  dem Magierfürsten  unterwürfig  zu  Diensten waren.  Faramud  begrüßte  die  Holde wie  auch  ihre fremden Gäste und war im Gegensatz zu den anderen Feenwesen deutlich empathischer gegenüber den Fremdlingen.  Der Magierfürst  ließ  sich  von den  anwesenden Biestingern  erklären, welche Verbrechen der Halbelfe Rosandra  vorgeworfen  wurden  und  kam  schnell  zu  einem  Urteil:  "Auf  Grund  der  zahlreichen Bezeugungen  des  Angriffs,  der  Bisswunden  und  fehlender widersprechender  Indizien  erkläre  ich  die Fremde Rosandra des Friedensbruchs für schuldig." Die Holde nickte zustimmend und ergänzte: "Sie soll für  diesen  Frevel mit  vollständiger Reinigung  bestraft werden!" Anschließend  forderte die Holde  den Inquisitor Answulf auf, die Halbelfe mit den Samen der Sonnenblume zu bewerfen. Der  Inquisitor war zunächst wenig überzeugt, dass dies eine geeignete Bestrafung war, doch er verweigerte den Wunsch der  Feenkönigin  nicht  und  warf  die  Körner  auf  die  Schuldige,  während  er  praiosgefällige  Fürbitten formulierte.  Die  besessene  Halbelfe  war  zunächst  ebenso  wenig  von  der  Wirksamkeit  der  Kerne überzeugt,  dann  jedoch  schrie  sie  überrascht  auf,  als  sich  ihr  Körper  in  einen  Schwarm  bunter Schmetterlinge  verwandelte,  der  sich  im  Feenschloss  verteilte.  Der  schwarze  Schatten  auf  ihren Schultern hatte sich ebenfalls  in purpurfarbene Schmetterlinge verwandelt, die eilig davon stoben und sich in den ausladenden Haaren der Holden Leriella versteckten.  Die Gefährten fühlten sich immer unwohler auf dem Fest der Feen und fragten Leriella, wie sie wieder in die  Welt  der  Sterblichen  zurückkehren  konnten.  Die  Holde  hatte  zunächst  nicht  die  Absicht,  die Gefährten aus ihrem Schloss zu entlassen, doch der Magierfürst Faramud mischte sich ein und forderte als  Entlohnung  für  seine  Dienste  die  Fremdlinge  als  Geleitschutz  an,  damit  er  wieder  sicher  ins Nachtschloss zurückreisen konnte. Die Holde stimmte dem zu und verabschiedete die Recken mit einer 

Page 54: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

flüchtigen  Handbewegung,  bevor  sie  sich wieder  anderen  Ablenkungen widmete.  Die  Freunde  eilten schnell mit Faramud aus dem Feenschloss und setzten ans andere Ufer des Sees über. Der Magierfürst machte anschließend klar, dass er eigentlich keinen Geleitschutz brauchte, aber sich verpflichtet sah, die Fremden  aus  dem Griff  der  launischen Holden  zu  befreien. Nachdenklich  erläuterte  er:  "Ich  erinnere mich, dass ich einst ebenfalls ein Mensch war. Ich habe mich aber vor langer Zeit in dieser Welt verloren und nun bin  ich selbst ein Teil davon. Ihr aber sollt dieses Schicksal nicht erleiden. Ich bringe Euch zum Legendensänger  Ornaval,  der  dieses  Feenreich  wie  kein  anderer  versteht.  Er  kennt  bestimmt  einen Ausgang aus dieser Welt."  Die Gefährten dankten dem stinkenden Pilzwesen und ließen sich von diesem über wogendem Hügelland bis zu einem dunklen Wald führen. Dort trennten sich ihre Wege: Der Magierfürst folgte einem steinigen Pfad,  der  von  dornigen  Rosenhecken  flankiert  war.  Die  Gefährten  hingegen  sollten  einem  bunt glitzernden  Bachlauf  folgen.  Die  Nacht  war  mittlerweile  hereingebrochen,  doch  der  Wald  um  die Gefährten  herum  war  von  Glühwürmchen,  Leuchtblumen  und  Laternenpilzen  erhellt.  Die Wanderer vernahmen ein elfisches Lied, wie es Arthilas schon beim Kastell Kompitz vernommen hatte und spürten das Gefühl, von dem Lied an einen bestimmten Ort gezogen zu werden. Kurz darauf trafen sie auf ein gemütliches  Lagerfeuer,  welches  unter  einem  Baldachin  aus  leuchtenden  Ästen  brannte.  Gefällte Baumstämme waren um das Lagerfeuer platziert und luden zum Verweilen ein. Am Lagerfeuer selbst saß ein  uralter  Elf  im  traditionell  elfischen  Jagdwams  und  spielte  sanft  auf  einer  prächtigen  Harfe  eine zauberhafte Melodie.  "Ich bin Ornaval, der letzte Legendensänger von Simyala und Hüter des Spiegelbanns. Nehmt doch Platz an meinem Feuer und erzählt mir von euren Reisen!".  Die Gefährten  nahmen  die  Einladung  an  und Arthilas  berichtete, wie  sie  in  die  Feenwelt  gekommen waren. Ornaval nickte verständnisvoll und erkundigte sich nach den Menschenreichen, die er wohl vor langer Zeit einmal besucht hatte. Rondrian fragte wiederum nach einem Ausgang aus der Feenwelt und Ornaval antwortete: "Viele Übergänge gibt es aus dieser Welt. Der nächstgelegene führt allerdings in den Mittwald, in die Nähe der untergegangenen Elfenstadt Simyala. Dieser Ort ist sehr gefährlich, so dass ich Euch diesen Weg versagen muss."  Der  Legendensänger  zupfte  plötzlich  eine  komplizierte Melodie  auf  seiner  Zauberharfe  und  sang  ein altes, elfisches Lied. Die Gefährten konnten zunächst den Text nicht verstehen, dann  jedoch hatten sie das  Gefühl,  in  ihren  Erinnerungen  zu  sehen, was  das  Lied  zu  erzählen  hatte:  Ornaval  sang  von  der prächtigen  Elfenstadt  Simyala  im  Herzen  des  Mittwaldes,  bewohnt  von  Hunderten  von  Elfen,  die prächtige  Kleider  aus  Seidentuch,  Bast  und  Bausch  trugen. Die Gebäude  der  Elfenstadt  schienen  aus lebendigem Holz zu bestehen und waren mit gewaltigen Baumstämmen verwachsen, deren Wipfel einen dämmrigen  Baldachin  bildeten.  Unzählige  Hängebrücken  und  Wasserführungen  verbanden  die Wohnräume  mit  Lustgärten,  Brunnen  und  Gemeinschaftsplätzen,  die  sich  auf  langen,  dicken  Ästen erstreckten  und  von  Blumenwerk,  Laub  und  Lianen  flankiert  waren.  Die  Bewohner  dieser  Stadt widmeten  sich der gemeinschaftlichen Musik  sowie anderen Künsten und Genossen ein unsterbliches Leben in Wohlstand und Harmonie.   Dann  jedoch  sang Ornaval eine neue Strophe an, die deutlich düsterer und disharmonischer war: Die alles  vergiftende  Pyrdona  erreichte  die mystische  Elfenstadt,  um  ihr  den  Untergang  zu  bringen.  Sie öffnete das Weltentor in Simias Wipfeltempel und marschierte von dort mit einem Heer aus dämonisch verblendeten Dunkelelfen mitten  im Herzen der Stadt ein.  In  ihrem Gefolge befand sich die grausigste Kreatur,  die  sich  ein  Elf  vorzustellen  vermag:  Der  König  der  Basilisken,  dessen  Pestodem  selbst  die stärksten und  ältesten Bäume des Waldes niederstreckte. Ganze  Stadtviertel  verfaulten unter  seinem 

Page 55: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Odem, stürzten in sich zusammen und brachten Chaos und Zerstörung über Simyala. Die Elfenkrieger von Simyala stellten sich der  Invasion, doch der Todeshauch des Basiliskenkönigs war  so  intensiv, dass die Krieger sich der Kreatur nur in Katzengestalt nähern konnten. Die meisten Bewohner der Stadt fanden in den ersten Stunden des Angriffs den Tod, andere wurden vom Pesthauch des Basiliskenkönigs gestreift und starben wenige Wochen später an seinem Gift. Nur wenige konnten dem Massaker entkommen.  Einer der  Flüchtlinge war wohl der oberste  Legendensänger Ornaval  selbst. Mit  seiner  Sippe und mit Hilfe  seiner  verzauberten Harfe  schuf  er  aus magischen Winden,  dem  Licht  des Madamals  und  dem Staub der Sterne einen Spiegelbann, der die vernichtete Stadt umschloss und sowohl Pyrdona als auch den  Basiliskenkönig  im  Inneren  versiegelte.  Zuletzt  sang  Ornaval,  dass  er  noch  heute  über  den Spiegelbann wacht, damit die namenlose Brut die gefallene Elfenstadt niemals mehr verlassen kann.  Das  Lied  klang  noch  eine Weile  in  den  Köpfen  der Gefährten  nach  und  erst  nach  einiger  Zeit wagte Rondrian  erneut,  nach  einem  Ausgang  zu  fragen:  "Wir müssen  so  schnell  wie möglich  zurück  nach Greifenfurt,  ein  großer  Krieg  herrscht  dort  zwischen  den  Menschen  und  den  Schwarzpelzen." Überraschend entgegnete Ornaval:  "Ihr  sprecht von der alten Stadt Saljeth am abendlichen Mittwald, oder? Sind die Schwarzbepelzten erneut gekommen, um die unheiligen Pforten in Tairachs Totenreich zu öffnen?"  Verwirrt  erkundigten  sich  die  Gefährten,  woher  Ornaval  diese  Informationen  hatte  und  dieser antwortete, dass er einen Angroschim namens Linosch Goldbart kannte, der ebenfalls  in der Feenwelt lebte  und  dessen  Urahn wohl  bei  der  Schlacht  von  Saljeth  gegen  die  Orks  gekämpft  hatte.  Ornaval konnte  sich  sogar  noch  an  einige  Details  dieser  Geschichte  erinnern  und  berichtete  in  einem melodischen Sprachgesang, was ihm Linosch wohl einst erzählt hatte:  "Es  begab  sich  wohl  vor  250  Jahren,  bevor  das  lästerliche  Bosparan  in  Trümmern  versank,  als  der Blutmarschall  Nargazz  Blutfaust  die  Menschlinge  im  Norden  unterjochte.  Die  Herrschaft  der Schwarzpelze dauerte wohl 100 Jahre lang und in einem Granithügel unter der Siedlung Saljeth  stellten sie ein altes Heiligtum  ihrer Blutgötter wieder her, das tief  in den Fels reichte. Ganze Heerscharen von Menschen  wurden  nach  Saljeth  verschleppt  und  nie  wieder  gesehen.  Die  Armeen  der Menschlinge waren aber schwach und wurden von den Bepelzten geschlagen, so dass diese immer weiter nach Süden vorrücken konnten. Da die jungen Völker der Plage nicht Herr werden konnten, beschloss der Bergkönig Ramoxosch  III. von Xorlosch, diesem Treiben ein Ende zu bereiten. Boten wurden ausgesandt, um die besten Krieger der Angroschim zu versammeln. Es dauerte nur fünf Jahre, bis die besten Krieger mit den besten Waffen  in Xorlosch versammelt waren. Am Ende waren es mehr als 500 Äxte, die dem Ruf des Bergkönigs gefolgt waren. Da der Bergkönig ein kluger Mann war, beschloss er, zuerst die Herzlande der Schwarzpelze zu verwüsten. Doch dann wurde sein Heer vom Nachschub abgeschnitten und er musste zurückkehren. Über die Thaschberge und den Finsterkamm marschierte er auf das besetzte Saljeth zu, weil er glaubte, dort auf das Hauptheer der Schwarzpelze zu treffen. Einige Meilen vor Saljeth griffen die Orks  an.  Vier  Tage  währte  die  Schlacht,  bis  die  Schwarzpelze  sich  zurückzogen.  Es  war  ihre  erste Niederlage,  seit  sie  unter Nargazz  Blutfaust  in  das  Reich  der Menschlinge  eingefallen waren. Danach zogen die Angroschim weiter gegen Saljeth, das damals nur durch Erdwälle geschützt war.  Im Zentrum befand sich der Hügel, auf dem die erbeuteten Banner zahlreicher Schlachten standen.   Im Morgengrauen  überquerte  Ramoxosch mit  seinen  Kriegern  die  Furt,  um  Saljeth  von  Nordwesten anzugreifen. Zu dieser Zeit griffen auch von Südosten her einige Elfen die Orks an, die dem Elfenkönig Tasilla  Abendglanz  folgten.  Ebenso  kamen  einige  tapfere Menschlinge  auf  flachen  Ruderbooten mit hölzernen  Drachenköpfen  vom  südlichen  Fluss  heran,  um  den  Orks  entgegenzutreten.  Doch  die Schwarzpelze überschütteten die drei Heere mit Pfeilen, Oger warfen Steine und es gelang kaum, recht 

Page 56: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Fuß zu  fassen beim Kampf um den Hügel. Dann  jedoch stieg vom Himmel ein Greif herab, mit golden glänzenden Schwingen, so groß wie Drachenflügel. Er fuhr unter die Orks und tötete ihre Anführer und Blutschamanen. Daraufhin zogen die Orks sich in die Tempelfestung auf der Spitze des Hügels zurück, wo sich auch der Zugang zu ihrem Bluttempel befand. Zwerge, Elfen und die Menschlinge griffen gemeinsam die  Feste  an und  konnten diese überrennen.  Im  Innenhof der  Feste  fand  sich unter  einer  steinernen Mondsichel ein großes Loch  im Granitboden, von dem aus ein breiter Wendelgang  in die Tiefe  führte. Grausige Anbetungen und drachenartiges Gebrüll waren von dort unten zu hören. Eine Expedition wagte sich in das Loch, doch schon bald erklangen grausige Schreie und kein Sterblicher kehrte von dort unten zurück. Dafür quollen  zum Einbruch der Nacht unzählige orkische Wiedergänger aus dem Loch hervor und schafften es gar, die Angroschim und die niederen Völker aus der Hügelfeste zu vertreiben.   Am Morgen  erschien  erneut der Greif und die Wiedergänger  flohen  zurück  in das  Loch,  aus dem  sie gekommen waren.  Der  Greif  nannte  sich  Scraan  und  bat  den  Bergkönig  Ramoxosch,  den  Elfenkönig Tasilla und den Anführer der Menschlinge, der Hetmann Thurgalf genannt wurde,  zum Gespräch. Der Greif sprach: ‚Unter diesem Hügel haben die Diener der dunklen Götter erneut die Pforte  ins Reich der Toten aufgestoßen, die nicht geöffnet werden darf. Wir werden hinab steigen  in die Finsternis und die Pforte mit Unserem heiligen Licht versiegeln. Wir befehlen Euch, das Loch hinter Uns zu verschließen und zu verwahren, damit kein Böses mehr  in diese Welt dringen kann. Ein  jeder von Euch dreien soll eine Feder  von  Uns  erhalten,  als  Zeichen  Unserer  Anerkennung  Eurer  Tapferkeit.  Sie  soll  Euren  Völkern Wohlstand  und  Gedeihen  bringen.  Doch  einst  werden  die  Schwarzbepelzten  erneut  erstarken  und werden erneut versuchen, die Todespforten öffnen wollen. Wir werden Euch und Eure Nachfahren mit den Federn rufen, so dass sie den Frieden dieser Länder wahren können!‘  Die drei Herrscher nahmen die Federn dankbar an und versiegelten tatsächlich das Loch, nachdem der Greif in die Finsternis hinabgestiegen war. Die Angroschim, Elfen und Menschlinge schlossen einen Pakt, den Frieden zu wahren und sich beizustehen, wenn die Schwarzpelze erneut die Mittellande bedrohen sollten. Dieser Pakt sollte als Pakt von Saljeth in die Geschichte eingehen.  Nachdem die Worte und die Melodie dieses Liedes verklungen waren, sprach Ornaval: "Ich kann Euch zu Linosch bringen, er wohnt in den Winterbergen nicht weit von hier. In der Nähe seiner Heimstatt gibt es ebenfalls  einen  Übergang  in  Eure  Heimatwelt."  Die  Gefährten  nickten  eifrig,  doch  entgegen  ihrer Erwartungen führte Ornaval die Freunde nicht vom Lagerfeuer weg, sondern zupfte erneut an den Saiten seiner Zauberharfe. Die magische Melodie rief kräftige Windböen hervor, die so stark waren, dass sie die erstaunten Fremdlinge wie  trockenes Herbstlaub  in die Höhe hoben und durch die Nacht wehten.  Im Strom  der  magischen  Stürme  flogen  die  hilflosen  Gefährten  über  die  Feenlande  und  erreichten  in Windeseile die schneebedeckten Winterberge,  in deren Kuppen golden glänzende Bergseen glitzerten. Die Winde setzten die Reisenden sanft am Eingang einer zwergischen Binge ab, die  in die Felsen unter den Schneegipfeln  führte. Von dort aus war der Geruch von Schmorbraten und  verbrannter Kohle  zu vernehmen, ebenso erklang das hallende Klopfen eines Schmiedehammers.   Ortax  führte  die  Gruppe  durch  die  vorderen  Hallen  der  Binge,  in  denen  unzählige  Kleinodien, Schmuckstücke, Miniaturen  und mechanische  Instrumente  ausgestellt  waren.  Alle  diese  Kunstwerke waren von  feinster Qualität und bestanden aus dem Gold der Feenwelt. Die einzige Ausnahme bildete dabei  der  auf  einem  Goldteller  drapierte,  ausgestopfte  Drachenkopf  eines  buntgeschuppten Höhlendrachens, den der Besitzer dieser Binge als Jagdtrophäe in seinem Schlafgemach aufbewahrte. In einer Schmiedehalle im hinteren Bereich der Binge trafen die Gefährten auf den Angroscho Linosch Sohn des Logosch, der zwar sehr in seine Schmiedearbeiten vertieft war, aber nur leicht erschreckte, als Ortax ihn  in  der  Sprache  der  Angroschim  begrüßte.  Linosch  freute  sich  sehr  darüber,  von  seinem 

Page 57: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Volksgenossen Ortax besucht zu werden. Für die Menschlinge  interessierte er  sich weniger, bot  ihnen allerdings immerhin etwas zu Essen an.  Ortax und  Linosch unterhielten  sich  ausgiebig und  schnell  stellte  sich heraus, dass  Linosch  vor  vielen Jahrhunderten  in  diese  Feenwelt  gekommen war,  um  einen  Feendrachen  zu  verfolgen. Mittlerweile fühlte er sich  in der Feenwelt aber so heimisch, dass er sein eigenes kleines Bergkönigreich gegründet hatte. Linosch war ebenso wie Ortax ein Mitglied des Xorloscher Drachentöter‐Ordens und da Linosch schon  lange keinen Kontakt mehr  zu  seiner Heimatstadt Xorlosch gehabt hatte,  ließ er sich von Ortax sämtliche Neuigkeiten erzählen. Nach vielen Gesprächen und noch mehr Fragen erkundigte sich Ortax nach dem Pakt von Saljeth und tatsächlich konnte Linosch die Geschichte bestätigen, die Ornaval bereits vorgetragen hatte. Außerdem ergänzte er: „Falls dich diese historischen Ereignisse interessieren, solltest du  nach  Xorlosch  gehen.  Ich  kann mir  durchaus  vorstellen,  dass  Details  zu  dem  Angriff  auf  Saljeth schriftlich fixiert wurden und  in den Archiven unseres Ordens verwahrt wurden. Die Greifenfeder sollte ebenfalls  dort  sein.  Da  fällt mir  ein,  dass  ich  schon  seit  längerem  einige  Dinge  verwahre,  die  nach Xorlosch gebracht werden müssten. Kannst du für mich die Heilige Stadt der Angroschim aufsuchen?“  Da  Ortax  und  die  übrigen  Gefährten  sowieso  schon  lange  aus  dieser  Feenwelt  entkommen wollten, stimmten sie einem solchen Botengang zu. Linosch bereitete daraufhin eine goldene Kiste vor, in die er mit Zwergenrunen beschriebene Goldplatten, den Karfunkel des Feendrachens und einige mechanische Erfindungen  packte.  Bei  den  Erfindungen  befand  sich  auch  ein  goldener  Klangschreiber,  auf  dessen Rollen Sprachnachrichten von Linosch verfasst worden waren. Linosch erklärte Ortax, was zu  tun war: "Die goldene Kiste solltest du zum Hohepriester des Xorloscher Tempels bringen, er weiß dann schon, was  mit  den  Dingen  geschehen  soll.  Der  Karfunkel  des  Drachen  muss  natürlich  gemäß  unserer Traditionen  auf  dem  großen  Amboss  in  den  heiligsten  Hallen  zerschlagen werden.  Doch  achte  bitte darauf, dass weder die Kiste noch deren Inhalt jemals das Licht des Tages erblickt, denn die Strahlen der Sonne lösen das Feengold in nutzlosen Staub auf. Am besten hüllen wir die Kiste in einige eurer Decken, damit sie den Transport nach Xorlosch übersteht!"   Nachdem Linosch noch einige weitere Geschichten erzählt hatte, übergab er die  in Decken eingepackte Kiste an die Gefährten und  führte diese zu einem Opferschacht  in der Nähe seiner Binge, der  in einen finsteren  Abgrund  führte.  "Dort müsst  Ihr  hinunterspringen,  um wieder  in  Eure Welt  zu  gelangen!", erklärte  der  Goldschmied. Wolfmir  sprang  todessehnsüchtig  in  die  Tiefe  des  Opferschachts  und mit einem unguten Gefühl im Bauch folgten ihm die übrigen Gefährten.  Anfang TRA 1013 BF: Prustend und spuckend tauchten die Gefährten  in einem Ententeich auf, der sich mitten  im  Zentrum des Dörfchens Appelhain  am Großen  Fluss befand. Die Dorfbewohner  erschraken zutiefst, als die Fremden mit  ihrer überaus schweren Kiste  in den Armen und Entendreck  im Haar aus dem  Dorfteich  stiegen  und  sich  umschauten.  Der  lispelnde  Dorfschulze  von  Appelhain wagte  es  als erstes, die Gefährten anzusprechen, und schnell konnte geklärt werden, dass seit  ihrem Besuch  in der Feenwelt fast 12 Wochen vergangen waren. Zwar konnte man Greifenfurt von hier aus erreichen, wenn man  zunächst dem Großen Fluss und anschließend der einmündenden Breite  folgte, doch eine  solche Reise  würde  noch  einmal  mehrere  Wochen  in  Anspruch  nehmen.  Überraschenderweise  lag  die Zwergenstadt Xorlosch nur wenige Reisestunden von Appelheim entfernt.  Auf Nachfrage berichtete der verunsicherte Dorfschulze, was er über den Krieg gegen die Orks wusste: "Die Orks wurden doch auf den Silkwiesen geschlagen, oder? Von einer Schlacht  in Greifenfurt  ist mir aber nichts bekannt, wo  liegt das denn genau? Ach  ja, die Westflotte aus Havena  ist vor einigen Tagen hier vorbei gerudert. Angeblich gibt es eine große Truppenzusammenkunft  in Ferdok. Der Admiral hat uns  gesagt, dass  in einer Woche  ein Zauberschiff des Mechanikus  Leonardo  von Havena hier bei uns 

Page 58: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

vorbeikommen wird. Wir sollen denen mehrere Kisten Xorloscher Zwergenkohle übergeben, wenn die ankommen. Vielleicht können die Euch ja mitnehmen, hohe Herren?"  Die Gefährten berieten sich kurz und beschlossen, zunächst den kurzen Weg nach Xorlosch zu gehen, um die  Feengold‐Kiste  zu  überbringen  und mit  dem  Bergkönig  Tschubax  über  den  Pakt  von  Saljeth  zu sprechen. Answulf und Rondrian beschlagnahmten daraufhin einen Eselkarren und einige Kisten Proviant und  zogen noch  in derselben Stunde nach Norden auf den Handelsweg nach Xorlosch. Die Gefährten erreichten  die  Zwergenstadt  in  den  Ingrakuppen  am  Abend  des  kommenden  Tages  und  kehrten  im oberirdischen,  äußeren  Ring  in  das  einzige  und  unerwartet  teure  Gasthaus  "Drachentrutz"  ein.  Die Gefährten  bemerkten,  dass  die  Xorloscher  Erzzwerge  gegenüber  den  Großlingen  nicht  besonders gastfreundlich waren. Keiner der Zwerge  sprach eine andere  Sprache außer Rogolan, obwohl  sich die Recken  sicher  waren,  dass  diese  des  Garethi  mächtig  waren.  Außerdem  war  es  nur  Zwergen  und höchsten Diplomaten  gestattet,  den  inneren  Ring  der  Zwergenstadt  zu  betreten. Die  Freunde waren außerdem etwas überrascht, dass anscheinend  jeder Angroscho  in der Stadt den Zwergenkrieger Ortax nicht  nur  namentlich  kannte  sondern  diesen  auch mit  höchstem  Respekt  und  großer  Freude  in  der Heimat Willkommen hieß.  Ortax war tatsächlich ein Mitglied des elitären Drachentöter‐Ordens, der  in der Stadt ansässig war und auch großes Ansehen genoss. Der Hohepriester des Angroschtempels, Väterchen Gramosch, empfing ihn ebenfalls mit Respekt und freute sich über die Gastgeschenke von Linosch, auch wenn ihm das Feengold sehr  suspekt war. Der Karfunkel des  Feendrachen wurde natürlich  gleich  für die heilige  Zerschlagung vorbereitet.  Bei  einem  Humpen  Gerstenbier  sprach  Ortax  mit  Gramosch  über  die  Situation  von Greifenfurt  und  den  Pakt  von  Saljeth.  Tatsächlich  konnte  sich  der  Hohepriester  an  die  Greifenfeder erinnern  und  ließ  diese  von  einem  Novizen  bringen.  Die  Feder  befand  sich  in  einer  staubigen Bleischatulle, die wohl seit langem nicht mehr geöffnet worden war. Gramosch öffnete die Schatulle und holte eine braungolden glänzende, ellenlange Feder hervor, begutachtete diese skeptisch und übergab die Feder wie auch die Schatulle an Ortax. Dann sprach er: "Diese Feder mag wohl einst ein Zeichen des Friedens mit den anderen Völkern dieser Lande gewesen sein, doch die Friedensverträge sind in der Lex Zwergia  aus  der  Regentschaft  von  Bergkönig  Greifax  deutlich  festgeschrieben.  Das  Ding  eignet  sich meiner Meinung  nach  nur  als  Hutschmuck  oder  Staubwedel.  Du  kannst  es  gerne  haben,  falls  es  dir weiterhilft."  Ortax dankte dem Hohepriester und  ging dann  zum  Sommerpalast des Bergkönigs  Tschubax, um mit diesem  ebenfalls  Audienz  zu  halten.  Der  Bergkönig  war  ein  Trinkfreund  von  Ortax  und  lud  den Zwergenkrieger freudig zu einem geselligen Bierabend ein. Im Laufe dieses Abends berichtete Ortax auch dem  Bergkönig  von  dem  Krieg  mit  den  Orks,  zeigte  ihm  die  Feder  des  Greifen  und  bat  ihn  um Unterstützung  bei  der  Verteidigung  von Greifenfurt. Der  Bergkönig winkte  allerdings  ab:  "Schon  seit Wochen versucht ein Diplomat des Mittelreichs, mich dazu zu bringen, meine besten Angroschim für den Krieg zu gewinnen. Doch ich bin der Meinung, dass die Großlinge ihre Probleme selbst lösen sollen. Wer einen Schwarzpelz nicht erschlagen kann, wenn er vor  ihm steht, soll auch keine Ländereien  regieren. Und selbst wenn ein Greif persönlich vor dem Fenster meiner Schlafstube erscheinen würde, würde mich das nicht vom Gegenteil überzeugen. Außerdem muss man  immer damit rechnen, dass diese garstigen Drachen zurückkehren, um die Schätze des Herrn Angrosch zu stehlen. Da kann ich nicht verantworten, dass unsere besten Axtschwinger  irgendwo  in der Ferne verweilen." Das Besäufnis mit dem Bergkönig der Erzzwerge dauerte bis  zum Mittag des nächsten Tages, doch dem Zwergenkrieger Ortax war klar, dass  Tschubax  bestimmt  der  sturste  Zwerg  von  ganz  Xorlosch  war  und  seine  Meinung  zu  den Kriegsbemühungen bestimmt nicht ändern würde.  

Page 59: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Am  nächsten  Morgen  berichtete  Ortax  seinen  Gefährten  von  den  Gesprächen  mit  Gramosch  und Tschubax und überreichte Arthilas die Greifenfeder. Dieser untersuchte die elegante Feder und nutzte seine Elfenmagie, um mit dem Greifen, der diese Feder einst gab, geistig in Kontakt zu treten. Zunächst konnte Arthilas nichts spüren, dann  jedoch merkte er tatsächlich, wie ein überaus mächtiges Wesen  in Gedankenbildern zu ihm sprach. Die Gefährten konnten nur an den geweiteten Augen von Arthilas sowie einigen  hastig  gemurmelten Worten  erkennen,  dass  dieser  in  heller  Aufregung war.  Als  die  Flut  der Gedankenbilder abgeebbt war, sprach Arthilas voller Ehrfurcht: "Der Greif Scraan hat zu mir gesprochen. Er  ist  noch  immer  unter  dem  Hügel  von  Greifenfurt,  um  die  Pforte  der  Toten  zu  bewachen,  die  in Tairachs finsteres Reich führt. Er sagt, dass sein Licht immer schwächer wird, da er das Praiosmal schon so lange nicht mehr gesehen hat, und dass er die Pforte der Toten nicht mehr lange geschlossen halten kann. Er muss das Licht der Sonne spüren, damit er neue Kraft gewinnen kann, um seine ewige Wacht fortzusetzen. Ich konnte den Zugang zu dem Ork‐Unheiligtum  in seinen Erinnerungen sehen: Es müsste unter  dem  Gebäude  westlich  des  ehemaligen  Praiostempels  sein.  Dort,  wo  heute  der  Rahjatempel steht!"  Anfang TRA 1013 BF: Missmutig verließen die Gefährten die gastunfreundlichen Zwerge des Xorloscher Bergkönigreichs und  reisten zurück nach Appelhain. Gegen Mittag des zweiten Reisetages konnten sie das Dorf zu  ihren Füßen bereits von Weitem sehen.  Interessanterweise  lag bei den Anlegestegen eine seltsame Galeere vor Anker, die keine Hilfssegel besaß und deren Oberdeck eine runde, mit Metallplatte verstärkte Kuppel bildete. Dummerweise sah es so aus, dass das Panzerschiff bald ablegen würde, doch Darian  konnte  seine  Teleportationsmagie  nutzen,  um  augenblicklich  nach  Appelhain  zu  reisen. Wie bereits wenige Tage zuvor erschraken die Dorfbewohner des Weilers zu tiefst, als der Magier aus dem Nichts in ihrer Mitte auftauchte, doch er konnte Hanka von Widdernhall, die Kapitänin des Schiffs, davon überzeugen,  mit  der  Abreise  noch  zu  warten:  "Meine  Gefährten  haben  kriegsentscheidende Informationen, werte Capitana, die unbedingt der Heeresführung überbracht werden müssen!".  Als  die übrigen Gefährten  ankamen,  konnten  diese  in den Gesprächen mit Hanka herausfinden, dass große  Teile  des  mittelreichischen  Heeres  in  Ferdok  versammelt  waren  und  dass  das  Panzerschiff ebenfalls auf dem Weg nach Ferdok war, um albernische Langpfeile, Zwergenkohle und Militärproviant anzuliefern.  Das  seltsame  Panzerschiff  wiederum  war  eine  Spezialanfertigung  des  ebenfalls  zur Besatzung gehörenden Havener Meistermechanicus Leonardo, der zusammen mit seinem zwergischen Assistenten Aschenmedix die Korundium‐Triebwerke  im  Inneren wartete. Der Mechanikus gesellte sich zur Gesprächsrunde und erläuterte, dass  sich das Panzerschiff alleine mit der Kraft der Zwergenkohle fortbewegen konnte. Da es sich aber noch um einen Prototypen handelte und die Kohle recht teuer war, gehörten außerdem vier Dutzend Ruderer zur Besatzung, die die Galeere konventionell ruderten.  Die  Gefährten  wurden  an  Bord  gelassen,  doch  obwohl  diese  beim  Rudern  aushalfen,  erreichte  das Panzerschiff erst nach fast zweieinhalb Wochen die Handelsstadt Ferdok am Großen Fluss. Im Flusshafen der  Stadt  lagen  mehrere  Transportgaleeren  vor  Anker,  die  die  westlichen  Truppenverbände  des Reichsheeres an die Front befördert hatten. In Ferdok trafen die Recken die Obristin Ira von Seewiesen wieder, die mit ihren Truppen demnächst in Richtung Gareth aufbrechen wollte. Answulf, Rondrian und Darian nutzten die Gelegenheit, um der Obristin  schriftliche Berichte  für die Heeresführung  in Gareth mitzugeben. Answulf übergab  ihr außerdem das Buch des heiligen Aldec Praiofold sowie den orkischen Opferdolch  mit  der  Bitte,  beides  beim  Großinquisitor  Dexter  Nemrod  in  Verwahrung  zu  geben. Anschließend trafen sich die Gefährten mit Kapitänin Hanka und den Großadmiral Sanin, um einerseits Bericht  zu  erstatten  und  andererseits  selbst  die  neuesten  Lageberichte  zu  hören.  Der  Adjutant  des Großadmirals fasste die Lage zusammen: "Reichsbehüter Brin und Helme Haffax belagern Eslamsroden und werden hoffentlich bald die Stadt wieder in Besitz nehmen können. Die südlichste Stellung der Orks befindet sich an den Ufern der Breite nördlich von Oberangbar. Wir selbst haben in Oberangbar mehrere 

Page 60: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Truppenverbände  und  Flussgaleeren  versammelt.  Greifenfurt  scheint  noch  immer  in  der  Hand  der Verteidiger zu sein, allerdings  leidet die Stadt großen Hunger. Die Breite befindet sich  leider fest  in der Hand  der  Orks,  die  jede  vorbei  kommende  Flussgaleere  mit  Brandpfeilen  beschießen  oder  weiter nördlichen mit Kriegsflößen abfangen."  Die Gefährten sprachen mit Kapitänin Hanka und mit dem Meistermechanicus Leonardo und fragten, ob das Panzerschiff  in der Lage wäre, durch die Stellungen der Orks bis nach Greifenfurt durchzubrechen, um die Stadt mit Lebensmitteln zu versorgen. Leonardo wog ab: "Der pneumatische Korundium‐Automat ist in der Lage, durch den Antrieb der Heckturbine auf kurzen Strecken hohe Geschwindigkeitsschübe zu genieren  und  auf  längeren  Betrieb  auch  die  Rudermannschaft  zu  unterstützen,  so  dass  wir  ohne Uferanlandung bis nach Greifenfurt kommen sollten. Die Platten sollten ebenfalls einem Beschuss durch Brandpfeile  standhalten können.  Ich würde das Risiko eingehen wollen!" Darian ergänzte, dass er das Panzerschiff mit  einer magischen  Illusion  zumindest  von Weitem  vor  den  Augen  der Orks  verbergen konnte und sowohl Kapitänin Hanka als auch Answulf, Wolfmir und Rondrian waren der Meinung, dass dieses Wagnis eingegangen werden sollte. Die Gefährten stellten die Pläne zur Versorgung der Stadt dem Großadmiral vor. Dieser ließ sich überzeugen und gab das Panzerschiff frei.  In der  letzten Traviawoche brachen die Gefährten mit dem Panzerschiff nach Oberangbar auf, um dort kistenweise Proviant für Greifenfurt aufzunehmen, anschließend ruderten sie mit großer Vorsicht und im Schutze von Darians Tarnillusion bis an die Stellung der Orks, dann wurde der pneumatische Korundium‐Automat  aktiviert und das Panzerschiff  flog wie ein Wasservogel entlang der Mitte der Breite  an der Orkstellung vorbei. Die Orks konnten nicht schnell genug auf das mechanische Wunderwerk reagieren, so  dass  das  Schiff  ungehindert  passieren  konnte.  Zwar  hatte  der  pneumatische  Korundium‐Automat gegen Mittag  eine  nicht  gerade  ungefährliche,  technische  Störung,  allerdings  konnte  Leonardo  diese schnell  beheben,  so  dass  die  Flussreisenden  bereits  am  nächsten  Tag  in  das  noch  immer  belagerte Greifenfurt einlaufen konnten.  Darian  teleportierte sich  in weiser Voraussicht kurz vor Greifenfurt direkt zu Marcian, um die Ankunft des Panzerschiffs anzukündigen. Die Gefährten, die Ruderer und natürlich insbesondere der Nachschub an  Proviant,  Pfeilen  und  Armbrustbolzen  wurden  dankbar  von  der  gebeutelten  Bevölkerung angenommen.  Die  Stadt  befand  sich  allerdings  in  keinem  guten  Zustand:  Die  Schanze war  von  den Katapultgeschossen der Schwarzpelze schwer beschossen worden und glich einem Trümmerhaufen, die Oststadt musste dadurch aufgegeben werden. Stattdessen zog sich ein Wall aus Barrikaden, mit dem der Stadtkern  geschützt  werden  sollte,  von  der  Rondraburg  im  Süden  über  die  Türme  von  Zerwas  und Lancorian bis hin zur Norrnfeste. Es gab noch etwa 400 Verteidiger in der Stadt, wovon ein Großteil von Oberst Alriks Kavallerie und den Angbarer Sappeuren gestellt wurde. Das Stadtarchiv war abgebrannt und die Uferfeste an der westlichen Breite war gefallen, doch das  größte Problem der  Stadt war der Proviantmangel, der durch die Ankunft des Panzerschiffs nur vorübergehend gelindert werden konnte. Answulf und Rondrian berichteten dem  Stadtkommandant Marcian und den anderen Mitgliedern des Kriegsrats von der Lage  im Süden. Da die Gefährten Zerwas nicht trauten, erzählten sie Marcian unter vier Augen von dem Greifen, der vermutlich noch  immer unter dem Sonnenhügel das Ork‐Unheiligtum bewacht, welches vermutlich durch den Rahjatempel erreicht werden konnte: "Wir müssen den Zugang zum Unheiligtum öffnen. Der Greif hat  zu uns gesprochen und braucht wohl das Licht der Sonne, um seine Kräfte zu  regenerieren, denn nur so kann er seine Wacht  fortsetzen!". Marcian stimmte dem zu und  veranlasste,  dass  einige  Sappeure  den  Gefährten  diskret  dabei  helfen  sollten,  den  Zugang  im Rahjatempel  zu  öffnen. Ortax, Wolfmir  und  die  Sappeure  brauchten  nur wenige  Tage,  um  eine  alte Geröllgrube  unter  den  Holzbohlen  des  Rahjatempels  ausfindig  zu  machen.  Nach  ersten Grabungsversuchen  konnten  die  Arbeiter  einen  mehrere  Schritt  tiefen  Trichter  ausheben  und  eine großflächige,  bearbeitete Granitplatte  freilegen,  hinter  der  sich wohl  ein  größerer Hohlraum  befand. 

Page 61: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

"Wir hacken uns da durch!", schlug Ortax vor und nutzte die Werkzeuge der Sappeure, um eine Öffnung in die Granitplatte zu schlagen. Kurze Zeit darauf erklangen die Kriegstrommeln der Orks, die wohl einen weiteren Ansturm auf die Stadt vorbereiteten.  Anfang BOR 1013 BF: Es dauerte bis zum Abend des ersten Borontages, dem Tag der Toten, bis Ortax ein ausreichend großes Loch in den Granit schlagen konnte, so dass er die Hohlräume unter der Granitplatte erkunden konnte.   Answulf,  Darian,  Arthilas  und Wolfmir  folgten  dem  Zwerg  in  die  Tiefe.  Die  Gruppe  erkundigte  das unterirdische Gewölbe, welches  im Wesentlichen aus einem großen, gewunden Gang bestand, der  zu einem  Tempel  unter  dem  Felsen  führte.  Unmengen  von  Knochen  waren  in  diesen  Kammern offensichtlich sowohl als Wanddekoration aus auch als gängige Opfergabe verwendet worden. Von einer Vorkammer aus, die eigentlich eher eine Knochengrube war, führte ein archaisches Tor  in das  innerste Unheiligtum.  Die  Gefährten  öffneten  vorsichtig  das  Tor  ins  Unheiligtum  und  fanden  dort  einen ausladenden,  steinernen  Altar,  vor  dem  der  Greif  auf  dem  Boden  lag.  Das  göttliche  Geschöpf,  ein Mischwesen aus Adler und Löwe mit goldenen Schwingen, leuchtete schwach. Ein langer Speer steckte in seiner  Flanke,  doch  der  Greif  schien  noch  am  Leben  zu  sein.  Der  Speer  stammte  wohl  von  einem hünenhaften Minotauren, dessen blanke Knochen neben dem Greifen auf dem Boden lagen. Hinter dem steinernen Altar erstreckte sich ein gewaltiges Tor aus schwarzem Holz, in welches schädelartige Fratzen geschnitzt  waren.  Golden  leuchtende  Ketten  spannten  sich  von  einem  Torflügel  zum  anderen  und schienen  die  Pforte  verschlossen  zu  halten. Allerdings  hörte man mehrmals  schwere  Schläge  an  den Torflügeln, so als würde  jemand von der anderen Seite der Pforte versuchen, diese aufzubrechen. Der Greif sprach in Gedanken zu Arthilas und bat ihn, den Speer aus seiner Flanke zu ziehen. Arthilas tat dies mit  der  Unterstützung  von  Answulf,  während  Darian,  Ortax  und  Wolfmir  den  Raum  sicherten. Anschließend versuchte Arthilas den Greifen mit  seiner Magie  zu heilen, was diesem  tatsächlich neue Kraft zu verleihen schien.   Der Greif sprach in den Gedanken der Gefährten: "Habt Dank, Sterbliche, für diese hilfreiche Tat. Hinter dieser Pforte  lauern die gefallenen Krieger des Blutgottes Tairach. Wenn diese Pforte  in die Hände der Schwarzpelze fällt, werden die Diener des roten Mondes diese Welt beenden. Meine Wacht währt nun schon über 1.000 Jahre, doch meine Kräfte sind verzehrt.  Ich muss die Sonne des Herrn Praios spüren, um neue Kraft zu schöpfen. Nur so kann ich erneut und weiterhin Wache halten und die Pforte der Toten versiegelt lassen." Obwohl weitere schwere Erschütterungen von der anderen Seite der Pforte der Toten zu bemerken waren und Darian mit seinem Astralblick mehrere Totengeister sehen konnte, machte der Greif klar, dass er die Pforte bis zum Morgengrauen beschützen würde. Die Gefährten eilten daraufhin wieder  zum  Granitloch  am  oberen  Ende  des  Gewölbes  zurück,  um  dieses  für  den  Greifen  weiter aufzubrechen.  Mit dem Einbruch der Dunkelheit marschierten auch die Orks in der Stadt ein. Die Schwarzpelze rückten von der zerstörten Schanze aus an und drangen über die Straßenzüge der aufgegebenen Oststadt bis zu den Barrikaden zwischen Zerwas' und Lancorians Turm vor. Rondrian, Altair und Andrak eilten von der Rondraburg aus bis zum Turm von Zerwas und halfen den dortigen Verteidigern dabei, die eindringenden Orks zurückzuschlagen. Unter den Schwarzpelzen befand sich allerdings auch ein wütender Streitoger, der mehrere  unerfahrene Bürgerwehrsoldaten mit  seiner Ogerschelle  zu Brei  schlug. Rondrian  stellte sich  diesem  Feind  entgegen,  entwaffnete  das  feiste  Ungeheuer,  widerstand  den  Faustschlägen  und schlug  ihn  anschließend mit mehreren  kräftigen  Hieben  in  Stücke.  Die  Bürgerwehrsoldaten  konnten diese Front halbwegs sichern, als plötzlich ein Flammenschwall die Norrnfeste erhellte: Ein dreiköpfiger Riesenlindwurm,  der  wohl  auf  Seiten  der  Orks  kämpfte,  hatte  sich  auf  den Mauern  der  Norrnfeste niedergelassen  und  mit  seinem  Flammenodem  einen  der  Türme  entzündet.  "Holt  mir  sofort  Ortax 

Page 62: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

herbei, er ist beim Rahjatempel, er ist Drachenjäger!", schrie Rondrian einen Botenreiter an. Andrak und Altair  gesellten  sich  zu Rondrian und  verfolgten mit einem  Schaudern, wie der Riesenlindwurm einen weiteren  Wachturm  in  Flammen  hüllte.  Plötzlich  stand  auch  Zerwas  neben  Rondrian,  zückte  seine schwarze Klinge und  sprach  süffisant  in  seinem  südländischen Dialekt:  "Ich glaube,  Ihr könnt die Hilfe eines Henkers gut gebrauchen. Köpfe abzuschlagen ist immerhin mein... 'Haupt'‐Geschäft!".  Anfang  BOR  1013  BF:  Bei  Lancorians  Turm  trafen  Rondrian,  Zerwas,  Andrak  und  Altair  auf  ihren Gefährten Ortax,  der mit  strengem  Blick  die  Flugbahn  des Drachen  an  der Norrnfeste  verfolgte. Der Zwerg  war  ein  ausgebildeter  Drachenjäger  und  erklärte:  "Es  handelt  sich  hierbei  um  einen  jungen Riesenlindwurm,  die  Dinger  sind  allgemein  recht  schlau,  aber  auch  sehr  emotionsgetrieben.  Wir brauchen einen guten Platz, um das Untier zu erlegen, am besten einen Stollen oder dergleichen..." Die Gefährten überlegten  kurz  und Altair  zeigte  auf  eine nahe  gelegene Gasse,  die  zwischen  zwei  hohen Häusern verlief und gerade so eng war, dass der Drache hineinpassen würde: "Vielleicht können wir den Drachen da hinein locken und von den Dächern aus angreifen?" Ortax nickte und Rondrian erklärte: "Ich werde mich dem Drachen entgegenstellen und ihn in zu dieser Gasse locken!" Mit den Segenswünschen seiner Kameraden eilte der Rondrianer zur Norrnfeste, wo der Riesenlindwurm gerade dabei war, den aus  der  brennenden  Feste  fliehenden  Truppen  seinen  Feuerodem  hinterher  zu  speien.  "Heda,  du dreiköpfige Missgestalt!  Ich  hörte,  deine Mutter  ist  ein  derart  stinkend' Gekröse,  dass  sich  selbst  ihr Spiegelbild mit Grausen abwendet!"  rief der Rondrianer dem Drachen  im beleidigenden Ton entgegen und rannte dann eilig davon. Die drei Köpfe des Drachen knurrten wütend den Rondrianer an und der schwere Drachenleib stampfte dem flüchtigen Helden schnellen Schrittes hinterher. Der Drache konnte dabei sogar zu Rondrian aufholen und diesen mit seinem Feuerodem rösten.  Mit schweren Verbrennungen hastete Rondrian  in die Gasse hinein und suchte schwer atmend Schutz hinter einigen Kisten. Der Drache war ihm dicht auf den Fersen, doch als dieser selbst in die enge Gasse vordrang, stürzte sich Zerwas von den Dächern auf den Rücken des Lindwurms und hackte mit  seiner schwarzen Klinge nach dessen Schwingen. Andrak und Altair kamen ebenfalls aus  ihrer Deckung hervor und  beschossen  den Riesenlindwurm mit  ihren  Pfeilen. Ortax wiederum  hatte  sich  beim  Eingang  der Gasse versteckt und schlug mit seiner Axt nach den Hinterläufen des Untiers. Der Riesenlindwurm teilte zwar selbst schwere Bisswunden aus, konnte aber mit vereinten Kräften bezwungen werden, bevor er einen der Gefährten zu Boron schicken konnte. Freudestrahlend stellte sich Ortax auf den Rücken des noch  immer heißen Drachenkadavers, streckte seine Axt zum Himmel und verkündete heldenhaft den Sieg über den Erbfeind. Die Gefährten konnten sich kaum von dem Gefecht erholen, als urplötzlich eine blutrote  Mondsichel  am  ansonsten  klaren  Nachthimmel  erstrahlte,  aus  deren  unteren  Bereich  ein Lichtstrahl zu entspringen schien, der wiederum direkt auf den Rahjatempel zeigte.   Das widernatürliche Tairach‐Mal wurde  auch  von Arthilas bemerkt, der nach wie  vor am Eingang des Rahjatempels  Wache  hielt.  Der  Elfenheiler  erspähte  aber  auch  mehrere  Schwarzpelze,  unter  ihnen sowohl Zholochai wie auch Korogai, die sich zusammen mit einem schwer gepanzerten Kriegsoger vom Osten her dem Tempel näherten. Der Elfenheiler warnte seine Gefährten Wolfmir und Answulf vor den anmarschierenden  Gegnern,  doch  da  die  Recken  die  Tempeltore  nicht  mehr  rechtzeitig  blockieren konnten, kletterten diese mit Hilfe eines Seils durch das Loch im Boden bis zum Wendelgang des Tairach‐Unheiligtums  und  bezogen  dort  Stellung. Die Orks  folgten  ihnen  allerdings  nicht  in  das  dunkle  Loch, sondern schickten stattdessen einige Korogai los, um Verstärkung zu holen.  Wenig  später  erklang  allerdings  Kampflärm,  denn  Rondrian  und  die  anderen  Drachentöter  waren mittlerweile ebenfalls beim Rahjatempel angekommen und verwickelten die dort wartenden Orks in ein Gefecht.  Zerwas  stürzte  sich  als  erstes  in  die  Schlacht  und  erschlug  einen  der  Zholochai.  Rondrian forderte  einen weiteren  Zholochai  zum Duell. Ortax,  Andrak  und  Altair  versuchten  unterdessen,  den 

Page 63: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

kräftigen Oger zu erschlagen, was allerdings nicht so recht gelingen wollte. Kurze Zeit später erklangen panische Hilferufe von Darian, der sich bisher beim Greifen Scraan im untersten Unheiligtum aufgehalten hatte, um diesen bei der Versiegelung der Pforte der Toten beizustehen. Wolfmir und Answulf reagierten auf die Hilferufe und eilten entlang des Wendelgangs in die Tiefe. Arthilas hingegen wollte mit Hilfe des Seils  nach  oben  in  die  Tempelhalle  klettern,  um  seine  Freunde  beim  Kampf  gegen  die  Orks  zu unterstützen. Er konnte beobachten, wie Zerwas einen Zholochai niederstreckte und dann selbst elegant in das Loch sprang, aus dem Arthilas gerade geklettert kam.  Zeitgleich waren weitere Orkkrieger im Rahjatempel angekommen und unter ihnen befand sich auch der Feuerschamane, dem die Gefährten in den südöstlichen Wäldern begegnet waren. Arthilas schickte dem Schamanen  einige  Pfeile  entgegen  und  dieser  beantwortete  diese  mit  seinen  magischen Flammenstrahlen. Doch  als  auch Andrak und Altair den  Schamanen  ins Visier nahmen,  konnte dieser dem  feindlichen Beschuss nicht  lange  standhalten. Der Oger konnte nach  zähem Kampf ebenfalls von Rondrian  und  Ortax  erschlagen  werden.  Glücklicherweise  war  von  draußen  mittlerweile  auch  das Getrampel  von Hufeisen  auf  Pflasterstein  sowie die Rufe  von Alrik  von Blautann  zu  hören,  der  seine Kavallerie zum Rahjatempel geführt hatte, um die Orks am Vorplatz des Tempels niederzureiten.  Zerwas  hatte  unterdessen  den  Wendelgang  zum  Tairach‐Unheiligtum  hinter  sich  gelassen  und  zu Wolfmir und Answulf aufgeholt, die beide am Eingang der Vorkammer standen. Die Vorkammer selbst entsprach einem mit  losen Knochen gefüllten Becken, doch  sowohl Darian  als auch der Greif, die am anderen  Ende  der  Vorkammer  die  Pforte  der  Toten  bewachten, waren  kaum  auszumachen,  da  sich mittlerweile Dutzende von orkischen Skeletten aus der Knochengrube gewühlt hatten und  sich  in der Vorkammer  sammelten. Answulf  zückte  sein  dem Herrn  Praios  geweihtes  Zepter  und Wolfmir  nahm seinen dem Herrn Boron geweihten Spaten in die Hand, dann traten sie gemeinsam nach vorne, um sich den vordersten Skeletten zum Kampf zu stellen. Überraschend eilte Zerwas an den beiden Götterdienern vorbei, tänzelte sich durch die Reihen der Untoten und hielt mit gezückter Klinge direkt auf den Greifen zu. "Neeein!", schrien Answulf und Wolfmir wie aus einem Mund und der Greif selbst hob überrascht seine Flügel, um den anstürmenden Henker wie auch die gesamte, mit Untoten gefüllte Vorkammer mit heiligem Licht zu fluten. Zum Entsetzen der Gefährten verwandelte sich Zerwas  im Licht des Greifen  in den  blutroten  Dämon,  doch  dieser  stürmte weiterhin  ungebremst  auf  den  Greifen  zu  und  setzte  zu einem Sprungangriff an. Kurz bevor der Henker das heilige Wesen erreichte, prallte dieser mit einem dumpfen Knall gegen einen unsichtbaren Wall, der anscheinend den Zugang zum  inneren Unheiligtum versiegelte. Darian atmete erleichtert aus, denn er war es gewesen, der den Angriff auf den Greifen mit der arkanen Barriere verhindert hatte.  Der rote Dämon fluchte und hackte auf die arkane Barriere ein, doch Answulf und Wolfmir waren bereits heran geeilt und konnten dem Erzvampir  ihre geweihten Waffen über den Schädel ziehen. Tatsächlich schienen die  göttergefälligen Waffen  dem dämonischen Henker  schweren  Schaden  zuzufügen. Dieser drehte  sich  den  beiden  Götterdienern  zu  und  vollführte  einen  geschickten  Rundumschlag,  bei  dem sowohl Answulf als auch Wolfmir schwer verletzt wurden. Die beiden nahmen ihre letzte Kraft und den letzten verbliebenen Mut zusammen und schlugen auf den Henker ein, bis dieser zu einem stinkenden Haufen Staub zerfiel. Übrig blieben nur die zerrissenen Kleider des Henkers sowie seine rabenschwarze Klinge. Darian  erkannte,  dass  von  der  Klinge  eine  böse Macht  ausging  und  nahm  diese  vorsichtig  in Gewahrsam.  Der  Greif  hingegen  flutete  die  Vorkammer  noch  immer mit  seinem  Licht,  welches  die orkischen Untoten  so  sehr  irritierte, dass es  für Answulf und Wolfmir ein Leichtes war, die knochigen Wiedergänger nach und nach zu zertrümmern.  Nachdem  sowohl  die  Untoten  beim  Unheiligtum  als  auch  die  Schwarzpelze  in  der  Tempelhalle geschlagen  waren,  zog  sich  Alrik  von  Blautann  mit  seinen  verbliebenen  Reitern  ebenfalls  in  die 

Page 64: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Tempelhalle zurück. Der Obrist berichtete, was er zur Lage der Stadt wusste: "Die meisten Truppen aus dem Norden haben  sich nach dem Drachenangriff  in die  Flussgarnison  zurückgezogen, doch die Orks haben den Weg dorthin mittlerweile abgeschnitten. Die Rondraburg  scheint noch  in unserer Hand  zu sein. Dieser Blutmond über dem Tempel macht mir allerdings am meisten sorgen, bestimmt sehen die Orks dies als Zeichen ihres Gottes und werden diesen Ort bald überrennen. Wir müssen schnell fort von hier!"  Rondrian widersprach und erklärte, dass unter diesem Tempel der Greif Scraan eine Pforte des Grauens bewachte und diese Stätte deshalb nicht in die Hände der Orks fallen durfte. Fast zeitgleich erklang ein Donnerhall  und  schwere  Regentropfen  prasselten  auf  das  Dach  des  Rahjatempels.  "Seht,  die  Herrin Rondra  schickt uns  ihren Segen!",  sprach Rondrian und auch Oberst von Blautann  schickte ein kurzes Stoßgebet  zur  Sturmherrin.  Durch  das  Atrium  des  Tempels  konnten  die  Gefährten  außerdem beobachten, wie sich dicke Regenwolken über der Stadt sammelten und das Tairach‐Mal verhüllten. Alrik von Blautann übernahm daraufhin das Kommando über die Verteidigung des Tempels und befahl seinen Männern, die Eingangspforten zu verbarrikadieren.  Stundenlang warteten die Verteidiger im Rahjatempel und lauschten den Ereignissen, die sich außerhalb abspielten: Schwerer Regen, Donnerhall, Hornsignale und entfernter Kampfeslärm waren zu hören und verklangen wieder. Kurz vor dem Morgengrauen waren weiterer Kampflärm und  fürchterliche Schreie vom  Vorplatz  des  Rahjatempels  zu  hören.  Und  nachdem  dieser  allmählich  verstummte,  erklang  ein schweres Klopfen an den Tempelpforten und eine eindringliche Stimme sprach durch den Regen: "Heda, in Rondras Namen, ist hier noch eine götterfürchtige Seele am Leben?" Alrik von Blautann ließ vorsichtig die  Pforte  öffnen  und  in  der  regnerischen  Morgendämmerung  stand  ein  tapferer  Krieger  in rondragefälliger  Rüstung  mit  blutverschmierter  Klinge,  den  der  Oberst  als  Abtmarschall  Theon Wellenstein  von  Rhodenstein  erkannte.  Oberst  von  Blautann  grüßte  ehrenvoll  den  berühmten  und heldenhaften Rondrianer, der als Sieger des Donnersturmrennens vor acht Jahren die Gunst der Göttin erworben  hatte. Der Donnersturm,  der  heilige  Streitwagen  der Herrin  Rondra,  stand  glänzend  hinter Theon,  der  Korpus  aus  Göttergold  war  feucht  von  Blut  und  regen,  die  vier  Zugpferde  hingegen schnaubten aufgeregt und scharrten mit den Hufen. Ein Donnerkeil stieß krachend vom Himmel herab und  als  der  blendende  Lichtblitz  verklungen  war,  war  auch  der  heilige  Streitwagen  wieder verschwunden. Theon  sprach ehrfurchtsvoll:  "Die Göttin hat mich hierher befohlen.  Sie hat mir  ihren Streitwagen geschickt, auf dass ich zur rechten Zeit hier sein kann. Viele Schwarzpelze haben heute den Tod unter meiner Klinge gefunden, doch nun scheint mir, ist die wichtigste Schlacht geschlagen..."  Der Regen ließ allmählich nach und die Gefährten wie auch Alriks Kavalleristen eilten nach draußen, um sich  ein  Bild  von  der  Lage  zu machen:  Auf  dem  Vorplatz  des  Rahjatempels  lagen  unzählige  Leichen erschlagener Orks, im Westen versuchten einige versprengte Schwarzpelze, die Leichen ihrer Kameraden zu  plündern  und  im  Osten,  wo  das  erste  Licht  des  Herrn  Praios  aufging,  waren  die  Banner  der Kaiserlichen Armee zu erkennen, die nach so  langer Zeit des Wartens endlich die Stadt erreicht hatten. Die Morgensonne schien auf das feuchtglänzende Dach des Rahjatempels, auf dem nun auch der Greif Scraan  stand. Er hob  seine Flügel gen Osten und nahm die morgendlichen Sonnenstrahlen mit  seinen goldenen Schwingen auf, bis er selbst wie eine kleine Sonne leuchtete. Die Stimme des heiligen Wesens erklang in den Gedanken der Gläubigen: "Hier an dieser Stelle werde ich erneut 1.000 Jahre wachen und hier  an  dieser  Stelle  soll  ein  Haus  des  Praios  errichtet  werden,  auf  dass  der  Götterfürst  den Weg versiegelt, der zu dunklen Pforten führt." Ohne ein weiteres Wort kletterte er durch das Atrium zurück in den Tempel und von dort hinunter in das unterste Unheiligtum.  Mit letzter Kraft schleppten sich die Gefährten zurück in den Tempel und bewachten diesen Ort, bis die Kaiserliche  Armee  gegen Mittag  in  Greifenfurt  einmarschierte.  Reichsbehüter  Brin  selbst  führte  die 

Page 65: CHATTEN ÜBER GREIFENFURT · 2019. 7. 18. · Angriff auf die Kaiserstadt Gareth planten. Während Helme Haffax das Fußvolk und den Tross in die Kasernen führte, zog Reichsbehüter

Truppen an und  ließ sich von Marcian das Kommando über die Stadt und die verbliebenen Verteidiger übergeben.  Zusammen  mit  seinem  engsten  Gefährten  Ludalf  von  Wertlingen  suchte  er  selbst  den Greifen Scraan im untersten Unheiligtum auf und ließ anschließend das Gewölbe unter dem Rahjatempel zügig  versiegeln.  In  den  kommenden  Tagen  kehrte  wieder  Ordnung  in  die  Stadt  Greifenfurt  ein: Kaiserliche  Truppen  besetzten  die  Verteidigungsanlagen  und  stellten  die  Befestigungen  wieder  her, mehrere  Schwadronen  schwerer  Reiterei  stürmten  die  Versorgungslager  der  Orks  im  Umland  und befreiten  sowohl die Uferfeste  im Westen als auch das Norrnkloster. Andrak  führte Rondrian und die übrigen Gefährten  in  den  kommenden  Tagen  auch  erneut  zum  Kastell  Kompitz,  um  dieses  nochmals ausgiebig zu untersuchen, doch in der Burgruine waren keine Vampire mehr zu finden. Gegen Ende des Boronmondes trennten sich die Gefährten: Ortax und Altair fuhren mit dem Panzerschiff des Mechanikus Leonardo die Breite und den Großen Fluss hinab, um den Karfunkel und weitere Drachenkörperteile nach Xorlosch  zu  bringen. Magister Darian  und  Inquisitor  Answulf  brachen  zeitgleich  zusammen mit  einer Delegation von Bannstrahlern nach Burg Auraleth auf, um den schwarzen Zweihänder von Zerwas in den dortigen  Koschbasaltkammern  zu  verwahren.  Rondrian,  Wolfmir,  Andrak  und  Arthilas  hingegen schlossen sich ebenso wie der Abtmarschall Theon den Kaiserlichen Truppen an, um die kläglichen Reste des Orkheeres aus dem Umland zu vertreiben.  In den  kommenden Wochen wurden die  verbliebenen  Truppenverbände der Orks mehr  und mehr  in Richtung  Finsterkamm  getrieben,  allerdings  kamen  mit  dem  einbrechenden  Winter  auch  die Kriegsbemühungen zum Erliegen. Tatsächlich dauerte es noch bis zum Anfang des Jahres 1014 BF, bis der Orkensturm  endgültig  zurückgeschlagen  und  die  Markgrafschaft  Greifenfurt  von  den  Schatten  des Krieges befreit war.