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Chemische Grundlagen ORGANISCHE SYNTHESE 1 ORGANISCHE SYNTHESE 1. Einführung in das Laborinformationssytem iChemLab Am Institut für Angewandte Synthesechemie wird im Rahmen eines geförderten Forschungsprojektes in Kooperation mit dem Institut für Chemische Technologien und Analytik das internet-basierte Laborinformationssystem iChemLab entwickelt. iChemLab wird bei der Abwicklung von organischen, anorganischen und makromolekularen Synthesepraktika durch Studierende und betreuende AssistentInnen verwendet. Es unterstützt die Studierenden bei der Vorbereitung der Experimente durch einfachen und raschen Zugang zu Arbeitsvorschriften, zu physikochemischen Daten, zu labortechnischer Information etc. und bei der Abgabe der Präparate. Um diese Webapplikation von Anfang an kennen lernen und nutzen zu können, wurde für den organischen Syntheseteil der Laborübungen Chemische Grundlagen, welcher Inhalt der Übungstage 4 - 6 ist, das iChemLab junior – Segment entwickelt. Der Zugang zu iChemLab erfolgt von jedem beliebigen mit dem Internet verbundenen Computer mittels eines Webbrowsers (bevorzugt MS Internet Explorer) via www.ichemlab.at mit Username: Gast2 und Password: Gast2. Nach dem Login wird der iChemLab-Button gedrückt sowie die Präparatenummer 243 und / oder der (Teil)Name „Cannizzaro“ eingegeben:

ChemischeGrundlagen Organische Synthese Neu 031120 · Benzoesäure, sowie Kaliumhydroxid und Methanol Informationen zum Auffinden der Daten sollten bereits am vermittelt worden sein

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Chemische Grundlagen ORGANISCHE SYNTHESE

1

ORGANISCHE SYNTHESE

1. Einführung in das Laborinformationssytem iChemLab

Am Institut für Angewandte Synthesechemie wird im Rahmen eines geförderten Forschungsprojektes in

Kooperation mit dem Institut für Chemische Technologien und Analytik das internet-basierte

Laborinformationssystem iChemLab entwickelt. iChemLab wird bei der Abwicklung von organischen,

anorganischen und makromolekularen Synthesepraktika durch Studierende und betreuende AssistentInnen

verwendet. Es unterstützt die Studierenden bei der Vorbereitung der Experimente durch einfachen und

raschen Zugang zu Arbeitsvorschriften, zu physikochemischen Daten, zu labortechnischer Information etc.

und bei der Abgabe der Präparate.

Um diese Webapplikation von Anfang an kennen lernen und nutzen zu können, wurde für den organischen

Syntheseteil der Laborübungen Chemische Grundlagen, welcher Inhalt der Übungstage 4 - 6 ist, das

iChemLab junior – Segment entwickelt.

Der Zugang zu iChemLab erfolgt von jedem beliebigen mit dem Internet verbundenen Computer mittels

eines Webbrowsers (bevorzugt MS Internet Explorer) via www.ichemlab.at mit Username: Gast2 und

Password: Gast2.

Nach dem Login wird der iChemLab-Button gedrückt sowie die Präparatenummer 243 und / oder der

(Teil)Name „Cannizzaro“ eingegeben:

Chemische Grundlagen ORGANISCHE SYNTHESE

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iChemLab junior bietet vier verschieden Funktionen, welche in der Menueleiste angeboten werden: die

Reaktionsgleichung, die aufbereitete Arbeitsvorschrift, die Dateneingabe von nach der Durchführung des

Experimentes erhaltenen und gemessenen Werten sowie den Download dieses Skriptums.

Die folgende Bildschirmkopie zeigt die Arbeitsvorschrift und ein Beispiel für die „Flämmchen“-Funktion:

markiert man ein Wort oder einen Teil eines Wortes und klickt das „Flämmchen“, erscheinen in einem

Thesaurusfenster Links zu weiteren Informationen, sofern solche für den gewählten Begriff vorhanden

sind, bspw. die Abbildung eines Laborgerätes (s.u.). Falls man den Namen einer Chemikalie markiert,

gelangt man über die Flämmchenfunktion zu den Sicherheitsdaten der Verbindung.

Über den Link „Dateneingabe“ gelangt man zu einem ausführlichen „Operationsschema“ der

durchzuführenden Cannizzaro-Reaktion (siehe Punkt 3.3 dieses Skriptums). Alle Mengen, die

während der Durchführung der Reaktion erfasst werden müssen (Ansatz der Cannizzaro-Reaktion

und der Derivatisierung, Roh- und Zwischenprodukte, Endprodukte), sind daraus ersichtlich und

sind im Verlauf des Experiments zu notieren sowie zur elektronisch unterstützten Erstellung des

abzugebenden Versuchsdatenblattes in die Website einzugeben.

Man gelangt nur bei vollständiger Dateneingabe zur nächsten Seite, wo folgende Werte aus

verschiedenen Berechnungen einzugeben sind:

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Führen sie nun die folgenden Berechnungen durch und geben sie die Werte ein:

Der Reaktionsansatz bestand aus:

2 g mmol Benzaldehyd Rf-Wert in PE:EE 5:1

2 g mmol Kaliumhydroxid

2 ml Methanol

2 ml Wasser

Als Rohprodukte wurden erhalten/Massenbilanz:

Menge in g Menge in mmol Produkt

2 g mmol Benzylalkohol = % der Theorie *

Brechungsindex bei 20 °C:

Rf-Wert in PE:EE 5:1

2 g mmol Benzoesäure = % der Theorie *

Schmelzpunkt: °C

Rf-Wert in PE:EE 5:1

mmol Summe an Produkten = % Gesamtausbeute *

Als Reinprodukt wurden erhalten:

2 g mmol Derivat Schmelzpunkt °C

Bitte geben Sie hier noch Ihren Namen an:

Abschicken

*) WICHTIGER HINWEIS: 1 Mol Benzaldehyd ergibt bei einer Umsetzung mit 100% Theorieausbeute nur je 0.5 Mol der jeweiligen Endprodukte! Die theoretisch mögliche Gesamtausbeute (= Summe der beiden Produkte) beträgt jedoch 1 Mol.

Zahleneingabe: für mmol nur ganze Zahlen erlaubt, ansonsten Punktkomma verwenden; Schmelzpunkt: xx-yy erlaubt.

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Abschließend gelangt man, ebenfalls nur nach vollständiger Eingabe aller Daten, zum

„Versuchsdatenblatt“, auf welchem die Ergebnisse der Übung „Organische Synthese“

zusammengefasst werden. Dieser Report muss ausgedruckt und bei der Abgabe des Präparates

vorgewiesen werden.

Die folgende Abbildung zeigt zusammengefasst den Ablauf vom „Operationsschema“ bis zum

„Versuchsdatenblatt“ anhand von Bildschirmkopien:

Die Eingabe der Daten sowie der Ausdruck des Versuchsdatenblattes kann sowohl an den PC’s im

Hörerlabor als auch in allen Interneträumen der TU Wien oder auf privaten Computern mit einem

Anschluss ans Internet erfolgen. Der nächste Internetraum befindet sich am Getreidemarkt im 1.

Untergeschoß des Chemiehochhauses in der Nähe zum Audimax-Eingang.

Abschließend soll erwähnt werden, dass mit diesem Zugang zu iChemLab bei Interesse bereits

auch die Vorschriften jener Experimente, die später einmal in den anorganischen und organischen

Laborübungen durchgeführt werden, eingesehen werden können.

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THEORETISCHER UND EXPERIMENTELLER TEIL

Einfache Synthese zweier organischer Verbindungen – Die Cannizzaro - Reaktion

2. Theorie

Während Aldehyde mit α-CH-Bindungen unter basischen Bedingungen Aldolprodukte liefern, geben

solche ohne α-CH-Bindungen mit konzentriertem Alkali ein l:l - Gemisch des zugrunde liegenden

primären Alkohols und der entsprechenden Carbonsäure als Alkalisalz. Bei diesem als Cannizzaro -

Reaktion bezeichneten Prozess findet also eine Redox-Disproportionierung zwischen zwei Aldehyd -

Molekülen statt, d.h. ein Aldehydmolekül wird oxidiert zur Säure und das andere reduziert zum primären

Alkohol. Aromatische Aldehyde und Formaldehyd sind Verbindungen, die diese Reaktion zeigen:

Ar H

O

Ar H

HO H

Ar O

O

Na+

NaOH+2 +1 -1+3

H2O

Die Oxidationszahl ändert sich dabei von +1 beim Aldehyd auf -1 für den primären Alkohol und +3 für die

Carbonsäure. Die Oxidationszahl ist die Formalladung des betrachteten Kohlenstoffs und ergibt sich, indem

man die Bindungselektronen immer dem jeweiligen elektronegativeren Element zuordnet (C-O-Bindung:

Elektronen kommen zum Sauerstoff; C-H-Bindung: Elektronen werden dem Kohlenstoff zugeordnet). Bei

Bindungen zwischen zwei gleichen Atomen (C-C-Bindung) erhält jedes Atom ein Elektron. Die nach

dieser Rechnung dem Kohlenstoff zugeordnete Zahl an Elektronen wird bestimmt und von der Zahl der

Valenzelektronen (= Elektronen in der äußersten Schale) des Elements abgezogen. Das Ergebnis liefert die

Oxidationszahl.

Als Mechanismus der Cannizzaro - Reaktion ist plausibel, dass zunächst ein Hydroxid - Ion nucleophil an

die Carbonyl - Funktion des Aldehyds angelagert wird. Das Addukt stabilisiert sich durch Hydrid-Transfer

an die Carbonylgruppe eines zweiten Aldehyd-Moleküls unter Bildung des primären Alkoholats und der

Carbonsäure, die die Produkt-Bildung unter Protonen-Transfer (Alkoholat zu Alkohol, Carbonsäure zu

Carboxylat) abschließen

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Ar H

O

Ar H

HO H

Ar O

O

Na+

NaOH

ArH

O

HO-

Ar H

O O H

+H2O

Da Formaldehyd eine höhere Carbonyl - Elektrophilie und damit höhere Reduktionskraft als aromatische

Aldehyde besitzt, kann Formaldehyd aromatische Aldehyde in Gegenwart konzentrierter Alkalilauge im

Zuge einer "gekreuzten" Cannizzaro - Reaktion zu Benzylalkoholen reduzieren:

Ar H

O

Ar H

HO H

H O

O

Na+

NaOH

H H

O++

H2O

Auch intramolekulare Cannizzaro-Disproportionierungen sind bekannt, so die Umwandlung von Glyoxal in

das Na-Salz der Glykolsäure durch konz. Natronlauge.

H

O

H

OH

HO HO

O

Na+NaOH

H2O

Lässt man anstelle von konzentrierter Alkalilauge Aluminiumalkoholat in Alkohol auf Aldehyde ohne α-C-

H-Bindung einwirken, so erfolgt analog dem Cannizzaro - Prozess Disproportionierung unter Bildung von

primärem Alkohol und Carbonsäureester (Claisen - Tischtschenko - Reaktion):

Ar H

O

Ar H

HO H

Ar O

OR +2

Al(OR)3

ROH

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3. Theoretische Vorbereitung

3.1. Reaktionsgleichung

3.2. Erstellung von Betriebsanweisungen zum Umgang mit Benzaldehyd, Benzylalkohol und

Benzoesäure, sowie Kaliumhydroxid und Methanol

Informationen zum Auffinden der Daten sollten bereits am vermittelt worden sein.

Benzaldehyd Benzylalkohol Benzoesäure Kaliumhydroxid Methanol

Allgemeine Sicherheitskriterien

Gefahrensymbol Xn Xn Xn C F,T

Schmelzpunkt [°C] -56 -15 122 360 -98

Siedepunkt [°C] 179 205 249 1327 65

Flammpunkt [°C] 64 94 11

Explosionsgrenze [v%] 1.4 5.5-44

Grenzwert [mg/m³] MAK 260

Schwangerschaftsgruppe D

R- und S-Sätze R22 R20/22 R22,36 R35 R11,23/25

S24 S26 S24 S26,37/39,45 S7,16,24,25

Besonderheiten Hautresorbierend

Schutzmaßnahmen

Allgemein ADLKF DF DTKF ADTLKF ADLKF

Körperschutz BKH BK BKH BKH BKH

Störfälle/Unfälle PCWF PCW PCWF PCF PCF

Erste Hilfe Maßnahmen

für Haut WA W WV KWVA KWA

für Auge WVA W WVA WVA WVA

bei Inhalation LBDA L LBD LBDA LBDA

bei Verschlucken WC W WCA WCA WCA

Entsorgung 1 1 2 3 1

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Erläuterungen zu den Abkürzungen:

Gefahrensymbol: Xn .............. Gesundheitsschädlich C................. Ätzend F ................. Leichtendzündlich T................. Giftig

R- und S-Sätze: R11............. Leichtendzündlich R22............. Gesundheitsschädlich beim Verschlucken R20/22........ Gesundheitsschädlich beim Einatmen und beim Verschlucken R23/25........ Giftig beim Einatmen und beim Verschlucken R35............. Verursacht schwere Verätzungen R36............. Reizt die Augen

S7 ............... Behälter dicht verschlossen halten S16 ............. Von Zündquellen fernhalten – Nicht rauchen S24 ............. Berührung mit der Haut vermeiden S25 ............. Berührung mit den Augen vermeiden S26 ............. Bei Berührung mit den Augen gründlich mit Wasser abspülen und

Arzt konsultieren S37/39 ........ Bei der Arbeit geeignete Schutzhandschuhe und

Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen S45 ............. Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt zuziehen (wenn möglich,

dieses Etikett vorzeigen

Schutzmaßnahmen: allgemein A ................ Im Abzug mit Stoff arbeiten D ................ Behälter dicht halten F ................. Nicht mit brandfördernden oder selbstentzündlichen Stoffen lagern K ................ Kühl (nicht >20°C) lagern L................. Behälter luftig (im Abzug) lagern T................. Behälter trocken lagern

Körperschutz B................. Schutzbrille tragen H ................ Geeignete Schutzhandschuhe tragen K ................ Labormantel tragen

Störfälle/Unfälle: C................. Im Brandfall Kohlendioxidlöscher verwenden F ................. Verschütteten Stoff mit geeignetem Adsorber aufnehmen P ................. Im Brandfall Trocken(Pulver-)löscher verwenden W................ Mit Wasser löschen bzw. nach Verschütten mit Wasser verdünnen

Erste-HilfeMaßnahmen: A ................ Arzt/Augenarzt kontaktieren B................. Atmung kontrollieren und ggf. künstliche Beatmung C................. Wiederholt Aktivkohleschlämmung trinken D ................ Dexamethason-/Auxilosonspray verwenden (vorzugsweise Arzt) K ................ Eiligst kontaminierte Kleidung entfernen L................. Frischluft zuführen V ................ Als Infektionsschutz Verband anlegen W................ Mit Wasser und Seife waschen bzw. nach Verschlucken Wasser

trinken

Entsorgung: 1 ................. Organische halogenfreie Lösungsmittel 2 ................. Wässrige Lösungen 3 ................. Konzentrierte Lösungen werden verdünnt, neutralisiert, und über die

Kanalisation entsorgt

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3.3. Erstellung eines Operationsschemas

LösungsmittelMutterlauge

LösungsmittelDiethylether

OrganischePhase

WäßrigePhase

BenzaldehydKaliumhydroxidMethanolWasser

BenzylalkoholKaliumbenzoatKaliumhydroxidMethanol, Wasser

1. Ansäuern mit verd. HCl2. Absaugen3. Waschen mit Wasser

AbkühlenEingießen in EiswasserExtraktion mit Diethylether

Trocknen

Reakti

on

san

satz

Vers

uch

sd

urc

hfü

hru

ng

Au

farb

eit

un

g

Deri

vati

sieru

ng

Derivatisierung

TrockenmittelFilter

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4. Praktische Vorbereitungsarbeiten

4.1. Destillative Reinigung des Benzaldehyds

Benzaldehyd sollte, wie jeder Aldehyd, stets frisch destilliert eingesetzt werden (Autooxidation zu

Benzoesäure). Die Reinigung erfolgt durch fraktionierende Destillation im Vakuum; Sdp.12 = 64-65°C, nD20

= 1.5448.

Allgemeine Informationen zur Destillation finden Sie im Kapitel „Destillation“ des ersten Blocks.

Um den zeitlichen Rahmen der Übung nicht zu überschreiten, wird der Aldehyd bereits in gereinigter Form

zur Verfügung gestellt.

Kühl-wasserein

Kühl- wasser aus Vakuum-

pumpeHeizquelle

Thermometer

Quickfit oder Schliff

Vakuumvorstoß mit Euter

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Abhängigkeit der Siedetemperatur vom Druck

Chemische Grundlagen ORGANISCHE SYNTHESE

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4.2. Aufbau der Reaktionsapparatur

Magnetrührermit Heizplatte

Heizbad Magnetrühr-stäbchen

5. Durchführung der Reaktion

5.1. Arbeitsvorschrift

In einem 100 ml-Dreihalskolben mit Magnetrührer, Tropftrichter, Rückflusskühler und Innenthermometer

werden 10.0 g (94 mmol) frisch destillierter Benzaldehyd in 20 ml Methanol auf 65°C erwärmt und nach

Entfernen des Heizbades 5.7 g (102 mmol) Kaliumhydroxid in 7.5 ml Wasser so zugetropft, dass die

Temperatur nicht über 75°C ansteigt, wobei gegebenenfalls mit einem Wasserbad gekühlt wird. Nach

der Zugabe wird noch 1 h bei 70 - 75°C gehalten.

a) Reaktions-Dünnschichtchromatogramm (DC): Am Ende des ersten Arbeitstages dieser Übung wird

noch ein DC angefertigt, um auf Vollständigkeit der Reaktion zu prüfen. Dazu werden 2 Tropfen der

Reaktionslösung mit einer Pasteurpipette aus der noch heißen Lösung entnommen und zu 0.5 ml kalter

verdünnter Salzsäure in einem Reagensglas gegeben. Dabei bildet sich im Allgemeinen ein Niederschlag.

Diese Mischung wird dann mit Ether versetzt und geschüttelt, wobei sich ein allenfalls gebildeter

Niederschlag wieder löst. Die Etherphase (Oberphase) wird dann mit einer Kapillare auf das DC-Plättchen

aufgetragen. Gleichzeitig soll auf dem DC auch eine etherische Lösung des Edukts Benzaldehyd

aufgetragen werden und dazwischen beide Lösungen auf ein und demselben Punkt („Co-spot“)

übereinander. Das Anfertigen eines DCs sollte aus der Übung Chromatographie bereits bekannte sein. Als

Laufmittel ist eine Mischung Petrolether:Ethylacetat = 5:1 zu verwenden. Die Laufmittelfront ist nach

fertig stellen des DCs einzuzeichnen. Zur Erinnerung: Auf einem DC darf nur mit Bleistift markiert

werden.

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b) Sichtbarmachung der Substanzflecken: Die Sichtbarmachung der Substanzflecken erfolgt zuerst unter

der UV Lampe und anschließend, nachdem die Substanzflecke mit Bleistift eingezeichnet wurden, mittels

eines Färbereagenz, das zur Verfügung steht. Das DC-Plättchen wird dazu in die Lösung getaucht,

herausgezogen, man lässt die überschüssige Flüssigkeit über dem Gefäß mit der Färbelösung abtropfen,

streift das DC an der Kante ab, und erhitzt das DC vorsichtig auf einer Heizplatte, bis eine Dunkelfärbung

der Flecke eintritt. Vorsicht: Nicht alle Flecke lassen sich anfärben. Die Rf-Werte für die drei

Substanzflecken sind zu bestimmen und im Protokoll anzugeben.

Man lässt die Reaktion bis zum nächsten Tag stehen, kühlt mit einem Eisbad ab, und gießt das

Reaktionsgemisch auf eine Mischung aus 35 ml Eiswasser und 25 ml Ether. Der Reaktionskolben wird mit

jeweils 5 ml Wasser und Ether nachgewaschen und alle Lösungen werden vereinigt.

c) Isolierung des Benzylalkohols aus der Mutterlauge: Das Gemisch wird im Scheidetrichter getrennt,

noch zweimal mit je 25 ml Ether extrahiert und die vereinigten Etherphasen werden über Na2SO4

getrocknet. Nach Abfiltrieren des Trocknungsmittels, das mit Ether nachgewaschen wird, Abdestillieren

des Lösungsmittels bei Normaldruck und 10 Minuten Absaugen am Membranvakuum unter Erwärmen mit

einem Wasserbad auf 50 °C wird der rohe Benzylalkohol isoliert. Ausbeute: 4.7 g (92% d.Th.); nD20 =

1.5380

Der Benzylalkohol wird am folgenden Tag als Derivat charakterisiert.

d) Isolierung der Benzoesäure: Die wässrige Phase aus der Isolierung des Benzylalkohols wird mit

verdünnter Salzsäure angesäuert (Kontrolle mit pH – Papier) und der Niederschlag an Benzoesäure wird

abgesaugt, mit Wasser gewaschen und über Nacht im Exsikkator über Calciumchlorid getrocknet.

Ausbeute: 4.1 g (72% d.Th.); Fp = 118 - 122 °C.

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5.2. Sammeln/Recycling und Entsorgung

Alle Ether – Fraktionen werden gesammelt, damit sie am Ende des Labors redestilliert und der Ether

wieder verwendet werden kann.

Die wässrigen Phasen, aus denen die Benzoesäure gefällt wurde, können nach Neutralisieren über die

Kanalisation entsorgt werden.

Natriumsulfat und Calciumchlorid wird in der Sammeltonne „Kieselgel und Trocknungsmittel“ entsorgt.

Filterpapier und kontaminiertes Reinigungspapier wird in der Sammeltonne „Kontaminierte feste Abfälle“

entsorgt.

Der Destillations-Vorlauf und -Rückstand aus der Benzaldehyd-Destillation wird in den Sammelkanister

„Nicht halogeniert“ entsorgt.

6. Kontrollfragen zur Cannizzaro-Reaktion

6.1. Warum geben Ketone keine Cannizzaro – Reaktion ?

6.2. Was passiert mit Aldehyden die in der α-Position Wasserstoffatome tragen bei der Behandlung mit

Base ?

6.3. Skizzieren Sie die Vakuumdestillationsapparatur.

6.4. Skizzieren Sie die Reaktionsapparatur.

6.5. Berechnen Sie die notwendige Menge an Benzaldehyd, wenn Sie 5g Benzylalkohol als Produkt

erhalten wollen und die Ausbeute 90% der Theorie beträgt.

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Umkristallisieren und Derivatisierung

Die durch eine Cannizzaro-Reaktion aus Benzaldehyd erhaltenen Produkte, Benzoesäure und

Benzylalkohol, wurden durch Extraktion getrennt und als Rohprodukte isoliert. Nun soll die Benzoesäure

mittels Umkristallisieren gereinigt werden, der flüssige Benzylakohol durch Umsetzung mit

Phenylisocyanat als kristalliner Carbaminsäureester = Urethan derivatisiert werden.

7. Umkristallisieren der Benzoesäure

Das Umkristallisieren ist eine der wichtigsten Reinigungsoperationen für Feststoffe. Dabei wird im

Allgemeinen das Rohprodukt in einem geeigneten Lösungsmittel in der Siedehitze gelöst, wobei eine heiß

gesättigte Lösung hergestellt wird. Beim nachfolgenden, langsamen Auskühlen kristallisiert das Produkt in

reinerer Form aus, da dessen Löslichkeit in der Kälte herabgesetzt wird, die in geringerer Menge

vorhandenen Verunreinigungen aber immer noch gelöst bleiben. Es kann aber auch vorkommen, dass sich

die Verunreinigungen schlechter lösen und daher als unlöslicher Rückstand in der heißen Lösung

überbleiben. In diesem Fall müssen diese durch Abgießen oder Heiß-Filtrieren abgetrennt werden und erst

dann wird das Filtrat langsam abgekühlt. Nach Erreichen der Raumtemperatur wird das Gemisch zur

Vervollständigung der Kristallisation noch in den Eiskasten gestellt. Die abgeschiedenen Kristalle werden

dann durch Saugfiltration von der „Mutterlauge“ abgetrennt, mit wenig vorgekühltem Lösungsmittel

nachgewaschen und nach Überführen in eine Kristallisierschale im Exsiccator getrocknet. Aus der

Mutterlauge kann nach dem Einengen noch eine 2. Fraktion gewonnen werden, die meist weniger rein ist,

als die erste. Die Reinheit der beiden Fraktionen kann mittels Dünnschichtchromatographie und

Schmelzpunktsbestimmung überprüft werden.

Die beiden Fraktionen dürfen erst nach Feststellung der Gleichwertigkeit vereinigt werden !

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7.1. Apparatur

Magnetrührermit Heizplatte

Heizbad Magnetrühr-stäbchen

7.2 Praktische Durchführung des Umkristallisierens

Die rohe, trockene Benzoesäure wird in einem 50 ml Rundkolben mit ca. 10 ml Ligroin (Siedebereich 80-

100°C) vorgelegt und das Gemisch am Ölbad (Magnetrührerheizung gleich auf 200°C stellen !) zum

Sieden erhitzt. Das siedende Gemisch wird durch den Dimrothkühler portionsweise mit weiterem

Lösungsmittel versetzt, bis sich der Feststoff vollständig gelöst hat. (in kleinen Portionen aus dem

Messzylinder zugeben und Gesamtmenge des verwendeten Ligroins notieren!) Die Lösung wird in einen

auf einen Korkring gestellten, im Trockenschrank vorgewärmten Erlenmeyerkolben gegossen, wobei ein

ev. auftretender, schwer löslicher Rückstand im Kolben verbleibt! Wenn die abkühlende Lösung

Raumtemperatur erreicht hat, wird der Kolben noch für 30 min in den Eiskasten gestellt. Die gebildeten

Kristalle werden abgesaugt, mit wenig gekühltem Petrolether (Siedebereich 40-60°C, im Eiskasten

vorkühlen!) nachgewaschen und in der Glassinternutsche trocken gesaugt. Um das Wegsaugen des

Lösungsmittels in die Membranpumpe zu vermeiden, soll das Filtrat vorher aus der Saugflasche entfernt

werden). Die Kristalle werden in eine gewogene Kristallisierschale übergeführt, ausgewogen und der

Schmelzpunkt bestimmt. Schmp. der Literatur: 120-122°C. Die „Mutterlauge“=Filtrat sollte bis zum

Auswägen der Kristalle aufgehoben werden! Wenn genügend Reinprodukt erhalten wurde, kann das Filtrat

in den Behälter für halogenfreie Rückstände geleert werden.

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8. Derivatisierung des Benzylalkohols

Eine im Zuge einer Synthese hergestellte Substanz wird üblicherweise zunächst durch verschiedene

Trennungsoperationen (Fällung, Filtration, Extraktion usw.) während der Aufarbeitung als Rohprodukt

isoliert und dann durch Einsatz diverser Reinigungsmethoden (Destillation, Umkristallisieren,

Säulenchromatographie usw.) gereinigt. Eine Substanz gilt als rein, wenn sich die physikalischen

Kenndaten auch nach wiederholter Reinigung nicht mehr ändern.

Zur Identifizierung einer bekannten oder unbekannten Substanz werden verschiedene Methoden eingesetzt:

1) Bestimmung physikalischer Konstanten (Schmelzpunkt, Siedepunkt, Dichte, Brechungsindex,

Spezifische Drehung, Molekulargewicht usw.) und bei bekannten Substanzen Vergleich mit

tabellierten Literaturdaten.

2) Bestimmung und Auswertung von Spektraldaten (NMR-, IR-, UV-Spektren, MS usw.)

Während Schmelzpunkte relativ genau bestimmt werden können (bei Reinsubstanzen wird ein

Schmelzintervall von ≤1-2°C erwartet), ist bei flüssigen Produkten die genaue Bestimmung von

Siedepunkten schwieriger, der Brechungsindex reagiert dagegen sehr empfindlich auf Verunreinigungen

und ist auch von der Temperatur abhängig. Daher hat es sich eingebürgert von flüssigen Substanzen

kristalline Derivate herzustellen, um nach deren Schmelzpunktsbestimmung und Vergleich mit in

Handbüchern tabellierten Werten ihre Identität zu bestimmen. Durch die rasante Entwicklung der

spektroskopischen Methoden sind die Derivatisierungen heute vielfach in den Hintergrund gedrängt

worden, wichtig ist die Darstellung kristalliner Produkte jedoch weiterhin für die Röntgen-Strukturanalyse.

8.1. Anforderungen an ein geeignetes Derivatisierungs-Reagens

Es soll die rasche Bildung stabiler, gut kristallisierender Produkte mit definiertem, nicht zu niedrigem

Schmelzpunkt ermöglichen, die sich aus dem Reaktionsgemisch leicht isolieren und auch gut

umkristallisieren lassen.

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8.2. Carbonylverbindungen (Aldehyde, Ketone)

Die gebräuchlichsten Derivate sind 2,4-Dinitrophenylhydrazone, Semicarbazone und Oxime.

O

H NH

NH2

NO2

O2N N

H

NH

NO2

NO2

NH2

NH

NH2

O

NNH

NH2

O

ON

OH

O

2,4-Dinitrophenylhydrazon

Semicarbazon

Semicarbazid

2,4-Dinitrophenylhydrazin

NH2OH

OximHydroxylamin

8.3. Carbonsäuren

Als Amide, N-Benzylamide, Anilide oder 4-Bromphenacylester derivatisiert.

Br

O

Br

O

O

O

Br

OH

O

OH

O

Cl

O

NH2

O

NH3

OH

O

Cl

O NH2

NH

O

4-Bromphenacylester

Thionylchlorid

4-Bromphenacylbromid

SOCl2

CarbonsäureamidCarbonsäurechlorid

Thionylchlorid

SOCl2

CarbonsäureanilidCarbonsäurechlorid

Anilin

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8.4. Alkohole

Zur Charakterisierung dienen Ester der 3,5-Dinitro- bzw. 4-Nitrobenzoesäure oder die N-Phenyl- bzw. N-

Naphthylurethane.

OHNO2

O2N COCl

O

O

NO2

NO2

OH O NH

O

NC

O

OH

NC

O

O NH

O

3,5-Dinitrobenzoesäureester

N-Naphthylurethan

Naphthylisocyanat

3,5-Dinitrobenzoylchlorid

Phenylisocyanat

N-Phenylurethan

8.5. Phenole

Phenole sind durch Umsetzung mit 3,5-Dinitrobenzoylchlorid oder 4-Nitrobenzoylchorid bzw.

Phenylisocyanat gut charakterisierbar.

OH

COCl

O2N O

O

NO2

O NH

OCH3

Cl

NC

OOHCl

CH3

4-Nitrobenzoesäurephenylester

N-PhenylurethanPhenylisocyanat

4-Nitrobenzoylchlorid

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8.6. Amine

Diese werden als Benzamide, Benzen- bzw. 4-Toluensulfonamide (Tosylamide), Phenylthioharnstoffe oder

Pikrate derivatisiert.

NH2

Cl

O

NH

O

NHCH3

SCl

O O

NS

O O

CH3

BenzoylchloridBenzamid

TosylchloridTosylamid

NH2

NC

S NH

NH

S

NH

CH3

OH

NO2

NO2

O2NN

+

CH3

HH O

NO2

NO2

O2N

PhenylisothiocyanatPhenylthioharnstoff

PikrinsäurePikrat

8.7. Arbeitsvorschrift für die Derivatisierung des Benzylalkohols mittels Phenylisocyanat In einem 25 ml Rundkolben wird eine Lösung von 0.5 g des rohen Benzylalkohols in 14 ml Ligroin

(Siedebereich 80-100°C) mit 0.6g Phenylisocyanat versetzt, der Kolben auf einen Dimrothkühler mit

aufgesetztem Trockenrohr montiert und eine Stunde am Wasserbad (90°C) erhitzt. Das noch heiße

Reaktionsgemisch wird von eventuell vorhandenem, schwer löslichen Produkt in einen vorgewärmten

Erlenmeyerkolben abdekantiert, abkühlen gelassen, nach weiteren 15 min im Eisbad der gebildete Feststoff

abgesaugt und sofort aus Ligroin umkristallisiert. Die erhaltenen Kristalle werden abgesaugt, mit wenig

kaltem Petrolether nachgewaschen, auf der Nutsche getrocknet (vorher das Filtrat aus der Saugflasche

ausleeren!) und ausgewogen. Schmp. der Literatur: 76-77°C. Die Filtrate werden in den Sammelbehälter

für halogenfreie Rückstände geleert.