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© 2011 Columbia Pictures Industries, Inc., DW Studios L.L.C. and Hemisphere - Culver Picture Partners I, LLC. All Rights Reserved. © Disney © Dupuis © Tokyopop Volker Hamann + Matthias Hofmann [Hrsg.] Euro 14,95

COMIC REPORT 2012

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Die neue Ausgabe des ultimativen Referenzwerkes der deutschsprachigen Comic-Szene, Softcover, 196 Seiten, teilweise vierfarbig. Ab Ende April 2012 lieferbar !

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Volker Hamann + Matthias Hofmann [Hrsg.] Euro 14,95

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schen 1961 und 1967 »Les Schtroumpfs«in acht schwarz-weißen und zwei farbi-gen jeweils 12 Minuten langen Trickfil-men auftraten. Wenn auch diese Pro-duktion einiges von dem späteren Erfolgder Kobolde erahnen ließ, so waren dieMöglichkeiten der TVA-Dupuis derart be-schränkt und antiquiert, dass von denersten »Les Schtroumpfs«-Trickfilmenkaum ein Mensch Notiz nahm. Immer-hin kamen die ersten acht Filme Ende der1960er Jahre im deutschen Fernsehen inder Sendung »Das Schmunzelkabinett«zur Ausstrahlung, wenn auch ohne nen-nenswerte Folgen – sieht man einmal da-von ab, dass Peyos Figuren zu diesemZweck ihren deutschen Namen »DieSchlümpfe« erhielten.Peyo, der von dieser Produktion wenigbegeistert war, konnte dadurch allerdingserste Erfahrungen bei der Umsetzung vonComic-Figuren in Zeichentrickfilmensammeln. So entstand langfristig dieIdee, einen abendfüllenden »Les

Denn sowohl im Falle der kleinen blau-en Kobolde von Peyo wie auch bei Her-gés Dauerbrenner um den pfiffigen Re-porter Tim gilt es auf eine lange und viel-fältige Entstehungsgeschichte zurückzu-blicken, wie und warum diese einst aufden holzhaltigen Papieren von belgi-schen Jugendzeitschriften erschienenenHelden nun vom Kinosessel aus ein Mil-lionenpublikum begeistern können.

Um die Entwicklung des Erfolges der»Schlümpfe« (siehe Fast Facts-Kasten)nachvollziehen zu können und um zu er-fahren, warum es Peyo und seiner Fami-lie gelungen ist, sogar in den VereinigtenStaaten derart populär zu werden, gehen

wir zurück in das Jahr 1959.Der Dupuis Verlag, Heraus-geber von Spirou und somitArbeitgeber von Peyo, hat-te damals aufgrund einerIdee von Maurice Rosy, Lei-ter des Zeichnerstudios desVerlages, ein Trickfilmstu-dio gegründet, in demauch Fernsehfilme mit be-kannten Figuren aus Spi-rou hergestellt wurden.Das Studio TVA-Dupuis(Télévision Animation),für deren Leitung derZeichner Eddy Ryssackverpflichtet wurde undfür die der Szenarist Ra-oul Cauvin als Kamera-mann begann, adap-tierte zunächst kurzeProbefilme, darunterauch »Gaston« und ei-ne Kurzgeschichte mitdem kleinen Noel vonFranquin, bevor zwi-

Blockbuster!»Die Schlümpfe« und »Die Abenteuer von Tim und

Struppi« als Kassenschlager auf der großen LeinwandVON VOLKER HAMANN

Dass im Jahre 2011 gleich zwei Kinofilme zu den sogenannten Blockbustern zähl-ten, deren Inhalte bereits seit Jahrzehnten Filmemacher beschäftigen und Leser invielen Ländern begeistern, und deren inhaltliche Ausrichtung die eher kleine und be-schauliche Gattung der frankobelgischen Comicliteratur ist, dürfte den wenigsten derbundesweit mehr als 4 Millionen Kinobesuchern dieser beiden Filme klar gewesensein. Denn wer sich im August bzw. Oktober 2011 eine Kinokarte für »Die Schlümp-fe« oder »Die Abenteuer von Tim und Struppi« gekauft hat, wurde wohl in erster Li-nie von den breit angelegten PR-Kampagnen der Filmproduktionsgesellschaften indie Kinosäle getrieben statt von dem Bewusstsein, der neuesten und mitunter gelun-gensten Inkarnation jahrelanger Bemühungen Zeuge zu sein, gute Geschichten inzeitgemäßer Ausprägung präsentiert zu bekommen.

Rechts und unten:Bilder der ersten

Schlümpfe-Trickfilme.

© TVA-Dupuis

Unten links:Maurice Rosy

(links) und EddyRyssack (rechts)bei TVA-Dupuis,

1962.© Dupuis

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Schtroumpf«-Film zu produzieren. »EinesTages traf ich auf einer großen Buch-messe in Frankreich den Produktionslei-ter von Belvision. Das war die Filmge-sellschaft der Dupuis-Konkurrenz Lom-bard, wo unter anderem auch der Trick-film ›Tim und der Sonnentempel‹ ent-stand. Aber da war die Idee zu einemabendfüllenden Film schon alt. Auch Bel-vision war der Meinung, dass sich ›DieSchlümpfe‹ für einen Film eignen wür-den. Wir waren also einer Meinung. Alsich einige Zeit später Raymond Leblanc,den Verlagsleiter der Éditions du Lom-bard und Herausgeber von Tintin traf, er-zählte ich ihm von diesem Gespräch. Ersagte nur: ‘Einen Trickfilm? Prima! Aberdann komm’ auch mit deinen Comics zuTintin!’ Ich sagte ihm, dass ich daran keinInteresse hätte. Schließlich sprachen michsogar die Leute von Dargaud an. Die hat-ten gerade ein Studio eingerichtet, wodie ›Idefix‹-Filme hergestellt wurden, undwaren auf der Suche nach neuem Mate-rial. Sie boten mir an, nach Paris zu kom-men, um dort ›Schlümpfe‹-Filme zu dre-hen, aber dann hätte ich die ganze Zeitimmer zwischen Paris und Brüssel reisenmüssen. Das wollte ich nicht. Also sprachich meinen eigenen Verleger Dupuis an,dass ich ein gutes Angebot von Belvisionhätte. Das muss die Leute dort sehr er-schreckt haben, denn Belvision war fürTVA-Dupuis eine große Konkurrenz.Nach langem Hin und Her sind wir unsschließlich einig geworden, den Film beiBelvision zu drehen und meine Comicsweiterhin in Spirou erscheinen zu lassen.Das war eine sehr gute Wahl, denn beiBelvision konnten wir einen professio-nellen Zeichentrickfilm drehen und muss-ten keine Kompromisse eingehen.«1

Der Film, von dem Peyo hier spricht, lief1976 in belgischen und französischen Ki-nos an und hieß »La Flute à sixSchtroumpfs« (dt.: »Die Schlümpfe und

die Zauberflöte«) nachdem gleichnamigenComicalbum. Viele derAnimatoren, die schonan den Adaptionen von»Astérix« oder »LuckyLuke« gearbeitet hatten,wurden für »La Flute àsix Schtroumpfs« enga-giert. Mit Yvan Delpor-te, der zusammen mitPeyo die Dialogeschrieb, und Michel Le-grand, der die Musikzum Film schrieb undmit einem 60 Mannstarken Orchester ein-spielte, waren weiterehochkarätige Mitarbei-ter gefunden worden.»La Flute à sixSchtroumpfs« begrün-dete den internationa-len Erfolg der »Schlümpfe« und ermög-lichte es, Lizenzverwertungen der blauenKobolde auf der ganzen Welt zu verkau-fen. Die ersten Merchandising-Produktevon Peyos Figuren waren bereits seit En-de der 1950er Jahre auf dem Markt: Vonallen populären Figuren des MagazinsSpirou hatte Dupuis Latexfiguren herstel-len lassen, die bei den Lesern ungeheu-er beliebt waren. Mit dem Erscheinen von»La Flute à six Schtroumpfs« über-schwemmte eine richtige Flut von»Schlumpf«-Spielzeug den Markt. Derdeutsche Plastikfiguren-HerstellerSchleich sicherte sich die Rechte an derVerwertung für die kleinen Figuren undbediente bald den Markt mit weit überhundert verschiedenen »Schlumpf«-Aus-führungen. Die Weichplastikfiguren ge-

FAST FACTS:Die Schlümpfe in 3DOriginaltitel: The SmurfsRegisseur: Raja GosnellProduktion: Columbia Pictures, SonyPictures Animation, Kerner EntertainmentVertrieb: Sony / ColumbiaKinostart: 29. Juli 2011Einspielergebnisse (Stand: Februar 2012)Belgien + Frankreich: $ 37,161,716,00Deutschland: $ 29.398.271,00USA: $ 142.614.158,00Gesamt: $ 563.749.323,00

Quelle: http://boxofficemojo.com

1 Peyo in einem Gespräch mit Hans van denBoom, Stripschrift 81/82, Oktober 1975.

Oben links:Peyo (rechts) inden TVA-Dupuis-Studios, 1960erJahre.© Dupuis

Oben und unten:Aus dem KinofilmDie Schlümpfe(2011).© Sony Pictures

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die Farbgebung mit den dominanten Rot-und Gelbflächen schaffte einen homo-genen Übergang von alt zu neu. Natür-lich vertraute man einmal mehr dem stol-zen Enterich (und dem Gag mit der Ba-nane …) die Repräsentation des Disney-Universums an, das wie wir alle wissenin der deutschsprachigen Variante Enten-und eben nicht Maushausen heißt. In die-sem Zusammenhang: Bei zweiundfünfzigveröffentlichten Micky Maus-Magazinenim Jahr 2011 zierten die Ducks sage undschreibe fünfundvierzigmal die Um-schlagseite Eins. Der Titelheld musste sichdagegen mit drei Auftritten begnügenund liegt damit noch hinter Goofy, derdas viermal schaffte. Nicht mal bei derJubiläumsausgabe, der Nummer 35 vom26. August 2011, war es Micky vergönnt,dass er Werbung in eigener Sache be-treiben durfte. Das heißt, stimmt nichtganz. Weil es das eigentliche Jubiläums-heft eingeklammert in einem großfor-matigeren Umschlag gab, kam die Mausdoch noch zum Zug. Die darauf abge-druckte Illustration darf selbstredend alsnette Hommage auf die legendäre Erst-ausgabe vom September 1951 gesehenwerden. Entscheidender Unterschied:Suggerierte das Motiv von einst den Ab-sturz, ist nun der Höhenflug versinnbild-licht.

Das kann daran liegen, dass ein sich ab-schwächender Absatz stabilisiert oder an-gekurbelt werden soll, kann aber eben-so gut auch damit zu tun haben, dass le-diglich dem veränderten Zeitgeist Tributgezollt wird. Im Fall des Micky Maus-Ma-gazinswar es wohl eine Mischung aus alldiesen Faktoren. Jedenfalls machte dergewählte Zeitpunkt für diese kleine Auf-frischung insofern Sinn, da der 60. Ge-burtstag der traditionsreichen Disney-Postille unmittelbar bevorstand. Sicher istauch, dass die Micky Maus seit Jahr-zehnten auf einem soliden Konzept ba-siert. Das Heft muss nun wirklich nichtneu erfunden werden. Um Stammlesernicht zu vergraulen, was durch allzu ra-dikale Neuerungen geschehen kann, wareinerseits eine behutsame Anpassunggefragt. Andererseits sollte sie so attrak-tiv ausfallen, dass im besten Fall neueLeser hinzugewonnen werden konnten.Ein Blick auf die Titelseiten der Hefte 12und 13 aus dem Jahrgang 2011, bei de-nen sich dieser Wechsel vollzog, zeigt,dass tatsächlich nur Kleinigkeiten verän-dert wurden. Das Logo ist nun etwas grö-ßer, durch die grafische Verfeinerung er-scheint es plakativer. Der typische Micky-Maus-Kopf, der bislang wie ein Buttonam Titel klebte, wurde durch eine Figurersetzt. Außerdem erfuhr der Begriff »Ma-gazin« eine gewisse Aufwertung. Ja selbst

Das »Micky Maus-Magazin«Seit 2011 im neuen Look! Noch besser und schöner?

VON HORST BERNER

»Hallo, Leute – herzlich Willkommen in der neuen Micky Maus, die wir nur für Euchnoch besser und schöner gemacht haben. Frischer, feiner, flotter, frecher …« Mit die-sen Worten begrüßte Peter Höpfner, Chefredakteur beim Egmont Ehapa Verlag, dieLeser der Nummer 13 vom 25. März 2011, mit der sich das älteste und fraglos er-folgreichste deutsche Comicheft in grafisch und inhaltlich leicht modifizierter Formpräsentierte. Neudeutsch nennt man so etwas einen Relaunch, und wer zum Mitteldes »Neustarts« greift, hat dafür seine Gründe.

Rechts:Neuer Look des

Micky Maus Magazins:Das Logo

wechselte 2011von Heft Nr. 12

auf Nr. 13. © Disney

Unten:Covermotiv im Wandel der Zeiten:

Die allererste MM(Nr. 1/1951) unddas Doppelcoverder Jubiläums-

ausgabe Nr. 35/2011.

© Disney

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Aber zurück zum »neuen Look« im Heft.Am sichtbarsten wurde der auf den In-nenseiten, die grafisch etwas geordneterwirken. Die Inhalte streifen Themen, diedas Lesepublikum der 6- bis 13-jährigenberührt. Da gibt es Infos zu Filmhighlightsim Kino und auf DVD, Games und Sport,interessante Hinweise über Tiere und zurTechnik, und in Rubriken wie »Maus Mix«,»Witze, Tipps & Tricks«, »Rätselcomic«,»Deine Woche«, »Maus Box«, »Micky-Maus.de« oder «Enten-Kurier” wird demSpaßfaktor gefrönt. Den wichtigsten Partnehmen natürlich wie eh und je die pu-blizierten Comics ein, die von den bes-ten Disney-Kreativen aus den unter-schiedlichsten Ländern erdacht und rea-lisiert werden. Ebenso bedeutsam sinddie Extras. Die gehören Woche für Wo-che zum Magazin, das seit der Nummer37 vom 1. September 2010 »als perfek-ter Spaß zum Wochenende« immer frei-tags in den Handel kommt. Motto: »Frei-tag ist Freutag!« Ältere Leser werden sichdaran erinnern, dass es auch schon ei-nen »Donnersduck« gab. Apropos Extras:Die Idee hat in gewisser Weise ihren Ur-sprung in einer gelben Sonnenblende,die im Jahr 1959 dem Heft 29 beigelegtwar. Später erfreuten sich die Käufer derMicky Maus an Sammelbildern mit di-versen Motiven, Stundenplänen, Aufkle-bern, Plakaten, Adventskalendern, Spiel-und Bastelbögen und dergleichen mehr,bis es im Jahr 1984 die ersten Gimmicksgab – eine Idee des französischen Ma-gazins Pif Gadget, hierzulande von Ypsmit Erfolg übernommen –, die dann zuregelmäßigen Beilagen im Heft wurden.Dass »die Suche nach dem richtigen Ex-tra immer einen Heidenspaß macht«, wieder im Egmont Ehapa Verlag dafür zu-ständige Manfred Bäumchen sagt, zei-gen die bizarren Artikel des Jahrgangs2011. Ob Skelett-Stift mit Licht, verrück-te Soundmaschine, Furzkissen, elektri-scher Ventilator, Gelddruckmaschine,

Abenteuer-Uhr, Halloween-Maske, Pira-tenpistole, Detektiv-Box oder Agenten-Handy, die kleinen Spielsachen undScherzartikel sind zum wichtigen Argu-ment beim Kauf des Micky Maus-Maga-zins geworden. Mitunter prangen dieseZugaben so demonstrativ auf den in Fo-lien eingeschweißten Heften, dass gera-de noch das MM-Logo und der Hinweis»Super-Extra« erkennbar bleiben. In ste-ter Folge finden sich mittlerweile auch die»Mega Sammelposter« im Magazin, dasnormalerweise 52 Seiten, in bestimmtenFällen wie beim »Extraheft zum 1. April«oder den »Ostern«-, »Ferien«- und »Weih-

nachts«-Themenheften bis zu 68 Seitenumfassen kann. Offensichtlich werden inden Redaktionsstuben bei Egmont Eha-pa alle Register gezogen, um die MickyMaus für den harten Wettbewerb amMarkt der Kids-Magazine so attraktiv wiemöglich zu gestalten.

Das wiederum muss nicht überraschen,denn die Micky Maus ist eine Art Institu-tion. Seit Ehapa am 29. August 1951 –damals noch in Stuttgart als Tochterge-sellschaft der Kopenhagener Verlags-

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»In Sachen Leserzufriedenheit haben wir einen gro-ßen Schritt nach vorne gemacht, wie Umfragen undRatings zeigen. Und auch der Verkauf hat sich vorallem im 2. und 3. Quartal als stabil erwiesen.«

Peter Höpfner über den Relaunch der Micky Maus

Oben:Der moderne Donald trägtschwarz: Geheim-agent »Doppel-Duck«. Titelbildvon MMM Nr. 37/2010.© Disney

Unten:Mega-Piraten-wochen mit derMicky Maus:Schiffe versenken,Piratenpistole undPiratenschatz alsBeilagen in MMM Nr. 19 bis22/2011.© Disney

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Page 6: COMIC REPORT 2012

Als der 1935 im belgischen Soignies ge-borene Louis Salvérius im April 1953 sei-nen Wehrdienst antrat, fand er sich zu-nächst bei der Mannschaft eines Schüt-zenpanzers wieder, konnte seine Kame-raden aber schon bald auch mit seinengestalterischen Fähigkeiten und Zeich-nungen begeistern. Seine große Vorliebewaren bereits damals Uniformen undWaffen in jeder Form. Nach der Entlas-sung versuchte er daher, mit seinem Ta-lent einen Job zu finden und bewarb sichbei den Éditions Dupuis. Dieser in Mar-cinelle ansässige Verlag publizierte ne-ben den Zeitschriften Le Moustique undBonnes Soirées seit 1938 auch das stetserfolgreicher werdende Comic-MagazinSpirou. Als Salvérius seine Arbeitsprobeneinschickte, hatte Dupuis gerade auf An-raten von Georges Troisfontaines ein ei-genes Redaktionsbüro in Brüssel einge-richtet, um die immer umfangreichere Ar-beit an dem expandierenden Magazinbesser mit den Abläufen der AgenturWorld Press zu koordinieren, die Trois-fontaines leitete. Hier entstanden die Serien Buck Dannyund Les belles histoires de l’Oncle Paul

Begonnen hatte alles Ende der 1950erJahre, als im Zeichnerstudio des DupuisVerlages zwei junge Männer beschäftigtwaren und sich auf kollegiale Weise an-freundeten: Louis Salvérius und RaoulCauvin. Während Cauvin zunächst – wieauch Salvérius – als Letterer angestelltworden war, wechselte er 1961 in dasvon Dupuis gegründete Zeichentrickfilm-studio TVA-Dupuis und versuchte sich alsKameramann. Salvérius hingegen hatteschon immer Interesse an der zeichneri-schen Arbeit gehabt und verfolgte wei-terhin den Wunsch, eines Tages auch sei-ne Comics in Spirou abgedruckt zu se-hen.

Die humoristische Westernserie Les Tuniques Bleues (dt. Die Blauen Boys) von SzenaristRaoul Cauvin und den beiden Zeichnern Salvé (d.i. Louis Salvérius) und Lambil (d.i.Willy Lambillotte) hat eine ganz erstaunliche Karriere hinter sich. Nicht nur die Ver-öffentlichung der bis heute mehr als 50 albumlangen Episoden und etlicher Kurzge-schichten im belgischen Magazin Spirou und ihre Buchpublikationen entwickeltensich so spannend wie ein Abenteuer der beiden Titelhelden Korporal Blutch und Ser-geant Chesterfield auf den Schlachtfeldern des Nord- und Südstaatenkonflikts selbst.Auch die wechselvolle und undurchsichtige Veröffentlichung in Deutschland bietetausreichend Anlass, einmal genauer hinzusehen.

Die Blauen BoysHumoristischer Dauerbrenner aus Belgien

VON VOLKER HAMANN

Rechts:Korporal Blutchund Sergeant

Chesterfield auf einer Aquarell-Zeichnung von

Lambil.© Dupuis

Unten:???, ???, RaoulCauvin und Peyo

(v.l.n.r.) im Studio TVA-

Dupuis, 1960erJahre.

© Dupuis

Page 7: COMIC REPORT 2012

unter der Mitarbeit von Victor Hubinon,Jean-Michael Charlier, Albert Weinbergund anderen zukünftigen Stars von Spi-rou. Mit Yvan Delporte als Chefredakteurund Maurice Rosy als künstlerischem Lei-ter waren zudem gerade zwei kreativejunge Männer eingestellt worden, die dasComic-Magazin von Dupuis in eine nocherfolgreichere Zukunft führen sollten.Das erste neue Projekt von Delporte undRosy war das im November 1955 gestar-tete Magazin Risque-Tout, eine auf Zei-tungspapier gedruckte, großformatigeSchwesterpublikation zu Spirou, in dieVerleger Charles Dupuis viel Hoffnungsetzte und gute Verkaufszahlen bei denheranwachsenden Jungen erwartete. Umdie umfangreichen redaktionellen Inhaltemit Leben zu füllen, suchte Dupuis hän-deringend nach Illustratoren, und so be-kam auch Louis Salvérius seine Chance.In Risque-Tout konnte er seine erste Zeich-nung veröffentlichen.Leider wurde die großformatige Comic-Zeitung bereits im November 1956 wie-der eingestellt, doch der junge Zeichnerhatte sein Können unter Beweis gestelltund wurde im Zeichneratelier von Dupuismit weiteren Aufgaben betraut. Dazu ge-hörten die Gestaltung von Rätselseiten,Layouts für redaktionelle Beiträge oderauch die eine oder andere Illustration,wenn eine weiße Fläche zu füllen war. AlsDupuis 1957 die Reihe Merveilles de laVie startete – das waren im Stil der be-kannten »Was ist Was«-Bücher aufge-machte Sachbücher für Kinder –, über-nahm Salvérius die künstlerische Leitungund koordinierte den Text mit den Illus-trationen seiner Kollegen von Dupuis, da-runter Arthur Piroton oder Jean Roba.

Obwohl das Projekt Risque-Tout finanziellnicht erfolgreich war, hatte die professio-nelle Begleitung der Lancierung in SpirouCharles Dupuis von den MöglichkeitenDelportes überzeugt. Daraufhin ließ ihm

der Verleger bei der Zu-sammenstellung desMagazins weitgehendfreie Hand, was zur Fol-ge hatte, dass zwar diemit Delporte befreun-deten Zeichner immerbevorzugt wurden –was nicht allzu schlimmwar, denn immerhin ge-hörten Franquin, Peyo,Will oder Roba zu denbesten ihrer Zunft –, derChefredakteur aber da-rüber hinaus auch vieleneue Ideen verwirkli-chen konnte. Dazu ge-hörte zunächst auch diePublikation von Sondernummern zu be-stimmten Anlässen wie Weihnachten,Ostern oder dem Ferienbeginn. Ab Ende1955 gab Dupuis also aufwendige SpirouSpécial-Ausgaben heraus, deren Um-fang sich bis zu 116 Seiten auswachsenkonnte und denen häufig zusammen mitZeichner Morris (Lucky Luke) entwickelteWürfelspiele, bewegliche Papiermodelleund noch vieles mehr beigelegt waren.Und schließlich entstand die Idee der Mi-ni-Récits. Aus einem Doppelbogen, den

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Oben:Aus dem 1959 erschienenen Mini-Récit »La loidu scalp«.© Dupuis

Unten:Whamoka et Whikilowat vonSalvérius, 1963.© Dupuis

FAST FACTS:Die Blauen Boys Originaltitel: Les Tuniques BleuesErscheint seit dem 29. August 1968 imbelgischen Spirou-Magazin (Nr. 1585).Deutsche Erstveröffentlichung in Tomund Biber Heft 1, 1969.Weitere Ausgaben: 17 Magazine bei Bastei, 23 Alben bei Carlsen, bisher 13 Alben bei Salleck PublicationsHauptfiguren: Cornelius Chesterfield (Sergeant Peppermint bei Kauka, Chester Chester-field bei Bastei) Blutch (Lollipop, Bud Buddington)Captain Ambrose Stark (General Gurke, Captain Starky)Emily Appeltown (Sweety McDrops, Äppelpei Potter)

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Zeichner hatte Salvé ebenfalls im Zeich-neratelier von Dupuis kennengelernt. Bei-de ergriffen die Möglichkeiten, die sichihnen mit dem Woche für Woche notwen-digen Nachschub an Mini-Récits ergabund probierten für sich oder im Teamneue Ideen aus. Zunächst noch mit zweiGeschichten der beiden GeschäftsleuteTim et Tom im Wilden Westen, ab 1963dann auch mit den Kurzgeschichten umdie Indianer Whamoka et Whikilowat imnormalformatigen Heft. Daraus entwi-ckelte sich nicht nur eine bis 1967 lau-fende Serie von mehreren Dutzend ein-seitiger Gags: Salvé ermöglichten sieauch die Realisierung von Illustrationenfür Spirou und die Aufnahme in den Kreisder Künstler, die für die Reihe Collectiondu Carrousel Kinderbücher gestalteten.Auch hier blieb der Zeichner bei dem vonihm bevorzugten Thema und realisiertegemeinsam mit Devos und dem ebenfallsbei Dupuis beschäftigten Illustrator Jamic(d.i. Michel Jacques) die beiden Bücher»Une journée chez les indiens« (dt. »Bob-by besucht die Indianer« als Band 1 derReihe Das bunte Bussi-Buch vom Geva-cur-Verlag) und »La legende du desert«(dt. »Die kleine Sommerkönigin« als Band4 der Reihe Das bunte Bussi-Buch vomGevacur-Verlag). Mit ihrem kindlich-nai-ven Charme und den einfach erzähltenGeschichten nehmen diese beiden Bü-cher bereits etwas von dem vorweg, dasden Schweizer Zeichner Derib (d.i. Clau-de de Ribeaupierre) wenige Jahre spätermit Yakari erfolgreich machen sollte.Angesichts der abgelieferten Beweise sei-

der Leser aus der Mitte des Heftes trennenmusste, ließ sich ein eigenes Heft mit 32Seiten zusammenfalten und in die Mini-Bibliothéque einreihen. Das erste Heft-chen dieser mit mehr als 550 Folgen um-fangreichsten Beilagen-Serie in Spirouwar den kleinsten Nebenfiguren in Spirougewidmet: In Ausgabe 1107 vom Juli1959 war das von Yvan Delporte ver-fasste erste Mini-Récit mit dem Titel »LesSchtroumpfs noirs« (»Blauschlümpfe undSchwarzschlümpfe«) den kleinen Heldenaus Peyos Feder gewidmet. Mit »Nicki etl´Elaoin« (Spirou Nr. 1131) von AndréFranquin, »Boule et Bill« (SpirouNr. 1132)von Roba und weiteren Mini-Heftchenvon Paape, Jidéhem oder MiTacq wuchssich die gute Idee zu einem festen Be-standteil des Magazins aus. In den fol-genden Monaten nutzte die Spirou-Re-daktion die Mini-Récits daher zum Aus-probieren neuer Talente oder Comicfigu-ren, und Zeichner wie Lambil, Paul Dé-liège (Bobo), Charles Degotte (Le Flaga-da; dt. Firlefanz) und eben Louis Salvérius

erhielten endlich die Chan-ce, ihr Talent in der Gestal-tung von Comics zu zeigen.

Inzwischen hatte sich beiSalvérius ein Interesse amWilden Westen und demLeben der Indianer im Be-sonderen entwickelt, und sowählte er dieses Thema fürseinen ersten Comic, der1959 als Mini-Récit mitdem Titel »La loi du scalp«in SpirouNr. 1129 erschienund den er zum ersten Malmit seinem Kürzel Salvé sig-nierte. Die durchaus schonmit einigen komischen Mo-

menten aufwartende Geschichte ist nochrecht unbeholfen illustriert, aber schondas einige Monate später folgende Mini-Récit »Histoire d’Indiens« in Spirou Nr.1179, dieses Mal nach einem Szenariovon Maurice Rosy gezeichnet und wie-derum von einem Indianerstamm han-delnd, lässt bereits die spätere Souverä-nität Salvérius‘ im Umgang mit dem ty-pischen Marcinelle-Stil erkennen.Weitere Mini-Geschichten folgten, vondenen einige zusammen mit Jacques De-vos umgesetzt worden waren, dem spä-teren Zeichner der erfolgreichen SerieGénial Olivier. Den einige Jahre älteren

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Rechts:Titelblatt von

Salvérius für eineBeilage des

Spirou-Magazins,1967.

© Dupuis

Unten:Cover des 1959 erschienenen

Mini-Récit »La loidu scalp«.© Dupuis

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Page 9: COMIC REPORT 2012

1. Ausgehendes Mittelalter: Eingeschlossen im SchlossgemäuerIch arbeite 1964/65 im idyllischen Fixund Foxi-Schloss, ich wohne gegenüberdes Gesindehauses der ehemaligenSchlossbesitzer – nun auch Austragshäu-sel der letzten Ahnfrau und ihrer Köchin.Um mir und meiner Familie das mietfreieWohnen im Nebenschloss zu ermögli-chen, führe ich in der Freizeit die Korres-pondenz der Mitbewohnerin Gräfin vonLarisch – einer reizenden Dame im 92.Lebensjahr – schippe im Winter Koks indie Heizung mit der Dimension einerDampflok-Befeuerung. Die Schlacke ent-fernt der uralte Diener mit dem ‘unpas-senden-bürgerlichen’ Nachnamen Graf.Und im Sommer harke ich den Kies derAuffahrt. Manchmal ...Das Schloss ist ein Labyrinth. Ich habe mirallmählich den sicheren Pfad zu meinerDachzimmer-Zelle gebahnt. Links undrechts murmelt Leben. Den düsterenGang weiter runter residiert Frau JolanSohn im kultivierten Flair eines stilvoll-gemütlichen Wohnwagens. Die Klause istnicht viel größer als die meine, wirkt abergeräumiger allein durch die Omniprä-senz der Bewohnerin, deren kohl-schwarzen Augen nicht nur die Seele desaufmüpfigen Redakteurs sondieren, son-dern auch die Weiten der Zukunft durch-streifen. Frau Sohn ist meine Vorgesetz-te? Klar gesagt hat mir das niemand –aber von ihr bekomme ich ab und an mitkryptischen Bemerkungen Arbeit zuge-teilt, aber keine Aufklärung über die Heft-macher-Maschinerie drum herum. Mein grafisch-redaktioneller Werdeganglässt mich durchaus ahnen, dass hier ir-gendwo gezeichnet, gelayoutet, gefärbtwird ... Comics entstehen, aber eine ein-weisende Schlossführung fand nie statt.Kollegen halten sich verborgen oder esgibt sie nicht. Rolf Kauka hat mich ein-gestellt, aber dann nie wieder zu sich be-stellt. Er wohnt irgendwo im Gemäuermit Frau und Kindern. Abgeschirmt, un-

erreichbar für den Blasenfüller der nied-rigsten Weihen.Mit Lupo modern, den ersten – von mireingestellten – Redakteuren und denwachsenden Aufgaben ei-gener Kragenweite erwei-tert sich der Blick hinter einpaar Kulissen. Das Ge-mäuer wird transparenterund es offenbaren sich dieim Schloss wirkendenKräfte. Als da wären: diealles antreibende KraftRolf Kauka, die pfennig-fuchsende BuchhalterinFrau Daumenlang, die ge-heimnisumwitterte Archi-varin, Chefvertraute undEingangs-Zerberus FrauLilo von der Bruns, die FF-Regentin Frau Jolan Sohn,der Grafikchef Florian Ju-lino und seine getreuen textklebendenund seitenfärbenden Atelierdamen.In dieser hermetisch abgeschlossenenWelt ist kaum der Blick über die doppeltmannshohe Hecke möglich ... geschwei-ge denn die nähere Einsicht in die Ab-läufe von Produktion, Druck, Vertrieb –oder gar der Einblick in die Finanzsitua-tion erwünscht. Felsenfest steht für michlediglich: Bislang ist Fix und Foxi Verlags-Monolith mit Monopol-Status. Der brö-ckelt erstmals mit dem Aufschwung vonLupo modern ... Ich kündige wegen diffuser Strukturen,vor allem aber wegen meines extrem ein-gebremsten Entfaltungsdrangs und ganz

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Oben:Lupo als Zugpferdim wahrsten Wort-sinn. Aus LUPOwird dann baldLUPO-modern …Meine erste redaktionelleEigenverantwort-lichkeit.© Kauka/Promedia Inc.

Der Markt in den 1960ern und 1970ernDie Magie des Comic-Machens unter partieller Abwesenheit von Marktwissen ...VON PETER WIECHMANN

Meine Rück-Betrachtung der kaukasischen Besonderheiten zieht sich von 1964 bis1976 und sie teilt sich in drei Phasen.

Links:Unübersehbar:Dem Chefredak-teur gehört dieabsolute Aufmerk-samkeit seinerGrafiker und Schreiberlin-ge! Vorn rechts:Florian Julino -Hinten Mitte: Ric-cardo Rinaldi.

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Fremdserien-Nutzung erreicht ihren Hö-hepunkt. Das Atelier ist in das ausge-baute Dachgeschoss umgezogen. Überzehn junge Grafikerinnen kleben weiter-hin die Linotype-gesetzten Blasentexte indie Repros der Comicseiten. Fortschritt:die Texte sind bereits blasengerecht ge-setzt ... müssen nicht mehr aus Text-Strei-fen per Schere und Leimpinsel ‘umbro-chen’ werden. Hier oben wird auch dieimmer stärker zunehmende Anzahl derRedaktionsseiten (Abenteuer-Storys, Wis-sens- und Spiel- und Club-Seiten etc) ‘ge-baut’. Unsere Comic-Eigenproduktionenbeschäftigen deutsche, jugoslawische,italienische, auch belgisch/französischeund vermehrt spanische Artists. Die Auf-lagen steigen steil. Fix und Foxi ist MickyMaus auf den Fersen. Vor allem mit denAuflagen der Sonder-Heften. FF-Extraverkauft sich auf Anhieb sagenhaft gutund auch alle anderen Pockets lassen –erst einmal – die Kasse klingeln.Ich avanciere zum Vize des Chefs, binauf RK’s Ritterschlag hin in allen Ver-lagsobjekten als Redaktions-Direktorausgewiesen und werde von ihm in dasGeschäftsführen nach Art des Hauseseingebunden. Heißt: Ich erfahre Zweck-orientiertes ... um es nach ‘unten’ durch-zusetzen.Bilanz der späten 60er Jahre: Im Ver-gleich zur ersten Phase meines Kauka-Daseins registriere ich einwandfrei einenqualitativen Unterschied wie Tag undNacht. Funktionierende, interessante Ko-operation mit Rolf Kauka, Freiheit in derGestaltung des Verlags-Programms,kaum Einschränkungen bei den Produk-tions-Mitteln.Die Auflagen boomen, meine Comic-Crew ist kreativ bis zum Anschlag, mei-ner Entfaltungsfreude sind keine Grenzengesetzt ... aber der Blick auf den Comic-Markt der Außenwelt ist ungetrübt vonder wirklichen Einsicht, dass es da über-haupt etwas zu sehen gäbe! Die Innen-sicht ist und bleibt die dominierendeWahrnehmung um rechtzeitig wechseln-de Winde der Geschäftspolitik, R. Kau-kas Gemüts- und Gefühlsschwankungenvoraus zu ahnen. Wir Redakteure kennendie wichtigsten Konkurrenz-Publikatio-nen, aber wir kümmern uns nicht großdarum. Es ist nicht die Zeit des Austauschsvon eigenen mit den Produkten der an-deren. Lieber Himmel, wieso denn das?Als leitendes Grundwissen gilt: Micky

offiziell wegen einer versprochenen, abernicht vollzogenen Gehaltserhöhung (sovon 800.- DM brutto auf 900.- DM brut-to ...)

2. Beginnende Neuzeit: Ritterschlag zum Redaktions-DirektorNach einer Auszeit zieht es mich 1967dann doch wieder nach Kaukasien. Dies-

mal versehen mit halbwegsklaren Kompetenzen und dereindeutigen Ausbau-Orderdes Programms und einerdeutlich aufgestockten Entloh-nung.Lupo modern existiert nichtmehr. Fix und Foxi mausertsich. Bussi Bär ist dazugekom-men – hat es aber in der Sperr-feuer-Schelte des Pädagogen-Aufstandes schwer. »Ein Bun-tebilder-Heft darf und kann kei-ne Lehrfunktion übernehmen!«Der Begriff Vorschulmagazinwird erst später modern undda hat Bussi Bär bereits dieTraum-Auflage von 300.000Exemplaren. Meine Redaktio-nen breiten sich nach und nachim gesamten unteren Stock-werk des Schlosses aus. Gro-ße Räume mit weitem Stuck-Horizont. Die in den Wänden eingelas-senen Rundum-Schränke fül-len sich mit den Produktionendes Dupuis-, Dargaud- undLombard- & Trinca-Verlages.Meine Redakteure (mal 12,mal weniger) arbeiten für den

Kauka-Klassiker FF und dessen side-kicks( = Ferien-, Oster- und Weihnachts-Spe-cials), für Bussi Bär, für FF-Extra und anNeuentwicklungen. Zwei Kolleginnen mitexzellentem Sprachschatz bereiten diefranzösischen, spanischen Serien-Inhal-te für die textenden Redakteure vor. Die

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Rechts:Der Herr im

Comic-Castle und sein Vize

© Kauka/Promedia

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Der ICOM nimmt unter den Organisa-tionen, die man in der deutschen Comic-Szene findet, eine Sonderstellung ein. An-ders als Fanclubs (z.B. der »HansrudiWäscher Fanclub Bayern«) oder Vereine(z.B. die »Comic-Nostalgiefreunde e.V.«)setzt er sich nicht größtenteils aus Kon-sumenten, sprich »Lesern und Samm-lern«, sondern Aktiven und Kreativen,sprich »Autoren und Zeichnern«, zusam-men.Der aktuell amtierende 1. Vorsitzendeheißt Burkhard Ihme. Stellt man demStuttgarter Szene-Urgestein die klare Fra-ge, an was er denkt, wenn er das Kürzel»ICOM« hört, antwortet er gewohnt hin-tersinnig: »Zunächst denke ich darübernach, ob der Interessenverband »The In-ternational Council of Museums–  ICOM«, zahlreiche Computerfirmenund, seit letztem Jahr, die vom Vatikanmissgebilligte neue »Organisation der

Katholiken in den Medien ICOM« ge-meint sind.« Und dann fügt er hinzu: »Der ICOM warimmer als eine Art Gewerkschaft ge-dacht, was er allerdings nie wirklich wer-den konnte. Schon die Tatsache, dassüber 90% aller in Deutschland veröffent-lichten Comics Auslands-Lizenzen sind,erschwert das sehr. Dafür steht der Er-fahrungsaustausch im Mittelpunkt, der inden 1980er Jahren für Comic-Schaffen-de außerhalb des ICOM praktisch nichtmöglich war, und auch als Anlaufstelle fürAuftraggeber abseits der Comic-Verlagedient der Verband, so dass schon einigelukrative Jobs vermittelt werden konn-ten.«Ihme ist einer der Eckpfeiler der Organi-sation, wenn nicht gar die gesamte Ba-sis in Personalunion. Seit vielen Jahrengleicht er dem alten Griechen Atlas, der,natürlich nur sinnbildlich gesprochen, dieganze Erdkugel auf dem Rücken trägt.

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Am Tropf des Burkhard IhmeInteressenverband Comic: ein Verein wird 30VON MATTHIAS HOFMANN

Den Spruch hat man sicher schon einmal gehört: »Treffen sich zwei Deutsche, grün-den sie einen Verein; treffen sich drei, gründen sie einen Verband.«Nach der aktuellen V&M-Vereinsstatistik für 2011 gibt es in Deutschland die neue Re-kordzahl von 580.298 Vereinen. Tendenz steigend. Und darunter sind ganz natür-lich auch Vereine, die sich mit Comics beschäftigen. Zu den Größten dieser Art zäh-len die »Interessengemeinschaft Comicstrip e.V.« (kurz: INCOS) und der »Interessen-verband Comic e.V.« (kurz: ICOM). Ein Jahr nach dem 40-jährigen Jubiläum der IN-COS (siehe Artikel im letzten Comic Report) konnte 2011 auch der ICOM die Sekt-korken knallen lassen.

Oben:Burkhard Ihmeverleiht denICOM-Preis 2011Foto © SiegfriedScholz

Links:Aktuell erschienen:ICOMintern Nr. 168 (Februar 2012)© ICOM

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re und leitete seit 1992 die neugegrün-dete Stuttgarter Regionalgruppe. Ihme erinnert sich noch sehr genau andiese Zeit: »Diese Gruppe war in den ers-ten Jahren sehr aktiv, setzte sich z. B. fürJoachim Kaps als neuen Chefredakteurunseres Fachmagazins Icom Info ein, inden Jahren davor war das Heft ziemlichkonzeptionslos geworden, war in Personvon Niels Kolditz im Vorstand vertreten,fuhr 1993 nach Angoulême, als dortDeutschland als Gastland eingeladenwurde, und präsentierte dort deutscheComics, die wir uns zum großen Teil ineinem Stuttgarter Comic-Laden ausge-liehen hatten, und übernahm mit derNummer 63 die Redaktion des internenMitteilungsblattes, was dann, anders alserwartet, bald zu 100 % an mir hängenblieb. Ende 1993 übernahm Kolditz denVorsitz des ICOM und die Herausgeber-schaft des erst in Comic Info und dannComic! umbenannten Fachmagazins,Andreas Mergenthaler die Gestaltung.Ich gestaltete die von Christof Ruoss zu-sammengestellten Publikationen derICOM-Ratgeber »Honorare, Verträge,Urheberrecht« und die AdresssammlungICOM-Handbuch, für das ich die Mit-gliederadressen und -Arbeitsproben zu-sammentrug.« Mitte der 1990er Jahre, als sich eine fi-nanzielle Schieflage im ICOM abzeich-nete, kandidierte Ihme 1995 als Finanz-vorstand und war 1996, als Niels Kolditzsich zurückzog, »plötzlich«, wie er heutesagt, Vorsitzender des Verbandes. Seit-dem hat ihm kein anderer diesen Platzstreitig gemacht. Trägt man alle Indizien zusammen, könn-te man fast schon diese Gleichung auf-stellen: »Burkhard Ihme = ICOM«. Ne-ben den Tätigkeiten, die sein Amt mit sichbringt, steckt er zusätzlich jede MengeEnergie in das interne MitteilungsblattICOMintern, das im Februar 2012 beiHeft Nummer 168 angelangt ist. Als Mit-arbeiter werden gelistet: »Ich und Goo-gle«. Auf 28 A4-Seiten wird etwas Ver-einsinterna (Kassenbericht) abgedruckt,ansonsten werden vor allem Artikel undInformationen aus dem World Wide Webnachgedruckt, die Ihme bei seinen Surf-ausflügen ins Netz gegangen sind. ProJahr kommen so ca. 120 Seiten zusam-men.Aber der ICOM besteht nicht nur aus Ih-me, der sich auch gerne als Liederma-

Auf den Verein übertragen heißt dies,dass er seit vielen Jahren nicht nur derKopf der Organisation, sondern sowohlder Mann fürs Grobe, als auch fürs Fei-ne ist: Nach außen Anlaufstelle und Ge-sicht, nach innen treibende Kraft. Unddas macht er ziemlich geschickt. Ist bei-

spielsweise in Diskussionsforenim Internet die Rede von Aspek-ten, die den ICOM betreffenkönnten, platziert er stets subtilkurze Statements, fiese Pointenoder Hyperlinks, die seine Positi-on ins Spiel bringen. Arbeitsbe-dingungen von Zeichnern, Ver-lagspolitik, Markteinschätzun-gen, Repräsentation auf Festivalsoder Events wie dem Gratis-Co-mic-Tag, das sind Themen, dieden ICOM und damit auch Burk-hard Ihme bewegen.

Der ICOM wurde im März 1981offiziell als Verein gegründet. Sei-ne ersten Vorstandsmitgliederwaren Achim Schnurrer, GerdZimmer und Ruth Brons. Burk-hard Ihme ist von Anfang an Mit-glied und war auch einer der Teil-nehmer der Versammlung in Er-langen, auf der sich der Verbandkonstituierte. Bis auf zwei Termi-ne hat der studierte Grafikdesig-ner seitdem keinen einzigen ver-passt. Mitte der 1980er erledigteer gelegentlich Schreibarbeiten,wie das Abtippen von Adressen

für das ICOM-Handbuch, für den da-maligen Vorsitzenden Gerd Zimmer, be-treute zusammen mit Zimmer einenICOM-Stand beim Comicfestival in Sier-

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Oben:Editorial einer

frühen Ausgabevon ICOM Info.

© ICOM

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Page 13: COMIC REPORT 2012

2011 wurde bei Panini so richtig gefei-ert. Zum 50. »Kleb-urtstag« des Unter-nehmens, das den »gemeinen Sammel-sticker« zur Wissenschaft gemacht hat,hatte man sich einen besonderen Mar-keting-Gag einfallen lassen. Zum Jubi-läum verschickte man im Sommer 550Pizza-Kartons an Anzeigenkunden. Stattder zu erwartenden Pizza bekamen dieEmpfänger jedoch eine Mundharmonikavon Hohner, die Noten von »Happy Birth-day« und 50 Prozent Rabatt auf Anzei-genbuchungen in Panini-Titeln für die Au-gust-Ausgaben. Und wer bei Paninis An-zeigenverkauf anrief und mit der Mund-harmonika »Happy Birthday« auf Italie-nisch (Tanti auguri) vorspielte, bekamnoch einen Zusatzrabatt von fünf Prozent.Der Grundstein für die europaweite Sti-cker-Sammelleidenschaft wurde 1961gelegt. Das in Modena (Italien) frisch ge-gründete Unternehmen startete mit einerFußball-Klebebilderserie zur »Serie A«.1974, rechtzeitig zur Fußball-WM inDeutschland, gründete man den deut-schen Ableger. Als die Panini Gruppe1994 von Marvel gekauft wurde folgtendie ersten Comics anno 1997. Vier Jah-re später kaufte man die DC-Lizenz fürEuropa und 2003 wurde die in Stuttgart

ansässige Firma Dino Entertainment AGeinverleibt. 2010 zog der Stammsitz vonPanini Deutschland nach Baden-Würt-temberg ins schwäbische Stuttgart. Rund70 Leute bringen von dort pro Jahr imSchnitt 130 Bücher, 121 Comics, 70 Ma-gazine und 20 bis 25 Sticker-Kollektio-nen auf den Markt.Am Portfolio einer Firma wie Panini kannman ablesen was in Sachen Unterhal-tung und Popkultur gerade angesagt ist.Panini ist immer auf der Suche nach lu-krativen Lizenzen - nicht, dass diese al-le auch erfolgreich sind oder für Deutsch-land Sinn machen – was den Branchen-verband »International Licensing Indus-try Merchandisers‘ Association« (LIMA)dazu veranlasste, den Stuttgarter Verlagals »Lizenznehmer des Jahres 2010« aus-zuzeichnen.Das Programm von Panini Comics botauch 2011 gewohnte Kost mit demSchwerpunkt auf Superhelden-Lizenzender beiden US-Riesen Marvel und DC(siehe auch die Bestandsaufnahme imComic Report 2011: »Der Superhelden-Markt 2010« von Marc-Oliver Frisch).Beim reinen Ausstoß an Titeln ist Paniniunangefochtener Marktführer und veröf-fentlichte wie im Vorjahr rund 23% allerComic-Novitäten des Jahres 2011. Dieabsolute Zahl stieg sogar von 594 auf651 Titel, wobei hier auch jede Variant-cover-Edition einer Neuheit separat ge-zählt wurde, schließlich muss sie derHandel auch einzeln listen, um sie vonden regulären Ausgaben unterscheidenzu können. Alleine bei den Variant-Aus-gaben publizierte der Verlag rund 130 Ti-tel, eine schier unüberschaubare Mengean Kaufalternativen, die Komplett-

Die ganze Bandbreite Spotlights, Highlights, Fragen und Antworten 2011zusammengestellt von Matthias Hofmann

PANINI COMICSPanini Verlags GmbH Rotebühlstraße 8770178 Stuttgartwww.paninicomics.de

gegründet: 1974feste Mitarbeiter: 70freie Mitarbeiter: ca. 300

FRAGEN AN: MAX MÜLLER (PROGRAMMCHEF)

Was waren die bestverkauften Titel2011?Simpsons, Star Wars, Wonderland, The Boys,Knallberts Tagebuch

Was waren die persönlichen Highlights2011 im Programm und warum?Neonomicon von Alan Moore

In welchem Bereich rangieren die Auflagen der Novitäten 2011?Von ca. 1000 Exemplaren für spezielle Su-perhelden-Titel bis ca. 200.000 Exemplarefür Star Wars Magazine.

Auf welche(n) Titel im Programm von2012 sollte man besonders achten?Das neue DC Universum ab Juni.

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Page 14: COMIC REPORT 2012

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