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Bewusstsein bei Tieren Dagmar Musialik Ortrun Reidick

Dagmar Musialik Ortrun Reidick - Heidelberg University · 2003. 6. 30. · Dagmar Musialik Ortrun Reidick. Einstieg lWas glaubt IHR, haben Tiere ein BW oder nicht? Gliederung l1

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Bewusstsein bei Tieren

Dagmar Musialik

Ortrun Reidick

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Einstieg

lWas glaubt IHR, haben Tiere ein BWoder nicht?

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Gliederung

l 1. Teil: Anfänge der experimentellen Tierforschung

l 2. Teil: Beispiele heutiger Tierforschung

l 3. Teil: Diskussion

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1. Teil

l Anfänge der experimentellenTierforschung

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Die ersten Vorstellungen einerIntelligenz bei Tieren

l Der Kluge Hans - „das erste Tier-Genie“ (Beginn des 19. Jh.)

l Darwin und der Unterschiedzwischen Mensch und Tier (1871)

l Donald Griffin und seineErkenntnisse über Kognition beiTieren (1976)

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Einsicht oder Instinkt

l Welche Verhaltenskriterien erlauben unszwischen echtem Denken undangeborenem oder erlerntem Verhalten zuunterscheiden?

l Köhlers Versuche und das Problemlösenseiner Schimpansen

l Imo , die ihre Kartoffeln abwusch und dieWeizenkörner abspülte

l Gezieltes Objektsammeln undWerkzeuggebrauch

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Beziehung zwischen Instinkt undDenken

l Nicht immer ein Entweder - Oder

l Angeborene Reaktionen ausgelöst durchDenken

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Soziales und persönliches Wissen

l Individuelles Erkennen und diesoziale Hierarchie

l Selbstbild und Selbstbewusstsein

l Umgehen der sozialen Ordnung

l Betrügerei und Täuschung

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Die Rolle des Spielens

lErwerb des sozialen Wissensdurch Spielen

lSpielen als wichtiges Mittel zurEntwicklung kognitiverFähigkeiten von Denken,Planung und Vorstellung

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2. Teil

l Beispiele heutiger Tierforschung

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Sprache und Logik

l Einordnen in Kategorien

l Logisches Denken

l Gesprochene Sprache

l Verstehen einer Gebärdensprache

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1. Ansatz zum Erlernen einerSymbolsprache bei Schimpansen

l David Premacks Studie –

Methode der Lexigramme

l Sarah und ihr Verständnis vonVokabular und Grammatik

l Schimpansenlogik

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2. Ansatz zum Erlernen einerSymbolsprache bei Schimpansen

l Sue Savage-Rumbaughscomputerunterstützte Methode miteiner Tastatur

l Informationsaustausch undkooperatives Problemlösen viaTastatur

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Untersuchung von Hare et al.(2000): Vorüberlegungen (1)

l Was wissen Schimpansen über(psychologische) Prozesse ihrerArtgenossen?

l Können sie deren Perspektiveeinnehmen?

l Problem: Prozesse wie Intentionen undEinstellungen schwer operationalisierbar,daher Konzentration auf ´einfachere`Vorgänge wie visuelle Wahrnehmung

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Vorüberlegungen (2)

l Bisherige Untersuchungen zurBlickrichtung anderer: widersprüchlicheErgebnisse– ´checking back` vs. kein tieferes Verständnis

– Mögliche Erklärung: Unnatürlichkeit derexperimentellen Settings, kein Wettbewerb umFutter ‡ daher Anwendung eines natürlichenSettings ohne vorangehendes Training odermenschliche Intervention

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The Wall Test (Exp. I)

l Versuchs´personen`: dominante (D) undsubdominante (SD) Schimpansen einesPrimatenforschungs-Zentrums

l Fokus aller Untersuchungen lag auf demVerhalten der untergeordneten Tiere

l Eine Pilotstudie bestätigte das Vorgehen,machte es aber dem SD zu leicht, an dasFutter heranzukommen; daher in Exp. Ierschwertes Vorgehen

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Durchführung (1)

l Aufbau: je ein SD und ein D befinden sich ineiner Käfiganordnung, die Käfige sind durchgeöffnete Türen verbunden

l Der VL positioniert je zwei Futterstücke, wobeieines immer für beide Affen sichtbar war undeines in seiner Position variierte

l Herausforderung für SD: D nähert sich früheroder später SD´s Käfig (anders als in Pilotstudie)

SD--------------------------

freie Sicht!

--------------------------

--------------------------

Offene Türen,

--------------------------D

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Durchführung (2)

l 3 Bedingungen: Dominant-Door (1), Door-Door(2), Subdominant-Door (3)

l Käfigtüren zwischen 1-2 und 3-4 waren zunächstgeschlossen, so dass D und SD dieKöderauslegung nicht sehen konnten

SD

++++ (3)

--------------------------

++ (2)

++------------------------

(1) ++++

--------------------------

++

++--------------------------

D

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Ergebnisse (1)

l Signifikante Unterschiede zw. denBedingungen:– In der SD-Door-Bedingung waren die

SD`s im Vergleich zur D-Door und Door-Door Bedingung am erfolgreichsten

– In 83% der Fälle erzielten sie die Bananeauf ihrer Käfigseite

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Ergebnisse (2)

l Bemerkenswert: 5 der 9 SD`s zeigtenspezifische Strategien, um an das Futterzu kommen– Annähern an verstecktes Futter, dann

Abwarten, bis D gefressen hat und sich wiederentfernt

– SD versteckt sich hinter der Wandhälfte, an derD frisst ‡ ist so aus dessen Sichtfeld undgreift heimlich zur anderen Wandhälfteherüber…

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Ergebnisse (3)

l Verhalten der D`s:– In der D-Door-Bedingung fraßen sie in

75% zunächst die für beide Seitensichtbare Banane in der Mitte, um sokeine Risiko einzugehen

Hypothese bestätigt?

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Alternativerklärungen

l 1. SD wählt Futter, das ameinfachsten zu erreichen ist, da Dlänger braucht, um heranzukommen(keine visuelle Wahrnehmung!)

l 2. SD wählt verstecktes Futter, weiles dann nicht mehr D sieht („Ausden Augen, …“)

Daher:

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The Tyre Test (Exp. II)

l Keine phys. Barriere mehr (Wand), stattdessen Autoreifen in der Mitte

l Futter wird nur noch in einem Käfigausgelegt (insgesamt drei Käfige) ‡Äquidistanz

l SD sieht die Köderauslegung!l 3 Bedingungen:

– (1) Inside-Top, (2) Behind-Outside, (3) Top-Top

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Ergebnisse

l Marginale Signifikanz zw. den Bedingungen;SD`s erzielten in Behind-Outside und Inside-Top Bedingung signifikant mehr Futter,zudem signifikant häufiger das versteckteFutter (75 – 85%)

l 4 der 9 SD`s verwendeten spezif. Strategien(s. Exp. 1); neu: Ablenkung durchkommunikative Signale (Begrüssen,sexuelles Präsentieren) ‡ Sicht der D`swurde durch SD`s blockiert, so dass diesedas Futter heimlich ergreifen konnten

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Weitere Alternativerklärungen undUntersuchungen

l SD beobachtet D`s Verhalten, wähltdas Futter, das D nicht wählt

l Daher: Occluder-Test (Exp. III): SD`sbekamen einen Vorsprung von ca. 2Sekunden

l Bed.: (1) Visible-Visible, (2) Hidden-Visible, (3) Hidden-Hidden

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Ergebnisse

l Wie zuvor; speziell in der Hidden-Visible-Bedingung, die eine klare Entscheidungerforderte: 73% gingen zum verstecktenFutter

l Wieder spezifische Strategien, neu: einWeibchen nutzte ihren Vorsprung, um zumD-Käfig zu laufen – als dessen Tür sichöffnete, lenkte sie D so ab, dass diese inihrem Käfig blieb; SD bekam das ganzeFutter!

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Variation von Exp. III

l D`s bekommen Vorsprung und sehenbeide Futterstücke ‡ nahmen dasgefährdetere, also für beidesichtbare Stück zuerst

l Befand sich ein D-Tier in der SD-Rolle, wechselte es die Strategie ‡setzt ein tieferes Verständnis derSituation voraus!

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The Transparent Barrier (Exp. V)

l Transparente Balken, die Sicht der D`snicht behinderten

l SD`s sollten keine Präferenz mehr fürFutterstück aufzeigen ‡ bestätigt

l ´Transferleistung`, denn im normalenUmfeld der Versuchstiere kamen keinetransparenten Dinge vor!

l Fazit: „kognitives, einsichtsvolles Lernen“

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3. Teil

l Diskussion

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Anregungen

l Wandlung der Einstellung gegenüber den Tieren– Parallele zur aktuellen Säuglingsforschung

‡ von hilflos zu intelligent und bewusst

l Daraus folgende Konsequenzen– Schlachthof, Tiertransporte, etc.

l Wandlung der Einstellung gegenüber den Menschen– Ergebnisse der Evolutionspsychologie

‡ von selbstgesteuert zu ´determiniert`

l Vergleichbarkeit Tier-Mensch überhaupt sinnvoll imSinne der Evolution?– Apfel und Birne – wer ist qualitativ besser?

– Evolution hat kein Ziel, ist ungerichtet

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Literatur und Internet

l Gould, J. L. & Gould, C. G. (1997): BW bei Tieren.Ursprünge von Denken, Lernen und Sprechen.Heidelberg: Spektrum

l Hare, B. et al. (2000): Chimpanzees know whatconspecifics do and do not see. AnimalBehaviour, 59

l The Chimpanzee and Human CommunicationInstitute: www.cwu.edu/~cwuchci/main.html

l CWU Primate Behavior and Ecology:www.cwu.edu/~primate

l Jane Goodall Institute: www.janegoodall.orgl www.nationalgeographic.de

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Danke für Eure Aufmerksamkeit