22

Click here to load reader

Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

I66 H. PAULSEN Bd. 665

DARSTELLUNG VON 5-AMINOZUCKERN U N D DEREN UMWANDLUNG IN PYRIDINDERIVATE ' )

von HANS PAULSEN

Aus dem Institut fur Organische Chemie, Chemisches Staatsinstitut, Universitit Hamburg

Eingegangen a m 10. September 1962

Derivate der 5.6-Diamino-5.6-didesoxy-~-glucose und -L-idose wurden durch Amrnoniak-Anlagerung an das Nitroolefin VI und Hydrierung der erhaltenen Ni- trozucker dargestellt. 5.6-Diacetamino-5.6-didesoxy-~-glucose und -L-idose be- vorzugen die Furanoseforrn. Nach Abspaltung der N-Acetylreste zu den freien 5.6-Diarninozuckern wird das intermediare Auftreten einer ,,Piperidinose-Form" angenommen, welche bei den 5.6-Diamino-5.6-didesoxy-hexosen unter spontaner Abspaltung von 3 Mol Wasser und Arornatisierung in 2-Aminomethyl-5-hy- droxy-pyridin ubergeht. 5-Acetamino-5.6-didesoxy-6-nitro-~-idofuranose liefert bei Abspaltung der N-Acetylgruppe a m C-Atom 5 in entsprechender Reaktion

5-Hydroxy-2-nitromethyl-pyridin.

5-Aminozucker besitzen unter den verschiedenen Aminozuckern besonderes Inter- esse, da die bei Aldohexosen normalerweise vorliegende Pyranose-Halbacetal-Form sich nicht ausbilden kann. Bei Ringbildung zum Halbacetal tritt hier die Aminogruppe mit einer Hydroxylgruppe in Konkurrenz. Damit erhebt sich die Frage, o b eine Re- aktion der Carbonylgruppe mit der Aminogruppe am C-Atom 5 zu einer dem Halb- acetal entsprechenden Verbindung erfolgen kann, oder o b die Reaktion auf die Furanose-Form ausweicht. Falls die Carbonylgruppe eine ,,Oxo-cyclo-Tautomerie" mit der Aminogruppe eingeht, mu0 sich ein Halbacetal bilden, in dem der in Pyranosen vorhandene Ringsauerstoff durch ein Stickstoffatom ersetzt ist. Derartige ,,Piperidin- osen" sind bisher nicht beobachtet worden. Die einzige Verbindung, welche im Py- ranosering ein anderes Heteroatom als Sauerstoff besitzt, ist die kurzlich synthetisierte D-Xylothiapyranose 2), bei der der Ringsauerstoff durch Schwefel ersetzt ist. Die vor- liegende Untersuchung beschaftigt sich mit der Darstellung und den Eigenschaften von 5-Aminozuckern.

SYNTHESE VON 5.6-DIAMINOZUCKERN Ein direkter Austausch des Ringsauerstoffs durch Stickstoff, wie er z. B. bei Koji-

saure leicht durchgefuhrt werden kann3), ist bei Pyranosidringen bisher nicht moglich.

I ) Vorllufige Mitteilung: H. PAULSEN, Angew. Chem. 74, 585 (1962). 2 ) J. C . P. SCHWARZ und K. C. YULE, Proc. chern. SOC. [London] 1961,417; T. J. ADLEY und

L. N . OWEN, ebenda 1961, 418; R. L. WHISTLER, M. S. FEATHER und D. L. INCLES, J. Amer. chern. SOC. 84, 122 (1962).

3) K. HEYNS und G. VOGELSANG, Chem. Ber. 87, 13, 1377, 1440 (1954).

Page 2: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Aminozucker und deren Umwandlung in Pyridinderivate 167

Als Ausgangsmaterial fur die Darstellung von 5-Aminozuckern kornmen demnach nur Furanose-Derivate in Betracht, bei denen die 5-Stellung nicht blockiert ist.

Der 5.6-Epoxydring der 5.6-Anhydro-l.2-O-isopropyliden-~-g~ucofuranose wird mit Am- rnoniak nur in der Weise geaffnet, dal3 die Aminogruppe an das C-Atom 6 tritt4). Auch die Urnsetzung von 6-Benzoyl-l.2-O-isopropy~iden-~-tosy~-~-glucofuranose rnit Ammoniak, bei der OHLE und LICHTENSTEINS) eine Substitution in 5-Stellung zum 5-Aminozucker erwarteten, fiihrt iiber ein 5.6-Epoxyd zur 6-Amino-] .2-O-isopropyliden-~.-idofuranose. 3.6-Anhydro- 1.2-O-~sopropy~~den-5-tosy~-~-glucofuranose~~ ist dagegen, wie WOLFROM und Mitarbeiter7) kiirzlich berichteten, ohne Epoxydbildung rnit Hydrazin oder Natriumazid am C-Atom 5 unter WALDENSCher Urnkehr zu substituieren. Die Hydrierung der 5-Hydrazino- bzw. S-kido- Verbindung liefert 5-Amino-3.6-anhydro-I.2-O-isopropyliden-~-idofuranose, deren 3.6-An- hydroring i d e r s t schwierig spaltbar ist.

Als Schlusselsubstanz fur die Gewinnung von 5-Aminozuckem wurde die 3-0 - Acetyl-1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-6-nitro-~-xylo-5-hexeno-furanose (VI) dar- gestellt, die eine reaktionsfahige Nitroolefin-Seitenkette besitzt. In Nitroolefinen liegt ein konjugiertes System vor, bei dern durch die Nitrogruppe der Olefinkohlenstoff erheblich an elektrophilem Charakter gewinnt, wodurch die Doppelbindung leicht einer nucleophilen Addition, z. B. von Amrnoniak, zuganglich wird.

Die Darstellung des Nitroolefins VI erfolgte auf folgendern Wege : Durch Perjodat- spaltung von 1.2-0-Cyclohexyliden-~-glucofuranose wurde die in der dirneren Form vorliegende 1.2-0-Cyclohexyliden-5-aldo-~-xylofuranose (I) erhalten, welche rnit Nitrornethan zu einern Gemisch von 1.2-O-Cyclohexyliden-6-desoxy-6-nitro-~-gluco- und -L-idofuranose (I1 + 111) kondensiert wurde8). Die Kondensation fuhrt uberwie- gend zur gluco-Verbindung, das Verhaltnis gluco- zu ido-Verbindung betragt a. 3 : 1. Eine Gewinnung der einheitlichen 6-Nitrozucker I1 und 111 durch Urnkristallisation ist rnoglich, jedoch ist eine Auftrennung nicht erforderlich, da bei der folgenden Olefinbildung die Asymmetrie am C-Atom 5 wieder aufgehoben wird. Durch Acety- lierung des Nitrozuckergernisches I1 + 111 zurn Diacetat IV + V rnit Acetanhydrid- Pyridin in verdunnt atherischer Losung IaBt sich die bei basenkatalysierter Acylierung von Nitroverbindungen stets auftretende Bildung dunkel gefarbter Nebenprodukte vermeiden.

Das Gemisch der Diacetate der gluco- und ido-Verbindung IV + V wurde in einer S c ~ ~ 1 ~ z - R u ~ z - R e a k t i o n 9 ) unter wasserfreien Bedingungen in Benzol mit Kalium- hydrogencarbonat behandelt, wobei unter Essigsaure-Abspaltung das Nitroolefin VI entsteht. Die Reaktion lien sich IR-spektroskopisch gut verfolgen, da die Bande fur

4 ) H. OHLE und L. v. VARGHA, Ber. dtsch. chem. Ges. 61, 1208 (1928); 62, 2435 (1929). 5 ) H. OHLE und R. LICHTENSTEIN, Ber. dtsch. chem. Ges. 63, 2905 (1930). 6) H. OHIE, L. v. VARGHA und H. ERLBACH, Ber. dtsch. chern. Ges. 61, 1211 (1928). 7) M. L. WOLFROM, J. BERNSMANN und D. HORTON, J. org. Chemistry 27, 4505 (1962). 8) J. M. GROSHEINTZ und H. 0. L. FISCHER, J. Amer. chem. SOC. 70, 1476 (1948). 9 ) E. SCHMIDT und G. RUTZ, Ber. dtsch. chem. Ges. 61, 2142 (1928).

Page 3: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

I68 H. PAULSEN Bd. 665

F!

6 X

1

1 X I

s I

I X ji:

X u

2

I ' 7 0 1 I

. O l -01

t t

Page 4: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Aminozucker und deren Umwandlung in Pyridinderivate 169

nicht konjugierte Nitrogruppen bei 7.60 p verschwindet und die fur konjugierte Nitrogruppen bei 7.47 p neu erscheint. Setzt man bei der obigen Reaktion nicht das Gemisch I1 + 111 ein, sondern geht man von reiner 1.2-O-Cyclohexyliden-6-desoxy-6- nitro-D-glucofuranose (11) bzw. 1 .2-O-Cyclohexyliden-6-desoxy-6-nitro-~-idofuranose (111) aus und wandelt beide Verbindungen iiber die Acetylderivate in getrennter Re- aktionsfolge in das Nitroolefin VI um, so erhalt man ein und dasselbe Rodukt. Es ist demnach nicht moglich, bei der Abspaltung von Essigsaure zum Nitroolefin VI fixierte cis-trans-Isomere zu gewinnen.

Das Nitroolefin VI lagert leicht an die Doppelbindung Ammoniak an. Synchron mit der Anlagerung tritt eine Acylwanderung der 0-Acetylgruppe am C-Atom 3 zur neugebildeten Aminogruppe am C-Atom 5 ein und man erhalt ein Gemisch von 5-Acetamino-1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-6-nitro-~-~ucofuranose (VII) und 5-Acetamino-l.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-6-nitro-~-idofuranose (VIII). In der Reaktionsmischung lie13 sich keine nicht an der Aminogruppe am C-Atom 5 acetylierte Verbindung nachweisen. Daraus ist zu schliekn, daD die Ammoniak-Anlagerung an das Nitroolefin VI und die Acylwanderung schneller verlaufen als eine Verseifung der 0-Acetylgruppe am C-Atom 3.

Das Verhaltnis der gebildeten ido-Verbindung VIII zur gfuco-Verbindung VII be- tragt ca. 3 : 2. Die Anlagerung von Ammoniak erfolgt demnach nicht stereospezifisch. Anders waren Ergebnisse von O’NEILL~O) und SOW DEN^^), die bei der Ammoniak- Anlagerung an D-arubo-Tetraacetoxy- 1 -nitro-hexen-( 1) eine Bevorzugung der manno- gegeniiber der gfuco-Konfiguration im Verhaltnis 6 : 1 fanden. Auch die Ammoniak- Anlagerung an D-xyfo-Tetraacetoxy-I-nitro-hexen-( 1) liefert bevorzugt die gufo- Konfiguration12). Das Gemisch der ido- und gfuco-Verbindung (VIII und VII) 1a13t sich leicht an einer Kieselgelsaule praparativ auftrennen, so daD beide Verbindungen in kristallisierter Form gut gewinnbar sind.

Die beiden Nitrozucker VII und VIII sind durch Hydrierung in verdunnter Losung bei Gegenwart von 1 Mol Salzsaure in 5-Acetamino-6-amino-1.2-O-cyclohexyliden- 5.6-didesoxy-L-idofuranose-hydrochlorid (XIII) und S-Acetamino-6-amino-1.2-0- cyclohexyliden-5.6-didesoxy-D-glucofuranose-hydrochlorid (IX) iiberfiihrbar. Die Hydrierung ohne Gegenwart von Salzsaure liefert die freien Amine, die in metha- nolischer Losung in der Kalte mit Acetanhydrid selektiv an der Aminogruppe acety- liert werden konnen zu 5.6-Diacetamino-l.2-O~yclohexyliden-5.6-didesoxy-~-ido- furanose (XIV) und 5.6-Diacetamino-l.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-~-gluco- furanose (X).

Milde Hydrolyse des Diacetats XIV liefert unter Abspaltung des Cyclohexyliden- restes die 5.6-Diacetamino-5.6-didesoxy-~-idofuranose in feinen Kristallnadeln

10) A. N. O’NEILL, Canad. J. Chem. 37, 1747 (1959). 11) J. C. SOWDEN und M. L. OFTEDAHL, J. Amer. chem. SOC. 82, 2303 (1960). I * ) J. C. SOWDEN und M. L. OFTEDAHL, J. org. Chemistry 26, 2153 (1961).

Page 5: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1 70 H. PAULSEN Bd. 665

von [4L0 + 11.6", die beim Losen in Wasser keine Mutarotation aufweisen. Irn IR- Spektrum tritt keine Carbonylbande auf, die einer Aldehydgruppe mzuordnen ware, so daB die Verbindung als Halbacetal vorliegen muR.

Neben einer Furanoseform ist fur den Diacetaminozucker XV zu diskutieren eine Sechsringbildung durch Wechselwirkung der 5-Acetarninogruppe mit der Carbonyl- gruppe. Eine derartige 0x0-cyclo-Tautomerie liegt nach TAGMANN und Mitarbeitern 13)

beim Amidoaldehyd XXlV vor, der bevorzugt die Hydroxylactarn-Form XXV ein- nimmt.

Ein Vergleich des IR-Spektrums der Verbindung XIV, in der der Furanosering fixiert ist, mit dem Spektrum des freien Diacetaminozuckers XV fiihrt zu dem SchluR, da8 auch fur diese Verbindung ein Furanosering anzunehmen ist. In beiden Spektren ist das Verhaltnis der Intensitat der Amid-I- zur Amid-11-Bande dasselbe, wahrend man fur die Sechsringform eine schwachere Amid-11-Bande erwarten mu8te. Auch die Bande fur die NH-Valenzschwingung bei 3.04 p zeigt in beiden Spektren die gleiche Intensitat. Die starke C -0 -C-Valenzschwingung des Tetrahydrofuranringes bei 9.3-9.4 p und eine Bande bei 12.7 p, die nach BARKER und STEPHENS^^) der C-H- Schwingung der Wasserstoffatome am Furanosering zukornmt, zeigen in beiden Spektren weitgehende Ahnlichkeit. Ein Vergleich des Spektrurns von XV rnit dem von N-Acetyl-piperidin zeigt keine U bereinstimrnung in den Schlusselbanden.

In waBriger Losung liegt auf Grund der Reduktionseigenschaften die Diacetamino- Verbindung XV ebenfalls in einer cyclischen Form vor. Die Verbindung reagiert in der Kalte nicht mit fuchsinschwefliger Saure und reduziert in der Kalte nicht FEHLING-Losung. Beide Reaktionen verlaufen bei 5-O-Methy~-~-gh1cose positiv und sind nach v. V A R G H A ~ ~ ) dafiir charakteristisch, daR in Losung teilweise eine nichtcyclische Aldehydform vorliegt. Noch nicht geklart ist, o b bei der Diacetamino- Verbindung XV in gelostem Zustand neben der Furanoseforrn ein Sechsringacetal im Gleichgewicht vorliegt.

5.6-Diacetamino- 1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-~-glucofuranose (X) 1aRt sich durch milde Hydrolyse gleichfalls zur 5.6-Diacetamino-5.6-didesoxy-~-glucofuranose (XI) spalten, die sich in ihren Spektren und Eigenschaften ahnlich wie die ido-Verbin- dung XV verhalt. Sie durfte in gleicher Weise die Furanoseforrn bevorzugen.

1 3 ) E. TAGMANIU, E. SURY und K. HOFFMANN, Helv. chim. Acta 37, 185 (1954). 14) S. A. BARKER und R . STEPHENS, J. chem. SOC. [London] 1954, 4550. 15) L. v. VARGHA, Ber. dtsch. chern. Ges. 69, 2098 (1936).

Page 6: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Aminozucker und deren Urnwandlung in Pyridinderivate 171

UMWANDLUNG VON 5-AhflNOZUCKERN IN PYRIDINDERIVATE

Durch milde Hydrolyse von 5-Acetamino- 1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-~- idofuranose-hydrochlorid (XIII) 1aBt sich keine selektive Abspaltung der Cyclo- hexylidengruppe durchfuhren. Neben der erwarteten 5-Acetamino-6-arnino-5.6- didesoxy-L-idofuranose (XVI), welche auf dem Chromatograrnm Silbernitrat redu- ziert und rnit Ninhydrin Blaufarbung gibt, war stets, auch unter rnildesten Hydrolysen- bedingungen, eine Substanz nachzuweisen, die mit Ninhydrin Gelbfarbung gab und Silbernitrat nicht reduzierte. Eine Reindarstellung des freien Arninozuckers XVI durch partielle Hydrolyse war nicht moglich, da neben der Hydrolyse der Acetalgruppierung stets eine weitere Hydrolyse der N-Acetylgruppe am C-Atom 5 einsetzt und die dabei in Freiheit gesetzte Arninogruppe rnit der Carbonylgruppe am C-Atom 1 in Reaktion tritt. Die ungewohnlich leichte Abspaltbarkeit der N-Acetylgruppe am C-Atom 5 durfte ihre Ursache in der Wirkung der stark Elektronen anziehenden Ammoniumgruppe am benachbarten C-Atom 6 haben. Eine derartige starke Forderung der Arnidhydro- lyse durch benachbarte Elektronen anziehende Gruppen ist an Beispielen aus der Peptidchernie, z. B. bei Hydroxyarninosauren und Diaminosauren, bekannt.

Wird der Diaminozucker XI11 mit I n Salzsaure zwei Stunden auf 70" erhitzt, so erfolgt eine nahezu vollstandige Urnwandlung der freien Diaminoaldose XVI in das sich rnit Ninhydrin gelb farbende Produkt. Nach Entsauern laBt sich eine kristalli- sierte Base der Summenformel C6HsN20 als Dihydrat gewinnen. Aus dieser Formel ergibt sich, daB die Base drei Mol Wasser weniger enthalt als die entacetylierte Diamino- aldose XVI. Demnach tritt nach der Entacetylierung von XVI am C-Atom 5 in den Folgereaktionen eine spontane Abspaltung von drei Mol Wasser ein.

Die erhaltene Base besitzt folgende chemische Eigenschaften : Mit Salicylaldehyd entsteht eine gelbe kristalline SCHIFFsChe Base. Mit salpetriger Saure wird 1 Mol Stickstoff entwickelt. Daraus ist zu schliekn, daB eines der beiden N-Atome als primare Arninogruppe in einer aliphatischen Seitenkette vorliegt. Die Verbindung zeigt eine schwach positive FeClrReaktion. Mit diazotierter Sulfanilsaure kuppelt sie zu einem roten Farbstoff. Die Verbindung besitzt drei bewegliche H-Atonie, da sich das massenspektroskopisch bestimmte Molekulargewicht von 124 nach Austausch mit Deuteriumoxyd auf 127 erhoht.

Nach den angefuhrten Befunden kann man fur die Base eine Struktur annehmen, die einen Pyridinring rnit Arninornethyl-Seitenkette und phenolischer Hydroxylgruppe besitzt. Die Bildung der Base aus dern Zucker XVI zeigt an, daB die Aminornethyl- Seitenkette dern C-Atom 6 des Zuckers XVI entspricht. Da beide N-Atorne im Zucker XVI an benachbarte C-Atorne gebunden sind, muB die gleiche Anordnung im Pyridin- korper wieder erscheinen. Das bedeutet, daB die Aminomethylgruppe in 2-Stellung des Pyridinringes steht. Die Hydroxylgruppe kann sich dagegen in jeder anderen Stellung am Pyridinring befinden.

Page 7: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

172 H. PAULSEN Bd. 665

Im IR-Spektrum der Base tritt keine Carbonylbande bei 6.1 p auf, die fur a-Pyridone und y-F'yridone charakteristisch ist. Dies erlaubt jedoch nicht sicher den AusschluB beider Strukturen, da eine Bandengruppe im Bereich von 3.0-5.5 p auf einen stark zwitterionischen Charakter der Verbindung hindeutet, wie er bei einem Phenol vor- liegen kann. Eine bessere Zuordnung der Substituenten im Aminomethyl-hydroxy- pyridin ist durch Vergleich des UV-Spektrums mit den Spektren von 2-Hydroxy-, 3-Hydroxy- und 4-Hydroxy-pyridin in alkalischer, neutraler und saurer Losung mog- lich. Das Aminomethyl-hydroxy-pyridin liegt in neutraler Losung in der einfach protonierten (pK 7.4). in 0.1 n Salzsaure in der zweifach protonierten Form (PK 1.9) und in 0.1 n Natronlauge als Anion vor.

Tabelle 1. Absorptionsmaxima

in 0.1 n NaOH bei pH 7 mlz (log €1 mlz (log 4 m p (log E)

in 0.1 n HCl Substanz

2-Hydroxy-pyridin '6) 294 (3.8) 233 (3.9)

3-Hydroxy-pyridin 16) 301 (3.6) 240 (4.0)

4-Hydroxy-pyridin 16) 265 (3.0) 240 (4.1)

Aminomethyl- 303 (3.6) hydroxy-pyridin 240 (4.1)

298 (3.8) 226 (4.0) 277 (3.6) 215 (3.9) 255 (4.1) < 215 mp 278 (3.7) 221 (4.0)

287 (3.8) 220 (3.6) 237 (3.9)

286 (3.7) 228 (3.6)

- -

Die Tabelle 1 zeigt weitgehende Ubereinstimmung des Spektrums des Aminomethyl- hydroxy-pyridins mit dem des 3-Hydroxy-pyridins. Insbesondere die starke Verschie- bung der Maxima zu hoheren Wellenlangen in alkalischer Losung tritt nur beim 3-Hydroxy-pyridin auf.

Eine Entscheidung zwischen den beiden verbleibenden Strukturen erlaubt in ein- facher Weise das NMR-Spektrum17) (Abb. 1). Das Signal fur das a H zeigt keineswegs die fur XXVI zu erwartende starke orrho-Kopplung zum PH; das entsprechende Signal ist kaum aufgespalten und daher einem isolierten aH, wie es in XXVII vorliegt, zuzuordnen. Das PH-Signal weist nur die ortho-Kopplung zum yH auf, nicht jedoch ein Triplett, wie es bei einer beiderseitigen Kopplung zu den zwei benachbarten Protonen in XXVI entstehen muBte. Damit ergibt sich fur das Pyridinderivat die S t ruktur des 2-A minomethyl-5-hydroxy-pyridins (XIX) .

XXVll a 11 C H,NI) , 11 H

16) H. SPECKER und H. GAWROSCH, Ber. dtsch. chem. Ges. 75, 1338 (1942). 17) Herrn Dr. A. MELERA, Zurich (Varian AG), danke ich fur die Aufnahme der Spektren.

Page 8: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Aminozucker und deren Umwandlung in Pyridinderivate 173

Die Saurebehandlung der 5-Acetamino-6-amino-5.6-didesoxy-~-idofuranose (XVI) fuhrt demnach unter Bedingungen, unter denen die Abspaltung der N-Acetylgruppe

Abbildung 1 . NMR-Spektrum von 2-Aminomethyl-5-hydroxy-pyridin in D20

am C-Atom 5 erfolgt, sofort zur Ausbildung eines N-haltigen Sechsringes, welcher spontan unter Abspaltung von drei Mol Wasser in 2-Aminomethyl-5-hydroxy-pyridin ubergeh t.

Eine entsprechende Reaktion wurde bei der Saurebehandlung von ~-Acetamino- 6-amino-5.6-didesoxy-~-glucofuranose (XII) aufgefunden, die als Primiirprodukt bei der Hydrolyse von 5-Acetarnino-6-amino-1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-~-gluco- furanose-hydrochlorid (IX) erhalten wird. Jedoch erfordert die Umwandlung der gluco-Verbindung XI1 in das 2-Aminomethyl-5-hydroxy-pyridin (XIX) deutlich kraf- tigere Hydrolysenbedingungen und verlauft keineswegs so voilstiindig wie bei der ido-Verbindung XVI. Offenbar erfolgt die unter Wasserabspaltung verlaufende Aro- matisierungsreaktion aus sterischen Griinden aus der ido-Konfiguration leichter als aus der glum-Konfiguration.

Auch die Diacetate XV und XI lassen sich durch Saurehydrolyse in 2-Aminomethyl- 5-hydroxy-pyridin (XIX) urnwandeln. Es sind dafur envartungsgemal3 kraftigere Hydrolysenbedingungen erforderlich. Ein Monoacetat XVI bzw. XI1 lieI3 sich als Zwischenprodukt der Hydrolyse nicht nachweisen.

Urn zu priifen, ob die an 5.6-Diaminozuckern aufgefundene Bildung von Pyridin- derivaten auf weitere 5-Arninozucker iibertragbar ist, wurde die als Zwischenprodukt vorhandene 5 -Acetamino- 1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-6-nitro- L-idofura- nose (VIII) unter verschiedenen Bedingungen mit Salzsaure behandelt. Als p r a r e s

Page 9: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

174 H. PAULSEN Bd. 665

Hydrolyseprodukt entsteht 5-Acetamino-5.6-didesoxy-6-nitro-~-idofuranose (XVII), die bei weiterer Saureeinwirkung verschwindet, und es treten im Chromatogramm ein schneller rnit der Front laufender gelber Fleck und zwei neue rnit Silbernitrat re- agierende Flecken auf. Offensichtlich verlauft die Wasserabspaltung nicht so einheit- lich wie bei den 5.6-Diaminozuckern.

Die gelbe Substanz kristallisierte und erwies sich als 5-Hydroxy-2-nitrornethyl- pyridin (XVIII). Sie lien sich durch Hydrierung in 2-Aminomethyl-5-hydroxy-pyridin uberfuhren, welches mit dern Wasserabspaltungsprodukt aus XVI identisch war. Die bei der Saurebehandlung von 5.6-Diaminozuckern auftretende Umwandlung in Pyridinderivate ist also auch an 5-Amino-6-nitro-zuckern zu beobachten. Sobald bei der 5-Acetamino-5.6-didesoxy-6-nitro-~-idofurano~e (XVII) die Verseifung der N- Acetylgruppe am C-Atom 5 einsetzt, reagiert offenbar die Carbonylgruppe rnit der Aminogruppe am C-Atom 5 unter Bildung einer Piperidinose, welche sofort unter Aromatisierung zurn 5-Hydroxy-2-nitrornethyl-pyridin (XVIII) drei Mol Wasser verliert.

Zur Gewinnung der weiteren bei der Hydrolyse von 5-Acetarnino- 1.2-0-cyclo- hexyliden-5.6-didesoxy-6-nitro-~-idofuranose (VIII) erhaltenen Spaltprodukte wurde der Ansatz auf einer Cellulosesaule aufgetrennt. Neben 5-Hydroxy-2-nitrornethyl- pyridin (XVIII) und 5-Acetarnino-6-amino-5.6-didesoxy-~-idofuranose (XVII) wurden zwei Verbindungen erhalten, die keine Zwischenprodukte der Wasserabspaltungs- reaktion sein konnen. Der kristallisierte Acetamino-nitro-zucker XVII zeigte im IR- Spektrum irn Bereich der C-0-C-Bande bei 9.3 p weitgehende Ahnlichkeit rnit dem Spektruni der 5.6-Diacetamino-5.6-didesoxy-L-idofuranose (XV), so daB dieser Ver- bindung ebenfalls eine Furanose-Forrnel zugeordnet werden kann. Auch in Losung liegt die Verbindung XVII auf Grund ihrer Reduktionseigenschaften in einer cyclischen Form vor.

SYNTHESE DES 2-AMtNOMETHYL-5-HYDROXY-PYRIDINS

Der durch physikalische Methoden erbrachte Strukturbeweis fur das 2-Amino- methyl-5-hydroxy-pyridin (XIX) wurde erganzt durch eine unabhangige chemische Synthese. Als Ausgangsmaterial diente Kojisaure, die bereits in 2-Stellung eine Hy- droxyrnethyl- und in 5-Stellung eine Hydroxylgruppe besitzt. Das aus Kojisaure- rnonornethylather (XXVIII) erhaltliche 2-Hydroxyrnethyl-5-rnethoxy-pyridon (XXIX) ist nach NOR TON^^) rnit POC13 in das Dichlorid XXX iiberfiihrbar. Das Dichlorid XXX reagiert rnit 1 Mol Kaliurnphthalimid selektiv nur unter Austausch des Chlors der Chlorrnethyl-Seitenkette. Das labile y-Chlor des Pyridins ist durch die Elektronen liefernde Wirkung der benachbarten Methoxylgruppe weniger reaktiv. Die Phthal- irnido-Verbindung XXXI 1aBt sich unter Eliminierung des Chlors zum 2-Phthalimido- methyl-5-methoxy-pyridin (XXXII) hydrieren, dessen hydrolytische Spaltung mit

18) S. J. NORTON, C . G. SKINNER und W. SHIVE, J. org. Chemistry 26, 1495 (1961).

Page 10: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Aminozucker und deren Umwandlung in Pyridinderivate 175

XXVllI XXlX

XXXI xxxll X X x l I l

Bromwasserstoffsaure 2-Aminomethyl-5-hydroxy-pyridin (XXXIII = XIX) liefert, welches rnit dem aus 5-Acetamino-6-amino-5.6-didesoxy-~-idofuranose (XVI) erhalte- nen Produkt identisch war.

PARTIELLE DESAMINIERUNG VON 5-ACETAMINO-6-AMINOZUCKERN

Eine selektive Desaminierung der 5-Acetamino-6-amino-1.2-0-cyclohexyliden-~- glucofuranose (IX) mit salpetriger Saure zur Entfernung der Aminogruppe a m C- Atom 6 war nicht moglich. Die Reaktion erwies sich wegen der dabei auftretenden Carbeniumionen-Umlagerungen als undurchf iihrbar und lieferte die gesuchte Sub- stanz auch nicht in geringer Menge.

Einheitlicher verlauft die partielle Desaminierung von 5-Acetamino-6-amino-1.2-0- cyclohexyliden-5.6-didesoxy-~-idofuranose (XIII) rnit salpetriger Saure. Man erhalt als Hauptprodukt 5-Acetamino-3.6-anhydro-l.2-0-cyclohexyliden-5-desoxy-~-idofu- ranose (XXII), welche in Wasser schwer loslich ist und feine Kristallblattchen bildet. Um die 3.6-Anhydro-Ringbildung zuruckzudrangen und den Anteil des normalen Desaminierungsproduktes der 5-Acetamino-l.2-0-cyclohexyliden-5-desoxy-~-idofu- ranose zu erhohen, wurde die Hydroxylgruppe am C-Atom 3 durch Acetylierung blockiert. Man gelangte zu einer derartigen Verbindung durch Acetylierung der 5- Acetaminod-nitro-Verbindung VIII rnit Acetanhydrid und Pyridin in Ather und anschlieknde Hydrierung der Verbindung XX zu XXI, was ohne Acylwanderung moglich ist. Die Desaminierung der blockierten Verbindung XXI lieferte jedoch ebenfalls als Hauptprodukt die Anhydroverbindung XXII. Das reaktive Carbenium- Ion am C-Atom 6 vermag demnach leicht die 0-Acetyl-Bindung am C-Atom 3 unter Ringbildung zu spalten. 5-Acetamino-3-0-acetyl-1.2-cyclohexyliden-5-desoxy-~-ido- furanose bildet sich in geringer Menge.

Das Verhalten der 5-Acetamino-3.6-anhydro-5-desoxy-~-idofuranose, deren An- hydroring als echter Tetrahydrofuranring mit Sauren nicht spaltbar ist, erlaubt Ruck- schliisse zur Frage des Auftretens von Piperidinose-Formen. Eine Betrachtung am Molekiilrnodell zeigt, daB in der ido-Konfiguration ein 3.6-Anhydro-Ring nur mit

Page 11: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

I76 H. PAULSEN Bd. 665

einem Furanosering, nicht jedoch mit einem Pyranosering zu kombinieren ist. In keiner der beiden Sesselformen der Idopyranose stehen die Hydroxylgruppe am C- Atom 3 und die CHzOH-Gruppe gleichzeitig axial, was fur die Ausbildung eines 3.6-Anhydro-Ringes erforderlich ware. Die Ausbildung einer Sechsring-Piperidinose- Form und die sich anschlieknde, unter Wasserabspaltung verlaufende Umwandlung in Pyridinderivate ist demnach bei der 3.6-Anhydro-idose aus sterischen Griinden unmoglich.

Die Hydrolyse der 5-Acetarnino-3.6-anhydro-l.2-O-cyclohexyliden-5-desoxy-~- idofuranose (XXII) fiihrt demnach zunachst zum 5-Acetamino-3.6-anhydro-zucker, welcher bei weiterer Hydrolyse unter Spaltung der N-Acetylgruppe am C-Atom 5 in freie 5-Amino-3.6-anhydro-5-desoxy-~-idofuranose (XXIII) ubergeht. Die letztere Stufe der Hydrolyse verlauft einheitlich und liefert keine anderen Abbauprodukte oder Derivate des Hydroxypyridins, da der Zucker XXIII aus sterischen Griinden aus- schlienlich in der Furanoseform vorkommen kann und nicht in der Sechsringform.

DISKUSSON Es wurde gezeigt, daB 5.6-Diacetamino-hexosen und 5-Acetamino-6-nitro-hexosen,

wie sie z. B. in den kristallisiert erhaltenen Verbindungen 5.6-Diacetamino-5.6- didesoxy-L-idofuranose (XV) und 5-Acetamino-5.6-didesoxy-6-nitro-~-idofuranose (XVII) vorliegen, die Furanoseform einnehmen. Keine Anzeichen wurden bei diesen Verbindungen gefunden, daR die Aldehydgruppe mit der Acetaminogruppe am C- Atom 5 eine Tautomerie zu einem N-haltigen Sechsring eingeht. Die Ringbildung weicht auf den Furanosefunfring aus. Dies entspricht den Befunden von JONES und Mitarbeitern 19), welche angeben, daR die 6-Acetamino-6-desoxy-~-xylohexulose in der Furanoseform vorliegt.

Wird die Hydrolyse der 5-Acetaminozucker unter Bedingungen durchgefuhrt, bei denen neben Verseifung der 1.2-0-Cyclohexyliden-Gruppe eine Spaltung der 5-Acet- amino-Gruppe einsetzt, was bei den beiden 5-Acetamino-6-amino-Zuckern XI11 und IX infolge der stark Elektronen anziehenden Ammoniumgruppe schon unter recht milden Bedingungen erfolgt, so kann man eine Wechselwirkung der freigesetzten Aminogruppe am C-Atom 5 mit der Carbonylgruppe am C-Atom 1 annehmen unter Bildung von N-haltigen Ringen. Derartige Piperidinosen sind nicht zu isolieren oder chromatographisch nachzuweisen, denn sie gehen unter spontaner Abspaltung von drei Mol Wasser sofort in 3-Hydroxy-pyridin-Derivate uber. Das Ausbleiben der Pyridinbildung bei Saurebehandlung der 5-Acetamino-3.6-anhydro-5-desoxy-~-ido- furanose XXII spricht fur diese Annahme.

Zur Erorterung dieser Reaktionsfolge ist eine Betrachtung der Verhaltnisse der unter Bildung eines Piperidinringes verlaufenden 0x0-cyclo-Tautomerie bei einfacheren Aminoaldehyden erforderlich. Der einfachste Grundkorper, der 6-Amino-valeraldehyd

19) J. K. N. JONES, M. B. PERRY und J. C. TURNER, Canad. J. Chem. 39, 2400 (1961).

Page 12: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Aminozucker und deren Urnwandlung in Pyridinderivate 177

(XXXIV), ist instabil und nur in Losung darstellbar, da er beim Einengen der Losun- gen dimerisiert und polymerisiert 20). Der 6-Amino-valeraldehyd steht im Gleichge- wicht mit der cyclischen Form des a-Hydroxy-piperidins (XXXV) und der durch Wasserabspaltung gebildeten cyclischen ScHIFFschen Base, dem A1 - Piperidein (XXXVI). Letzteres liegt in diesem Gleichgewicht bevorzugt vor. A1-Piperidein bzw. a-Hydroxy-piperidin sind auDerst reaktionsfahig und lassen sich nach SCHOPF 20) leicht unter zellmoglichen Bedingungen zu Alkaloiden kondensieren.

ubertragt man die Ergebnisse an einfachen Modellsubstanzen auf die Verhaltnisse bei den 5-Aminozuckern, so laRt sich folgender Mechanismus vorschlagen: Eine Wechselwirkung im Sinne einer Tautomerie muD dann angenommen werden, wenn die 5-Acetarnino-Gruppe, z. B. in der 5-Acetamino-6-amino-5.6-didesoxy-~-idofura-

nose (XXXVII), hydrolytisch gespalten wird. Der offene 5.6-Diamino-zucker XXXVIII rniiljte mit der Piperidinose XXXIX in einem tautomeren Gleichgewicht stehen. da ein derartiges Gleichgewicht, wie an den Modellsubstanzen gezeigt wurde, prinzipiell rnoglich ist. Voraussetzung ist naturlich, daD die Piperidinose-Form tatsachlich vor einer ebenfalls moglichen Furanoseform mit 0-haltigem Funfring bevorzugt wird. Wenn die Piperidinose XXXlX an der Tautomerie beteiligt ist, ist entsprechend den Befunden am 6-Amino-valeraldehyd anzunehmen, daD ebenfalls die SCHIFFsche Base XL ihren Anteil an der Tautomerie besitzt. Das wurde bedeuten, daB die Hydroxyl- gruppe am C-Atom 1 des Zuckers zuerst als Wasser reversibel abgespalten wird.

2 0 ) C. S C H ~ P F und TH. KAUFFMANN, Liebigs Ann. Chem. 608, 88 (1957).

Liebigs Ann. Chcm. Bd. 665 1 2

Page 13: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

178 H. PAULSEN Bd. 665

Die dem A1-Piperidein entsprechende Verbindung XL stellt die cyclische SCHlFFSChe Base eines a-Hydroxyaldehyds dar. Derartige Verbindungen gehen nach HEYNS und STUMME 21) in der acyclischen Keihe mittels Saurekatalyse unter Umlagerung in Aminoketone uber. Der Primarschritt dieser Umlagerung ist, unter Voraussetzung eines Protonenmechanismus, eine Enolisierung. Nimmt man als Folgeschritt eine derartige Enolisierung von XL zum Enol XLI an, so konnen durch Allylabspaltung die Hydroxylgruppen am C-Atom 3 und am C-Atom 4 leicht abgespalten werden unter Aromatisierung zum 2-Aminomethyl-5-hydroxy-pyridin (XLIII).

Der vorgeschlagene Mechanismus laBt den EinfluB des C-Atoms 6 unberucksichtigt, welcher sicher nicht zu vernachlassigen ist. Bisher konnte die Reaktionsfolge nur mit 5.6-Diamino-hexosen und 5-Amino-6-nitro-hexosen durchgefuhrt werden. Beide be- sitzen am C-Atom 6 eine stark Elektronen anziehende Gruppe *).

B E S C H R E I B U N G D E R V E R S U C H E

I . 2- 0- C~clolre.uylidetr-6-desoxy-6-tiifro- D-gluco furunose ( I I) und I. 2- 0- Cycloliexyliden-6- desoxy-6-ni1ro-~-idofurutiose (Ill). - 78 g 1.2-O-C~clohexyliden-~-glucofurnnuse22) wurden in 500 ccm Methanol + 500 ccm Wasser gelost, abgekiihlt und unter Kiihlung bei lo" unter kraftigem Riihren 67 g NaJO4 in 600 ccm Wasser innerhalb von 30 Min. zugetropft. Es wurde bei Raumtemperatur weitergeriihrt, bis rnit KJ-Starke nur noch wenig Jodat nachzuweisen war (4 Stdn.). Die Salze wurden abfiltriert, die Losung i. Vak. verdampft und mit Methanol zur Entfernung des Wassers mehrmals nachgedampft. Der Riickstand wurde mit 500 ccm warmem Methanol ausgezogen, die methanolische Losung i. Vak. zum Sirup (74 g) eingeengt.

Der erhaltene Aldehyd I wurde in 800 ccm Methanol gelost, 81 ccm dest. Nitromethun und eine Losung von 9 g Nutrium in 300 ccm Methanol zugefiigt und 18 Stdn. im Eisschrank gehalten. Die Losung wurde i. Vak. auf 300 ccm eingeengt und rnit 200 ccm Wasser + 25 ccm Eisessig versetzt, wobei die Nitroverbindung sich z. T. als dl abschied. Es wurde Chloroform (600 ccm) zugegeben, gut geschiittelt und die waBrige Schicht nochmals mit 400 ccm Chloro- form in verschiedenen Portionen ausgeschuttelt. Die Chloroformlosung wurde zur Entfernung eines braunen Farbstoffes dreimal rnit 200 ccm Wasser ausgeschiittelt und mit CaClz getrock- net. Dabei kristallisierte bereits ein Teil von 111 mit CaC12 verunreinigt aus. Die abfiltrierte Substanz wurde zur Entfernung des CaClr in Wasser gelost. Es hinterblieben 4 g in Wasser unlosliche, praktisch reine 1.2-O-Cyclohex~lidet1-6-desoxy-6-nirro-~.-id~frirunose ( I I I ) ; um- kristallisierbar aus Athanol, Schmp. 160", [a]bo = -29.5" (c = 1, in Methanol).

C I ~ H ~ ~ N O ~ (289.4) Ber. C 49.83 H 6.62 N 4.84 Gef. C 49.80 H 6.62 N 4.55

Die Chloroformlosung wurde i. Vak. eingeengt und der erhaltene Sirup in wenig Benzol aufgenommen. Dabei kristallisierte ein Gemisch von If + I I I : 5 I g (58 %) ; Schmp. 105 - 130".

* J Atrnrerkirng bei der Kurrektrrr (23. 4. 1963): Inzwischen wurde 5-Amino-1.2-0-cyclo- hexyliden-5-desoxy-xylofuranose durch saure Hydrolyse in 3-Hydroxy-pyridin iiber- gefuhrt. Letzteres entstand durch dreifache Wasserabspaltung aus der Piperidinoseform der 5-Amino-5-desoxy-D-xylose. Dies zeigt, daD die Pyridinbildung allgemein fur 5-Amino- zucker charakteristisch ist.

21) K. HEYNS und W. STUMME, Chem. Ber. 89, 2833, 2844 (1956). 22) R. C. HOCKETT, R. E. MILLER und A. SCATTERGOOD, J. Amer. chern. SOC. 71,3072 (1949).

Page 14: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Aminozucker und deren Umwandlung in Pyridinderivate 179

[%]Lo = -14.5" (c = 1, in Methanol). Aus der Drehung ergab sich, daB die Kondensation zu einer Mischung von gluco- und ido-Verbindung im Verhaltnis von ca. 3 : 1 fiihrt. Durch mehr- faches Suspendieren in Benzol und Abtrennen der schwerer loslichen ido-Verbindung und Umkristallisation aus Benzol lieB sich die 1.2-0-Cyclohexyliden-6-desoxy-6-nitro-~-gluco- furunose (11) chromatographisch frei von ido-Verbindung erhalten. Schmp. 110- 115".

[ (XILO = -8.3" (c = 1, in Methanol). C12H19N07 (289.4) Ber. C 49.83 H 6.62 N 4.84 Gef. C 49.88 H 6.69 N 4.63

Die Trennung beider lsomeren war mittels Diinnschichtchromatographie an Kieselgel nach S T A H L ~ ) ) im Gemisch Benzol/lsoamylalkohoI (5 : 1) moglich: gluco-Verbindung RF = 0.60, ido-Verbindung RF = 0.56. Bespriihen rnit einem Gemisch aus 0.5 ccm Anisaldehyd, 0.5 ccm konz. H2S04 + 9 ccm Athanol und 10 Min. Erhitzen auf 90- 100" lieferte rote Flecken. Die IR-Spektren beider Verbindungen sind ahnlich. Bei der ido-Verbindung ist die Nitrobande (6.4 p) aufgespalten, deutliche Unterschiede treten irn Bereich von 12.8 p auf. Fur die weiteren Urnsetzungen war das aus Benzol kristallisierte Gemisch von gluco- und ido-Verbindung und gleichfalls der durch Einengen der benzolischen Mutterlauge erhaltliche restliche Sirup geeignet. Bei der Verarbeitung des Sirups, der nur schwach gelb sein soll, farben sich die Produkte der weiteren Stufen leicht dunkel, was auf jeden Fall verrnieden werden sollte. Die Ausbeuten an nachster Stufe sind jedoch bei Verwendung des Sirups keineswegs geringer als beim Einsatz der kristallisierten Mischung. Es kann daher die gesarnte Menge an erhaltenem Nitromethankondensationsprodukt fur die weiteren Stufen eingesetzt werden.

I.2-O-Cyclohexyliden-5-uldo- D-.rylopentodialdofuranose (I). - 50 g reinste I .bO-Cyclo- hexyliden-o-glucofuronose wurden, wie oben beschrieben, rnit 42.8 g NuJO4 gespalten. Nach Abtrennen der Salze durch Aufnehmen in Methanol wurde der Restsirup mehrmals mit Methanol eingeengt. Dabei fielen 10.8 g kristollisierte I .2-O-Cyclohexyliden-5-aldo-~- xylopentodialdofuranose (I) aus, wlhrend die Mutterlauge noch 37.0 g Sirup lieferte. Schmp. 188-191°, [a]'," = -14" (c = 1, in Methanol).

CllH1605 (228.2) Ber. C 57.88 H 7.07 Gef. C 56.70 H 6.97 Die kristallisierte Substanz liegt auf Grund des IR-Spektrums in der dimeren Form vor, denn das Spektrum zeigt keine Carbonylbande. Fur 1.2-O-Isopropyliden-5-aldo-~-xylopentodialdo- furanose ist bisher ebenfalls eine Dimerisierung aufgefunden worden24).

3.5- Di- 0 -acetyl- I .2- 0 - cyclohexyliden- 6-desoxy-6-nitro- 0-gluco Ibzw. L-ido)-furanose (IV bzw. V). - Fur die Weiterverarbeitung war das Gemisch der Nitrozucker der gluco- und ido- Verbindung I1 und 111, welches aus Benzol auskristallisierte, oder deren gut iiber P2O5 i. Vak. getrockneter Sirup aus der Benzolmutterlauge verwendbar. 43 g Nitrozuckergemisch I1 und III wurde in 1.5 I absol. Ather suspendiert und 240 ccm absol. Pyridin und 90 ccm Aceronhydrid zugefiigt. Die Lasung wurde 18 Stdn. im Eisschrank gehalten. Dann wurde rnehrmals rnit Wasser behandelt und mit verd. Essigsaure ausgeschiittelt, bis das Waschwasser sauer rea- gierte. AnschlieBend wurde die Essigsaure rnit NaHCO3-Losung entfernt. Nach Auswaschen rnit Wasser wurde die kherschicht mit CaClz getrocknet und i. Vak. zum Sirup (rnoglichst trocken) eingeengt. Der Restsirup wurde iiber P205 getrocknet. Ausbeute 53 g Sirup. Irn

23) E. STAHL, Chemiker-Ztg. 82, 323 (1958). 24) R. S. SCHAFFER und H. S . ISBELL, J. Amer. chem. SOC. 79, 3864 (1957).

12.

Page 15: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

180 H. PAULSEN Bd. 665

IR-Spektrum verschwand die OH-Bande bei 2.94 p, es traten dafiir die 0-Acetyl-Banden bei 5.87 p und 8.12 p auf.

3-0-Acet~l-1.2-0-cyclohexyliden-5.6-didesox~~-6-nitro-~-xylo-5-hexeno-furanose (VI). - 53 g Sirup des getrockneten acetylierten Nirrozuckergemisches I V und V wurden in 750 ccrn absol. Benzol gelast und unter kraftigern Ruhren mit 75 g gut vorgetrocknetem gepulvertem NaHCO3 3 Stdn. unter RiickfluD gekocht. Im IR-Spektrum (Film) traten die Olefinbanden bei 4.82 p und 6.00 p auf. Die Bande fur die nicht konjugierte Nitrogruppe bei 7.60 p war bis auf eine kleine Schulter vollig verschwunden, dafiir trat stark die Bande fur konjugierte Nitrogruppen bei 7.47 p auf. Der Film fur die IR-Aufnahme wurde hergestellt, indern die benzolische Losung auf eine NaCI-Platte getropft wurde, die so erhitzt war, dab das Losungsmittel augen- blicklich verdampfte. So wurde ein Spektrum erhalten, welches vollig frei von OH-Banden war, die sonst durch Spuren Wasser stets verursacht werden.

Chromatographisch lie0 sich in der Losung nur ein einheitliches Nitroolefin nachweisen. Drehung der Losung [ c x ] & ~ = +32.8" (c = 4.0). Die Salze wurden abfiltriert, die Losung wurde zur Trockne eingeengt. Es ergaben sich 47 g Nitroolefin VI als Sirup.

Urn zu priifen, ob die Essigsaureabspaltung bei der ido-Verbindung 111 und der gluco-Ver- bindung 11 zu cis-trans-lsomeren fiihrt, wurde die obige Reaktionsfolge mit reinen Verbindun- gen 11 und 111 nebeneinander durchgefiihrt und verglichen: 1 g 1.2-0-Cyclohexyliden-6-desoxy- 6-nirro-~-g~ucofuranose (11) (Schmp. 110- 112", [ a l l = -8.3") ergab ein Diacetat 1V von [a]ho = + 17.2". Dieses lieferte ein Nitroolefin V1 von [ C X ] ~ ~ = +33O. Die Ammoniak-Anlage- rung an das Nitroolefin V1 liefert ein Gernisch VII und VIIl von [a]ho = -7.0". - I g 1.2-0- Cyclohexyliden-6-desoxy-6-nitro-~-idofuranose (111) (Schmp. 160°, [a]b = -28.8") lieB sich in das Diacetat V mit der Drehung [a]bo = -15 .5" iiberfiihren, welches ein Olefin VI von [%]Lo = +37" lieferte. Die Ammoniak-Anlagerung ergab ein Gemisch VII und VlII von [a]'," = -5.5". Das auf beiden Wegen erhaltene Nitroolefin VI war im IR-Spektrum und Chromatogramm identisch. Das Verhaltnis der Ammoniak-Anlagerungsprodukte VII zu VIII war in beiden Reaktionsfolgen gleich und es ist daher nicht durch die Wahl des Ausgangs- produktes zu beeinflussen.

5-Aceramino-1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-6-nitro-~-glucofur~nose (VII) und 5-Acer- aniino-l.2-cyclohex~liden-5.6-didesoxy-6-nirro- I.-idofuranose (VIII). - 47 g Nitroolefin V I (Sirup) wurden in 700 ccm bei 0" mit Animoniak gesattigtem absol. Methanol unter Schiitteln gelost und 18 Stdn. im Eisschrank aufbewahrt. Ein geringer Niederschlag wurde abfiltriert und die Losung i. Vak. zum Sirup (49 g) eingeengt. Aus der Drehung [z]bO = -6.3" ergab sich, daD die Anlagerung des Arnmoniaks an das Nitroolefin zur ido- und gluco-Verbindung VllI und VII irn Verhaltnis ca. 3 : 2 erfolgte. Im IR-Spektrurn waren die 0-Acetyl-Banden ver- schwunden, dafur trat die OH-Bande bei 2.94 p und die Amid-Bande bei 6.00 p auf, was auf eine sirnultane Acylwanderung der Acetylgruppe von C-3 nach C-5 schlieOen IieB. Die konjugierte NOz-Bande bei 4.47 p war wieder nach 7.60 p verschoben. Der Sirup wurde in wenig Athanol gelost. Nach langerem Stehenlassen kristallisierten 4 g der schwerer loslichen ido-Verbindung VlIl in Nadeln aus. Weitere Kristalle lieBen sich aus dem Sirup, der aus ido- und gluco-Verbindung besteht, nicht direkt gewinnen, sondern nur durch Auftrennung iiber eine Kieselgelsiule. Die gluco- und ido-Verbindungen lieBen sich mittels Diinnschichtchroma- tographie an Kieselgel nach STAHL*~) in Essigester/Benzol (I0 : 1) ausgezeichnet trennen:

Page 16: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Aminozucker und deren Urnwandlung in Pyridinderivate 181

gluco-Verbindung VII RP = 0.76, ido-Verbindung VIII RP = 0.51. Anfarbung mit Anis- aldehyd/HzS04, wie oben beim Gemisch 11 und 111 beschrieben.

Mit dem gleichen Losungsmittelgemisch gelang eine Auftrennung des aus gluco- und ido- Verbindung bestehenden Sirups an Kieselgelsaulen. 800 g Kieselgel zur chromatographic (Typ E 0.15-0.30, GEBR. HERRMANN, Koln-Ehrenfeld) wurden in Essigester/Benzol (10 : I ) einen Tag vorgequollen und in eine Saule (0 9 cni, Lange 32 cm) eingeschlammt. Es wurde rnit 1 I Lbsungsmittel vorgewaschen und der getrocknete Sirup (14 g) in mSglichst konzen- trierter Essigester-Benzol-Lbsung auf die Saule gegeben und mit Essigester/Benzol (10 : 1) zugig eluiert. Sobald die braun gefarbte Front im Durchlauf erschien, wurden 25ccm-Frak- tionen aufgefangen und die Fraktionen mittels Dunnschichtchromatographie uberpriift. 25 Fraktionen (625 ccm) enthielten ein dunkel gefarbtes Nebenprodukt. Die weiteren 20 Fraktionen (500 ccm = Frakt. 11) enthielten reine gluco- Verbindung Vll, weitere 25 Fraktionen (625 ccm = Frakt. I l l ) die reine ido- Verbindung VIII,

Beim Einengen der Frakr. I1 zum flussigen Sirup erfolgte alsbald Kristallisation der 5-Acer- amino-1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-6-nirro-~-glucofuranose (VII ) . Die Kristalle wurden mit Essigester/Petrolather (1 : 1) verruhrt, abgesaugt und gewaschen. Ausbeute 2.1 g. Nach Umkristallisation aus Essigester/Petrolather (2: 1) Schmp. 172--173", [alp = +23.8" (c = 1, in Methanol).

C14H22N~07 (330.3) Ber. C 50.89 H 6.71 N 8.48 Gef. C 50.62 H 6.72 N 8.50

Aus Frakf. I l l schieden 'sich beim Einengen auf 20 ccm Kristalle von S-Acerumino-I.2-0- cyclohexyliden-5.6-didesoxy-6-nirro-~-idofuranose (VIII) ab. Ausbeute 2.0 g, Schmp. 180 bis 181". Aus der Mutterlauge wurden durch Einengen auf 3 ccm weitere 0.6 g erhalten. Nach Umkristallisation aus Essigester/Petroliither ( 5 : 1) Schmp. 181 - 182", [a]hl = -29.3" (c = 1, in Methanol).

C14H~zN207 (330.3) Ber. C 50.89 H 6.71 N 8.48 Gef. C 50.89 H 6.90 N 8.18

Die Mutterlaugen der Umkristallisation wurden bei weiteren Saulentrennungen w i d e r mit eingesetzt, wobei hbhere Ausbeuten an der leichter lbslichen gluco-Verbindung erhalten wurden.

150 g 1.2-O-Cyclohexyliden-~-glucofuranose wurden auf dem beschriebenen Wege in I 1 5 g Sirup [5-Acetamino-l.2-O-cyclohexyliden-o-gluco- und -L-idofuranose (VII und VIII)] uber- gefuhrt. Dieser ergab in 8 Saulentrennungen 33.7 g ido-Verbindung Vlll und 19.8 g gluco- Verbindung VII (Gesamtausbeute 48.5 g = 42% des Sirupgemisches bzw. 26% d. Th.. ber. auf 1.2-O-Cyclohexyliden-~-glucofuranose).

5-Aceramino-6-amino-I .2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-~-idofuranose-hydrochlorid (XIII). - 3 g 5-Acefamino-l.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-6-nirro- L-idofuranose (VIII) wurden mit 1.5 g Pro2 in 900ccm Wasser nach Zugabe von 90 ccm 0.1 n HCI ( 1 Aquiv.) hydriert. In 3 Stdn. waren 620 ccm Wasserstoff aufgenommen. Es wurde filtriert, verdampft und in 20 ccm Athanol aufgenommen. Es kristallisierten 2.2 g Hydrochlorid XI11 aus, Schmp. 194- 199". Nach Einengen und Zugabe von etwas Essigester wurden weitere 0.4 g, Schmp. 194'. erhalten. Gesamtausbeute 2.6 g (85%). Umkristallisation aus Athanol. [a]$ = -41.2" (c = I , in Methanol).

C ~ ~ H ~ ~ N Z O ~ . H C I (336.8) Ber. C 49.92 H 7.49 N 8.32 Gef. C 49.81 H 7.69 N 6.45

Page 17: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

182 H. PAULSEN Bd. 665

Die Hydrierung lieD sich auch ohne Gegenwart von Salzsaure durchfuhren. Man erhielt nach dem Einengen einen Sirup, der mehrmals mit Athanol abgedampft wurde. Der Sirup kristallisierte dann im Eisschrank in 24 Stdn. durch und ergab die freie Base yon XIlI. Schmp. 143 - 145".

5-Acetanrino-6-amino- 1.2- 0-cyclohexyliden-5.6-didesoxy- ~-glucofuranose-hydrochlorid ( IX) . - 3 g 5-Aceramino-I.2-O-cyclohexyliden-5.6-dideso.~y-6-nitro- D-glucofiranose (VII) wur- den in 900 ccm Wasser suspendiert und mit 1.5 g Pi02 unter Zusatz von 90 ccm 0.1 n HCI hy- driert. Nach 5 Stdn. waren 610 ccrn Wasserstoff aufgenommen. Es wurde i. Vak. eingeengt, mit Carboraffin geklart und zum Sirup eingeengt, der in Athanol aufgenommen wurde. Nach nochmaligem Einengen wurde der Sirup in 5 ccm warmem Athanol gelost und mit 15 ccm Essigester versetzt. Es wurde Ather (3 ccrn) zugefugt und stark geschuttelt, bis sich die Aus- fallung wieder vollig loste. Nach einigen Stunden kristailisierte das Hydrochlorid. Ausbeute 2.2 g 1- 0.3 g aus der Mutterlauge, insgesamt 2.5 g (82%). Schmp. 143--148", [a]iO = +24.9" (c = 1 , i n Methanol).

C ~ ~ H ~ ~ N ~ O S . H C I (336.8) Ber. C 49.92 H 7.49 N 8.32 Gef. C 49.65 H 7.60 N 7.87

5.6-Diaceramino-1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy- L-idofuranose (XIV). - 6 g 5-Acer- ~mino-1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-6-nirro- L-idojiiratrose (VIlI) wurden in 1 I Wasser suspendiert und mit 3 g Pro2 hydriert. Nach 3 Stdn. waren 1350 ccm Wasserstoff aufgenom- men. Es wurde i. Vak. eingeengt, mit Carboraffin e n t k b t und mehrmals mit Methanol nachgedampft. Der trockene Sirup wurde in 30 ccm Methanol gelost, Aceranhydrid (3 ccm) unter Kuhlung zugegeben und uber Nacht im Eisschrank gehalten. Dann wurde mit Wasser verdunnt und durch Schutteln mit Ionenaustauscher IR 45 (OH'-Form) entsauert. Die wan- rige Losung wurde i. Vak. eingeengt und mit Carboraffin geklart. Beim weiteren Einengen schied sich ein Kristallbrei ab. Ausbeute 5.44 g (79%) an Diacetamino-Verbindung XIV, die aus wenig Wasser als Dihydrat kristallisiert; Schmp. 110--114", talkz = -11.6" (c = I , in Methanol).

C16H26N206.2 H2O (378.4) Ber. c 50.72 H 7.93 N 7.40 H2O 9.52 Gef. 50.25 7.66 7.42 9.01

5.6-Diocetamino- 1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-~-glricofuranose (X). - 6 g 5-Acetumino- I .2-O-cyclohexylidetr-5.6-didesoxy-6-nitro- ~-glucofuranose (VII) wurden in 1 I Wasser suspen- diert und mit 3 g P 1 0 2 hydriert. In 6 Stdn. wurden 1250 ccm Wasserstoff aufgenommen. Es wurde i. Vak. eingeengt, mit Carboraffin entfarbt und mehrmals mit Methanol zur Trockne eingeengt. Dann wurde in 30 ccm Methanol gelost, unter Kuhlung Acetanhydrid (3 ccm) zugegeben und uber Nacht im Eisschrank gehalten. Es wurde mit Wasser verdunnt, mit Ionenaustauscher 1R 45 (OH"-Form) entsauert und zum dunnen Sirup eingeengt, welcher alsbald kristallisierte. Ausbeute 5.0 g (81 %). Schmp. 152- 154" (aus wenig Wasser). [a]bD = +35.0" (c = 1 , in Wasser).

Cl6H26N206 (342.4) Ber. C 56.12 H 7.65 N 8.18 Gef. C 55.90 H 7.65 N 7.88

5.6-Diacetamino-5.6-didesoxy- L-idofuranose (XV). - 1 g 5.6-Diacetamino-1.2-0-cyclohexy- liden-5.6-didesoxy-~-idofuranose-dihydrat (XIV) wurden in 10 ccm 1 n Salzsaure 3 Tage bei Raumtemperatur hydrolysiert (nahezu alle Substanz war dann gespalten). Es wurde verdunnt und mit so vie1 Austauscher 1R 45 (OH'-Form) geschuttelt, daB gerade die Saure gebunden

Page 18: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Aminozucker und deren Umwandlung in Pyridinderivate 183

wurde, i . Vak. eingeengt und rnit Carboraffin entfarbt. Der Restsirup wurde in wenig Metha- nol heiD gelost und, wenn notwendig, schnell von Ungelostem abfiltriert. Aus dem Filtrat schieden sich nach eintagigern Stehenlassen irn Eisschrank 220 mg (32 %) verfilzte feine Nadeln ab. Schmp. 170-174" (aus Methanol), [.*]Lo = + 11.6" (c = 1, in Wasser). Eine Mutarotation konnte nicht beobachtet werden.

CloHl8N206 (262.3) Ber. C 45.79 H 6.92 N 10.68 Gef. C 45.39 H 6.96 N 10.55

Die Hydrolyse lieD sich durch Diinnschicht- und Papierchromatographie verfolgen. Diinn- schichtchromatographie erfolgte rnit Essigester : lsobutanol : Wasser = 80 : 20 : 5 . Bespriiht wurde rnit 4-proz. Losung von N.N'-Dimethyl-p-phenylendiarnin in 20-proz. Schwefelsaure (Erhitzen auf 1 10" gibt braune Flecken) : 5.6-Diacetamino-l.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy- L-idofuranose (XIV) RP = 0.4; 5.6-Diacetamino-5.6-didesoxy-~-idofuranose (XV) RF = 0.05. Papierchromatographie erfolgte mit Butanol : Eisessig : Wasser = 70 : 7 :23 (Anfarben rnit ammoniakalischer Silbernitrat-Losung); Diacetaminoverbindung XV: RP = 0.3.

Die Verbindung XV reagierte in der Kalte nicht mit fuchsinschwefliger Saure und nicht rnit FEHLINc-L6sung. Im IR-Spektrum (in KBr und in I-proz. Methanollosung) waren keine Carbonylbanden zu erkennen, die Aldehydgruppen zuzuordnen waren. Die Carbonylbande der Amidgruppe war vorhanden.

5.6-Diaceramino-5.6-didesoxy- ~-glucofuranose (XI). - 0.8 g 5.6- Diacetaniino-1.2-0-cyclo- hexyIiden-5.6-didesoxy-~-glucofiiranose (X) wurden rnit 8 ccrn I n Salzsaure 3 Tage bei ca. 20" hydrolysiert. Die Losung wurde verdiinnt, durch Schiitteln rnit 1R 45 (OHe-Forrn) entsauert und i. Vak. eingeengt. Durch mehrfaches Abdarnpfen rnit Athanol wurde eine amorphe Substanz (0.6 g) erhalten. [a]&o = +15.2" (c = I , in Wasser).

C10H18NZ06 (262.3) Ber. C 45.79 H 6.92 N 10.63 Gef. C 46.90 H 7.32 N 9.93

Die Verbindung XI reagierte in der Kalte weder rnit FEHLING-LoSUng noch mit fuchsin- schwefliger Saure. Im IR-Spektrum (in KBr und in Methanollosung) war keine Aldehyd- Carbonylbande vorhanden.

Hydrolyse von 5-Aceramino-6-aw1itio-1.2-O-cyclohex~liden-5.6-didesoxy-~-idofuranose (XIII ) zu 2-Aminomrthyl-5-hydroxy-pyridin (XIX) : 1 g 5-Aceramino-6-a~iino-l.2-O-cyclohexyliden- 5.6-didesoxy-L-idofuranose-hydrochlorid (XIII) wurde rnit 8 ccrn I n HCI 2.5 Stdn. bei 70" hydrolysiert. Chromatographisch war nur XIX als Reaktionsprodukt nachzuweisen. Die Losung wurde iiber eine kleine Saule von 55 ccm Austauscher I R 45 (OHe-Form) gegeben. Es wurde gut nachgewaschen, bis die durchlaufende alkalische Losung vollig neutral war. Durchlauf und Waschwasser wurden eingeengt, mit Carboraffin entfarbt und bei 30" i. Vak. stark konzentriert, wobei sich 135 mg Kristalle abschieden. Durch Einengen der Mutterlauge und Versetzen mit Athanol wurden weitere 28 rng erhalten. Ausbeute 163 mg (35 %), Schmp. 157- 160". Die Verbindung kristallisiert aus wenig heiBem Wasser als Dihydrat. 22.5% H20 wurden iiber P205 bei 40' abgegeben.

CsH8N20 (124.1) Ber. C 58.06 H 6.48 N 22.57 Gef. C 57.55 H 6.25 N 22.19

Die Verbindung XIX gab mit FeC13-Losung schwache Rotfarbung und rnit diazotierter Sulfanilsaure einen roten Farbstoff. Mit NaNO2 erfolgte sofort Nz-Entwicklung. Eine Be- stimrnung nach VAN SLYKE in der Modifikation nach K A I N Z ~ ~ ) ergab 1 Mol Nz auf 1 Mol Base.

2 5 ) G. KAINZ, Mikrochim. Acta [Wien] 1953, 349.

Page 19: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

184 H. PAULSEN Bd. 6 6 5

Das Molekulargewicht ergab sich rnassenspektrornetrisch zu 124; nach rnehrmaligem Ab- dampfen rnit DzO betrug es 127. Die Verbindung enthielt dernnach drei aktive Wasserstoff- atome. - Die Bestirnrnung der pK-Werte erfolgte UV-spektroskopisch aus den Bandenver- schiebungen bei verschiedenen pH-Werten. Fur die erste Dissoziationsstufe des 2-Amino- methyl-5-hydroxy-pyridins ergab sich pK = 7.4, fur die zweite Dissoziationsstufe pK = 1.9. - Das NMR-Spektrurn wurde in D2O rnit dem Gerat VARIAN A 60 aufgenomrnen. Die aus- tauschbaren H-Atome wurden vorher durch Abdampfen rnit D2O entfernt.

Salicyliden-2-aminome1hyl-5-hydroxy-pyridin. - 20 mg 2-Aminomethyl-5-hydroxy-pyridin (XIX) wurden in 0.5 ccm Athanol heiR gelost und nach dem Abkiihlen 30 mg frisch destillierter Salicylaldehyd zugefiigt. Uber Nacht im Eisschrank schieden sich gelbe Kristalle ab. die sich beim Einengen der LBsung verrnehrten. Diese wurden abfiltriert und rnit Petrolather ge- waschen. Ausbeute 10 rng, Schrnp. 173-175".

C13HlrN20 (228.2) Ber. C 68.42 H 5.30 N 12.28 Gef. C68.04 H 5.68 N 12.58

4-Chlor-5-me1hoxy-2-phthalimidome1hyl-pyridin (XXXI). - 6.25 g 4- Chlor-2-chlormerhyl-5- methoxy-pyridin (XXX, Schmp. 67-68") wurden mit 6.0 g frisch dargestelltern gepulvertem Kaliumphthalimid in 750 ccm trockenem Aceton 24 Stdn. kraftig unter RuckfluR erhitzt. Abgeschiedenes Kaliumchlorid und unverandertes Kaliumphthalimid (1.9 g) wurde abfiltriert und die Losung i. Vak. verdarnpft. Der Ruckstand wurde in Wasser suspendiert, abfiltriert, rnit Wasser gewaschen und aus 270 ccm Athanol urnkristallisiert: 5.2 g (53 %) Kristallblattchen vorn Schmp. 177-179".

C I ~ H ~ ~ C I N Z O ~ (302.6) Ber. C 59.53 H 3.66 N 9.26 C1 11.71 Gef. 59.67 3.65 9.20 11.70

2-Ph1halimidomethyl-5-methoxy-pyridin (XXXII). - 1.2 g 4-Chlor-5-me1hoxy-2-phthalimido- methyl-pyridin (XXXI) wurden unter Envarmen in 1 I Methanol geltist; nach dem Abkiihlen wurde 1 g 10-proz. Pd-Kohle (DEGUSSA) und waRrige 0.25-proz. NH3-LBsung (35 ccm) zuge- fugt und hydriert, bis die theoretische H2-Menge aufgenomrnen war (8 Stdn.). Die Lbsung wurde verdampft, der Riickstand rnit Wasser gewaschen und aus Athanol umkristallisiert. Ausbeute 750 mg (70%), Schrnp. 162-163".

C I ~ H ~ ~ N Z O ~ (268.3) Ber. C 67.15 H 4.51 N 10.44 Gef. C 67.42 H 4.48 N 10.44

2-Aminomethyl-5-hydraxy-pyridin (XXXIII). - 1 g 2-Phthalimidame~hyl-5-methoxy-pyridin (XXXII) wurde rnit 2 ccm 40-proz. Eramwasserstoffsoure 3 Stdn. bei 170" im EinschluR- rohrchen hydrolysiert. Beim Abkiihlen schied sich Phthalsaure aus, die abfiltriert und gut ausgewaschen wurde. Die Losung wurde durch Schiitteln rnit Austauscher IR 45 (OH"-Form) neutralisiert. Zur Freisetzung der Base wurde rnit so vie1 AgzC03 geschiittelt, bis alle Bre- Ionen entfernt waren. Dann wurde i. Vak. eingeengt, rnit Carboraffin entfirbt und stark konzentriert, bis sich Kristalle (1 10 rng) abschieden. Urnkristallisation aus wenig Wasser ergab 55 mg (10%) 2-Aminornethyl-5-hydroxy-pyridin (XXXIII). welchcs identisch war mit dern Hydrolyseprodukt von XIII. Hydrolyse von 5- Acetamino- I .2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-6-nitro- L-id0 furanose (VIII) zu

5-H.~droxy-2-nitromethyl-pyridin (XVIII): 3 g Nirrozucker VIII wurden rnit 30 ccrn 1 n HCI bei 70" hydrolysiert (40 Min.). Wurde die Substanz gut verrieben, so trat nach 10 Min. vollige AuflBsung ein. Die gelbe Losung wurde verdiinnt, durch Schiitteln rnit Austauscher I R 400 (CO$e-Form) neutralisiert, i. Vak. eingeengt, rnit Carboraffin geklart und stark konzentriert,

Page 20: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Aminozucker und deren Umwandlung in Pyridinderivate 185

wobei sich 80 mg (6%) gelbe Kristalle abschieden. Die chromatographisch reine Substanz verkohlt ab 190", ohne zu schmelzen.

CsH6N203 (154.1) Ber. C46.76 H 3.92 N 18.18 Gef. C47.19 H 3.91 N 17.48 Die Mutterlauge der Kristalle enthielt neben XVIII reichlich XVII und weitere Neben-

produkte; sie wurde zur Gewinnung von XVII, wie unten beschrieben, durch Chromatographie an Cellulosesaulen aufgetrennt.

Hydrierung von 5-Hydroxy-2-nitromethyl-pyridin (X V I I I ) : 20 mg umkristallisierte Verbin- dung X V I I I wurden in 2 ccm Wasser gelost und mit Pro2 hydriert. Nach 10.8 ccm H2-Aufnahme wurde abfiltriert, i. Vak. eingeengt, rnit Carboraffin geklart und konzentriert. Nach Animpfen mit XIX schieden sich 5 mg Kristalle ab. Diese erwiesen sich als identisch mit 2-Aminomethyl- 5-hydroxy-pyridin (XIX). 5-Acetamino-5.6-didesoxy-6-nitro-~-idofuranose (XVII). - 2 g 5-Acefamino-I .2-cyclohexy-

liden-5.6-didesoxy-6-nitro-~-idofuranose (VIII) wurden gut gepulvert und mit 20 ccm 1 n Sulz- saure bei 70" unter mehrfachem Umriihren 25 Min. hydrolysiert. Die klare Losung wurde ver- dunnt, durch Schutteln rnit Austauscher IR 400 (CO+Form) entsauert und i. Vak. eingeengt. Der Sirup wurde in wenig Wasser gelost und in einer gerade ausreichenden Menge Cellulose- pulver aufgesogen. Dieses wurde uber PzOs getrocknet, gepulvert, mit wassergesattigtem Buta- no1 aufgeschlammt und in sauberer Schicht auf eine Cellulosesaule (WHATMAN, standard grade) von 0 35 mm und Lange 650 mm aufgebracht. Das Cellulosepulver war mit wassergesattigtem Butanol vorgequollen, sorgfaltig eingeschlammt und vorgewaschen worden. Die Elution er- folgte mit wassergesattigtem Butanol. Sobald die gelbgefarbte Front aus der Saule austrat, wurden mittels eines Fraktionssammlers (LKB Radi Rac) Fraktionen von 10 ccm aufgefangen und chrornatographiert. Die Chromatogramme wurden rnit Ninhydrin, ammoniakalischer AgNO3-Ldsung und mit 10-proz. KOH in Aceton/Wasser (2 : 1) bespruht. Nitroverbindungen geben mit dem letzteren Reagenz beim Erhitzen auf 110" rotbraune Flecken. Die Fraktionen wurden nach den Chromatogrammen (Laufmittel Butanol : Essigsaure : Wasser = 70 :7 :23) vereinigt und i. Vak. eingeengt. Die Hydrolysenlbsung enthielt 4 verschiedene Substanzen, welche in 4 Fraktionen aufgetrennt werden konnten : Froktion I enthielt eine gelb gefarbte Substanz, RF = 0.95 (Ninhydrin gelb, KOH anfarb-

bar), die identisch mit 5-Hydroxy-2-nitromethyl-pyridin (XVIII) war. Aus dem dunkel ge- farbten Sirup lieDen sich keine Kristalle gewinnen.

Fraktion 2 ergab einen Sirup. Die erhaltene Substanz, RF = 0.65, war mit ammoniakalischer AgNO3-LBsung chromatographisch anfarbbar, reagierte nicht mit Ninhydrin und KOH. Sie enthielt keine hydrierbare Nitrogruppe mehr und war gegen weitere Behandlung rnit 1 n HCI bestandig. Sie stellt demnach keine Zwischenstufe bei der Bildung von XVlII dar.

Fraktion 3 kristallisierte beim Einengen der Butanollosung aus. Ausbeute 280 mg 5-Acet- aniino-5.6-didesoxy-6-nitro-~-idofuranose (XVII), RF = 0.35, Schmp. 128- 130". Umkristalli- sierbar aus wenig Athanol. [a]Lo = -52" (c = 1, in Methanol).

CsH14N207 (250.2) Ber. C 38.40 H 5.64 N 11.20 Gef. C 38.36 H 5.81 N 10.73

Die Verbindung XVII ist anfarbbar mit ammoniakalischer AgNO3-Losung und KOH, nicht mit Ninhydrin. Bei Einwirkung von I n HCI bei 70" wurde XVlI sehr schnell in ein Gemisch von 5-Hydroxy-2-nitromethyl-pyridin (XVIII) und den Substanzen der Fraktionen 2 und 4 umgewandelt. XVII ist daher Ausgangsprodukt fur die weiteren Sekundarprodukte.

Page 21: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

186 H. PAULSEN Bd. 665

Die Hydrierung von XVlI lieferte eine Substanz, die chromatographisch rnit S-Aceramino-6- amino-5.6-dideso.uy-~-idose (XVI) identisch war.

Der Nitrozucker XVll reagierte in der Kalte nicht mit FEHLING-Losung, fuchsinschwefliger Saure oder mit ammoniakalischer AgNO3-Losung. Er zeigte irn IR-Spektrum keine Carbonyl- bande.

Frci!i/ion 4: Die Substanz (RF = 0.1 5) erwies sich als schwer loslich in Butanol und kristalli- sierte beim Einengen aus. Sie war nur schwach rnit ammoniakalischer AgNO3-Losung anfarb- bar, dagegen gut rnit KOH. Die Verbindung enthielt eine Nitrogruppe, welche sich hydrieren IieR. Dabei wurde eine mit Ninhydrin und ammoniakalischer AgNO3-Losung kraftig reagie- rende Substanz erhalten. Die Struktur der Verbindung wurde nicht geklirt. Ausbeute 100 rng, Schrnp. I25 - I27", umkristallisierbar aus Athanol.

Gef. C 38.64 H 5.52 N 10.47

5-Acetui~1ino-3.6-at1ltydro-1.2-O-cyclohexyliden-S-desoxy-~-idofrranose (XXII). - 2.5 g S-Acetontino-6-amino- I. 2- 0-cyclohe.uyliden-5-desoxy- I.-ido furanose-hydrochlorid (XI I I) w urden in 10 ccni Wasser gelost, 350 mg wasserfreie Oxalsuure zugegeben und unter guter Kuhlung in Portionen 550 rng NmNOz unter Schiitteln hinzugefigt, wobei Nz-Entwicklung und Triibung der Losung eintrat. Nach 24stdg. Aufbewahren irn Eisschrank wurde abfiltriert, rnit 5 ccm Wasser verdiinnt und nochmals 170 mg wasserfreie Oxalsaure und 280 mg NaNOz unter Kiihlung zugefiigt, wobei nach 24 Stdn. Aufbewahren irn Eisschrank eine zweite Fraktion erhalten wurde. Das Produkt (1.1 g) wurde rnit 20ccm Athanol behandelt, wobei Natrium- oxalat ungelost blieb. Die Athanollosung wurde verdampft und der Riickstand (0.7 g) aus heiRem Wasser unter Zusatz von Carboraffin urnkristallisiert. Ausbeute 0.3 g weiOe Blattchen, Schrnp. 167--170", [!~]6~ -O' (c = 1, in Methanol). Die Substanz wies im 1R-Spektrurn keine OH-Bande mehr auf.

C ~ ~ H Z I N O ~ (283.3) Ber. C 59.35 H 7.47 N 4.95 Gef. C 59.54 H 7.65 N 4.86

Die wanrige Murterluuge der Desaminierungslosung zeigte im Diinnschichtchromatogramrn (Kieselgel nach S T A H L * ~ ) ) im Laufmittel Essigester/Isobutanol/Wasser (40 : 5 : I ) folgende Flecken (Anfiirbung: Anisaldehyd-HlS04) : Wenig, in Wasser schwer losliche 3.6-Anhydro- Verbindung XXII, RF :: 0.72, unveriindertes Ausgangsmaterial XIII, RF = 0.02, und in geringer Menge 5-Acetamino-l.2-O-cyclohexyliden-5-desoxy-~-idofuranose, RF = 0.59, das direkte Desaminierungsprodukt von XI11.

5-Acerc1nrit1o-3-O-nceryl-1.2-O-ryclolie.uyliden-5.6-didesoxy-6-ni~ro-~-idofurut~ose (XX). - 1 g 5-Are1ontino-I.2-O-cvc/o/le.uyliden-5.6-didesoxy-6-ni~ro-~-ido~irunose (VIII) wurden in 30 ccm absol. Ather suspendiert und 2 ccrn Acetanhydrid und 5 ccm P-vridin zugesetzt. Unter Schiitteln ging die Substanz in Losung. Es wurde 24 Stdn. irn Eisschrank gehalten. Der Ather wurde i. Vak. abgezogen, der Riickstand mit 30-40 ccm Essigester verdiinnt und zweimal rnit 20 ccni Wasser ausgeschiittelt. Es wurden weitere 20 ccrn Wasser zugegeben, die Wasser- schicht mit Essigsaure schwach angesauert und geschuttelt, urn das Pyridin moglichst zu entfernen. Nach Waschen rnit 20 ccm Wasser wurde rnit 20 ccrn NaHCO3-Losung geschiittelt, der man bis zum volligen Entsauern festes NaHCO3 zugab, und rnit 20 ccrn Wasser nachge- waschen. Das 3-O-Acetal XX ist wasserl8slich, daher treten bei groReren Waschwasserrnengen Verluste ein. Die Essigesterschicht wurde rnit CaC12 getrocknet und i. Vak. eingeengt. Es

Page 22: Darstellung von 5-Aminozuckern und deren Umwandlung in Pyridinderivate

1963 5-Arninozucker und deren Urnwandlung in Pyridinderivate 187

hinterblieb eine arnorphe blattrige Masse. Ausbeute 1.0 g (89>;), [z]LO -= -26.5" (c = I, i n Methanol).

Cl6H24N208 (372.4) Ber. C 51.60 H 6.50 N 7.52 Gef. C 51.74 H 6.65 N 7.69

5- Acetomino-3- 0-acetyl-6-amino- 1.2-O-cyclohexyliden-5.6-didesoxy-r-idofur~nose-hydro- chlorid (XXI). - 1.5 g 5-Acefan1ino-3-O-~cefyl-1.2-O-cyclohexylidet1-5.6-didesoxy-6-nitro-~- idofuranose (XX) wurden in 400 ccrn Wasser + 41 ccrn O.ln HCI ( 1 Aquiv.) rnit 0.6 g PtO2 hydriert. In 4 Stdn. wurden 290 ccrn H2 aufgenornrnen. Nach Filtrieren wurde i. Vak. einge- engt und in 10 ccrn Athanol gelost. Im Eisschrank wurden 0.77 g Kristalle erhalten, Schrnp. 215-217" (Zers.). Die Mutterlauge ergab eine zweite Fraktion von 0.30 g. Gesarntausbeute 1.07 g (71 %), [a]Lo = -33.3" (c = 1, in Methanol).

C I ~ H ~ ~ N ~ O ~ . H C I (378.9) Ber. C 50.72 H 7.18 N 7.40 Gef. C 50.73 H 7.28 N 7.18

Die Desominierung von XXI rnit NaNO2 bei Gegenwart von Oxalsaure lieferte nach dern Dunnschichtchrornatograrnrn neben der Anhydro- Verbindung XXII in kleinerer Menge 5-Ace~amino-3-O-acetyl-l .2-O-cyclohex).l- ~-idofurcrnose, welche sich rnit rnetha- nolischern Arnrnoniak zu 5-Acetarnino-l.2-O-cyclohexyliden-5-desoxy-~-idofuranose verseifen IieB.

5-Amino-3.6-anh.vdro-5-desoxy- L-idofuranose (XXIII). - 0.2 g 5-Acetamino-3.6-anhydro-l.2- O-cyclohexyliden-5-desoxy-~-idofuranose (XXII) wurden rnit 2 ccrn In HCI 4 Stdn. bei 80" hydrolysiert. Die Hydrolyse war dann praktisch beendet, denn die Losung enthielt neben einer geringen Menge 5-Acetarnino-3.6-anhydro-5-desoxy-~-idose ( R B = 0.6) nur 5-Amino-3.6- anhydro-5-desoxy-~-idose (XXIII) (RF = 0.1 5). welche rnit Ninhydrin und arnrnoniakalischer AgNO3-Losung reagierte (Butanol : Essigsaure : Wasser -2 70 : 7 : 2.3). Die @-Ionen wurden rnit Austauscher IR 45 (OHe-Forrn) entfernt und die Losung nach Entfarbung niit Carboraffin i. Vak. eingeengt. Der Sirup wurde in Methanol gelost. Eine Vorfallung rnit Athanol wurde abzentrifugiert, dann die Hauptrnenge rnit Athanol und Ather als arnorphe Substanz gefallt; Ausbeute 50 rng. Irn IR-Spektrurn zeigte sich keine Carbonylbande.

C ~ H I I N O ~ (161.2) Ber. C 44.71 H 6.88 N 8.69 Gef. C 43.60 H 6.91 N 8.58