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Z. anorg. allg. Chem. 618 (1984) 129-136 J. A. Barth, Leipzig Darstellung von trans-[Pt(N3),XJ2- (X = Br, I, SCN, SeCN) durch oxidative Addition an [Pt(N3)J2- in organischen Losungsmitteln W. PREETZ" und A. GRABOWSKI Kie 1, Institut fur Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitat Professor Robert Juza zum SO. Geburtstage am 8. Dezember 1984 gewidmet Inhaltsubersicht. Durch oxidative Addition an in Dichlormethan gelostem (TBA),[Pt(N,),] entstehen trans-(TBA),[Pt(lY,),X,), X = Br, I, SCN, SeCN; TBA = Tetrabutylammonium. Die Schwingungsspektren der Komplexsalze werden entsprechend der Punktgruppe D4h zugeordnet. rlus dem Resonanz-Raman-Spektrum von trans-(TBA),[Pt(N,),I,] werden die harmonische Frequenz w1 von v(Pt-I), Alg, zu 138,50 cm-l und die Anharmonizitatskonstante xll = 0,27 cm-' berechnet. Die UV/VIS-Spektren sind durch intensive n(N,X) -> aIg,blg(Pt)-CT-ifbergange gepragt. Preparation of tran~-[Pt(N3)~X~]~- (X = Rr, I, SCN, SeCN) by Oxidative Addition to [Pt(N3)J2- in Organic Solvents Abstract. By oxidative addition to (TBA),[Pt(N,),], dissolved in dichlormethane, trans- (TBA),[Pt(N,),X,], X = Br, I, SCN, SeCN; TBA = Tetrabutylammonium, are formed. The vibra- tional spectra of these salts are assigned according to point group D , . From the resonance Raman spectrum of tran~-(TBA),[Pt(N~)~1~] the harmonic vibrational frequency o1 of v(Pt-I), A,,, is calcu- lated to be 138.50 cm-l and the inharmonicity constant xil = 0.27 cm-1. The characteristical feature in the UVjVIS spectra is caused by intensive .z(N,X) + aIg, b,,(Pt) CT transitions. Einleitung [Pt(N3)J2- und [Pt(N3)J- sind in Form der Tetraphenylarsonium-Salze bereits 1967 von BECK u. Mitarb. dargestellt und durch IR- und Elektronen- spektren charakterisiert worden [I]. Die Azido- sowie andere Tetra- bzw. Hexa- pseudohalogenoplatinate(I1) bzw. -(IV) sind spater schwingungs- [ 2 - 81 und UV/ VIS-spektroskopisch [ 3, 7 - 91 intensiv untersucht worden. Die entgegen iilteren Berichten [ 10- 121 bei der Oxidation von quadratisch-planaren PtII- Komplexen in wafirigen Losungen haufig auftretenden Umlagerungen lassen sich durch Arbeiten im wasserfreien Medium ausschalten [13, 141. So gelang kiirzlich diestereospezifische Darstellung von tran~-[Pt(ox),X,]~-, X = C1, Br, I, SCN, OH, durch oxidative Ligandenaddition an [P~(ox),]~- in Dichlormethan [14]. In der vorliegenden Arbeit wird uber entsprechende Reaktionen an (TBA),[Pt(N,),] zur

Darstellung von trans-[Pt(N3)4X2]2− (X = Br, I, SCN, SeCN) durch oxidative Addition an [Pt(N3)4]2− in organischen Lösungsmitteln

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Z. anorg. allg. Chem. 618 (1984) 129-136 J. A. Barth, Leipzig

Darstellung von trans-[Pt(N3),XJ2- (X = Br, I, SCN, SeCN) durch oxidative Addition an [Pt(N3)J2- in organischen Losungsmitteln

W. PREETZ" und A. GRABOWSKI

K i e 1, Institut fur Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitat

Professor Robert Juza zum SO. Geburtstage am 8. Dezember 1984 gewidmet

I n h a l t s u b e r s i c h t . Durch oxidative Addition an in Dichlormethan gelostem (TBA),[Pt(N,),] entstehen trans-(TBA),[Pt(lY,),X,), X = Br, I , SCN, SeCN; TBA = Tetrabutylammonium. Die Schwingungsspektren der Komplexsalze werden entsprechend der Punktgruppe D4h zugeordnet. rlus dem Resonanz-Raman-Spektrum von trans-(TBA),[Pt(N,),I,] werden die harmonische Frequenz w1 von v(Pt-I), Alg, zu 138,50 cm-l und die Anharmonizitatskonstante xll = 0,27 cm-' berechnet. Die UV/VIS-Spektren sind durch intensive n(N,X) -> aIg,blg(Pt)-CT-ifbergange gepragt.

Preparation of t r a n ~ - [ P t ( N 3 ) ~ X ~ ] ~ - (X = Rr, I, SCN, SeCN) by Oxidative Addition to [Pt(N3)J2- in Organic Solvents

Abst rac t . By oxidative addition to (TBA),[Pt(N,),], dissolved in dichlormethane, trans- (TBA),[Pt(N,),X,], X = Br, I , SCN, SeCN; TBA = Tetrabutylammonium, are formed. The vibra- tional spectra of these salts are assigned according to point group D,. From the resonance Raman spectrum of t ran~-(TBA),[Pt(N~)~1~] the harmonic vibrational frequency o1 of v(Pt-I), A,,, is calcu- lated to be 138.50 cm-l and the inharmonicity constant xil = 0.27 cm-1. The characteristical feature in the UVjVIS spectra is caused by intensive .z(N,X) + aIg, b,,(Pt) CT transitions.

Einleitung [Pt(N3)J2- und [Pt(N3)J- sind in Form der Tetraphenylarsonium-Salze

bereits 1967 von BECK u. Mitarb. dargestellt und durch IR- und Elektronen- spektren charakterisiert worden [I]. Die Azido- sowie andere Tetra- bzw. Hexa- pseudohalogenoplatinate(I1) bzw. -(IV) sind spater schwingungs- [ 2 - 81 und UV/ VIS-spektroskopisch [ 3, 7 - 91 intensiv untersucht worden. Die entgegen iilteren Berichten [ 10- 121 bei der Oxidation von quadratisch-planaren PtII- Komplexen in wafirigen Losungen haufig auftretenden Umlagerungen lassen sich durch Arbeiten im wasserfreien Medium ausschalten [13, 141. So gelang kiirzlich diestereospezifische Darstellung von tran~-[Pt(ox),X,]~-, X = C1, Br, I, SCN, OH, durch oxidative Ligandenaddition an [P~(ox) , ]~- in Dichlormethan [14]. In der vorliegenden Arbeit wird uber entsprechende Reaktionen an (TBA),[Pt(N,),] zur

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Darstellung der Komplexe trans-(TBA),[Pt(N3),X2], X = Br, I, SCN, SeCN, berichtet. Die neuen Verbindungen werden durch Elementaranalysen, Schwin- gungs- und Elektronenspektren charakterisiert.

Darstellung und Eigenschaften Bei der Einwirkung freier Halogene auf [Pt(N3),I2- in w813riger Losung werden

die Azidliganden zu molekularem Stickstoff oxidiert, und es entstehen die ent- sprechenden Hexahalogenoplatinate(1V). Extrahiert man aber den Azidokomplex mit langerkettigen Alkylammoniumionen in ein organisches Solvens wie Dichlor - methan, so verhalt er sich gegenuber Qxidationsmitteln erstaunlich stabil. Mit X = Br oder I verlauft die Umsetzung quantitativ nach folgender Gleichung:

CH c1 (TBA),[Pt(N,),] + X, I+ trans-(TBA),[Pt(N,),X,].

Die Reaktion mit Dirhodan ergibt als Hauptprodukt trans-[Pt(N,),(SCN),]z-, es entstehen aber auch geringe Mengen von [Pt(N3)5(SCN)]2- und [Pt(N3)3(SCN)3]2-, die sich wegen ihrer hohen Stabilitat in kalter 4n H,SO, durch Ionenaustauschchromatographie an DEAE-Cellulose abtrennen lassen.

Zur Darstellung des Selenocyanatokomplexes wird die in Dichlormethan ge- loste Iodo-Verbindung in heterogener Reaktion mit festem Pb(SeCN), umgesetzt :

CH Ci trans-(TBA),[Pt(N,),I,] + Pb(SeCN), 2+ trans-(TBA),[Pt(N,),(SeCN),] + PbI,.

n7egen des grol3eren trans-Effekts von SeCN- verglichen mit dem von I- verlauft die Umsetzung quantitativ.

Alle Komplexe sind in getrockneter AtmosphBre und bei LichtausschluB vollig stabil. Am empfindlichs ten ist die Selenocyanatoverbindung, die sich schon bei geringer Luftfeuchtigkeit langsam unter Bildung von Selenwasserstoff zersetzt. Die Tetrabutylammoniumsalze sind in n-Hexan und Diethylether nicht, in Ethanol niaBig, in Dichlormethan und Aceton leicht loslich.

Bei Zugabe von Caesiumtrichloracetat bzw. Tetramethylammoniumchlorid, gelost in Ethanol, zu Losungen der Tetrabutylammoniumkomplexsalze in Di- chlormethan fallen die entsprechenden Caesium- bzw. Tetramethylammonium- salze aus. Wahrend die Tetrabutylammoniumkomplexsalze gegen Schlag und StoB unempfindlich sind, explodieren die Tetramethylammoniumsalze bei Schlag, die Caesiumsalze schon bei der leichtesten Beriihrung auflerordentlich heftig. Daher lassen sich insbesondere von den Alkalisalzen keine Schwingungsspektren regi- strieren.

Wie die Bisoxalatoplatinate(I1) und (IV), sind auch [Pt(N3)J- und trans- [Pt(N3)4X,]2- in Gegenwart groI3er organischer Kationen wie (TBA)+ in Dichlor- methan nebeneinander stabil. Sie liegen darin als unabhangige Ionenpaare vor. Beim Einengen der Losung oder nach Zugabe von Ether kristallisieren die beiden Salze nebeneinander aus. Gibt man aber zu dem Gemisch von (TBA),[Pt(N,),] und trans-(TBA),[Pt(N,),X,] in Dichlormethan eine Losung von Cs-Trichloracetat in Ethanol, so scheidet sich im Falle der Bromo- und Iodo-Verbindung ein tief- blauer bis schwarzer Niederschlag ab. Dabei durfte es sich um gemischtvalente

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Verbindungen mit Kolumnarstruktur handeln. Beide sind hochexplosiv und lieSen sich bisher nicht naher charakterisieren. In Gegenwart des Thiocyanato- bzw. Selenocyanatokomplexes entsteht ein gelber bzw. gelboranger Niederschlag. Offenbar verhindern die grol3en Pseudohalogenidliganden die Aggregation und die Ausbildung von Pt-Pt-Ketten. so da13 die fur solche Verbindungen typische intensive Farbe ausbleibt.

Schwingungsspektren

In Abb. 1 sind die IR- und Raman-Spektren der Te$rabutylammoniumsalze von tran~-[Pt(N,),X,]~- mit Angabe der Frequenzen der Banden und ihrer Zu- ordnung wiedergegeben. Durch Strukturuntersuchungen an ahnlichen Komplexen ist bekannt, dai3 Azid- ebenso wie fiber S oder Se koordinierte SCN- oder SeCN- Liganden mit dem Zentralion Winkel in der GrolSenordnung von 120° bilden [l, 151. Da man im vorliegenden Fall die raumliche Orientierung der abgewinkelten Gruppen nicht kennt, 1aSt sich die Punktgruppe der Komplexionen nicht genau angeben. Die hiichstmiigliche Symmetrie fur trans-[Pt(N,),X2l2- ist fur X == Br und I D,, fur X = SCN und SeCN Ci. Die lokale Symmetrie bezuglich der sechs nachsten Nachbarn ist aber in jedem Fall Ddh. Unter dieser Voraussetzung ergeben sieh fur das Oktaedergerust die folgendeii 11 Grundschwingungen :

J', = 2Al, + 2AgU fB1, + *,, +%" V , vg(PtN4) YS v,,(XPtX) V , v(PtN4) YS S(PtN4) ~7 G(PtN4) v2 v,(XPtX) v4 n(PtN,)

+ *, + 333, V S G(PtNzX,) ~g 12,,(NPtN)

vJo G(NPtN) Y11 d(XPtX,.

Entsprechend dem Alternativverbot fur zentrosymmetrische Molekule sind die Schwingungen der Rassen mit dem Index g nur Raman-, diejenigen rnit u nur IR-aktiv. Die Schwingung der Rasse B,, ist sowohl IR- als auch Raman-verboten.

Charakteristisch fur alle vier Verbindungen sind die, intensiven und nahezu lagekonstanten Valenzschwingungen der PtN,-Molekulebene zwischen 400 und 420 cm-1. Die sichere Unterscheidung zwischen den beiden in den Ramanspektren nahe beieinander liegenden Banden folgt aus Messungen des Depolarisations- grades Q. Fur die Bromo-, Iodo- und Selenocyanatoverbindung ergeben sich jeweils fur die intensivere hoherfrequente Bande e-Werte von 0,5, fur die liingerwellige von 0,8, so da13 erstere vl(Alg), letztere v5(B,,) zuzuordnen ist. Beim Thiocyanato- komplex versagen zwar die Polarisationsmessungen ; aufgrund der ubereinstim- menden Intensitatsverhaltnisse ist aber die entsprechende Zuordnung gerecht- fertigt. Die entartete asymmetrische Pt-N-Valenzschwingung vg in den IR- Spektren erscheint breiter und. im Falle des Iodokomplexes rnit einer Schulter bei 383 cm-1. Das weist auf eine niedrigere als die angenommene D,,-Symmetrie hin.

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2d17

h 1

I 2200 ' 2000 1800

I

383

LO1

1268 VS N3

Abb. 1 * markiert Banden des Tetrabutylammoniumions

IR- und Rarnanspektren von trans-(TBA),[Pt(N,),X,] (X = Br, I, SCK, SeCN)

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W. PREETZ u. A. GRABOWSXI, Darstellung von tran~-[Pt(N,),X,]~- I33

Als dritte sehr scharfe und intensive Ramanbande beobachtet man die sym- metrische Valenzschwingung v2 der X-Pt-X-Achse. Mit zunehmender Masse des koordinierten Atoms wird sie langwellig verschoben. Durch e-Werte von 0,5 im Falle der Bromo-, Iodo- und Selenocyanatoverbindung ist die Zugehorig- keit zur Rasse A,, gesichert. Die Zuordnung der IR-aktiven asymmetrischen Schwingung v3 ist schwieriger, weil sie in den Bereich der PtN4-Deformations- schwingungen fallt. Der Vergleich der Spektren zeigt aber die systematische Verschiebung von v3 < v2 bei Bindung des leichtesten Atoms S iiber v3 N v2 fur Se und Br nach v3 > v2 im Falle des schwersten Liganden I .

Wahrend in den Ramanspektren Deformationsschwingungen des Oktaeder- gerustes nicht eindeutig zu erkennen sind, zeigen die IR-Spektren zwei mittel- starke Banden, von denen die hoherfrequente mit zunehmender Masse der achsia- len Liganden langwellig verschoben wird, wiihrend die andere zwischen 220 bis 230 cm-l auftritt. Die erstere wird v4 zugeordnet, weil bei dieser das Pt-Atom aus der Molekulebene herausschwingt und daher eine Kopplung mit den Valenz- schwingungen der X-Pt-X-Achse wahrscheinlich ist. An der entarteten Deformationsschwingung vl0 sind nur die Atome der in allen Komplexen gleichen PtN,-Ebene beteiligt, was das lagekonstante Auftreten erklart.

Von den inneren Schwingungen der Liganden entsprechen die des Azids nach Lage und Intensit6t denen in oktaedrischen Hexa- und planaren Tetraazido- komplexen [I]. Ungewohnlich ist, da13 in den IR-Spektren aller vier Komplexe sowohl der erste Oberton von v,N3 im Bereich von 2520-2530 cm-1 und die Kombination vsN3 4- vasN3 bei ungefahr 3 300 cm-l beobachtet wird. Die sowohl in den IR- als auch in den Ramanspektren erscheinende Bande zwischen 680 und ti90 cm-l wird als Differenzton v,N3- GN, interpretiert. Die durchgtingig breiten N3-Valenzschwingungen in den IR-Spektren und die Aufspaltung der Ramanbande bei 2 049/2 041 cm-1 des Iodo-Komplexes weisen auf eine niedrigere als die ange- nommene Symmetrie hin.

Die Frage nach der Art der Bindung der ambidenten Gruppen SCN und SeCN 1 S t sich aul3er durch den Nachweis von Pt-S- bzw. Pt-Se-Valenzschwingungen auch mit der charakteristischen Lage einiger Ligandschwingungen entscheiden. Nach aller Erfahrung findet man vCN(N) fur N-gebundenes Rhodanid bei deutlich niedrigeren Frequenzen [16-191. Auch vCS(S) und GSCN erscheinen in den er- warteten Bereichen, wahrend hoherfrequente Signale von vCS(N) und GNCS vollstandung fehlen. Damit kann auch die Bildung des Bindungsisomeren [Pt(N3)4(NCS)(SCN)]2- ausgeschlossen werden. Die gleichfalls hohe Lage fur vCN(Se) und die entsprechend niedrige von vCSe(Se) und GSeCN, als Schulter auf vg erkennbar, sprechen fur die Koordination des Selenocyanats iiber Se.

Bei Registrierung des Ramanspektrums von tran~-(TBA)~[Pt(N,),1~] mit der Erregerlinie 457,9 nm eines Argonlasers kommt es zu einer starken Resonanz mit der symmetrischen Pt-1-Valenzschwingung v2, Abb. 2. Aus der Progression der Obertiine 1aBt sich die harmonische Schwingungsfrequenz L C ) ~ zu 138,50 cm-l und die Anharmonizitatskonstante xll zu 0,27 cm-l berechnen.

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, I I 8 1 r 0 BOO 600 100 200 vicm-

Abb. 2 Resonmzramanspektrum von trans-(TBA),[Pt(N,),I,], A, = 457,9 nm

Elektronenspektren Die an Pilmen der Tetrabutylammoniumsalze von trans-[Pt(N,),X2]2- auf

Quarzscheiben bei 10 K registrierten UV/VIS-Absorptionsspektren sind in Abb. 3 wiedergegeben. Sie sind gekennzeichnet durch einige intensive Charge-Transfer- Banden, die sich mit, abnehmender Elektronegativitat des koordinierten Atoms X kurzwellig verschieben. Wegen des t&-Grundzustandes von PtIV mu6 es sich urn erlaubte ifbergange aus n-Ligandenorbitalen in das e,-Niveau des Zentralions handeln. Dem an [Pt(N,)J- mit Pseudo-0,-Symmetrie beobachteten Cibergang n(N)t,,, -+ e,(Pt) bei 304 nm [I, 71 entsprechen in der angenommenen Punkt- gruppe D,, die UbergBnge n(N)a,, -+ alg, b,,(Pt) bzw. n(N)e, ---f a,,, b,,(Pt). Diese von der PtN,-Molekulebene herriihrenden Kanden erscheinen mit hochster Intensitat zwischen 311 und 278 nm. Die entsprechenden n ( X ) t alg, b,,(Pt) Ubergange sind an der langwelligen Flanke meist nur als Schultern zu erkennen. Lediglich bei der Iodoverbindung t r i t t ein Peak bei 440 nm auf. Die Zuordnung als n(1) +- alg, b,,(Pt) wird durch den starken Resonanz-Raman-Effekt bei An- regung in der Nahe des Maximums mit der Linie 457,9 nm bestatigt, Abb. 3.

Experimentelles a) Darstellung von (TEA), [Pt(N3)J. Aus einer fur einige Minuten auf 80°C erwarmten Losung

von 6,3 g NaN, und 400 mg K,[PtCI,] in 40 ml Wasser fall t nach dem Abkuhlen bei Zutropfen einer wanrigen 0,l M (TBA)HSO,-Losung (TBA)2[Pt(N3)4] BUS. Aus dem in CH,CI, gelhsten Niederschlag wird durch Extraktion mit Wasser das iiberschussige Fallungsmittel entfernt. Beim Umkristallieieren aus Aceton scheidet sich beim Zutropfen von Diethylether (TBA),[Pt(N,),] in Form oranger Kri- stalle ab. Die Ausbeute betragt 96%.

b) Darstellung yon trans-(TBA),[Pt(N,),X.J (X = Br, I). Die Losung von 300 mg (TBA),[Pt(N3),] in 20 ml CH2C12 wird mit ebenfalls in CH,CI, gelosten aquimolekularen Mengen Br, bzw. I, umgesetzt. Bei Zugabe von Diethyletber bildet sich ein oliger Niederschlag. Er wird nach

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&

20000-

15000-

10000-

26 ~ 7

10000-

5000-

I I I 200 LOO hlnrnl- E

10000 tr -lTWAblPtlN31, /SeCN@

50001 I

200 LOO hlnrnl- E 0

Abb. 3

sorgfaltiger Abtrennung der Losungsmittel im Hochvakuum in wenig Aceton aufgenommen und mit der zehnfachen Menge abs. Ethanol versetzt. Nach Zugabe von Diethylether scheiden sich beim Stehen im Gefrierschrank rotbrannes trans-(TBA),[Pt(N,),Br,] bzw. schwarzbraunes trans- (TBA),[Pt(N,),I,] als plattchenformige Kristalle ab. Beim Umkristallisieren der Bromoverbindung wird vor der Zugabe von Diethylether 1 Tropfen Br,-haltiges CC1, hinzugefugt. Die Ausbeuten be- tragen 80% fur den Iodo- und 65% fur den Bromokomplex.

Absorptionsspektren von trans-(TBA),[Pt(N,),X,] (X = Br, I , SCN, SeCN)

Analysen: trans-(TBA),[Pt(N,),X,] (X = Br, I) X = Br: X = I: c) Derstellung von trans-(TBA),[Pt(N,),(SCN,)]. Eine Aufschlammung von 1 g Pb(SCN),

in CH,Cl, wird bei -30°C mit 0,043 ml Br, versetzt und unter FeuchtigkeitsaasschluO bis zur volligen Entfarbung geriihrt. Die nach dem Zentrifugieren uberstehende Losung von (SCK), tropft man zu der ebenfalls auf -30°C gekiihlten Losung von 700 mg (TBA),[Pt(N,),] in CH,Cl,. Man laBt die Temperatur des Gemisches innerhalb l / 2 Std. auf 0°C ansteigen und iiberfiihrt das entstandene Komplexgemisch durch Schutteln mit einer gquivalenten Menge einer wLBrigen Natriumtetraphenyl- borat-Losung in die wa5rige Phase. Diese wird abgetrennt, mit dem gleichen Volumen 8n Schwefel- siiure versetzt und durch Ionenaustauschchromatographie an DEAE-Cellulose aufgetrennt (Lauf - mittel: 4n H,SO,, Temperatur: -5°C) [20]. Das mit 80% Ausbente entstandene trans- (TBA)z[Pt(N3)4(SCN)2] wird aus Aceton/Diethylether umkristallisiert.

Ber. Pt 19,36 (gef. 19,3); Br 15,86 (15,7)% Rer. Pt 17,70 (gef. 17,7); I 23,03 (22,G)%.

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Analyse: trans-(TBA),[Pt(N,),(SCN),], Ber. N 23,24 (gef. 23,15); S 6,65 (6,7); Pt 20,23

d) Darstellung yon trans-(TBA), [Pt(N3)4(SeCN)2]. Die Losung von 300 mg trans- (TBA),[Pt(N,),I,] in 20 ml CH,Cl, wird mit 200 mg festemPb(SeCN)2 versetzt und 3 Std. unter Licht- und Feuchtigkeitsausschlufi geriihrt. Die durch Zentrifugieren erhaltene hellrote fliissige Phase dampft man im Vakuum bis zur T r o c h e ein. Der verbleibende Riickstand wird in Aceton auf- genommen. Nach Zugabe von Diethylether kristallisiert im Gcfrierschrank trans- (TBA)z[Pt(N3)a(SeCN),1 in hellroten Nadeln aus. Die Ausbente ist nahezu quantitativ.

Analyse: trans-(TBA),[Pt(N,),(SeCN),]. Ber. N 2 1 3 (gef. 21,31); Se 14,93 (14,s); Pt 18,43 (18,3)%.

e) Spektren. Die Registrierung der MIR- und FIR-Spektren erfolgte mit einem FT-IR-Spektro- meter NIC 7199 der Fa. Nicolet, Offenbach/M., an KCI- bzw. Polyethylen-Prel3lingen. Die Ranian- Messungen wurden mit einem Cary 82 der Fa. Varian, Darmstadt, mit verschiedenen Wellen- langen eines Argon- und Kryptonlasers an rotierenden Proben bei etwa 80 K durchgefuhrt [21, 221. Dazu verpreat man etwa 20 mg des reinen (TBA)-Komplexsalzes in der ringformigen Vertiefung (0 8 mm, 1,75 mm breit) einer Stahlscheibe mit 3 t/cm2 zu einer glasartigen Masse. Die Elektro- nenspektren wurden a n Filmen der (TBA)-Komplexsalze auf Quarzscheiben mit einem Acta &I VII der Fa. Beckman, Miinchen, bei 10 K gemessen. Die Abschatzung der Extinktioneko- effizienten erfolgte durch Vergleich mit Losungsmittelspekt,ren in Dichlormethan.

(20,1)%.

Dem Fonds der Chemie danken wir fur die Unterstiitzung rnit Sachmitteln.

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Bei der Redaktion eingegangen am 28. Dezember 1983.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. W. PREETZ und Dip1.-Chem. A. GRABOWSKI,

1939.

Inst. f. Anorg. Chemie d. Univ., Olshausenstr. 40--60, D-2300 Kiel