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1875. ANNALEN a 1. DER PHYSIK UND CHEMIE. BAND CLIV. I. Das elektrische LeilungsvernGgen der Chlo- ride won den dlkalien und alkalischen Erden, sowie cler Sdpetersaure in wassrigen Lb'sungen; von F. Kohlrnusch iind 0. Grotrian. (Der K. Gesellschaft d. Wiss. zu Giittingen vorgelegt am 11. Juli 1574.) Die Frage nach der Grbfse der Arbeit, welche der elektrische Strom leistet, wenn er die Bestandtheile eines Elektrolyten bewegt, hat seit langer Zeit das ihr gebuhrende Interesse gefunden. Es ist unnothig, auf die Grunde zuriickzukom- men, welche die experimentelle Erforschung dieses Gebie- tes erschwert nnd zum griifseren Theile wenig erspriefs- lich gemacht haben. Nachdem sich berausgestellt hat, dafs man diesen Hindernisscn ganz und auf die einfachste Weise durch die Anwendung rasch wechselnder gleich starker Strome entgehen kann, nachdem auch einige An- wendungen dieses Verfahrens bereits vorgenommen wur- den'), sol1 nunmehr dieser Aufsatz den Anfang einer ge- ordneten Experimentaluntersuchung uber das Leitungsver- mogen der Elektrolyte bilden. Um Gesetze auf diesem Gebiete eu gewinnen, von dem man weirs, dafs es manche verwickelte Erscheinungen ent- halt, erscheint ' es zweckmiifsig, mit einfachen chemischen Verbindungen ZLI beginnen und diese gruppenweise zu be- arbeiten. Die vorliegende Arbeit giebt, auf Grund der Untersuchung von 35 verschiedenen Losungen, ein Bild des Leitungsvermijgens der Chlor-Alkalien und alkalischen Erden. Ferner fiigen wir den fruher nntersuchten Siluren 1) Ann. 135, 8. 2S0, 370; 151, S. 375. Poggendorff's Annal. Bd. CLIV. 1

Das elektrische Leitungsvermögen der Chloride von den Alkalien und alkalischen Erden, sowie der Salpetersäure in wässrigen Lösungen

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1875. A N N A L E N a 1. DER PHYSIK UND CHEMIE.

B A N D CLIV.

I. Das elektrische LeilungsvernGgen der Chlo- ride won den d lkal ien und alkalischen Erden, sowie cler Sdpetersaure in wassrigen Lb'sungen;

von F. K o h l r n u s c h iind 0. G r o t r i a n . (Der K. Gesellschaft d. Wiss. zu Giittingen vorgelegt am 11. Juli 1574.)

D i e Frage nach der Grbfse der Arbeit, welche der elektrische Strom leistet, wenn er die Bestandtheile eines Elektrolyten bewegt, hat seit langer Zeit das ihr gebuhrende Interesse gefunden. Es ist unnothig, auf die Grunde zuriickzukom- men, welche die experimentelle Erforschung dieses Gebie- tes erschwert nnd zum griifseren Theile wenig erspriefs- lich gemacht haben. Nachdem sich berausgestellt hat, dafs man diesen Hindernisscn ganz und auf die einfachste Weise durch die Anwendung rasch wechselnder gleich starker Strome entgehen kann, nachdem auch einige An- wendungen dieses Verfahrens bereits vorgenommen wur- den'), sol1 nunmehr dieser Aufsatz den Anfang einer ge- ordneten Experimentaluntersuchung uber das Leitungsver- mogen der Elektrolyte bilden.

U m Gesetze auf diesem Gebiete eu gewinnen, von dem man weirs, dafs es manche verwickelte Erscheinungen ent- halt, erscheint ' es zweckmiifsig, mit einfachen chemischen Verbindungen ZLI beginnen und diese gruppenweise zu be- arbeiten. Die vorliegende Arbeit giebt, auf Grund der Untersuchung von 35 verschiedenen Losungen, ein Bild des Leitungsvermijgens der Chlor-Alkalien und alkalischen Erden. Ferner fiigen wir den fruher nntersuchten Siluren

1) Ann. 135, 8. 2S0, 370; 151, S. 375. Poggendorff's Annal. Bd. CLIV. 1

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(Schwefelsaure und Salzsaure) jetzt die Salpetersaure hinzu, deren Widerstand in 7 Losungsverhdtnissen bestimmt worden ist.

D a das Leitungsverrnogen der Elektrolyte in sehr hohem Maake (uamlich beiliiufig zehnmal so stark als der Druck eines Gases) von der Ternperatur beeinflufst wird, so hat man auf die letztere GriXse ein besonderes Augen- merk zu richten. Unsere Beobachtongen urnfassen den Ternperatureinflufs zwischen Oo und 40".

Die Methode der Widerstandsrnessung durch Wechsel- strome hat gegenuber ihrer urspriinglichen Gestalt einige Verbesserungen erfahren , wonach sie jetzt an Exactheit und Bequemlichkeit nichts mehr zu wtinschen liifst und die Widerstandsbestimmung zersetzbarer Leiter durchaus ebenburtig neben diejenige der metallischen Leiter stellt. Jedenfalls diirfte von den drei Grofsen, deren Messung hier gefordert wird , narnlich Procentgehalt, Temperatur und elektrischer Widerstand, die letztgenannte bei glei- chem Aufwand an Sorgfalt die geringsten Fehlerquellen enthalten, so dal's man ein Thermometer oder einen Pro- centmesser auf die Widerstandsbestirnmung griinden konnte, wenn ein Bediirfnifs fur diese Melsinstrurnente vor- lage.

1. D i e W i d e r s t a n d s m e s s u n g . Gegenuber seiuer anfiinglichen Gestalt ist das Verfah-

ren bei der Widerstandsbestimmung in dreierlei Weise vereinfacht oder verf'einert worden : Durch die Construc- tion einer Stromquelle, welche die Wechselstrome in be- quemerer Weise liefert, als die friiher gebrauchte Induc- tionssirene ; durch Anwendung der Wheatstone'schen Stromverzweigung und endlich durch Plati?iirung der Etek- troden.

Ueber die Stromquelle'), welche unter dem Namen Sinus - Inductor anderweitig beschrieben worden ist, moge hier nur bernerkt werden, dafs sie aus einem durch Ge- l ) Ann. Jubelband S. 290.

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wicht getriebenen kleinen Raderwerk besteht, welches eine magnetisirte Stablscheibe von etwa 24 Millionen Einlieiten Magnetismus innerhalb eines Multiplicators von 2700 Win- dungen bis zu 200maligem Stromwechsel in der Secunde in Rotation versetzen kann. Die mittlere elektromoto- rische Kraft bei dem im Folgenden angewandten e$wa 150 maligem S tromwechsel betragt beilaufig 3 Daniell. Die einmalige Ablaufszeit des Gewichtes geniigt reichlich zu einem vollstandigen Beobachtungssatze ; iibrigens kann das Uhrwerk auch wahrend des Ganges, ohne Einflufs anf denselben aufgezogen werden.

Zweitens ist die Messung durch Anwendung der Wheatstone’schen Briiche’) von der vollig constanten Dre- hungsgeschwindigkeit des Inductors unabhangig und da- durch wesentlich genauer und einfacher geworden. Die Verbinduugen sind aus der beigefugten Skizze ersichtlich.

Rh.

a

s a

Von dem Sinus-Inductor S gehen die Strijme ungetheilt durch die aufsere Rolle a eines Weber’schen Elektro- dynamometers und verzweigen sich durch zwei gleiche Widerstande von je 100 Siem.2) zu einem Weber’schen

1) Ann. Bd. CXLII, S. 425; Bd. CLI, S. 378. 2) Der Verzweigungsrheostat besteht aus Paaren gleicher Widerstande

von je 1, 10. 100, 1000 Siem. Einheiten, um im Lnteresse der Em- pfindlichkeit das geeigneteste Paar nach den Ann. Bd. CXJXI, s. 428 gegebeneu Regeln wahlen zu konnen. Eine solche, yon S i e m e n s und H a l s k e bezogene Scala ist iiberhaupt fur Briickenvergleichungen eehr bequem.

1 *

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Commutator C, welcher aus vier Messingschienen mit j e zwei Quecksilbernapfen und Klemmen an den Enden bc- steht. An einem Holzdeckel iiber den Schienen sind, so wie in der Zeichnung angedeutet, amalgamirte Kupfer- btigel befestigt, welche bei dem Herunterlegen des Deckels nacti rechts oder links entweder die benachbarten oder die nicht benachbarten Schienen paarweise verbinden. Die beiden aufseren, mit dem Verzweigungsrheostat verbunde- nen Schienen stehen aufserdem mit der inneren Rolle b des Dynamometers in Verbindung, welcher Zweig also die ,,Briicke" bildet, in der die Strbmstarke Null anzeigt, dafs der Fliissigkeitswiderstand F1 dem Widerstande im Rheostaten Rh gleich ist.

Man sieht, dafs das Umlegen des Commutators die Zweige Rh und F1 in Bezug auf die iibrige Leitung mit einander vertauscht. G m z unabhangig von einer etwaigen Ungleichheit der Verzweigungswiderstande 100 (die iibri- gens sehr gering war) sind Fl und Rh einander gleich, wenn das Dynamometer bei dem Umlegen des Commuta- tors seine Einstellung nicht andert. Man beobachtete die Einstellungen bei einemetwas zu grofsen und einem etwas zu kleinen Widerstande Rh und interpolirte daraus den- jenigen, welcher mit Fl gleich ist, wie an einem Beispiele unten gezeigt werden soll.

Obwohl einige Versuche zeigten, dafs in den doppclt gewickelten Siemens'schen Widerstandsscalen die Extrastrome so gut zcie unmerklich sind, wollten wir doch auch principiell einem Einwand entgehen und co- pierten von einern S i e m e n s 'schen Satz einen Stopsel- rheochord mit den Widerstanden 1, 2, 3, 4, 10, 20 . . .400 Siem. Diese Eintheilung 1, 2, 3, 4 anstatt der gewohn- lichen 1, 2, 2, 5 bietet zwei Vortheile, namlich erstens die nothigen Vergleichungrn fur eine Fehlertabelle zu lie- fern ( 3 = 2 + 1 , 4 = 3 + 1, 4+ 1 = 3 + 2 ) , und zwei- tens, fur die Anwendung der Fehlertabelle , keine gleich benannten Widerstande durch Indices unterscheiden zu miissen.

Der Rheochord.

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Diese Widerstande wurden sorgfaltig mit einander ver- glichen und alsdann auf die zwei Etalons 1135 und 1143 zuriickgefiihrt, die Hr. S i e m e n s zum Zwecke der abso- luten Widerstandsbestimmung fruher herstellen liefs'). Nebenbei mag bemerkt werden, d a b die Vergleichung bis auf s&r dasselbe Verhaltnifs der beiden Etalons ergab, wie vor vier Jahren.

Sammtliche in diesem Aufsatze vorkommende Wider- stande sind unter Beriicksichtigung der Temperatur des Rheochord auf die genannten Etalons reducirt.

Als Flussigkeitstroge dienten Glasgefafse, bestehend aus zwei Becherglasern, die durch eine angeblasene Glas- rohre verbunden waren'). In den Gliisern befanden sich hrtlbcylindrische Elektroden aus platinirtem Platinblech von je etwa 2500~'"" Oberflache.

Jede Flussigkeit sollte in der Nahe der Temperaturen On, 18O und 40° untersucht werden, zu welchem Zwecke drei Bader von etwa j e 9 Liter Inhalt auf diesen Tempe- raturen erhalten wurden. Das kalte enthielt Eis und Wasser und befand sich (im Winter) aufserhalb des Fen- sters, das warme wurde durch einen Gasbrenner von 20 kleinen Flammen geheizt. Selbstverstandlich waren die Zuleitungsdrahte zu den drei Biidern gegen einander und gegen die zu dem Rheochord fiihrenden Leitungen abge- glichen.

Man mufste etwa eine Viertelstunde nach dem Einbrin- gen des Gefafses in ein anderes Bad warten, bis die Tem- peratur der Lijsung constant geworden war, was an dem Widerstande selbst leicht erkannt wird. Die Erwarmung duroh den Strom kann vernachlassigt werden').

(Vergl. S. 8).

1 ) Ann. Erg.-Bd. VI, S. 1. 2) Ann. Bd. 151, S. 381. 3) Fur 25procentige NaC1-Losung im Gefifs No. 3 berechnet sich z. B.

folgende Warmeentwicklung. Die mittlere Stromstarke im Rohre wird aus der elektromotorischen Kraft des Inductors und den vor- handenen Widerstanden gleich etws 0,06 gefunnden. Da der Qnor- schnitt des Rohres 1 2 0 0 betrag, kommt auf 1 O m m der Strom

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134 _vc__ ,--ucc.

Rheoch. 135 Sie'll.

Commut. I I1 I1 I Djnam. 557;25 7,51 9,40 5,75

Temp.41n,33 ,34 ,36 ,41 ,45 0,?6 Widerstand = 135 + - 3.39

= 135,08 Siem. Temperatur = 41°,38.

Diff. I - XI. - 0,26 - 3,65

2. N a c h a e i s d e s v o l l s t i i n d i g e n A u s s c h l u s s e s d e r P o l a - r i s a t i on.

In dem ersten Aufsatze iiber die Anwendung alterni- render Strijme zur Widerstandsbestimmung wurdc expe- rimentell nachgewiesen , dafs der zersetzbare Leiter sich

i s - . - 0'06 - 0,0005. Nach $. 6 wird also in 1 Cub.-Mm. wahrend 120

i 2 einer Seciinde die Warmemengc - 434k, d. h. wenn man k = 0,00002

setzt, r&s Mgr.-Cal. entwickelt.

134 135

556,13 8,80 6,60 8,68

41°,40 ,50 $0 $0 $0 134 + = 134,56 Siem.

4 1",50.

- i - - - E n - 2,67 + 2,08

2 67 4,75

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Die wahrend eines Beobachtungssatzes, welcher 3 bis 4 Minuten dauert, unvermeidlicbe kleine Temperaturande- rung des Bades wurde folgenderniarsen unschadlich ge- macht. Erstens las man die Thermometer wlhrend die- ser Zeit funfmal ab und nahm das Mittel. Zweitens wurde jeder Satz gleich darauf mit umgekehrter Reihen- folge wiederholt. Die Temperaturschwankung war in dem warmen Bade naturlich am grofsten, belief sich aber auch hier selten auf Grad.

In jedem Bade befanden sich zwei Thermometer, je in 1 Abstand vom Ende der Riihre, die Kugeln dicht an der letzteren. Die Temperaturen beziehen sich auf zwei G e i l s l e r'sche Normalthermometer (mit Correction wegen der Verschiebung des Nullpunktes), auf welche die ande- ren vier Thermometer reducirt waren.

Als Beispiel mdge eine Bestimmung im warmen Bade mitgetheilt werden. Sie betrifft eine 9,947 procentige LiC1- Losung.

2. N a c h a e i s d e s v o l l s t i i n d i g e n A u s s c h l u s s e s d e r P o l a - r i s a t i on .

In dem ersten Aufsatze iiber die Anwendung alterni- render Striime zur Widerstandsbestimmung wurdc expe- rimentell nachgewiesen , dafs der zersetzbare Leiter sich

i= - . - 0'06 - 0,0005. Nach S. 6 wird also in 1 Cub.-Mm. wahrend 120

i 2 einer Seciinde die Warmemengc - 434k, d. h. wenn man k = 0,00002

setzt, r&s Mgr.-CaI. entwickelt.

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bis auf geringfiigige Abweichungen wie ein metallischer verhielt'). Man folgerte hieraus, dafs bei raschem Strom- wechsel die Polarisation ganz wirkungslos sey. Spater wurde auf die eigenthumlichen Erscheinungen, welche bei der Anwendung kleiner Elektroden auftreten, die Rech- nung angewandt, aus welcher sich die elektromotorische Kraft diimer Gasschichten ergab2).

Wenn man nun aus den letzteren ftesultaten auf die friihere Widerstandsbestimmung der Scliwefelsaure zuruck- schliefst, so findet sich, dafs die dort gkbrauchten Platin- elektroden von 300c''' noch nicht geniigten, um die Pola- risation vollstandig auszuschliefsen. Unter dem Vorbehalt, spiiter hieraiif zuruckzukommen , werde einstweilen be- merkt, dafs die Leitungsvermogen der Schwefelsaure da- mals um etwa 4 pCt. im Mittel zu grob gefunden seyn diirften.

In der Wheats tone ' schen Briicke, die zu den vor- stehenden BIessungen gebraucht wird , fallt freilich die Fehlerquelle theilweise weg, indessen lafst sich doch fiber- schlagen, dafs die oben genannten Elektroden no& einen merklichen Einflufs zuriicklassen, und dafs man, um ihn ganz zu entfernen, zu unbequemen Dimensionen der Elek- troden iibergehen miifste, wenn nicht die Platinirung der blanken Oberfllichen ein hochst wirksames Mittel der Fl& chenvermehrung ohne Vergrbfserung der Dimensionen bbte. Es fand sich namlich schon fruher an platinirten Elektroden von nur l ocm die Polarisation der Wechsel- strbme unseres Inductors fast unmerklichs), wonach zu er- warten stand, dafs die Platinirung der Bleche von 250,cm sie vollstandig verschwinden lafst.

Dafs dies der Fall ist, werden die folgenden drei Prii- fungen nachweisen.

1) Das Gefafs No. I (folg. Paragraph) wurde mit Maximal-Schwefelsaure gefiillt und in den einen Zweig

1) Ann. Bd. 138, S. 296. 2) Ann. Bd. 148, S. 143. 3) Ann. Jnbelband S. 301.

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der Briickenverbindung (S. 3) eingeschaltet. Die Elek- troden waren noch nicht platinirt. Man l iek den Sinus- Inductor mit 5 bis 20 Kgr. Belastung (10 bis 100 Um- drehungen in 1 Sec.) laufen und bestirnmte den schein- baren Widerstand der Sture. Derselbe zeigte sich bei der langsamsten Rotation urn etwa 1; pCt. grofser als bei der schnellsten, zum Beweise dafs die Elektrodenflache noch nicbt geniigte.

Die Messungen wurden wiederholt, nachdem die Elek- troden durch einen Strom in Platinchlorid -LGsung mit Platinschwarz uberzogen worden waren. Je tz t erhielt man die in der 3. Spalte angegebenen Widerstande, deren Ungleichheit nunmehr nur von der Temperatur (2. Spalte) herrtihrt. Denn reducirt man alles nach der Formel') kt= &(1 -/- 0,0241 . t - 0,000020. t ' ) auf 22",0, so erhalt man Zahlen (4. Spalte) ohne regelmafsige Abweichungen, deren mittlerer Fehler &0,17 Siem. ganz auf die bei den kleinen Geschwindigkeitcn griifsere Unempfindlichkeit der Messung fallt. (Die Zahlen sind um etwa 0,6 pCt. klei- ner als bei den glatten Elektroden mit grolser Geschwin- digkeit).

Belastung.

15 Kgr. 795 n

5 n 10 n 35 n

7,5 n 5 3 9 20 n

795 n

Temp.

22",26 2'Ln,1 8

22O,06 22",03 22O,03

22",10

220,02 220,02 2 2",0 1

Widerstand bcob. bei 22O,O. Siem. Siem. 140,97 l41,55 141,29 141,68 141,SO 142,OO 141,39 141,52 141,44 141,51 141,67 141,74 141,43 141,47 141,50 141,55 141,47 141,49

Abweichung vom Mittel.

- 0,06 + 0,07 +- 0,39 .- 0,09 - 0,IO + 0,13 - 0,14 - 0,06 - 0,12

1) Ann. 151, S. 394. Hier wurden die Elektroden blank angewendet. Die relutiuen Leitungsvermogen bei verschiedenen Temperatureu kou- neu aber durch diesen Umstand nur in verschwindender Weise beein- flnfst morden seyn.

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Fafst man die zu gleicher Relastung gehorenden Zah-

5 795 10 15 20 Kgr.

len zusammen, so findet man:

141,73 141,64 141,52 141,53 141,55 Siem.

2) Man nahm 5 procentige Kochsaldosuny zwischen Gerade so den platinirten Elektroden im Gefiifs No. 111.

wie oben, nur mit der Temperaturcorrection

kt = k o (1 + 0,029 t + 0,0001 1 t2 )

(vgl. Tab. IV.) wurde gefunden:

15 Kgr. 795 n

10 n 795 n

15 n 10 n

10 n

15 n

1SU,58 1S0,33 18",26 18",22 18",17 18", 12 3 S0,09 1S0,06

Siem. 364,66 366,lO 366,71 367,15 366,89 367,79 368,03 368,34

bci 1So,32 Siem. 366,76 366,18 366,24 366,36 365,71 366,21 366,22 366,29

+ 0,52 =I= 0,oo + 0,12

- 0,02 + 0,05

- 0,06

- 0,53 - 0,53

Die Mittelwerthe sind:

795 10 15 20 Kgr. 366,27 366,23 366,25 366,21 Siem.

3) Der Widerstand einer Zinkvitriollosung von unge- fAhr Maximal -LeitungsvermGgen wurde im Gefiifs No. III auf dreierlei Weise bestimmt; namlich erstens mit con- stantem Strom zwischen amalgamirten und nach B e etz ' Vorschrift') frisch in Zinklosung abgekochten Zinkelektro- den, sodann zwischen denselben Elektroden niit alterniren- den Stromen und endlich mit den letzteren Stromen zwi- when den platinirten Platinelektroden. Die Anzahl Strom- wechsel betrug etwa 150 in der Secunde. Ueber die Temperaturcorrection siehe den folgenden Paragraphen. Es wurde gefunden :

1) B c e t z . Ann. Bd. 117, S. 7.

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Siem. bei 16”,0 const. Strom 1G0,07 536.50 537,49 +0,12

Elektroden altern. Strom 16O,97 537,SO 537,41 + 0,04 15O,S7 538,SS 537,20 -0,17 Platinelektroden

Zink- ! Diese drei Priifungen, in denen die grofste Abweichung

der Mittelzahlen einem Temperaturfehler aon Grad ent- spricht, nehmen jeden Zweifel daran, dafs die zwischen den platinirten Elektroden von 250 cm Plache gefundenen M’iderstande nicht mehr merklich von der Polarisation beeinflufst sind.

Zugleich wird diirch die letzte der drei Priifungen der nicht iiberfliissige Nachweis geftihrt, dafs die Arbeit der Wechselstrome (bei denen die Brstandtheile der Elektro- lyten niir sehr kleine Pendelschwingungen gegen einander ausfiihren) den Ohna’schen Gesehen fur constante Strome folgt. Unter dem Vorbehalt, auf diese fur die Constitu- tion der Elektrolyte wichtige Frage ausfuhrlicher zurtick- zukommen, moge hier einstweilen bemerkt werden, dafs noch bei vie1 kleineren Schwingungen, als die bei obigen Versuchen stattfindenden, die 0 h m’schen Gesetze nicht merklich alterirt zu werden scheinen.

3. A u s w e r t h u n g d e s Q u e c k s i I b e r . w i d e r s t a n d e s der Glas - ge fa f se .

Die Leitungsvermogen sollen auf Quecksilber von Oo reducirt werden. Da die Form der Gefafse die Rechnung ausschliefst, da andererseits der Widerstand des Queck- silbers, welches sie ausfullt, wegen seiner Kleinheit (0,Ol bis 0,0003 Siem.) eine directe Messung nicht erlaubte, so mufste dieser Widerstand auf einem Umwege ermittelt werden. Dies geschah mittelst einer Zinkvitriollosung, deren Leitungsvermbgen k zuvor in einem Rohre bestimmt wurde, welches eine Ausmessung gestattete. Bietet ein Gefak, mit derselben Losung gefullt, zwischen Zinkelek- troden von derselben Gestalt, wie die nachher anzuwen- denden Platinelektroden, den Widerstand to, so ist u) k der Quecksilberwiderstand des Gefiifses.

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Auf die Ausfiihrung dieser Arbeit mulk etwas naher eingegangen werden, da sie verhaltnikmafsig die grofsten Schwierigkeiten enthalt.

Eine Glasriihre von etwa 230amm Querschnitt und 0,7 Meter Lange wurde calibrirt, indem man sie rnit einem angekitteten Hahn versah , alsdann sie, aufrecht gestellt, rnit W asser fiillte und Wassersaulen von gemes- sener Lange auslaufen liefs , deren Gewicht bestimmt wurde. Vorher hatte man das durch Benetzung zuriick- bleibende Wasser empirisch bestimmt. Da diem Menge nur etwa pCt. betrug, und da sie selbst bei verschiede- nen Wagungen bis auf etwa a tibereinstimmte, so ist man sicher, auf diesem Wege nicht ;G pCt. Fehler zu begehen.

Nun wurde das Rohr nach Entfernung des Hahnes mit zwei Zinkelektroden rersehen, von denen die obere an einem langen Stiel aus Zinkdraht befestigt und mit ihm verschiebbar war. Die Laoge der Verschiebung wurde an einer Theilung auf dem Stiel abgelesen. Die Riihre war mit Zinkvitriollosung gefiillt und befand sich unterhalb eines weiteren mit Wasser geftillten Rohres, in welchem drei Thermometer in geeigneter Stellung aufge- hangen waren.

Um die Reste der Polarisation, die bei constanten Stromen auch zwischen Zinkelektroden leicht bleiben , zu eliminiren , wurden immer Differenzbeobachtungen rnit gleich starkem Strome angestellt. Die FltissigkeitssBule befand sich nlitnlich nebst einem Rheostaten in dem einen Zweige der W h e a t s t o n e ’schen Verbindung ; in dem be- nachbarten ein constanter Widerstand von 600 Siem. Die beiden anderen Zweige hatten je 100 Siem. Nun wurden dirrch Verschieben der einen Elektrode verschieden lange Fliissigkeitss~ulen eingeschaltet und jedesmal die Strom- stgrke in der Briicke durch Rheostatenwiderstand R auf Null gebracht. Dabei verfuhr man ganz ahnlich, wie in dem Beispiel S. 8, d. h. man interpolirte und machte sich ferner durch einen Commutator von der etwaigen Ungleicbbeit der beiden 100 unsbhangig.

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Der Widerstand W der jedesmaligen Fliissigkeitssaule ist offenbar W = 600 - R , wenn keine Polarisation vor- handen ist. Indem man nun aber die bei verschiedenen Langen gefundenen W der Flussigkeitssaulen von einan- der abzieht, fallt auch die etwaige Polarisation heraus.

Eine besondere Untersuchung ergab, dafs in der Nahe der Beobachtungstemperatur das Leitungsvermogen k die- 6er Zinkvitriollosung fur lo urn 0,0000001 12 zunimmt. Hiermit wurden die Widerstlinde W von der Beobach- tnngstemperatur t auf die Mitteltemperatur 22O,76 redu- cirt. Die Differenz iu zweier benachbarter W ergiebt den Widerstand der jedesmal hinzugefugten Flussigkeitssaule, deren Lange I und deren mittlerer Querschnitt q genannt ist. Das Leitungsvermbgen k der Losung, bezogen auf Quecksilber von On findet sich dann k = tny, ' nebst der

22",GO 22O,G4 22",69 22O,73 2a0,76 22O,77 23",7S

bekannten Correction wegen der conischen Gestalt der Rbhre, die jedoch zu unerheblich ist, als dah hier darauf eingegangen werden mufste.

Siem. 505,67 419,71 332,4S 245,31 158,5S 74,33

50G,60

I W

- 0,1002

- 0,1002 + 0,5006

- 0,@399 - 0,1002

226,4 227,7 231,2 237,l 502 229,3S - 5048

lfiir22°,7t Sicm. 506,84 41S,5S 331,95 245,15 15S,5S 74,35

50G,S3

-- - 0,1000 224,5

22O,S9 50535 50G,72 22O,93 I 73,29 I 73,57

505 13; 01;;;;o

1D

Siem. SS,2G SG,G3 S6,SO SG,57 54,23

$32,4S

-

133,15 - 0,5006 229,3S - I I m 4 O

Xm Mittel aus den drei Zahlen der letzten Reihe fin- den wir also das Leitungsvermogen der Zinkvitriollosung bei 22O,76

k = 0,000005045'). 1 ) Die Losung hatte ungefihr Maximalleitungsverm6gen. Auf 20° re-

ducirt wird k = 0,0000047S5, wahrend 13 e e t z als Maximum 0,000004651 findet. Die Uebereinstimmnng ist sehr befriedigend, da die ganze Diffcrenz etwa 0°,7 Temperaturunterschied entspricht; sie ist moglicherweise durch Sauregehalt unserer Loanng bewirkt

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Mit dieser Zinklbsung wiirden nun die Glasgefafse, deren Quecksilberwiderstand n zu errnitteln war, gefiillt, und zwar zwischen amalgamirten Zinkelektroden gleicher Ge- stalt wie die Platinelektroden. Der Widerstand 90 witrde auf gewohnliche Weise in der W h e a t s tone'schen Ver- bindung bestimmt. Die Resultate sind in der folgenden, ohne weiteres verstandlichen Tabelle enthalten.

Gefafs No. t W kr w . k ~ = n I 22",59 2046,2 0,000005026 0,010283

111 22",66 458,7 5034 0,002309 V 22",77 100,68 5046 0,0005080

VI 22",87 67,42 5097 0,0003410

Urn zu constatiren, dafs die Polarisation der Elektro- den nicht nierklich war, wurde die Messung mit einzel- nen Indactionsstofsen anstatt der constanten Strome wie- derholt. Man fand

NO. t W kr n I 20°,82 2124,O 0,000004836 0,010250

I11 20°,92 474,9 4837 0,002297 V 21°,22 104,03 4871 0,0005067

VI 21°,32 69,49 4882 0,0003392

Im Mittel sind die ersteren Zahlen urn 0,4 pCt. grofser als die zweiten, was von einer Spur Polarisation bei der ersten Bestimmung herruhren hiinnte. Da aber anderer- seits die Beobachtung bei den constanten Stromen we- sentlich genauer war, da aufserdem gegen einen Einflufs der Polarisation der Umstand spricht, dafs die Wider- stande bei der Aenderung der stromerregenden Siiule, sowie bei der Anwendung anderer Verzweigungswider- stande in der Briicke, sich scheinbar nicht anderten, da endlich die Abweichung vom Mittelwerthe noch nicht O",l Temperaturfehler entspricht, so werde das Mittel aus bei-

worden. Auch der Temperaturcoefficient stimmt mit der YOU B e e t z gefundenen Zuoahme 0,00000355 von 20" bis 50° gut uberein. (Ann. Bd. 117, S. 29.)

Page 14: Das elektrische Leitungsvermögen der Chloride von den Alkalien und alkalischen Erden, sowie der Salpetersäure in wässrigen Lösungen

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den Reihen genommen. mit Quecksilber uon Oo gefullten Gefafse

Danach sind die Widerstunds der

No. I 111 V V1' 0,010266 0,006303 0,0005074 0,0003401 Siem.

0,0000009 Siem. -C 0,000017 -C 0,000006 z k 0,0000007 (SchluCa im niichaten Heft.)

11. Dus Gleilen eleklrischer Funken; tion K a r l A ,n to l ik ,

Professor an der Realschule zu Kaschau in Ungarn.

A l s ich Anfangs des vergangenen Jahres im ersten Hefte des 151. Bandes dieser Annalen meine Experi- mente iiber das Gleiten elektrischer Funken veroffentlichte, war ich noch ein Anfiinger in dieser Hinsicht. Seit die- ser Zeit aber machte ich sehr viele und recht interessante Versuche, die die Aufmerksamkeit der Gelehrten wohl verdienen; darum saume ich nicht meine neueren Erfah- rungen den Fachmannern, die es vor Allen zuerst angeht, mitzutheilen, umsomehr, da ich eben durch diese Ver- suche die Weise gefunden zu haben hoffe: die Natur der so sehr launenhaften elektrischen Funken wenigstens annahernd ergriinden zu kijnnen.

Ich will die oben erwahnten Versuche bei dieser Ge- legenheit in Kurze wiederholen, um wo moglich die Ge- sammtheit meiner Erfahrungen darzulegen. Es wird viel- leicht auch nicht ganz uninteressant seyn zu bemerken, wie ich zu dieser Entdeckung gelangte.

Lange Zeit priifte ich die Form des zwischen den Ausladungskngeln der H o 1 t z 'schen Elektrisirmnschine iiberspringenden Funken und etwa vor zwei Jahren wufste ich schon, dafs, wenn die swei Ausladungs- kugeln in einer bestinamten, kleinen Entfernung (bei meiner