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DONNERSTAG, 29. MÄRZ 2018 | SEITE 22 HISTORIE [email protected] Ihr Ansprechpartner Nico Wendt Tel. 03421 721052 TORGAU. Umbau oder Neubau? In den letzten Wochen wurde heftig über die Zukunft des Torgauer Kulturhauses diskutiert. Auf der Historienseite möchten wir stattdessen einen Blick zu- rück werfen auf die bewegte Vergangenheit und auf die Traditi- on, die mit dem ehrwürdigen Gebäude verbunden ist. Hier ein Blick in die 70er Jahre. Die unterschiedlichsten Veranstaltungen fanden statt. Fotos: Kulturhaus-Archiv Das Torgauer Kulturhaus im Wandel der Zeit Danach wurden die Eier mit Speckschwarte abgerieben Aus einer Zeit, in der noch viel improvisiert werden musste TORGAU. In der Zeit, in der es noch keine bunten Eier zu kaufen gab, wurden Glä- ser besorgt, Farben gab es ja, heißes Was- ser rein und Farbe drauf, Eier rein und fer- tig waren die Ostereier. Nach einer ge- wissen Zeit wurden die Eier aus den Glä- sern genommen. Nach dem Kaltwerden, wurden sie meist mit Abziehbildern ver- sehen und zum krönenden Abschluss mit Speckschwarte abgerieben, damit sie herrlich glänzen. Mit den Kindern wur- den noch irgendwelche Hänger, Loren oder Osterhasen mit Körben gebastelt, in denen man die Eier hinein legen konnte. Diese Bastelbögen gab es zu kaufen. Ähn- lich wie in der Weihnachtszeit wurde das zelebriert. Wie in der Weihnachtszeit wur- de auch die Osterzeit gemeinsam vorbe- reitet, dazu gehörte nun mal das Eierfär- ben wie Plätzchenbacken zur Weih- nachtszeit. Die schönsten Eier sind die, die die Sorben gestalten. Es sind wah- re Kunstwerke, es sind im wahrsten Sinne Volkskünstler. Ich kann mich an Situationen erinnern, die auch zu Ostern ein Problem waren. So wurde in der Großküche im Flachglas- kombinat für mehrere Hundert Kinder das Mittagessen gekocht. Natürlich er- warteten die Kinder, dass es zu Ostern ein buntes Ei und vielleicht einen Schokola- denhasen gab. Weil die Nachfrage zu Os- tern natürlich besonders groß war, wur- den die Eier auf Umwegen in Eilenburg besorgt. Es war dem Küchenleiter, dem Herrn Hermann Dolecek zu verdanken, dass alles zur rechten Zeit vorhanden war. Ein Küchenleiter musste nicht nur ein gu- ter Koch, sondern vor allem ein guter Or- ganisator sein. Unser Hermann war bei- des, er war der richtige Mann am richti- gen Ort. So bekamen wir für über 2000 Mitarbeiter, fünf Kisten Bananen zuge- teilt. Das hätte nicht einmal für das Nacht- schichtessen gereicht. So legte Hermann fest, die geben wir der betriebseigenen Krippe und Kindergar- ten. So musste vieles besonders zu den Festtagen zu gebündelt werden, dass der Charakter eines Festes erhalten blieb, denn jeder weiß ja, zu den Festtagen gibt es immer etwas Besonderes. An dieser Stelle ist es mir ein Bedürfnis gerade auf dem Gebiet der Versorgung einmal Danke zu sagen an alle jene, die täglich dafür kämpfen ein Mittagessen und eine ordentliche Pausenversorgung zu gewährleisten. Das alles ist mit dem Küchenbetrieb von heute nicht zu vergleichen. In der Flako- küche wurde gekocht, alles von Hand ge- macht, frisch auf den Teller. Ja, selbst die Petersilie wurde selbst gezogen, kalte Platten gezaubert. Ja, gerade die kalte Platte, die unsere Frau Bader zau- berte war der große Renner. Unsere Uschi war und ist einfach klasse. Das alles war nur möglich, weil da funktionie- rende Kollektive dahinter standen, die einfach nach dem Motto arbeiteten: Einer für alle, alle für einen. Es war ein famili- äres Arbeitsklima. Natürlich ging ab und zu auch etwas da- neben, aber das passiert zu Hause auch. Meckerer gibt es überall, denen man ein- fach nichts recht machen kann. Sehe ich mir heute eine Großküche an, so hat das mit Kochen nicht viel zu tun. Selbst Soßen werden fertig angeliefert. Es kommt nur noch auf das richtige Mi- schungsverhältnis an. Da sind wir wieder am Ausgangspunkt, es macht die Mi- schung: Ein Fest muss immer ein Fest bleiben, Traditionen sind veränderlich, sie müssen aber immer als solche erkennbar sein. Wer feiern will, sollte auch wissen, was er feiert. Der Tag als solcher, sollte herausgehoben werden und auch so ge- staltet werden. In diesem Sinne wünsche ich ihnen ein frohes Fest und viel Glück beim Eier su- chen an den richtigen Stellen. Jürgen Schulz Wir Krankenschwestern mussten auch Wäsche flicken Im Jahr 2007 feierte das Krankenhaus Jubiläum / Auszüge aus der Festschrift (34) / Fortsetzung der Kurzbiografie von M. Mrozik TORGAU. Ich arbeitete von Anfang an auf der Inneren Abteilung, auf der sehr bald das Zimmer 107 als Kinderzimmer einge- richtet wurde, die Keimzelle der späteren Kinderabteilung. Schon 1946 wurde ich Stationsschwester der Inneren Abteilung, nach deren Aufgliederung blieb ich jahr - zehntelang Stationsschwester von Innere Frauen, bis ich 1983 mit 61 Jahren in die Rente ging und mich meine bisherige Zweitschwester Helga Hartl ablöste. Diese ganzen Jahre hindurch habe ich die Weiterentwicklung der Inneren Abteilung begleitet. Eine ganze Reihe internistischer Abteilungs- beziehungsweise Chefärzte zog an mir vorüber: Dr. Krauß, Dr. Nixdorf, Dr. Wild, Dr. Ranft und Dr. Zander. Noch größer war die Zahl der Statonsärzte, an die ich mich stets neu anzupassen hatte, darunter der spätere Kreisarzt Dr. Bredow. Auch der Schwesterndienst veränderte über die Jahre hinweg seinen Charakter. Zunächst arbeiteten wir im geteilten Dienst, von 6 bis 19 Uhr mit dreistündiger Mittagspause. Erleichterung brachte uns einen Tages der Schichtdienst, nun hatten wir auch ein wenig Zeit für uns selber. An die modernen Pflegehilfsmittel war in den ersten Nachkriegsjahren nicht zu denken. Damals hatten wir Schwestern zunächst auch noch Wäsche zu flicken. Und in je- der geeigneten Minute ging es ans Tup- ferdrehen und Bindenwickeln, um die mehrfach ausgewaschenen Binden wie- der verwenden zu können, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie auf der Chirur - gie – an Einwegmaterial war während meiner gesamten Dienstzeit nicht zu den- ken. Die gebrauchten Spritzen wurden auseinander genommen, wie die Kanülen gereinigt, ausgekocht und heißluftsterili- siert, danach waren die Glaszylinder und Kolben ohne Handberührung mit Hilfe ei- ner sterilen Zange wieder zusammenzu- fügen und in sterilen Behältern abzulegen. Dass sich an den Spitzen der mehrfach wiederverendeten Kanülen allmählich Häkchen entwickelten war nicht zu ver- meiden, der Mangel an Nachschub er- laubte, nur die am stärksten deformierten auszusortieren. Für die Blutsenkung wurde das Blut mit dem Mund in die Pipette hochgesogen, immer mit der Gefahr, von dem Blut etwas in den Mund zu bekommen. Blutentnah- men erfolgten selbstverständlich ohne Handschuhe. Nach heutigen Erkenntnis- sen waren wir dadurch mancherlei Infek- tionsgefahren ausgesetzt: Denn beim Wechsel der Spritzen und der Entleerung in bereitgestellten Glasröhrchen war der direkte Kontakt mit dem Patientenblut kaum zu vermeiden. Aber die wenigen, teilweise geflickten Handschuhe waren bestimmten ärztlichen Untersuchungen vorbehalten und mussten solange verwen- det werden, bis sie in Fetzen hingen. Die nach links umgekrempelten Gummihand- schuhe waren nach der Reinigung und Trocknung mittels eines Schleuderticks mit Luft aufzublasen und zu verschließen, dann auszupressen, sodass die Finger wie die Zitzen aus einem prallen Euter heraus- sprangen, anschließend mit Talkum zu pu- dern. Für uns Schwestern war das Routi- ne. Infusionen erfolgten damals mit Hilfe ei- nes Irrigators, in den wir die Flüssigkei- ten, zum Beispiel Ringerlösung, aus gro- ßes Ampullen von oben einzufüllen hat- ten, die medikamentösen Zusätze kamen auf gleichem Weg hinein. Erst sehr viel später kamen bei uns die Infusions- flaschen auf, wo man den Infusions- schlauch nur durch den Verschluss einzustechen bauchte. Es dauerte viele Jahre, bis sich die technischen Bedingungen für die Krankenpflege verbesserten. Als Stationsschwester hatte ich auch eini- gen Schriftkram zu erledigen, aber wohl doch nicht so viel wie heutzutage. Aber es gab anderes, was uns Schwestern von der Krankenpflege im engeren Sinne abhielt; die Essenausgabe. Die Stationsschwester, die Zweitschwester oder eine andere er- fahrene Schwester fuhr mit dem Essenwa- gen den Flur entlang, durch die geöffne- te Tür sprach sie die einzelnen Patienten an, deren Diätvorschriften sie natürlich im Kopf haben musste, richtete aus der be- scheidenen Auswahl nach den Wünschen der Patienten den Teller her und schickte ihre Helferin damit ans Bett. Das kostete stets viel Zeit. In meinen 37 Jahren als Krankenschwes- ter und 36 Jahren als Stationsschwester am Torgauer Krankenhaus habe ich viele Entwicklungensstadien des Gesundheits- wesens miterlebt und mitgestaltet. Auch unter schwierigen Bedingungen habe ich stets meine Pflicht getan und meine Er- fahrungen an die jüngeren Schwestern weitergegeben. Doch ich habe niemals bereut, den Schwesternberuf gewählt zu haben. Und ich bin mit meiner neuen Hei- mat Torgau inzwischen fest verwachsen. Margarete Mrozik (gestorben im Juni 2012 als 91-Jährige) HO-Verwaltungsgebäude wurde „Michl-Haus“ Über das Landratsamt / Außenstelle Südring und dessen Namen TORGAU. Auch zu DDR-Zeiten war es üb- lich, Straßen und Objekte nach bekann- ten Persönlichkeiten zu benennen, wie die Torgauer Bahnhofstraße zur Straße des Opfer des Faschismus, die Spitalstra- ße zur Leninstraße, die Bäckerstraße zur Salvador-Allende-Straße oder die 5. Ober- schule zur Otto-Grothewohl-Oberschule, die heute nicht mehr existiert, und an die- sem Platz Eigenheime entstanden. Weni- ge haben ihren Nahmen behalten, wie die August-Bebel-Straße, die Rudolf-Breit- scheid-Straße oder der Karl-Marx-Platz. Einiges ist in Vergessenheit geraten, wa- rum beispielsweise das Verwaltungsge- bäude des Landratsamtes am Südring in Torgau, 1952 im Besitz der HO, „Sieg- fried-Michl-Haus“ genannt wurde. Dazu muss man die Vorgeschichte und Fritz Rieback kennen. Fritz Rieback, früher bei der Reichsbahn tätig, hatte den Auftrag, nach 1945 die In- dustriegewerkschaft der Eisenbahner im Amtsbezirk Torgau aufzubauen. Er wur- de dann auch zum Sekretär der damali- gen Industriegewerkschaft (IG) der Eisen- bahner gewählt. Der Organisationsbe- reich reichte in Torgau in Richtung Halle bis Hohenroda, in Richtung Cottbus bis Übigau, in Richtung Hoyerswerda bis Lie- benwerda in Richtung Wittenberg bis Jes- sen. Fritz Rieback schrieb auch über die Grün- dung des FDGB (Freier Deutscher Ge- werkschaftsbund) am 15. Juni 1945 in Tor- gau einen Bericht. Dort nannte er all jene, welche die Gründung in Torgau vollzo- gen hatten. Es waren Oskar Klein, Mar - tin Rothe, Jupp Lampers, Richard Rößler und Ludwig Eisenhut. Als Gewerkschafts- funktionär setzte sich Fritz Rieback auch dafür ein, dass die damalige Handelsor - ganisation (HO) Torgau am Südring ein eigenes Verwaltungsgebäude, das „Sieg- fried-Michl-Haus“ erhielt. Die Genehmi- gung für das Verwaltungsgebäude und den Namen des Hauses hatte F. Rieback beim Bundesvorstand des FDGB in Ber - lin ausgehandelt. Der Vorraum des Ver - waltungsgebäude war jahrelang mit ei- nem großen Foto von Siegfried Michl ge- schmückt. Siegfried Michl war ein Widerstands- kämpfer gegen das Naziregime und musste dafür auch sein Leben lassen. Da S. Michl von Beruf Bäcker war, passte er gut zur Namensnennung des Handelsver - waltungsgebäude der HO Torgau. S. Michl stammte aus der Berliner Ecke. Fritz Rieback war auch sportlich aktiv und jahrelang in Torgau Boxringrichter. Sein Sohn hat ebenfalls geboxt. Fritz Riebacks ehrliche und humorvolle Art kam bei den Werktätigen gut an. Wo es möglich war, half Fritze besonders den wenig bemittel- ten Leuten und klopfte schon mal mit der Faust auf den Tisch, wenn sich Funktio- näre und bestimmte Leiter nicht für die anstehenden Probleme einsetzten. Günther Fiege TORGAU. Das Torgauer Kulturhaus, ehe- mals Schützenhaus, hat eine bewegte Ge- schichte. Bei meinen Recherchen für mei- ne Erzählung „Saloma“ über ukrainische Zwangsarbeiter erfuhr ich auch Näheres über französische Kriegsgefangene, die in den letzten Kriegsjahren im Lager Sta- lag IV D, in Torgau in der Naundorfer Straße, in der ehemaligen kleinen Etuifa- brik Fickert untergebracht waren. Zu- rückblickend ist es für uns heute unvor - stellbar, welche Unterschiede es zwischen den ukrainischen Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen und den französischen Kriegsgefangenen gab. Während die Ge- fangenen aus dem Osten als Menschen zweiter Klasse galten und fast völlig ab- geschottet von der deutschen Bevölke- rung leben mussten, keinen Briefwechsel mit der Heimat haben durften, hatten die französischen Kriegsgefangenen im La- ger in der Naundorfer Straße doch vieler - lei Privilegien. So durften sie Briefe in die Heimat schreiben, bekamen von dort Pa- kete, auch das Rote Kreuz belieferte sie mit Gaben, hatten einen eigenen Seelsor - ger, sogar eine Bücherei. Ein Kunstmaler unter den Franzosen, Pierre Trassard, durfte sich teilweise sogar frei in Torgau bewegen, um zu zeichnen. In manchen Torgauer Familien wird es wohl noch ei- nige Stahlstiche von Torgauer Sehenswür- digkeiten geben, da sie erworben werden konnten. Ulrich Linkner, der bekannte ehemalige Torgauer Lehrer, erzählte mir zu seinen Lebzeiten, dass diese französi- schen Kriegsgefangenen auch eine Mu- sik- und Theatergruppe in ihren Reihen hatte. Es wurde ihnen von deutscher Sei- te gestattet, dass die Theateraufführun- gen im Torgauer damaligen Schützenhaus stattfinden konnten! Ulrich Linkner und Dr. Uwe Niedersen beschäftigten sich in- tensiv mit dem Thema der französischen Kriegsgefangenen und beschrieben es ausführlich in ihrem Buch „Livre D’or, das goldene Buch der kriegsgefangenen Fran- zosen in Torgau“. Fast zwanzig Jahre später, in den sechzi- ger Jahren ging ich mit klopfendem Her- zen regelmäßig in das Kulturhaus, um meine ersten Gedichte und Erzählungen im Zirkel „Schreibender Arbeiter“ begut- achten zu lassen. Margot Weiß Es blieb noch Zeit für Kunst Französische Kriegsgefangene waren in Torgau untergebracht 2007 feierte das Krankenhaus Torgau 100-jähriges Bestehen. Das war ein stolzes Jubiläum und ein wür- diger Anlass zum Feiern. Damals wur- de eigens ein Buch erarbeitet, das interessante Ge- schichten aus Vergan- genheit und Gegenwart enthält. Mit freundli- cher Genehmigung aus dem Krankenhaus darf die TZ einige Epi- soden übernehmen. Foto: Claudia Hautumm/pixelio.de Stationsschwester Margarete Mrozik. Quelle: Frau Schreier

Das Torgauer Kulturhaus im Wandel der Zeit 22_Historie.pdf · Ich kann mich an Situationen erinnern, ... hat das mit Kochen nicht viel zu tun. Selbst Soßen werden fertig angeliefert

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DONNERSTAG, 29. MÄRZ 2018 | SEITE 22

HISTORIE [email protected]

Ihr Ansprechpartner

Nico Wendt Tel. 03421 721052

TORGAU. Umbau oder Neubau? In den letzten Wochen wurde heftig über die Zukunft des Torgauer Kulturhauses diskutiert. Auf der Historienseite möchten wir stattdessen einen Blick zu-rück werfen auf die bewegte Vergangenheit und auf die Traditi-on, die mit dem ehrwürdigen Gebäude verbunden ist. Hier ein Blick in die 70er Jahre. Die unterschiedlichsten Veranstaltungen fanden statt. Fotos: Kulturhaus-Archiv

Das Torgauer Kulturhaus im Wandel der Zeit

Danach wurden die Eier mit Speckschwarte abgeriebenAus einer Zeit, in der noch viel improvisiert werden musste

TORGAU. In der Zeit, in der es noch keine bunten Eier zu kaufen gab, wurden Glä-ser besorgt, Farben gab es ja, heißes Was-ser rein und Farbe drauf, Eier rein und fer-tig waren die Ostereier. Nach einer ge-wissen Zeit wurden die Eier aus den Glä-sern genommen. Nach dem Kaltwerden, wurden sie meist mit Abziehbildern ver-sehen und zum krönenden Abschluss mit Speckschwarte abgerieben, damit sie herrlich glänzen. Mit den Kindern wur-den noch irgendwelche Hänger, Loren oder Osterhasen mit Körben gebastelt, in denen man die Eier hinein legen konnte. Diese Bastelbögen gab es zu kaufen. Ähn-lich wie in der Weihnachtszeit wurde das zelebriert. Wie in der Weihnachtszeit wur-de auch die Osterzeit gemeinsam vorbe-reitet, dazu gehörte nun mal das Eierfär-ben wie Plätzchenbacken zur Weih-nachtszeit. Die schönsten Eier sind die, die die Sorben gestalten. Es sind wah-re Kunstwerke, es sind im wahrsten Sinne Volkskünstler. Ich kann mich an Situationen erinnern, die auch zu Ostern ein Problem waren.

So wurde in der Großküche im Flachglas-kombinat für mehrere Hundert Kinder das Mittagessen gekocht. Natürlich er-warteten die Kinder, dass es zu Ostern ein buntes Ei und vielleicht einen Schokola-denhasen gab. Weil die Nachfrage zu Os-tern natürlich besonders groß war, wur-den die Eier auf Umwegen in Eilenburg besorgt. Es war dem Küchenleiter, dem Herrn Hermann Dolecek zu verdanken, dass alles zur rechten Zeit vorhanden war. Ein Küchenleiter musste nicht nur ein gu-ter Koch, sondern vor allem ein guter Or-ganisator sein. Unser Hermann war bei-des, er war der richtige Mann am richti-

gen Ort. So bekamen wir für über 2000 Mitarbeiter, fünf Kisten Bananen zuge-teilt. Das hätte nicht einmal für das Nacht-schichtessen gereicht. So legte Hermann fest, die geben wir der betriebseigenen Krippe und Kindergar-ten. So musste vieles besonders zu den Festtagen zu gebündelt werden, dass der Charakter eines Festes erhalten blieb, denn jeder weiß ja, zu den Festtagen gibt es immer etwas Besonderes. An dieser Stelle ist es mir ein Bedürfnis gerade auf dem Gebiet der Versorgung einmal Danke zu sagen an alle jene, die täglich dafür kämpfen ein Mittagessen und eine ordentliche Pausenversorgung zu gewährleisten. Das alles ist mit dem Küchenbetrieb von heute nicht zu vergleichen. In der Flako-küche wurde gekocht, alles von Hand ge-

macht, frisch auf den Teller. Ja, selbst die Petersilie wurde selbst gezogen, kalte Platten gezaubert. Ja, gerade die kalte Platte, die unsere Frau Bader zau-berte war der große Renner. Unsere Uschi war und ist einfach klasse. Das

alles war nur möglich, weil da funktionie-rende Kollektive dahinter standen, die einfach nach dem Motto arbeiteten: Einer für alle, alle für einen. Es war ein famili-äres Arbeitsklima.Natürlich ging ab und zu auch etwas da-neben, aber das passiert zu Hause auch. Meckerer gibt es überall, denen man ein-fach nichts recht machen kann. Sehe ich mir heute eine Großküche an, so hat das mit Kochen nicht viel zu tun. Selbst Soßen werden fertig angeliefert. Es kommt nur noch auf das richtige Mi-schungsverhältnis an. Da sind wir wieder am Ausgangspunkt, es macht die Mi-schung: Ein Fest muss immer ein Fest bleiben, Traditionen sind veränderlich, sie müssen aber immer als solche erkennbar sein. Wer feiern will, sollte auch wissen, was er feiert. Der Tag als solcher, sollte herausgehoben werden und auch so ge-staltet werden.In diesem Sinne wünsche ich ihnen ein frohes Fest und viel Glück beim Eier su-chen an den richtigen Stellen. Jürgen Schulz

Wir Krankenschwestern mussten auch Wäsche flicken Im Jahr 2007 feierte das Krankenhaus Jubiläum / Auszüge aus der Festschrift (34) / Fortsetzung der Kurzbiografie von M. Mrozik

TORGAU. Ich arbeitete von Anfang an auf der Inneren Abteilung, auf der sehr bald das Zimmer 107 als Kinderzimmer einge-richtet wurde, die Keimzelle der späteren Kinderabteilung. Schon 1946 wurde ich Stationsschwester der Inneren Abteilung, nach deren Aufgliederung blieb ich jahr-zehntelang Stationsschwester von Innere Frauen, bis ich 1983 mit 61 Jahren in die Rente ging und mich meine bisherige Zweitschwester Helga Hartl ablöste. Diese ganzen Jahre hindurch habe ich die Weiterentwicklung der Inneren Abteilung begleitet. Eine ganze Reihe internistischer Abteilungs- beziehungsweise Chefärzte zog an mir vorüber: Dr. Krauß, Dr. Nixdorf, Dr. Wild, Dr. Ranft und Dr. Zander. Noch größer war die Zahl der Statonsärzte, an die ich mich stets neu anzupassen hatte, darunter der spätere Kreisarzt Dr. Bredow. Auch der Schwesterndienst veränderte über die Jahre hinweg seinen Charakter. Zunächst arbeiteten wir im geteilten Dienst, von 6 bis 19 Uhr mit dreistündiger Mittagspause. Erleichterung brachte uns einen Tages der Schichtdienst, nun hatten wir auch ein wenig Zeit für uns selber. An die modernen Pflegehilfsmittel war in den ersten Nachkriegsjahren nicht zu denken. Damals hatten wir Schwestern zunächst auch noch Wäsche zu flicken. Und in je-der geeigneten Minute ging es ans Tup-ferdrehen und Bindenwickeln, um die mehrfach ausgewaschenen Binden wie-der verwenden zu können, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie auf der Chirur-gie – an Einwegmaterial war während meiner gesamten Dienstzeit nicht zu den-

ken. Die gebrauchten Spritzen wurden auseinander genommen, wie die Kanülen gereinigt, ausgekocht und heißluftsterili-siert, danach waren die Glaszylinder und Kolben ohne Handberührung mit Hilfe ei-ner sterilen Zange wieder zusammenzu-fügen und in sterilen Behältern abzulegen. Dass sich an den Spitzen der mehrfach wiederverendeten Kanülen allmählich Häkchen entwickelten war nicht zu ver-meiden, der Mangel an Nachschub er-laubte, nur die am stärksten deformierten auszusortieren.Für die Blutsenkung wurde das Blut mit dem Mund in die Pipette hochgesogen, immer mit der Gefahr, von dem Blut etwas in den Mund zu bekommen. Blutentnah-men erfolgten selbstverständlich ohne Handschuhe. Nach heutigen Erkenntnis-sen waren wir dadurch mancherlei Infek-tionsgefahren ausgesetzt: Denn beim Wechsel der Spritzen und der Entleerung

in bereitgestellten Glasröhrchen war der direkte Kontakt mit dem Patientenblut kaum zu vermeiden. Aber die wenigen, teilweise geflickten Handschuhe waren bestimmten ärztlichen Untersuchungen vorbehalten und mussten solange verwen-det werden, bis sie in Fetzen hingen. Die nach links umgekrempelten Gummihand-schuhe waren nach der Reinigung und Trocknung mittels eines Schleuderticks mit Luft aufzublasen und zu verschließen, dann auszupressen, sodass die Finger wie die Zitzen aus einem prallen Euter heraus-sprangen, anschließend mit Talkum zu pu-dern. Für uns Schwestern war das Routi-ne. Infusionen erfolgten damals mit Hilfe ei-nes Irrigators, in den wir die Flüssigkei-ten, zum Beispiel Ringerlösung, aus gro-ßes Ampullen von oben einzufüllen hat-ten, die medikamentösen Zusätze kamen auf gleichem Weg hinein. Erst sehr viel später kamen bei uns die Infusions-flaschen auf, wo man den Infusions-schlauch nur durch den Verschluss einzustechen bauchte. Es dauerte viele Jahre, bis sich die technischen Bedingungen für die Krankenpflege verbesserten.Als Stationsschwester hatte ich auch eini-gen Schriftkram zu erledigen, aber wohl doch nicht so viel wie heutzutage. Aber es gab anderes, was uns Schwestern von der Krankenpflege im engeren Sinne abhielt; die Essenausgabe. Die Stationsschwester, die Zweitschwester oder eine andere er-fahrene Schwester fuhr mit dem Essenwa-gen den Flur entlang, durch die geöffne-

te Tür sprach sie die einzelnen Patienten an, deren Diätvorschriften sie natürlich im Kopf haben musste, richtete aus der be-scheidenen Auswahl nach den Wünschen der Patienten den Teller her und schickte ihre Helferin damit ans Bett. Das kostete stets viel Zeit.In meinen 37 Jahren als Krankenschwes-ter und 36 Jahren als Stationsschwester am Torgauer Krankenhaus habe ich viele Entwicklungensstadien des Gesundheits-wesens miterlebt und mitgestaltet. Auch unter schwierigen Bedingungen habe ich stets meine Pflicht getan und meine Er-fahrungen an die jüngeren Schwestern weitergegeben. Doch ich habe niemals bereut, den Schwesternberuf gewählt zu haben. Und ich bin mit meiner neuen Hei-mat Torgau inzwischen fest verwachsen. Margarete Mrozik (gestorben im Juni 2012 als 91-Jährige)

HO-Verwaltungsgebäude wurde „Michl-Haus“

Über das Landratsamt / Außenstelle Südring und dessen Namen

TORGAU. Auch zu DDR-Zeiten war es üb-lich, Straßen und Objekte nach bekann-ten Persönlichkeiten zu benennen, wie die Torgauer Bahnhofstraße zur Straße des Opfer des Faschismus, die Spitalstra-ße zur Leninstraße, die Bäckerstraße zur Salvador-Allende-Straße oder die 5. Ober-schule zur Otto-Grothewohl-Oberschule, die heute nicht mehr existiert, und an die-sem Platz Eigenheime entstanden. Weni-ge haben ihren Nahmen behalten, wie die August-Bebel-Straße, die Rudolf-Breit-scheid-Straße oder der Karl-Marx-Platz. Einiges ist in Vergessenheit geraten, wa-rum beispielsweise das Verwaltungsge-bäude des Landratsamtes am Südring in Torgau, 1952 im Besitz der HO, „Sieg-fried-Michl-Haus“ genannt wurde. Dazu muss man die Vorgeschichte und Fritz Rieback kennen. Fritz Rieback, früher bei der Reichsbahn tätig, hatte den Auftrag, nach 1945 die In-dustriegewerkschaft der Eisenbahner im Amtsbezirk Torgau aufzubauen. Er wur-de dann auch zum Sekretär der damali-gen Industriegewerkschaft (IG) der Eisen-bahner gewählt. Der Organisationsbe-reich reichte in Torgau in Richtung Halle bis Hohenroda, in Richtung Cottbus bis Übigau, in Richtung Hoyerswerda bis Lie-benwerda in Richtung Wittenberg bis Jes-sen. Fritz Rieback schrieb auch über die Grün-dung des FDGB (Freier Deutscher Ge-werkschaftsbund) am 15. Juni 1945 in Tor-

gau einen Bericht. Dort nannte er all jene, welche die Gründung in Torgau vollzo-gen hatten. Es waren Oskar Klein, Mar-tin Rothe, Jupp Lampers, Richard Rößler und Ludwig Eisenhut. Als Gewerkschafts-funktionär setzte sich Fritz Rieback auch dafür ein, dass die damalige Handelsor-ganisation (HO) Torgau am Südring ein eigenes Verwaltungsgebäude, das „Sieg-fried-Michl-Haus“ erhielt. Die Genehmi-gung für das Verwaltungsgebäude und den Namen des Hauses hatte F. Rieback beim Bundesvorstand des FDGB in Ber-lin ausgehandelt. Der Vorraum des Ver-waltungsgebäude war jahrelang mit ei-nem großen Foto von Siegfried Michl ge-schmückt.Siegfried Michl war ein Widerstands-kämpfer gegen das Naziregime und musste dafür auch sein Leben lassen. Da S. Michl von Beruf Bäcker war, passte er gut zur Namensnennung des Handelsver-waltungsgebäude der HO Torgau. S. Michl stammte aus der Berliner Ecke.Fritz Rieback war auch sportlich aktiv und jahrelang in Torgau Boxringrichter. Sein Sohn hat ebenfalls geboxt. Fritz Riebacks ehrliche und humorvolle Art kam bei den Werktätigen gut an. Wo es möglich war, half Fritze besonders den wenig bemittel-ten Leuten und klopfte schon mal mit der Faust auf den Tisch, wenn sich Funktio-näre und bestimmte Leiter nicht für die anstehenden Probleme einsetzten. Günther Fiege

TORGAU. Das Torgauer Kulturhaus, ehe-mals Schützenhaus, hat eine bewegte Ge-schichte. Bei meinen Recherchen für mei-ne Erzählung „Saloma“ über ukrainische Zwangsarbeiter erfuhr ich auch Näheres über französische Kriegsgefangene, die in den letzten Kriegsjahren im Lager Sta-lag IV D, in Torgau in der Naundorfer Straße, in der ehemaligen kleinen Etuifa-brik Fickert untergebracht waren. Zu-rückblickend ist es für uns heute unvor-stellbar, welche Unterschiede es zwischen den ukrainischen Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen und den französischen Kriegsgefangenen gab. Während die Ge-fangenen aus dem Osten als Menschen zweiter Klasse galten und fast völlig ab-geschottet von der deutschen Bevölke-rung leben mussten, keinen Briefwechsel mit der Heimat haben durften, hatten die französischen Kriegsgefangenen im La-ger in der Naundorfer Straße doch vieler-lei Privilegien. So durften sie Briefe in die Heimat schreiben, bekamen von dort Pa-kete, auch das Rote Kreuz belieferte sie mit Gaben, hatten einen eigenen Seelsor-ger, sogar eine Bücherei. Ein Kunstmaler

unter den Franzosen, Pierre Trassard, durfte sich teilweise sogar frei in Torgau bewegen, um zu zeichnen. In manchen Torgauer Familien wird es wohl noch ei-nige Stahlstiche von Torgauer Sehenswür-digkeiten geben, da sie erworben werden konnten. Ulrich Linkner, der bekannte ehemalige Torgauer Lehrer, erzählte mir zu seinen Lebzeiten, dass diese französi-schen Kriegsgefangenen auch eine Mu-sik- und Theatergruppe in ihren Reihen hatte. Es wurde ihnen von deutscher Sei-te gestattet, dass die Theateraufführun-gen im Torgauer damaligen Schützenhaus stattfinden konnten! Ulrich Linkner und Dr. Uwe Niedersen beschäftigten sich in-tensiv mit dem Thema der französischen Kriegsgefangenen und beschrieben es ausführlich in ihrem Buch „Livre D’or, das goldene Buch der kriegsgefangenen Fran-zosen in Torgau“.Fast zwanzig Jahre später, in den sechzi-ger Jahren ging ich mit klopfendem Her-zen regelmäßig in das Kulturhaus, um meine ersten Gedichte und Erzählungen im Zirkel „Schreibender Arbeiter“ begut-achten zu lassen. Margot Weiß

Es blieb noch Zeit für KunstFranzösische Kriegsgefangene waren in Torgau untergebracht

2007 feierte das Krankenhaus Torgau 100-jähriges Bestehen. Das war ein stolzes Jubiläum und ein wür-diger Anlass zum Feiern. Damals wur-de eigens ein Buch e ra rbe i t e t ,

das interessante Ge-schichten aus Vergan-genheit und Gegenwart enthält. Mit freundli-cher Genehmigung aus dem Krankenhaus darf die TZ einige Epi-soden übernehmen.

Foto: Claudia Hautumm/pixelio.de

Stationsschwester Margarete Mrozik. Quelle: Frau Schreier