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Editorial A. A. Schuchowitzki]: Das ungew6hnliehe Sehicksal der Chromatographie Die Chromatographie hat ein eigentttmliches Schicksal. Normalerweise erreichen analytische Methoden nach einer Periode stiirrnischer Entwicklung eine Stufe im Bereich der analytisehen Chemie, yon der aus sie sieh nur noch geringftigig verandem oder erweitem. Das goldene Zeitalter der Chromatographie geht jedoch immer noch nicht zu Ende und es gibt keinerlei Zeichen eines Riickganges. Eine dritte Generation yon Chromato- graphen erscheint. Hohe Driicke und Geschwindigkeiten, spezifisch empFmdliche Detektoren, neue Typen yon Sorbentien haben M/Sglichkeiten fiir weitere Fortschritte er6ffnet. Das Ungew6hnliche an der Entwicklung der Chromato- graphie h~ngt in erster Linie damit zusammen, daft sie zeitlicli engstens mit einer revolution~iren Entwicklungs- phase von Wissenschaft und industrieller Praxis zusammen. fallt. Anwendung und Analyse yon Vielstoffgemischen, Ent- deckung yon Spurenstoffen und ihrer Wirkungsweise, dies sind charakteristische Merkmale heutiger theoretischer Arbeiten und technischer Probleme nicht nur in der Chemie. Auf diesen Gebieten liegen immer noch unz~dige Aufgaben for die praktisch unbegrenzte Chromatographie vor. Mit ihrer Hilfe wird man zweifellos eine grot~e Menge neuer Informationen fiber nattirliche Stoffgemische erhal- ten und man wird eine noch gr6t~ere Anzahl wichtiger Stoffe in biologischen Materialien und anderem entdecken. Mit verschiedenen Wissenschaften ist die Chromatographie iiber zahlreiche Kan~ileverbunden. In den kommenden Detektoren wird man v611igneue Mel~- effekte anwenden. Somit wird sich ,,der Detektor" standig verLudern als ein Spiegelbild des Standes yon Wissen und Technologie. I)er Bereich yon chromatographisch bestimmbaren physi. kalisch-chemischen Gr6t~en erweitert sich zunehmend. Es ist recht schwierig, vorauszusagen, yon welcher Art die sechste und die zehnte Generation Chromatographie sein wird. Vielleicht sollte man aber einige der Aufgaben nennen, deren Lfsung fiir den weiteren Fortsehritt der Chromato- graphie ntitig ist: Methoden entwiekeln, welehe die Synthese yon Sorben- tien mit vorbestimmter Selektivi~t erlauben. Diese Auf- gabe h~gt eng mit tier folgenden wichtigen zusammen: Sorbentien auffmden, deren Sorptionsverhalten ohne Temperatur~aderung verLudert werden kann. Die MOglichkeiten yon Tr~germaterialien mit regelm~ig angeordneten kurzen Kaniilen, in welchen ein Stofftrans- port yon Phase zu Phase mit hOchster Wirksamkeit abl~iuft, shad noch l~ingst nicht ersch~Spft. Die heutige Kapillar-Chromatographie ist nur ein Prototyp jener zukfinftigen mikro-chromatographischen Technik, welche bis in den Bereich atomarer Prozesse hinabreichen wird. Mikroversionen yon Detektoren wird man direkt auf das Tr~germaterial aufbringen kOnnen. Wenn die Empf'mdlichkeit yon Detektoren bis zur m6g. lichen Grenze gesteigert worden ist, um einzelne Mole- k'dle z~alen zu k6nnen, wird man heute noch unerwartete neue Informationen erhalten, deren grol~e Bedeutung in erster Linie auf dem Gebiet der Biologie, aber auch im Bereich der Suche nach wertvollen Mineralien liegen wer- den. Die weitere Entwicklung yon selektiven Detektoren wird zu einer entscheidenden Verbesserung der Vielkomponen- tenanalyse ftihren. Eine der soeben in Angriff genommenen Aufgaben ist die Verbindung yon Chromatographie rnit fiberwachenden und auswertenden Computem. Sehliefilich wird im Bereich der industrieUen chemischen Analyse der Ersatz heute fiblicher Detektoren durch ein sogenanntes Null.Instrument alle Informationen 0ber ein Stoffgemisch allein aus Retentionszeitmessungen erlauben. Der Temperaturbereich, in welcliem heute chromato- graphiert wird, wird sich stark erweitem, haupts~ichlich in Richtung hohe Temperaturen. Gas-Chromatographie bei Temperaturen um 1000 bis 1500 ~ ist eine Sache der allemiichsten Zukunft. Indem wir M. Lomonosows Worte fiber Chemie auf die Chromatographie beziehen, k6nnen wir sagen: " NHpoEo npOcTHpae~ xpoMarorpa~H2 pyKH CBOH B ~e~a ~e~oBe~OoEHe, c~y~aTe~H 11 (Die Chromatographie reicht weit in Bereiche menschlichen Tuns.) Chromatographia 3, 1970 305

Das ungewöhnliche Schicksal der Chromatographie

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Editorial

A. A. Schuchowitzki]: Das ungew6hnliehe Sehicksal der Chromatographie

Die Chromatographie hat ein eigentttmliches Schicksal. Normalerweise erreichen analytische Methoden nach einer Periode stiirrnischer Entwicklung eine Stufe im Bereich der analytisehen Chemie, yon der aus sie sieh nur noch geringftigig verandem oder erweitem.

Das goldene Zeitalter der Chromatographie geht jedoch immer noch nicht zu Ende und es gibt keinerlei Zeichen eines Riickganges. Eine dritte Generation yon Chromato- graphen erscheint. Hohe Driicke und Geschwindigkeiten, spezifisch empFmdliche Detektoren, neue Typen yon Sorbentien haben M/Sglichkeiten fiir weitere Fortschritte er6ffnet.

Das Ungew6hnliche an der Entwicklung der Chromato- graphie h~ngt in erster Linie damit zusammen, daft sie zeitlicli engstens mit einer revolution~iren Entwicklungs- phase von Wissenschaft und industrieller Praxis zusammen. fallt.

Anwendung und Analyse yon Vielstoffgemischen, Ent- deckung yon Spurenstoffen und ihrer Wirkungsweise, dies sind charakteristische Merkmale heutiger theoretischer Arbeiten und technischer Probleme nicht nur in der Chemie. Auf diesen Gebieten liegen immer noch unz~dige Aufgaben for die praktisch unbegrenzte Chromatographie vor. Mit ihrer Hilfe wird man zweifellos eine grot~e Menge neuer Informationen fiber nattirliche Stoffgemische erhal- ten und man wird eine noch gr6t~ere Anzahl wichtiger Stoffe in biologischen Materialien und anderem entdecken.

Mit verschiedenen Wissenschaften ist die Chromatographie iiber zahlreiche Kan~ile verbunden.

In den kommenden Detektoren wird man v611ig neue Mel~- effekte anwenden. Somit wird sich ,,der Detektor" standig verLudern als ein Spiegelbild des Standes yon Wissen und Technologie.

I)er Bereich yon chromatographisch bestimmbaren physi. kalisch-chemischen Gr6t~en erweitert sich zunehmend.

Es ist recht schwierig, vorauszusagen, yon welcher Art die sechste und die zehnte Generation Chromatographie sein wird.

Vielleicht sollte man aber einige der Aufgaben nennen, deren Lfsung fiir den weiteren Fortsehritt der Chromato- graphie ntitig ist:

Methoden entwiekeln, welehe die Synthese yon Sorben- tien mit vorbestimmter Selektivi~t erlauben. Diese Auf- gabe h ~ g t eng mit tier folgenden wichtigen zusammen:

Sorbentien auffmden, deren Sorptionsverhalten ohne Temperatur~aderung verLudert werden kann.

Die MOglichkeiten yon Tr~germaterialien mit regelm~ig angeordneten kurzen Kaniilen, in welchen ein Stofftrans- port yon Phase zu Phase mit hOchster Wirksamkeit abl~iuft, shad noch l~ingst nicht ersch~Spft.

Die heutige Kapillar-Chromatographie ist nur ein Prototyp jener zukfinftigen mikro-chromatographischen Technik, welche bis in den Bereich atomarer Prozesse hinabreichen wird. Mikroversionen yon Detektoren wird man direkt auf das Tr~germaterial aufbringen kOnnen.

Wenn die Empf'mdlichkeit yon Detektoren bis zur m6g. lichen Grenze gesteigert worden ist, um einzelne Mole- k'dle z~alen zu k6nnen, wird man heute noch unerwartete neue Informationen erhalten, deren grol~e Bedeutung in erster Linie auf dem Gebiet der Biologie, aber auch im Bereich der Suche nach wertvollen Mineralien liegen wer- den. Die weitere Entwicklung yon selektiven Detektoren wird zu einer entscheidenden Verbesserung der Vielkomponen- tenanalyse ftihren. Eine der soeben in Angriff genommenen Aufgaben ist die Verbindung yon Chromatographie rnit fiberwachenden und auswertenden Computem.

Sehliefilich wird im Bereich der industrieUen chemischen Analyse der Ersatz heute fiblicher Detektoren durch ein sogenanntes Null.Instrument alle Informationen 0ber ein Stoffgemisch allein aus Retentionszeitmessungen erlauben.

Der Temperaturbereich, in welcliem heute chromato- graphiert wird, wird sich stark erweitem, haupts~ichlich in Richtung hohe Temperaturen. Gas-Chromatographie bei Temperaturen um 1000 bis 1500 ~ ist eine Sache der allemiichsten Zukunft.

Indem wir M. Lomonosows Worte fiber Chemie auf die Chromatographie beziehen, k6nnen wir sagen:

" NHpoEo npOcTHpae~ xpoMarorpa~H2

pyKH CBOH B ~e~a ~e~oBe~OoEHe, c~y~aTe~H 11

(Die Chromatographie reicht weit in Bereiche menschlichen Tuns.)

Chromatographia 3, 1970 305