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J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Das Weimarer Wahlsystem und Bemühungen zu seiner Reform
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Inhaltlicher Aufbau
•Vorgeschichte
•Das Wahlsystem
•Vorschläge zur Reform des Reichswahlgesetzes
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Vorgeschichte
• Wahlen im Kaiserreich
• Wahl der Nationalversammlung 1919
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Wahlen im Kaiserreich
Das Wahlrecht zum Reichstag wurde vom Norddeutschen Bund übernommen•Männer über 25 Jahren•allgemein, frei, direkt und geheim•ausgeschlossen waren geistig
Behinderte, Soldaten, Bedürftige und Frauen
Wahlberechtigte 1912 ca. 14,4 Mio. = 22% der Bevölkerung
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Wahlen im Kaiserreich
•Absolutes Mehrheitswahlrecht•zwei Wahlgänge•397 Wahlkreise = 397 Abgeordnete
(1871: 382 Abgeordnete)
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Wahlen im Kaiserreich
•Das absolute Mehrheitswahlrecht ruft besondere Verhaltensweisen der Parteien hervor:
Zusammenschluss und Absprachen der Parteien bei den Wahlgängen
Sozialdemokraten und Zentrum sind aufgrund von Antipathie der konkurrierende Parteien isoliert
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Wahlen im Kaiserreich•starkes Bevölkerungswachstum •Landflucht •Industrialisierung
Wahlkreise bleiben gleich Sozialdemokratie benachteiligt(Anhängerschaft in urbanen
Industrieregionen) regierungstreue Konservative profitieren
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J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/507_Reichstagswahlen_88.pdf
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Wahl zur Nationalversammlung
•Neues Wahlrecht•Allgemein, direkt, frei und geheim•Frauen und Soldaten dürfen wählen•Mindestalter: ab 20 Jahren•63,3 % der Bevölkerung ist wahlberchtigt
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Wahl zur Nationalversammlung
•Verhältniswahlrecht•Starre Parteilisten•38 Wahlbezirke + Osttruppen
•Modernes Wahlrecht •breiter Konsens über Verhältniswahlrecht
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Wahl zur Nationalversammlung
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Das Wahlsystem
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Verfassung
•§ 22 der Reichsverfassung: „Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl von den über zwanzig Jahre alten Männern und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Der Wahltag muss ein Sonntag oder öffentlicher Ruhetag sein. Das Nähere bestimmt das Reichswahlgesetz.“
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Das Wahlsystem (Reichstag)6. November 1932, Wahl zum 7. Reichstag
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Ergebnisse der AuszählungDeutschland 62.410.619 44.374.085 35.758.259 287.47135 470 788
Wk 2 Berlin 1.966.173 1.496.567 1.202.782 7.326 1.195.456Liste NSDAP DNVP DVP BVP Zentr DDP SPD KPDDeutschland 11.737.021 2.959.053 660.889 1.094.597 4.230.545 336.447 7.247.901 5.980.239Wk 2 Berlin 269.300 105.400 6.490 . 49.603 12.917 284.461 450.806Liste CSV BBB WP Ldbu Ldbu DHP RadM LdvoDeutschland 403.666 149.002 110.309 105.220 60.062 63.966 60.246 46.382Wk 2 Berlin 5.117 . 854 . . 306 4.667 74Liste CSV BBB WP Ldbu Ldbu DHP RadM LdvoDeutschland 403.666 149.002 110.309 105.220 60.062 63.966 60.246 46.382Wk 2 Berlin 5.117 . 854 . . 306 4.667 74Liste Vrp SAP Polen HuP KIV Fwb Sgem SRPDDeutschland 46.202 45.201 32.988 27.752 15.727 11.002 9.250 8.395Wk 2 Berlin 189 1.302 951 919 240 152 . 520Liste HHG RDP KgAB FNSM entM NFP SlV SchmDeutschland 5.189 3.789 3.308 3.052 2.737 1.810 1.694 1.311Wk 2 Berlin 156 310 13 . 47 . . .Liste IKI NatP Vsoz HLP NKPD DSMP DRefP DAnPDeutschland 1.086 588 518 461 381 355 352 308Wk 2 Berlin 344 . . 35 . . . .Liste UUD GMP Meiß DnBB Erwl RNDK DSK RGZBDeutschland 290 286 280 192 140 137 101 97Wk 2 Berlin 64 . 110 . . . . .Liste FSWR MitP KbL DB(NR)Deutschland 92 85 63 24Wk 2 Berlin . 85 . 24
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Parteien• NSDAP=Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (Hitler-Bewegung)• DNVP=Deutschnationale Volkspartei• DVP=Deutsche Volkspartei. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutschnationale Volkspartei«. • BVP=Bayerische Volkspartei • Zentr=Deutsche Zentrumspartei. Im Wahlkreis 27 (Pfalz) Wahlvorschlag »Zentrum und Bayerische Volkspartei«.• DDP=Deutsche Demokratische Partei. Im Wahlkreis 16 (Südhannover-Braunschweig) Wahlvorschlag »Niedersächsische Bürgerliche
Mitte (Deutsche Staatspartei und Reichspartei des Deutschen Mittelstandes) (Wirtschaftspartei)«; im Wahlkreis 31 (Württemberg) »Deutsche demokratische Partei Württemberg u. Hohenzollern«.
• SPD=Sozialdemokratische Partei Deutschlands• KPD=Kommunistische Partei Deutschlands• Sonst=sonstige Parteien • CSV=Christlich-Sozialer Volksdienst. In den Wahlkreisen 17 (Westfalen Nord) und 18 (Westfalen Süd) und 32 (Baden) Wahlvorschlag
»Evangelischer Volksdienst«. • BBB=Bayerischer Bauernbund. Wahlvorschlag »Deutsche Bauernpartei«; in den Wahlkreisen 24 (Oberbayern-Schwaben) und 25
(Niederbayern) »Bayerischer Bauern- und Mittelstandsbund (Deutsche Bauernpartei)«; in denWahlkreisen 26 (Franken) und 32 (Württemberg) »Vereinte Bauern (Deutsche Bauernpartei – Deutsches Landvolk)«.
• WP=Reichspartei des deutschen Mittelstandes (Wirtschaftspartei). Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Bayerische Volkspartei«.• Ldbu=Landbund. Wahlvorschlag »Württ. Bauern- und Weingärtnerbund (Landbund)«• Ldbu=Landbund. Wahlvorschlag »Thüringer Landbund«; angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutschnationale Volkspartei«. • DHP=Deutsch-Hannoversche Partei. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Christlich-Sozialer Volksdienst (Evangelische
Bewegung)«. • RadM=Radikaler Mittelstand. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutschnationale Volkspartei«. • Ldvo=Deutsches Landvolk, Christlich-Nationale Bauern- und Landvolkpartei. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutsche
Bauernpartei«.• Vrp=Volksrechtpartei (Reichspartei für Volksrecht und Aufwertung). Wahlvorschlag »Volksrecht-Partei«; angeschlossen an den
Reichswahlvorschlag »Christlich-Sozialer Volksdienst (Evangelische Bewegung)«.• SAP=Sozialistische Arbeiterpartei Polen• Polen=Polnische Partei; Polnische Volkspartei. Zusammengeschlossen zum Reichswahlvorschlag »Nationale Minderheiten
Deutschlands«. • HuP=Für Hindenburg und Papen (Nationalistische Kampfbewegung). Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutschnationale
Volkspartei«.
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Parteien (Fortsetzung)• KIV=Kleinrentner, Inflationsgeschädigte und Vorkriegsgeldbesitzer. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutschnationale Volkspartei«. • Fwb=Freiwirtschaftsbund. Wahlvorschlag »Freiwirtschaftliche Partei Deutschlands (Partei für krisenfreie Volkswirtschaft)« • Sgem=Schicksalsgemeinschaft deutscher Erwerbslosen (Erwerbslosenfront). Wahlvorschlag »Schicksalsgemeinschaft deutscher Erwerbslosen, Kleinhandel und Gewerbe
(Erwerbslosenfront)«; angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Christlich-sozialer Volksdienst (Evangelische Bewegung)«. Reichswahlvorschlag »Christlich-sozialer Volksdienst (Evangelische Bewegung)«. Wahlvorschlag »Schicksalsgemeinschaft deutscher Erwerbslosen, Kleinhandel und Gewerbe (Erwerbslosenfront)«; angeschlossen an den
• SRPD=Sozial-Republikanische Partei Deutschlands (Hörsing-Bewegung für Arbeitsbeschaffung) • HHG=Handwerker, Handel- und Gewerbetreibende. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutschnationale Volkspartei«. • RDP=Radikal-demokratische Partei. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Sozialdemokratische Partei Deutschlands«.• KgAB=Kampfgemeinschaft der Arbeiter und Bauern• FNSM=Freiheitliche National-Soziale Deutsche Mittelstandsbewegung. Wahlvorschlag »Nationalsoziale Partei der Mitte (Handel, Handwerk, Gewerbe, Landwirte, Haus- und
Grundbesitzer)«; zusammengeschlossen zum Reichswahlvorschlag »Großdeutsche Volkspartei (Liste Schmalix) und Nationalsoziale Partei der Mitte (Handel, Handwerk, Gewerbe, Landwirte, Haus- und Grundbesitzer)«.
• entM=Enteigneter Mittelstand. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutschnationale Volkspartei«.• NFP=Nationale Freiheitspartei. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutsche Staatspartei«.• SlV=Schleswigscher Verein. Zusammengeschlossen zum Reichswahlvorschlag »Nationale Minderheiten Deutschlands«. • Schm=Großdeutsche Liste Schmalix. Wahlvorschlag »Großdeutsche Volkspartei (Liste Schmalix)«; zusammengeschlossen zum Reichswahlvorschlag »Großdeutsche Volkspartei
(Liste Schmalix) und Nationalsoziale Partei der Mitte (Handel, Handwerk, Gewerbe, Landwirte, Haus- und Grundbesitzer)«.• IKI=Interessengemeinschaft der Kleinrentner und Inflationsgeschädigten• NatP=Nationalistische Partei• Vsoz=Volkssozialisten• HLP=Haus- und Landwirtepartei. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutschnationale Volkspartei«.• NKPD=Nationale-Kommunistische-Partei Deutschlands• DSMP=Deutsche Soziale Monarchisten-Partei. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutschnationale Volkspartei«. • DRefP=Deutsche Reformpartei. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Deutsche Staatspartei«.• DAnP=Deutsche Arbeitnehmerpartei. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Christlich-Sozialer Volksdienst (Evangelische Bewegung)«. • UUD=Unitaristen-Union Deutschlands (Einheitsbewegung aller Schaffenden). Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Kommunistische Partei Deutschlands«.• GMP=Großdeutsche Mittelstandspartei für Mittelstandsdiktatur • Meiß=Gerechtigkeits-Bewegung-Meißner• DnBB=Deutscher nationaler Bürger-Block. Wahlvorschlag »Deutsche Volkspartei (Nationalliberale Partei)« • Erwl=Partei der Erwerbslosen für Arbeit und Brot. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (Hitler-Bewegung)«.• RNDK=Reichspartei Nationaler Deutscher Katholiken. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (Hitler-Bewegung)«.• DSK=Deutsche Sozialistische Kampfbewegung• RGZB=Deutsche Reichs-Gegen-Zins-Bewegung. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (Hitler-Bewegung)«.• FSWR=Freiheitsbewegung Schwarz-Weiß-Rot (Reichsbund der Baltikum-, Oberschlesien-, Grenzschutz- und Freikorpskämpfer). Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag
»Deutschnationale Volkspartei«. • MitP=Mittelstands-Partei (Unitaristen). Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Kommunistische Partei Deutschlands«.• KbL=Kampfbund der Lohn- und Gehaltsabgebauten. Angeschlossen an den Reichswahlvorschlag »Bayerische Volkspartei«.• DB(NR)=Deutsche Bauernpartei (National-Republikanische)
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Abgeordnete des 7. Reichstags (1932)•NSDAP 196
•SPD 121
•KPD 100
•Zentrum 70
•DNVP 52
•BVP 20
•DVP 11
•BBB 3
•DDP 2
•Landbund 2
•WP 1
•DHP 1
•Sonstige 5
•Gesamt: 584
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Umwandlung von Wählerstimmen in Abgeordnetensitze
Ab 60000 Stimmen ein Sitz; Rest von mehr als 30000 ein Sitz
Auf WKE mindestens 1X 30.000 Ab 60.000 Stimmen ein Sitz
Ab 60 000 Stimmen ein Sitz
Reststimmen
Reststimmen
Reichsebene
Wahlkreisverbandsebene
Wahlkreisebene
(auf Reichsebene können nur max.
soviele Sitze zusätzlich erreicht
werden, wie Wahlkreissitze
erreicht wurden)
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Wahlkreise
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Beispiel (Vereinfacht)Liste a b c d e f g Gesam
t
Stimmen
400.000
280.000
120.000
80.000 50.000 45.000 25.000 1.000.000Sitze 6 4 2 1 0 0 0
Liste a b c d e f g Gesamt
Rstimmen 30.000 - - 20.000 - - 25.000 1.000.000
Rest 40.000 40.000 0 40.000 50.000 45.000 25.000
Verbandssitze +1 =
7+0 = 4
+0 = 2
+1=2 0 0 0
Rest 10.000 40.000 0 0 50.000 45.000 25.000
RStimmen 215.000 300.000 25.000
WKS 6 3 0
Sitze +4+1(35k)
+3 0
Wahlkreis X:
Wahlkreis Y:
Reich:
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. FalterReststimmen
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. FalterZusammenfassung
•Jeder Wähler hat eine Stimme•Jeder Mann und jede Frau ab 20 Jahren
mit bürgerlichen Ehrenrechten•nicht wählen dürfen:
▫Soldaten▫Entmündigte Personen
•Gewählt werden darf jeder, der 25 Jahre alt und min. 1 Jahr Reichangehöriger ist
• 35 Wahlkreise
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. FalterZusammenfassung
• Sitzverteilung:▫Auf Wahlkreisebene wird pro 60.000 Wählerstimmen
ein Sitz verteilt▫Auf Wahlkreisverbandsebene wird pro 60.000
Reststimmen ein Sitz verteilt▫Auf Reichsebene wir pro 60.000 Stimmen ein Sitz
verteilt, ein Rest von mehr als 30.000 Stimmen ergibt einen weiteren Sitz
• Beschränkungen:▫Auf Wahlkreisverbandsebene müssen in einem
Wahlkreis des Verbands min. 30.000 Stimmen erreicht worden sein, um einen Sitz zu erhalten
▫Auf Reichsebene können von den Reststimmen nur maximal so viele Sitze erreicht werden, wie auf Wahlkreisebene schon erreicht wurden
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Reichspräsidentenwahl
•Mehrheitswahl: Erreicht beim ersten Durchgang keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit, folgt eine zweite Wahl, bei der die einfache Mehrheit ausreicht
•Beim zweiten Wahlgang darf ein neuer Kandidat aufgestellt werden Hindenburg
•Aufgestellt werden darf, wer entweder 20.000 Wählerunterschriften vorweist oder von 20 Vertretern „solcher Gruppen, die an der letzten Reichstagswahl teilgenommen hatten“ vorgeschlagen wird Favorisierung von Parteien
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. FalterVolksentscheid
•Durch Reichspräsident•Durch 1/20 d. Bevölkerung, wenn die
Verkündung eines Reichsgesetzes ausgesetzt ist
•Durch 1/10 d. Bevölkerung, wenn ein Entwurf vorgelegt wurde und dieser nicht unverändert angenommen wird
•Durch den Reichsrat•Auf Reichsebene gab es in der Weimarer
Republik insgesamt drei Versuche, politische Interessen in Form eines Volksentscheids durchzusetzen
•Keiner dieser Versuche war erfolgreich
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Vorschläge zur Reform des Reichswahlgesetzes
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. FalterVorschläge zur Reform des
Reichswahlgesetzes
Abänderungsgesetze bzw. Novellierung des Wahlgesetzes
• 1.Reichstag (6 Reichsregierungen; 5 Reichskanzler): ▫ Einführung des Einheitsstimmzettels▫ Erhöhung des Unterschriftenquorums ▫ unbedeutende Wahltechnische Erneuerungen
• Folgende Reichstage zeigen ebenfalls kurze Lebensdauer der Koalitionsregierungen
Wahlreform erforderlich um tragfähige Mehrheiten im Reichstag zu schaffen und die Funktionalität des Reichstages zu gewährleisten!
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Ab 1924 Einigkeit über die Notwendigkeit der ReformBemühungen aller Regierungen sowie einiger Reichstagsfraktionen (auch Vertreter der Wissenschaft) das bestehende Wahlrecht zu reformieren
Kritik am ReichswahlgesetzZunehmende Entfremdung zwischen Wählern und Abgeordneten
- Wahlkreiseinteilung (35 „Riesen-Wahlkreise“)
- Unpersönlichkeit der Wahl
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Mangelnde Funktionalität innerhalb des parlamentarischen Systems
- Schwierigkeiten der Mehrheitsbildung im Reichstag
- Instabilität der auf parlamentarischer Basis gebildeten Regierungen
- Reduzierte Aktionsfähigkeit der Regierungen aufgrund der Vielzahl der im Reichstag vertretenden Parteien und Interessengruppen
- Zunahme von Splitterparteien
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Die Reform des Reichswahlgesetzes in der politischen Praxis
Reformvorschläge
Hauptziele:
• Identifikation zwischen Wähler und Abgeordneten
• Parteienfeld im Sinne zunehmender Integration und Konzentrierung zu beeinflussen
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Reformvorschläge mit verfassungsänderndem Charakter:
- Wiedereinführung der absoluten Mehrheitswahl
- Relative Mehrheitswahl nach englischem Muster
- Anhebung der Prozentschwelle (bzgl. Mandatsgewinn)
- Prämiensystem für die stärkste Partei innerhalb der Verhältniswahl
- Indirekte Wahl des Parlaments mittels Vertretertages
- Zusätzliche Raummandate
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Reformvorschlägezur Majorisierung der Verhältniswahl:
Einerwahl im Rahmen eines Proportionalwahlsystems
- Stimmabgaben für Kandidaten innerhalb der Einzelwahlkreise addiert
- Mandate in Relation der Stimmen auf die jeweilige Partei verteilt
- Automatisches System der Sitzverteilung wird beibehalten
- Ein Mandat je 60.000 Stimmen
keine personenbezogene Wahl, sondern parteienbezogene Abstimmung
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Reformvorschlägezur Proportionalisierung der Mehrheitswahl:
Merkmale: Einzelwahlkreise; Direktwahl des Abgeordneten; Parteienbezogene Verrechnung der erhaltenen Stimmen auf höherer Ebene
Bsp.: (Wilhelm Heile)300 Wahlkreise; Gesamtzahl der Reichstagsabgeordneten: 400;1.Wahlgang: Absolute Mehrheit2.Wahlgang: Relative Mehrheit
(Zusatz nach Jellinek: min.40%)Proportionalisierung der restlichen 100 Reichsmandate auf Reichsebene nach Ergebnis des 1. WahlgangsÜberhangmandate? (Zusatz nach Jellinek: Überhangmandaten an begünstigte Parteien)
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Reformvorschlägezur partiellen Änderung des Reichswahlgesetzes:
(Motiv: Hoffnung auf leichtere Durchsetzbarkeit)- freie statt starre Listen > Einflussnahme des
Wählers auf Reihenfolge der Kandidaten- Einführung kleinerer Wahlkreise >
Zurückdrängung der Splitterparteien- Verkleinerung des Reichstages und
Länderparlamente > Einsparung von Steuermitteln
- Erhöhung des Wahlalters- Einführung der Wahlpflicht- Wahlrecht für Auslandsdeutsche und
Reichsdeutschen mit ständigem Wohnsitz im Ausland
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Die Reform des Reichswahlgesetzes in der politischen Praxis
Reichskanzler Heinrich Brüning und Reichsminister des Inneren Josef Wirth:
Entwurf eines WahlgesetzesZiel:
Elemente der Mehrheitswahl, soweit mit Verfassungsnormen vereinbar, in die Verhältniswahl zu integrieren
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Umsetzung: Einerwahl mit späterer Proportionalisierung auf
höherer Ebene
- statt der bisherigen 35 „Riesen-Wahlkreise Erhöhung auf 162 Wahlkreise (Ø 385.000 Einwohner; ca. 255.000 Wahlberechtigten)
- Wahlkreise zu Ländergruppen in 31 Verbänden zusammengefasst
- Abschaffung langer, starrer Listen auf Reichs- und Länderebene
- Wegfall des Einheitsstimmzettels- Höheres finanzielles Risiko für Wahlbewerber
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- Erhöhung der Verteilungszahl auf 70.000 Stimmen pro Mandat
- Anzahl der Abgeordneten ergibt die Verteilung der Parteien
- Wegfall der Reststimmenverteilung auf Reichsebene nur noch auf Wahlkreis- und Ländergruppenebene möglich
- Parteien nur zugelassen, durch Gewinn eines Mandates in einem Verband der Ländergruppe
- Verteilung der Mandats-Bewerber innerhalb der Partei nach d´Hondtschen Verfahren (unter Berücksichtigung des jeweiligen Wahlerfolges innerhalb des Verbandes)
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- Kabinett Brüning verabschiedet den Entwurf u leitet ihn am 20.August 1930 dem Reichsrat zu
- Reichsinnenminister Wirth veröffentlicht die Denkschrift „Vorschläge zur Wahlreform“
- Reichsrat stimmt mit, einigen für das Wahlsystem unbedeutenden Änderungen, dem Entwurf zu (19. Februar 1931)
- am 25. Februar 1931 fordert Minister Wirth, trotz der mangelnden Aussicht auf Erfolg, die Weiterleitung des Gesetzentwurfs an den Reichstag
- Brüning sieht jedoch von einer Weiterleitung des Entwurfes an den Reichstag ab
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Mögliche Gründe?- Bemühungen um eine Neugestaltung des Wahlsystems
und des Wahlrechts nur von wenigen Experten der Fraktionen getragen
Mehrheit der Fraktionskollegen und Parteifreunde verharrten in Unkenntnis und Desinteresse
- Brüning hatte zu keinem Zeitpunkt die erforderliche Mehrheit im Reichstag
- Der Entwurf provozierte, da geplante Reformen auch die Mittelparteien schwächen würden
- Reichtag war offensichtlich überfordert ein Wahlgesetz als Grundlage für stabile Regierungen zu verabschieden
hohe Vielzahl der kleineren Parteien hätten über die eigene Existenz und zukünftige Chance abstimmen müssen
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Die Parteien und die Wahlreform
Höchstes Gewicht:1. Grundsätzliche Einstellung der Partei zur
funktionsfähigen parlamentarischen Demokratie 2 gegenläufige Auffassungen:- Verbleib des parlamentarischen Regierungssystems- Streben nach einem Präsidialsystem
2. Erwartungen der Parteien über ihre Fraktionsstärke im Parlament nach der Wahlgesetzesänderung
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weitere Faktoren:- Oppositionsrolle gewährte größere
Freiheit in der Propagierung schwer realisierbarer Forderungen
Im Gegensatz: Parteien mit Regierungsverantwortung
- Abhängigkeit von Koalitionspartnern - Druck regionaler und berufsständiger
Interessengruppen- Abbau innerparteilichen Machtstrukturen
vs. Stärkung der Parteiführung
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Beispiele:„Weimarer Koalition“- stets lebhafte Diskussionen über
Wahlreform- weniger erhoffte Wahlvorteile, vielmehr
tief verwurzelte Interessen ( Funktionsfähigkeit der Weimarer Reichsverfassung)
Zentrum - einzige Partei die durchgängig für Wahlreform eintrat
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„Demokraten“- In Wahlreformdebatten bemüht der
„Persönlichkeit“ im parlamentarischen Leben mehr Entfaltungsspielraum einzuräumen
- Volksbegehren um Wahlreform in Gang zu bringen
Linksliberale - „bewundernswerte Energie und Konstanz“ für die Erhaltung des Parlamentarismus
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SozialdemokratenVerhältniswahl als - unverzichtbarer Bestandteil
der Demokratie- Errungenschaft der
Revolution- Grundpfeiler
sozialdemokratischen Demokratieverständnisses
- eher Mandatsverzicht, als die mit einer Mehrheitswahl verbundenen Ungleichheit und Verzerrung der Stimmverhältnisse
- Ende der 20er Jahre Kritik jüngerer Abgeordneter am herrschenden Wahlverfahren (speziell Listenaufstellung)
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Deutsche Volkspartei:- Kein Interesse an Ausgestaltung der Wahlmaterie- Prinzipielle Verfassungsopposition; bis auf Ideen Gustav
StresemannsAber: pro Erhöhung des Wahlalters von 20 auf 25 Jahre
„[…]Wir haben es damals auf 20 Jahre festgesetzt mit Rücksicht auf die Kriegsteilnehmer. Die Folge ist gewesen, dass in steigendem Maße die Jugend in die Politik hineingezogen wurde. Die weitere Folge ist, dass die Jugend heute von allen Seiten umschmeichelt wird; man läuft ihr nach. Meine Damen und Herren! Die Jugend soll nicht umschmeichelt, die Jugend soll erzogen werden, der Jugend soll klar gemacht werden, dass sie vor allen Dingen zu lernen hat, um später in der Lage zu sein, auch etwas zu leisten.“
(Stellungnahme Siegfried von Kardorffs im Reichtag vom 02.März 1931)
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Splitter- und kleinere Parteienz.B. Wirtschaftspartei:
Wahlreform als „Attentat auf die kleineren Parteien“
Radikale FlügelparteienKommunisten:- Contra Anhebung des Wahlalters- Titulierung sämtlicher Reformversuche als „Wahlraub“
und „Wahlverschlechterung“
Nationalsozialisten: - Parlamentarismus als große Lüge der Fähigkeit des Volkes
zur Selbstregierung- Jede Änderung des Wahlsystems ein Manöver zur
Vertuschung des Dawesverbrechens
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Wir bedanken uns für eure Aufmerksamkeit und hoffen, im
Gedenken an die Worte Herrn von Kardorffs, ihr habt etwas gelernt um
später in der Lage zu sein, auch etwas zu leisten?!
Vielen Dank!
J.J. Gutenberg Universität Mainz, Parteien und Wahlen in der Weimarer Republik Leitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Literatur• http://www.gonschior.de/ Stand: 19.06.2010• http://www.weimarer-wahlen.de/ Stand: 19.06.2010• http://www.stahlgewitter.com Stand:21.06.2010• Alfred Milatz, 1965: Wähler und Wahlen in der Weimarer Republik,
Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn:BPB• Bernhard Vogel, Dieter Nohlen, Rainer-Olaf Schulze, 1971: Wahlen in
Deutschland, Berlin, New York: Walter de Gruyter• Jürgen Falter, Thomas Lindenberger, Siegfried Schuhmann 1986:
Wahlen und Abstimmungen in der Weimarer Republik, München: Beck • Schanbacher, Eberhard 1982: Parlamentarische Wahlen und
Wahlsystem in der Weimarer Republik. Wahlgesetzgebung und Wahlreform im Reich und in den Ländern. Düsseldorf: Droste Verlag.
• Schäfer, Friedrich 1967: Zur Frage des Wahlrechts und seiner Reform. In: Hermens, Ferdinand A./Schieder, Theordor (Hrsg.): Staat, Wirtschaft und Politik in der Weimarer Republik. Festschrift für Heinrich Brüning. Berlin: Dunker&Humblot. S. 119-140