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Der Auftrag - Sommersemester 2013

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Seit März haben wir nun einen neuen Papst, der sich den Namen Franziskus wählt. Er nimmt damit Bezug zum großen Heiligen Franz von Assisi. „Er ist der Mann, der uns diesen Geist des Friedens gibt, der Mann der Armut. … Ach, wie möchte ich eine arme Kirche für die Armen!“ Auch wir wollen uns in dieser Ausgabe mit verschiedenen Aspekten des Themas „Kirche der Armen“ beschäftigen.

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Bischöfliches PriesterseminarInnsbruck-Feldkirch

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REDAKTION

Liebe Leserinnenund Leser!

Ein herzliches Vergelt's Gott fürIhre Unterstützung und Ihr Gebet!

Am 13. März wurde mit Jorge Mario Bergoglio das ersteMal ein Südamerikaner zum Papst gewählt. Als er gewähltwurde, sagte Kardinal Claudio Hummes zu ihm: „Vergissdie Armen nicht!“ Darauf der Papst: „Und da setzte sichdieses Wort in mir fest: die Armen, die Armen. Dann soforthabe ich in Bezug auf die Armen an Franz von Assisigedacht. Dann habe ich an die Kriege gedacht, während dieAuszählung voranschritt bis zu allen Stimmen. UndFranziskus ist der Mann des Friedens. So ist mir der Nameins Herz gedrungen: Franz von Assisi. Er ist für mich derMann der Armut, der Mann des Friedens, der Mann, der dieSchöpfung liebt und bewahrt.“ (Aus der Ansprache vonPapst Franziskus an die Medienvertreter am 16. März)

Auch wir wollen uns in dieser Ausgabe mit dem Thema„Kirche der Armen“ beschäftigen. Wir danken besondersProf. Christian Bauer und Caritasdirektor Georg Schärmerfür ihre Artikel über die Armut in Familien und über diecaritas der Kirche. Außerdem haben Regens Peter Fernerund wir Seminaristen versucht weitere Aspekte diesesThemas zu beleuchten.

Wir blicken dankbar auf das Wirken von Papst Benediktund Bischof Stecher zurück und wünschen Papst Franziskusund dem zukünftigen Bischof von Feldkirch Elbs GottesSegen für ihren Dienst an der Orts- und an der Weltkirche.Auch freuen wir uns im Priesterseminar mit ChristophManera einen neuen Seminaristen begrüßen zu dürfen. Indieser Ausgaben finden Sie weiters Berichte über unsereExerzitien, über unsere Seminarreise nach Polen, sowie überunseren Besuch der Diözese Linz und des österreichischenSeminaristenteffens. Nicht zuletzt dürfen wir Sie herzlich zuunserem Tag der offenen Tür sowie zur Diakonats- undPriesterweihe einladen.

Im Gebet verbunden grüßt Sie Ihr Redaktionsteam:Siegmund Bichler, Alexander Meier undLojin Kalathipparambil

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EIN HERZLICHES GRÜSS GOTT

Ein herzlichesGrüß Gott!

So bunt wie unsere Gesellschaft heute istauch unsere Kirche, eine Gemeinschaftvon Menschen mit Unterschieden. Jede(r)von uns hat andere Voraussetzungen fürdas Leben mitbekommen, sei es körper-licher, geistiger oder sozialer Natur.Jede(r) hat einen einmaligen Weg hinterund vor sich. Manche befinden sich in

schweren Situationen.Überall leben Menschen, denen das Lebensnotwendigste

fehlt, die Mangel an Brot, Wasser, Kleidung, Wohnung,Beziehungen, menschlicher Zuwendung, Gesundheit, Aus-bildung haben – in unserer nächsten Umgebung.

Laut schreiende und verborgene Armut begleitet uns.„Arme habt ihr immer bei euch“ (Mk 14,7), sagt Jesus.Sehen wir sie? Wie verhalten wir uns ihnen gegenüber? Wastragen wir bei, damit alle das Lebensnotwendige immateriellen, seelischen und geistigen Sinn finden?

Armut ist eine Geißel und zugleich eine Chance.Johannes Paul II. sagte bei seinem Besuch in einemSeniorenheim in Salzburg zu gebrechlichen, leidenden altenMenschen: „Ihr seid ein Geschenk für die Gesellschaft, weilihr in der jüngeren Generation die Liebe weckt, die dient!“Obwohl es für Menschen oft schwer ist, um einen Dienst zubitten und sich bedienen zu lassen, ist dieses Wort desPapstes doch sehr wahr. Rückblickend bin ich allenMenschen dankbar, die mir die Gelegenheit gaben, ihnenGutes zu tun. Das hat mein Leben reich gemacht: dieUnterstützung, die ich geben durfte, die Zeit, die ich zur

Verfügung stellte, das Teilnehmen dürfen am Leben deranderen. Das Teilen, das Geben, .. . macht glücklich. „Gebenist seliger als nehmen“, heißt es in Apg 20,35.

Die Kirche muss bei den Armen sein. Das Konzil sagt:„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschenvon heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art,sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst derJünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches,das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände“ (GS 1).Die Kirche ist gerufen, die Armen wahrzunehmen, eineOption für die Armen zu haben, besonders die Armen tätigzu lieben, weil sich auch Jesus mit den Armen identifiziert.Wir kennen alle sein Wort: „Was ihr einem meinergeringsten Schwestern oder Brüder getan habt, das habt ihrmir getan“ (vgl. Mt 25,40). „In den Armen und Leidendenerkennt die Kirche das Bild dessen, der sie [die Kirche]gegründet hat und selbst ein Armer und Leidender war. Siemüht sich, deren Not zu erleichtern, und sucht Christus inihnen zu dienen“ (vgl. LG 8).

Wer in herzlicher Weise Armen beisteht, der istbarmherzig. Barmherzigkeit ist das Gebot unserer Zeit,

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EIN HERZLICHES GRÜSS GOTT

Da ist vielleicht die Migrantenfamilie von nebenan, die mitall ihren erlebten Schwierigkeiten erst das Vertrauen in dieMenschen zurückfinden muss, mit der ich eine StundeDeutsch lernen könnte. Oder es ist die alleinerziehendeMutter, der ich die Kinder für zwei Stunden zu einemSpaziergang abnehmen könnte. Da ist die alte Frau, der alteMann, die nach dem Tod ihres Partners in die Einsamkeitstürzen und dankbar sind für jedes Gespräch. Da sind dielärmenden Jugendlichen, allein gelassene Kinder in derStraßenbahn, die erstaunt auf einen netten Gruß reagieren.Da ist die Möglichkeit, monatlich von meinem Gehalt einenkleinen Beitrag für eine Institution zu geben, die sich dafüreinsetzt, Menschen in unterentwickelten Gebieten zu einemselbstverantworteten Überleben zu helfen, Kriegswaisen eineAusbildung und Zukunft zu ermöglichen und damit zumFrieden auf der Welt beizutragen. Individuell gibt es so vieleGelegenheiten, Armut zu lindern, wie es Menschen auf derWelt gibt. Allein und gemeinschaftlich sind wir gerufen zuhelfen.

International geht es darum, mitzuhelfen, dass überalleine Ordnung aufgebaut wird, die von Frieden, Gerech-tigkeit, Freiheit, Solidarität, von einem Ja zum Leben undzur Menschenwürde geprägt ist. Ein Großteil der Welt-bevölkerung leidet diesbezüglich noch Qualen. Alle, die dieVerkündigung des Evangeliums vorantreiben oder karitativeWerke unterstützen, leisten hier einen großen positivenBeitrag. Wie Christus sind wir Christen gesandt, „denArmen die frohe Botschaft zu bringen, zu heilen, diebedrückten Herzens sind“ (vgl. Lk 4,18). Ich freue michsehr, dass Papst Franziskus die Kirche ermutigt, den Wegbesonders zu und mit den Armen zu gehen. Eine solcheKirche gewinnt auch an Fröhlichkeit, von der in hohemMaß Franz von Assisi, unser Bruder Immerfroh, beseelt war.

Regens Dr. Peter Ferner

damit Not besser abgeholfen wird und die Menschen an denbarmherzigen Gott glauben lernen. Glaubwürdig ist eineKirche nur, die wie Christus durch die Dörfer und Städtewandert und den Notleidenden hilft (vgl. Mt 9, 35-38). Soerhält die beamtete Institution Kirche, mit der sich vieleschwer tun, ein mütterliches Antlitz. Die verwaltete Kirchewird so zu einer Kirche, die mit den Menschen ist. Vielleichtwäre es auch an der Zeit, die anonymen Großgemeinden inüberschaubare kleine Gemeinschaften aufzugliedern, in derjede und jeder einzelne zählen und nicht nur in der Statistikerfasst werden.

Die Seminaristen werden angeleitet, „Christus zu suchen:in der gewissenhaften Meditation des Gotteswortes [. . . ] undin den Menschen, zu denen sie gesandt werden, vor allem inden Armen, den Kindern, den Kranken, den Sündern undUngläubigen“ (OT 8). Sie kommen dem Ausbildungsziel erstnahe, wenn sie aus einer existenziellen Betroffenheit herausdie Armen lieben lernen. Ist diese gegeben, folgt für sieselbstverständlich ein schlichter Lebensstil, ein Leben imGeist der Seligpreisungen – in Armut, Gehorsam undEhelosigkeit, in Solidarität, im liebevollen Dienst, in derHingabe des Lebens in Verfügbarkeit. Gleichzeitig werdensie so Christus ähnlich (vgl. PO 17). Die Welt brauchtChristus – hat schon Benedikt XVI. laut verkündet. Mir istsehr bewusst, dass wir eine bleibende Offenheit für Gott, dieimmer notwendig ist, nur dann zu verwirklichen vermögen,wenn eine gewisse Abgelöstheit vom Materiellen gewachsenist. Es ist uns alles Materielle als Gabe Gottes gegeben, alsAuftrag und Verantwortung uns und unseren Mitmenschengegenüber. Wenn wir das Materielle, das wir besitzen, unsereZeit, unsere Beziehungen, unsere geistigen Fähigkeitennützen, die Armut unserer Mitmenschen zu lindern in demMaß, in dem es unseren Möglichkeiten entspricht, verwirk-lichen wir zugleich das Reich des Himmels, in dem einer fürden anderen lebt und Gott unter uns wirkt und da seinkann.

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TANZENDE ROLLSTÜHLE

Tanzende Rollstühle

Unter dem Motto „Jesusim Nächsten und ganzbesonders im Armen zudienen“ durften wir imRahmen des Propä-deutikums, im SozialenZentrum St. Josef derBarmherzigen

Schwestern in Mils, für einige Zeit auf zwei Wohngruppenbei der Begleitung der BewohnerInnen dabei sein.

Bereits beim Eingang in das Haus begegneten uns dieLeitworte der Schwerstern: „Caritas Christi urget nos“ (dieLiebe Christi drängt uns), die auf eine besondere Weise imHaus gelebt werden und uns selbst immer wieder an denHintergrund unseres mehrwöchigen Dienstes in derHeimatdiözese erinnerten.

Es waren in erster Linie die BewohnerInnen selbst mitihren persönlichen Lebensgeschichten, die einen wichtigenTeil zur Lebendigkeit im Haus in der Zeit unseresSozialpraktikums beitrugen. Daneben versuchten unsereKolleginnen und Kollegen durch besondere Akzente undAktionen eine Vielfalt in den oft fixen Tagesablauf derBewohnerInnen zu bringen. Bemerkenswert und auchspannend zu beobachten war der wertschätzende undfeinfühlige Umgang der oft schon langjährigen Mitarbei-terInnen mit den zu betreuenden Menschen, auch in denschwierigen Situationen.

Bei Höhepunkten wie der Faschingsfeier, dem Sonntags-gottesdienst, dem Besuch der Erlebnistherme im Zillertal,den Taizegebeten mit der Seelsorgerin des Hauses odereinem einfachen kurzen Spaziergang im Freien, zeigte sichdas Miteinander und Füreinander der in dieser Einrichtung

lebenden und arbeitenden Personen über die Grenzen vonBehinderung hinaus. Es war für uns sehr ergreifend, diemiteinander tanzenden BewohnerInnen und BetreuerInnenzu sehen. Ganz besonders in Erinnerung geblieben ist unsdas Bild jener Rollstuhlfahrerin, die gemeinsam mit anderenzu den Klängen der Musik durch den Raum kreiste.

Eine zusätzliche Prägung des Miteinanders leistete dasreligiöse Leben im Sozialen Zentrum St. Josef, welches sichin besonderer Weise in den gemeinsam vorbereiteten undgestalteten Gottesdiensten zeigt. Durch die Versammlungzur Feier der heiligen Eucharistie, bei welcher die geistlichenSchwestern, einige MitarbeiterInnen und auch immer wiederKatholikInnen der Pfarre Mils, sowie Angehörige derBewohnerInnen teilnahmen, verdeutlichte sich ein desÖfteren in unseren Breiten vergessener Aspekt der Kirche:die Orientierung hin zu den Armen und Benachteiligtenunserer Zeit. Deshalb war es auch für unsereSeminargemeinschaft eine große Freude, dort gemeinsammit unserem Regens einen Sonntagsgottesdienst mitfeiern zudürfen.

Wie Elija von der armen Witwe vonSarepta wenig und doch so vielerhalten hatte, erlebten auch wir einsolches Beschenktwerden in der Arbeitauf den Wohngruppen. Mit Freudeblicken wir zurück auf die schnellvergangenen Wochen im SozialenZentrum St. Josef und bedanken unsbei der Hausleitung und den Mit-arbeiterinnen unserer Wohngruppenund in besonderer Weise bei allenBewohnerInnen.

Andreas Zeisler und Matthias Giner

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ARMUT IN FAMILIEN

Armut in Familien?

Einmal Essen-Katernberg und wieder zurück

Bitte folgen Sie mir für einen Augenblicknach Deutschland.Die einkommensschwächste Region imWesten Deutschlands ist das Ruhrgebiet.In keiner Stadt des Ruhrgebiets gibt esmehr Sozialhilfeempfänger als in Essen.Der Stadtteil von Essen mit dem gerings-ten Haushaltseinkommen ist Katernberg.

Und die ärmste Straße in Katernberg heißt Meerkamp.Soweit die Statistik. Aber welches Gesicht hat die Armutdort? Welche Familien trifft man dort an? WalterWüllenweber, ein Journalist des Nachrichtenmagazins

STERN, ist nach Essen-Katernburg gefahren und hat überseine Eindrücke eine preisgekrönte Reportage verfasst: Daswahre Elend (Untertitel: Reportage aus der bildungsfreienZone). Wüllenweber schreibt darin: „Im Meerkamp […]leben die Armen heute in geräumigen Wohnungen mitEinbauküche, Mikrowelle, Waschmaschine, Spülmaschine,Handy, meist mehreren Fernsehern […] Die heutigeUnterschicht leidet keine Not […] . Und dennoch lebt sie imElend. Das Elend ist keine Armut im Portemonnaie, sonderndie Armut im Geiste. Der Unterschicht fehlt es nicht anGeld, sondern an Bildung. In keinem OECD-Land […]werden Unterschichtskinder im Bildungssystem soskandalös benachteiligt wie in Deutschland. Einmal unten,immer unten.“

Szenenwechsel. Bitte folgen Sie mir nun weiter in Richt-ung Österreich nach Süden. Es geht an den Starnberger See.Dort gibt es, statistisch gesehen, die meisten an einem Flecklebenden Millionäre in Deutschland. Das höchste Bildungs-niveau. Und die höchste Lebenserwartung. Ganz andereRahmenbedingungen für Familien als in Essen-Katernberg.Die Wochenzeitung ZEIT veröffentlichte einen ebenfallspreisgekrönten Beitrag mit dem Titel Die StarnbergerRepublik (Untertitel: Besuch bei der Oberschicht, die lebt,wie es ihr gefällt) , in dem die Journalisten Stephan Lebertund Stefan Willeke berichten: „Die Jahresberichte derGymnasien werden von Jahr zu Jahr dicker, weil immernoch eine neue Auslandsreise der Schulklassen festgehaltenwerden muss. Probleme mit Ausländern? Höchstens, wennder Sohn eines ausländischen Diplomaten ganz schnellDeutsch lernen muss. […] [Der Leiter des StarnbergerJugendamtes] […] erinnert sich, dass er einmal Kontakt mitEltern aufnehmen musste, um sie zu bitten, ihrem Sohndeutlich weniger Taschengeld zu zahlen. Der bekam knapp500 Euro. In der Woche.“ Zweimal Familien inDeutschland, zweimal höchst unterschiedliche Voraus-setzungen und Möglichkeiten. Hier in Österreich dürfte dieZechensiedlung in Essen Katernberg

© Katja Illner

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ARMUT IN FAMILIEN

soziale Schere nicht viel weniger weit auseinander gehen.Haben Sie eigene Bilder von familiärer Armut bzw.familiärem Reichtum im Kopf?

Ich habe den erstgenannten Artikel durch Zufall beieinem Arztbesuch gelesen und mir gedacht: Was wäregewesen, wenn ich in einer Familie in Katernbergaufgewachsen wäre? Wenn ich als junger Mensch nicht soviele Chancen gehabt hätte, andere Welten kennenzulernenund mich weiterzuentwickeln? Ich komme aus der sozialenMittelschicht. Und doch bin ich der erste in meiner ganzenGroßfamilie, der Abitur bzw. Matura gemacht hat. Der erstemit dem Stipendium eines Begabtenförderungswerks. Dererste mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium. Dererste Promovierte. Und nun der erste Universitätsprofessor.Das alles verdanke ich nicht zuletzt auch politischenWeichenstellungen: den Bildungsreformen der soziallibe-ralen Regierung Willy Brandts. Meine Frau hat übrigenseine ganz ähnliche Bildungsgeschichte. Später in Indienwurde mir klar: Bildung ist der Schlüssel. Der Schlüssel zumgesellschaftlichen Aufstieg. Der Schlüssel zur Tür, die

Starnberg mit dem Starnberger See

hinausführt aus Essen-Katernberg. Der Schlüssel dazu, dassauch Kindern, die dort aufwachsen, die Welt offensteht –und nicht nur Kindern wie unserer Anne und unseremFrederik.

In Essen-Katernberg und anderswo findet die Kirche einweites pastorales Betätigungsfeld, um das feierlicheVersprechen ihres letzten Konzils einzulösen, sich mit„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschenvon heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art“(Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 1 ) zusolidarisieren. Ob das Konzilsjubiläum nicht ein guterAnlass dazu wäre, dabei auch die erschreckende Armutvieler Familien in einem an sich reichen Land wie Österreichin den Blick zu nehmen? Ich jedenfalls empfinde meineeigene bildungsbezogene Privilegierung als eine enormeVerpflichtung. Mit einem recht anspruchsvollen theolo-gischen Begriff, der im Umfeld des Zweiten Vatikanumsaufkam und auch unserem neuen Papst sehr wichtig ist,könnte man „Option für die Armen“ dazu sagen. Sie istnichts für christliche Helden des Konjunktivs (Motto: „Wirmüssten, könnten, sollten“), sondern braucht Hand undFuß. Meine Hände und meine Füße. Wie steht es mit denIhren?

Christian BauerProfessor für Interkulturelle Pastoraltheologie an derTheologischen Fakultät der Universität Innsbruck

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ARMUT IN BEHINDERUNG UND ALTER

Armut in Behinderung

und Alter

Der alte und behinderte Mensch ist nichtnur eine Herausforderung für die Gesell-schaft, die zu einer guten Versorgung inden Altersheimen in unterschiedlicherArt und Weise beiträgt. Krankheit,Armut, Alter und Hilfsbedürftigkeit sindein Auftrag an die Kirche und an unsChristen. Die Kirche ist in diesem

Umfeld sehr aktiv, denken wir an die vielen sozialenAktivitäten bis hin zur Caritas. Ich selbst bin Alten-fachbetreuer und arbeitete mehr als 22 Jahre in einemBehindertendorf, in dem junge und alte Menschen mit inerster Linie körperlicher Behinderung leben. Die Betreuungerfolgt von der täglichen Pflege über die spezifische Begleit-ung und Förderung bis zu individuellen Urlaubsreisen.

Behinderungen treten in sehr unterschiedlicher Form auf:von Geburt an oder im Laufe des Lebens durch Krankheitoder Unfall. Durch Unfälle (ich denke hier zum Beispiel anQuerschnittlähmungen) kann der Mensch praktisch überNacht, völlig unerwartet, aus dem Alltagsleben gerissenwerden. Es folgt eine mehr oder weniger starkeAbhängigkeit, ein Angewiesen sein auf Hilfe. Plötzlich tunsich im Alltagsleben Barrieren auf, an die man früher kaumdachte. Andere Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens.Multiple Sklerose ist eine Erkrankung des zentralenNervensystems und tritt schubweise (in sehr unter-schiedlicher Form) auf. Diese Menschen leben oft in einervölligen Ungewissheit, wann der nächste Schub kommt. Daskann mitunter heißen, dass unerwartet z. B. eine Hand nicht

mehr bewegt werden kann. Das kann soweit führen, dassjemand nicht mehr in der Lage ist, Hände und Füße zugebrauchen und entsprechende Einschränkungen in derMobilität und im Alltagsleben erleidet. Manche verlierensogar die Fähigkeit, sich zu artikulieren, zu sprechen unddamit auch Wünsche und Bedürfnisse zu äußern. Demkörperlichen Leid folgen dann nicht selten Beziehungskrisenbis hin zum Zerbrechen von Ehen.

Dem Pflegepersonal kommt im alltäglichen Umgang mitdem alten bzw. behinderten Menschen eine große Bedeutungzu. Denken wir nur daran, wie sehr wir mit kleinenAufmerksamkeiten einem Menschen Freude bereiten odermit unbedachten Äußerungen ihn auch tief verletzenkönnen. Es ist eine der bedeutendsten Aufgaben des Pflege-personales, auf die Wünsche und Bedürfnisse der alten undbehinderten Menschen zu achten. Ganz wesentlich scheintmir eine liebevolle Zuwendung und ein aufmerksamesHören auf das, was den Menschen bewegt, was er braucht.Dazu gehören neben dem Pflegealltag gemeinschaftlicheAktivitäten, regelmäßige Gottesdienste (als Möglichkeit)und die individuelle Hilfeleistung in Bezug auf Hilfsmittel,die zur besseren Bewältigung des Alltages beitragen(angefangen vom passenden Trinkbecher bis zum adap-tierten Rollstuhl) .

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LAURENTIUS

Der Wert alter und behinderter Menschen richtet sich nichtdanach, welche Leistungen sie vorzuweisen haben. Alleinedas Dasein, das „Du“ als Kind Gottes – das alleine genügtund verleiht eine unvergleichliche Würde, vom erstenAugenblick der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. DieseWürde bleibt, entgegen mancher Tendenzen in unserer Zeit,unantastbar.Wie geht es den alten und behinderten Menschen? Dies istsehr unterschiedlich. Manche hadern und leiden am eigenenSchicksal (ohne dies zu bewerten). Viele machen auch trotzschwerster Behinderung viel aus ihrem Leben; zum Teiltragen und ertragen sie Schweres auch aus dem Glauben –sogar im Mitgehen des Kreuzweges Jesu Christi. Wenn ichan „Oliver“ denke (Spastiker aus meinem früherenArbeitsbereich – siehe Bilder), dann kann ich sagen, dass erein Vorbild ist, wie man trotz schwerster Behinderung undEinschränkung viel aus einem solchen Leben machen kann– in Zufriedenheit, Fröhlichkeit und Lebensfreude. Ermöchte 80 Jahre alt werden; damit ist genug gesagt.

Peter Distlbacher

Der Hl. Laurentius von

Rom, Patron der Armen

Als einer der sieben römischen Diakonewar der Hl. Laurentius für die Caritasund deren finanzielle Verwaltung in derewigen Stadt zuständig. Er begeisterteviele Menschen für den christlichenGlauben, unter anderen den Kerker-meister Hippolyt, der von seiner Stand-haftigkeit beeindruckt war. Während der

Christenverfolgung unter Kaiser Valerian sollte er dazugezwungen werden die Güter der Kirche herauszugeben undgleichzeitig den römischen Göttern zu opfern. DerÜberlieferung nach erbat er sich drei Tage Bedenkzeit,verteilte indessen das kirchliche Eigentum an die Armen vonRom und stellte dem Kaiser die Schar der Elenden undArmen als den wahren Schatz der Kirche vor. Für diesenAffront gegen den römischen Kaiser erlitt der Heilige am 10.August 258 ein grausames Martyrium und gilt seither alseiner der bedeutendsten und meistverehrten Märtyrer derkatholischen Kirche. Sein leuchtendes Vorbild zeigt uns, dassletztlich jeder einzelne Mensch als Abbild und geliebtes KindGottes mehr wert ist als alle noch so kostbaren Schätzedieser Welt.

Jürgen Baumberger

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Teilen und Sinn für Solidarität –Papst Benedikt XVI.

Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahrenund somit ist Hunger das größte Gesundheitsrisikoweltweit. Jährlich sterben mehr Menschen an Hunger, alsan Aids, Malaria und Tuberkulose zusammen.

Papst Benedikt äußerste sich zu dieser Problematikeinmal mit folgenden Worten: „Die Mittel und Ressourcen,über die die Welt verfügt, würden ausreichen, um densteigenden Nahrungsbedarf aller zu decken. Das zeigen dieersten Resultate der Bemühungen um eine Anhebung desglobalen Produktionsniveaus angesichts der Missernten inden letzten Jahren. Warum lässt es sich daher nichtverhindern, dass so viele Menschen bis zu den äußerstenKonsequenzen Hunger leiden müssen? […]

Es gibt zahlreiche Gründe für diese Situation, in derÜberfluss und Mangel oft Seite an Seite existieren. DasKonsumstreben, das trotz der geringen Menge der zuVerfügung stehenden Nahrungsmittel nicht nachlässt unddas zu einer Reduzierung des Nahrungsvolumens derärmeren Teile der Welt zwingt, kann in diesemZusammenhang ebenso erwähnt werden wie der Mangel anfestem Willen, Verhandlungen zum Abschluss bringen unddem Egoismus von Staaten und Ländergruppen Einhalt zugebieten und auch jener ‚hemmungslosen Spekulation‘ einEnde zu setzen, die die Preise- und Konsummechanismenbeeinflusst. Die schlechte Verwaltung vonNahrungsressourcen aufgrund von Korruption imöffentlichen Leben sowie immer größere Investitionen inWaffen und hochentwickelte militärische Technologien undauf Kosten der Grundbedürfnisse der Menschen spielenebenso eine große Rolle.

Eine wirksame Kampagne gegen den Hunger erfordertdaher viel mehr als nur eine wissenschaftliche Forschung,die darauf ausgerichtet ist, dem Klimawandel

WORTE UNSERER PÄPSTE

„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt,das habt ihr mir getan“ (Mt 25, 36. 40)

Worte unserer Päpste

Frieden als Frucht der Gerechtigkeit –Seliger Papst Johannes Paul II.

Der selige Papst Johannes Paul II. fanddeutliche Worte zu der immer größerwerdenden Kluft in der Gesellschaft,zwischen Armen und Reichen. In einerAnsprache vom 4. November 2000 sagteer: „Es ist ein Skandal derWohlstandsgesellschaft der heutigenWelt: Die Reichen werden immer reicher,

denn der Reichtum produziert Reichtum, und die Armenwerden immer ärmer, weil die Armut dazu neigt, neueArmut hervorzubringen. Dieses Ärgernis besteht nicht nurinnerhalb der einzelnen Nationen, sondern hat Dimensionenangenommen, die ihre Grenzen bei weitem überschreiten.[…]

Diese Sachlage muss die Gewissen der Christen vonheute und insbesondere die Gewissen derjenigen aufrütteln,die die politischen, wirtschaftlichen und finanziellenSchalthebel der Welt in Händen halten und dadurch imGuten wie im Bösen die Geschicke der Völker zu lenkenvermögen. […]

Der einzige Weg, der unsere Welt eine friedliche Zukunftsichern kann, besteht darin, die Ursache der Konflikte undKriege an der Wurzel zu packen: Denn der Friede ist Fruchtder Gerechtigkeit.“

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WORTE UNSERER PÄPSTE

entgegenzutreten oder die landwirtschaftliche Produktion inerster Linie der Ernährung zuzuführen. Vor allem muss mandie Bedeutung der menschlichen Person in ihrerindividuellen und gemeinschaftlichen Dimensionwiederentdecken, ausgehend von der Grundlage desFamilienlebens, Quelle der Liebe und der Zuneigung, dieden Sinn für die Solidarität und das Teilen hervorbringt.Unter dieser Rahmenbedingung können Beziehungenzwischen den Völkern hergestellt werden, die auf konstanterund wahrer Hilfsbereitschaft gründen. So kann jedes Landin die Lage versetzt werden, die Bedürfnisse derNotleidenden zu stillen. So lässt sich auch die Idee vonBeziehungen vermitteln, die auf gegenseitigem Kennenlernenund Werteaustausch basieren, auf gegenseitiger Soforthilfeund Achtung.“ (Papst Benedikt XVI. anlässlich desWelternährungstages, 13. Oktober 2008)

Eine Kirche für die Armen –Papst Franziskus

Aus der Ansprache von Papst Franziskus vom 22. März2013: „Wie viele Arme gibt es noch in der Welt! Undwelchen Leiden sind diese Menschen ausgesetzt! Nach demBeispiel des heiligen Franziskus von Assisi hat die Kircheimmer versucht, sich in jedem Winkel der Erde um dieNotleidenden zu kümmern, sie zu behüten, und ich denke,dass Sie in vielen Ländern das großherzige Wirken jenerChristen feststellen können, die sich engagieren, um denKranken, den Waisen, den Obdachlosen und allenAusgegrenzten zu helfen, und die so daran arbeiten,menschlichere und gerechtere Gesellschaften aufzubauen.[…]

Doch es gibt auch noch eine andere Armut! Es ist diegeistliche Armut unserer Tage, die ganz ernstlich auch dieLänder betrifft, die als die reichsten gelten. Es ist das, wasmein Vorgänger, der liebe und verehrte Benedikt XVI.,‚Diktatur des Relativismus‘ nennt und was jeden seineigener Maßstab sein lässt und so das Zusammenlebenunter den Menschen gefährdet. […]

Die materielle wie die geistliche Armut bekämpfen,Frieden schaffen und Brücken bauen – das sind gleichsamdie Bezugspunkte eines Weges, den mitzugehen ich jedes derLänder, […] einlade.“

Martin Margreiter

Das Programm des Christen —das Programm des barmherzigen Samariters,das Programm Jesu — ist das ,,sehende Herz’’.

Dieses Herz sieht, wo Liebe nottut und handelt danach.(aus der Enzyklika – „Deus caritas est“ von Papst Benedikt XVI. )

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KIRCHE AUF DEM WEG ZU ZEITGEMÄSSER CARITAS

Kirche der Armen

Solidaritätsstiftende Kirche auf dem Wegzu einer zeitgemäßen Caritas

Menschen in einer Notsituation zuhelfen, unabhängig von Reisepass, Her-kunft, politischer Einstellung, Hautfarbe,Religion oder Geschlecht, sei es beimaterieller Armut, seelischer Armut, oderwenn Menschen flüchten müssen, weilsie keinen Ausweg wissen – mit diesenWorten hat Caritaspräsident Franz Kü-

berl die Caritas beschrieben. Dennoch: Auch innerhalb derKirche wird caritas nicht unbedingt und automatisch alszentraler Vollzug angesehen. Sei es als Werthaltung, sei es alsOrganisation. Aus meiner Sicht ist das eine Schieflage, dienicht zuletzt durch die Wahl von Kardinal Jorge MarioBergoglio zum Papst gute Chancen bekommen hat, insrechte Lot gerückt zu werden.

Armut in Tirol heuteArmut ist versteckter und weniger offensichtlich geworden.Sie hat sich gewandelt, nichtsdestotrotz ist sie Realität. Siekann uns in den verschiedenen Bereichen - Wirtschaft,Arbeit, Kultur, Wohnen, Gesundheit, Beziehungen - erfassen.Neu an Armut ist, dass es heute viele Faktoren gibt, dieunabhängig voneinander Armut bewirken können:Arbeitslosigkeit, hohe Lebenshaltungskosten, Kinder-reichtum, Krankheit, Scheidungen, Trennungen um nureinige Beispiele zu nennen. Armut kann zeitlich begrenzt

sein, Armut betrifft heute potentiell jede und jeden.Die Armutsgefährdungsquote ist von 2009 bis 2010 von

7,1 % auf 9,3 % gestiegen. Das sagen die aktuellstenZahlen der Tiroler Landesregierung. Damit liegen wirimmer noch unterhalb des mehrjährigen Durchschnitts unddeutlich unterhalb der österreichweiten Quote von 12,1 %.Die Zahl der Kinder unter 16 Jahren, die in armuts-gefährdeten Haushalten leben, hat sich in Tirol gegenüberdem Vorjahr mehr als verdoppelt. Im Vergleich mit anderenBundesländern finden wir uns im Mittelfeld. Das verfügbareHaushaltseinkommen liegt in Tirol hinter Oberösterreich anzweiter Stelle.

Rein zahlenmäßig schaut es in Tirol verglichen mitanderen Regionen also relativ gut aus: Aber was Armut fürden einzelnen Mensch, für ein Kind heißt, kann inStatistiken nicht gemessen werden. Armut macht krank,Armut schließt aus, Armut kann uns nicht egal sein. Aberarm sind viele von uns auch in anderen Zusammenhängen:Pflegende Angehörige sind arm an Erholung, ältereMenschen arm an sozialen Kontakten und Aufgaben,Jugendliche arm an Perspektiven, viele von uns arm an

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die staatliche und rechtliche Absicherung zu erhalten bzw.zu verbessern. Jeder Mensch hat einen Rechtsanspruch aufMindestsicherung!

In seiner Predigt im Rahmen des Gottesdienstes beim„Dies academicus“ 2011 hat Bischof Manfred von denFenstern der Verwundbarkeit gesprochen. Er deutet denAusdruck, der ursprünglich ein militärstrategischer Begriffwar, als Appell sich nicht zu verschließen, offen und damitverwundbar zu bleiben: „Das Fenster der Verwundbarkeitmuss offen sein, wenn wir Menschen bleiben oder es werdenwollen“ . Jedes Fenster mache verwundbar und weise aufBeziehung, Verständigung, Mit-teilung hin. Das Fenster derVerwundbarkeit sei ein Fenster zum Nächsten und zumHimmel.

Schuld oder Unschuld ist für Caritas dabei keineDimension, nicht einmal eine Begleitmelodie. Die Menschen-würde eines jeden ist unteilbar. Wir als Caritas helfeneinfach. Schließlich gilt unsere erste Option den „Armen“,den an den Rand gedrängten Menschen. Dabei ist unserMenschenbild davon gekennzeichnet, dass auch Menschenin Not über Ressourcen verfügen, die im Sinne derSelbstermächtigung gehoben und gefördert werden sollen.

Kirche der ArmenWo beginnt Kirche und wo hört sie auf? Wo beginnt caritasals einer der vier Grundvollzüge und wo hört sie auf? EineAntwort aus unserem täglichen Tun: Gerade in derGemeindeCaritas, wo wir vor Ort daran arbeiten dieLebenshaltung caritas zu stärken, zu fördern und lebendigzu halten erleben wir in der Nachbarschaftshilfe, imFreundes- und Bekanntenkreis immer wieder schöneBegegnungen.

Georg SchärmerDirektor der Caritas der Diözese Innsbruck

Zuwendung, Freunden, Ruhepausen, Spiritualität undsinnstiftenden Zielen.

Kathrin Hartmann beschreibt in ihrem Buch „Wirmüssen leider draußen bleiben – Die neue Armut in derKonsumgesellschaft“ , dass jeder einzelne seinen Teil dazubeiträgt, dass sie aufrecht erhalten wird. Dem stimme ich zu.Wir geben Geld aus, das wir nicht haben, für Dinge, die wirnicht brauchen, um Menschen zu beeindrucken, die wirnicht mögen. Und an nicht wenigen Gütern in unserenRegalen, klebt das Blut ausgebeuteter Menschen bzw.zerstörter Natur.

Was tut Caritas konkret?An erster Stelle steht unser Auftrag zu helfen, da zu sein,tatkräfig anzupacken. Es gilt nicht wegzusehen, sondern dieHerausforderungen anzunehmen. Dabei spreche ich nichtnur von der Caritas als Organisation. caritas ist eineLebenseinstellung, eine Werthaltung. Sie beginnt bei jedemeinzelnen von uns. caritas leben vor allem die tausendenehrenamtlich engagierten Menschen wie die rund 3400freiwilligen HaussammlerInnen in ganz Tirol, die sich jedesJahr im März für Menschen in Not bei uns auf den Wegmachen, um Spenden zu sammeln. caritas lebt auch durchdie tägliche Nachbarschaftshilfe oder Besuchs- undBegleitdienste für ältere, pflegebedürftige Menschen.

Caritas ist aber auch dazu da, Dinge beim Namen zunennen, auf Missstände hinzuweisen bzw. gute Entwick-lungen zu fördern. Deshalb engagieren wir uns auch bei derArmutskonferenz. Wir sehen uns als Mahnerin undverweisen im politischen bzw. öffentlichen Diskurs aufnegative Entwicklungen. Armut ist nach wie vor einstigmatisiertes Thema, das wir versuchen greifbar zumachen. Darüber hinaus bemühen wir uns um stichfesteDaten, Fakten und Konzepte, die in die gesellschaftlicheDiskussion eingebracht werden. So setzen wir uns dafür ein,

KIRCHE AUF DEM WEG ZU ZEITGEMÄSSER CARITAS

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1 4 Der Auftrag · Heft 111 · Sommersemester 2013

Kirche der Armenin Indien

Indien ist ein Land der großen Vielfalt.Weltweit bekannt ist der Subkontinentauch für sein Bollywood Kino und fürseine fortschrittliche Computertech-nologie. Indien – ein Land vollerGegensätze, mächtige, wunderschönePalastbauten von Weltrang wechseln sichab mit Wellblechhütten, wo die Ärmsten

der Armen wohnen.Vom wirtschaftlichen Aufschwung profitiert jedoch nur

eine kleine Mittel- und Oberschicht, beim Großteil derBevölkerung ist der wirtschaftliche Aufschwung bisher nochnicht angekommen.

Jeden Tag sterben Kinder an verschiedenen Erkran-kungen, fast die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren sinduntergewichtig und für ihr Alter zu klein. Trotz hohenWirtschaftswachstums sterben in Indien jedes Jahr vieleKinder an Unterernährung. Selbstverständlichkeiten wiesauberes Trinkwasser, eine Toilette oder Elektrizität sind fürzwei Drittel der Bevölkerung ein unerreichbarer Luxus.Indiens städtische Bevölkerung wird sich in den nächstenzwanzig Jahren auf rund 600 Millionen Menschenverdoppeln. 600 Millionen Inder sind jünger als 25 Jahre,14 Millionen junge Menschen drängen jedes Jahr neu aufden Arbeitsmarkt.   Die Globalisierung hat den ArmenIndiens nicht geholfen, nur der Mittelschicht und denGebildeten. In Indien sieht man um sich herum viel Armut,da sind die Bettler mit ihren Stöcken, die Kinder mit ihrengroßen braunen Augen, die alten Frauen, Mütter mit

Kindern und viele mehr.Der frühere Präsident von Indien  A. P. J. Abdul

Kalam  sagte vor kurzem: „Indien ist kein armes Land. Eswurde jahrhundertelang von einer kleinen GruppeMenschen arm und ungebildet gehalten, um die Massenauszunutzen.“ Das Land ist arm, die die es leiten sind esnicht.

Es gibt viele Meschen, die für die Armen in Indien vielSchönes tun. Mutter Teresa ist ein Beispiel dafür. DieFriedensnobelpreisträgerin, die im September 1997 inKalkutta gestorben ist, hat nicht nur selbstlos Armengeholfen. Sie hat den Armen und Ausgestoßenen helfenwollen,   indem sie selber eine von ihnen wurde. Sie lebte sichtief ein in den Geist der Armut. Sie sagte: „Wir könnenkeine  großen  Dinge  vollbringen  – nur kleine, aber die mitgroßer  Liebe.”

Die Ansprache von Papst Benedikt XVI.   an die Bischöfeder indischen Bischofskonferenz bei ihrem Ad-limina-Besuch

KIRCHE DER ARMEN IN INDIEN

Missionarinnen der Nächstenliebe in einem Waisenhaus

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Der Auftrag · Heft 111 · Sommersemester 2013       1 5

SEMINARISTENTREFFEN UND BESUCH IN LINZ

im September 2011 war sehr beeindruckend: „DieFreundschaft der katholischen Kirche gilt insbesondere denArmen. Wie Christus nimmt sie ohne Ausnahme alle auf, diezu ihr kommen, um die göttliche Botschaft des Friedens, derHoffnung und der Erlösung zu hören. Außerdem tut sie diesim Gehorsam gegenüber dem Herrn stets ohne Ansehen von‚Stämmen und Sprachen, Nationen und Völkern‘(vgl.   Offb  5,9), denn wir sind ‚ein Leib in Christus‘(Röm  12,5). Der Klerus, die Ordensleute und die Katechetenin euren Diözesen müssen daher den verschiedenensprachlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Umständenderer, denen sie dienen, unbedingt Aufmerksamkeit schenken… So hoffe ich auch, daß die Kirche in Indien weiterhineinen jeden, vor allem die Armen, annehmen und einevorbildliche Brücke zwischen den Menschen und Gott seinwird.”

Die Kirche soll nach Auffassung von Papst Franziskusden Armen dienen und selbst auf Reichtum verzichten: „Ichmöchte eine arme Kirche und eine Kirche für die Armen.“

Rosh Kalluveettil

Seminaristentreffenund Besuch in Linz

Im Vorfeld des diesjährigenSeminaristen-treffens waren wir nachLinz eingeladen. So konnten wir dasHochfest Christi Himmelfahrt in dergrößten Kirche Österreichs, dem LinzerMariendom, mitfeiern, sowie im Rahmeneiner Führung durch Regens Dr. Johann

Hintermaier vom 134 m hohen Turm des Domes eineherrliche Aussicht über Linz genießen. FranziskanerpaterMartin Bichler führte uns an die historischen Stätten desfrühen Christentums in Lorch und Enns, wo der Hl. Florianund die Märtyrer von Lorch um das Jahr 304 ihr Leben fürden christlichen Glauben hingaben. Nach einerEucharistiefeier mit Regens Dr. Peter Ferner in derWallfahrtskirche Christkindl in Steyr, Krippenbesichtigungund Stadtführung machten wir uns auf den Weg zumSeminaristentreffen in Horn. Dort bot ein vielseitigesProgramm die Möglichkeit mit Seminaristen aus allenösterreichischen Diözesen, sowie aus dem BrixnerPriesterseminar in Kontakt zu kommen. Beim Fußballturnierhat die gemeinsame Mannschaft Leopoldinum – Priester-seminar Innsbruck den 1 . Platz erreicht. Wir besuchten auchZnaim sowie Taßwitz, den Geburtsort des Hl. ClemensMaria Hofbauer. Den Abschluss des Seminaristentreffensbildete die gemeinsame Eucharistiefeier mit Weihbischof Dr.Anton Leichtfried in der Stiftskirche von Altenburg.

Siegmund Bichler

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ARMUT IN KRANKHEIT UND ABHÄNGIGKEIT

Armut in Krankheitund Abhängigkeit

„Christus wurde vom Vater gesandt den Armen die froheBotschaft zu bringen, [. . . ] die im Herzen Zerknirschten zuheilen, zu suchen und zu retten, was verloren war: Inähnlicher Weise umgibt die Kirche alle mit ihrer Liebe, dievon menschlicher Schwachheit angefochten sind, ja, in denArmen und Leidenden erkennt sie das Bild ihres armen undleidenden Gründers; sie müht sich ihre Not zu lindern undsucht Christus in ihnen zu dienen.“ (aus LG 8)

Wenn ich auf die Menschen blicke, dietagtäglich in der Apotheke Hilfe suchen,so tritt nach dem ersten Anschein des gutfunktionierenden Sozialsystems dieunmittelbare Not zu Tage. Armut ist hiernicht vorrangig als finanzielle Bedürf-tigkeit zu verstehen, selbst wenn sichzweifellos Viele, vor allem Pensionisten,

chronisch Kranke oder Einwanderer an der unterenEinkommensgrenze befinden. Die Not liegt wesentlich tieferund zeigt ein breites Spektrum an Hilfsbedürftigkeit. Manbegegnet zunächst einem hohen Maß an Einsamkeit, wasangesichts des engen Zusammenlebens in der Stadt nahezuzynisch wirkt. Nicht Wenige kommen in die Apotheke, nichtetwa, weil ihre körperlichen Leiden im Vordergrund stündensondern weil sie Kontakt suchen, jemanden der ihnen zuhörtund sich für ihre Sorgen interessiert. Man lebt zwar oft miteiner Vielzahl unterschiedlicher Menschen im selben Haus,meist aber reicht die unmittelbare Nähe nicht einmal füreinen freundlichen Gruß.

Viele der Begegnungen lassen erkennen, dass sich unsere

Leistungsgesellschaft in mancherlei Hinsicht kühl undverachtend zeigt. Wer nicht das geforderte Soll erbringenkann, wer nicht in gewisse Normen hineinpasst, wer unterder Last zusammenbricht, wird ausgegrenzt oder zumindestmit Misstrauen betrachtet.

Immer mehr, vor allem Jugendliche, versuchen aus dieserIsolation auszubrechen und versinken dabei noch tiefer imSumpf brüchiger Beziehungen. Die vorläufige Endstationsind Alkohol- und Drogenkonsum, die nunmehr zu völligerAusgrenzung, Krankheit und Kriminalität führen.

Wie kann nun die Kirche diese Menschen in ihrerSchwachheit mit Liebe umgeben? Anknüpfend an dasEingangszitat sollen wir Gläubige in den Armen undLeidenden Christus ins Angesicht sehen. Es heißt, sich vondem, was einen anderen bewegt, von seinen Schwierigkeitenund Brüchen, berühren zu lassen. Es muss nicht bedeutenalles zurückzulassen, sondern es kann im ganz Kleinenbeginnen, indem ich ein kurzes Gebet für jemanden sprecheoder über Vorurteile und die tatsächliche Lage meinesGegenübers nachdenke, indem ich vielleicht meineNachbarin, die ich kaum kenne, mit einer kleinenAufmerksamkeit überrasche, aber vor allem darin, dass ichdie zuversichtliche Hoffnung an das Gute und Großartigeeines jeden Menschen niemals aufgebe. Dann habe ich beimir einen Anfang dazu gesetzt, dass die Kirche in denArmen und Bedrängten ihren Herrn und Erlöser erkenntund sich in seinen Dienst der bedingungslosen Liebe stellt.

Jürgen BaumbergerSeminarist und Apotheker

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Der Auftrag · Heft 111 · Wintersemester 2013       1 7

TAG DER OFFENEN TÜR

Herzliche Einladungzum Tag der offenen Tür

im Priesterseminar am 16. Juni 2013

Eingeladen sind alle Freunde und Wohltäter, Interessenten am Priesterberuf,Nachbarn, Erwachsene und Kinder – alle, die das Priesterseminar und dasLeben im Seminar kennenlernen wollen.

Programm• 14:00 Uhr: Eintreffen• Während des gesamten Nachmittags Spielefest im Garten für Kinder und Familien• 14:20 Uhr: Kurze Information zum Priesterseminar• 14:30 Uhr: Hausführungen• Workshops zu Berufungsgeschichten• 17:00 Uhr: Hl. Messe• Anschließend Abendessen

Anmeldung erbeten an:Bischöfliches Priesterseminar, Riedgasse 9, 6020 Innsbruck, Tel: 0512 2230 4701 ,Email: [email protected]

Regens Dr. Peter Ferner und alle Seminaristen

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NEUER SEMINARIST

Christoph Manera

Mein Name ist Christoph Manera. Ichwurde 1984 in Meran (Südtirol)geboren. Ich stamme aus einer christlich-katholischen und zum Teilprotestantischen Familie. Im Laufemeines Lebens gab es viele Hochs undTiefs betreffend meines Glaubens unddes Bezugs zur katholischen Kirche. Erst

nach und nach habe ich mich wieder tiefer mit dem ThemaGlaube und Gott beschäftigt. Eigentlich sprachen mich imLaufe meines Lebens eher die Naturwissenschaften an. Alsich einen großen Tiefpunkt in meinem Leben erreicht hatte,konnte mir die ganze „Technik“ und auch wissenschaftlicheBücher nicht mehr wirklich weiterhelfen. Ich erkannte dassman einfach wieder den Kontakt zur wirklichen Welt suchenmusste. Auch lernte ich, dass die Welt uns Menschen vonGott geschenkt wurde, und man sie nicht als alleiniges„Industrieprodukt“ des Menschen, oder als „gottverlassen“ansehen sollte. Während ich mich im Zustand dieser innerenLeere befand, versuchte ich in die Stille des Herzenshineinzuhören. So „naiv“ es mir anfangs vor kam, nahm icheinfach spontan die Bibel und fing an darin zu lesen. Ichkonnte erkennen, dass die menschlichen Probleme und vorallem die der Welt, sich seit der Schöpfungserzählungeigentlich nie wirklich geändert haben: dass wir dazutendieren in einer Art Illusion der Moderne, der Macht,Kontrolle und falschen Sicherheit zu leben und dabei nochdenken, dass nur weil heute die Technik da ist, unsere Weltin einen Zustand des Paradieses geführt werden könnte. Dasist aber ein schwerwiegender und gefährlicher Fehler, dennTechnik und Moderne sind nur und absolut nur einGeschenk Gottes und niemals Götzen. Bei den

Franziskanern nahm ich regelmäßig am Gebet teil undmeditierte viel. Mit ihnen konnte ich auch über meineProbleme, Zweifel und Interessen reden, weil sie mirgeduldig zuhörten. Ich sah, dass ich wieder glücklich warund dies auch mein Interesse zur Religion erweckte.Anschließend inskribierte ich an der KatholischTheologischen Hochschule der Diözese Bozen-Brixen. Ichwählte das Studium der Religionspädagogik und schlossdieses Anfang 2013 erfolgreich ab. Dabei erhielt ich dasDiplom der Religionspädagogik. Dann entschloss ich michins Innsbrucker Priesterseminar zu gehen, um mich prüfenzu lassen, ob Priester sein etwas für mich ist. Ich wünschemir Priester zu werden, um Menschen zu helefen, dass sieaus der oben angesprochenen Illusion in die Welt Gotteskommen.

Christoph Manera

Beim Besuch in Linz

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POLENREISE

Reisetagebuch derPolenfahrt desSeminars

01 .04.2013Eine Reise nach Polen, etwa 1000 kmentfernt von Österreich, und vom Herzweiß ich nicht wie weit es entfernt ist.Polen kenne ich durch die Biographievon Johannes Paul II., einkommunistisches, rotes Land, das heuteeine Demokratie ist.

Der Wetterbericht sagt, dass es die ganze Woche kaltbleiben wird. Nach etwa neun Stunden Busfahrt war meinHerz leer und so kalt, wie der gefrorene Schnee der zubeiden Seiten der Strasse liegt. Es schneit als wir in Tyniecankommen und die kalte polnische Luft, die ich einatme, hatmich wieder frisch gemacht.

Wir übernachten in einer Benediktiner Abtei undschlafen inmitten von Psalmgesängen, und es klingt alswürden Engel mit den Flügeln schlagen.

02.04.2013Unser erstes Ziel heute ist Wadowice, der Geburtsort vonJohannes Paul II, der Ort, an dem alles begann und ergekeimt als einer kleinen Pflanze zu einem turmhohen Baumwurde. Sein Haus ist ganz nahe der Kirche, und dasTaufbecken dieser Kirche hat er besonders geschätzt, als seinGlaubensleben begann und es erinnert mich an meine Taufe

und an etwas Kostbares, meinen Glauben, der mirgeschenkt wurde.

Während ich durch die Straßen von Wadowice gehe,kommt es mir vor, als wäre ich ein Kind, das am StrandFußspuren nachgeht und plötzlich war da die Erinnerung,als meine Mutter mit traurigen Gesicht sagte, PapstJohannes Paul II ist gestorben. Es war uns, als wäre eingeliebter Nachbar gestorben, da wir ihn sehr liebten undverehrten.Unser nächstes Ziel ist Auschwitz. 2001 hat mir meineGeschichtslehrerin über Auschwitz erzählt und uns denFilm „Schindlers Liste“ empfohlen. Als wir ankommen sindviele Touristen dort und ich versuche inmitten all derMenschen in mir ein bisschen Ruhe zu schaffen.

Gaskammer: Als ich an der Reihe war die Gaskammerzu besichtigen, kamen mir Gedanken über die Menschen inden Sinn, die vor dieser Gaskammer gewartet haben. Wasist das für ein Gefühl zu wissen, dass der Tod nur ein paarSchritte entfernt wartet? Mütter und ihre Kinder, viele

Pfarrkirche in Wadowice

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POLENREISE

wussten nicht, was in kurzer Zeit mit ihnen geschehenwürde. Eine tiefe Trauer breitet sich in meinem Herzen aus.All die Blumengestecke und Kerzen, die hier überall vonBesuchern aufgestellt werden, sind nicht bunt genug undleuchten nicht hell genug, um das Leiden und die Dunkelheitder Opfer zu mildern.

Wieviel Liebe und Tränen braucht es, um all das Leidund die Schmerzen zuzudecken. In Gedanken umarme ichalle diese unschuldigen Menschen und Kinder und möchteihnen ein Klagegedicht widmen:

Wenn der Tod kommt, setze Dich ein wenig zu mir…und mein letzter Atemzug soll Dein Duft sein…Dein Gesicht mein Schatz, soll in meinen Augen, dienicht mehr offen sind, versinken…Die Ohren, die keine Stimme mehr annehmen, möchteich mit Deiner Stimme versiegeln…Im Kopf, wo Wissen und Erinnerungen brennen, lassgrüne Erinnerungen von dir sich niederschlagenMeine verwundeten Lippen will ich mit Deinem süßen

Namen verschließen…Die Erinnerungen an die Wege, die ich zu dir, Liebe,gegangen bin, soll Meine Füße kühlen…das ist genug für ihn, um aus dem begrabenen Leib alsPflanze aufzuerstehen…

Das nächste Ziel ist das Sanktuarium der BarmherzigkeitGottes in Krakau-Łagiewniki. Die Distanz zwischenAusschwitz und Sanktuarium ist nur 73 km.Das Bild vom barmherzigen Jesus sah ich das erste Malzuhause 1994. Meine Math.-Lehrerin war die OrdensfrauSr. Ann. Sie hat es unserer Familie geschenkt. Und jetzt binich in dem ursprunglichen Ort dieses Bildes. Mein Kopf istvoll mit den Erinerungen über die Frömmigkeit diesesBildes bei uns zuhause. Etwas passt nicht zusammen,Auschwitz und Barmherzigkeit! ! Wir haben dort Hl. Messegefeiert und ich ließ alle meine Schmerzen in dieBarmherzigkeit Gottes sinken.„Je dunkler die Nacht, je heller die Sterne, je tiefer dieTrauer, desto näher ist Gott.“ (Fjodor Dostojewski)

Stacheldraht in Auschwitz

Barmherzigkeitsbasilika in Krakau-Łagiewniki

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POLENREISE

Namen verschließen…Die Erinnerungen an die Wege, die ich zu dir, Liebe,gegangen bin, soll Meine Füße kühlen…das ist genug für ihn, um aus dem begrabenen Leib alsPflanze aufzuerstehen…

Das nächste Ziel ist das Sanktuarium der BarmherzigkeitGottes in Krakau-Łagiewniki. Die Distanz zwischenAusschwitz und Sanktuarium ist nur 73 km.Das Bild vom barmherzigen Jesus sah ich das erste Malzuhause 1994. Meine Math.-Lehrerin war die OrdensfrauSr. Ann. Sie hat es unserer Familie geschenkt. Und jetzt binich in dem ursprunglichen Ort dieses Bildes. Mein Kopf istvoll mit den Erinerungen über die Frömmigkeit diesesBildes bei uns zuhause. Etwas passt nicht zusammen,Auschwitz und Barmherzigkeit! ! Wir haben dort Hl. Messegefeiert und ich ließ alle meine Schmerzen in dieBarmherzigkeit Gottes sinken.„Je dunkler die Nacht, je heller die Sterne, je tiefer dieTrauer, desto näher ist Gott.“ (Fjodor Dostojewski)

03.04.2013In Krakau starten wir mit einer Schneeballschlacht, ein paarMal treffe ich sogar!Wir wandern zu Fuß durch das Herz der Stadt, der riesige,mächtige Palast Wawel, viele Kirchen, Universität undGärten, eine sehr schöne Stadt. Ich spüre überall, dass KarolWojtyla hier noch lebt.Es ist so kalt, dass wir fast alle vor dem Mittagessen Teetrinken, um uns aufzuwärmen. Am Nebentisch treffen wireine Gruppe deutscher Reisender, die auch sehrdurchgefroren ist.Die Marienkirche ist ein Wunder,unbeschreiblich schön. Wir sehenhier Jugendliche beim Beten, mir istzum Beten eine kleine Kapellelieber. Ich kaufe noch einigePostkarten hier. Am Abend frag ichmich: „Habe ich heute die Sonneschon gesehen?“ – „Nein, abermein Herz hat begonnen Polen zulieben!“

04.04.2013Beim Frühstück haben wir ein Gespräch mit Erzbischof Dr.Alfons Nossol, er ist ein Mensch voll Liebe zur Kirche!Wir sind in Katowice im Priesterseminar und dertheologischen Fakultät. dann fahren wir nach Zawadzkieund essen dort mit den Eltern von Gabriel Thomala zuMittag. Danach gings nach Opole. Erst wandern wir durchdie Altstadt von Opole, später feiern wir dann mit 160Seminaristen des Priesterseminars Hl. Messe, die Schönheitder Liturgie war beeindruckend!

05.04.2013Letzer Tag in Polen! Als Erstes steht die Besichtigung desSchlosses des Hl. Hyazinth auf dem Programm. Danachfahren wir nach St. Annaberg, wo es 39 Kapellen gibt. Wirfeiern in der Hauptkapelle Hl. Messe. Diese Messe ist fürmich der Höhepunkt dieser Pilgerfahrt. Anschliessendfahren wir nach Tschenstochau. Wir beten Rosenkranz imBus und haben während der ganzen Fahrt das Gefühl inTschenstochu der Mutter Gottes zu begegnen.

06.04.2013Rückfahrt mit all den schönen Erinnerungen…

Lojin Kalathipparambil

Wawelschloss in Krakau

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ABSCHIED UND ANFANG

Wir freuen uns über die Ernennung von Diözesanad-ministrator Dr. Benno Elbs zum Diözesanbischof vonFeldkirch! Wir wünschen ihm die Kraft des Heiligen Geistesund viel Freude für seinen Dienst. Die Bischofsweihe findetam 30. Juni 201 3 um 16:30 im Dom zu Feldkirch statt.

Dankbar erinnern wir uns an Altbischof Dr. ReinholdStecher (1921-2013). Möge Gott ihm seinen Dienst an derDiözese Innsbruck vergelten und ihm die ewige Ruheschenken!

Die Ereignisse, die sich in den vergangenen Monaten inRom zugetragen haben, brachten uns zum Staunen undNachdenken. Die Entscheidung seiner Heiligkeit BenediktXVI. zum Rücktritt und die darauffolgenden Veränderungenhaben das Wehen des Heiligen Geistes in der Kirche spürbargemacht und eine Stimmung der hoffnungsvollen Freudebewirkt. Deutlich trat die katholische Weite zu Tage, diegerade auf dem Stuhl Petri ein unglaubliches Ausmaßangenommen hat. Nach dem Sel. Papst Johannes Paul II.,der Christus im Tragen seiner schweren Krankheit bezeugthat, wurde uns in Papst Benedikt XVI. ein brillanterTheologe geschenkt, der uns in seinen Enzykliken,Ansprachen und Büchern die Liebe Gottes nähergebrachtund den theologischen Diskurs angeregt hat. SeinNachfolger vom anderen Ende der Welt bringt nun seinenGlauben lebendig ein und verkündigt das Evangeliuminsbesondere den Armen und Schwachen. Wir wollengemeinsam mit Benedikt XVI. für die Kirche und ihrenobersten Hirten Papst Franziskus beten.

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Der Auftrag · Heft 111 · Sommersemester 2013       23

ChronikExerzitien in VillIn der letzten Woche der Semesterferien von 25. Februar bis2. März 2013 waren wir wieder auf Exerzitien. Diesmal beiden Schwestern vom Guten Hirten in Vill. Unser Spiritual P.Janusz Turek leitete die Exerzitien, die unter dem Thema„Pilger des Glaubens und Zeugen der Hoffnung“ standen.Durch die Impulse des Spirituals wurden wir, die wir alle alsPilger auf unserem Lebens– und Glaubensweg unterwegssind, ermutigt und zum Nachdenken angeregt. Neben denGebetszeiten, der täglichen Eucharistiefeier und Zeiten derStille, gab es auch die Möglichkeit zur Beichte und zuindividuellen Einzelgesprächen. Nach dieser bereicherndenWoche, in der wir gut versorgt und mit prächtigemWinterwetter gesegnet waren, gingen wir wieder gestärkt inunser Alltagsleben.

CHRONIK UND ANKÜNDIGUNGEN

IMPRESSUMMedienhaber: Bischöfl iches Priesterseminar der Diözese Innsbruckund der Diözese Feldkirch, Riedgasse 9, A-6020 InnsbruckTelefon: 051 2/2230-4700, Fax: 051 2/2230-4799E-Mail: [email protected]: www.priesterseminar-innsbruck.atFotos: Private Sammlung, Caritas/Aleksandra Pawloff (S. 3), © KatjaI l lner, © Gras-Ober, Wikimedia Commons (cc-by-sa 3.0) (S. 7),© REUTERS/Thomas Mukoya (S. 1 1 ) , © Jakub Hałun, WikimediaCommons, (cc-by-sa-2.5/GFDL) (S. 21 ) , Diözese Innsbruck &Feldkirch (S. 22)Druck: Alpina Druck, InnsbruckBankverbindung: Tiroler Sparkasse, BLZ 20503, Konto Nr. 052761

ANKÜNDIGUNGEN

• DIAKONATSWEIHE von Fabian Jochumam Sonntag, den 9. Juni 2013, um 16:00 Uhrin der Stadtpfarrkirche St. Martin in Dornbirn

• TAG DER OFFENEN TÜRam Sonntag, den 16. Juni 2013, ab 14:00 Uhrim Priesterseminar (Details auf Seite 17)

• PRIESTERWEIHE von Kidane Korabza,Br.   Johannes Unterberger OFM,Br. Miro Matekic OFMCap undD. Maximilian Stefan Thaler OPraemam Sonntag, den 23. Juni 2013, um 15:00 Uhrim Dom St. Jakob in Innsbruck

• PRIMIZ von Kidane Korabzaam Sonntag, den 30. Juni 2013, um 9 Uhrin der Pfarrkirche zum heiligen Gallus in Weer

Wir laden Sie ein unsere neu gestaltete Website zubesuchen. Sie finden dort aktuelle Neuigkeiten, Fotos,Informationen über die Seminaristen und die Leitungdes Hauses.www.priesterseminar-innsbruck.at

Impuls bei den Exerzitien

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Österreichische Post AGInfo.Mail Entgelt bezahlt

Bei Unzustel lbarkeit zurücksenden6020 Innbruck, Riedgasse 9

Vor dem Mariendom in Linz. Von links: Siegmund Bichler, Rosh Kalluveettil, Peter Distlbacher, Christoph Manera,Martin Margreiter, Subregens Michael Münzner (Linz), Maximus Nwolisa, Jürgen Baumberger, Regens Peter Ferner,Johannes Hofer, Lojin Kalathipparambil, Francis Abanobi, Alexander Meier