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22 IN|FO|NEUROLOGIE &PSYCHIATRIE2012;Vol.14,Nr.3 Journal Screen Schlaganfallprävention sodass Aussagen zur Langzeitbehandlung sehr schwierig sind. Patienten und Methodik: Die Heart Protection Study (HPS) wurde zwischen 1994 und 1997 durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt wurden 20.536 Männer und Frauen im Alter zwischen 40 und 80 Jahren mit vaskulären Risikofaktoren mit 40 mg Simvastatin oder Placebo behandelt [1, 2]. Nach dem offiziellen Studienende im Jahr 2001 wurden die Teilnehmer gebeten, ihre Stu- dienmedikation beziehungsweise in der Placebogruppe kein Statin einzunehmen. Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse wurde es den Patienten und den behan- delnden Ärzten überlassen, ob die Patienten mit einem Statin behandelt wurden. Nach dem offiziellen Studien- ende wurde in einer Untergruppe von Patienten eine jährliche Nachbefragung bezüglich vaskulärer Ereignisse durchgeführt. Die hier publizierten Ergebnisse beziehen sich auf einen Zeitpunkt von elf Jahren. Ergebnisse: Die ursprüngliche HPS-Studie führte zu einer 23%igen Reduktion schwerwiegender vaskulärer Ereignisse unter Simvastatin im Vergleich zu Placebo. Während der Nachbeobachtungsphase, in der die Ein- nahme des Statins und die Cholesterinwerte in beiden Behandlungsgruppen gleich waren, ergab sich keine weitere Reduktion vaskulärer Endpunkte und der vas- kulären Sterblichkeit (Abbildung 1). Über den gesam- ten Beobachtungszeitraum ergab sich auch kein Unter- schied in der Rate maligner Tumoren. Schlussfolgerungen: Die Senkung erhöhter Choles- terinwerte mit einem Statin führt auch langfristig zu einer Reduktion vaskulärer Ereignisse. HeartProtection StudyCollaborative Group;BulbuliaR, BowmanL,Wal- lendszusKetal. Effectson11-year mortalityandmor- bidityoflowering LDLcholesterol withsimvastatin forabout5years in20,536high-risk individuals:aran- domisedcontrolled trial.Lancet2011; 378:2013 –20 Statintherapie reduziert langfristig das kardiovaskuläre Risiko Der frühe Nutzen lässt sich bei späterer Gabe nicht mehr aufholen Fragestellung: Führt die Senkung des LDL-Choles- terins mit Simvastatin bei Patienten mit Hypercholeste- rinämie auch langfristig zu einer Reduktion von vasku- lären Ereignissen? Hintergrund: Erhöhte LDL-Cholesterin-Spiegel sind ein eindeutiger Risikofaktor für Myokardinfarkte und – wenn auch in geringerem Maße – für ischämische Insulte. Viele Studien in der Sekundärprävention vas- kulärer Ereignisse haben überzeugend nachweisen kön- nen, dass eine Senkung des LDL-Cholesterins mit Sta- tinen das Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen reduziert. Die meisten Studien wurden aber nur über einen Zeitpunkt von drei bis fünf Jahren durchgeführt, Kommentar: AufdenerstenBlickwirktdieseStudieer- nüchternd,dasieoffenbarnahelegt,dasssichdieEreig- nisratenvaskulärerEreignissenachdemEndederHeart ProtectionStudynichtunterschieden.Dieeigentliche Interpretationistallerdings,dasssichdieDifferenzen die sich während der fünfjährigen Behandlung erga- ben,inderFolgezeitnichtmehraufholenließen,das heißt,dassbeiPatientenmiterhöhtemRisikovaskulärer EreignisseunderhöhtemLDLdieStatinbehandlungso frühwiemöglichbegonnenundsolangewiemöglich durchgeführtwerdensollte.Daesauchwährendder elfjährigenBeobachtungsphasezukeinenschwerwie- genden Nebenwirkungen kam und auch die Rate an malignenTumorennichtunterschiedlichwar,bedeutet dieBehandlungmitStatineneinenerheblichenBenefit ohnewesentlichesRisiko.Diesehrseltenenstatinindu- ziertenMyopathiensindklinischleichtzuerkennenund nachAbsetzendesStatinsreversibel. Literatur 1. HeartProtectionStudyCollaborativeGroup.Lancet2002;360: 7–22 2.CollinsRetal.Lancet2004;363:757 – 67 Hans-Christoph Diener, Essen 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Follow-up (Jahre) 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Studienteilnehmer mit Ereignissen (%) Placebo Simvastatin Kardiovaskuläre Ereignisrate Abbildung1 Kardiovaskuläre Ereignisraten im Verlauf des elf- jährigen Follow-up-Zeitraums der Heart Protection Study. NachLancet2011}

Der frühe Nutzen lässt sich bei späterer Gabe nicht mehr aufholen

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22� IN|FO|Neurologie &�Psychiatrie����2012;�Vol.�14,�Nr.�3

Journal Screen Schlaganfallprävention

sodass Aussagen zur Langzeitbehandlung sehr schwierig sind.

Patienten und Methodik: Die Heart Protection Study (HPS) wurde zwischen 1994 und 1997 durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt wurden 20.536 Männer und Frauen im Alter zwischen 40 und 80 Jahren mit vaskulären Risikofaktoren mit 40 mg Simvastatin oder Placebo behandelt [1, 2]. Nach dem offiziellen Studienende im Jahr 2001 wurden die Teilnehmer gebeten, ihre Stu­dienmedikation beziehungsweise in der Placebogruppe kein Statin einzunehmen. Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse wurde es den Patienten und den behan­delnden Ärzten überlassen, ob die Patienten mit einem Statin behandelt wurden. Nach dem offiziellen Studien­ende wurde in einer Untergruppe von Patienten eine jährliche Nachbefragung bezüglich vaskulärer Ereignisse durchgeführt. Die hier publizierten Ergebnisse beziehen sich auf einen Zeitpunkt von elf Jahren.

Ergebnisse: Die ursprüngliche HPS­Studie führte zu einer 23%igen Reduktion schwerwiegender vaskulärer Ereignisse unter Simvastatin im Vergleich zu Placebo. Während der Nachbeobachtungsphase, in der die Ein­nahme des Statins und die Cholesterinwerte in beiden Behandlungsgruppen gleich waren, ergab sich keine weitere Reduktion vaskulärer Endpunkte und der vas­kulären Sterblichkeit (Abbildung 1). Über den gesam­ten Beobachtungszeitraum ergab sich auch kein Unter­schied in der Rate maligner Tumoren.

Schlussfolgerungen: Die Senkung erhöhter Choles­terinwerte mit einem Statin führt auch langfristig zu einer Reduktion vaskulärer Ereignisse.

Heart�Protection�Study�Collaborative�

Group;�Bulbulia�R,�Bowman�L,�Wal-lendszus�K�et�al.�

Effects�on�11-year�mortality�and�mor-

bidity�of�lowering�LDL�cholesterol�

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in�20,536�high-risk�individuals:�a�ran-

domised�controlled�trial.�Lancet�2011;�

378:�2013–20

Statintherapie reduziert langfristig das kardiovaskuläre Risiko

Der frühe Nutzen lässt sich bei späterer Gabe nicht mehr aufholen Fragestellung: Führt die Senkung des LDL­Choles­terins mit Simvastatin bei Patienten mit Hypercholeste­rinämie auch langfristig zu einer Reduktion von vasku­lären Ereignissen?

Hintergrund: Erhöhte LDL­Cholesterin­Spiegel sind ein eindeutiger Risikofaktor für Myokardinfarkte und – wenn auch in geringerem Maße – für ischämische Insulte. Viele Studien in der Sekundärprävention vas­kulärer Ereignisse haben überzeugend nachweisen kön­nen, dass eine Senkung des LDL­Cholesterins mit Sta­tinen das Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen reduziert. Die meisten Studien wurden aber nur über einen Zeitpunkt von drei bis fünf Jahren durchgeführt,

Kommentar: Auf�den�ersten�Blick�wirkt�diese�Studie�er-nüchternd,�da�sie�offenbar�nahelegt,�dass�sich�die�Ereig-nisraten�vaskulärer�Ereignisse�nach�dem�Ende�der�Heart�Protection�Study�nicht�unterschieden.�Die�eigentliche�Interpretation�ist�allerdings,�dass�sich�die�Differenzen�die�sich�während�der� fünfjährigen�Behandlung�erga-ben,�in�der�Folgezeit�nicht�mehr�aufholen�ließen,�das�heißt,�dass�bei�Patienten�mit�erhöhtem�Risiko�vaskulärer�Ereignisse�und�erhöhtem�LDL�die�Statinbehandlung�so�früh�wie�möglich�begonnen�und�so�lange�wie�möglich�durchgeführt�werden�sollte.�Da�es�auch�während�der�elfjährigen�Beobachtungsphase�zu�keinen�schwerwie-

genden�Nebenwirkungen�kam�und�auch�die�Rate�an�malignen�Tumoren�nicht�unterschiedlich�war,�bedeutet�die�Behandlung�mit�Statinen�einen�erheblichen�Benefit�ohne�wesentliches�Risiko.�Die�sehr�seltenen�statinindu-zierten�Myopathien�sind�klinisch�leicht�zu�erkennen�und�nach�Absetzen�des�Statins�reversibel.�

Literatur1.��Heart�Protection�Study�Collaborative�Group.�Lancet�2002;�360:�

7–222.�Collins�R�et�al.�Lancet�2004;�363:�757–67

Hans-Christoph Diener, Essen

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