30
1 Der Kommunionweg als Familienkatechese – konzeptuelle Grundlagen (Jörn Hauf) 1. Lateinamerikanische Wurzeln 1.1. Grundlagen und Geschichte der Catequesis Familiar Die grundlegenden Anstöße 1 für den paradigmatischen Neuansatz von Catequesis Familiar als konzeptionelle Verknüpfung von Sakramentenkatechese für Kinder (hier: Eucharistiekatechese) mit der Erwachsenenkatechese (hier: Eltern, bzw. elterliche Bezugspersonen) wurzeln – zunächst unabhängig von Ergebnissen des Zweiten Vatikanischen Konzils – in den Überlegungen des 4. Nationalen Katecheten– Kongresses in Santiago de Chile im Jahre 1962. Dort wurde erstmals eine Katechese gefordert, die sich in der Familie realisiert. 2 Zeitgleich und analog zu dem Modell „Tischmütter“ im deutschsprachigen Raum wurden auf diesem Hintergrund in einigen Gemeinden einzelne Mütter dafür gewonnen, sich als sog. „Katechesemütter“ (Mamas Catequistas) an der Erstkommunionvorbereitung mehrerer Kinder ihres Wohnviertels zu beteiligen. Die Erfahrungen mit diesem Schritt schildert die Leiterin des nationalen Zentrums für Familienkatechese in Peru, Schwester Augusta Carrara in ihrem geschichtlichen Überblick zur Entstehung der Catequesis Familiar kurz und knapp: „Nachdem die Mütter einige Zeit lang ähnlich wie Lehrerinnen bei der Erstkommunionkatechese mitgewirkt hatten, erkannte man, wie wichtig es ist, in der Katechese persönliche Erfahrungen weiterzugeben und nicht nur Formeln zum Auswendiglernen.“ 3 Weitergehende Analysen, theoretische und praktische Überlegungen folgten 4 , sodass sich bereits 1972 in Chile die Entscheidung herauskristallisierte, die Catequesis Familiar in eine Art Quasikatechumenat mit (getauften) Eltern anlässlich der Erstkommunion ihrer Kinder umzugestalten, damit diese ihre Kinder selbst auf die Erstkommunion vorbereiten können. Damit erweiterten sich die vorrangigen Ziele der ursprünglichen Eucharistiekatechese dahingehend, auch die Erwachsenen in einen Evangelisierungsprozess einzubeziehen und auf diesem Wege zur Neubildung und 1 Zur Entwicklung von Catequesis Familiar in Chile und Peru vgl.: Albert Biesinger: Erstkommunion als Familienkatechese, THQ 174, 1994, S. 123ff. sowie: Adveniat/u.a. (Hg.): Augusta Carrara. Der Weg der Catequesis Familiar in Peru, Bochum 1999. Hier insbesondere das Kapitel: Grundlagen und Geschichte der Catequesis Familiar, S. 1952 sowie: Helga KohlerSpiegel: Catequesis Familiar Katechese, die dem Leben folgt. Österreichisches Religionspädagogisches Forum 8, 1998, S. 16. 2 Catequesis Familiar, in: Renovadas Actas del IV Congresso Catequistico Nacional, Santiago de Chile 1962, S.87, zitiert nach: Biesinger: Erstkommunion als Familienkatechese, 1994, S. 125. Dort auch Verweis auf Carlos Deckers: Catequesis Familiar. Su Metologia, Santiago de Chile 1988 (2. Auflage). 3 Adveniat/u.a.(Hg.): Augusta Carrara, 1999, S. 46. 4 So wurden etwa Evangelisierungsdefizite der Eltern, die fehlende Solidarität innerhalb der Familien und untereinander analysiert, vgl. dazu: Albert Biesinger: Familienkatechese Befreiungstheologische Aspekte und Realisierungen, in: Mariano Delgado: Blutende Hoffnung. Gustavo Gutierrez zu Ehren, Luzern 2000, S. 230239.

Der Kommunionweg als Familienkatechese konzeptuelle ... · Weitergehende Analysen, theoretische und praktische Überlegungen folgten4, sodass sich bereits 1972 in Chile die Entscheidung

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1

Der Kommunionweg als Familienkatechese – konzeptuelle

Grundlagen (Jörn Hauf)

1. Lateinamerikanische Wurzeln

1.1. Grundlagen und Geschichte der Catequesis Familiar

Die grundlegenden Anstöße1 für den paradigmatischen Neuansatz von Catequesis

Familiar als konzeptionelle Verknüpfung von Sakramentenkatechese für Kinder (hier:

Eucharistiekatechese) mit der Erwachsenenkatechese (hier: Eltern, bzw. elterliche

Bezugspersonen) wurzeln – zunächst unabhängig von Ergebnissen des Zweiten

Vatikanischen Konzils – in den Überlegungen des 4. Nationalen Katecheten– Kongresses

in Santiago de Chile im Jahre 1962. Dort wurde erstmals eine Katechese gefordert, die

sich in der Familie realisiert.2 Zeitgleich und analog zu dem Modell „Tischmütter“ im

deutschsprachigen Raum wurden auf diesem Hintergrund in einigen Gemeinden einzelne

Mütter dafür gewonnen, sich als sog. „Katechesemütter“ (Mamas Catequistas) an der

Erstkommunionvorbereitung mehrerer Kinder ihres Wohnviertels zu beteiligen. Die

Erfahrungen mit diesem Schritt schildert die Leiterin des nationalen Zentrums für

Familienkatechese in Peru, Schwester Augusta Carrara in ihrem geschichtlichen Überblick

zur Entstehung der Catequesis Familiar kurz und knapp: „Nachdem die Mütter einige Zeit

lang ähnlich wie Lehrerinnen bei der Erstkommunionkatechese mitgewirkt hatten,

erkannte man, wie wichtig es ist, in der Katechese persönliche Erfahrungen

weiterzugeben und nicht nur Formeln zum Auswendiglernen.“3

Weitergehende Analysen, theoretische und praktische Überlegungen folgten4, sodass sich

bereits 1972 in Chile die Entscheidung herauskristallisierte, die Catequesis Familiar in

eine Art Quasikatechumenat mit (getauften) Eltern anlässlich der Erstkommunion ihrer

Kinder umzugestalten, damit diese ihre Kinder selbst auf die Erstkommunion vorbereiten

können. Damit erweiterten sich die vorrangigen Ziele der ursprünglichen

Eucharistiekatechese dahingehend, auch die Erwachsenen in einen

Evangelisierungsprozess einzubeziehen und auf diesem Wege zur Neubildung und

1 Zur Entwicklung von Catequesis Familiar in Chile und Peru vgl.: Albert Biesinger: Erstkommunion als

Familienkatechese, THQ 174, 1994, S. 123ff. sowie: Adveniat/u.a. (Hg.): Augusta Carrara. Der Weg der Catequesis

Familiar in Peru, Bochum 1999. Hier insbesondere das Kapitel: Grundlagen und Geschichte der Catequesis Familiar,

S. 19–52 sowie: Helga Kohler– Spiegel: Catequesis Familiar – Katechese, die dem Leben folgt. Österreichisches

Religionspädagogisches Forum 8, 1998, S. 16.

2 Catequesis Familiar, in: Renovadas Actas del IV Congresso Catequistico Nacional, Santiago de Chile 1962, S.87, zitiert

nach: Biesinger: Erstkommunion als Familienkatechese, 1994, S. 125. Dort auch Verweis auf Carlos Deckers: Catequesis

Familiar. Su Metologia, Santiago de Chile 1988 (2. Auflage).

3 Adveniat/u.a.(Hg.): Augusta Carrara, 1999, S. 46.

4 So wurden etwa Evangelisierungsdefizite der Eltern, die fehlende Solidarität innerhalb der Familien und untereinander

analysiert, vgl. dazu: Albert Biesinger: Familienkatechese – Befreiungstheologische Aspekte und Realisierungen, in:

Mariano Delgado: Blutende Hoffnung. Gustavo Gutierrez zu Ehren, Luzern 2000, S. 230– 239.

2

Entwicklung christlicher Basisgemeinschaften5 beizutragen. Die erste Zielgruppe der

Catequesis Familiar sind von da an nicht mehr nur die (Erstkommunion-)Kinder, sondern

die Familien als Ganze, in ihrer faktischen Situation: in vielen Gemeinden entstanden so

anlässlich der Erstkommunionvorbereitung Gruppen, in denen Eltern (d.h. die Personen

bei denen das Kind aufwächst und die es erziehen) ihre Kinder im Glauben begleiten. Im

intergenerationalen Austausch zwischen Erwachsenen und Kindern geben Eltern ihren

Kindern mit, was ihnen selbst bedeutsam und wichtig geworden ist. Dabei wurden die

Familien auf unterschiedliche Weise von der Gemeinde unterstützt, woraus sich im Laufe

der Zeit eine feste Organisationsstruktur gegenseitiger Begleitung der Catequesis

Familiar herauskristallisieren konnte. Mit der theologischen Aufwertung des

Laienapostolats durch das Zweite Vatikanische Konzil und vor dem pastoralen

Hintergrund, dass es in vielen lateinamerikanischen Ländern kaum hauptberufliche

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, geschweige denn Priester6 gibt, sind die neuen

Schlüsselfiguren der Catequesis Familiar (neben den Eltern mit ihren Kindern),

ehrenamtlich tätige Parejas Guias, leitende Eltern(paare), die in der Regel wöchentlich

mit Gruppen von Eltern eines Wohngebiets katechetische Treffen veranstalten, bei denen

den Eltern die Gelegenheit und Atmosphäre geboten wird, sich mit ihren Alltagssorgen

und ihrem Glauben auseinander zu setzen. Darüber hinaus werden die Eltern dazu

angeleitet, anhand von katechetisch aufbereiteten Materialien zu Hause mit ihren

(Erstkommunion-)Kindern über den Glauben zu sprechen. Die Kinder im Alter zwischen 8

und 11 Jahren (also nicht wie bei uns, jahrgangsweise erfasst) vertiefen ihrerseits das zu

Hause Besprochene auf gestalterische und spielerische Art mit viel Gesang in

regelmäßigen Kindertreffen, die von Jugendlichen (Animadores) aus der Gemeinde, die in

der Regel erst vor kurzem selbst gefirmt wurden, geleitet werden. Dabei werden sowohl

die Eltern begleitenden Parejas Guias und die jugendlichen Animadores ihrerseits von

Gesamtverantwortlichen, meist Laienkatecheten oder Ordensleute (Asesores), für die

Katechese in der Gemeinde begleitet.7

5 Zu Kirchlichen Basisgemeinschaften im Allgemeinen vgl.: Thomas Schreijäck, Religionspädagogik im Kontext

befreiungstheologischer Ansätze, in: Hans– Georg Ziebertz/Werner Simon (Hg.): Bilanz der Religionspädagogik,

Düsseldorf 1995, S. 227– 229, sowie Norbert Mette: „Ein neues Millenium ohne Ausgeschlossene“, in: Ottmar Fuchs:

Pastoraltheologische Interventionen im Quintett. Zukunft des Evangeliums in Kirche und Gesellschaft, Münster 2001,

S. 34–46. Vgl. auch Augusta Carrara: Die Entstehung von Basisgemeinschaften als Zielperspektive, in Adveniat/u.a.,

1999: „Unter Basisgemeinschaft verstehen wir eine Gemeinschaft, die sich an der Basis – das heißt: am unteren Rand –

der sozialen Schichtung bildet.“ (S. 41). Exemplarisch zur basisgemeindlichen Bewegung in Deutschland vgl. die

Dokumentation von: Michael Fischer/u.a. (Hg.): Basisgemeindliche Kirche, Tübingen/Basel 1996, S. 145ff.

6 Im Großraum Lima zählen bis zu 150.000 Menschen zu einer Pfarrei mit oft nur einem (!) Pfarrer und wenigen

Ordensschwestern oder Laien– Katechetinnen und -Katecheten.

7 Formal ähnelt die Konzeption der Catequesis Familiar Volksbildungskonzepten, wie sie etwa Paolo Freire mit seiner

Alphabetisierungskampagne in Brasilien entwickelt hat. Vgl. dazu: Albert Biesinger: Catequesis Familiar –

basiskirchliche Provokation, in: Thomas Schreijäck: Christwerden im Kulturwandel. Analysen, Themen und Optionen für

religionspädagogik und Praktische Theologie, Freiburg i. Br. 2001, S. 441f.

3

1977 beginnt in Peru die Arbeit mit diesem Grundkonzept von Catequesis Familiar in

einem großen Randviertel Limas, der Villa El Salvador und entwickelt sich mittels

bischöflicher Unterstützung in wenigen Jahren zu einer breiten Familienbewegung.8

In den folgenden Jahren werden neben den sogenannten Familienblättern auch einzelne

Handreichungen für alle Begleitungsebenen entwickelt, sowie das gesamte katechetische

Material inhaltlich auf einen Zwei– Jahres– Weg9 mit zahlreichen „Etappenfeiern“10

(Celebraciones) hingeordnet, als deren letzte die Feierliche Erstkommunion des Kindes

steht. Die beiden zentralen Themenkreise „Leben in der Familie und Evangelisierung“

(1.Jahr) und „Bildung von Gemeinschaft und der Aufbau der Gemeinde“ (2.Jahr) greifen

dementsprechend weit über spezifisch eucharistiekatechetische Themen hinaus.11

(Abb.1: Allgemeine Ziele der Etappen der Catequesis Familiar, in Anlehnung an: Adveniat, S.61)

Zahlreiche Diözesen Perus und anderer Länder Lateinamerikas (Argentinien, Bolivien,

Honduras, Guatemala, Bolivien, Ecuador, Paraguay u.a.) griffen diese Überlegungen auf

und realisierten, unterstützt von ihren bischöflichen Katechesekommissionen seit den

8 Einen Überblick bietet Helga Kohler– Spiegel (1998), S. 16: „Bereits 1978 bildet der für dieses Gebiet zuständige

Bischof Monsenor German Schmitz eine interpfarreiliche Gruppe. 1983 gründet Bischof Monsenor Lorenzo Leon als

Vorsitzender der bischöflichen Kommission für Katechese in Peru eine eigene Abteilung für Catequesis Familiar in

dieser Kommission. 1992 übernimmt Sr. Augusta Carrara die nationale Koordination. 1994, im Internationalen Jahr der

Familie, kann in Lima das Zentrum der Catequesis Familiar eröffnet werden. 1995 erläutert Bischof Lorenzo Leon das

Konzept in Deutschland, Sr. Augusta Carrara führt auf Einladung der Katholisch– Theologischen Fakultät der Universität

Tübingen in einem ersten Kurs in diese Arbeit ein.“ Vgl. dazu auch die vom Zentrum für Catequesis Familiar in Lima

erstellten Unterlagen zum Forschungsseminar der Universitäten Tübingen, Fribourg und Luzern: Centro de Catequesis

Familiar: Metodologia de Catequesis Familiar. Teil 1: Historia de la Catequesis familiar, Lima 1997, S. 3.

9 Infolge des langen Vorbereitungszeitraums und einer volkskirchlich bedingten differenzierten Erwartungshaltung bieten

peruanische Gemeinden alternativ zur Catequesis Familiar einen gleichberechtigten Kommunionweg ohne

Elternbegleitung für Jugendliche zwischen 13 und 14 Jahren an. Vgl. Monika Scheidler: Rahmenbedingungen und

Optionen der peruanischen Catequesis Familiar – Kulturvergleichende Herausforderungen, in: Adveniat/u.a. (1999),

S. 12f.

10 Vgl. dazu: Carrara: Das Konzept der Catequesis Familiar (1999), Kapitel 3.3: Etappen und thematische Einheiten des

peruanischen Konzepts der Catequesis Familiar, S. 60– 68.

11 Zum Gesamtkonzept der Catequesis Familiar mit seiner Explikation des methodischen Dreischritts auf den verschiedenen

Interaktionsebenen, den Etappen und thematischen Einheiten, Arbeitsmaterialien, sowie einem Organisations- und

Zeitplan zur Einführung der Catequesis Familiar in einer Gemeinde, vgl. ebd., S. 53ff.

- Zustimmung des Herzens, bzw. Bekehrung

- Revision des Lebens

- Bildung von Basisgemeinschaften

- Revision des Lebens

Begegnung mit dem Evangelium

- Situation der Familie und der Gemeinschaft

- Beziehung zu Jesus

Gemeinschaftserfahrung

- Kirche - Gottes Bund mit seinem

Volk

- Sakramente

4

frühen achtziger Jahren je eigenständige Konzeptionen von Catequesis Familiar, die sich

auch theologisch voneinander unterscheiden.12

1.2 Gesellschaftlicher Kontext, Optionen und Ziele

Als Globalisierungsverlierer hängen viele lateinamerikanische Länder heute wie damals

am Tropf der Weltwirtschaft, welcher nur die Wenigsten gut nährt, die gesellschaftlichen

Massen an der Peripherie jedoch verkümmern lässt.13 Insbesondere auf dem Land und in

den Elendsvierteln der Großstädte sind vor allem die Familien, Frauen und Kinder am

stärksten mit den Auswüchsen extremer Armut konfrontiert14: Der alltägliche „Kampf um

ein Minimum an Wasser, Nahrung und Kleidung, das Eltern und Kinder zum Überleben

brauchen, Krankheiten und früher Tod, Gewalt, zerbrechende Ehen, Frauen– und

Kindesmisshandlungen bestimmen den Alltag (...)“15. Eine solche durch extreme Armut

weitgehend destabilisierte, mitunter entsozialisierte Lebenssituation entlässt aus sich

heraus weder Ressourcen noch Räume für notwendende Bildungsprozesse und

Solidaritätsentwicklung, für soziale und emotionale Anerkennung und einen

menschenwürdigen Umgang miteinander, kurz: für die Subjektwerdung des/der

Einzelnen.

Die lateinamerikanische Catequesis Familiar nimmt diese Nöte wahr und zielt anlässlich

der Erstkommunion mit ihrer vorrangigen Option für die Familie durch die

evangelisierende Förderung der intra- und interfamiliären Kommunikation auf die Bildung

von solidarischen interfamiliären Beziehungsgeflechten während des Kommunionwegs,

die sich mitunter in der Gründung von neuen kirchlichen Basisgemeinschaften fortsetzen.

Im Zuge ihrer Entwicklung und den langjährigen und in vielen Regionen

flächendeckenden Erfahrungen wuchs die Catequesis Familiar Lateinamerikas weit über

ein praktisches Katechesemodell zur Erstkommunionvorbereitung einzelner Familien

hinaus zu einer befreiungstheologisch16 inspirierten katholischen Familienbewegung17 und

damit einhergehend zu einer gleichermaßen evangelisierenden, sowie sozial und politisch

12 Zur Entwicklung und gezielten bischöflichen Förderung von Catequesis Familiar in Peru durch die Einrichtung von

diözesanübergreifenden Schulungszentren und einem Nationalbüro, sowie die Verbreitung in anderen

Lateinamerikanischen Ländern, aber auch in Italien, insbesondere Rom, vgl. ebd., S. 49ff.

13 Vgl. Franz Marcus: Kirche und Gewalt in Peru, Befreiende Pastoral am Beispiel eines Elendsviertels von Lima, Münster

1998.

14 Vgl. ebd., Teil 1: Sehen: Die Situation Perus und Montenegros angesichts struktureller und politischer Gewalt, S. 21–

236(!).

15 Scheidler: Rahmenbedingungen (1999), S. 8.

16 Der Unterschied zur westlichen Theologie lässt sich in Anlehnung an Gustavo Gutierrez so beschreiben: „Der westlichen

Theologie gehe es vornehmlich um das Problem des Atheismus, d.h. um die Frage, wie man den individuell Ungläubigen

mit der Botschaft des Evangeliums erreichen könne. Dies führe zu einer eher existenzialistischen und subjektiven

Theologie. Der Theologie der Dritten Welt gehe es dagegen um das Problem der Armut und der Ausbeutung, d.h. um den

Menschen, der zur Un-Person degradiert worden sei und der durch die Botschaft des Evangeliums zur Menschwerdung,

zur Person, befreit werden müsse. Ausdruck fände dieses Bemühen in den verschiedenen Formen der

Befreiungstheologie“, so Georg Evers: Die Herausforderung der westlichen Theologie durch die Dritte Welt, 1983,

S. 172f. Zum spannungsreichen Zusammenhang von lateinamerikanischer Befreiungstheologie und Catequesis Familiar

vgl. Biesinger: Familienkatechese – Befreiungstheologische Aspekte und Realisierungen (2000).

17 Dass es sich bei der Catequesis Familiar nicht um eine katechetische Randerscheinung handelt belegt Sr. Augusta

Carrara eindrucksvoll, wenn sie schreibt „Seit 1977 hat die Catequesis Familiar in Peru viele gute Früchte

hervorgebracht und in fast allen Bistümern zum Aufbau der Gemeinden und zur Bildung von Basisgemeinschaften

beigetragen. Zurzeit sind jährlich schätzungsweise 5.000 leitende Eltern, 6.000 Kindergruppenleiterinnen und -leiter und

etwa 70.000 Eltern in die Catequesis Familiar involviert.“ In: Carrara (1999), S. 51.

5

agierenden familienpastoralen Konkretisierung der vorrangigen Option für die Armen18,

wie sie in den gesamtlateinamerikanischen Bischofskonferenzen von Medellin/Kolumbien

(1968)19 und Puebla/Mexiko (1979) 20grundgelegt und hinsichtlich der Familienpastoral

als eine „grundlegende, einfühlsame, reale und wirksame Priorität“ in Santo

Domingo/Dominikanische Republik (1992)21 bestätigt wurde. Im Zusammenhang mit der

päpstlichen Leitbildvorstellung von der christlichen Familie als „Hauskirche“, bzw. als

„Grund– und Lebenszelle der Gesellschaft und der Kirche“22 wird die genannte Priorität

der Familienpastoral mit einer grundlegenden Option für die ganze Familie verbunden.

Die getroffene pastorale Option für die Familie als pastorale Konkretisierung einer

gesellschaftspolitisch motivierten und biblisch begründeten vorrangigen Option für die

Armen23 wird so zum entscheidenden Bezugspunkt für sämtliche Planungsprozesse und

die Koordination der pastoralen Arbeit auch auf der Gemeindeebene.

1.3 Methoden und Inhalte

Eine konsequent handlungsorientierte Methode, von den fundamentalen

Alltagsproblemen der Menschen ausgehend, die Bibel selbst mithilfe von

Nichtprofessionellen (Parejas Guias; Animadores) als zentralen „Katechismus“ zu lesen,

um so zu einer neuen Sicht und Veränderungsbereitschaft ihrer konkreten

Lebenswirklichkeit zu kommen, prägt entscheidend den Umgang mit den (vorgelegten)

Inhalten24 der Catequesis Familiar Bewegung. Dabei kommt gerade den Ehrenamtlichen

mit ihrer, im lebenspraktischen Sinn, befreiungstheologischen Hermeneutik, die sie sich

durch ihre Reflexion ihrer eigenen Lebenssituation und eine Vertrautheit mit den

18 Ein Charakteristikum der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen von Puebla und Medellin war die pastorale

Prioritätensetzung im Sinne pastoraler Optionen: „Die pastoralen Optionen sind der Prozess der Auswahl, der durch die

Abwägung und Analyse der positiven und negativen Gegebenheiten im Licht des Evangeliums erlaubt, die pastorale

Antwort auf die Herausforderungen für die Evangelisierung auszuwählen und zu finden.“, in: Die Evangelisierung

Lateinamerikas in Gegenwart und Zukunft, Puebla 1979, Nr. 1299. Die vorrangige Option für die Armen ist „die zentrale

hermeneutische Determinante der lateinamerikanischen Theologie der Befreiung, die nicht exklusiv die Nicht-Armen als

Adressaten ausschließt, sondern sie bezeichnet lediglich den gesellschaftlichen Standort, von dem aus die Option

getroffen wird. Sie ist damit eine Herausforderung zur analytischen und prophetischen Praxis. Solche Praxis lebt von und

als Gemeinschaft, ermöglicht Beteiligung und fördert solidarische Optionen. Der pädagogische Weg führt soweit vom

„für die Armen“ zum „mit den Armen an der Seite der Armen“, in: Schreijäck: Religionspädagogik im Kontext

befreiungstheologischer Ansätze, 1995, S. 227.

19 In Medellin formulierten die Lateinamerikanischen Bischöfe als grundlegendes Ziel der Familienpastoral die

„Hinführung aller Familien zu einer großherzigen Öffnung, zum Miteinander in einzelnen Familien, einschließlich

denjenigen anderer Konfession und besonders zu den Familien in der Marginalität oder im Prozess der Desintegration,

eine Öffnung zur Gesellschaft, zur Welt und zum Leben der Kirche“ in: Die Kirche in der derzeitigen Umwandlung

Lateinamerikas im Lichte des Konzils, Medellin 1968, Nr. 3.20.

20 „Die Familie ist Subjekt und Objekt der Evangelisierung in Gemeinschaft und Mitbeteiligung“, in: Die Evangelisierung

Lateinamerikas in Gegenwart und Zukunft, Puebla 1979, Nr. 569, vgl. auch Nr. 571ff.

21 Das Schlussdokument von Santo Domingo (1992) ist in deutscher Sprache veröffentlicht in: Neue Evangelisierung,

Förderung des Menschen, Christliche Kultur, Santo Domingo 1992/1993. Zur zentralen Bedeutung der genannten drei

gesamtlateinamerikanischen Dokumente für die Befreiungstheologie, vgl. Schreijäck: Religionspädagogik im Kontext

befreiungstheologischer Ansätze, 1995.

22 Vgl.: Familiaris Consortio, 1981.

23 In Kontinuität zu den Bischofsversammlungen Lateinamerikas sagte Papst Johannes Paul II in seiner Eröffnungsrede zur

IV. Generalkonferenz des lateinamerikanischen Episkopats 1992 in Santo Domingo: „In Weiterführung der Konferenzen

in Medellin und Puebla bekräftigt die Kirche erneut ihre vorrangige Option für die Armen, eine Entscheidung, die allein

auf Gottes Wort gegründet ist (...) Aber unsere Option ist fest und unwiderruflich.“ in: Neue Evangelisierung, Förderung

des Menschen, Christliche Kultur: Santo Domingo (1992), 1993. 1992, Nr. 16.

24 Zur Themenfolge der 50(!) Elterntreffen der Catequesis Familiar in Peru vgl. die Ziel-Inhalt-Skizzen zu beiden Etappen,

in: Carrara (1999), S. 53– 79.

6

Zentraldokumenten der Lateinamerikanischen Kirche angeeignet haben, die eigentliche

Schlüsselrolle zu. In der katechetischen Praxis haben folglich die vor Ort bereitgestellten

katechetischen Arbeitsblätter und -mappen, welche „beim lesenden Nachvollzug auf

deutsche Religionspädagoginnen und -pädagogen zunächst einen recht engmaschigen

und traditionsorientierten Eindruck machen“25 vornehmlich eine gesprächsinitiierende

Bedeutung. Das zentrale Medium und die Inhalte der Catequesis Familiar ergeben sich

faktisch im Austausch konkreter Alltagserfahrungen der Menschen in direkter kreativer

Auseinandersetzung mit den überlieferten Erfahrungen der biblischen Texte im Horizont

ihrer Befreiung.

Nicht zuletzt als Ausdruck und der gemeinschaftlichen Besiegelung dieses Ansinnens fügt

sich, wenn auch unbenannt, ein vierter „methodischer“ Schritt und damit weiterer

konstitutiver Aspekt der lateinamerikanischen Catequesis Familiar in den katechetischen

Lehr– Lernprozess ein: regelmäßig, d.h. etwa alle fünf bis sechs Wochen trifft man sich

zum gemeinsamen Feiern in der Gesamtgruppe (Eltern und Kinder). Dass es sich dabei

keineswegs um ein nüchternes liturgisches Ereignis handelt beschreibt Helga Kohler–

Spiegel aus eigenem Erleben folgendermaßen: „Gebete, biblische Texte, Riten und vor

allem zahlreiche Lieder machen die Feiern aus; ohne Singen, ohne Gitarre oder eine

Flöte, ohne Bewegung und Tanz kann keine Feier stattfinden. Im Anschluss an das

gemeinsame Beten werden mitgebrachte Speisen gemeinsam gegessen, es wird

gesungen, getanzt, geplaudert und für die kommenden Wochen geplant. Auch Lieder,

verbunden mit Gesten, spielen eine wichtige Rolle. Dinamicas nennen die peruanischen

Christen diese Lieder, sie geben der Freude an der Gemeinschaft Ausdruck und verbinden

diese mit dem Glauben (...)“26

(Abb.2: Die Arbeitsmaterialien der Catequesis Familiar, aus: Adveniat (1999), S. 70)

25 Scheidler, Rahmenbedingungen und Optionen, 1999, S. 11. 26 Kohler– Spiegel: Catequesis Familiar, 1998, S. 17.

7

2. Der „Kommunionweg als Familienkatechese“ im deutschsprachigen

Raum

2.1 Genese

Ausgehend von der Unzufriedenheit über bislang beschrittene Wege in der

Sakramentenkatechese als Versorgungs- und Betreuungspastoral wurde die

lateinamerikanische Catequesis Familiar erstmals 1990 unter der Bezeichnung

„Kommunionweg als Familienkatechese“ in zwei Gemeinden der Diözese Rottenburg–

Stuttgart Diözese eingeführt. Die katholische Kirchengemeinde Heilig Geist, Balingen,

(Pfarrer Franz Nagler und Gemeindereferent Alwin Hummel) und die katholische

Kirchengemeinde St. Bonifatius, Herbrechtingen, (Pfarrer Alwin Nagy und

Gemeindereferentin Elsa Schießl) entwickelten in Anpassung an die hiesigen Zeiträume

der Erstkommunionvorbereitung von etwa sieben Monaten eigenständige

familienkatechetische Konzepte mit umfangreichen katechetischen Materialien im

Eigenverlag,27 die ihre basiskirchliche Zielsetzung28, inhaltliche Orientierung29 und auch

den konsequent bibeldidaktisch orientierten methodischen Dreischritt Sehen–Urteilen–

Handeln unmittelbar den lateinamerikanischen Vorlagen entlehnen. Beide Pfarrer hatten

zuvor bereits mehrjährige eigene Erfahrungen mit der Catequesis Familiar in Argentinien

gesammelt und dort Catequesis Familiar nach Vorbildern aus Chile, Peru und Bolivien

mitentwickelt.

Promotor und Zentrum für die wissenschaftliche Reflexion, kontextuelle Adaption und

Verbreitung von Familienkatechese im deutschsprachigen Raum ist das

Religionspädagogische Institut an der Katholisch–Theologischen Fakultät der Universität

Tübingen unter der Leitung von Prof. Dr. Albert Biesinger.30 Von hier aus werden seit

1994 im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojekts „Familienkatechese“ im

unmittelbarem Austausch mit dem Centro de Catequesis Familiar in Lima/Peru zahlreiche

diözesanübergreifende theologische Fachtagungen, Vortragsreihen und Kongresse mit

Hunderten von Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem deutschsprachigen Raum

organisiert, diverse religionspädagogische Veröffentlichungen und seit 1999 auch

entsprechende katechetische Materialien zum Kommunionweg als Familienkatechese auf

den Weg gebracht, sowie einschlägige Erfahrungen von Gemeinden mit dem

familienkatechetischen Weg evaluiert.

27 Vgl.: Franz Nagler/Alwin Hummel: Der Kommunionweg als Familienkatechese – Hintergründe, Grundlagen und

Spiritualität dieses Kommunionwegs, o. Ort (1995), vgl. auch: Dies.: Der Kommunionweg als Familienkatechese –

Materialien, o. Ort (1995), Alwin Nagy/Elsa Schießl: Der Kommunionweg in Herbrechtingen, Materialien, o. Ort 1995.

28 „Insgesamt ist diese Familienkatechese ein Weg zur Entwicklung einer Gemeinde, die sich immer mehr aus kleinen

christlichen Gemeinschaften als lebendige Zellen des Lebens und Glaubens zusammensetzt.“, in: Nagler/Hummel: Der

Kommunionweg als Familienkatechese (1995), S. 5.

29 „Es geht nicht um Katechismus-Wahrheiten, sondern darum, zu einer lebendigen Beziehung zu Jesus zu kommen und

sein Leben und seine Botschaft zusammenzubringen mit unserem alltäglichen Leben.“, ebd., S. 2.

30 In Zusammenarbeit mit der diözesanen Arbeitsgruppe „Familienkatechese“. Die Arbeitsgruppe bestand bis zu ihrer

Auflösung 2000 aus: Franz Nagler, Alwin Hummel, Alwin Nagy, Elisabeth Schießl, Dr. Michael Kessler, Dr. Claudia

Hofrichter, Prof. Dr. Albert Biesinger, Herbert Bendel und Dr. Christoph Schmitt und bemühte sich vergeblich um eine

gemeinsame Strategie zur Inkulturation und die Entwicklung katechetischer Materialien zur Verbreitung von Catequesis

Familiar im deutschsprachigen Raum. Auch gelang es bislang nur vereinzelt eine eigenständige familienkatechetische

Einrichtung (z.B. diözesane Planstellen, Familienkatechetisches Institut o.Ä.) zur Weiterentwicklung und Verbreitung des

Konzepts und entsprechenden Materialien, sowie zur Fort- und Weiterbildung katechetischer MitarbeiterInnen zu

etablieren.

8

Dabei handelt es sich nicht um eine modellgetreue Kopie der lateinamerikanischen

Catequesis Familiar, sondern um die Inspiration und religionspädagogisch verantwortete

Auslotung der „Möglichkeiten einer revidierten Praxis der Sakramentenkatechese im

Dialog mit lateinamerikanischen Erfahrungen, ausgehend von den europäischen

Analysevoraussetzungen (...), die durch die Begriffe Aufklärung, Subjekthaftigkeit,

Individualität, Industrie- und Mediengesellschaft gekennzeichnet sind.“31

2.2 Profil und Praxis des „Kommunionwegs als Familienkatechese“ nach Albert

Biesinger

Im Unterschied zu gemeindekatechetischen Erstkommunionwegen, die sich vor allem an

Kinder wenden und nach Albert Biesinger deswegen oft zu kurz greifen, „weil die Kinder

von ihrem familiären Kontext, der auf religiöse Symbolbildung und Praxis in diesem Alter

signifikant Einfluss nimmt, weitgehend abgekoppelt bleiben“32, nimmt der von Biesinger

(u.a.) entwickelte Kommunionweg als Familienkatechese die Familie als Ganzes in den

Blick und bezieht sich „nach Begriff, Inhalt und Adressaten auf die Communio und

Kommunikation in der Familie im Dialog mit der Gemeinde.“33

2.2.1 Begriffliche Klärungen

Jenseits der kirchlichen Familienrhetorik wird Familie dabei funktional verstanden als

„differenzierte und pluralisierte Konstellationen von Vater und/oder Mutter und Kind(er),

Pflege und Adoptiveltern und Kind(er), Heimerzieher(in) und Kind(er) u.a.

Wiederverheiratete oder nichteheliche Partnerschaften als neu zustande gekommene

Familienkonstellationen fallen bewusst unter diese Begriffsbestimmung von Familien.“34

Wenn im Folgenden immer wieder von Eltern die Rede sein wird bezieht sich auch dieser

Begriff funktional in erster Linie auf die soziale Elternschaft, bzw. elterliche

Bezugspersonen des Kindes.

Katechese ist in diesem Zusammenhang ein gemeindlich initiierter, organisierter,

begleiteter und gleichermaßen auf gelingende Familienkommunikation und

Gemeindebildung zielender Lehr– Lernprozess im Dienste einer ganzheitlich integrativen

Erschließung der Gottesbeziehung im Sinne eines mystagogisch ansetzenden

31 Albert Biesinger: Erstkommunion als Familienkatechese, 1994, S. 123. Vgl. auch: Josef Sayer/Albert Biesinger: Von

lateinamerikanischen Gemeinden lernen, München 1988. Zur Diskrepanz zwischen „harter“ und „weicher“ Rezeption

lateinamerikanischer basisgemeindlicher Befreiungstheologie und ihrem eigenem Selbstverständnis vgl.: Raúl Fornet-

Betancourt (Hg.): Befreiungstheologie. Kritischer Rückblick und Perspektiven für die Zukunft, Mainz 1997, Band 3: Die

Rezeption im deutschsprachigen Raum, darin insbesondere die Beiträge von Hermann Steinkamp: Selbst „wenn die

Betreuten sich änderten“, S. 354–363, und Michael Ramminger: Kirchenkritische Bewegungen in der BRD und

Theologie der Befreiung, S. 113–128.

32 Biesinger: Erstkommunion als Familienkatechese (1994), S. 123. Die positive Wendung dieser These entspricht der vor

dem Hintergrund zahlreicher empirischer Erhebungen zur religiösen Sozialisation in der Familie validierten Feststellung

Bernhard Groms, „dass die Familie in modernen westlichen Gesellschaften in religiöser Hinsicht ein entscheidendes

Sozialisationsfeld, ein herausragender Lernort des Glaubens ist.“, in: Grom: Religiöse Sozialisation in der Familie, 1996,

S. 610. Vgl auch: Grom: Glauben-Lernen – nicht ohne die Familie, 2000, S. 86–100.

33 Vgl. Albert Biesinger/Herbert Bendel (Hg.): Gottesbeziehung in der Familie, Familienkatechetische Orientierungen von

der Kindertaufe bis ins Jugendalter, Ostfildern 2000, S. 10

34 Ebd., S. 10.

9

Bewusstwerdungsprozesses, der Kinder, Jugendliche, und Erwachsene für sich und

aneinander entdecken lässt, dass sie bereits in der Gottesbeziehung stehen.35

Das Kompositum Familienkatechese assoziiert in unserem Zusammenhang begrifflich

die formale Anlehnung der deutschen Übersetzung an die lateinamerikanische Bewegung

Catequesis Familiar. Dabei handelt es sich also nicht um einen Überbegriff für pastorale

Maßnahmen, die Familien im Blick haben, sondern eine dezidierte intergenerationelle

katechetische Interaktionsstruktur im Kontext der Gemeinde mit einer vierfachen Option

gemeindlicher Katechese mit Familien als gegenüber der Gemeinde subsidiär verstandene

Zielgruppe, Trägergruppe, inhaltliche Orientierung und Ort.

2.2.2 Interaktionen

Anlässlich der Erstkommunionvorbereitung des Kindes36 werden ausnahmslos alle Eltern

und/oder andere elterliche Bezugspersonen eingeladen, ermutigt und von der Gemeinde

gefördert und unterstützt, die ihnen möglichen Schritte bei der Begleitung ihres Kindes

zu einer lebendigen Gestaltung ihrer Gottes- und Jesus-Christus-Beziehung zu gehen, die

im Kommunionempfang gipfelt, aber nicht endet. Im Mittelpunkt des Kommunionwegs als

Familienkatechese steht dabei die Glaubenskommunikation in der Familie als Gesprächs–

und Interaktionsraum zwischen den Generationen in Vernetzung mit verschiedenen

Begegnungsräumen der Gemeinde. Strukturanalog zur lateinamerikanischen Catequesis

Familiar treffen sich dabei Menschen in verschiedenen Gemeinschaften, bzw. Gruppen

gegenseitiger Begleitung:

1.) Die Gemeinschaft der Familie

„Wer Jesus war, was seine Botschaft für uns heute ist, was Brot und Wein beim Mahl der

Kommunion bedeuten, das sollen Kinder in erster Linie von den eigenen Eltern erfahren.“37

Im (in der Regel wöchentlichen) Familiengespräch „erleben, entwickeln und vertiefen Eltern

und Kinder ihre Gemeinschaft untereinander und mit Gott“38 im Blick auf das gemeinsame

Verstehen dessen, was Kommunion meint. Eine (Vor-)Auswahl geeigneter Bausteine zum

Familiengespräch aus dem gemeinsamen Familienbuch stellt dazu die Grundlage und

Anregungen für das Familiengespräch bereit.

2.) Die Gemeinschaft der Eltern in der Elterngruppe eines Wohngebiets

Diese trifft sich auf „ermutigende Einladung“39 hin in größeren Abständen und dient den

Eltern neben der gemeinsamen Vorbereitung der o.g. Familiengespräche auf

Erwachsenenebene als Ort lebendigen Austauschs „über die eigenen Glaubenserfahrungen,

über die Hoffnungen und Bedenken in der Beziehung mit Gott, über Gottesbilder, über

Vorstellungen von religiöser Erziehung und über eigene Glaubenszweifel usw.“40 Gemeinsam

35 Vgl. ebd., S.10 (Anm. 2.). Zum Verständnis von Katechese als Erschließung der Gottesbeziehung auf der

offenbarungstheologischen Grundlage des Antwortaktes des Menschen auf das Schöpfungswort Gottes und seine

Selbstmitteilung in der Menschwerdung Jesu Christi in Anlehnung an Johann Baptist Hirscher vgl. Biesinger:

Erstkommunion als Familienkatechese, 1994, S. 121.

36 Dies geschieht in weiten Teilen Deutschlands aus historischen Gründen – im Zusammenhang mit der Entwicklung der

Gemeindekatechese aus der schulischen Katechese – in der Regel als (schul-)jahrgangsweise Erfassung, dabei handelt es

sich aber keinesfalls um ein Strukturmoment der Familienkatechese.

37 Vgl.: Albert Biesinger/Herbert Bendel/David Biesinger: Gott mit neuen Augen sehen: Für das Leitungsteam – Einführung,

2004, S. 23.

38 Ebd., S. 22.

39 Der Einladungscharakter des Kommunionwegs als Familienkatechese ist für diesen Ansatz konstitutiv: „Zwang ist

religionspädagogisch grundsätzlich abzulehnen“, ebd., S. 23.

40 Ebd., S. 22.

10

überlegen die Erwachsenen neu, was es für ihr je eigenes Leben und das Leben in ihrer

Familie bedeuten und sich darauf positiv auswirken kann, in Beziehung mit Gott zu leben.

Die katechetische Praxis zeigt, dass in gelingenden Gruppenprozessen durch die

katechetischen Themenvorschläge und über sie hinaus auch unvermittelte Glaubens- und

Lebensthemen der Teilnehmerinnen kommuniziert werden, Elternfreundschaften entstehen

können und mitunter auch gegenseitige Unterstützungsnetze in Problemsituationen geknüpft

werden.

3.) Die Gemeinschaft der Kinder in der Kindergruppe eines Wohngebiets

Diese ist geprägt vom Charakter des gemeinsamen Erlebens, des Feierns und des

spielerischen Einfindens in die Gottes- und Jesus-Christus-Beziehung. Dabei werden inhaltlich

die Themen des Familiengesprächs aufgegriffen, ohne diese zu verdoppeln, sodass

denjenigen Kindern, bei denen aus irgendwelchen Gründen – beruflich schwierige Situation,

familiäre Krisen, Krankheiten, soziale Probleme, bewusstes Desinteresse usw. – eine aktive

Begleitung durch die eigenen Eltern oder andere Bezugsperson, (J.H. im Sinne des Modells

Familienkatechese) nicht möglich ist, ebenso die Teilnahme am Kommunionweg der

Gemeinde ermöglicht wird41. Die regelmäßigen Kindertreffen in überschaubaren Gruppen von

6–8 Kindern unterscheiden sich jedoch methodisch und vom inhaltlichen Vermittlungs-

anspruch (an die Katechetinnen) her von Erstkommunionvorbereitungswegen, welche den

Schwerpunkt der Erarbeitung des (obligatorischen) eucharistie-katechetischen Glaubens-

wissens konsequenterweise im Rahmen der Kindertreffen verorten (müssen).

4.) Die Gemeinschaft der Begleiterinnen und Begleiter der Elterngruppen

Sie bereiten auf der Grundlage der bereitgestellten eltern- bzw. erwachsenenkatechetischen

Materialien gemeinsam die Moderation der Elterntreffen vor und nach „und fördern bei den

Eltern die Sensibilität, religiöse Erfahrungen wahrzunehmen und auszutauschen.“42 Dabei

reflektieren sie vertieft ihre eigenen Lebens- und Glaubensgeschichten und erfahren sich in

besonderer Weise als katechetische Multiplikatoren im Sinne des Laienapostolats.

5.) Die Gemeinschaft der Begleiterinnen und Begleiter der Kindergruppen

Hier wird angestrebt, zunehmend interessierte Jugendliche aus den Gemeinden zu gewinnen,

die miteinander (evtl. zunächst gemeinsam mit erwachsenen Begleiterinnen und Begleitern)

die Gestaltung der Kindertreffen erarbeiten und reflektieren und darüber ebenfalls

persönlich, d.h. als Subjekte ihres Glaubens und nicht etwa als Adressaten oder „Vermittler“

„des Glaubens“ in einen katechetischen Prozess involviert werden.

6.) Die Gemeinschaft des katechetischen Leitungsteams in der Gemeinde

Nach Ansätzen des Prinzips „Anleitung zur Selbstanleitung“ auf der Grundlage von Ruth

Cohns Ansatz vom lebendigen Lehren und Lernen als Themenzentrierter Interaktion43

begleitet dieses Team aus Hauptberuflichen und/oder befähigten Ehrenamtlichen die

Begleiter und Begleiterinnen für die Eltern– und Kindergruppe und befähigt sie

religionspädagogisch für ihre Tätigkeit.44 Ihm obliegt die Leitung und organisatorische

Gesamtplanung, sowie die spirituelle Begleitung des gesamten Prozesses „Kommunionweg

als Familienkatechese“.

41 Vgl. ebd., S. 24.

42 Ebd., S. 23.

43 Vgl.: Barbara Langmaack: Einführung in die themenzentrierte Interaktion, Weinheim/Basel/Berlin 2001. Zum Überblick

über die religionspädagogische Rezeption, insbesondere im Horizont einer „Kommunikativen Theologie“ vgl. Matthias

Scharer/Bernd Jochen Hilberath: Kommunikative Theologie. Eine Grundlegung Mainz 2002.

44 Etwa durch die basale Erarbeitung pädagogischer Gruppenbegleitungskompetenzen (Gesprächsführung,

Gruppenmoderation, Störungsbearbeitungen) und theologischer Grundannahmen. Vgl. die Einleitungskapitel der

Leitfäden: Albert Biesinger/Herbert Bendel/u.a.: Gott mit neuen Augen sehen. Wege zur Erstkommunion (4 Bände)

München 2004.

11

Abb. 3: Das Interaktionsmodell der Familienkatechese, Nach: Biesinger/u.a.: Gott mit neuen Augen sehen,

Familienbuch, (2004).

Aus dem Strukturmodell wird ersichtlich, dass gerade die Integration der Familie in ein

komplexes Netz von Beziehungen im Zusammenspiel verschiedener Gruppen und

Gemeinschaften konstitutiv für das Hauptanliegen dieses Weges ist, Communio während

der Erstkommunionvorbereitung konkret anzustiften und zu einer

glaubenskommunikativen Erfahrung werden zu lassen: „Familienkatechese hat als

Grundaxiom, dass eucharistische Gemeinschaft, dass die Kommunion in Zeichen von Brot

und Wein die Gemeinschaft zwischen den Menschen braucht, bedingt und ermöglicht –

sowohl in der Familie als auch in der Gemeinde.“45

Das Theologumenon Communio, wird so gleichermaßen zum zentralen

eucharistietheologischen, ekklesiologischen und ekklesiopraktischen Schlüsselbegriff für

diesen Weg.

2.2.3 Intentionen

Analog zur lateinamerikanischen Catequesis Familiar gehen die Intentionen des

Kommunionwegs als Familienkatechese ebenfalls über ein im engeren Sinne

katechetisches Modell zur Erstkommunionvorbereitung hinaus. Vielmehr wird die

Vorbereitung auf das Fest der feierlichen Erstkommunion des Kindes als geprägter

kirchlicher Anlass und Zeitpunkt wahrgenommen, dass sich Eltern/elterliche

Bezugspersonen und Kinder in der Familie, sowie in überschaubaren Gemeinschaften

45 Bendel, Herbert: Glaube liegt in der Luft, in: Biesinger/Bendel, 2000, S. 296f. Zu „Communio“ als Schlüsselbegriff des

Kommunionwegs als Familienkatechese vgl. Biesinger/u.a.: Für das Leitungsteam – Einführung, 2004, S. 15–19.

Begleitung der

Elterngruppe Elterngruppen

Familiengespräch:

Eltern mit ihrem

Kommunionkind

Kindergruppen (Jugendliche)

Begleitung der

Kindergruppen

Katechetisches

Leitungsteam

12

(Elterngruppen und Kindergruppen) als handlungsfähig erfahren, miteinander einen

geistlichen Weg zu gehen und somit die Subjektwerdung der Familie als einen

authentischen Lernort des christlichen Glaubens zu fördern. In dieser Hinsicht ist

Familienkatechese eine Katechese von Laien, mit und für Laien und vertraut ganz auf

deren Berufung, Träger und Trägerinnen ihrer gegenseitigen Evangelisierung zu sein.

Ausgehend von der Glaubens– und Lebenssituation der Familien, hier: die

Nachfrage/Bitte der Eltern um die Erstkommunionvorbereitung für ihr Kind, geht es

deshalb sowohl um eine (Neu-)Evangelisierung der Familien und um einen Beitrag zur

Gemeinschaftsbildung, als auch um eine spezielle Sakramentenkatechese. Dabei handelt

es sich von seinem didaktischen Grundansatz her weniger um einen Vermittlungsprozess

kognitiver Lerninhalte. Vielmehr geht es um ein ganzheitliches Erschließungsgeschehen –

in Anknüpfung an die grundlegenden kommunikativen Kompetenzen,

Beziehungserfahrungen und Deutehorizonten in der Familie, mit dem Ziel, „zu einer

persönlich bedeutsamen Beziehung zu Jesus Christus zu kommen und sein Leben und

seine Botschaft mit dem alltäglichen Leben zusammenzubringen.“46

Auch in diesem Sinne ist Familienkatechese keine Methode im Sinne einer Technik,

vielmehr geht es um die Glaubenskommunikation und Gemeindeentwicklung im Kontext

einer Gesamtpastoral auf der Grundlage handlungsorientierter und

kommunikationsdidaktischer Lehr-/Lernprozesse, die eine entsprechende Spiritualität

gegenseitiger Annahme und des Vertrauens in die Kompetenz der Getauften und

Gottsuchenden verlangt. Aufs Engste damit verknüpft ist das Anliegen, in der Familie

Kommunikation über und im Glauben, aber auch gelingende familiäre Kommunikation im

Allgemeinen zu fördern und darüber hinaus intra- und interfamiliäre Solidaritätsprozesse

anzustoßen.

Im Gemeindebild selbst verfolgt auch die deutsche Reformulierung des Kommunionwegs

als Familienkatechese eine „basisgemeindliche“, respektive an kleinen geistlichen

Gemeinschaften orientierte Ausrichtung:

„Leben und Evangelium haben miteinander zu tun. Lebensgestaltung nach dem

Evangelium in befreiungstheologischer Dimension ist selbstverständlich.

Wesentlich gehört dazu die Frage „Wer ist mein Nächster?“. Es geht um ein

bewusstes Leben mit den Mitmenschen und mit der Umwelt.

Leben vollzieht sich in Gemeinschaft. Dazu braucht es die kleine überschaubare

Gruppe und regelmäßige Treffen. (...)

Basiskirchliches Leben definiert sich von der Basis her, d.h. von den Sorgen und

Nöten, von den Freuden und Hoffnungen der Menschen her.“47

In einer solchen unspezifisch basisgemeinschaftlich orientierten Kirche des Volkes als Gemeinschaft

von Gemeinschaften, erfahren sich Familien auf dem Kommunionweg als eigenständige

„Basisgruppen“, die selbst Glaubenserfahrungen machen können, neben und im Dialog mit anderen

denkbaren Konstellationen des gemeindlichen und ortskirchlichen Lebens. Die Offenheit im

Gemeindebild des familienkatechetischen Ansatzes in seiner deutschen Reformulierung im

Unterschied zu seinem lateinamerikanischen Vorbild ergibt sich u.a. aus der Schwierigkeit der

Inkompatibilität der Weitläufigkeit lateinamerikanisch-basisgemeindlicher Gemeindestrukturen mit

den gewachsenen territorial und personal engmaschigeren Pastoralstrukturen in der

Bundesrepublik, die sich ihrerseits jedoch derzeit im Zusammenhang mit der, wenn auch regional

46 Vgl.: Albert Biesinger: Gott in die Familie. Erstkommunion als Chance für Eltern und Kinder, München 1996, S. 180.

47 Bendel, 2000, S. 303, mit Bezug auf Gaudium et Spes, Artikel 1.

13

ungleichzeitigen Umbruchsituation der kirchlichen Sozialgestalt in der Bundesrepublik (und in ganz

Westeuropa) befinden, deren Zukunftsszenarios sich jedoch immer noch kaum abzeichnen lassen.

2.2.4 Themen und Inhalte

Wie ihr lateinamerikanisches Vorbild bringt auch der Kommunionweg als

Familienkatechese „Werte des Reiches Gottes, die Wirklichkeit Gottes gegen

menschenvernichtende Mechanismen des Marktes ins Spiel. Sie stellt Werte wie

Gemeinschaft, Glaube, Freundschaft, Teilen über Kapital und Konsum. Das Reich Gottes

dient als Ausgangspunkt für den Aufbau konkreter Gemeinschaftsstrukturen.

Familienkatechese ermöglicht den Beteiligten, Zeit und Lebensmöglichkeiten mit anderen

ins Spiel zu bringen.“48

Den inhaltlichen Roten Faden für den Gesamtverlauf ihres Kommunionwegs komponiert

das katechetische Leitungsteam einer Gemeinde/einer größeren pastoralen Einheit die je

eigene Auswahl des katechetischen Materials auf der Grundlage der einzelnen Bände des

Kommunionweges „Gott mit neuen Augen sehen“ mit aufeinander abgestimmten 20

Vorschlägen zu Familiengesprächen bzw. Kindertreffen und zehn Erwachsenentreffen.

Dabei beinhalten insbesondere der IV. und V. Themenbereich (In Brot und Wein mit Gott

verbunden, Miteinander Kirche sein) die spezifisch eucharistie- und liturgiekatechetischen

Elemente, wie der folgende Überblick aus der vollständig überarbeiteten Neuauflage

„Gott mit neuen Augen sehen“ (2012) zeigt:

Die Themenbereiche

Familienbuch und Leitfaden für die Kindertreffen

Eine Übersicht stellt die modularisierten Bausteine zum Familiengespräch dar. Sie sind identisch

mit dem Leitfaden für die Kindertreffen.

Zur thematischen Orientierung wurden die Titel der jeweiligen Bausteine zum Familiengespräch

durch ihre inhaltliche Kernaussage aus dem Familienbuch ergänzt. Weitere Hinweise zum Aufbau

des Familienbuchs finden Sie auf den Seiten 28–33 im Buch Gott mit neuen Augen sehen –

Familienbuch.

Themenbereich I: Was uns wichtig ist

1. Miteinander leben

Wir leben mit vielen Menschen zusammen – mit unseren Eltern, Geschwistern, mit Freundinnen

und Freunden, Verwandten und Bekannten. Ohne Gemeinschaft mit anderen Menschen ist Leben

kaum möglich. Gemeinschaft mit anderen Menschen lässt uns spüren, dass wir nicht alleine sind

und dass wir geliebt werden.

2. Tag für Tag

Jeden Tag können wir als Geschenk Gottes verstehen. Jeder Tag ist wie eine neue Chance, um

unser Leben froh und zufrieden zu leben. Auch wenn wir uns oft keine Zeit nehmen, im Alltag an

Gott zu denken, er hat immer für uns Zeit. Wir sind bei Gott immer erwünscht.

3. Gut und gerecht

Wir können selbst sehr viel für Gerechtigkeit in unserem Alltag tun. Wo immer wir unsere

Mitmenschen so behandeln wie wir selbst behandelt werden wollen, tun wir etwas Gutes.

Ungerechtigkeit widerspricht nach der Bibel dem Willen Gottes. Jesus hat uns vorgelebt wie wir uns

gegenüber Armen und Kranken verhalten können, damit es Ihnen wieder besser geht.

4. Wir streiten und versöhnen uns

48 Biesinger, 1996, S. 181.

14

Frieden und Versöhnung untereinander sind ein Wunsch Gottes für alle Menschen. Friede ist

möglich, wenn wir nicht auf Kosten anderer leben. Es gibt Situationen, in denen es nötig ist,

miteinander zu streiten. Wichtig dabei ist, dass wir fair bleiben und versuchen, auch die anderen zu

verstehen. Jesus will, dass wir uns versöhnen und den Frieden suchen, wenn es Streit gibt. Frieden

können wir nur gemeinsam schaffen.

Themenbereich II: Viele Fragen – Unser Leben gibt uns zu denken

5. Einmalig und unverwechselbar

Gott hat alle Menschen geschaffen, unser Leben kommt von Gott. Er meint es gut mit uns und

begleitet uns beim Wachsen und Größerwerden. Wir sind Gottes Ebenbild. Das gibt jeder und

jedem von uns einen besonderen Wert. Gott hat uns die Welt anvertraut. Wir haben dadurch

Verantwortung für Gottes Schöpfung. Wenn wir Gottes gute Schöpfung zerstören, können wir in

Zukunft nicht mehr gut leben. Wir Menschen sind als Geschöpfe Gottes selbst ein Teil seiner

Schöpfung.

6. Was ist, wenn wir sterben?

Wir vertrauen darauf, dass mit dem Tod nicht alles aus ist. Der Tod ist wie ein Tor zu neuem

Leben. Weil Gott Jesus auferweckt hat, glauben wir, dass Gott auch uns auferwecken wird. So wie

aus dem sterbenden Weizenkorn neues Leben sprießt, so kommen auch wir, wenn wir sterben, zu

neuem Leben.

7. Wege zu Gott

Die verschiedenen Religionen sind unterschiedliche Wege von Menschen zu Gott. Die jüdische,

islamische und christliche Religion haben trotz aller Verschiedenheit viele Gemeinsamkeiten, die ein

friedvolles Miteinander ermöglichen. Für uns Christen ist Jesus Christus der Weg zu Gott. Im

Glaubensbekenntnis bekennen wir Christen unseren Glauben.

8. Raus aus der Sackgasse

Manchmal kommt uns unser Leben vor wie eine Sackgasse. Gott empfängt uns immer wie ein

barmherziger Vater mit offenen Armen, wenn wir umkehren. Wenn wir aufeinander zugehen und

uns versöhnen, wenn wir unnötigen Streit vermeiden oder einen Konflikt beenden, geht es uns

allen besser. Wir erfahren in unserem Leben, dass wir manchmal scheitern, nicht richtig handeln

und schuldig werden. Diese Erfahrung gehört zum Leben. Menschliches Leben ohne Scheitern und

Schuldig– Sein gibt es nicht. Mit jemandem über das zu reden, was uns bedrückt, kann uns aus

solchen Situationen heraushelfen. Gott bietet uns immer seine Versöhnung an. Deshalb spricht uns

der Priester im Sakrament der Versöhnung Gottes Vergebung zu. Diese Freude über einen neuen

Anfang können wir feiern.

Themenbereich III: Mit Jesus Gottes Spuren suchen

9. In Gottes Hand geschrieben

Gott ist immer für uns da. Er begleitet uns durch unser Leben – jedes Jahr, jeden Monat, jeden

Tag. Durch die Taufe sind wir Gott ganz besonders nah. Wir wurden durch das Sakrament der

Taufe in die Gemeinschaft aller Christen aufgenommen.

10. Mit Jesus in Kontakt

Jesus Christus war ein besonderer Mensch, der auch uns heute viel zu sagen hat. Er hat uns

Menschen die Frohe Botschaft von der Liebe Gottes verkündet. Wir glauben, dass Jesus Christus

der Sohn Gottes ist und Gott ihn aus dem Tod auferweckt hat.

11. Reich Gottes – Schatz für uns Menschen

Die Gemeinschaft mit Jesus Christus ist wie ein kostbares Geschenk, wie ein Schatz. Leben in

Beziehung mit Jesus Christus heißt: Leben aus der Frohen Botschaft vom Reich Gottes.

12. Unsere Tür zu Gott

15

In der Begegnung mit anderen Menschen und mit der Welt können wir Spuren Gottes entdecken.

Wir können unsere Augen, unsere Ohren und unser Herz öffnen für Gottes Gegenwart. Wir können

mit Gott sprechen, zum Beispiel im Vaterunser. Wir können ihn bitten, ihm klagen, ihn loben, ihm

danken. Denn: Gott liebt uns wie eine unendlich gute Mutter und ein unendlich guter Vater.

Themenbereich IV: In Brot und Wein mit Gott verbunden

13. Essen und Trinken hält uns am Leben

Zum Leben brauchen wir nicht nur Nahrung, sondern auch Liebe und Gemeinschaft. Wenn wir uns

vor dem Essen die Hände reichen, drücken wir Gemeinschaft untereinander und mit Gott aus.

Gemeinsames Essen und Trinken ist mehr als nur Hunger und Durst stillen. Bei Jesus ist ein

gemeinsames Mahl Zeichen von Nähe und Verbundenheit.

14. Jesus lädt alle ein

Jesus hat mit den Menschen gegessen. Dabei hat er keine Unterschiede gemacht, zum Mahl mit

ihm waren und sind alle eingeladen. Für Jesus drückt sich in der Einladung zum gemeinsamen Mahl

die Liebe Gottes aus.

15. Tun, was Jesus getan hat

In der Eucharistie-Feier segnen und teilen wir das Brot und den Wein, wie Jesus das getan hat. Bei

diesem feierlichen Mahl erinnern wir uns intensiv an das Leben, den Tod und die Auferweckung

Jesu Christi, sodass er für uns so lebendig wird wie damals.

16. Wandlung und Verwandlung unseres Lebens

In den Gaben von Brot und Wein ist Jesus unter uns. Er verwandelt unser Leben durch seine Nähe.

Wie Brot und Wein in der Eucharistie-Feier eine neue Bedeutung erhalten und zu Jesus Christus

selbst werden, will er auch uns zu Menschen verwandeln, die nach seiner Botschaft leben. Das

gemeinsame Mahl in der Eucharistie-Feier verbindet uns mit Jesus Christus und untereinander.

Themenbereich V: Miteinander Kirche sein

17. Gott loben und danken

In unseren Gottesdiensten feiern wir Gott. Im Wortgottesdienst versammeln wir uns, um das Wort

Gottes zu hören. Wir bringen alles, was uns bewegt, im Gebet vor Gott. Auf Gottes WORT geben

wir unser ANT–WORT im Bekenntnis unseres Glaubens sowohl im Gebet als auch im alltäglichen

Handeln. In der Eucharistie-Feier erinnern wir uns an das Leben, den Tod und die Auferweckung

Jesu Christi. Wir loben und danken Gott, dass Jesus Christus uns im Brot des Lebens bleibend nahe

ist.

18. Ein Tag wie kein anderer

Die Feier der Kommunion ist ein wichtiger Tag in deinem Leben. Sie ist ein Festtag für dich, deine

Familie und die ganze Gemeinde. Ab jetzt bist du in jeder Eucharistie-Feier zum gemeinsamen Mahl

geladen.

19. Gemeinde – Miteinander weitergehen

Die Gemeinschaft mit Jesus gilt für unser ganzes Leben. Jesus zieht seine Einladung an uns nicht

zurück. Als Familie und als Gruppe sind wir Teil dieser größeren Gemeinschaft, die Gemeinde heißt.

Die Gemeinschaft unserer Gemeinde hilft uns, die Einladung Gottes immer wieder anzunehmen.

20. Katholisch – In der ganzen Welt zu Hause

In fast allen Ländern der Erde leben Christen. Die katholische Kirche ist eine weltweite

Gemeinschaft. In der Eucharistie– Feier am Sonntag sind wir mit Jesus Christus, mit unseren

Verstorbenen und mit unseren Schwestern und Brüdern in der ganzen Welt verbunden.

16

Für die Elterntreffen – Leitfaden

Der Leitfaden für die Elterntreffen greift zehn elementarisierte Themen (hier: Arbeitstitel) auf, die

sich in ihrer Gliederung und Zuordnung zu den Bausteinen zum Familiengespräch an den fünf

Themenbereichen im Familienbuch orientieren.

Informationsabend: Kommunionweg als Familienkatechese

1. Kommunion – Wir machen uns gemeinsam auf den Weg

2. Unsere Beziehungen neu entdecken

3. Kinder und der Tod

4. Wie Advent und Weihnachten feiern

5. Jesus Christus – Basiswissen

6. Weil Versöhnung guttut

7. Vom Fasten zum Feiern: Ostern

8. Wandlung und Verwandlung unseres Lebens

9. Gott mit neuen Augen sehen – Wege in die Zukunft

10. Wir gestalten Gottesdienst

2.2.5 Exemplarische Gesamtfahrpläne

Die folgenden Vorschläge für mögliche Organisationspläne veranschaulichen beispielhaft die

Struktur eines Kommunionweges als Familienkatechese. Den Entwürfen liegen jeweils die

Kalenderwochen (KW) zugrunde. Da die Ferienordnungen regional unterschiedlich sind, wurde die

Ferienzeit fiktiv eingeplant. Es wurden exemplarisch unterschiedlich viele Bausteine zum

Familiengespräch, ebenso viele Kindertreffen und Elterntreffen ausgewählt. Diese Auswahl stellt

keine Gewichtung der katechetischen Materialien dar, sondern veranschaulicht einige Möglichkeiten

von vielen. Das Baukastensystem dieses Weges ermöglicht längere und auch kürzere

Kommunionwege, falls dies aufgrund pastoraler Gegebenheiten notwendig ist. Um den

Gruppenprozessen Raum zu lassen, sollten nicht alle Wochen durchgehend verplant sein; es bleibt

so die Möglichkeit, im Verlauf des Kommunionweges diesen Prozessen genügend Raum zu geben.

Bewusst wurde bei dieser Übersicht auf die Darstellung der Treffen der Begleiter der Gruppen mit

dem katechetischen Leitungsteam sowie auf die Darstellung der liturgischen Feiern auf dem

Kommunionweg verzichtet.

17

Beispiel A – für einen intensiven Kommunionweg als Familienkatechese

(Oktober bis Mai)

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

Vor den Sommerferien: Informationsabend und Anmeldung

41 Familiennachmittag

42 1.Miteinander leben 1. Miteinander leben (2.) Unsere

Beziehungen neu

entdecken

43 Herbstferien

44 2.Tag für Tag 2.Tag für Tag

45 3.Gut und gerecht 3.Gut und gerecht

46 4.Wir streiten und versöhnen

uns

4.Wir streiten und versöhnen uns

47 5.Einmalig und

unverwechselbar

5.Einmalig und unverwechselbar

48 6.Was ist, wenn wir sterben? 6. Was ist, wenn wir sterben? (3.) Kinder und der Tod

49 7. Wege zu Gott 7.Wege zu Gott

50 8. Raus aus der Sackgasse 8. Raus aus der Sackgasse (4.) Wie Advent und

Weihnachten feiern

51 Gestaltung je nach Prozessverlauf

52 Weihnachtsferien

01 Weihnachtsferien

02 9. In Gottes Hand geschrieben 9. In Gottes Hand geschrieben (5.) Jesus Christus –

Basiswissen

03 10. Mit Jesus in Kontakt 10. Mit Jesus in Kontakt

04 11. Reich Gottes – Schatz für

uns Menschen

11. Reich Gottes – Schatz für uns

Menschen

05 12. Unsere Tür zu Gott 12. Unsere Tür zu Gott (6.) Weil Versöhnung

guttut

06 Gestaltung je nach Prozessverlauf

07 Winterferien

08 Winterferien

09 13. Essen und Trinken hält uns

am Leben

13. Essen und Trinken hält uns

am Leben

10 14. Jesus lädt alle ein 14. Jesus lädt alle ein (8.) Wandlung und

Verwandlung unseres

Lebens

11 15. Tun, was Jesus getan hat 15. Tun, was Jesus getan hat

12 16. Wandlung und

Verwandlung unseres Lebens

16. Wandlung und Verwandlung

unseres Lebens

13 17. Gott loben und danken 17. Gott loben und danken (7.) Vom Fasten zum

Feiern: Ostern

18

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

14 Gestaltung je nach Prozessverlauf

15 Osterferien

16 Osterferien

17 18. Ein Tag wie kein anderer 18. Ein Tag wie kein anderer

18 Kommunion-Feiertag

19 19. Gemeinde –Miteinander

weitergehen

19. Gemeinde – miteinander

weitergehen

20 20. Katholisch – In der ganzen

Welt zu Hause

20. Katholisch – In der ganzen

Welt zu Hause

(10.) Wir gestalten

Gottesdienst

Beispiel B – für einen kürzeren Weg (November bis April)

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

Vor den Herbstferien: Informationsabend und Anmeldung

43 Herbstferien

44 Familiennachmittag

45 1. Miteinander leben 1. Miteinander leben (1.) Kommunion ...

46 2. Tag für Tag 2. Tag für Tag

47 9. In Gottes Hand

geschrieben

9. In Gottes Hand geschrieben

48 10. Mit Jesus in Kontakt 10. Mit Jesus in Kontakt

49 11. Reich Gottes – Schatz für

uns Menschen

11. Reich Gottes – Schatz für uns

Menschen

(4.) Wie Advent und

Weihnachten feiern

50 12. Unsere Tür zu Gott 12. Unsere Tür zu Gott

51 Gestaltung je nach Prozessverlauf

(z.B. Sternsingerprobe; Familienadventsfeier, Adventsschmuck basteln)

52/01 Weihnachtsferien

02 13. Essen und Trinken hält

uns am Leben

13. Essen und Trinken hält uns

am Leben

03 14. Jesus lädt alle ein 14. Jesus lädt alle ein

04 15. Tun, was Jesus getan hat 15. Tun, was Jesus getan hat (8.) Wandlung und

Verwandlung ...

05 16. Wandlung und

Verwandlung unseres Lebens

16. Wandlung und Verwandlung

unseres Lebens

19

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

06 Gestaltung je nach Prozessverlauf

(z.B. Gruppenstunde mit Paula-CD;

Gottesdienst aller Kommuniongruppen mit Eucharistiekatechese …)

07/08 Winterferien

09 4. Wir streiten und

versöhnen uns

4. Wir streiten und versöhnen

uns

(6.) Weil Versöhnung

guttut

10 8. Raus aus der Sackgasse 8. Raus aus der Sackgasse

11 Gestaltung je nach Prozessverlauf

(z.B. Erstbeichte; Versöhnungstag für Familien …)

12 17. Gott loben und danken 17. Gott loben und danken

13 18. Ein Tag wie kein anderer 18. Ein Tag wie kein anderer (7.) Vom Fasten zum

Feiern: Ostern

14 Gestaltung je nach Prozessverlauf

(z.B. Palmbuschen binden, Osterdekoration, Gewänderprobe …)

15/16 Osterferien

17 Osterferien / Kommunion-Feiertag

18 19. Gemeinde – miteinander

weitergehen

19. Gemeinde – miteinander

weitergehen

(10.) Wir gestalten

Gottesdienst

Beispiel C – für einen komprimierten Weg (z.B. Einladung zu vier katechetischen

anderthalbtägigen Wochenenden) und einem Abschlusstreffen (November bis

April)

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

42 Vor den Herbstferien: Informationsabend und Anmeldung

43 Herbstferien

44 Familiennachmittag

45 1. Miteinander leben (1.) Kommunion ...

46 2. Tag für Tag

47 5. Einmalig und

unverwechselbar

48 9. In Gottes Hand

geschrieben

1. Miteinander leben

2. Tag für Tag

5. Einmalig und

unverwechselbar

9. In Gottes Hand

geschrieben

49 –

51

52/01 Weihnachtsferien

02

20

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

03 10. Mit Jesus in Kontakt (5.) Jesus Christus –

Basiswissen

04 11. Reich Gottes – Schatz für

uns Menschen

05 12. Unsere Tür zu Gott 10. Mit Jesus in Kontakt

12. Unsere Tür zu Gott

06

07/ 08 Winterferien

09 4. Wir streiten und

versöhnen uns

(6.) Weil Versöhnung guttut

10 8. Raus aus der Sackgasse 4. Wir streiten und

versöhnen uns

8. Raus aus der Sackgasse

11 14. Jesus lädt alle ein (8.) Wandlung und

Verwandlung

12 15. Tun, was Jesus getan hat

13 16. Wandlung und

Verwandlung unseres Lebens

14 17. Gott loben und danken 14. Jesus lädt alle ein

15. Tun, was Jesus getan hat

16. Wandlung und

Verwandlung unseres Lebens

17.Gott loben und danken

15 18. Ein Tag wie kein anderer

15 Osterferien

16 Osterferien / Kommunion– Feiertag

19 19. Gemeinde – Miteinander

weitergehen

19 Gemeinde – Miteinander

weitergehen

20. Katholisch – In der

ganzen Welt zu Hause

(10.) Wir gestalten

Gottesdienst

Beispiel D – für einen Grundschulweg

Die Gestaltung eines Kommunionwegs als Grundschulweg zielt auf eine Differenzierung

ab, der es Familien mit unterschiedlichen Zeitressourcen und Interessenlagen ermöglicht,

einen mehr oder weniger intensiven Kommunionweg zu gehen. Dementsprechend

entspannen sich erfahrungsgemäß auch die Belastungen der haupt- und ehrenamtlichen

Katechetinnen und Katecheten. Im unten dargestellten Modell wird der Herbst-

/Adventsweg fakultativ für Familien mit Kindern der zweiten und/oder dritten

Grundschulklasse angeboten. Verbindliches Kernstück für die Kommunionvorbereitung ist

hier nur der Kommunionweg. Darauf aufbauend werden interessierte Familien mit

Kindern in der dritten (und vierten) Klasse zum Versöhnungsweg, bzw. zum Dienstweg

(MinistrantInnenausbildung) eingeladen.

21

Der Herbstweg / Adventsweg – für Familien mit Kindern ab der 2.Klasse

(Oktober bis Dezember)

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

Nach den Sommerferien: Informationsabend und Anmeldung zum Grundschulweg

für Eltern der 2. und 3. Klasse

1. Miteinander leben 1. Miteinander leben (1.) Kommunion ...

2. Tag für Tag 2. Tag für Tag

3. Gut und gerecht 3. Gut und gerecht

Herbstferien

5. Einmalig und

unverwechselbar

5. Einmalig und

unverwechselbar

6. Was ist, wenn wir sterben 6. Was ist, wenn wir sterben (3.) Kinder und der Tod

7. Wege zu Gott 7. Wege zu Gott (4.) Wie Advent und

Weihnachten feiern

Ideen für die Vernetzung mit (bestehenden) Gemeindeangeboten:

Besondere Einladung zum/zur

- gemeinsamen Friedhofsbesuch (Allerheiligen)

- gemeinsamen St. Martinsfeier mit Laternenlauf

- gemeinsamen St. Nikolausfeier

- gemeinsamen Adventskranzbasteln

- Vorbereitung und Teilnahme an der Sternsingeraktion

- Beteiligung an einem Familiengottesdienstes im Advent

- Herbergssuche im Advent (an jedem Tag im Advent öffnet sich eine Tür in der

Gemeinde)

- Weihnachtsgottesdienste etc.

Der Kommunionweg – für Familien mit Kindern ab der 3.Klasse (Januar bis

April)

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

Nach den Sommerferien: Informationsabend und Anmeldung zum Grundschulweg

40–

52 Schriftliche Einladung der Familien mit Kindern ab der 3. Klasse

zur Teilnahme am Herbstweg/Adventsweg

01 Weihnachtsferien

Informationsabend und Anmeldung für den Kommunionweg

(für Familien mit Kindern in der 3. Klasse, die nicht am Adventsweg beteiligt waren)

02 Familientag mit Elementen aus Kindergruppenstunde 1 und 2

9. In Gottes Hand

geschrieben

9. In Gottes Hand

geschrieben

(2.) Unsere Beziehungen neu

entdecken

22

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

03 10. Mit Jesus in Kontakt 10. Mit Jesus in Kontakt

04 11. Reich Gottes – Schatz für

uns Menschen

11. Reich Gottes – Schatz für

uns Menschen

05 12. Unsere Tür zu Gott 12. Unsere Tür zu Gott (5.) Jesus Christus –

Basiswissen

06 Gestaltung je nach Prozessverlauf

07 Winterferien

08 Winterferien

09 13. Essen und Trinken hält

uns am Leben

13. Essen und Trinken hält

uns am Leben

10 14. Jesus lädt alle ein 14. Jesus lädt alle ein

11 15. Tun, was Jesus getan hat 15 Tun, was Jesus getan hat

12 16. Wandlung und

Verwandlung unseres Lebens

16. Wandlung und

Verwandlung unseres Lebens

(8.) Wandlung und

Verwandlung

13 17. Gott loben und danken 17. Gott loben und danken

14 18. Ein Tag wie kein anderer 18. Ein Tag wie kein anderer

15 Osterferien

16 Osterferien

18 Kommunion– Feiertag

19 19. Gemeinde – Miteinander

weitergehen

19. Gemeinde – Miteinander

weitergehen

(10.) Wir gestalten

Gottesdienst

Ideen für die Vernetzung mit (bestehenden) Gemeindeangeboten –

Besondere Einladung zum/zur

- gemeinsamen Besuch / Gestaltung eines Elements bei Familien– und

Kindergottesdiensten

- gemeinsamer Besuch eines Taufgottesdienst in der Gemeinde

- gemeinsamen Teilnahme/Gestaltung eines Elements am Gottesdienst am

Aschermittwoch (mit Aschenkreuz)

- Fastenaktion der Gemeinde

- Versöhnungsfeier

- gemeinsamen Teilnahme am Palmenbinden; Gestaltung von Osterschmuck

- gemeinsamen Teilnahme/Gestaltung eines Elements an der Liturgie der Kar– und

Osterfeiertage etc.

23

Der Versöhnungsweg – für Familien mit Kindern ab der 3. Klasse (Mai)

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

Im Anschluss an den Kommunionweg

Schriftliche Einladung für Familien mit Kindern ab der 3. Klasse,

die im letzten Jahr nicht am Versöhnungsweg teilgenommen haben

20 4. Wir streiten und

versöhnen uns

4. Wir streiten und

versöhnen uns

(6.) Weil Versöhnung guttut

21 8. Raus aus der Sackgasse 8. Raus aus der Sackgasse

22 Empfang des Sakraments der Versöhnung (Erstbeichte)

Der „Dienstweg“ – für Familien mit Kindern ab der 3. Klasse (Mai bis Juli)

KW Familiengespräch Kindergruppe Elterngruppe

Im Anschluss an den Versöhnungsweg

Schriftliche Einladung für Familien mit Kindern ab der 3. Klasse,

die im letzten Jahr nicht am Dienstweg teilgenommen haben

23 20. Katholisch – In der

ganzen Welt zu Hause

20. Katholisch – In der

ganzen Welt zu Hause

(7.) Vom Fasten zum Feiern:

Ostern / (9.) Gott mit neuen

Augen sehen ...

Ab KW

24 MinistrantInnenausbildung

Feierliche Aufnahme der MinistrantInnen in der Gemeinde

3.3 Irritationen – Anmerkungen zur theoretischen und praktischen Rezeption

des Kommunionwegs als Familienkatechese in Deutschland

Die gemeindekatechetische Diskussion um den Kommunionweg als Familienkatechese in

Anlehnung an die lateinamerikanische Catequesis Familiar erregte im Zeitraum von ihrer

Ankündigung durch Albert Biesinger in seinem religionspädagogisch argumentierendem

Beitrag „Erstkommunion als Familienkatechese“ in der Theologischen Quartalschrift 1994

bis zu ihrer praktischen Präzisierung durch das Erscheinen der vierbändigen

katechetischen Materialien „Gott mit neuen Augen sehen“ 1999 einige Aufmerksamkeit in

den einschlägigen religionspädagogischen Fachzeitschriften.49 Die anfängliche Diskussion

war zunächst von kritischen Anfragen geprägt, die sich insbesondere auf rigoristisch

missverstandene Formulierungen Albert Biesingers bei seiner mitunter provokanten

Darstellung des Konzepts „Kommunionweg als Familienkatechese“ in scharfer

Abgrenzung von bisherigen Formen der Kommunionvorbereitung und gleichzeitig als

49 Vgl. z.B. die diesbezüglichen Artikel in den Katechetischen Blättern 121, 1996, Lebendige Katechese 21, 1999.

24

Projekt der Gemeindeerneuerung in diversen vorbereitenden Veröffentlichungen bezog.50

Der vorliegende Abschnitt systematisiert und differenziert diese Kritik, ergänzt sie durch

kritische Stimmen aus der Gemeindepraxis, klärt etwaige Missverständnisse und benennt

Problemüberhänge des Konzepts im Blick auf die Qualitätssicherung eines entscheidend

unterscheidenden familienkatechetischen Ansatzes diesseits und jenseits des

Kommunionweges.

3.3.1 Rigoristische Verengung?

Insbesondere die Zielformulierung, dass alle Eltern als Katecheten ihrer Kinder

angesprochen werden, führte zu Irritationen, ob etwa alle Eltern an den Elterngesprächen

teilnehmen müssten und inwiefern ihr Fernbleiben von den Elterntreffen oder gar die

Weigerung, Familiengespräche zu führen, ausschließende Konsequenzen für den

Kommunionweg des Kindes hätte. Mit dem Erscheinen der katechetischen Materialien

„Gott mit neuen Augen sehen“, die vor allem im Einführungsband für das Leitungsteam

auf derlei Missverständnisse eingehen, sind die Diskussionen um potentielle „Rigorismen“

des Modells zumindest in der theoretischen Diskussion weitgehend verebbt.

3.3.2 Ermutigung oder Überforderung?

Ein notorischer Kritikpunkt betrifft hingegen die von Katecheseverantwortlichen, aber

auch von beteiligten Eltern angezeigte Spannung einer positiv oder negativ verstandenen

Zumutung des Konzepts hinsichtlich einer (Über-)Forderung von Eltern, was ihre eigene

religiöse (Erziehungs-)Kompetenz betrifft und damit den Kern des familienkatechetischen

Ansatzes: das Familiengespräch. Auf das konkrete Konzept von Biesinger(u.a.) bezogen

sind solche berechtigten Anfragen letztlich nur im Anschluss an eine differenzierte

empirische Auswertung der katechetischen Materialien, bzw. des familiären Umgangs mit

den Materialien beantwortbar. Erste Ergebnisse zur Familienkatechese im Besonderen

werden im Rahmen der Auswertung einer breit angelegten quantitativen und

qualititativen Studie (DFG-Projekt „Forschungsgruppe Religion und Gesellschaft“) im

Februar 2012 erwartet51.

Eine andere Variante dieser Kritik zielt auf die Sorge um die Verwässerung des

katechetischen (Vermittlungs-)Geschehens im Blick auf die Kinder, wenn diese noch

deutlicher als beim sogenannten Tischmüttermodell von Nichtprofessionellen, bzw.

religiös Ungeübten begleitet werden sollen. Damit ist eine grundsätzliche Frage nach den

erforderlichen Reichweiten und nicht zuletzt der pastoralen Effizienz von religiöser

Professionalität oder Virtuosität in religiösen, näherhin katechetischen Lehr-/

Lernprozessen aufgeworfen, die auf das Engste mit der Spiritualität, dem Richtziel und

den angedeuteten ekklesialen Intentionen von Familienkatechese verbunden ist und in

diesem Zusammenhang theologisch begründete Optionen erfordert. Beide Aspekte

markieren auf ihre Weise den bereits mehrfach angedeuteten „basiskirchlich“ inspirierten

Perspektivenwechsel des familienkatechetischen Ansatzes als Katechese inter pares, bei

dem alle eingeladen und aufgerufen sind, die jeweils ihnen möglichen Schritte eines

50 Für einigen Anstoß sorgte v.a. Albert Biesingers Veröffentlichungen: Gott in die Familie, Erstkommunion als Chance für

Eltern und Kinder, 1996, sowie: ders: Gott in die Familie. Basiskirchliche Tendenzen in der Kommunionkatechese, in

Katechetische Blätter 121, 1996, S. 164–168 – mit rhetorischen Zuspitzungen, welche, ihres befreiungstheologischen

Kontextes enthoben, für europäische Ohren geradezu evangelikal klingen, wie z.B. durch Familienkatechese würde „den

Eltern das Evangelium zurückgegeben“; „Durch diesen Weg erhalten Familien wieder Sitz und Stimme auch in

Glaubensthemen“, in: Albert Biesinger, Gott in die Familie, Erstkommunion als Chance, 1996, S. 10f.

51 Vgl.: http://www.frg.de.tf (Zugriff am 27.12.2011)

25

geistlichen Weges zu gehen und dabei von der Gemeinde gleichsam subsidiär unterstützt

und begleitet zu werden.

Vor dem Hintergrund volkskirchlich gewachsener und nachhaltig geprägter Mentalitäten

einer, im Vergleich etwa mit lateinamerikanischen und/oder afrikanischen pastoralen

Verhältnissen, gesteigerten pädagogisch-professionellen Erwartungs- und

Anspruchshaltung an Hauptberufliche unterläuft Familienkatechese eine

Delegationsmentalität, welche die religiöse Erziehung an theologisch qualifiziertes

Fachpersonal überweist52. Dabei ist es für eine Problemanzeige bzgl. des Verhältnisses

pastoraltheologischer Reflexionsebene und gemeindlicher Praxis höchst aufschlussreich,

in der gemeindlichen Praxis erfahren zu müssen, wie das mühevoll argumentativ

errungene, anthropologisch gewendete, pastoraltheologische Richtziel der

Subjektwerdung des einzelnen Gemeindemitglieds gerade auch in Kontexten

kooperativer Pastoral, welche die Gemeinde als Ganzes als Subjekt und Trägerin der

Seelsorge sowie der Liturgie versteht, auf den ersten Blick Gefahr läuft, im Dunstkreis

pastoraler Versorgungsmentalitäten eben jener Subjekte zu vernebeln. Auf den zweiten

Blick lassen sich hinter solchen Anfragen allerdings auch Ratlosigkeiten bzgl. einer

durchaus gewünschten, aber nicht eigens realisierten religiösen Erziehung vermuten.

Auch der berechtigte Hinweis auf die ambivalente Einschätzung familiärer

Sozialisationsleistungen im Allgemeinen, z.B. hinsichtlich körperlicher und seelischer

Gewalt-, Missbrauchs- und Unterdrückungsstrukturen in Familien sowie einer die

gewünschte ressourcenbildende religiöse Sozialisation hinderlichen familiären religiösen

Erziehung im Besonderen, etwa durch die Vermittlung dämonischer Gottesbilder, den

Missbrauch Gottes zur Disziplinierung etc. lassen sich als kritische Anfragen hinter diesen

Infragestellungen des familienkatechetischen Ansatzes identifizieren. Allerdings lässt sich

hier zurückfragen, ob solche unheilvollen Vorkommnisse aus gemeindekatechetischer

Perspektive überhaupt konzeptionell vermeidbar wären und nicht gerade durch die

intensive familienkatechetische Vernetzungsstruktur am ehesten wahrgenommen werden

können – und es sich dann anbietet, direkt auf der problemgenerierenden Ebene zu

intervenieren: im Gespräch mit den Erziehenden.

3.3.3 Mangelnde Differenzierung?

Eine weitere kritische Anfrage betrifft das Differenzierungspotenzial des Konzepts

„Kommunionweg als Familienkatechese“ im Spagat zwischen „Offenheit und Identität“53,

das „bisher nur einen jahrgangskatechetischen Kommunionweg für Kinder in der dritten

Klasse entwickelt (hat)“54 im Vergleich etwa zur „peruanischen Doppelstrategie mit

differenzierten Wegen“55, die parallel zur jahrgangsübergreifenden Catequesis Familiar

einen gleichberechtigten Kommunionvorbereitungsweg für ältere Kinder mit

Katechetinnen und Katecheten aus der Gemeinde anbietet. Ein Aspekt, der nicht durch

52 Analog etwa der beobachtbaren Ausdünnung gemeindediakonischen Handelns unter Hinweis auf professionell agierende

katholische Sozialstationen, die Diakonie oder etwa den Caritasverband.

53 Monika Scheidler meint damit (in Rückgriff auf Dieter Emeis: Zwischen Ausverkauf und Rigorismus, Freiburg 1991 und

Leo Karrer: Plädoyer für eine multiforme Pastoral in einer Zeit zunehmender Kirchendistanzierung, in: Bibel und

Liturgie 65 (1992), das katechetische Dilemma zwischen Servicekirche und Rigorismus. Vgl. dies: Catequesis Familiar in

Peru, 1999, S. 207. Ihre Vermutung, Familienkatechese werde „vor allem in süddeutschen Gemeinden umgesetzt, die

noch stark volkskirchlich geprägt sind und versuchen den vollen Spagat zwischen der Offenheit und der Identität zu

machen“, ebd., S. 214, trifft so nicht zu, wie umfangreiche Praxisdokumentationen u.a. aus Berlin und den jüngeren

Bundesländern, sowie die internationale Verbreitung des Modells (bis hin nach China) belegen.

54 Scheidler: Catequesis Familiar in Peru, 1999, S. 214.

55 Ebd., S. 212.

26

vorschnelle Hinweise auf die organisatorische Mehrbelastung der Verantwortlichen für die

Gemeindekatechese abgewiegelt werden sollte, steht dahinter doch die berechtigte

Sorge, der Kommunionweg als Familienkatechese könnte trotz oder gerade wegen seiner

starken Betonung der Eigenverantwortlichkeit der Eltern, den differenzierten Gemeinde–

und Familiensituationen und den entsprechenden gegenseitigen Erwartungshaltungen

nicht adäquat differenziert entgegenkommen. Die hier anklingende Überlegungen

bündeln sich in der Forderung nach einer multioptionalen katechetischen

Angebotsstruktur, wie sie derzeit etwa im Umfeld der Firmkatechese unter den

Stichworten Intensivkurs, Crashkurs/Zwei-Wege-Pastoral etc. diskutiert wird. Dabei gerät

über die Kritik an einer volkskirchlich gewohnten jahrgangsmäßigen Erfassungspastoral

auch die Frage nach intensitäts-, bzw. qualitativ- differenzierenden Wegen in den Blick.

Gerade an dieser Stelle erweist die aktuelle Neuauflage der Materialien ihr

Innovationspotenzial, indem sie die explizite Sakramentenkatechese (Buß- und

Eucharistiekatechese im engeren Sinn) als thematisch verdichtete und zeitlich eng

umgrenzte (und je unterschiedlich stark frequentierte) Wegabschnitte eines erweiterten

integrativen familienkatechetischen Prozesses versteht.

3.3.4 Begriffliche Unschärfen?

Weiterhin löst die Bedeutungsoffenheit des Begriffs Familienkatechese im deutschen

Sprachraum einige Irritationen aus: Zunächst assoziiert der von der lateinamerikanischen

Catequesis Familiar übertragene Begriff „Familienkatechese“ im Kontext an das medial

kolportierte hoch idealisierte katholische Familienleitbild einer „Heiligen-Familien-

Konstellation“ mit der Folge, dass sich Menschen in Familienzusammenhängen, die

diesem Ideal nicht entsprechen oder auch nicht entsprechen wollen, auch nicht

angesprochen fühlen und das Konzept im familienideologischen Abseits gesellschaftlicher

Realitäten verorten lassen. Die diesbezügliche Positionierung der katechetischen

Materialien zugunsten eines funktional akzentuierten Familienbegriffs, mehr aber noch

die Erfahrung seiner konkreten Umsetzung in der jeweiligen pastoralen Praxis, vermag

solche ausgrenzenden Assoziationen zu korrigieren.

4. Konstitutive Strukturmerkmale des familienkatechetischen Ansatzes

Der folgende Abschnitt destilliert nochmals die konstitutiven Strukturmerkmale eines

familienkatechetischen Ansatzes in unmittelbarer Anlehnung an das Praxismodell

„Kommunionweg als Familienkatechese“ nach Biesinger/Bendel/Biesinger/Berger

(Boschki/Hauf).

• Familienkatechese ist – als ein Segment der Gemeindekatechese – ein gemeindlich

initiiert und begleiteter intentionaler und organisierter Lehr-/Lernprozess aus

unterschiedlichem Anlass mit Familien in ihrem konkreten familiären Interaktionsfeld im

Dialog mit der Gemeinde.

• Im Unterschied zu traditionellen sakramentenkatechetischen Ansätzen der

Gemeindekatechese fordert und trifft der familienkatechetische Ansatz in vierfacher Weise

innovative Optionen für die Familie:

1.) Familienkatechese optiert für die Familie als Objekt der Katechese (Zielgruppenorientierung)

Ein familienkatechetischer Ansatz richtet sich sowohl an die einzelnen Glieder der Familie, als

auch an die Familie als Ganzes.

2.) Familiekatechese optiert für die Familie als Subjekt der Katechese

Ein familienkatechetischer Ansatz unterstützt die „Subjektwerdung“ der Familie als christliche

Basisgruppe, insofern er alle Eltern darin unterstützt, Katechetinnen und Katecheten ihrer

27

Kinder zu sein. Im Vertrauen auf die Geistesgegenwärtigkeit Gottes in jedem Menschen

(mystagogischer Bezug) arbeitet er damit behutsam entgegen einer volkskirchlich geprägten

Delegations- und Versorgungsmentalität und fördert vorrangig die religiöse Elternkompetenz

für die religiöse Erziehung. Dabei anerkennt und bestärkt er Familien darin, die ihnen

möglichen Schritte ihres Glaubensweges auszuwählen und zu gehen.

3.) Familienkatechese optiert für die Familie als Ort der Katechese

Ein familienkatechetischer Ansatz würdigt die Familie als authentischen Ort der

Glaubenskommunikation, insofern sie als ein zentraler Erfahrungsraum der Gottesbeziehung

in – aber auch in Abgrenzung von – der Gemeinde oder anderen kirchlichen Sozialformen

agiert.

4.) Familienkatechese optiert für die Familie als thematische Orientierung der Katechese

(thematischer und formalmethodologischer Aspekt)

Unbeschadet unterschiedlicher Anlässe und entsprechend zu berücksichtigender theologisch-

inhaltlicher Akzentuierungen integriert ein familienkatechetischer Ansatz in besonderer Weise

familienrelevante Themen in der Katechese, mit dem Ziel der Förderung inter- und

intrafamiliärer Glaubenskommunikation.

• Die innovative, didaktisch wirksame Dynamik von Familienkatechese ergibt sich aus

ihrer Netzwerkstruktur im Zusammenspiel der verschiedenen Gruppen und Gemeinschaften.

Unbeschadet der extensiven Differenzierung für den Kommunionweg als Familienkatechese

erscheint deshalb gerade das Ineinandergreifen von (mindestens) drei

unterscheidbaren Begleitungs- und Interaktionsebenen konstitutiv für

familienkatechetische Prozesse, unabhängig von Anlass und Themenfeld:

Elterngruppen/Elterngruppenbegleitung: Eltern erschließen sich im gegenseitigen Austausch

über das Evangelium, über ihr Leben und ihren Glauben die Zugänge zu einem Thema

(Erwachsenenkatechese) und erhalten Hilfestellung und Begleitung, wie sie sich gemeinsam

mit ihrem Kind/ihren Kindern ein Thema und dessen Inhalte erschließen können

(Elternkatechese).

Familiengespräch zu Hause: Eltern und Kinder interagieren zum Thema mithilfe didaktisch

aufbereiteter Materialien und Handlungsimpulse (Familienkatechese im engeren Sinn).

Kindergruppen/Kindergruppenbegleitung: Kinder (und Jugendlichen) vertiefen das Thema

inhaltlich und methodisch modifiziert in der Gleichaltrigengruppe (Kinderkatechese).

• Gemeindebild

Ein familienkatechetischer Ansatz zielt auf die Gemeindevision einer Gemeinschaft aus

miteinander vernetzten Gemeinschaften und Unterstützerkreisen. Er baut und vertraut

primär auf die geistbewirkten Begabungen und Kompetenzen aller Beteiligten und wirkt

somit einer unrealistischen (und unbiblischen) Versorgungs- und Professionalisierungs-

mentalität in der Katechese entgegen.

• Spiritualität

Ein familienkatechetischer Ansatz verschreibt sich auf der Grundlage seiner latein-

amerikanischen Wurzeln und des Evangeliums einer vorrangigen Option für die Armen und

liest die biblische Botschaft im Blick auf die Befreiung des Menschen aus sozialen,

emotionalen und spirituell-weltanschaulichen Nöten im Horizont familienbiografischer

Entwicklungsaufgaben.

28

5. Neuakzentuierungen der aktuellen katechetischen Materialien „Gott

mit neuen Augen sehen“ (Frühjahr/Herbst 2012):

5.1 Katechumenale Struktur

Die differenzierte Begleitungsstruktur des familienkatechetischen Ansatzes und die

diversen Gemeinschaftsformen der Familien-, Eltern- und Kindergruppen greifen in

vielfacher Weise das frühkatechumenale Spezifikum von – in Bezug auf die Ortsgemeinde

– subsidiären Katechumenatsgruppen auf, in denen das Christsein in einer verbindlichen

und überschaubaren Gemeinschaft unterschiedlicher Menschen mit dem gleichen

Ansinnen eingeübt wird, die sich gegenseitig und im Austausch mit der Gemeinde auf

ihrem Glaubens– und Lebensweg unterstützen, begleiten und voneinander lernen.56

Eine Öffnung und Ausdifferenzierung des familienkatechetischen Ansatzes entlang des

Kirchenjahres für gleichermaßen familienbiografisch relevante und traditionell liturgische

Situationen und Höhepunkte, wie z.B. die Sonntagsgestaltung, Adventszeit,

Weihnachten, Fastenzeit, Ostern, Pfingsten (liturgischer Kontext), sowie die Pflege

christlichen Brauchtums können damit zum katechumenalen Spezifikum eines intensiven

mehrphasigen, gestuften und ritengestützten Glaubenswegs von interessierten Familien

werden. So lassen sich z.B. ausgewählte liturgisch geprägte Zeiten des Kirchenjahres mit

zunehmender Verbindlichkeit (im Kontext einer „Pastoral des Weges“) im Vorfeld einer

dann zeitlich verkürzten und thematisch/inhaltlich pointiert sakramentenkatechetischen

Vorbereitungszeit ebenfalls nach den skizzierten Strukturmerkmalen eines

familienkatechetischen Ansatzes gestalten. Durch eine solche Stufung können auch die

unterschiedlichen Teilnahmeerwartungen von Familien konzeptionell aufgegriffen werden

(biografischer Kontext). Darüber hinaus verweist insbesondere der lateinamerikanische

Hintergrund des familienkatechetischen Ansatzes auf die liturgie-katechetischen

Methoden des Schrift-Teilens und der Auseinandersetzung mit gesamtkirchlichen

Dokumenten, welche in der aktuellen Auflage insbesondere auf der Ebene der

Elterntreffen verstärkt wurde.

5.2 Diakonische Dimension

Von seinem lateinamerikanischen Ursprung her entwickelte sich der

familienkatechetische Kommunionweg insbesondere durch den handlungsorientierten

bibeldidaktischen Dreischritt „Sehen–Urteilen–Handeln“ mit seinen kognitiven,

emotionalen, pragmatischen, sozialen und gemeinwesenorientierten Implikationen zu

einem befreiungstheologisch inspirierten Dienst an Familien. Die „Catequesis-Familiar“-

Bewegung versteht sich deshalb als Konkretisierung der lateinamerikanischen pastoralen

Option für die Armen (und für die Jugend), als diakonische Praxis im Blick auf die

politische und religiöse Subjektwerdung des Einzelnen und der Familie, in Solidarität mit

den Nächsten und nicht zuletzt wider die Ohnmacht gegenüber struktureller

Ungerechtigkeit. Damit werden kontextuelle Aspekte angeschnitten, die sich aufgrund

unterschiedlicher geschichtlicher, kultureller, sozialer, politischer, ideeller, materieller

und von daher auch theologischer Kontexte nicht unbedacht in bundesrepublikanische

Verhältnisse implementieren lassen und deshalb einer grundsätzlichen

humanwissenschaftlichen und (befreiungs-)theologischen Reflexion bedurften: Der

diakonagogische Anknüpfungspunkt einer familienbiografischen Orientierung der

56

„Kennzeichnend für den am Vorbild der frühen Kirche erneuerten Erwachsenenkatechumenat sind sein prozesshafter

Charakter und seine verschiedenen Phasen und Stufen. Darin drücken sich das organische Wachsen im Glauben und die

unterschiedlichen Stufen der Kirchenzugehörigkeit aus. Ziel des Glaubensweges ist das Hineinwachsen in umfassende

personale Beziehungen, grundgelegt im Ja Gottes zum Einzelnen wie zur Gemeinschaft der Glaubenden.“ Sekretariat der

Deutschen Bischofskonferenz (Hg), Die Deutschen Bischöfe: Katechese in veränderter Zeit, Bonn, 2004, S. 15.

29

Katechese liegt dabei in der (vierfachen) Option für die Familie als Subjekt, Objekt, Ort

und thematischen Dimension des familienkatechetischen Ansatzes und seinen

operationellen Vollzügen in konkreten katechetischen Handlungsfeldern und

familienbiographischen Situationen. Für einen katechetischen Ansatz

familienbiographischer Begleitung bedeutet dies zunächst die pastorale Entscheidung für

ein theologisches Verständnis von Gemeindekatechese im Blick auf Familien als

(Communio-)ekklesial vermitteltem Dienst an den realexistierenden Familien, der

zuvörderst an seinen Wirkungen wie Heilung, Subjektwerdung, Befreiung und

Solidaritätsstiftung deutlich wird und diese als Zeichen der anbrechenden Herrschaft

Gottes deutet.

5.3 Familienleitbild und kirchenrechtliche Aspekte

Der familienkatechetische Ansatz ist geprägt von einem weiten humanwissenschaftlichen

Familienbegriff, der sich von traditionellen lehramtlichen katholischen Familienleitbildern,

wie es bspw. in Familiaris Consortio grundgelegt wird unterscheidet und insbesondere im

Umfeld sakramentenkatechetischer Prozesse zu kirchenrechtlichen und – davon

abgeleitet – pastoralen Spannungen führen kann. In diesem Zusammenhang gilt es die

gesellschaftlichen Familienrealitäten und familientheologischen Bedingungen einer

solchen prinzipiellen familiendefinitorischen Öffnung für das pastorale Handlungsfeld

gemeindekatechetischer Prozesse in kritischer Auseinandersetzung mit historisch

gewachsenen, dogmatisch und kirchenrechtlich zementierten lehramtlichen

Familienleitbildern zu klären. Konkret orientiert sich die aktuellen Neuauflage des

Kommunionwegs als Familienkatechese an der Einladungsformel zur HEILIGEN MESSE

mit Papst Benedikt XVI. am 25. September 2011 auf dem City Flugplatz Freiburg: „Der

Empfang der Heiligen Kommunion ist Ausdruck unserer innigsten Vereinigung mit

Christus. Bei der Kommunionspendung wird jedem Gläubigen die Heilige Hostie gezeigt

mit den Worten „Der Leib Christi“. Wer zur Kommunion hinzutritt, muss dazu ehrlichen

Herzens „Amen“ sagen können: „Ja, ich glaube, in diesem Brot ist Christus selbst

gegenwärtig.“

5.4 Sozialästhetische, milieu- und kultursensible Aspekte

Durch die bewusste Einladung an alle Familien, als primäre Basisgruppe katechetischer

Prozesse zu intraagieren, unterstützt ein familienkatechetischer Ansatz zunächst die

Differenz pluraler Familienkulturen in ihren sozialmilieuspezifischen ästhetischen

Präferenzen. Im Blick auf das flankierende Netzwerk gegenseitiger Begleitung in den

verschiedenen Gruppen und Gemeinschaften hingegen obliegt es dem katechetischen

Leitungsteam einer Gemeinde/einer größeren pastoralen Einheit durch den Modus der

Gruppenzusammensetzung (nach Wohnviertel, nach Belieben der Eltern/der Kinder, nach

Schuleinzugsgebiet, nach ethnischen Gruppen etc.) ein Mindestmaß an

kommunikationsförderlicher sozialästhetischer Homogenität zu bewahren oder aber

gerade die Inhomogenität der Beteiligten intentional zum Programm zu machen und auf

diese Weise interkulturell und sozialästhetische Milieus übergreifende Kontakte zu

ermöglichen. Dabei wird ein erfolgreicher Gruppenprozess entscheidend davon abhängen,

ob es in den jeweiligen Gruppen gelingt, miteinander eine beziehungsreiche

kommunikative Atmosphäre zu schaffen, die es den Einzelnen ermöglicht, sich

ungezwungen auf verschiedenen kommunikativen Handlungsebenen in das

Gruppengeschehen einzubringen. Eine besondere Herausforderung stellt in diesem

Zusammenhang die Arbeit mit Menschen dar, die aus unterschiedlichen Gründen

(Migrationshintergrund, fehlende Bildungsvoraussetzungen, körperliche und geistige

Teilleistungsstörungen) ggf. über differierende Kommunikationsmöglichkeiten verfügen,

30

sodass sie unter Umständen das Gruppengeschehen und auch die Impulse zur

intrafamiliären Glaubenskommunikation nur eingeschränkt mit– oder nachvollziehen

können. Insofern wurde neben dem Problemfeld differenzierter Erwartungen der

Adressaten auch der Aspekt differierender Ressourcen im Zusammenhang mit einer

katechetischen Option für die Familie als Subjekt der katechetischen Prozesse verstärkt

aufgegriffen.

5.5 Neue thematische Strukturierung und inhaltliche Ergänzungen

Eine anspruchsvolle und möglicherweise die streitbarste Innovation des

familienkatechetischen Ansatzes ist die leicht missverständliche Option für die Familie als

(religions-)didaktischen Diskussionsschleifen um das angemessene Verhältnis von

Lebensthemen und Glaubensinhalten in katechetischen Prozessen führt – ohne Aussicht

auf den harmonisierenden Entwurf. Zunächst galt es im Horizont einer breit angelegten

humanwissenschaftlich fundierten Suchbewegung zu klären, welche deutungsrelevanten

familienbiographischen Themen Familien heute betreffen, denn vornehmlich um solche

wird es meines Erachtens in katechetischer Absicht gehen. Dabei geraten insbesondere

normative und nicht-normative familienbiografische Übergänge im Familienlebenszyklus

in den Blick, verbunden mit den Fragen, ob (und wenn, dann wie?) sich diese mit

geprägten kirchlichen Verkündigungsinhalten insbesondere der Sakramentenkatechese

zueinander in Beziehung setzen lassen. Unbeschadet dessen umfasst der Kommunionweg

als Familienkatechese in seiner vollständig überarbeiteten Neuauflage in

elementarisierter Form sämtliche katechetischen Kerninhalte und -kompetenzen, wie sie

von der DBK in „Katechese in veränderter Zeit“ (2004) vorgelegt wurden: Stärkung einer

Haltung glaubenden Vertrauens zu Gott, Förderung der Kenntnis des Glaubens (Heilige

Schrift, Überlieferung, Glaubensbekenntnis) sowie die Befähigung zum Zeugnis des

Glaubens, Einübung in das Beten und in die Grundgebete der Kirche, Liturgische Bildung

(Mitvollzug der liturgischen Handlungen), Befähigung und Stärkung, aus der Haltung des

Christseins verantwortlich handeln zu können.

Weiterführende Literatur:

Albert Biesinger/Herbert Bendel/David Biesinger: Gott mit neuen Augen sehen. Leitfaden für das

Leitungsteam, München ²2004, bzw. Albert Biesinger/Reinhold Boschki/Jörn Hauf: Gott mit neuen

Augen sehen. Leitfaden für das Leitungsteam und die Elterntreffen, München 2012.

Jörn Hauf, Familienbiographische Katechese, Unterwegs mit Familien in der Erziehungsphase,

Ostfildern 2004.

Jörn Hauf, Familienbiographische Katechese, in: Angela Kaupp/Stephan Leimgruber/Monika

Scheidler (Hg.): Handbuch der Katechese. Freiburg i.Br. 2011, S. 464–475.

Dr. theol. Jörn Hauf

[email protected]