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Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und ausgewählte Probleme notarieller Vertragsgestaltung Notarassessor Dr. Philipp Müller (Würzburg) * A. Einleitung B. Grundlagen I. Rechtsgrund: Die Sicherungsabrede II. Voraussetzungen und Inhalt des Rückge- währanspruchs 1. Der Wegfall des Sicherungszwecks 2. Enge und weite Sicherungszweck- erklärung 3. Inhalt des Rückgewähranspruchs: Aufhebung, Verzicht, Abtretung 4. Wahlrecht des Sicherungsgebers 5. Fortsetzung des Rückgewähranspruchs im Zwangsversteigerungsverfahren 6. Möglichkeiten zur vertraglichen Ein- schränkung des Rückgewähranspruchs III. Schuldner/Gläubiger des Rückgewähr- anspruchs 1. Identität von Kreditnehmer und Eigen- tümer 2. Personenverschiedenheit von Kredit- nehmer und Eigentümer 3. Konsequenzen für die Praxis IV. Einredemöglichkeit gegen die Grundschuld 1. Grundlagen 2. Verhältnis zum gesetzlichen Verzichts- anspruch nach § 1169 BGB 3. Schicksal der Einrede bei Zession der Grundschuld V. Verjährung VI. Befugnis zur Revalutierung 1. Anknüpfung an den Inhalt der Siche- rungsabrede 2. Auswirkungen auf die Insolvenzfestigkeit der Abtretung VII. Der Rückgewähranspruch – ein verkehrs- fähiges Vermögensrecht 1. Abtretung 2. Pfändung C. Der Rückgewähranspruch in der notariellen Vertragsgestaltung I. Der Rückgewähranspruch als Sicherungs- mittel 1. Regelmäßig nur geringer eigenständiger Sicherungswert 2. Anwendungsfelder 3. Schutzvorkehrungen im Rahmen der Abtretung II. Sicherung des Rückgewähranspruchs 1. Durch § 1192 Abs. 1 a BGB vermitteltes Schutzniveau 2. Möglichkeit der Vormerkungssicherung 3. Anwendungsfelder III. Gefahren für die Vertragsabwicklung und -gestaltung 1. Schutzmaßnahmen bei drohender Pfändung des Rückgewähranspruchs 2. Sicherungszweckabrede in Finanzie- rungsgrundpfandrechten 3. Übernahme von Grundpfandrechten D. Fazit A. Einleitung Das bedeutendste Mittel der Kreditsicherung ist die Grundschuld; sie hat die nach der gesetzlichen Rege- lungstechnik im Vordergrund stehende Hypothek 1 seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Grund- pfandrecht verdrängt. 2 Wesentlicher Grund hierfür sind die vielfältigen praktischen Einsatzmöglichkeiten der Grundschuld, die wiederum durch ihre Abstraktheit be- dingt sind. 3 Anders als die Hypothek ist die Grund- schuld nämlich bekanntlich nicht akzessorisch, sondern gewährt ein von einer zu sichernden schuldrechtlichen Forderung im Ausgangspunkt unabhängiges Verwer- tungsrecht. 4 Die nach dem gesetzlichen Rechtsinhalt (§ 1191 BGB) geschuldete Zahlung einer Geldsumme aus dem Grundstück 5 braucht mithin nicht der Befriedi- gung einer Forderung zu dienen; dient sie ihr – wie re- gelmäßig – dennoch, so ist diese (Sicherungs-) Grund- schuld (§ 1192 Abs. 1 a BGB) gleichwohl nicht von der Forderung abhängig. 6 Die notwendig werdende Verknüpfung zwischen ab- straktem Sicherungsmittel und gesicherter Forderung wird durch den sog. Sicherungsvertrag (auch Siche- rungsabrede oder Zweckerklärung genannt) hergestellt. Er stellt sich als schuldrechtlich wirkendes Bindeglied zwischen abstrakter dinglicher Sicherheit und Forde- rung dar. Ein zentrales Element eines jeden solchen Si- * Der Verfasser ist Referent beim Deutschen Notarinstitut in Würzburg. Der nachfolgende Beitrag gibt weder die Meinung des Notarinstituts noch der Bundesnotarkammer wieder. 1 § 1192 BGB erklärt die für die Hypothek geltenden Vorschriften (§§ 1113 ff. BGB) auf die Grundschuld für entsprechend anwendbar. Sofern im Folgenden Bestimmungen aus dem Hypothekenrecht zi- tiert werden, wird aus Vereinfachungsgründen von der Nennung von § 1192 BGB abgesehen. 2 Siehe nur Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grund- schulden, 9. Auflage 2011, Rn. 7 (dort Fn. 6). 3 Statt aller Reithmann, DNotZ 1982, 67 ff. 4 Freilich ist die Abstraktheit zwischenzeitlich durch die durch das Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 12. 8. 2008 (BGBl. I S. 1666) geschaffene Bestimmung des § 1192 Abs. 1 a BGB erheblich relati- viert worden; kritisch zur Neuregelung Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 2009, Einl. §§ 1113 ff. Rn. 33 ff.; Vorbem. §§ 1191 ff. Rn 24 ff., insbes. 27 f.; § 1192 Rn. 31 ff. („politisch motivierter Schnellschuss [. . .], durch den das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden ist“); auf- geschlossen demgegenüber etwa Zetzsche, AcP 209 (2009), 543, 576 (Die Neuregelung ist „zu begrüßen: § 1192 Abs. 1 a verleiht der Sicherungsgrundschuld dogmatische Kontur.“); s. auch BeckOK- BGB/Rohe, Stand: 1. 2. 2012, § 1192 Rn. 147 (Der Eingriff betrifft „eher die rechtsdogmatische Ebene als die bestehende Praxis.“). 5 Der Eigentümer ist nicht zur Zahlung, sondern nur zur Duldung der Verwertung (§ 1147 BGB) verpflichtet. 6 Statt aller Palandt/Bassenge, BGB, 71. Auflage 2012, § 1191 Rn. 13. Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden RNotZ 2012, Heft 5 199 RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. – S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 199/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

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Page 1: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und ausgewählteProbleme notarieller Vertragsgestaltung

Notarassessor Dr. Philipp Müller (Würzburg)*

A. Einleitung

B. Grundlagen

I. Rechtsgrund: Die Sicherungsabrede

II. Voraussetzungen und Inhalt des Rückge-währanspruchs1. Der Wegfall des Sicherungszwecks2. Enge und weite Sicherungszweck-

erklärung3. Inhalt des Rückgewähranspruchs:

Aufhebung, Verzicht, Abtretung4. Wahlrecht des Sicherungsgebers5. Fortsetzung des Rückgewähranspruchs

im Zwangsversteigerungsverfahren6. Möglichkeiten zur vertraglichen Ein-

schränkung des Rückgewähranspruchs

III. Schuldner/Gläubiger des Rückgewähr-anspruchs1. Identität von Kreditnehmer und Eigen-

tümer2. Personenverschiedenheit von Kredit-

nehmer und Eigentümer3. Konsequenzen für die Praxis

IV. Einredemöglichkeit gegen die Grundschuld1. Grundlagen2. Verhältnis zum gesetzlichen Verzichts-

anspruch nach § 1169 BGB3. Schicksal der Einrede bei Zession der

Grundschuld

V. Verjährung

VI. Befugnis zur Revalutierung1. Anknüpfung an den Inhalt der Siche-

rungsabrede2. Auswirkungen auf die Insolvenzfestigkeit

der Abtretung

VII. Der Rückgewähranspruch – ein verkehrs-fähiges Vermögensrecht1. Abtretung2. Pfändung

C. Der Rückgewähranspruch in der notariellenVertragsgestaltung

I. Der Rückgewähranspruch als Sicherungs-mittel1. Regelmäßig nur geringer eigenständiger

Sicherungswert2. Anwendungsfelder3. Schutzvorkehrungen im Rahmen der

Abtretung

II. Sicherung des Rückgewähranspruchs1. Durch § 1192 Abs. 1 a BGB vermitteltes

Schutzniveau2. Möglichkeit der Vormerkungssicherung3. Anwendungsfelder

III. Gefahren für die Vertragsabwicklung und-gestaltung

1. Schutzmaßnahmen bei drohenderPfändung des Rückgewähranspruchs

2. Sicherungszweckabrede in Finanzie-rungsgrundpfandrechten

3. Übernahme von Grundpfandrechten

D. Fazit

A. Einleitung

Das bedeutendste Mittel der Kreditsicherung ist dieGrundschuld; sie hat die nach der gesetzlichen Rege-lungstechnik im Vordergrund stehende Hypothek1 seitder zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Grund-pfandrecht verdrängt.2 Wesentlicher Grund hierfür sinddie vielfältigen praktischen Einsatzmöglichkeiten derGrundschuld, die wiederum durch ihre Abstraktheit be-dingt sind.3 Anders als die Hypothek ist die Grund-schuld nämlich bekanntlich nicht akzessorisch, sonderngewährt ein von einer zu sichernden schuldrechtlichenForderung im Ausgangspunkt unabhängiges Verwer-tungsrecht.4 Die nach dem gesetzlichen Rechtsinhalt(§ 1191 BGB) geschuldete Zahlung einer Geldsummeaus dem Grundstück5 braucht mithin nicht der Befriedi-gung einer Forderung zu dienen; dient sie ihr – wie re-gelmäßig – dennoch, so ist diese (Sicherungs-) Grund-schuld (§ 1192 Abs. 1 a BGB) gleichwohl nicht von derForderung abhängig.6

Die notwendig werdende Verknüpfung zwischen ab-straktem Sicherungsmittel und gesicherter Forderungwird durch den sog. Sicherungsvertrag (auch Siche-rungsabrede oder Zweckerklärung genannt) hergestellt.Er stellt sich als schuldrechtlich wirkendes Bindegliedzwischen abstrakter dinglicher Sicherheit und Forde-rung dar. Ein zentrales Element eines jeden solchen Si-

* Der Verfasser ist Referent beim Deutschen Notarinstitut in Würzburg.Der nachfolgende Beitrag gibt weder die Meinung des Notarinstitutsnoch der Bundesnotarkammer wieder.

1 § 1192 BGB erklärt die für die Hypothek geltenden Vorschriften(§§ 1113 ff. BGB) auf die Grundschuld für entsprechend anwendbar.Sofern im Folgenden Bestimmungen aus dem Hypothekenrecht zi-tiert werden, wird aus Vereinfachungsgründen von der Nennung von§ 1192 BGB abgesehen.

2 Siehe nur Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grund-schulden, 9. Auflage 2011, Rn. 7 (dort Fn. 6).

3 Statt aller Reithmann, DNotZ 1982, 67 ff.4 Freilich ist die Abstraktheit zwischenzeitlich durch die durch das

Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenenRisiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 12. 8. 2008 (BGBl. I S. 1666)geschaffene Bestimmung des § 1192 Abs. 1 a BGB erheblich relati-viert worden; kritisch zur Neuregelung Staudinger/Wolfsteiner, BGB,2009, Einl. §§ 1113 ff. Rn. 33 ff.; Vorbem. §§ 1191 ff. Rn 24 ff., insbes.27 f.; § 1192 Rn. 31 ff. („politisch motivierter Schnellschuss [. . .],durch den das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden ist“); auf-geschlossen demgegenüber etwa Zetzsche, AcP 209 (2009), 543,576 (Die Neuregelung ist „zu begrüßen: § 1192 Abs. 1 a verleiht derSicherungsgrundschuld dogmatische Kontur.“); s. auch BeckOK-BGB/Rohe, Stand: 1. 2. 2012, § 1192 Rn. 147 (Der Eingriff betrifft„eher die rechtsdogmatische Ebene als die bestehende Praxis.“).

5 Der Eigentümer ist nicht zur Zahlung, sondern nur zur Duldung derVerwertung (§ 1147 BGB) verpflichtet.

6 Statt aller Palandt/Bassenge, BGB, 71. Auflage 2012, § 1191 Rn. 13.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden RNotZ 2012, Heft 5 199

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 199/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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cherungsvertrages ist die Frage, wann und unter wel-chen Umständen der Sicherungsnehmer dem Siche-rungsgeber die Sicherheit zurückgewähren muss. DieseFrage nach dem Rückgewähranspruch bei Grund-schulden steht im Zentrum des folgenden Beitrages.Damit sei zugleich der Gegenstand der Untersuchungnäher eingegrenzt: So liegen gesetzliche Ansprüche aufRückgewähr von Grundschulden, so etwa gemäß § 812BGB im Falle der Nichtigkeit des Sicherungsvertrages,7

außerhalb der folgenden Betrachtungen.

Angeknüpft an die Sicherungsabrede ist der Rückge-währanspruch obligatorischer Natur. Bis zu seinerDurchsetzung bewirkt er keine Änderung der dinglichenRechtslage und damit insbesondere kein Recht auf Be-friedigung aus dem Grundstück.8 Gleichwohl ist er – wiesich im Folgenden zeigen wird – von erheblicher wirt-schaftlicher und rechtlicher Bedeutung. Damit aber ge-bührt ihm zugleich die gesteigerte Aufmerksamkeit vor-sorgender notarieller Rechtsgestaltung. Im Folgendensollen daher zunächst die rechtlichen Grundlagen desRückgewähranspruchs begrifflich und systematischaufgearbeitet werden (unten B), um auf dieser Basisausgewählte Problemlagen in der notariellen Gestal-tungspraxis auszuleuchten und diese aufzulösen (un-ten C).

B. Grundlagen

I. Rechtsgrund: Die Sicherungsabrede

Wie bereits angesprochen, findet der Rückgewähran-spruch seinen Rechtsgrund in der – grundsätzlichformfreien9 – Sicherungsabrede, deren essentieller Be-standteil er ist. Aus ihr ergibt sich nämlich nicht nur dieVerpflichtung des Sicherungsgebers zur Bestellung undBelassung der Grundschuld, sondern auch die Be-schränkung der Befugnisse des Sicherungsnehmers aufden Sicherungszweck. Unter letzterem Gesichtspunktaber regelt die Sicherungsabrede zum einen, unter wel-chen Voraussetzungen und wie der Grundschuldgläu-biger die Grundschuld zu seiner Befriedigung verwertendarf, während sie zum anderen – gewissermaßen um-gekehrt – auch Aussagen dazu bereithält, wann und wiedie Sicherheit zurückzugewähren ist.10

Wie elementar dieser Rückgewähranspruch mit der Si-cherungsabrede als Treuhandverhältnis verbunden ist,lässt sich dabei daran ablesen, dass der Anspruch nichtetwa ausgeschlossen werden kann – weder formular-noch individualvertraglich.11 Dementsprechend ist esauch ohne Belang, ob der Anspruch in dem Siche-rungsvertrag ausdrücklich genannt wird oder nicht. Erfolgt schlicht aus dem Wesen der Grundschuld als fidu-ziarischer Sicherheit. Denn eine jede solche Sicherheitdarf nach Erledigung des Sicherungszwecks nicht etwabehalten werden, sondern ist zurückzugewähren.12

II. Voraussetzungen und Inhalt desRückgewähranspruchs

1. Der Wegfall des Sicherungszwecks

Ist daher der nach Maßgabe der Sicherungsabrede zubeurteilende Sicherungszweck endgültig entfallen,

muss der Sicherungsnehmer die Grundschuld zurück-gewähren.13 Wegen anderer als von der Sicherungs-abrede umfasster Forderungen darf er die Grundschuldnicht zurückbehalten.14 Damit kommt dem Umfang derSicherungsabrede für die Frage der Entstehung15 desRückgewähranspruchs maßgebliche Bedeutung zu: Jeenger die Sicherungsabrede gefasst ist, desto schnellergelangt der Rückgewähranspruch zur Entstehung undumgekehrt.16

Ist die Sicherungsabrede eng gefasst oder hat sich derSicherungszweck eines ursprünglich nicht eng ge-fassten Sicherungsvertrages auf die jeweiligen Forde-rungen konkretisiert,17 so entsteht ein Anspruch aufRückgewähr eines Teils der Grundschuld schon dann,wenn die gesicherte Forderung nur zum Teil getilgt ist.Hierfür muss sich die nachträgliche Übersicherung frei-lich als endgültig erweisen.18 Im Zweifel ist dann näm-lich davon auszugehen, dass der Sicherungszweck in-soweit entfallen ist.19

2. Enge und weite Sicherungszweckerklärung

Für die Entstehung des Rückgewähranspruchs es-sentiell ist vor diesem Hintergrund die Unterscheidungzwischen engem und weitem Sicherungszweck:20 Sokann ein (enger) Zweck der Grundschuldbestellungdarin bestehen, lediglich Ansprüche aus einem (odermehreren) ganz bestimmten Rechtsverhältnis(sen) zusichern, etwa nur eine einzelne Darlehensforderung. Inder engen Sicherungsabrede werden diese Ansprüchekonkret bezeichnet. Auf andere als die ausdrücklich ge-nannten Forderungen erstreckt sich die Sicherungs-wirkung – von Zinsansprüchen21 sowie typischen Er-

7 Vgl. nur BGH, Rpfleger 1958, 51 mit Anm. Bruhn; BGH, Rpfleger1985, 103; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Auflage 2008,Rn. 2335 a.E.

8 Vgl. statt aller Erman/Wenzel, BGB, 13. Aufl. 2011, § 1191 Rn. 61.9 Allerdings besteht nach der Rspr. des BGH (WM 1989, 1926, 1928)

eine Beurkundungsvermutung iSv § 154 Abs. 2 BGB, vgl. nur Er-man/Wenzel (Fn. 8), § 1191 Rn. 11.

10 Zu den wesentlichen Inhalten der Sicherungsabrede siehe nurMunzig, in: Würzburger Notarhandbuch, 2. Auflage 2010, Teil 2Kap. 10 Rn. 72; instruktiv auch Schöner/Stöber (Fn. 7), Rn. 2320.

11 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 754; Staudinger/Wolfsteiner(Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 141, 156 m. w. N.

12 Vgl. mit Blick auf fiduziarische Sicherheiten allgemein nur BGHZ137, 212; BGHZ 133, 25; speziell zum Rückgewähranspruch s.auch Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 723, 754, 756 m. w. N.

13 Bspe. für den Fortfall des Sicherungszwecks: Erlöschen oder end-gültiges Nichtentstehen sämtlicher auch nur potentiell gesicherterForderungen; Zeitablauf (ggf. nach Kündigung); Aufzählung nachStaudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 146, nachdessen Begriffsverständnis (vgl. unten Fn. 15) hierdurch der Siche-rungsvertrag endet und der Rückgewähranspruch fällig wird.

14 BGH, DNotZ 2000, 700: Kein Zurückbehaltungsrecht nach § 273BGB; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 667.

15 Ob der Anspruch durch den Wegfall des Sicherungszwecks auf-schiebend bedingt (h. M.: BGH, NJW 2012, 229 m. w. N.; Erman/Wenzel (Fn. 8), § 1191 Rn. 61) oder bis dahin lediglich nicht fälligist (dafür Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff.Rn. 145 f.), ist streitig.

16 Vgl. nur Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 667 ff.17 Vgl. näher sogleich unten B II 2.18 BGH, NJW 1984, 169, 171; BGH, NJW 2012, 229, 230.19 BGH, NJW-RR 1990, 455; BGH, NJW 2012, 229, 230.20 Vgl. zuletzt nur Kesseler, NJW 2012, 577, 578.21 Für Zinsen vgl. BGHZ 134, 195 = NJW 1997, 522; Erman/Wenzel

(Fn. 8), § 1191 Rn. 18.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden200 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 200/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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satzansprüchen22 nach Maßgabe des Inhalts der Si-cherungsabrede im Einzelfall abgesehen – nicht.23

Mit der Grundschuld kann aber auch – neben oder an-stelle einzelner Forderungen – eine Vielzahl ver-schiedener, noch nicht einmal ihrem Rechtsgrund nachbereiteter Forderungen gesichert werden.24 Der sa-chenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz gilt insoweitnicht, so dass konstruktiv auch sämtliche (künftigen)Forderungen gegen einen bestimmten Schuldner si-cherbar sind.25 Allerdings werden bankübliche Formu-lare regelmäßig einschränkend dahingehend formuliert,dass lediglich Forderungen „aus der bankmäßigen Ge-schäftsverbindung“ erfasst sind.26 Fehlt eine entspre-chende Einschränkung, so ergibt sie sich nach derRechtsprechung des BGH im Wege der Auslegung.27

Bekanntlich28 kann eine solche weite Sicherungsabredeproblemlos nur dann eingesetzt werden, wenn – wiezumeist – Schuldner und Eigentümer personenidentischsind, nicht jedoch dann, wenn die Grundschuld durchden vom persönlichen Schuldner verschiedenen Eigen-tümer, also zur Besicherung fremder Verbindlichkeiten,bestellt (oder abgetreten) wird. In letzteren Fällen hältder BGH eine formularmäßig weite Erstreckung des Si-cherungszwecks über den konkreten Anlass der Si-cherheitengestellung hinaus im Regelfall29 für über-raschend (§ 305 c BGB) und daher für nicht wirksameinbezogen.30

Im Übrigen kann sich eine weite Sicherungsabrede auchauf die jeweils konkret gesicherten Forderungen kon-zentrieren. Dies kann insbesondere Folge einer – jeder-zeit möglichen – Kündigung der Sicherungsabredesein;31 eine Konzentration auf die bestehende Rest-schuld kann sich aber auch infolge Beendigung derGeschäftsbeziehung, also Kündigung der Darlehens-verträge, ergeben.32 Dogmatische Grundlage hierfür istdabei nach der Rechtsprechung des BGH eine „zweck-entsprechende Auslegung“ des Sicherungsvertrags.33

3. Inhalt des Rückgewähranspruchs:Aufhebung, Verzicht, Abtretung

Schuldet der Sicherungsnehmer hiernach Rückgewährder Sicherheit, so richtet sich der Rückgewähranspruchnach Wahl des Sicherungsgebers (§ 262 BGB)34 inhalt-lich auf Aufhebung („Löschung“, §§ 875, 1183 BGB),Verzicht (§ 1168 BGB) oder Abtretung (§ 1154 BGB) anihn oder einen von ihm zu benennenden Dritten.35 Dabeiführt die Erfüllung des Rückgewähranspruchs durchVerzicht (§ 1168 BGB)36 oder durch Abtretung derGrundschuld an den Sicherungsgeber, der Grund-stückseigentümer ist, zur Entstehung einer Eigentümer-grundschuld. Allein an einer solchen Eigentümergrund-schuld kann ein gesetzlicher Löschungsanspruch(§§ 1179 a, b BGB) gleich- oder nachrangiger Grund-pfandrechtsgläubiger entstehen.37

4. Wahlrecht des Sicherungsgebers

Zwischen den verschiedenen Möglichkeiten der Rück-gewähr hat der Sicherungsgeber – abweichend von dergesetzlichen Vermutung des § 262 BGB38 – die Wahl.39

Die Ausübung des Wahlrechts führt dabei zur Veren-gung des Rückgewähranspruchs auf die gewählte

Rückgewährmodalität, § 263 Abs. 2 BGB.40 An eineeinmal ausgeübte Wahl ist er gebunden, so wie umge-kehrt auch der Sicherungsnehmer an die Wahl durchden Sicherungsgeber gebunden ist; daher kann eineRückgewähr der Grundschuld in anderer als durch denSicherungsgeber gewählter Weise zu Schadenersatz-ansprüchen des Sicherungsgebers führen.41

5. Fortsetzung des Rückgewähranspruchs imZwangsversteigerungsverfahren

Da der lediglich schuldrechtlich wirkende Rückgewähr-anspruch bis zu seiner Erfüllung im Übrigen keine Än-derung der dinglichen Rechtslage bewirkt, bleibt derSicherungsnehmer als Schuldner des Rückgewähran-spruchs bis dahin Inhaber der Grundschuld.42 Erlischt

22 Für Bereicherungsansprüche bei Nichtigkeit des primären Schuld-verhältnisses vgl. BGH, NJW 2004, 158; NJW-RR 2000, 1431;MünchKomm/Eickmann, BGB, 5. Aufl. 2009, § 1191 Rn. 78; Stau-dinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 21, 45; Gaber-diel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 667; jeweils m. w. N.; dies gilt selbst-verständlich nicht, wenn die Grundschuldbestellung bei Erfüllungeines wucherischen Geschäfts selbst sittenwidrig-nichtig ist, vgl.statt aller Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff.Rn. 20.

23 Vgl. ablehnend mit Blick auf Prozesskosten (allerdings bei weiterSicherungsabrede) BGH, NJW-RR 1998, 190.

24 Statt aller Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 668.25 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 44.26 Vgl. Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 668 mit den in Fn. 51 in Be-

zug genommenen Formularen.27 BGHZ 101, 29, 33 ff. = NJW 1987, 2228 f.; NJW 1991, 1063, 1064;

zur Bedeutung der Einschränkung vgl. etwa BGH, NJW-RR 1998,190: Prozesskosten haben ihren Grund nicht in der durch die Si-cherungsabrede geschützten „bankmäßigen Geschäftsverbin-dung“, wohl aber wiederum Ersatzansprüche, etwa aus Be-reicherungsrecht; eingehend zum Sicherungsumfang Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 667 ff., 669 ff.; vgl. weitergehend auchStaudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 45.

28 Instruktiv der Überblick bei Amann, in: Beck’sches Notarhandbuch,5. Auflage 2009, A VI Rn. 36 ff.; vgl. zu den verschiedenen denk-baren Fallgruppen eingehend auch Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4),Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 60 ff.; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),Rn. 682 ff.

29 Eingehend zu den Ausnahmefällen (insbesondere unter dem Toposder engen persönlichen und wirtschaftlichen Verbundenheit) Ga-berdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 692 ff.

30 Grundlegend BGH, DNotZ 1982, 314; st. Rspr., vgl. nur DNotZ1992, 562 m. w. N.; § 307 BGB soll demgegenüber nach derRechtsprechung mangels gesetzlichen Leitbildes keine Anwen-dung finden, so aber die wohl h. M. in der Literatur, vgl. nur die ein-gehende Darstellung bei Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem.§§ 1191 ff. Rn. 53 ff., 56 ff.

31 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 602 ff.32 BGH, NJW 2012, 229, 230; vgl. dazu jüngst Kesseler, NJW 2012,

577, 578 sowie bereits Kesseler, NJW 2007, 3466, 3468.33 BGH, NJW 2012, 229, 231, dort auch mit die Dichotomie von enger

und weiter Sicherungszweckvereinbarung letztlich auflösendenÜberlegungen zur Rückverwandlung eines bereits entstandenenRückgewähranspruchs in einen aufschiebend bedingten, vgl. zurKritik Kesseler, NJW 2012, 577, 579.

34 Vgl. dazu sogleich unten B II 4.35 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 153.36 Vgl. für den objektbezogenen Teilverzicht (Freigabe) bei der Ge-

samtgrundschuld aber die das Erlöschen des Grundpfandrechtsanordnende Ausnahmebestimmung (Palandt/Bassenge (Fn. 6),§ 1168 Rn. 5) des § 1175 Abs. 1 Satz 2 BGB.

37 Vgl. Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 748; Dörrie, ZfIR 1999, 717,720 f.

38 Vgl. nur Erman/Wenzel (Fn. 8), § 1191 Rn. 62.39 BGHZ 108, 237, 244 = NJW 1989, 2536; BGH, NJW 1989, 2710,

2711.40 Vgl. nur Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 153.41 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 748, 779.42 Vgl. schon oben unter A.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden RNotZ 2012, Heft 5 201

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 201/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Page 4: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

die Grundschuld im Rahmen der Zwangsversteigerungmit der Erteilung des Zuschlags, setzt sich der Rückge-währanspruch kraft Surrogation an dem an die Stelle derGrundschuld getretenen Erlösanspruch – als Anspruchauf den Übererlös – fort.43 Obwohl schuldrechtlicherAnspruch, gewährt er dem Rückgewährberechtigtendabei nach für die Praxis maßgeblicher Auffassung desBundesgerichtshofs im Rahmen des Verteilungsverfah-rens ein Widerspruchsrecht gegen die Aufstellung desTeilungsplanes.44

6. Möglichkeiten zur vertraglichenEinschränkung des Rückgewähranspruchs

Der solchermaßen inhaltlich umrissene Rückgewähran-spruch geht allein durch den Verlust des Eigentums –gleich ob kraft Rechtsgeschäfts oder durch Zu-schlagserteilung in der Zwangsversteigerung – nicht aufden neuen Eigentümer über.45 Die an der Sicherungs-abrede beteiligten Personen wechseln nicht.46

a) Verengung des Rückgewähranspruchs aufAbtretung versus vertragliche Beschränkungauf Löschung oder Verzicht

Könnte der Rückgewähranspruch in diesem Falle alleindurch Löschung oder Verzicht erfüllt werden, so käme erausschließlich dem neuen Eigentümer zugute.47 Na-mentlich für den Erwerb durch Zuschlag in derZwangsversteigerung hat daher der Bundesgerichtshofentschieden, dass sich der Rückgewähranspruch imFall der Personenverschiedenheit von Sicherungsgeber(früherem Eigentümer) einerseits und neuem Eigen-tümer andererseits auf die Modalität der Abtretung anersteren verengt.48 Entgegenstehende Vereinbarungen(Verengung auf Löschung und/oder Verzicht) in Formu-larverträgen sind wegen unangemessener Benachteili-gung des Sicherungsgebers unwirksam.49 Und selbstindividualvertraglich ist – wie bereits angesprochen50 –keine Abweichung möglich.51

Höchstrichterlich nicht geklärt52 ist demgegenüber dieFrage, ob die formularmäßige Beschränkung desRückgewähranspruchs auf den Löschungs- und/oderVerzichtsanspruch wirksam für den Fall der Identität vonSicherungsgeber und Grundstückseigentümer verein-bart werden kann. Teilweise wird dies generell für wirk-sam gehalten.53 Der Rückgewähranspruch könne näm-lich in diesem Fall durch Verzicht oder Löschung „erfüllt“werden.54 Im Falle mehrfacher Belastung des Grund-stücks werde der Eigentümer seine Rückgewähran-sprüche im Übrigen regelmäßig an die Inhaber nach-rangiger Grundpfandrechte abgetreten haben.55 AlsMittel zur wiederholten Kreditsicherung eigne sich eineGrundschuld damit in diesem (Regel-) Falle für dieDauer der Abtretung ohnehin nicht.56

Wohl überwiegend wird demgegenüber indes zu Recht– von Besonderheiten abgesehen57 – die formularmä-ßige Beschränkung des Rückgewähranspruchs auf Lö-schung und/oder Verzicht auch für den Fall der Identitätvon Sicherungsgeber und Eigentümer für unwirksamgehalten.58 Denn die Beschränkung des Rückgewähr-anspruchs vereitelt generell die der Grundschuld inne-wohnende Möglichkeit, sie durch Abtretung an einenneuen Gläubiger/Sicherungsnehmer als Mittel der wie-

derholten Kreditsicherung zu verwenden.59 Allein dassder Anspruch auf Rückgewähr des Grundpfandrechtsoftmals formularmäßig an weitere Grundpfandrechts-gläubiger abgetreten ist, vermag keine andere Ent-scheidung zu rechtfertigen. Nicht nur liegt dieser Ge-sichtspunkt nämlich außerhalb des Vertragsverhältnis-ses zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsneh-mer;60 er ändert bei generalisierender Betrachtungs-weise auch nichts daran, dass der Ausschluss derAbtretbarkeit für den Sicherungsgeber keinen greif-baren Vorteil bietet. Vielmehr versetzt die Beschränkungdes Rückgewähranspruchs den Grundschuldgläubigerin die Lage, „(auch eigennützig) über die Rangstelle [zu]verfügen, anstatt sie dem Eigentümer zurückzuer-statten.“61 Denn durch Löschung der Grundschuld rük-ken nachrangige Gläubiger, mitunter also auch der Si-cherungsnehmer selbst, unmittelbar auf. Und durchVerzicht auf das Grundpfandrecht kann der Gläubigerdas wirtschaftlich identische Ergebnis erzielen, indem ersich selbst den eigenen Löschungsanspruch nach§ 1179 b BGB oder aber anderen Grundpfandrechts-gläubigern denjenigen aus § 1179 a BGB verschafft.62

43 St. Rspr.; BGHZ 98, BGHZ 98, 256, 261; BGH, NJW-RR 1991,1197; BGH, DNotZ 1993, 112.

44 BGHZ 108, 237, 247; kritisch Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2)Rn. 1145 m. w. N. zur in der Literatur vertretenen Gegenansicht.

45 So schon BGH LM Nr. 1 zu § 1169 BGB; BGHZ 97, 280; aus derLiteratur s. nur Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1191 Rn. 16, 26; Schö-ner/Stöber (Fn. 7), Rn. 2335.

46 Zu Besonderheiten bei der Übernahme von Grundpfandrechtenvgl. noch unten C III 3.

47 Vgl. jüngst auch Kesseler, NJW 2012, 577, 580.48 BGHZ 106, 375 für den Eigentumswechsel durch Zuschlag in der

Zwangsversteigerung.49 BGHZ 106, 375.50 Vgl. oben B I.51 Daneben sind auch noch weitere Konstellationen denkbar, in denen

die Grundschuld bei Beschränkung des Rückgewähranspruchs aufdie Varianten der Aufhebung und des Verzichts nicht an den mate-riell Berechtigten zurückgegeben werden könnte. So erwirbt etwanach BGH (WM 1989, 1 804 m.H.a. BGHZ 108, 179; dieses so-wie weitere Bspe. bei Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem.§§ 1191 ff. Rn. 158) der Bürge einer durch Grundschuld gesichertenForderung – so er in Anspruch genommen wird – den Anspruch aufRückgewähr der Grundschuld. Wäre dieser alleine auf Verzicht oderLöschung beschränkt, so käme der in der Grundschuld verkörperteWert nicht ihm zugute; vgl. auch Kesseler, NJW 2012, 577, 580.

52 Ausdrücklich offen gelassen jüngst durch BGH, DNotZ 2011, 365,367 f. mit Anm. Kesseler.

53 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 756 ff.; Erman/Wenzel (Fn. 8),§ 1191 Rn. 66.

54 Erman/Wenzel (Fn. 8), § 1191 Rn. 66.55 Vgl. dazu noch unten B VII 1 a.56 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 757; Erman/Wenzel (Fn. 8),

§ 1191 Rn. 66.57 Etwa bei der Bauträgerfinanzierung, dazu Clemente, Recht der Si-

cherungsgrundschuld, 4. Aufl. 2008, Rn. 586 oder bei Finanzie-rungsgrundpfandrechten, vgl. noch unten C III 2 c.

58 Clemente (Fn. 57), Rn. 576 ff. m. w. N.; Otten, Sicherungsvertragund Zweckerklärung, 2003, Rn. 674 ff.; Staudinger/Wolfsteiner(Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 157 unter Aufgabe der noch in derVorauflage vertretenen Gegenauffassung; MünchKomm/Eickmann(Fn. 22), § 1191 Rn. 131; jüngst auch Kesseler, NJW 2012, 577, 580.

59 So insbesondere Clemente, ZfIR 1997, 127, 131; Staudinger/Wolf-steiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 157; MünchKomm/Eick-mann (Fn. 22), § 1191 Rn. 131.

60 Clemente (Fn. 57), Rn. 580.61 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 157.62 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 157.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden202 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 202/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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b) Beschränkung der Verwertungspflicht durchHöhe der gesicherten Forderung?

In banküblichen Formularen findet sich weiterhin die derSache nach ebenfalls den Rückgewähranspruch be-schränkende Klausel, dass der Gläubiger nicht ver-pflichtet ist, in Zwangsversteigerung (und Zwangs-verwaltung) Beträge über den gesicherten Anspruchhinaus geltend zu machen, sondern insoweit berechtigtist, auf die Grundschuld zu verzichten.63 Ob eine derar-tige Beschränkung der Verpflichtung zur Geltendma-chung von Beträgen über den gesicherten Anspruchhinaus – zumal formularvertraglich – wirksam vereinbartwerden kann, ist mit Blick auf die grundsätzlich aus demTreuhandcharakter des Sicherungsvertrages folgendeVerpflichtung zur Beachtung der Interessen des Siche-rungsgebers lebhaft umstritten.64 Der BGH hat in die-sem Kontext die Frage, ob der Gläubiger einer nichtmehr voll valutierten Grundschuld die zur Tilgung dergesicherten Schuld nicht benötigten Grundschuld-zinsen zugunsten des Sicherungsgebers geltend ma-chen muss, noch vor kurzem offen gelassen.65 Andersals das OLG München66 als Berufungsinstanz nimmt erdabei an, dass bei der Ablösung einer nach Verstei-gerung bestehen gebliebenen Grundschuld durch denneuen Eigentümer keine Verpflichtung zur Geltendma-chung von Grundschuldzinsen seit dem Tage des Zu-schlags bestehe, wenn der persönliche Schuldner vondieser Schuld vollständig befreit werde. Die Entschei-dung des BGH wird dabei aus sich heraus teils als nichtüberzeugend begründet angesehen.67 Immerhin stehtwohl – anders als dies eine zumindest missverständlichformulierte zentrale Passage68 zunächst vermuten ließe– nicht zu befürchten, dass der Grundschuldgläubigergenerell zur Aufgabe des Sicherungsguts weit unterWert berechtigt sei.69 Gleichwohl dürfte die Entschei-dung wohl eher Rechtsunsicherheit schüren.70

III. Schuldner/Gläubiger desRückgewähranspruchs

An der Sicherungsabrede beteiligt sind Sicherungs-geber und Sicherungsnehmer. Rückgewähr der Grund-schuld kann daher – ungeachtet der Möglichkeit, Dritteneinen Anspruch auf Rückgewähr vertraglich einzuräu-men (§§ 328 ff. BGB)71 – der Sicherungsgeber als der-jenige, der die Grundschuld als Sicherheit zur Verfügungstellt, von demjenigen verlangen, der sie entgegenge-nommen hat.72

1. Identität von Kreditnehmer und Eigentümer

Übersichtlich gestaltet sich das hiermit abstrakt um-schriebene Gefüge aus Gläubiger und Schuldner desRückgewähranspruchs im Regelfall der Identität vonKreditnehmer und Grundstückseigentümer einerseitssowie Kreditgeber und Begünstigtem der Grundpfand-rechtsbestellung andererseits. Hier nämlich ist derSchuldner der persönlichen Forderung als Eigentümerdes betroffenen Grundstücks auch Sicherungsgeber,also Gläubiger des Rückgewähranspruchs, und derGläubiger der persönlichen Forderung Sicherungs-nehmer, also Schuldner des Rückgewähranspruchs.73

2. Personenverschiedenheit von Kreditnehmerund Eigentümer

Schwierigkeiten bereitet die Bestimmung der Persondes Sicherungsgebers und Sicherungsnehmers prak-tisch jedoch deshalb nicht selten, weil weder der Gläu-biger der gesicherten Forderung mit dem Sicherungs-nehmer74 noch der Sicherungsgeber mit dem Schuld-ner der persönlichen Forderung identisch sein müs-sen.75 Zweifelhaft ist vor diesem Hintergrund nichtselten, wer Sicherungsgeber ist, wenn dem Siche-rungsnehmer einerseits der Schuldner der persönlichenForderung und andererseits der von diesem zu unter-scheidende Eigentümer des belasteten Grundstücksgegenüberstehen, wenn also m.a.W. Kreditnehmer undEigentümer nicht identisch sind.76

Im Ansatz eindeutig ist dabei, dass die Frage nach demSicherungsgeber als dem Gläubiger des Rückgewähr-anspruchs durch den Sicherungsvertrag bestimmt wird.Fehlen hierin ausdrückliche Festlegungen oder ist einVertragsverhältnis nur durch konkludentes Handeln be-gründet, ist demgemäß in den vorgenannten Fällen ein-zelfallspezifisch durch Auslegung zu ermitteln, wer Si-cherungsgeber ist. Entscheidende Bedeutung wirdhierbei dem Umstand beigemessen, wer dem Gläubigerdie Grundschuld verschafft.77

Häufig wird insoweit angenommen, dass dies typi-scherweise der Eigentümer als Besteller der Grund-schuld sei, ja dass gar eine abweichende Vereinbarung

63 Vgl. nur Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 760 m.H.a. zahlreicheFormulare im Anhang.

64 Bejahend etwa Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 760, 1148 ff.,1156; MünchKomm/Eickmann (Fn. 22), § 1191, Rn. 149; ver-neinend Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff.Rn. 122 ff.; Soergel/Konzen, BGB, 13. Auflage 2001, § 1191 Rn. 59;jeweils m. w. N.

65 BGH, DNotZ 2011, 365 mit abl. Anm. Kesseler; BGH, NJW 1981,1505, 1506; s. aber nunmehr BGH, WM 2012, 301: Keine Ver-pflichtung des die Zwangsversteigerung nicht betreibendenGrundschuldgläubigers, nicht angefallene Grundschuldzinsen indem Zwangsversteigerungsverfahren geltend zu machen.

66 ZfIR 2010, 632.67 Ablehnend insbesondere Kesseler, DNotZ 2011, 369; teils kritisch

auch Zimmer, ZfIR 2011, 407, 408 f.; vgl. auch Volmer, MittBayNot2011, 377, 379; Volmer, NJW 2011, 1500, 1502; Alff, Rpfleger 2011,357, 358.

68 Vgl. die zum Verständnis nötigen Erläuterungen bei Schmidt-Räntsch, ZNotP 2011, 402, 403 f.

69 So aber bei wörtlichem Verständnis konsequent Kesseler, DNotZ2011, 369, insbes. 373 ff.

70 So Volmer, MittBayNot 2011, 377, 379.71 Dazu näher Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff.

Rn. 142, 144 mit Nachw. aus der Rspr.72 Vgl. etwa BGH, NJW 1985, 800, 801; BGH, NJW 1989, 1732; BGH,

NJW 2010, 935.73 Nach Clemente (Fn. 57), Rn. 292, „versteht sich [dies] von selbst.“74 Vgl. nur Clemente (Fn. 57), Rn. 215 ff.; Gaberdiel/Gladenbeck

(Fn. 2) Rn. 992 ff.: Charakteristisch für diese Fälle ist eine doppelteTreuhänderstellung: Der Grundschuldgläubiger ist hier regelmäßigSicherungsnehmer im Verhältnis zum Eigentümer/Inhaber des ab-getretenen Grundpfandrechts; zugleich nimmt er aufgrund einerTreuhandabrede Interessen des persönlichen Gläubigers der For-derung wahr.

75 Dies ist der in der Praxis weitaus häufigere Fall, weshalb im Fol-genden allein diese Konstellation näher untersucht werden soll.

76 Vgl. zum Nachfolgenden auch die Darstellung bei Erman/Wenzel(Fn. 8), § 1191 Rn. 6 ff.

77 BGH, DNotZ 1992, 35, 36.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden RNotZ 2012, Heft 5 203

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 203/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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durch Formularvertrag nicht begründbar sei.78 Be-gründet wird dies maßgeblich mit der Erwägung, dasses im Regelfall den Vorstellungen der Beteiligten ent-spreche, die Grundschuld an den Eigentümer und nichtan den Schuldner der persönlichen Forderung zurück-zugewähren.79 Anders jedoch insbesondere die Recht-sprechung: So führte der BGH wiederholt aus, dass –mangels anderer Vereinbarung – in der Regel derSchuldner der persönlichen Forderung Sicherungs-geber sei.80 Schließlich sei er es, der seinem Gläubigerdie Grundschuld aufgrund schuldrechtlicher Abredenmit dem Eigentümer verschaffe. Dogmatisch stringent,stellt sich der Rechtserwerb aus Sicht des Gläubigersdemnach als „auf Geheiß“ des persönlichen Schuldnersveranlasst dar.81 Diesen Standpunkt bestätigte der BGHwiederholt,82 zuletzt im Jahre 2011.83

Die hieraus für den Eigentümer folgenden Gefahren lie-gen auf der Hand: Die Grundschuld ist nach Erledigungdes Sicherungszwecks nicht an ihn, sondern an den vonihm personenverschiedenen Schuldner zurückzuge-währen. Und der Umfang der fiduziarischen Zweckbin-dung, aus dem sich ergibt, wann der Sicherungszweckerledigt ist, wird rechtskonstruktiv ebenfalls nicht durchden Eigentümer, sondern den Schuldner bestimmt.84

Daher wird im Kern gegen die Auffassung des BGHschlicht vorgebracht, die Ansicht, dass – mangels an-derer Vereinbarung – regelmäßig der persönlicheSchuldner Sicherungsgeber sei, verkenne „evident dieInteressenlage beim Sicherungsgeber (scil. dem Eigen-tümer) und kann daher nicht richtig sein.“85

Indes lässt sich der Gefahr einer (formularmäßigen)Ausdehnung des Sicherungsumfangs über den kon-kreten Anlass der Grundschuldbestellung hinaus regel-mäßig durch eine konsequente Anwendung der§§ 305 ff. BGB begegnen: Eine weite Sicherungs-abrede86 wird in diesen Fällen schon deshalb über-raschend und damit nicht wirksam einbezogen (§ 305 cBGB) oder aber wegen unangemessener Benachteili-gung unwirksam (§ 307 Abs. 1 BGB) sein, weil sie denSchuldner und Sicherungsgeber regelmäßig zum Ver-tragsbruch mit dem Eigentümer verleiten wird.87 Vor al-lem aber verkennt die Gegenauffassung, dass – wie derBGH zu Recht betont88 – sich die Parteien des Siche-rungsvertrages unabhängig von sachenrechtlichen Ge-sichtspunkten bestimmen. Allein dass der Kreditnehmeran der zur Grundschuldbestellung nötigen dinglichenEinigung (§ 873 BGB) nicht beteiligt ist, ändert hiernachnichts daran, dass regelmäßig er es ist, der seinemGläubiger das Grundpfand anbietet und sich zur Be-schaffung verpflichtet.89

3. Konsequenzen für die Praxis

Für den Notar stellt sich in dieser Situation die Frage, ober den Eigentümer über die mit der Grundschuldbe-stellung zur Sicherung von Forderungen Dritter ein-hergehenden Gefahren zu belehren hat. Muss er etwadarauf achten, dass der Eigentümer die Sicherungs-abrede selbst schließt und diese auch möglichst engfasst? Oder hat er zumindest zur Abtretung von in derPerson des Schuldners der persönlichen Forderung alsSicherungsgeber verankerten Rückgewähransprüchenzu raten? Diese Fragen aufzuwerfen heißt sie regel-

mäßig zu verneinen: Die Prüfungs- und Belehrungs-pflicht des Notars gem. § 17 BeurkG bezieht sich imAusgangspunkt ausschließlich auf den Inhalt derGrundschuldbestellungsurkunde selbst.90 Über den In-halt des Sicherungsvertrags muss der Notar daher nurbelehren, wenn er Inhalt eben dieser Urkunde ist,91 wasaber bei Drittsicherungsfällen der hier in Rede stehen-den Art dann ausscheidet, wenn der an der Grund-schuldbestellung nicht beteiligte persönliche Schuldnerals Sicherungsgeber fungiert.

Nach allgemeinen Grundsätzen kann sich eine Belehr-ungspflicht des Notars daher unter dem Gesichtspunktder sog. allgemeinen Betreuungspflicht92 nur dann er-geben, wenn der Notar aufgrund objektiver UmständeAnlass zu der Besorgnis hat, einem Beteiligten droheSchaden. Dies wird nur ausnahmsweise der Fall sein:Für den Notar erschließt sich ja regelmäßig nicht einmal,dass die Grundschuld für die Schuld eines Dritten be-stellt werden soll; noch weniger weiß der Notar über dieParteien des Sicherungsvertrages. Zu einer eigen-ständigen Nachforschung ist er nicht verpflichtet.93 Trittder Drittsicherungscharakter demgegenüber aber aus-nahmsweise offen zu Tage, wird der Notar zum Schutzedes Eigentümers tätig werden müssen. Insoweit wirdjüngst vorgeschlagen, die Grundschuldbestellungsur-kunde in „offensichtlichen Drittsicherungsfällen (. . .) umdie Festlegung zu ergänzen, dass der Eigentümer alsSicherungsgeber der Grundschuld agiert.“94 Eine sol-che formularmäßige Bestimmung kann indes schnell zurKollision mit den zwischen Eigentümer, Kreditnehmer

78 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2) Rn. 645.; MünchKomm/Eickmann(Fn. 22), § 1191 Rn. 22; jüngst auch Volmer, MittBayNot 2011, 377,378; ausführlich Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, 5. Auflage2006, Rn. 1171 ff., 1174 ff.

79 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2) Rn. 645.; Staudinger/Wolfsteiner(Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 267 f.; MünchKomm/Eickmann(Fn. 22), § 1191 Rn. 22.

80 NJW 1989, 1732; NJW 2010, 935; Beschl. vom 27. 10. 2011 – V ZR64/11.

81 Clemente (Fn. 57), Rn. 295; vgl. Erman/Wenzel (Fn. 8), § 1191Rn. 7.

82 Übersicht bei Clemente (Fn. 57), Rn. 293 f.; die Auffassung desBGH stützend auch Clemente (Fn. 57), Rn. 293 ff. m. w. N.; Bülow,Recht der Kreditsicherheiten, 7. Auflage 2007, Rn. 55; Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1191 Rn. 16 (anders noch in der 69. Auflage).

83 Beschl. vom 27. 10. 2011 – V ZR 64/11.84 Vgl. in diesem Sinne Reinicke/Tiedtke, Rn. 1175; Gaberdiel/Gla-

denbeck (Fn. 2), Rn. 645; s. auch Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4),Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 268: „Diese Sicherungsform ist für den Ei-gentümer hochgefährlich, weil er völlig von der Loyalität desSchuldners abhängig ist.“

85 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 645; zustimmend Volmer, Mitt-BayNot 2011, 377, 378.

86 Dazu schon oben B II 2.87 Näher Clemente, BKR 2002, 975, 977 f.; Clemente (Fn. 57), Rn. 296,

Rn. 463 ff.; zustimmend zu diesem Ansatz Derleder/Knops/Bam-berger/Jacoby, Handbuch zum deutschen und europäischenBankrecht, 2004, § 18 Rn. 17 a.E.; zu dieser Konstellation liegt sei-tens des BGH jedoch – im Gegensatz zur formularmäßig weitenSicherungsabrede bei der Besicherung fremder Verbindlichkeitenund Identität von Sicherungsgeber und Eigentümer (dazu oben. . ..)– bislang kein Judikat vor.

88 BGH, NJW 2010, 935, 936 m.H.a. Clemente, ZIP 1990, 969, 970;vgl. auch Derleder/Knops/Bamberger/Otten (Fn. 87), § 17 Rn. 5.

89 BGH, NJW 2010, 935; Clemente (Fn. 57), Rn. 295.90 Sostmann DNotZ 1995, 260, 265 f.91 Amann, in: Beck’sches Notarhandbuch (Fn. 28), A VI Rn. 44; Sost-

mann, DNotZ 1995, 260, 266.92 Vgl. allgemein Winkler, BeurkG, 16. Aufl. 2008, § 17 Rn. 242 ff.93 Vgl. Sostmann, DNotZ 1995, 260, 266.94 So jüngst Volmer, MittBayNot 2011, 377, 378.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden204 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 204/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Page 7: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

und Kreditgeber/Sicherungsnehmer bislang ausgehan-delten Bedingungen der Grundschuldbestellung führen;gegenüber dem Eigentümer könnte so – nicht zuletztvon Seiten des Darlehensnehmers – der Vorwurf derVertragspflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) erhobenwerden. Daher dürfte es vorzugswürdig sein, es beieinem bloßen notariellen Rat zu belassen. Das vonAmann95 zur Dokumentation notarieller Belehrung zurAufnahme in die Grundschuldbestellungsurkunde vor-geschlagene Formulierungsbeispiel könnte insoweit inoffensichtlichen Drittsicherungsfällen etwa um folgen-den Absatz erweitert werden:

„Der Notar hat ausdrücklich dazu geraten, die Zweck-erklärung für die Grundschuld selbst zu schließen undhierbei auf die Vereinbarung eines möglichst engen Si-cherungsumfangs zu achten.“

Ein solcher abstrakter Rat dürfte einerseits den aus-nahmsweise aus § 17 BeurkG folgenden Belehrungs-pflichten genügen, andererseits den Beteiligten nichtdes Schutzes des § 305 c BGB vor einer formularmäßigweiten Sicherungszweckerklärung berauben. Denn dieinsoweit von der Rechtsprechung zur Ausräumung desÜberraschungseffekts geforderten Hinweise müssenderart individueller Natur sein, dass der Notar sie wohlschon faktisch kaum jemals wird geben können.96

IV. Einredemöglichkeit gegen die Grundschuld

1. Grundlagen

Der Eigentümer kann den Rückgewähranspruch demGrundschuldgläubiger aber auch als Einrede entgegen-halten. Denn aus dem Sicherungsvertrag folgt zugleichdie Befugnis, sich gegen eine Inanspruchnahme zuwehren, die dem Sicherungszweck zuwiderläuft.97 Al-lerdings muss der Eigentümer hierzu auch Inhaber desRückgewähranspruchs sein.98 Regelmäßig setzt diesvoraus, dass er auch Sicherungsgeber ist99 und denAnspruch nicht abgetreten100 hat.101 Anderenfalls mussihm der Rückgewähranspruch gem. § 328 BGB zu-gutekommen oder aber an ihn (zurück-)abgetretensein.102

2. Verhältnis zum gesetzlichenVerzichtsanspruch nach § 1169 BGB

Da die Einrede aus dem Rückgewähranspruch als per-emptorisch begriffen wird, führt sie dabei zugleich zueinem gesetzlichen Verzichtsanspruch des durch siebegünstigten Eigentümers gem. § 1169 BGB.103 Vonpraktischer Bedeutung ist dies vor allem deshalb, weildie Rechtsprechung diesen Verzichtsanspruch auch aufdie Modalität der Abtretung erweitert hat104 und derEigentümer hiernach auch Aufhebung („Löschung“) derGrundschuld verlangen können soll.105 Im praktischenErgebnis steht dem Eigentümer damit als Folge desschuldrechtlichen Rückgewähranspruchs ein auf die-selben Ziele gerichteter gesetzlicher Anspruch zurSeite. Mit dem Rückgewähranspruch verknüpft ist folg-lich zweierlei: Die Möglichkeit zur peremptorischen Ein-rede, verbunden mit dem gesetzlichen Verzichtsan-spruch des § 1169 BGB.

3. Schicksal der Einrede bei Zession derGrundschuld

a) Bei Eintritt in die Rückgewährpflicht

Die aus dem Rückgewähranspruch folgende Einredekann gegenüber einem Zessionar der Grundschuldwiederum jedenfalls dann geltend gemacht werden,wenn dieser in den Sicherungsvertrag eingetreten istoder die Rückgewährpflicht anderweitig übernommenhat.106 Denn in diesem Falle treffen ihn eigenständigeschuldrechtliche Verpflichtungen gegenüber dem Ei-gentümer.

b) Ohne Eintritt in die Rückgewährpflicht

Doch auch wenn der Zessionar der Grundschuld dieRückgewährpflicht nicht übernommen hat, ist derEigentümer trotz des seinem Ausgangspunkt nach ab-strakten Grundpfandrechts nicht etwa rechtlos gestellt.Geschützt wird er herkömmlich nach § 1157 BGB (untenaa), dessen Schutz im Anwendungsbereich von § 1192Abs. 1 a BGB erheblich aufgewertet ist (unten bb).

aa) Im Anwendungsbereich von § 1157 BGB

Herkömmlich kann sich der Eigentümer nur nach Maß-gabe von § 1157 BGB zur Wehr setzen. Das hierdurchvermittelte Schutzniveau ist freilich im Interesse derVerkehrsfähigkeit des abstrakten Grundpfandrechtsbeschränkt. So setzt § 1157 BGB nach höchstrich-terlicher Rechtsprechung107 voraus, dass die Einrededem Eigentümer zur Zeit der Abtretung bereits zustand,also vollständig verwirklicht war. Es genügt m.a.W. mitBlick auf die Rückgewährpflicht nicht, wenn die ge-sicherte Forderung erst nach Abtretung getilgt wird.108

Zudem ermöglicht § 1157 S. 2 BGB dem Zessionarrechtsgeschäftlich109 den gutgläubig einredefreien Er-werb des Grundpfandrechts. Dabei ist der Zessionarnach h. M. nur dann nicht gutgläubig, wenn er im Zeit-punkt der Abtretung des Grundpfandrechts nicht nurden Sicherungscharakter, sondern auch den Ein-

95 In: Beck’sches Notarhandbuch (Fn. 28), A VI Rn. 45.96 Vgl. eingehend Amann, MittBayNot 1997, 341 (zugl. Anm. zu BGH

MittBayNot 1997, 358 = MittRhNotK 1997, 346).97 Statt aller Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1191 Rn. 23.98 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 788 mit zahlr. Nachw. aus der

Rspr.; eingehend Clemente (Fn. 57), Rn. 735 ff.99 Vgl. hierzu schon oben B III.

100 Vgl. noch unten B VII 1.101 Erman/Wenzel (Fn. 8), § 1191 Rn. 54 f.; Clemente (Fn. 57), Rn. 736102 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 788, Clemente (Fn. 57),

Rn. 738.103 S. nur Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), § 1169 Rn. 1, 26 ff., Vorbem.

§§ 1191 ff. Rn. 111.104 BGHZ 108, 237 = NJW 1989, 2536; aus der Literatur statt aller

Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1169 Rn. 3; a. A. aber Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), § 1169 Rn. 27.

105 MünchKomm/Eickmann (Fn. 22), § 1169 Rn. 12; Palandt/Bas-senge (Fn. 6), § 1169 Rn. 2; a. A. Wolfsteiner, DNotZ 2003, 321,326.

106 Vgl. zu Möglichkeiten des rechtsgeschäftlichen Eintritts in dieRückgewährpflicht nur DNotI-Report 2010, 93; Sommer, RNotZ2010, 378; Bork, WM 2010, 2057, 2058 ff.

107 BGHZ 85, 388 = NJW 1983, 752; vgl. aus der Literatur Erman/Wenzel (Fn. 8), § 1191 Rn. 57; Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1191Rn. 24.

108 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 790 m. w. N.109 Bei einer cessio legis ist der Gutglaubenstatbestand demgegen-

über ausgeschlossen, statt aller BeckOK-BGB/Rohe (Fn. 4),§ 1192 Rn. 155 m. w. N.

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redetatbestand positiv kannte.110 Selbst grob fahr-lässige Unkenntnis schadet nicht.111

bb) Im Anwendungsbereich von § 1192 Abs. 1 aBGB

Der durch § 1157 BGB vermittelte Schutz hat durch dasRisikobegrenzungsgesetz112 eine erhebliche Aufwer-tung erfahren:113 So ist die Möglichkeit des gutgläubigeinredefreien Erwerbs nach der neu eingefügten Be-stimmung des § 1192 Abs. 1 a BGB bei nach dem19. 8. 2008 (vgl. Art. 229 § 18 EGBGB) erworbenen Si-cherungsgrundschulden ausgeschlossen. Zudem kön-nen Einreden aus dem Sicherungsvertrag nicht nur danngeltend gemacht werden, wenn sie dem Eigentümerzum Zeitpunkt der Abtretung bereits aus dem Siche-rungsvertrag zustehen, sondern auch dann, wenn siesich „aus dem Sicherungsvertrag ergeben“. Hieruntersollen solche Einredetatbestände fallen, die zwar imZeitpunkt der Abtretung bereits im Sicherungsvertragbegründet waren, jedoch erst später vollständig ver-wirklicht wurden.114 Im praktischen Ergebnis bedeutetdies, dass sich der Zessionar einer Sicherungsgrund-schuld im Anwendungsbereich von § 1192 Abs. 1 aBGB Zahlungen auf die gesicherte Forderung ohneRücksicht auf seinen guten Glauben auch dann ent-gegenhalten lassen muss, wenn der Schuldner erstnach Grundschulderwerb an den Gläubiger der per-sönlichen Forderung leistet.115

Zwar kann nach § 1192 Abs. 1 a BGB nicht aktiv Er-füllung des schuldrechtlichen Rückgewähranspruchsverlangt werden; gleichwohl hielt der Gesetzgeber einegesonderte Regelung gegenüber dem Zessionar derGrundschuld für entbehrlich. Der rückgewährberech-tigte Eigentümer habe über § 1169 BGB i. V. m. § 1192Abs. 1 a BGB einen Verzichtsanspruch, der auch demRechtsnachfolger des ursprünglichen Grundschuld-gläubigers entgegengesetzt werden könne.116 Folgtman dem, so kann der gesetzliche Anspruch aus § 1169BGB117 durch den Eigentümer vermittels § 1192Abs. 1 a BGB selbst demjenigen entgegengehaltenwerden, der in die Rückgewährpflicht nicht schuld-vertraglich eingetreten ist.118

Allerdings schützt § 1192 Abs. 1 a BGB den Eigentümernach dem Wortlaut der §§ 1192 Abs. 1 a, 1157 BGB nurdann, wenn dieser auch Sicherungsgeber ist. Der Fallder Personenverschiedenheit von Eigentümer und Si-cherungsgeber119 liegt damit außerhalb des unmit-telbaren Anwendungsbereichs von § 1192 Abs. 1 aBGB.120 Dementsprechend wird sich der Eigentümer,der – etwa in Drittsicherungsfällen – nicht Sicherungs-geber ist, nicht auf § 1192 Abs. 1 a BGB berufen kön-nen.121 Und auch der ursprünglich mit dem Eigentümeridentische Sicherungsgeber, der sein Eigentum in derZwangsversteigerung oder kraft Rechtsgeschäfts unterFortbestand seiner Stellung als Sicherungsgeber ver-loren hat, wird sich infolge Verlustes seines Eigentumsnicht mehr auf den Schutz von § 1192 Abs. 1 a BGB be-rufen können. In solchen Fällen dürfte schon begrifflichkeine Sicherungsgrundschuld vorliegen,122 weshalb eingutgläubig einredefreier Erwerb der Grundschuld nachwie vor möglich sein wird.123 In Drittsicherungsfällenoder nach Verlust des Eigentums in der Zwangsverstei-

gerung wird daher der Sicherungsnehmer die Grund-schuld zedieren können, ohne dass der Zessionar dieWirkung des § 1192 Abs. 1 a BGB zu fürchten bräuchte.

V. Verjährung

Der Rückgewähranspruch verjährt nach § 196 BGB in10 Jahren seit seiner Entstehung (§ 200 BGB), also mitdem Wegfall des Sicherungszwecks.124 Auch eine teil-weise Tilgung der gesicherten Forderung kann – bei enggefasster Sicherungsabrede oder Konzentration derweiten Sicherungsabrede auf die bestehende Rest-schuld – einen Anspruch auf Rückgewähr eines ent-sprechenden Teils der Grundschuld auslösen.125

Rechtskonstruktiv würde damit der Rückgewähran-spruch abschnittweise verjähren.126 Wenngleich sichein Kreditinstitut wohl gemäß § 242 BGB nicht auf (par-tielle) Verjährung wird berufen können,127 und wennauch infolge Rückgewährpflicht ein gesetzlicher Ver-zichtsanspruch nach § 1169 BGB entsteht,128 zeigt sichhieran doch, dass die zehnjährige Verjährungsfrist zuknapp bemessen sein kann. Vertragliche Verlängerungauf 30 Jahre129 oder Hinausschieben des Verjährungs-beginns130 ist daher empfehlenswert, zumal nicht ab-schließend geklärt ist, ob das durch § 1169 BGB ver-mittelte Schutzniveau gleichwertig ist:131 So kann zumeinen nicht als gesichert gelten, dass der Anspruch aus

110 BGHZ 103, 72 = NJW 1988, 1375, 1378; Palandt/Bassenge(Fn. 6), § 1191 Rn. 24; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 792;BeckOK-BGB/Rohe (Fn. 4), § 1192 Rn. 153; a. A. (Kenntnis vomSicherungszweck genügend) MünchKomm/Eickmann (Fn. 22),§ 1191 Rn. 92 f. m. w. N.

111 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 792; Clemente, ZfIR 2008, 589,595.

112 Oben Fn. 4.113 Statt aller Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1191 Rn. 24; eingehend zur

Neuregelung Sommer, RNotZ 2010, 378; Gaberdiel/Gladenbeck(Fn. 2), Rn. 788 ff.

114 BT-Drucks. 16/9821, S. 16; Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), § 1192Rn. 43; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 789.2.

115 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), § 1192 Rn. 43.116 BT-Drucks. 16/9821, S. 17.117 Vgl. zum Anspruchsinhalt oben B IV 2.118 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 793; vgl. zudem noch unten

C II 1.119 Vgl. oben B II 6 sowie B III.120 Clemente, ZfIR 2008, 593, 595; Sokolowski, JR 2009, 309, 311;

Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), § 1192 Rn. 45; Palandt/Bassenge(Fn. 6), § 1192 Rn. 3.

121 A. A. Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 789; jüngst auch Bülow,WM 2012, 289.

122 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), § 1192 Rn. 45, der allerdings da-rauf hinweist, dass allein die Sicherungszession des Rückge-währanspruchs den Charakter als Sicherungsgrundschuld wohlnicht aufheben wird.

123 Clemente, ZfIR 2008, 593, 595, vgl. auch die Nachw. oben Fn. 120sowie die Gegenstimmen in Fn. 121.

124 H.M.: Erman/Wenzel (Fn. 8), § 1191 Rn. 61; Gaberdiel/Gladen-beck (Fn. 2), Rn. 726.1; vgl. eingehend jüngst Otte, DNotZ 2011,897, auch zu abweichenden Auffassungen.

125 Vgl. oben B II 1.126 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 726.1.127 So etwa Erman/Wenzel (Fn. 8), § 1191 Rn. 61.128 Vgl. zum Anspruchsinhalt näher oben B IV 2.129 Hierfür Amann, DnotZ 2002, 94, 122; Wolfsteiner, DNotZ 2001,

902; ausführlich DNotZ 2003, 321; Schöner/Stöber (Fn. 7),Rn. 2336 a; Vorschlag des Ausschusses für Schuld- und Liegen-schaftsrecht der Bundesnotarkammer für ein Grundschuldformu-lar, DNotZ 2002, 84.

130 Näher Otte, DNotZ 2011, 897, 908.131 Ausführlich zu den nachstehenden Gesichtspunkten Wolfsteiner,

DNotZ 2003, 321; vgl. ferner noch unten C II 1.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden206 RNotZ 2012, Heft 5

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§ 1169 BGB nicht seinerseits der Verjährung unter-liegt.132 Zum anderen ist unklar, ob und – wenn ja – wel-chen Schutz § 1169 BGB gewährt, wenn Inhaber desRückgewähranspruchs und Grundstückseigentümerpersonenverschieden sind.

VI. Befugnis zur Revalutierung

1. Anknüpfung an den Inhalt derSicherungsabrede

Da die Grundschuld mit Tilgung der durch sie ge-sicherten Verbindlichkeiten nicht automatisch an denSicherungsgeber zurückfällt,133 stellt sich die Frage,unter welchen Voraussetzungen die (noch nicht zurück-gewährte) Grundschuld erneut als Sicherungsmitteleingesetzt werden darf. Insoweit gilt es zunächst dengenauen Inhalt der bisherigen Sicherungsabrede inBlick zu nehmen, um festzustellen, ob der Sicherungs-zweck bereits entfallen ist.134 Ist er nämlich weit gefasstund hat sich die Sicherungsabrede auch nicht auf diekonkret gesicherten Forderungen konzentriert,135 sokann auch eine neue Forderung, die sich dem Kreis derdurch den Sicherungszweck bestimmten Forderungenzuordnen lässt, ohne weiteres durch die Grundschuldgesichert werden.136

Hat sich der (enge) Sicherungszweck der Grundschulddemgegenüber erledigt, ist also der Rückgewähran-spruch bereits entstanden,137 sind Änderung oder Neu-abschluss des Sicherungsvertrages erforderlich.138 DerZustimmung nachrangiger Gläubiger bedarf es hierzuim Ausgangspunkt nicht, insbesondere nicht in Anbe-tracht gesetzlicher Löschungsansprüche (§§ 1179 a, bBGB), da diese erst nach Erfüllung des Rückgewähran-spruchs entstehen können.139 Anderes gilt jedoch dann,wenn der Rückgewähranspruch selbst abgetreten oderge- bzw. verpfändet worden ist.140 In diesen Fällen be-darf es der Zustimmung des neuen Inhabers des Rück-gewähranspruchs (bzw. des [Pfändungs-]Pfandrechts)zu der notwendig werdenden vertraglichen Änderungder Sicherungsabrede.141

2. Auswirkungen auf die Insolvenzfestigkeit derAbtretung

Eng verknüpft ist die Frage der Revalutierungsbefugnismit der Insolvenzfestigkeit der Abtretung des Rückge-währanspruchs. Zwar wurde bislang überwiegend an-genommen, dass die Abtretung auch durch die spätereInsolvenz des Sicherungsgebers generell nicht beein-trächtigt werde. Der Zessionar des Rückgewähran-spruchs habe deshalb etwa „Anspruch auf den Mehr-betrag, wenn das belastete Grundstück im Insolvenz-verfahren freihändig veräußert werde und der auf dieGrundschuld entfallende Teil des Kaufpreises die da-durch gesicherte Forderung übersteigt“.142 Demgegen-über hat Kesseler143 im Anschluss an ein jüngeres Urteildes BGH144 zur fehlenden Insolvenzfestigkeit des ge-setzlichen Löschungsanspruchs nachrangiger Grund-schuldgläubiger die Auffassung vertreten, dass bei wei-ter Sicherungszweckerklärung „freie Teile des vor-rangigen Grundpfandrechts in die Insolvenzmasse fal-len.“145 Dem haben sich zunächst das OLG Celle146 undjüngst auch der BGH angeschlossen.147 Als Grund

hierfür wird zutreffend § 91 Abs. 1 InsO angeführt. Da-nach können Rechte an den Gegenständen der In-solvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrensnicht wirksam erworben werden. Der Sicherungswerteiner bestellten Grundschuld aber ist „trotz Abtretungdes Rückgewähranspruchs aus dem Vermögen und derInsolvenzmasse des Sicherungsgebers nicht endgültigausgeschieden, solange der Sicherungsnehmer alleinoder im Einvernehmen mit dem Sicherungsgeber selbstoder dem Insolvenzverwalter über dessen Vermögen,etwa zur Besicherung eines Massekredits, die Grund-schuld revalutieren kann, ohne dadurch den Inhalt desRückgewähranspruchs zu verändern.“148 Dementspre-chend hat der BGH149 nunmehr judiziert, dass die „Si-cherungsabtretung des Anspruchs auf Rückgewähreiner Grundschuld [. . .] nur dann ein Recht auf abge-sonderte Befriedigung im Insolvenzverfahren über dasVermögen des Abtretenden begründen [kann], wenneine Revalutierung der Grundschuld ohne Zustimmungdes Abtretungsempfängers nicht oder nicht mehr inBetracht kommt.“ Der Unterscheidung zwischen engerund weiter Sicherungszweckerklärung kommt damit fürdie Insolvenzfestigkeit der Abtretung entscheidendeBedeutung zu.

VII. Der Rückgewähranspruch – einverkehrsfähiges Vermögensrecht

Der Rückgewähranspruch ist ein verkehrsfähigesselbstständiges Vermögensrecht. Damit ist er ebensoabtretbar wie pfändbar.150

132 Für Unverjährbarkeit wegen § 902 BGB aber etwa Palandt/Bas-senge (Fn. 6), § 1169 Rn. 2 i. V. m. § 902 Rn. 2; Otte, ZGS 2002, 57;ausführlich jüngst erneut Otte, DNotZ 2011, 897, 898 f. m. zahlr.Nachw. auch zur Gegenauffassung.

133 Vgl. schon oben I; § 1163 BGB ist nicht, auch nicht entsprechendanwendbar; statt aller BGH DNotZ 1957, 602.

134 Vgl. oben B II 1.135 Vgl. oben B II 2.136 Statt aller Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 731 ff., 762.137 Soweit BGH, NJW 2012, 229 Überlegungen zur Rückverwandlung

eines bereits entstandenen in einen aufschiebend bedingtenRückgewähranspruch anstellt, vermögen diese nicht zu über-zeugen, vgl. schon oben B II 2 a.E. (dort Fn. 33).

138 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 762 „neuer Sicherungsver-trag“; MünchKomm/Eickmann (Fn. 22), § 1191 Rn. „durch neueVereinbarung ergänzt“; vgl. auch BGH, NJW 2010, 935, demnachbei Bruchteilseigentümern eine Änderung der Sicherungsverein-barung stets der Zustimmung aller Bruchteilsberechtigten bedarf,die den Sicherungsvertrag abgeschlossen haben.

139 BGH, NJW 1982, 928; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 748,765.

140 Dazu sogleich unten B VII.141 BGH, NJW 1986, 2108, 2111; BGH, NJW 2012, 229, 230; Gaber-

diel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 764, 886 ff., 912.142 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 859 m.H.a. BGH, NJW 1977,

247.143 NJW 2007, 3466; vgl. auch schon EWiR 2006, 457, 458.144 NJW 2006, 2408 = EWiR 2006, 457 mit Anm. Kesseler.145 NJW 2007, 3466, zustimmend Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4),

Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 181.146 ZIP 2010, 1407 = Rpfleger 2011, 110; kritisch hierzu Jähne/Witte,

Rpfleger 2011, 113.147 NJW 2012, 229, unter ausdrücklicher Aufgabe von BGH, NJW

1977, 247; grds. zustimmend Kesseler, NJW 2012, 577.148 BGH, NJW 2012, 229.149 NJW 2012, 229, dort (S. 231) auch mit Ausführungen zur Anfecht-

barkeit des Absonderungsrechts nach §§ 129, 130, 143 InsO.150 Zu seinem hieraus folgenden Einsatz als (selbstständiges) Siche-

rungsmittel in der notariellen Vertragsgestaltung sowie zu denhiermit verbundenen Gefahren für sie vgl. noch unten C.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden RNotZ 2012, Heft 5 207

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1. Abtretung

Die Abtretung des Rückgewähranspruchs vollzieht sichgem. §§ 413, 398 ff. BGB.151 Regelmäßig formfrei152

abtretbar ist damit sogar ein künftiger bzw. nicht fälli-ger153 Anspruch.154 Auch bei Identität von Sicherungs-geber und Eigentümer geht er als selbstständiges Rechtnicht allein mit Übertragung des Grundstückseigentumsauf den Rechtsnachfolger über.155 Vielmehr bedarf eshierzu – sofern nicht der neue Eigentümer gar in den Si-cherungsvertrag eintritt – der Abtretung des Anspruchs,die freilich auch konkludent erfolgen kann.156

a) Formularmäßige Abtretung an nachrangigeGrundpfandrechtsgläubiger

Häufig erfolgt die entsprechende Abtretung von Rück-gewähransprüchen jedoch sogar formularmäßig. Sowird der Rückgewähranspruch zumeist, sei es inGrundschuldbestellungsurkunden, sei es in Siche-rungsabreden, an die Inhaber nachrangiger Grund-pfandrechte abgetreten.157 Die Vereinbarkeit der ent-sprechenden Kautelen mit §§ 305 ff. BGB wird dabei –auch bei Sicherung fremder Verbindlichkeiten158 – re-gelmäßig für unproblematisch erachtet.159 Durch dieAbtretung soll zumeist160 eine Verstärkung der nach-rangigen Sicherheiten erreicht werden, insbesonde-re,161 indem der Zessionar durch Löschung vorrangigerRechte im Rang aufrückt.162 Dienen die Rückgewähr-ansprüche damit regelmäßig lediglich der Verstärkungder bereits vorhandenen Hauptsicherheit, so sind siezurückzugewähren, sobald sich der nachrangigeGrundpfandgläubiger vollständig aus seiner Haupt-sicherheit befriedigt hat; umgekehrt ist diese zurück-zugewähren, sobald Befriedigung im Umfang derHauptsicherheit aus den Rückgewähransprüchen re-spektive den insoweit durch Abtretung erlangtenGrundpfandrechten eingetreten ist.163

Folge der formularmäßigen Abtretung der Rückgewähr-ansprüche hinsichtlich vor- oder gleichrangiger Grund-pfandrechte ist im Übrigen, dass die Abtretung bei Be-stellung von Grundschulden an dritter oder schlechtererRangstelle häufig ins Leere geht. Einen gutgläubigenErwerb von Forderungen wie des Rückgewähran-spruchs kennt unsere Rechtsordnung nicht.164 Für die-sen Fall wird daher in den einschlägigen Vordrucken re-gelmäßig der Anspruch auf Rückabtretung des Rück-gewähranspruchs ebenfalls abgetreten.165

b) Auswirkungen auf die Rechtsstellung desSicherungsnehmers

Die Rechtsstellung des Sicherungsnehmers wird durchdie Abtretung nicht geschmälert (nemo plus iuris trans-ferre potest quam ipse habet). Er kann sein Grund-pfandrecht im Rahmen des bisherigen sicherungs-vertraglichen Gefüges verwerten.166 Zur Rückgewährist er allein unter den darin beschriebenen Bedingungenund in der darin vorgesehenen Art und Weise ver-pflichtet. Hatte sich der Rückgewähranspruch durchAusübung des Wahlrechtes schon konkretisiert,167 soist auch der Zessionar hieran gebunden.168 Vereinba-rungen zwischen Zedent und Zessionar, das Wahlrechtnur in bestimmter Art und Weise auszuüben, wirken imÜbrigen nach allgemeinen Grundsätzen nur inter partes,

binden also den Sicherungsnehmer nicht.169 Gut-gläubige Rückgewähr der Grundschuld an den bishe-rigen Inhaber des Rückgewähranspruchs ermöglichtschließlich § 407 BGB.170 Diese Schutzvorschriftkommt dabei auch bei Veränderungen des Sicherungs-vertrages, die zur Revalutierung erforderlich werden,zum Einsatz: War dem Sicherungsnehmer die Abtretungdes Rückgewähranspruchs zum Zeitpunkt der neuenValutierungsvereinbarung nicht bekannt, so kann er diebestehende Sicherungsabrede hiernach ohne bei engerSicherungsabrede erforderliche171 Zustimmung desZessionars ändern respektive sie auch durch eine neueersetzen.172.

c) Formularmäßiger Zustimmungsvorbehalt

Die Abtretung des Rückgewähranspruchs kann gem.§ 399 BGB durch Vereinbarung zwischen Sicherungs-nehmer und Sicherungsgeber ausgeschlossen werden.In einschlägigen Musterverträgen des Kreditgewerbes

151 BGH, DNotZ 1977, 542 (Abtretung schon vor Wegfall des Siche-rungszwecks möglich); MünchKomm/Eickmann (Fn. 22), § 1191Rn. 132; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 851 ff.

152 Statt aller Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff.Rn. 293

153 Vgl. hierzu oben B II 1 mit Fn. 13, 15.154 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 854; Staudinger/Wolfsteiner

(Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 173.155 Vgl. bereits oben B II 6.156 Vgl. BGH, DNotZ 1992, 35 sowie noch unten C III 3 a.157 Vgl. nur die Formulare in den Anhängen 6, 8, 9, 10, 12 zu Gaber-

diel/Gladenbeck (Fn. 2).158 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 180,

§ 1136 Rn. 6 m.H.a. die gesetzliche Wertung der §§ 1179 a,1179 b BGB; a. A. für die Besicherung fremder Verbindlichkeitenaber Clemente (Fn. 57), Rn. 396.

159 BGHZ 110, 108 = NJW 1990, 1177; Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4),§ 1136 Rn. 6, Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 173; ohne Problematisie-rung Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 851 ff.

160 Nach BGHZ 110, 108 = NJW 1990, 1177 ist der Sicherungszweckder formularmäßig abgetretenen Ansprüche dementsprechendeinschränkend auszulegen.

161 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 176, 182,§ 1136 Rn. 6, demnach ausschließlich die Abtretung ausschließ-lich zum Zwecke der Durchsetzung des Löschungsanspruchs zu-lässig sein soll.

162 Näher Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 865 ff. Uneinheitlich wirddemgegenüber beurteilt, ob eine Abtretung zum Zwecke der Er-langung einer Sicherheit über die Höhe der nachrangigen Grund-schuld hinaus formularmäßig möglich ist; dafür bei hinreichenddeutlicher Gestaltung des Sicherungszwecks etwa Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 869 ff. m.H.a. BGH, NJW 1988, 1665;Dörrie, ZfIR 1999, 717, 726; Erman/Wenzel (Fn. 8), § 1191Rn. 78 f.; a. A. Clemente (Fn. 57), Rn. 399 ff., 403; Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 176 f., § 1136 Rn. 6.

163 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 867.164 Vgl. zu diesem Grundsatz allgemein nur Palandt/Grüneberg

(Fn. 6), § 405 Rn. 1.165 Vgl. nochmals die in Fn. 157 genannten Vordrucke; zur Rechtslage

bei fehlender Abtretung des Anspruchs auf Rückabtretung desRückgewähranspruchs vgl. Dörrie, ZfIR 1999, 717, 726.

166 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 883.167 Vgl. oben B II 4.168 MünchKomm/Eickmann (Fn. 22), § 1191 Rn. 132; Palandt/Bas-

senge (Fn. 6), § 1191 Rn. 29 i. V. m. 26; Staudinger/Wolfsteiner(Fn. 4), Vorbem. §§ 191 ff. Rn. 179; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),Rn. 873.

169 Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1191 Rn. 29.170 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 863, 889.171 Vgl. oben B VI.172 Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1191 Rn. 17; Gaberdiel/Gladenbeck

(Fn. 2), Rn. 889; Clemente (Fn. 57), Rn. 321; Dörrie, ZfIR 1999,717, 727; Eickmann, DNotZ 1999, 745, 746 (Anm. zu OLG Mün-chen)

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden208 RNotZ 2012, Heft 5

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üblich ist allerdings kein vollständiger Ausschluss, son-dern allenfalls ein Zustimmungsvorbehalt.173 Ein sol-cher führt dazu, dass eine ohne Zustimmung vorge-nommene Abtretung jedermann gegenüber unwirksamist. Formularmäßig sind solche Zustimmungsvorbehaltenach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs174

jedenfalls dann wirksam, wenn der Sicherungsgebernicht Grundstückseigentümer ist. Begründet wird diesmaßgeblich damit, dass in diesem Fall das Interessedes Vordruckverwenders an der Vereinfachung der Ab-wicklung und an der Übersichtlichkeit der Vertragsver-hältnisse Vorrang vor den Interessen des Sicherungs-gebers genießt.175 Bei der vorzunehmenden Interes-senabwägung176 soll der Gesichtspunkt, die Verwaltungder Sicherheiten zu vereinfachen, dabei auch danngrundsätzlich zur Wirksamkeit zumindest eines Zustim-mungsvorbehaltes führen, wenn Sicherungsgeber undEigentümer identisch sind.177 Einigkeit besteht dahin-gehend, dass der Gläubiger die Zustimmung nicht un-billig verweigern darf. Vielmehr ist er regelmäßig zur Zu-stimmung verpflichtet.178 Allerdings wirkt die Zustim-mung nicht auf den Zeitpunkt der Abtretung zurück, sodass zwischenzeitlich erfolgte Verfügungen (allein)wirksam sind.179

2. Pfändung

Als selbstständiges verkehrsfähiges Vermögensrecht istfür Gläubiger des Rückgewährberechtigten auch derPfändungszugriff auf den Rückgewähranspruch eröff-net.180 Die Pfändung vollzieht sich dabei – da schuld-rechtlicher Anspruch – nach den für die Forderungs-pfändung maßgeblichen Vorschriften (§ 857 Abs. 1i. V. m. §§ 829 ff. ZPO).181 Wirksam wird sie mit der Zu-stellung des Pfändungsbeschlusses an den Dritt-schuldner (§ 829 Abs. 3 ZPO), also den Sicherungs-nehmer.182 Voraussetzung ist allerdings nach allgemei-nen Grundsätzen, dass der Anspruch dem Schuldnerzum Zeitpunkt des Pfändungszugriffs zustand.183 Eindie rechtsgeschäftliche Abtretbarkeit wirksam be-schränkender Zustimmungsvorbehalt oder gar Abtre-tungsausschluss hindert die Pfändung gem. § 851Abs. 2 ZPO aber nicht.184

a) Auswirkungen auf die Rechtsstellung desSicherungsnehmers

Da Gegenstand der Pfändung allein der schuld-rechtliche Anspruch auf Rückgewähr ist, bedarf es zuseiner Wirksamkeit weder der Eintragung der Pfändungin das Grundbuch noch – bei einem Briefrecht – derÜbergabe des Briefes.185 Aus demselben Grund ist derGrundschuldgläubiger auch nach Pfändung nicht in derAusübung seiner aus der Grundschuld folgendenRechtsmacht gehindert: Er kann sich aus ihr – sei eszwangsweise, sei es durch Verkauf und Abtretung – be-friedigen; er kann über sie verfügen.186 Verboten ist ihmals Drittschuldner nicht die Verfügung über die Grund-schuld, sondern lediglich die Erfüllung des Rückge-währanspruchs an den Schuldner (vgl. § 829 Abs. 1 S. 1ZPO).187 Sicherheit gegen anspruchswidrige Ver-fügungen188 (z. B. Abtretung an Dritte) gewährt aber dieVormerkung des gepfändeten Rückgewähranspruchsbei dem betroffenen Grundpfandrecht.189

Die Pfändung bewirkt keine inhaltliche Änderung desRückgewähranspruchs. Die Grundschuld kann dem-entsprechend nach wie vor im Rahmen des bisherigenSicherungszwecks valutiert werden.190 Allerdings be-dürfen Änderungen des Sicherungsvertrages, die fürden Gläubiger nachteilig sind – etwa die Erweiterungdes Kreises der gesicherten Forderungen – der Mit-wirkung des Pfändungsgläubigers.191

b) Die Verwertung des gepfändetenRückgewähranspruchs

Rückgewähr kann der Pfändungsgläubiger nach Über-weisung des gepfändeten Anspruchs zur Einziehung192

verlangen, wenn der Anspruch fällig ist. Wann dies der

173 Vgl. nur Clemente (Fn. 57), Rn. 597 sowie Anhänge 11 (DG Verlag;dort mit Erläuterung Nr. 4) und 7 (Dt. Sparkassenverlag; dort mitErläuterung Nr. 7) zu Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2).

174 Grundlegend BGHZ 110, 241 = NJW 1990, 1601.175 BGH, NJW 1990, 1601, 1602; zustimmend Gaberdiel/Gladenbeck

(Fn. 2), Rn. 759 f.; Clemente (Fn. 57), Rn. 596 ff.; kritisch Stau-dinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 161 ff.

176 Vgl. insoweit auch BGH, NJW 2006, 3486 (zur Kollision von ver-längertem Eigentumsvorbehalt und Abtretungsverbot).

177 Clemente (Fn. 57), Rn. 600; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),Rn. 759; Erman/Wenzel (Fn. 8), § 1191 Rn. 81 m. Nachw. auch zurGegenauffassung; kritisch Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vor-bem. §§ 1191 ff. Rn. 162 f.; als wohl nicht entscheidungserheblichnicht problematisiert in BGH, NJW 2012, 229.

178 BGH, NJW-RR 2000, 1220 (zu einer Werklohnforderung); Cle-mente (Fn. 57), Rn. 600 ff., 602; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),Rn. 759; unter dieser Prämisse meint auch Staudinger/Wolfsteiner(Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 163, im Ergebnis könne ein Abtre-tungsverbot mit Zustimmungsvorbehalt hingenommen werden.

179 BGH, NJW 1990, 109 im Anschluss an BGHZ 70, 299, 303 zurfehlenden Rückwirkung der Genehmigung einer Abtretung trotzAbtretungsverbots; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis,5. Aufl. 2010, Rn. 983; Kesseler, DAI-Skript VollstreckungsfesteVertragsgestaltung, 9. Oktober 2010, S. 84.

180 Vgl. zur rechtsgeschäftlichen Verpfändung des Rückgewähran-spruchs näher Dörrie, ZfIR 1999, 717, 725 ff.

181 Stöber, Forderungspfändung, 15. Auflage 2010, Rn. 1888; Gaber-diel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 900 ff.; Dörrie, ZfIR 1999, 717, 725 ff.

182 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 294; Cle-mente Rn. 918, 920; Stöber (Fn. 181), Rn. 1889.

183 Stöber (Fn. 181), Rn. 1889; Clemente (Fn. 57), Rn. 924; Stau-dinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 300; jeweilsm. w. N.; vgl. im Übrigen schon RGZ 143, 113, 116.

184 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 901; Stöber (Fn. 181),Rn. 1889.

185 BGH, NJW-RR 1991, 1197, 1198; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),Rn. 900, 904; Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff.Rn. 294; Clemente (Fn. 57), Rn. 918, 920; jeweils m. w. N.

186 Stöber (Fn. 181), Rn. 1891 f.; Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vor-bem. §§ 1191 ff. Rn. 295, 301; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),Rn. 910.

187 Stöber (Fn. 181), Rn. 1891 a; Clemente (Fn. 57), Rn. 925; wohla. A. Krauß (Fn. 179), Rn. 981: Löschung nur mit Zustimmung desDrittgläubigers.

188 Die Ansprüche des Pfändungsschuldners bestimmen sich im Falleanspruchswidriger Verfügung nach allgemeinen schuldrechtlichenGrundsätzen, vgl. Clemnte, Rn. 92; Stöber (Fn. 181), Rn. 1891 a.

189 Diesen Schutz kann der Pfandgläubiger des Rückgewähran-spruchs auch einseitig erlangen, vgl. Stöber (Fn. 181), Rn. 1900m. w. N. Vgl. zur Sicherungswirkug der Vormerkung noch unten CII 2.

190 Stöber (Fn. 181), Rn. 1891; Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vor-bem. §§ 1191 ff. Rn. 301 f.

191 Stöber (Fn. 181), Rn. 1891; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),Rn. 912.

192 Es ist umstritten, ob auch eine Überweisung an Zahlungs stattzulässig ist, dagegen etwa Stöber (Fn. 181), Rn. 1892 mit Fn. 44;dafür Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 298;jeweils m. w. N.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden RNotZ 2012, Heft 5 209

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 209/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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Fall ist, richtet sich nach dem Inhalt des Sicherungs-vertrages.193 Ebenfalls hiernach richtet sich, in welcherForm Rückgewähr verlangt werden kann.194

Ist der Rückgewähranspruch vertraglich auf den Aufhe-bungsanspruch (§§ 875, 1183 BGB) beschränkt oderhatte der Sicherungsgeber sein Wahlrecht insoweit be-reits ausgeübt, so ist auch der Pfändungsgläubigerhieran gebunden.195 Da die Aufhebung des Grund-pfandrechts zum vollständigen Untergang desselbenohne Befriedigungswirkung für den Pfändungsgläubigerführt, ist diese Anspruchsvariante für ihn allenfalls dannvon Interesse, wenn er hiervon durch ein Aufrücken imRang profitiert.196 Sollte er vor diesem Hintergrund imEinzelfall die Aufhebung der Grundschuld verlangenwollen, so ist zu beachten, dass hierzu materiell-recht-lich zugleich die Zustimmung des Eigentümers (§ 1183BGB) erforderlich ist. Ist der Eigentümer zur Abgabe derZustimmungserklärung nicht freiwillig bereit, so kannder Gläubiger dieses – verfahrensrechtlich über § 27GBO abgesicherte – Zustimmungsrecht selbstständigpfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.197

Auch der Verzicht auf die Grundschuld (§ 1168 BGB) istfür den Gläubiger eher ungünstig, da sich an der hier-durch entstehenden Eigentümergrundschuld keinPfandrecht fortsetzt. Vielmehr ist die Eigentümergrund-schuld Gegenstand möglicher selbstständiger Pfän-dungsmaßnahmen.198 Solche haben jedoch für denPfändungsgläubiger regelmäßig ebenfalls keinen Wert,da der Pfändung des Rückgewähranspruchs keinerangwahrende Wirkung zukommt, weshalb insbeson-dere gesetzliche Löschungsansprüche (§§ 1179 a, bBGB) die zu pfändende Eigentümergrundschuld ent-werten.199

Für den Pfändungsgläubiger von Interesse ist damit re-gelmäßig nur der Anspruch auf Abtretung der Grund-schuld (§ 1154 BGB). Dabei kann er zwar nur Abtretungan den Schuldner, nicht etwa Abtretung an sich, ver-langen.200 Jedoch setzt sich das Pfandrecht am Rück-gewähranspruch an der auch insoweit entstehendenEigentümergrundschuld kraft Gesetzes analog § 1287BGB fort.201 Dieses Ersatzpfandrecht kann sodann ge-sondert verwertet werden.202

C. Der Rückgewähranspruch in der notariellenVertragsgestaltung

Wie vorstehend aufgezeigt, kommt dem Rückgewähr-anspruch im System der Sicherung von Forderungendurch Grundschulden erhebliche Bedeutung zu. Hiermitkorrespondierend, lassen sich auch typische Problem-lagen in der notariellen Praxis ausmachen. Insoweit sollzunächst die Bedeutung des Rückgewähranspruchs alsSicherungsmittel in Blick genommen werden (unten I.),um auf dieser Grundlage der Frage nachzugehen, wiesich der lediglich schuldrechtlich wirkende Anspruchauf Rückgewähr sichern lässt und wann eine solche Si-cherung erforderlich wird (unten II.). Schließlich sollenauch typische Gefahren für die Vertragsabwicklungausgeleuchtet werden (unten III.), etwa hinsichtlich desVollstreckungszugriffs von Gläubigern des Verkäufersauf dessen Rückgewähransprüche.

I. Der Rückgewähranspruch alsSicherungsmittel

Wie bereits angesprochen,203 stellt sich der Anspruchauf Rückgewähr einer Grundschuld als selbstständigesVermögensrecht dar. Abtretbar204 ausgestaltet, ist erdamit auch als Sicherungsmittel geeignet.

1. Regelmäßig nur geringer eigenständigerSicherungswert

Allerdings ist eine Sicherungszession des Rückgewähr-anspruchs dergestalt, dass dieser nach dem Inhalt desinsoweit abzuschließenden Sicherungsvertrages alseigenständige Sicherheit eingesetzt wird, rechtstat-sächlich wohl eher selten anzutreffen. Der Grund hierfürliegt vor allem darin, dass er dem Sicherungsnehmerregelmäßig nur eine unzuverlässige Befriedigungs-chance gewährt.205

a) Kein gutgläubiger Erwerb desRückgewähranspruchs

Die Abtretung des Rückgewähranspruchs geht insLeere, wenn der Sicherungsgeber der Grundschuld zu-vor bereits anderweitig über den Rückgewähranspruchverfügt hatte. Hierfür besteht eine durchaus reale Ge-fahr. Denn wie schon dargelegt,206 wird der Rückge-währanspruch regelmäßig (formularmäßig) an Gläubigernachrangiger Grundpfandrechte abgetreten, wenn-gleich insoweit auch grundsätzlich gerade nicht als ei-genständige Sicherheit, sondern lediglich zur Verstär-kung der Sicherungswirkung von deren Grundschuld.Und einen gutgläubigen Forderungserwerb kennt un-sere Rechtsordnung nicht. Zur Unwirksamkeit der Ab-tretung können weiterhin Zustimmungsvorbehalt odersogar Abtretungsausschluss führen.207

b) Aus schuldrechtlichem Charakter und Inhaltfolgende Schutzlücken

Selbst dann, wenn der Sicherungsnehmer den Rückge-währanspruch einmal erworben hat, ist sein Schutz nur

193 Vgl. oben B II 1 und 2.194 Vgl. oben B II 3 und 4.195 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 906.196 Stöber (Fn. 181), Rn. 1893; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),

Rn. 906; vgl. auch Clemente (Fn. 57), Rn. 931, der die Gel-tendmachung des Löschungsanspruchs mangels Interesses garfür unzulässig hält.

197 Vgl. OLG Dresden, NotBZ 2010, 410: In der Folge kann der Gläu-biger die Zustimmungserklärung selbst abgeben.

198 Ausführlich Stöber (Fn. 181), Rn. 1893.199 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 920, 923; Stöber (Fn. 181),

Rn. 1893.200 Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 906, 917; Stöber (Fn. 181),

Rn. 1895; jeweils m. w. N.; unklar Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4),Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 297.

201 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 297; Cle-mente (Fn. 57), Rn. 932; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 916.

202 Näher Clemente (Fn. 57), Rn. 938 ff.; Gaberdiel/Gladenbeck(Fn. 2), Rn. 918.

203 Vgl. oben B VII.204 Vgl. zur Möglichkeit der rechtsgeschäftlichen Verpfändung zudem

näher Dörrie, ZfIR 1999, 717, 725 ff.205 So BGHZ 115, 241 = NJW 1992, 110, 111; Staudinger/Wolfsteiner

(Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 290; Gaberdiel/Gladenbeck(Fn. 2), Rn. 896.

206 Vgl. oben B VII 1 a.207 Vgl. oben B VII 1 c.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden210 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 210/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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lückenhaft. So ist die Frage der Revalutierungsmög-lichkeit vom Inhalt der Sicherungsabrede abhängig, sodass der Rückgewähranspruch bei weiter Sicherungs-zweckerklärung nicht entsteht,208 wobei die Zwecker-klärung nach Maßgabe von § 407 BGB gutgläubig auchohne Zustimmung des Zessionars geändert werdenkann.209 In diesem Zusammenhang ist auch das vomInhalt der Sicherungsabrede abhängige Risiko der In-solvenz des Sicherungsgebers für den Zessionar desRückgewähranspruchs in Erinnerung zu rufen.210

Schutz hiervor bietet letztlich nur die Vereinbarung einesmöglichst engen Sicherungszwecks.

Weiterhin ist der Zessionar des Rückgewähranspruchsals Inhaber eines lediglich obligatorisch wirkendenRechts nicht vor seinem unfreiwilligen Verlust geschützt.Ein solcher „tritt etwa ein, wenn auf die Grundschuldgeleistet wird und so eine Eigentümergrundschuld ent-steht [. . .]. Gleiches gilt, wenn der Grundschuldgläu-biger, der auch im Falle einer Abtretung des Rückge-währanspruchs über die Grundschuld verfügen kann,auf die Grundschuld gem. §§ 1192 I, 1168 I, II BGB ver-zichtet [. . .]. Der Zessionar erwirbt also durch denÜbergang des obligatorischen Rückgewähranspruchskeine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Grund-schuld.“211 Dementsprechend kann er auch nicht ver-hindern, dass der Grundschuldgläubiger die Grund-schuld an einen Dritten abtritt, der die Erfüllung desRückgewähranspruchs nicht oder nicht mehrschuldet.212

Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass – soweit man dieBeschränkung des Rückgewähranspruchs auf die Va-riante der Aufhebung („Löschung“) der Grundschuld fürwirksam erachtet – (auch) der Zessionar des Rückge-währanspruchs nicht zum Inhaber des Grundpfand-rechts werden kann.213 Schließlich besteht ein Aus-kunftsanspruch des Inhabers des Rückgewähran-spruchs gegen den Grundpfandrechtsgläubiger überden Stand der gesicherten Verbindlichkeiten nachhöchstrichterlicher Rechtsprechung nicht allein kraftZession des Rückgewähranspruchs.214

2. Anwendungsfelder

Trotz der aufgezeigten Risiken sollte der Notar dieMöglichkeit der Abtretung des Rückgewähranspruchsals Sicherungsmittel stets im Blick behalten. Von Wertals Sicherungsmittel kann er dabei insbesondere nichtnur für den nachrangig berechtigten Grundpfand-rechtsgläubiger, sondern ganz allgemein für jeden an-derweitig nachrangig Berechtigten zur Verstärkung vondessen Sicherheit sein. Ein jeder solcher hat nämlichregelmäßig ein Interesse daran, im Rang aufzurücken.Besonders augenfällig ist dieses Interesse bei demje-nigen, der mit seinem dinglichen Recht zunächst imRang hinter ein neu zu bestellendes Grundpfandrechtzurücktritt. Derartige Konstellationen sind in der nota-riellen Praxis z. B. nach innerfamiliären Grundstücks-überlassungen unter vorbehaltenen Nießbrauch- oderWohnungsrechten häufig anzutreffen. Benötigt derÜbernehmer des Grundbesitzes einen Kredit, zu dessenGewährung das Kreditinstitut nur dann bereit ist, wennihm ein erstrangiges Grundpfandrecht bestellt wird, sosollten zugunsten des im Rang zurücktretenden Be-

rechtigten die Rückgewähransprüche abgetreten wer-den.

Überhaupt empfiehlt es sich, die Abtretung von Rück-gewähransprüchen zur Sicherung nachrangig Be-rechtigter immer dort in Betracht zu ziehen, wo § 1179BGB auch die Eintragung einer entsprechenden Lö-schungsvormerkung zulässt, also ganz allgemein zu-gunsten von Inhabern nachrangiger Grunddienst-barkeiten, Nießbrauchrechte, beschränkter persönli-cher Dienstbarkeiten, Vorkaufsrechte oder Reallasten(Nr. 1) oder zumindest entsprechender, ihrerseits vor-merkbarer, schuldrechtlicher Ansprüche (Nr. 2). Denn daes dem Eigentümer regelmäßig leicht fällt, den durch dieLöschungsvormerkung nach § 1179 BGB vorausge-setzten Vereinigungstatbestand zu verhindern,215 lässtsich nur auf diese Weise ein – wenn auch mit den auf-gezeigten Mängeln behafteter – Anspruch auf Rangauf-rückung begründen.

3. Schutzvorkehrungen im Rahmen derAbtretung

Kommt danach im Einzelfall die Abtretung der Rückge-währansprüche zur Sicherung insbesondere des Auf-rückungsinteresses eines nachrangigen dinglich Be-rechtigten in Betracht, so stellt sich die Frage, welcheSchutzvorkehrungen216 der Notar bei Gestaltung derAbtretungsvereinbarung zu treffen hat.

Insofern bietet sich zunächst ein Hinweis auf die Mög-lichkeit an, dass die Abtretung bei vorgehenden Zes-sionen oder (Ver-) Pfändungsmaßnahmen ins Leere ge-hen kann. Mit Blick darauf, dass (sogar formularmäßig)wohl zumindest eine Abtretungsbeschränkung in Formeiner Zustimmungspflicht vereinbart werden kann,217 istauch insoweit an einen entsprechenden Hinweis zudenken. Wollen die Urkundsbeteiligten zusätzlicheTreuhandkosten (vgl. § 147 Abs. 2 KostO) vermeiden,sollten zudem Zedent wie Zessionar erklären, dass siedie (ggf. nötige) Zustimmung selbst einholen werden.218

Zugunsten des Zessionars des Rückgewähranspruchshätte eine solche Zustimmung zugleich zur Folge, dasssich der Sicherungsnehmer ihm gegenüber nicht mehrauf die Schutzwirkung von § 407 BGB berufen kann.

208 Vgl. oben B II 2, B VI.209 Vgl. oben B VII 1 b.210 Vgl. oben B VI 2.211 BGHZ 115, 241 = DNotZ 1992, 549, 551 f. = MittRhNotK 1992, 19,

20; ebenso Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 896.212 Vgl. zu den Sicherungswirkungen von § 1192 Abs. 1 a BGB jedoch

bereits oben B IV 3 b bb sowie sogleich unten C II 1; s. zum Schutzdurch Vormerkung auch unten C II 2.

213 Krauß (Fn. 179), Rn. 1692.214 Vgl. in diesem Sinne zum Rückgewähranspruch in Gestalt des

Anspruchs auf Auskehr des Übererlöses (oben B II 5) BGH DNotZ1988, 155 = NJW-RR 1987, 1296; Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),Rn. 1059; Krauß (Fn. 179), Rn. 1693.

215 Vgl. nur Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), § 1179 Rn. 6.216 Bei besonderen Risikolagen in der Person der Grundpfand-

rechtsgläubiger, etwa bei ausländischen oder privaten Berechtig-ten, sollte zudem die Sicherung des abgetretenen Rückgewähr-anspruchs durch Vormerkung erwogen werden; vgl. hierzu nochnachstehend C II.

217 Vgl. oben B VII 1 c.218 Vorsichtshalber sollten auch Ansprüche auf Rückgewähr abge-

tretener Rückgewähransprüche abgetreten werden, vgl. schonoben B VII 1 a a.E.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden RNotZ 2012, Heft 5 211

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 211/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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Im Einzelfall kommt auch ein entsprechender Treu-handauftrag des Zessionars des Rückgewähran-spruchs an den Notar in Betracht. Speziell mit Blick aufdie Situation beim Rangrücktritt könnte sich der Notarinsoweit etwa anweisen lassen, von der Rangrücktritts-erklärung erst dann Gebrauch zu machen, wenn ihm derZessionar des Rückgewähranspruchs bestätigt, dassder Grundpfandrechtsgläubiger der Abtretung zuge-stimmt hat oder die Abtretung zustimmungsfrei ist, oderaber wenn dem mit Einholung und Entgegennahme zubevollmächtigenden Notar eine entsprechende Erklä-rung des Grundpfandrechtsgläubigers vorliegt.

Weiterhin lässt sich auch ein notarieller Hinweis darauferwägen, dass die Sicherungswirkung des Rückge-währanspruchs maßgeblich von der Vereinbarung einesmöglichst engen Sicherungszwecks zwischen Siche-rungsgeber und Grundpfandrechtsgläubiger abhängigist.219 Dementsprechend ließe sich der Treuhandauftragan den Notar etwa dadurch erweitern, dass der Grund-pfandrechtsgläubiger dem Zessionar (oder dem zu be-vollmächtigenden Notar) gegenüber eine Erklärung ab-gegeben hat, dass das Grundpfandrecht nur zur Siche-rung eines in bestimmter Höhe gewährten konkretenDarlehens dient, also nur einmal valutiert wird.220 Daeine entsprechende Einmalvalutierungserklärung, dieschuldrechtlicher Vertrag (§§ 241, 311 Abs. 1 BGB)zwischen Grundschuldgläubiger und Zessionar desRückgewähranspruchs ist,221 den Sicherungsinteres-sen des Grundpfandrechtsgläubigers zuwiderläuft, wirdsie freilich häufig einzelfallspezifische Beschränkungenerfahren.222

Da allein die Zession des Rückgewähranspruchs einenAuskunftsanspruch über Umfang und Höhe der ge-sicherten Verbindlichkeiten nicht impliziert,223 bietet essich abschließend an, den Zessionar zu bevoll-mächtigen, von dem Inhaber des GrundpfandrechtsAuskunft über sämtliche Umstände zu erhalten, die hin-sichtlich der Rückgewähransprüche von Bedeutungsind.224

II. Sicherung des Rückgewähranspruchs

Der Rückgewähranspruch ist schuldrechtlicher Natur.Wie aufgezeigt,225 erlangt der Inhaber des Rückge-währanspruchs daher durch ihn keine dingliche Verfü-gungsgewalt über die Grundschuld. Vielmehr ist er aufdie Vertragstreue des Sicherungsnehmers, auf die Er-füllung des Rückgewähranspruchs, angewiesen. Ver-letzungen der Rückgewährpflicht sind zwar nach nä-herer Maßgabe von §§ 280 ff. BGB mit der Verpflichtungzum Schadenersatz bewehrt. Werthaltig sind solcheAnsprüche jedoch nur bei hinreichender Bonität desRückgewährschuldners; zudem muss auch eine realeMöglichkeit zur Durchsetzung entsprechender Scha-denersatzansprüche bestehen. Ein Verweis des Siche-rungsgebers auf die Sekundärebene des Schadener-satzes mag daher bei inländischen Kreditinstituten oderjuristischen Personen des öffentlichen Rechts akzepta-bel sein; bei ausländischen und privaten Grundpfand-rechtsgläubigern kann die Bonität jedoch kaum ver-lässlich eingeschätzt werden, und auch an der Durch-setzbarkeit von Schadenersatzansprüchen bestehenoftmals Zweifel. Daher stellt sich die Frage, wie der

Rückgewähranspruch gegenüber derartigen Rückge-währschuldnern adäquat gesichert werden kann.

1. Durch § 1192 Abs. 1 a BGB vermitteltesSchutzniveau

Wendet man sich daher der Frage nach der Sicherungdes Rückgewähranspruchs zu, so gilt es zunächst dasgesetzliche Schutzniveau in Erinnerung zu rufen. Dennin welchem Umfang gestaltende notarielle Vorsorge er-forderlich wird, hängt von den zu schließenden gesetz-lichen Schutzlücken ab. Wie schon dargelegt,226 ist derdem Eigentümer herkömmlich allein gem. § 1157 BGBvermittelte Schutz durch § 1192 Abs. 1 a BGB erheblichaufgewertet worden. Denn nach der zuletzt genanntenBestimmung ist die Möglichkeit gutgläubig einrede-freien Erwerbs der Grundschuld bei in den zeitlichenAnwendungsbereich dieser Bestimmung fallenden Si-cherungsgrundschulden ausgeschlossen. Und der aufder Zahlung der gesicherten Forderung beruhendeRückgewähranspruch kann dem Zessionar des Grund-pfandrechts auch dann entgegengesetzt werden, wenndie Zahlung erst nach Abtretung des Grundpfandrechtserfolgt.

Gleichwohl ist der Schutz nicht lückenlos: So gestattetzwar § 1192 Abs. 1 a BGB, Einreden aus schuld-rechtlichen Beziehungen, insbesondere dem Siche-rungsvertrag, auch dem Zessionar einer Grundschuldentgegenzuhalten.227 Nicht gesichert sein dürfte nachdem Wortlaut von § 1192 Abs. 1 a BGB, wonach le-diglich „Einreden (. . .) entgegengesetzt“ werden kön-nen, jedoch die Möglichkeit, aktiv Erfüllung desschuldrechtlichen Rückgewähranspruchs zu verlangen.Allerdings meinte der Gesetzgeber,228 eine eigen-ständige Regelung für den Rückgewähranspruch seientbehrlich, weil der gesetzliche Verzichtsanspruchnach § 1169 BGB über § 1192 Abs. 1 a BGB dem Zes-sionar der Grundschuld gegenüber geltend gemachtwerden kann.

Indes setzt § 1169 BGB jedenfalls im AusgangspunktIdentität von Eigentümer und Inhaber des Rückgewähr-anspruchs voraus. Sieht man ihn als Ausfluss desEigentums am Grundstück selbst an,229 so ist nicht nurzweifelhaft, ob er sich von diesem – vergleichbar demRückgewähranspruch – durch Abtretung oder Pfän-

219 Vgl. oben B II 1, B VI.220 Formulierungsbeispiel bei Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 890;

zur Wirkung einer Einmalvalutierungserklärung in der Zwangsver-steigerung vgl. BGH, NJW 2002, 1578; vgl. auch die Gestaltungs-empfehlung von Kesseler, NJW 2012, 577, 580 f.

221 Schöner/Stöber (Fn. 7), Rn. 2344.222 Z. B. könnte es sich anbieten, die Prolongation eines einmal ge-

währten Darlehens zuzulassen.223 Vgl. oben C I 1 b a.E.224 Formulierungsbeispiel, auch zu weiteren vorstehenden Aspekten

bei Krauß (Fn. 179), Rn. 1695.225 Vgl. oben C I 1 b.226 Vgl. oben B IV 3 b.227 Vgl. oben B IV 3.228 BT-Drucks. 16/9821, S. 17, vgl. dazu schon oben B IV 3 b bb.229 In diesem Sinne wohl diejenigen, die m.H.a. § 902 BGB die Un-

verjährbarkeit des Anspruchs begründen wollen, so etwa Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1169 Rn. 2 i. V. m. § 902 Rn. 2 m. w. N.; hierfürauch Wolfsteiner, DNotZ 2003, 321 ff.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden212 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 212/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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dung trennen lässt.230 Vielmehr ließe sich auch er-wägen, dass er keinen Schutz gewährt, wenn es – wieetwa im Falle einer nach Zuschlagserteilung stehen ge-bliebenen Grundschuld oder sonst bei mangelnderIdentität des Sicherungsgebers mit dem Eigentümer231

– nicht der Grundstückseigentümer ist, der den Rück-gewähranspruch innehat und geltend machen will.232

Jedenfalls § 1192 Abs. 1 a BGB gewährt wohl ohnehinnur dem Eigentümer, nicht aber dem Rückgewähr-berechtigten Schutz.233 Zumindest in denjenigen Fall-konstellationen, in denen der Rückgewähransprucheinzig durch Abtretung erfüllt werden kann,234 ist der zuschützende Rückgewährberechtigte jedoch geradenicht (mehr) Eigentümer. Er wird sich schon deshalbkaum auf § 1192 Abs. 1 a BGB berufen können. Viel-mehr ermöglicht hier § 1157 S. 2 BGB nach wie vor zuseinen Lasten den gutgläubig einredefreien Erwerb desGrundpfandrechts.235 Da mit Zuschlag in der Zwangs-versteigerung sogar jeder (ursprünglich) mit demEigentümer identische Rückgewährberechtigte seinEigentum unfreiwillig verlieren kann, besteht damit einRisiko für jeden sicherungsgebenden Eigentümer trotz§ 1192 Abs. 1 a BGB fort.236 Aus diesen Gründen kannes aus Sicht des Sicherungsgebers – selbst dann, wenndieser mit dem Eigentümer identisch ist – sinnvoll sein,eine über den durch § 1192 Abs. 1 a BGB gesetzlichgewährten Schutz hinausgehende Sicherung seinesRückgewährrechts zu erlangen.237

2. Möglichkeit der Vormerkungssicherung

a) Allgemeines

Nach allgemeinen Grundsätzen ist Mittel zur Sicherungschuldrechtlicher Ansprüche auf dingliche Rechtsän-derung an einem Grundstück die Vormerkung. Dem-entsprechend ist anerkannt,238 dass sich auch derRückgewähranspruch unmittelbar bei dem Grund-pfandrecht vormerken lässt. Die Vormerkung bietet da-bei durch den Mechanismus der §§ 883, 888 BGBSchutz vor abredewidrigen Verfügungen239 und ver-mittels § 106 InsO Schutz vor der Insolvenz des Siche-rungsnehmers.240 Zugleich stellt diese Konstruktion– anders als § 1192 Abs. 1 a BGB – die Erfüllbarkeit desRückgewähranspruchs auch in denjenigen Fällen si-cher, in denen die Rückgewähr zwischenzeitlich aneinen anderen als den ursprünglichen Eigentümer desGrundstücks zu erfolgen hat. Auch Einzelrechtsnach-folgern des ursprünglich Rückgewährberechtigten bie-tet sie zudem, da akzessorisches Nebenrecht (§ 401BGB),241 den gleichen Schutzstandard wie dem ur-sprünglich Rückgewährberechtigten selbst.

b) Grundbuchverfahrensrecht

Verfahrensrechtlich ist die Vormerkung, so sie zusam-men mit dem Grundpfandrecht eingetragen242 wird,schon auf Bewilligung (§ 19 GBO) des Eigentümers imGrundbuch zu vermerken.243 In einem solchen Fall bie-tet sich Verbindung der Anträge nach § 16 Abs. 2 GBOan.244 Soll die Eintragung der Vormerkung erst nach-träglich erfolgen, so ist hierzu demgegenüber aus-schließlich die Bewilligung (§ 19 GBO) des Grund-pfandrechtsgläubigers erforderlich.245 Damit unter-scheidet sich die Vormerkung des Rückgewähran-

spruchs von der Bewilligung einer Löschungsvor-merkung nach § 1179 BGB, die stets (lediglich) dieBewilligung des Eigentümers als potentiell betroffenemRechtsinhaber voraussetzt.246 Dies trägt dem UmstandRechnung, dass die Löschungsvormerkung nach§ 1179 BGB ihre Wirkung erst nach Übergang derGrundschuld auf den Eigentümer, also nach Verän-derung der dinglichen Rechtslage, entfalten kann, wäh-rend der Rückgewähranspruch vorgelagert ist.247 Daherkann der Rückgewähranspruch auch unabhängig da-von vorgemerkt werden, ob bereits eine Löschungsvor-merkung eingetragen ist oder ein gesetzlicher Lö-schungsanspruch besteht.248

c) Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit desGrundpfandrechts

Allerdings beeinträchtigt die Vormerkung des Rückge-währanspruchs potentiell die Verkehrsfähigkeit desGrundpfandrechts. Daher werden Grundpfandrechts-gläubiger entsprechende Vormerkungen bei ihren zurKreditsicherung eingetragenen Grundpfandrechten re-gelmäßig nicht akzeptieren wollen. Ob die Beein-trächtigung der Verkehrsfähigkeit durch Vormerkungs-sicherung wirklich gravierend ist, ist zwar durchauszweifelhaft. Denn ein nicht unwesentlicher Teil der Be-schränkungen der Verkehrsfähigkeit des Grundpfand-rechts ist – wie schon aufgezeigt249 – über § 1192Abs. 1 a BGB bereits gesetzlicher Inhalt der Siche-rungsgrundschuld. Zudem kann der Rückgewähr-

230 So aber die hM: statt aller BGH, NJW 1985, 800; Palandt/Bas-senge (Fn. 6), § 1169 Rn. 2.

231 Vgl. oben B II 6, B III.232 OLG Celle, ZfIR 2003, 214; ausführlich Wolfsteiner, DNotZ 2003,

321, 326 f.; s. auch Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), § 1169Rn. 25 ff.

233 Vgl. oben B IV 3 b bb.234 Dazu oben B II 6, B III.235 Vgl. oben B IV 3 b bb.236 Niemals Eigentümer des belasteten Grundstücks ist auch der

nachrangig dinglich berechtigte Zessionar des Rückgewähran-spruchs. Es ist daher nicht ohne jeden Zweifel (vgl. oben B IV 3 bbb mit Fn. 122), ob nicht durch Abtretung des Rückgewähran-spruchs der durch § 1192 Abs. 1 a BGB vermittelte Schutz ver-loren geht – mit der Folge, dass möglicherweise auch eine Rück-abtretung die Schutzwirkung nicht wieder aufleben lässt.

237 Vgl. auch Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff.Rn. 244.

238 Schöner/Stöber (Fn. 7), Rn. 2345; Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4),Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 244 f.

239 Vgl. zu den Wirkungen der Vormerkung allgemein nur Schöner/Stöber (Fn. 7), Rn. 1519 ff.

240 Dies verkennt BGH, NJW 2012, 229, soweit die (in concreto feh-lende) Vormerkungssicherung des Rückgewähranspruchs im Zu-sammenhang mit der Insolvenz des Sicherungsgebers erörtertwird, vgl. Kesseler, NJW 2012, 577, 578 f.

241 Allgemeine Meinung; s. nur BGH, NJW 2009, 356 mit Anm. Kes-seler; Palandt/Grüneberg (Fn. 6), § 401 Rn. 4.

242 Die Eintragung erfolgt gem. § 12 Abs. 1 lit. c) GBV in der Ver-änderungsspalte des betroffenen Grundpfandrechts, Abteilung III.

243 BGHZ 66, 341, 347 = DNotZ 1976, 490; Palandt/Bassenge (Fn. 6),§ 1191 Rn. 28.

244 Schöner/Stöber (Fn. 7), Rn. 2345.245 BayObLG, MittBayNot 1983, 12; OLG Hamm, DNotZ 1990, 601;

Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1191 Rn. 28.246 Statt aller Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1179 Rn. 12.247 S. zum vergleichbaren Unterschied zwischen Rückgewähran-

spruch und den gesetzlichen Löschungsansprüchen mit Vormer-kungswirkung der §§ 1179 a f. BGB schon oben B II 3.

248 LG Köln, MittRhNotK 1987, 106; Schöner/Stöber (Fn. 7), Rn. 2345mit Fn. 85.

249 Vgl. oben C II 1.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden RNotZ 2012, Heft 5 213

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 213/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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berechtigte nach allgemeinen Grundsätzen seinen An-spruch nicht nur aufgrund Bewilligung des Grund-pfandrechtsgläubigers (§ 885 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB),sondern grundsätzlich auch einseitig aufgrund einst-weiliger Verfügung vormerken lassen (§ 885 Abs. 1 S. 1Alt. 2 BGB).250 Natürlich ist zuzugeben, dass im Nor-malfall der Kreditsicherung durch Grundschulden einüber § 1192 Abs. 1 a BGB hinausgehender Vormer-kungsschutz kaum erforderlich sein wird. Eine generelleAusweitung des Vormerkungsschutzes soll auch hiernicht propagiert werden. Vielmehr sollte sie von vorn-herein auf spezielle Anwendungsfelder beschränkt wer-den.

3. Anwendungsfelder

In der notariellen Praxis bietet sich die Vormerkungs-sicherung des Rückgewähranspruchs zunächst vor al-lem dort an, wo im Allgemeinen ein dinglich wirkenderAbtretungsausschluss vorgeschlagen wird, also insbe-sondere bei der Bestellung von Grundpfandrechten zu-gunsten privater Grundpfandrechtsgläubiger (unten a).Die Vormerkungssicherung kann zudem als Mittel derVertragsgestaltung, insbesondere im Rahmen der Si-cherung der Lastenfreistellung, eingesetzt werden (un-ten b).

a) Vormerkungssicherung als Ersatz für denAusschluss der Abtretbarkeit derGrundschuld

aa) Grundschuld nicht abtretbar? – Rückgewährunmöglich!

Auch angesichts von § 1192 Abs. 1 a BGB wird zur Re-duzierung der von der Abstraktheit der Grundschuldausgehenden Gefahren (noch immer) empfohlen, dieGrundschuld dinglich als nicht abtretbar251 auszuge-stalten.252 Insbesondere bei Privatgläubigern entsprichteine solche Rechtsbeschränkung lange geübter nota-rieller Praxis. Indes birgt diese Vorgehensweise Ge-fahren für den Eigentümer. Denn der Ausschluss derAbtretbarkeit auf Ebene des dinglichen Rechts vereiteltdie Rückgewähr der Grundschuld in solchen Fällen, indenen die Rückgewährpflicht aufgrund der Siche-rungsabrede allein durch Abtretung erfüllt werden kann,also namentlich bei mangelnder Identität von Siche-rungsgeber und Grundstückseigentümer infolge Eigen-tumsverlusts im Wege der Zwangsversteigerung.253

Hier ist jede vertragliche Einschränkung des Rückge-währanspruchs auf die Varianten der Aufhebung oderdes Verzichts unwirksam. Aber auch in anderen Fällen,in denen der Sicherungsgeber nicht Eigentümer desGrundstücks ist, gleichgültig, ob er dies schon vor Be-stellung der Grundschuld war254 oder ob er das Eigen-tum ohne Aufgabe seiner Stellung als Sicherungsgeberdurch Veräußerung des Grundstücks verliert, kommenihm alle Rückgewährmodalitäten, die nicht auf die Ab-tretung der Grundschuld gerichtet sind, nicht zugute.Der dinglich wirkende Abtretungsausschluss hindert indiesen Fällen die Erfüllbarkeit des Rückgewähran-spruchs in Gestalt des Anspruchs auf Abtretung derGrundschuld, indem er seine Erfüllung unmöglich macht(§ 275 BGB).

Darüber hinausgehend führt der Abtretungsausschlussauf Ebene des dinglichen Rechts zwingend dazu, dassder Grundschuld die ihr an und für sich innewohnendeMöglichkeit, sie durch Abtretung als Mittel der wieder-holten Kreditsicherung zu verwenden, genommen wird.Eben deshalb wird ja oftmals die formularmäßige Be-schränkung des Rückgewähranspruchs auf den Lö-schungs- und/oder Verzichtsanspruch auch im Fall derIdentität von Sicherungsgeber und Grundstücks-eigentümer für unwirksam erachtet.255 Gleich, ob mandieser Argumentation folgt oder nicht: Deutlich wirdhieran jedenfalls, dass der Eigentümer selbst dann,wenn der Anspruch auf Rückgewähr der Grundschulddurch Löschung und Verzicht „erfüllt“ werden kann, einberechtigtes Interesse an der Abtretung derselben ha-ben kann.

Zusammenfassend bleibt damit festzuhalten: Der ge-nerelle Abtretungsausschluss auf Ebene des dinglichenRechts, gedacht als gezielte Rechtsbeschränkung zumSchutze des Eigentümers vor treuwidrigen, dem Siche-rungsvertrag widerstreitenden Verfügungen, führt –wenn der Rückgewähranspruch einzig durch Abtretungerfüllt werden kann – zum Verlust der Möglichkeit, dasSicherungsgut unmittelbar zurückzuerlangen. Und inden Fällen, in denen zwar der schuldrechtliche Rückge-währanspruch durch Löschung und/oder Verzicht erfülltwerden kann, wird dem Eigentümer zumindest dieMöglichkeit genommen, die Grundschuld als Mittel derwiederholten Kreditsicherung einzusetzen. Der durchdie Beschränkung des dinglichen Rechsinhalts inten-dierte Schutz des Grundschuldbestellers kann sich da-mit letztlich in sein Gegenteil verkehren. Hieraus folgt,dass von der Bestellung nicht abtretbarer Grund-pfandrechte nur mit äußerster Zurückhaltung Gebrauchgemacht werden sollte.

bb) Die Beschränkung der Abtretbarkeit durchZustimmungsvorbehalt als Alternative

Im Ansatz vertretbar dürfte vor diesem Hintergrunddemgegenüber die Einschränkung der Abtretbarkeitdergestalt sein, dass sie nur mit Zustimmung des

250 Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 1191 Rn. Schöner/Stöber (Fn. 7),Rn. 2345; näher Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem.§§ 1191 ff. Rn. 245 m. w. N. Eine Gefährdung des vorzumerkendenAnspruchs, ein Verfügungsgrund, ist dabei – abweichend von§§ 936, 920 Abs. 2 ZPO – gerade nicht glaubhaft zu machen(§ 885 Abs. 1 S. 2 BGB). Allerdings gestaltet sich die Vormer-kungssicherung durch einstweilige Verfügung nur dann un-problematisch, wenn der Rückgewähranspruch bereits ent-standen ist; wegen Einschränkungen bei noch nicht fälligen bzw.entstandenen Ansprüchen vgl. speziell zum RückgewähranspruchStaudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 245 undallgemein Staudinger/Gursky, BGB, 2008, § 885 Rn. 28.

251 Ein solcher Abtretungsausschluss kann nach h. M. von Anfang anoder nachträglich vereinbart werden; Gaberdiel/Gladenbeck(Fn. 2), Rn. 425 m. w. N. auch zur Gegenauffassung; Palandt/Bas-senge (Fn. 6), § 1191 Rn. 8, vor § 854 Rn. 12.

252 So etwa Amann, in: Beck’sches Notarhandbuch (Fn. 28), A VIRn. 15; Schaal, DAI-Skript, 6. Vorbereitungslehrgang auf die no-tarielle Fachprüfung, Teil 2, Band II, Rechte in Abt. II und III, 2. bis7. Mai 2011, S. 110, 121; Kersten/Bühling/Wolfsteiner, 23. Auflage2010, § 72 Rn. 7 ff. , 15 f.

253 Vgl. oben B II 6.254 Vgl. zur Person des Sicherungsgebers in Drittsicherungsfällen

oben B III 2, vgl. zu einem möglichen Anwendungsfall in Über-gabeverträgen etwa unten Fn. 301.

255 Vgl. oben B II 6 a.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden214 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 214/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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Eigentümers erfolgen kann. Denn diese Form der Ab-tretungsbeschränkung steht immerhin einer Abtretungzur Revalutierung nicht im Wege, wenn der Sicherungs-geber noch Eigentümer ist. In diesen Fällen wird jedochzumindest ein Kreditinstitut die Aufhebung des Zustim-mungsvorbehalts verlangen, um nicht die Verwertbar-keit der Grundschuld bei Eintritt des Sicherungsfalles zubeschränken. Und ist der Sicherungsgeber nicht mehrEigentümer, so steht es um seinen Schutz wohl kaumbesser als beim völligen Abtretungsausschluss: Dennregelmäßig stehen weder der ursprüngliche Eigentümernoch der Sicherungsnehmer im Verhältnis zum Er-werber in schuldvertraglichen Beziehungen, kraft derendie Zustimmung verlangt werden könnte. Und ein Aus-schluss der Abtretbarkeit dergestalt, dass die Abtretungnur an den bestellenden (ursprünglichen) Eigentümer,insoweit aber zustimmungsfrei, zugelassen wird, dürftewohl den Typenzwang des Sachenrechts sprengen.256

Allerdings lässt sich die Abtretung auch derart be-schränken, dass sie nur mit Zustimmung des konkretenSicherungsgebers, regelmäßig also des die Grund-schuld bestellenden Eigentümers, zulässig sein soll.257

In diesem Fall hätte es der Sicherungsgeber auch dann,wenn er nicht (mehr) Eigentümer ist, noch in der Hand,die zur Erfüllung des Rückgewähranspruchs durch Ab-tretung nötige Zustimmung zu erteilen. Vor diesem Hin-tergrund dürfte sich die Vereinbarung eines ent-sprechenden Zustimmungsvorbehalts als vorzugs-würdige Alternative zur Vereinbarung eines vollständi-gen Abtretungsausschlusses darstellen. Allerdings ver-mag ein derartiger Zustimmungsvorbehalt nur Schutzvor abredewidrigen Verfügungen durch Abtretung zugewähren. Keinen Schutz bietet er hingegen vor ab-redewidrigen Verfügungen durch Aufhebung oder Ver-zicht auf die Grundschuld. Ist der Sicherungsgebernicht (mehr) Eigentümer des Grundstücks, kommen ihmdiese Rückgewährmodalitäten indes nicht zugute, sodass er allein durch einen entsprechenden Zustim-mungsvorbehalt jedenfalls nicht optimal geschützt ist.Zudem besteht das Problem, dass der Eigentümer beiDrittsicherungsfällen nach der Rechtsprechung desBGH im Zweifel nicht Sicherungsgeber sein soll.258

Ohne ausdrückliche Regelungen über die Person desSicherungsgebers, ohne Gestaltung des Sicherungs-vertrages, wird daher die Person des Zustimmungs-berechtigten hier kaum zu bestimmen sein.

cc) Die Vormerkung des Rückgewähranspruchs– ein Substitut für die Vereinbarung dinglicherAbtretungsbeschränkungen

Als weitergehende Lösung für die aufgeworfene Pro-blematik dürfte sich vor diesem Hintergrund die Gestal-tung einer Sicherungszweckerklärung259 nebst Vormer-kung des aus ihr folgenden Rückgewähranspruchs beidem Grundpfandrecht darstellen. Denn die Vormerkungstellt die Erfüllbarkeit des Rückgewähranspruchs auchin denjenigen Fällen sicher, in denen die Rückgewährzwischenzeitlich an einen anderen als den derzeitigenEigentümer des Grundstücks zu erfolgen hat. Zugleichbietet sie durch den Mechanismus der §§ 883, 888 BGBeinen einem dinglich wirkenden Abtretungsausschlussim rechtspraktischen Ergebnis vergleichbaren Schutzvor abredewidrigen Verfügungen aller Art, auch vor Lö-

schung oder Verzicht.260 Schließlich kann infolge aus-drücklicher Gestaltung der Sicherungsabrede keinZweifel über die Person des Sicherungsgebers auf-kommen.

Für den Notar ist mit der hier vorgeschlagenen Vormer-kungssicherung des Rückgewähranspruchs nur ge-ringer Mehraufwand verbunden, da er in Fällen, in denener bislang die Abtretbarkeit des Grundpfandrechts ein-geschränkt oder ausgeschlossen hätte, lediglich die Si-cherungsabrede zwischen Schuldner und Gläubiger zugestalten und die Eintragung der Vormerkung zu über-wachen hat. Dieser vertretbare Mehraufwand sollte imInteresse des Sicherungsgebers in Kauf genommenwerden. Will man diesen Weg nicht gehen, so solltedemgegenüber geprüft werden, ob sich nicht die Be-stellung einer Hypothek als gegenüber der Bestellungeiner Grundschuld vorzugswürdige Alternative darstellt.

b) Vormerkungssicherung desRückgewährrechts als Mittel derVertragsgestaltung

aa) Regelungen zur Lastenfreistellung beiausländischen oder privatenGrundpfandrechtsgläubigern

Die Vormerkungssicherung des Rückgewähranspruchskann zudem auch im Rahmen der Sicherung der La-stenfreistellung von Grundbesitz relevant werden. Dieübliche Praxis, die Fälligkeit des Kaufpreises an denEingang der Freistellungsunterlagen unter erfüllbarenTreuhandauflagen zu knüpfen, erweist sich bekanntlichdann als problematisch, wenn ein Privater oder ein aus-ländischer Grundpfandrechtsgläubiger Inhaber einerGrundschuld261 ist. Denn die Lastenfreistellung kann beiVerlust der Verfügungsmacht über das dingliche Recht,etwa infolge Insolvenz oder abredewidriger Verfügung,scheitern. So schützt im Falle der Insolvenz § 91 Abs. 2InsO i. V. m. § 878 BGB den Erwerber nur, wenn dieAufgabeerklärung gem. § 875 Abs. 2 BGB bindend ge-worden und die Bewilligung beim Grundbuchamt ein-gereicht sowie der Vollzugsantrag gestellt ist.262

Daher wird in derartigen Fällen empfohlen, die Siche-rung der Lastenfreistellung dadurch zu gewährleisten,dass die Rückgewährpflicht des Grundpfandrechts-gläubigers gegenüber dem Käufer eigenständigschuldrechtlich konkretisiert und bei dem Grundpfand-recht vorgemerkt wird.263 Allerdings läuft es den Inte-

256 Unter diesem Gesichtspunkt werden schon Bedenken gegen dieZulässigkeit des Abtretungsausschlusses als solche erhoben, vgl.insoweit die Nachweise zur Gegenansicht bei Gaberdiel/Gladen-beck (Fn. 2), Rn. 425 in Fn. 1 sowie Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4),Einl. §§ 1113 ff. Rn. 138 i. V. m. Rn. 136.

257 Vgl. nur Schöner/Stöber (Fn. 7), Rn. 2379, demnach das Zustim-mungserfordernis sogar in der Person eines Dritten begründetwerden kann.

258 Vgl. oben B III.259 Ein ausführliches Muster einer Sicherungszweckerklärung findet

sich bei Kersten/Bühling/Wolfsteiner (Fn. 252), § 72 Rn. 36 M.260 Vgl. oben C II 2 a.261 Die nachstehenden Überlegungen gelten für andere beschränkte

dingliche Rechte entsprechend.262 Näher Krauß (Fn. 179), Rn. 967, 987.263 Brambring, in: Beck’sches Notarhandbuch (Fn. 28), A I Rn. 103;

Krauß (Fn. 179), Rn. 990 ff. mit Formulierungsvorschlägen, auchfür Regelungen zur Kaufpreisfälligkeit.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden RNotZ 2012, Heft 5 215

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ressen des Grundpfandrechtsgläubigers an der Ver-kehrsfähigkeit seiner Grundschuld zuwider, diese miteiner Vormerkung zu belasten.264 Zwar hindert diese dieZwangsversteigerung nicht,265 gleichwohl liegt ihm imInteresse der Verwertbarkeit des Grundpfandrechtsdurch Abtretung daran, die Vormerkung insbesonderedann möglichst unproblematisch zu beseitigen, wennder Kaufvertrag scheitert. Um derartigen Bedenken desGrundpfandrechtsgläubigers zu begegnen, könnte vor-sorglich eine Löschungsbewilligung des durch die Vor-merkung geschützten Erwerbers eingeholt oder ent-sprechende Vollmacht an den Notar erteilt werden. Esdürfte dabei nahe liegend sein, die Gestaltung der Treu-handauflagen hinsichtlich derartiger Schubladenlö-schungsmodelle an den anhand der Löschung der Auf-lassungsvormerkung bei gescheitertem Kauf entwi-ckelten Beispielen zu entwickeln.266 Wird insoweit eineden Interessen des Grundschuldgläubigers hinreichendRechnung tragende Lösung angeboten, dürfte dieserauch zur Mitwirkung verpflichtet sein.267

bb) Regelungen im Rahmen vonTeilflächenkäufen

Im Ansatz vergleichbar wird zudem vorgeschlagen, dieVormerkung zur Sicherung der Lastenfreistellung beinoch nicht vermessenen Teilflächen einzusetzen. Hierkann – anstelle eines Rangrücktritts des Pfandrechtshinter die Erwerbervormerkung268 oder anstelle derbloßen Anforderung von Freistellungsunterlagen269 – einFreigabeversprechen des abzulösenden Grundpfand-rechtsgläubigers noch vor Vermessung der Fläche imGrundbuch vorgemerkt werden.270 Gewissermaßenumgekehrt lässt sich das Vormerkungsinstrument beimTeilflächenkauf auch zur Sicherung des durch einen Fi-nanzierungsgläubiger gegenüber dem Verkäufer abge-gebenen Freigabeversprechens hinsichtlich der nichtverkauften Restfläche einsetzen, wenn zu Gunsten desFinanzierungsgläubigers eine Gesamtbelastung desnoch nicht vermessenen Grundstücks vorgenommenwurde.271

III. Gefahren für die Vertragsabwicklung und-gestaltung

Mit dem Rückgewähranspruch verknüpft sind schließ-lich auch Probleme der Vertragsabwicklung und -ge-staltung, die im Folgenden angesprochen werden sol-len. Dabei sollen zunächst Schutzmaßnahmen bei dro-hender Pfändung des Rückgewähranspruchs (unten 1.)erörtert werden, um sodann den Rückgewähranspruchbei Finanzierungsgrundpfandrechten (unten 2.) undschließlich das Schicksal des Rückgewähranspruchsbei der Übernahme von Grundpfandrechten (unten 3.)zu erörtern.

1. Schutzmaßnahmen bei drohender Pfändungdes Rückgewähranspruchs

a) Allgemeines

Wie aufgezeigt,272 unterliegt der Rückgewähranspruchals selbstständiges verkehrsfähiges Vermögensrechtder Pfändung durch Gläubiger des Sicherungsge-bers.273 Hat der Sicherungsgeber sein Wahlrecht bzgl.

der Rückgewährmodalitäten bereits ausgeübt, so istauch der Pfändungsgläubiger hieran gebunden. DieWahl wird dabei im Rahmen der Lastenfreistellung re-gelmäßig dadurch getroffen, dass der Notar in Voll-macht für den Verkäufer die Löschungsbewilligung an-fordert.274 Erfolgt der Pfändungszugriff demgegenüberzuvor, so wird der infolge Überweisung zur Einziehungermächtigte Pfändungsgläubiger von dem Grund-pfandrechtsinhaber regelmäßig nicht Aufhebung derGrundschuld, sondern deren Abtretung an den Schuld-ner verlangen, um sich aus der entstehenden Eigen-tümergrundschuld, an der sich sein Pfandrecht fort-setzt, zu befriedigen.275 Scheitert aber die Lastenfrei-stellung, so scheitert für gewöhnlich276 auch die Ver-tragsabwicklung.

Ein Risiko mit Blick auf die Zahlung des Kaufpreises isthiermit zwar nicht verbunden, da die fehlenden Lö-schungsunterlagen bei sachgerechter Vertragsgestal-tung schon den Eintritt der Kaufpreisfälligkeit hindern.Im Interesse einer vollzugsfähigen Vertragsabwicklungsollte jedoch gleichwohl zumindest bei konkreten Voll-streckungsrisiken in der Person des Verkäufers dieFrage nach vertraglichen Schutzmechanismen zur Si-cherung der Lastenfreistellung gestellt werden. Insoweitwird empfohlen,277 die betreffenden Rückgewähran-sprüche (nebst etwaigen Eigentümerrechten an denwegzufertigenden Grundpfandrechten) an den Erwer-ber aufschiebend bedingt auf die vollständige Kauf-preiszahlung, jedenfalls aber mit Eigentumsumschrei-bung, abzutreten. Denn gem. § 161 BGB ist der Käuferhierdurch schon mit Vertragsschluss vor nachfolgendenAbtretungen oder Pfändungsmaßnahmen geschützt.Allerdings versagt dieser Schutz dort, wo die Abtretungder Rückgewähransprüche (formular-)vertraglich aus-geschlossen oder unter Zustimmungsvorbehalt gestelltist (§ 399 BGB). Eine nachträglich erklärte Zustimmungwirkt nämlich nicht auf den Abtretungszeitpunkt zu-rück,278 so dass sie gegenüber zwischenzeitlichenPfändungsmaßnahmen wirkungslos ist.

264 Vgl. oben C II 2 c.265 Näher Krauß (Fn. 179), Rn. 989 mit Fn. 1325.266 Vgl. dazu nur Amann, in: Beck’sches Notarhandbuch (Fn. 28), A I

Rn. 172 ff. mit Formulierungsbeispiel.267 Vgl. zur Verpflichtung des Kreditgebers zur Einwilligung in die

vorzeitige Ablösung eines Grundschulddarlehens wegen Grund-stücksverkaufs allgemein BGHZ 136, 161 = DNotZ 1998, 795 =DNotI-Report 1997, 197.

268 Vgl. Wörner, MittBayNot 2001, 450.269 Vgl. Brambring, in: Beck’sches Notarhandbuch (Fn. 28), A I Rn. 50

unter (5) der Checkliste.270 Näher Wörner, MittBayNot 2001, 450.271 Näher Krauß (Fn. 179), Rn. 1113 ff. mit Formulierungsvorschlägen.272 Vgl. oben B VII 2.273 Vgl. zu praktischen Anwendungsfällen aus der Rechtsprechung

BGH, DNotZ 1958, 383 ff. mit Anm. Hoche; LG Nürnberg-Fürth,BWNotZ 1994, 172 mit Anm. Böhringer.

274 Krauß (Fn. 179), Rn. 982.275 Vgl. näher oben B VII 2 b.276 Vgl. zur Möglichkeit der Zahlung auf die Grundschuld durch den

Käufer als ablösungsberechtigten Dritten (§§ 268, 1150 BGB)DNotI-Gutachten Nr. 11454 vom 5. 4. 2006.

277 Krauß (Fn. 179), Rn. 982 f.; Kesseler (Fn. 179), S. 83 f.; Hertel, in:Würzburger Notarhandbuch (Fn. 10), Teil 2 Kap. 2 Rn. 150.

278 Vgl. oben B VII 1 c a.E.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden216 RNotZ 2012, Heft 5

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b) Besonderheiten beiGesamtgrundpfandrechten

Zu Problemen führt diese Lösung der bedingten Abtre-tung zudem dort, wo Gesamtgrundpfandrechte be-stehen, die nur teilweise (etwa beim Teilflächenverkauf)abgelöst werden sollen. Der Rückgewähranspruchselbst lässt sich – da er sich auf ein einheitliches Ge-samtgrundpfandrecht bezieht – nämlich mit Blick auf dieModalität der Abtretung nicht „real“ teilen; die Abtretungnicht valutierter Grundschuldteile würde sich m.a.W.stets nur auf das Gesamtpfandrecht beziehen.279

Rechtstechnisch möglich ist demgegenüber die (ob-jektbezogen wirkende) teilweise Aufhebung (§§ 875,1183 BGB) bzw. der Teilverzicht (Freigabe, § 1175Abs. 1 Satz 2 BGB). Um diese Ansprüche isoliert ab-zutreten, bedarf es jedoch der vorherigen (hinreichendbestimmten280) Konkretisierung des Rückgewähran-spruchs auf die Einzelfreigabe, sei es durch vorgehendeAusübung des Wahlrechts, sei es durch vorgehendevertragliche Verengung der Sicherungszweckabredeauf die Einzelfreigabe.281

Fehlt es an einer entsprechenden Konkretisierung, so istzu erwägen,282 den Rückgewähranspruch (samt etwai-gen Eigentümerrechten) insgesamt sicherungshalber anden Erwerber zu zedieren. Die Sicherungszession darfdabei nur unter der (auch ansonsten zu beachtendenaufschiebenden) Bedingung der Kaufpreiszahlung er-folgen und muss zugleich (auflösend) bedingt denRückfall des Rückgewähranspruchs für den Fall desVollzugs der Freigabe am Vertragsobjekt vorsehen.Freilich scheitert diese Form der Abwicklung, wennwährend der Abwicklung des Vertrages weitere Ver-fügungen über den (belasteten) Restgrundbesitz er-folgen sollen. Hier bleibt daher nur die vorherige Be-schränkung des Rückgewähranspruchs auf objektbe-zogene Aufhebung bzw. Verzicht.283

2. Sicherungszweckabrede inFinanzierungsgrundpfandrechten

a) Essentialia der Sicherungszweckabrede

Zur täglichen Praxis des Notars zählt die Bestellung vonFinanzierungsgrundpfandrechten. Der Verkäufer wirkthierbei bekanntlich im Interesse der frühzeitigen Ver-schaffung einer werthaltigen284 Sicherung der Kauf-preisfinanzierung noch vor Kaufpreiszahlung und damitvor Eigentumsumschreibung an der Bestellung derFinanzierungsgrundschuld mit. „Kernstück“285 einer je-den Finanzierungsgrundschuld ist dabei die Ein-schränkung der Sicherungszweckerklärung bis zur voll-ständigen Kaufpreiszahlung bzw. bis zum Eigentums-übergang. So gilt es bekanntlich, den Sicherungszweckdes bestellten Grundpfandrechts dahingehend zu be-schränken, dass die Grundschuld bis zu diesem Zeit-punkt nur insoweit als Sicherheit verwertet oder be-halten werden darf, als der Finanzierungsgläubiger tat-sächlich Zahlungen mit Tilgungswirkung auf die Kauf-preisschuld des Käufers geleistet hat.286 Zugleich ist imInteresse des Käufers zu bestimmen, dass nach voll-ständiger Kaufpreiszahlung bzw. Eigentumsumschrei-bung287 die weiteren Zweckbestimmungserklärungengelten.288

b) Die Finanzierungsgrundschuld – ein Fall derBesicherung von Drittverbindlichkeiten

Rechtskonstruktiv handelt es sich freilich bis zur Eigen-tumsumschreibung respektive vollständigen Kaufpreis-zahlung um die Besicherung von Drittverbindlichkeiten,da die Person des Eigentümers (Verkäufers) und Darle-hensnehmers (Käufers) auseinanderfallen. Sicherungs-geber ist hier jedoch – sofern die im Interesse des Fi-nanzierungszwecks (vorläufig) nötigen Einschränkun-gen der Sicherungszweckabrede wirksam vorgenom-men werden – der Eigentümer-Verkäufer289 und nichtetwa der Käufer als Schuldner der persönlichen Forde-rung. Der nach der Rechtsprechung des BGH im All-gemeinen zu beachtende gegenteilige Zweifelssatz290

wird hier angesichts der abweichenden ausdrücklichenBestimmungen291 kein gegenteiliges Ergebnis zu be-gründen vermögen. Dementsprechend ist auch Inhaberdes Rückgewähranspruchs zunächst der Verkäufer.

c) Der Schutz des Käufers vor Verfügungenüber den Rückgewähranspruch desVerkäufers

Der Käufer ist daher vor Verfügungen des Verkäufersüber den Rückgewähranspruch und Pfändungsmaß-nahmen seiner Gläubiger zu schützen. Denn anderen-falls könnten Zessionare oder Pfändungsgläubiger desVerkäufers vermittels des Rückgewähranspruchs nicht

279 Näher Böhringer, BWNotZ 1994, 173 f.; vgl. auch Krauß (Fn. 179),Rn. 984; Kesseler (Fn. 179), S. 84 f.

280 Böhringer, BWNotZ 1994, 174.281 Krauß (Fn. 179), Rn. 984; Kesseler (Fn. 179), S. 85.282 Krauß (Fn. 179), Rn. 984.283 S. erneut Kesseler (Fn. 179), S. 85; Krauß (Fn. 179), Rn. 985.284 Ausführlich zu den Risiken von allein durch den Käufer bestellten

Finanzierungsgrundschulden bereits Tröder, DNotZ 1984, 350 ff.285 Ertl, MittBayNot 1989, 53, 62.286 Vgl. nur Schöner/Stöber (Fn. 7), Rn. 3158 f. m. zahlr. weit. Nachw.;

Amann, in: Beck’sches Notarhandbuch (Fn. 28), A I Rn. 118 ff.,120; Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 279;teilweise wird weitergehend empfohlen, den Sicherungszweckdahingehend stärker zu beschränken, dass der Kaufpreis voll-ständig gezahlt ist (vgl. insoweit Reymann, MittBayNot 2008, 272,274; s. ferner die Nachw. bei Schilling, ZNotP 2009, 138, 139; kri-tisch Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 707). Zu den nach Auf-fassung des BGH bestehenden (Kondiktions-)Risiken bei (über-flüssiger, vgl. nur Schöner/Stöber (Fn. 7), Rn. 3158) Abtretung desDarlehensauszahlungsanspruchs s. BGH, DNotZ 2008, 923 mitabl. Anm. Keim, DNotZ 2009, 245.

287 Dafür, erst diesen Zeitpunkt zum Ende der eingeschränktenZweckerklärung zu erheben, etwa Schöner/Stöber (Fn. 7),Rn. 3158, da anderenfalls Schutzlücken namentlich bei Nicht-zahlung der Grunderwerbsteuer verbleiben.

288 Vgl. Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 708; Staudinger/Wolf-steiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 279.

289 Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 279; Ga-berdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 706

290 Vgl. oben B III 2.291 Wirksamkeit der weiteren Zweckbestimmungserklärungen des

Käufers erst nach Kaufpreiszahlung bzw. Eigentumsumschrei-bung und Abtretung der Rückgewähransprüche des Verkäufers anden Käufer, dazu sogleich unter c). Erfolgt die Bestellung des Fi-nanzierungsgrundpfandrechts jedoch ohne entsprechende Ein-schränkungen, wird Sicherungsgeber sofort der Käufer als Darle-hensnehmer sein, der sie aus Sicht des Finanzierungsgläubigers,des Sicherungsnehmers, diesem „aufgrund schuldrechtlicher Ab-reden mit dem Eigentümer verschafft“ (vgl. oben B III 2). Daherwird der Verkäufer-Eigentümer dem Grundpfandrechtsgläubigerzur Abwendung von Vollstreckungsmaßnahmen nicht etwa imWege der Bereicherungseinrede (§ 821 BGB) die Rechtsgrund-losigkeit der Grundpfandrechtsbestellung entgegenhalten kön-nen.

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valutierte Teile des Grundpfandrechts erlangen undden Käufer auch nach vollständiger Kaufpreiszahlungmit Vollstreckungsmaßnahmen bedrohen.292 DiesenSchutzzweck erreichen die gängigen Muster auch: Gel-ten nämlich alle weiteren Sicherungszweckbestim-mungen mit vollständiger Kaufpreiszahlung bzw.Eigentumsumschreibung für den Käufer als neuen Si-cherungsgeber, so scheidet der Verkäufer bei vertrags-gemäßer Abwicklung zu diesem Zeitpunkt aus der ur-sprünglichen Sicherungsabrede mit der Folge des Ver-lustes des Rückgewähranspruchs aus.293

Man könnte daher mit Blick auf die Gefahr der Pfändungvon Rückgewähransprüchen erwägen, es allein bei derVereinbarung einer entsprechend eingeschränkten Si-cherungszweckabrede zu belassen. Im Interesse derWahl des sichersten Weges sehen die gängigen Mus-ter294 gleichwohl die Abtretung aller an dem Grund-pfandrecht zustehenden Rechte auf den Erwerber vor.Pfändungsmaßnahmen gehen infolgedessen ebensowie nachfolgende Verfügungen über den Rückgewähr-anspruch ins Leere. Denn abweichende Verfügungen(wie auch Pfändungsmaßnahmen) werden dann mitBedingungseintritt unwirksam (§ 161 BGB).295

Es ist daher zweifelhaft, ob zum Schutze des Käufers296

zusätzlich eine Beschränkung des Rückgewähran-spruchs auf den Löschungsanspruch erforderlich ist.Immerhin dürfte diese Einschränkung aber angesichtsder Sondersituation beim Finanzierungsgrundpfand-recht auch in Formularverträgen unbedenklich sein.297

Zum einen nämlich erwirbt der Käufer einen uneinge-schränkten Rückgewähranspruch originär aus derselbst geschlossenen (weiteren) Sicherungszwecker-klärung. Zum anderen hat der Verkäufer an der Abtre-tung des Finanzierungsgrundpfandrechts kein ver-nünftiges Interesse. Greifbare Nachteile hat er nur zubefürchten, wenn es zu einer Versteigerung des Grund-besitzes durch nachrangige Grundpfandrechtsgläu-biger kommt. Diese Nachteile kann er jedoch – so derKaufvertrag gescheitert ist – durch rechtzeitige Gel-tendmachung seines Löschungsanspruchs abwenden,ggf. gegen Rückzahlung des auf den Kaufpreis er-haltenen Betrags.298

3. Übernahme von Grundpfandrechten

Schließlich soll der Rückgewähranspruch Anlass füreinen Blick auf die Übernahme von Grundpfandrechtenbei Grundstücksveräußerungen sein. Wie schon dar-gelegt,299 führt der Eigentumswechsel am Grundstücknicht zur Änderung der Parteien des Sicherungs-vertrages, und zwar unabhängig davon, ob Grundlagedes Eigentumswechsels der Erwerb in der Zwangsver-steigerung oder die – für die notarielle Praxis be-deutsame – rechtsgeschäftliche Veräußerung ist. Dahergilt es in Veräußerungsverträgen stets zu bestimmen,was mit Eigentümerrechten und Rückgewähransprü-chen hinsichtlich übernommener Grundpfandrechte zugeschehen hat, um den in ihnen verkörperten wirt-schaftlichen Wert dem Veräußerer oder dem Erwerberzuzuordnen.300

a) Abtretungslösung

In der Regel wird es dabei interessengerecht sein, durchAbtretung der Rückgewähransprüche und Eigen-tümerrechte an den Erwerber einen Gleichlauf mit des-sen Eigentümerstellung herzustellen.301 Gleichwohlfehlt auch in notariellen Verträgen zuweilen eine aus-drückliche Regelung über die Zuordnung von Eigen-tümerrechten und Rückgewähransprüchen. Hier be-dienen sich Rechtsprechung302 und Literatur303 mitBlick auf den Rückgewähranspruch des Mittels derVertragsauslegung. Zumindest bei der Übernahme vongrundpfandrechtlich besicherten Verbindlichkeiten un-ter Anrechnung auf den Kaufpreis304 wird insoweit re-gelmäßig zugunsten des Erwerbers von einer kon-kludenten Abtretung der Rückgewähransprüche aus-gegangen. Dies erscheint interessengerecht, weil ineiner derartigen Fallgestaltung der Erwerber derjenigeist, dem die Grundschulden wirtschaftlich zugeordnetwerden sollen; er soll nicht die zweimalige Inanspruch-nahme – einmal aus der übernommenen Schuld undeinmal aus dem Grundpfandrecht – befürchten müs-sen.305

Gleichwohl zeigt sich hieran, dass zur Vermeidung vonZweifelsfällen eine ausdrückliche vertragliche Regelungüber das Schicksal der Rückgewähransprüche beiübernommenen Grundpfandrechten regelmäßig es-sentieller Bestandteil sachgerechter notarieller Ver-tragsgestaltung ist.306 Soll – wie oftmals – der Erwerberdie Befugnis zur (Re-) Valutierung der Grundpfandrechteinnehaben, so sollten die Eigentümerrechte und Rück-gewähransprüche ausdrücklich abgetreten werden. Umhierbei ein Vorleistungsrisiko auszuschließen, sollte dieAbtretung unter die (aufschiebende) Bedingung der Er-bringung der versprochenen Gegenleistungen (z. B.

292 Vgl. Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 711.293 Dafür Staudinger/Wolfsteiner (Fn. 4), Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 279;

vgl. auch Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 711.294 Vgl. etwa Amann, in: Beck’sches Notarhandbuch (Fn. 28), A I

Rn. 118 ff., 120; Hertel, in: Würzburger Notarhandbuch (Fn. 10),Teil 2 Kap. 2 Rn. 3 (dort unter VIII. 3.) mit Rn. 354 ff.; Kersten/Büh-ling/Basty (Fn. 252), § 32 Rn. 16 M (dort unter XIII.).

295 Statt aller Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 711.296 Ertl, MittBayNot 1989, 53, 62 ist demgegenüber ohne weitere Be-

gründung der Auffassung, eine entsprechende Beschränkung desRückgewähranspruchs diene dem Schutz des Verkäufers.

297 So Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 711 mit Fn. 190; zur Dis-kussion vgl. oben B II 6 a.

298 Vgl. Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 707, 711 mit Fn. 190.299 Vgl. schon oben sowie statt aller Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),

Rn. 634, 929.300 Vgl. nur Ogilvie, MittRhNotK 1990, 145, 149 f.301 Anders aber etwa in Übergabeverträgen, wenn sich der Ver-

äußerer eine Grundschuld zur beliebigen Verwendung zurück-behalten will; vgl. hierzu nur Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2),Rn. 942, 561.

302 BGH, LM Nr. 1 § 1169 BGB; BGH, NJW 1983, 2502, 2503.303 Nieder, in: Münchener Vertragshandbuch, 5. Auflage 2003, S. 18;

Gaberdiel/Gladenbeck (Fn. 2), Rn. 932; Ogilvie, MittRhNotK 1990,145, 150.

304 Hier empfiehlt sich angesichts der bislang höchstrichterlich nichtentschiedenen Frage der Anwendbarkeit der §§ 491 ff. BGB aufdie Schuldübernahme (dagegen aber mit überzeugenden Grün-den OLG Düsseldorf, MittBayNot 2001, 316; Kurz; DNotZ 1997,558 ff.; dafür aber Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, 2004, § 491Rn. 22) ein Ausweichen auf die Vereinbarung einer bloßen Er-füllungsübernahme, s. nur Krauß (Fn. 179), Rn. 883 ff., 888 f. (auchinsoweit a. A. aber Staudinger/Kessal-Wulf, § 491 Rn. 22).

305 So ausdrücklich etwa BGH, NJW 1983, 2502, 2503.306 S. nur das Plädoyer bei Ogilvie, MittRhNotK 1990, 145, 150.

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Schuldübernahme, Zahlung eines Barkaufpreises) ge-stellt werden. Ist die Eigentumsumschreibung ebenfallshieran gekoppelt, so kann es auch sinnvoll sein, dieEigentumsumschreibung selbst zur Bedingung zu er-heben.307 Da der Bedingungseintritt in letzterem Falldurch einen bloßen Blick in das Grundbuch nachvoll-zogen werden kann, was für die Beteiligten ein Mehr anRechtssicherheit verspricht, lässt sich auch erwägen,die Bedingung „jedenfalls“ mit Eigentumsumschreibungeintreten zu lassen.

b) Anpassung der Zweckerklärung

Zugleich ist Sorge dafür zu tragen, dass die Siche-rungszweckabrede hinsichtlich der zu sichernden Ver-bindlichkeiten an die Interessenlage bei Veräußerungdes Grundbesitzes angepasst wird. Insoweit ist – ver-gleichbar mit der Situation bei der erstmaligen Bestel-lung einer Finanzierungsgrundschuld – einerseits si-cherzustellen, dass das übernommene Grundpfand-recht bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung bzw. Ei-gentumsumschreibung308 nur insoweit als Sicherheitverwertet oder behalten werden darf, als (bei der ledig-lich dinglichen Übernahme) tatsächlich Zahlungen mitTilgungswirkung auf die Kaufpreisschuld des Käufersgeleistet wurden bzw. als (bei der Schuldübernahme)der konkret übernommene Kredit in Rede steht.309 An-dererseits ist sicherzustellen, dass hinsichtlich desGrundpfandrechts nach vollständiger Kaufpreiszahlungausschließlich durch den Erwerber getroffene Zweck-bestimmungserklärungen gelten dürfen.310

c) Verbleibende Schutzlücken?

aa) Problem: Vorhergehende Verfügung überRückgewähranspruch

Allerdings wird in der Literatur zuweilen auf verblei-bende Schutzlücken hingewiesen. So bestehe mit Blickauf den Rückgewähranspruch die Gefahr, dass die Ab-tretung311 ins Leere gehe, wenn der Verkäufer dieRückgewähransprüche zuvor an einen Dritten abge-treten habe. Dieses Risiko sei zwar beherrschbar, sofernZessionar der Rückgewähransprüche ein nachrangigerGrundpfandrechtsgläubiger sei. Denn hier habe es derErwerber durch Ablösung der den nachrangigen Rech-ten zugrundeliegenden Verbindlichkeiten (oder derenÜbernahme) in der Hand, die Rückgewähr der (nur si-cherungshalber)312 abgetretenen Rückgewähransprü-che herbeizuführen – mit der Folge, dass die zunächstins Leere gegangene Abtretung an ihn – den Erwerber –wirksam werde.313 Anders liege der Fall jedoch bei vor-gehender Abtretung des Rückgewähranspruchs an au-ßenstehende Dritte: Die Bank könne in einem solchenFall zwar – geschützt durch § 407 Abs. 1 BGB – dieGrundschuld an den Erwerber zurückgewähren. Diesersei jedoch dem Dritten nach § 816 Abs. 2 BGB zur He-rausgabe des Erlangten verpflichtet, während er et-waige Ersatzansprüche gegen den Verkäufer mitunternicht mehr durchsetzen könne.314 Da sich – anders alsbei der (Ver-)Pfändung (vgl. § 1280 BGB, §§ 829, 835ZPO) – nicht sicher feststellen lasse, ob es zu einer Ab-tretung bereits gekommen sei, wird dieses Risiko zu-weilen sogar als unbeherrschbar eingeschätzt.315 Le-diglich eine Versicherung des Verkäufers, dass die

Rückgewähransprüche weder gepfändet wurden nochdass er hierüber anderweitig als zugunsten nach-rangiger Rechtsinhaber verfügt hat, biete einen ge-wissen Schutz.316

bb) Erörterte Lösungsansätze

Demgegenüber wird in der Literatur zur Problemlösungim Interesse wirksamen Erwerberschutzes teils eineBeschränkung des Rückgewähranspruchs auf den Lö-schungsanspruch propagiert.317 Diese auch dem Drit-ten als Abtretungsempfänger gegenüber nach Maß-gabe von § 407 Abs. 1 BGB wirksame Verengung desRückgewähranspruchs auf den Löschungsanspruchkomme auch dem Erwerber zugute, da der Dritte nun-mehr nicht mehr Abtretung der Grundschuld an sichverlangen könne. Pfeifer318 hat demgegenüber hin-sichtlich dieser Lösung – im Grundsatz bereits erör-terte319 – Bedenken aufgezeigt: Im Falle des Eigen-tumswechsels durch Zwangsversteigerung könne dieGrundschuld durch Verengung des Rückgewähran-spruchs auf den Löschungsanspruch für den Verkäufer-Eigentümer verloren sein.320 Er schlägt vor diesem Hin-tergrund die kombinierte Aufhebung und Neu-begründung der Rückgewähransprüche vor.321 Denndie Aufhebung der alten Rückgewähransprüche seidem Zessionar gegenüber nach § 407 Abs. 1 BGBwirksam, solange die Bank keine Kenntnis von der Ab-tretung habe. Und die Neubegründung der Rückge-währansprüche in der Person des Erwerbers betreffedie – nur obligatorisch gesicherte – Rechtsstellung desZessionars überhaupt nicht, so dass sie auch keine An-sprüche gegen den Erwerber auszulösen geeignetsei.322

307 Ausführlich Ogilvie, MittRhNotK 1990, 145, 150 mit Formulie-rungsvorschlag auf S. 157 (Schuldübernahme), 162 (dinglicheÜbernahme); s. ferner etwa Krauß (Fn. 179), Rn. 863 ff. mit Musterin Rn. 883 (Schuldübernahme) und 1683 ff. mit Muster in Rn. 1702(dingliche Übernahme: Abtretung insoweit allerdings unbedingt);Brambring, in: Beck’sches Notarhandbuch (Fn. 28), A I Rn. 341(Schuldübernahme), 344 (dingliche Übernahme).

308 Vgl. zur Unterscheidung schon oben C III 2 a sowie etwa diegleichwertig verwandten, wenn auch unterschiedlichen Formulie-rungsvorschläge bei Krauß (einerseits Rn. 882: Eigen-tumsumschreibung; andererseits Rn. 1702: vollständige Kauf-preiszahlung).

309 Anderenfalls müsste der Erwerber die Versteigerung wegen sons-tiger Verbindlichkeiten des Veräußerers fürchten, worauf Krauß(Rn. 881) zu Recht hinweist. Eine entsprechende Einschränkungfehlt demgegenüber im Muster von Brambring, in: Beck’schesNotarhandbuch (Fn. 28), A I Rn. 341.

310 Vgl. nur Krauß (Fn. 179), Rn. 883, 1702; Ogilvie, MittRhNotK 1990,145, 157 f., 161 f.

311 Vgl. oben B VII 1.312 Vgl. oben B VII 1 a.313 Vgl. näher Ogilvie, MittRhNotK 1990, 145, 151.314 Pfeifer, ZNotP 1999, 117 f.; Pfeifer, MittRhNotK 1998, 333, 344 f.;

Ogilvie, MittRhNotK 1990, 145, 151.315 Wörbelauer, DnNotZ 1965, 519, 526; Nieder (Fn. 303); Ogilvie,

MittRhNotK 1990, 145, 151.316 So etwa Nieder (Fn. 303), S. 18 mit Muster S. 2.317 Brambring, in: Beck’sches Notarhandbuch (Fn. 28), A I Rn. 344; s.

auch Hertel, in: Würzburger Notarhandbuch (Fn. 10), Teil 2 Kap. 2Rn. 369.

318 MittRhNotK 1998, 333, 344 f.; ZNotP 1999, 117 (mit Formulie-rungsvorschlägen).

319 Vgl. oben B II 6 a, C II 3 a.320 Pfeifer, ZNotP 1999, 117, 118.321 Ausführliche Formulierungsvorschläge bei Pfeifer, ZNotP 1999,

117, 119 ff.322 Pfeifer, ZNotP 1999, 117, 119.

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cc) Stellungnahme

Zuzugeben ist, dass Pfeifers Lösung rechtskonstruktivbestehende Restrisiken ausschließt. Insbesonderedann, wenn – wie dies bei der Schuldübernahmerechtstatsächlich zuweilen der Fall ist323 – der Erwerber(auch) in den bestehenden Sicherungsvertrag anstelledes Veräußerers eintritt, dürfte in der Tat zweifelhaftsein, ob sich nicht der Erwerber im Falle vorherigerZession des Rückgewähranspruchs bei Rückgewährder Grundschuld bereicherungsrechtlichen Rückgriffs-ansprüchen des Zessionars ausgesetzt sieht. Hier solltedaher im Sinne Pfeifers durchaus wenigstens ein Hin-weis an den Erwerber erwogen werden, dieser mögeselbstständig eine neue Sicherungszweckabrede ab-schließen, um ihm originär eigene Rückgewähran-sprüche zugutekommen zu lassen.

Zumindest für den Regelfall der bloß dinglichen Über-nahme der Grundschuld dürfte indes die von Pfeifergeforderte Aufhebung und Neubegründung der Rück-gewähransprüche auch ohne dahingehende ausdrück-liche Regelung schon der üblichen Praxis der Grund-pfandrechtsübernahme entsprechen, wie sich auseinem vergleichenden Blick auf die Lage bei der Neu-bestellung eines Finanzierungsgrundpfandrechts ergibt:Wie aufgezeigt, wird ja bei der Übernahme von Grund-pfandrechten die Sicherungszweckvereinbarung derje-nigen beim „normalen“ Finanzierungsgrundpfandrechtvergleichbar eingeschränkt. Dort aber324 dürfte derKäufer vor Verfügungen des Verkäufers über die zu-nächst allein in seiner Person entstehenden Rückge-währansprüche schon dadurch geschützt sein, dass derVerkäufer mit vollständiger Kaufpreiszahlung bzw. Ei-gentumsumschreibung aus dem Sicherungsvertragohne Rückgewähranspruch ausscheidet. Dies als zu-treffend unterstellt, dürfte Selbiges – nach Anpassungder Sicherungszweckabrede – auch bei der Übernahmevon Grundpfandrechten gelten. Dem Zessionar gegen-über wirksam ist die Anpassung der Sicherungszweck-abrede dabei nach Maßgabe von § 407 Abs. 1 BGB.Und eine erst nach vollständiger Kaufpreiszahlung bzw.Eigentumsumschreibung geltende „weitere Siche-rungszweckerklärung“ begründet der Käufer – wie auchbeim Finanzierungsgrundpfandrecht – ohnehin zumin-dest bei der lediglich dinglichen Übernahme regelmäßigselbstständig.

Vor diesem Hintergrund ließe sich sogar die Frage auf-werfen, ob eine zusätzliche Abtretung der bestehendenRückgewähransprüche überhaupt erforderlich ist, dadiese ja infolge Einschränkung der Sicherungsabredebei ordnungsgemäßer Vertragsabwicklung ohnehin un-tergehen. Die Rückgewähransprüche müssten daherm.a.W. bei der Übernahme von Grundpfandrechten so-gar beim Verkäufer verbleiben dürfen, sofern nur durchEinschränkung der ursprünglichen Sicherungszweck-abrede (auch gegenüber einem außenstehenden Zes-sionar, § 407 Abs. 1 BGB) sichergestellt ist, dass derVerkäufer aus ihr nach vollständiger Kaufpreiszahlungbzw. Eigentumsumschreibung ohne Rückgewähran-spruch ausscheidet.

Allerdings soll hier nicht etwa empfohlen werden, vonder ausdrücklichen Abtretung der Rückgewähran-sprüche325 abzusehen. Vielmehr sollte diese schon im

Interesse der Wahl des sichersten Wegs genauso vor-genommen werden, wie sie bei der Neubestellung vonFinanzierungsgrundpfandrechten üblich ist. Erscheintfreilich dort die Reduzierung auf den Löschungsan-spruch angesichts von § 161 BGB regelmäßig kaum alsnötig,326 ist sie bei der Übernahme von Grundpfand-rechten – kumulativ zu der bereits aus der Einschrän-kung der Sicherungszweckabrede folgenden Siche-rungswirkung – durchaus empfehlenswert. Denn hierbesteht – anders als bei der Neubestellung eines Fi-nanzierungsgrundpfandrechts – ja die (nicht nur theo-retische) Möglichkeit der vorherigen Zession über denRückgewähranspruch, gegen die § 161 BGB geradekeinen Schutz verspricht.

Die von Pfeifer erhobenen Bedenken gegen die Redu-zierung des Rückgewähranspruchs auf die Variante derLöschung dürften jedenfalls ebenso wenig verfangenwie bei der Neubestellung eines Finanzierungsgrund-pfandrechts selbst.327 Denn hier wie dort hat der Ver-käufer an der Abtretung des Grundpfandrechts bei ver-tragsgemäßer Abwicklung kein billigenswertes Interes-se. Und hier wie dort hat er die Löschung des Grund-pfandrechts bei Vertragsstörungen mit dem Käufer inder Hand. In der Person des Käufers schließlich werdenhier wie dort zumindest bei der lediglich dinglichenÜbernahme des Finanzierungsgrundpfandrechts regel-mäßig originär eigene Rückgewähransprüche be-gründet.

Gleichwohl sollte der grundsätzliche Rat für die Ge-staltungspraxis dahin gehen, von der Übernahme vonGrundpfandrechten zu Finanzierungszwecken nur imAusnahmefall Gebrauch zu machen. Die (allenfalls)äußerst geringen Kostenvorteile328 wiegen die mit ihrverbundenen Gefahren329 – nicht nur mit Blick auf denRückgewähranspruch – nicht auf.

D. Fazit

Der Rückgewähranspruch bei der Sicherungsgrund-schuld ist – auch wenn ihm selbst nur eingeschränkterSicherungswert zukommt – von erheblicher rechtlicherund wirtschaftlicher Bedeutung. Gefahren drohen demEigentümer namentlich in Drittsicherungsfällen, da hiernach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Zweifel derSchuldner der persönlichen Forderung Sicherungs-geber ist. Die Grundschuld ist daher primär an ihn undnicht an den von ihm zu unterscheidenden Eigentümerzurückzugewähren. Mit Blick auf die notarielle Ge-staltungspraxis wurde zudem aufgezeigt, dass die Vor-merkung des Rückgewähranspruchs bei dem jewei-ligen Grundpfandrecht der Vereinbarung eines dinglich

323 Vgl. nur BGH, NJW 1986, 2108.324 Vgl. oben C III 2 c.325 Erst recht müssen selbstredend die Eigentümerrechte abgetreten

werden.326 Vgl. oben C III 2 c.327 Vgl. oben C III 2 c.328 Vgl. nur Hertel, DAI-Skript Aktuelle Probleme der notariellen Ver-

tragsgestaltung im Immobilienrecht, 2011/2012, 3. Februar 2012,S. 54.

329 Vgl. etwa zur Anwendbarkeit der §§ 491 ff. BGB bei der Schuld-übernahme nur oben Fn. 304.

Müller, Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden220 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 220/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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wirkenden Abtretungsausschlusses überlegen ist. DieVormerkungssicherung sollte daher – so man nicht di-rekt auf die Hypothek als Sicherungsinstrument zu-rückgreift – überall dort in Betracht gezogen werden, woherkömmlich zum Schutze des Eigentümers vor den ausder Abstraktheit der Grundschuld resultierenden Ge-fahren die Vereinbarung eines dinglichen Abtretungs-ausschlusses erwogen wird. Bei der – im Allgemeinengleichwohl nicht zu empfehlenden – Übernahme von

Grundpfandrechten schließlich werden die aus der vor-herigen Zession des Rückgewähranspruchs folgendenGefahren nach hier vertretener Auffassung in der Regelüberschätzt. Zumindest bei der lediglich dinglichenÜbernahme von Grundschulden bewirkt schon diebloße Einschränkung der Sicherungszweckabredeeinen auskömmlichen Schutz, der durch die Abtretungder – auf die Löschungsmodalität zu beschränkenden –Rückgewähransprüche hinreichend flankiert wird.

L’etat c’est moi – oder: Von der trügerischen Allherrlichkeit des Alleinaktionärsbei Hauptversammlungen

von Notar Dr. Christoph Terbrack, Aachen, Lehrbeauftragter an der RWTH Aachen

Das vorstehende Zitat, welches landläufig dem „Son-nenkönig“ Ludwig XIV zugeschrieben wird, umschreibtdas Selbstverständnis des uneingeschränkten Allein-herrschers, der jede Form von Regeln, Gesetzen oderKonventionen unbeachtet lassen kann, denn: Er legtdiese selbst fest. Ganz ähnlich verhält es sich mit demalleinigen Aktionär einer Aktiengesellschaft. Ihm alleingehört die Gesellschaft. Er allein legt daher bei Haupt-versammlungen die Tagesordnung nach seinem Gustofest und beschließt, wie es ihm beliebt. Zumindestherrscht dieses Verständnis bei vielen Kautelarjuristenvor. Sobald klar ist, dass die Gesellschaft nur einen ein-zigen Aktionär hat, fällt die ganze überbordende Lastder einzuhaltenden Formalien, wie fristgerechte Ein-berufung im elektronischen Bundesanzeiger, Über-sendung und Auslegung von entscheidungsrelevantenUnterlagen usw. usf. von den Schultern der Rechts-berater. Alle Ängste, wegen des Übersehens einer For-malie den Vollzug beim Handelsregister zu gefährden,sind wie weggeblasen. Mit der einfachen Formulie-rungen „Unter Verzicht auf alle Form- und Fristvor-schriften hält der alleinige Aktionär hiermit eine Haupt-versammlung ab“ streift er alle störenden Fesseln abund lässt den Aktionär nach Herzenslust und frei vonkrittelnden Registerrichtern Beschlüsse fassen, wie esbeliebt. Doch ist das Ganze wirklich so einfach? Einigeobergerichtliche Urteile der letzten Zeit, die in der Lite-ratur eher unbeachtet geblieben sind, lassen daranZweifel aufkommen. Der nachfolgende Beitrag be-leuchtet diesen Bereich daher kritisch.

I. Rechtsgrundlagen

Grundsätzlich sind bei der Vorbereitung und Durch-führung der Hauptversammlung einer Aktiengesell-schaft eine Vielzahl von Formalien zu beachten. Die Re-gelungen zur Einberufung einer Hauptversammlungbeispielsweise finden sich im Zweiten Unterabschnittdes Vierten Abschnitts des Aktiengesetzes (§§ 121 bis128 AktG) und werfen – trotz hoher Regelungsdichteund stetiger Reformen – immer wieder Fragen auf. Dergesetzgeberische Grund für die hohe Regelungsdichteist im Schutz des einzelnen Aktionärs zu sehen. KeinAnteilsinhaber, und sei seine Beteiligung an der Gesell-

schaft noch so klein und unbedeutend, soll von derMöglichkeit der Teilnahme an der Willensbildung aus-geschlossen werden. Nimmt er an der Willensbildungdurch Besuch der Hauptversammlung teil, soll er wederan der Meinungsäußerung noch an der Willensbildunggehindert werden dürfen. Daher sind die Folgen derMissachtung gesetzlicher Vorgaben bei der Einberufungund/oder Durchführung einer Hauptversammlung dra-konisch: Sie führen hin bis zur Unwirksamkeit der Be-schlüsse mit der Folge, dass die Hauptversammlung zuwiederholen ist. Bei großen Gesellschaften ist das derGAU für jeden Berater.

Dieser gesetzgeberische Protektionismus der Aktio-närsinteressen läuft allerdings dann ins Leere, wenneinem Aktionär alle Aktien der Gesellschaft gehören(sogenannte Ein-Personen-AG) und er mit dem Ab-halten der Hauptversammlung einverstanden ist. Ineinem derartigen Fall besteht keinerlei Bedürfnis, for-male Hürden zu seinem Schutz aufzubauen. DemRechnung tragend erlaubt das Gesetz daher auch in§ 121 Absatz 6 AktG, zu einer Hauptversammlung zuschreiten, ohne auch nur irgendeine sonst übliche For-malie gemäß §§ 121 bis 128 AktG zu beachten.

II. Problembereiche

In der Praxis hat sich zuletzt – bedingt durch einigeobergerichtliche Urteile – einige wenige Problembe-reiche herauskristallisiert, in denen sich eine gewisseUnsicherheit breit macht. Diese soll nachfolgend be-leuchtet werden.

1. Einberufung

Kein wirklicher Problembereich sind die Form- undFristvorschriften betreffend die Einberufung der Haupt-versammlung, gleichwohl sollen sie nicht unerwähntbleiben, haben sie doch in nahezu allen anderen Fälleneine hohe praktische Bedeutung.

Soweit ersichtlich herrscht hier in der Literatur aus-nahmsweise die einhellige Meinung, dass bei der Ein-Personen-AG auf die Einhaltung sämtlicher Form- und

Terbrack, L’etat c’est moi RNotZ 2012, Heft 5 221

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 221/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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Fristvorschriften verzichtet werden kann.1 Dieser Ver-zicht kann auch konkludent erklärt werden, etwa, indemder alleinige Aktionär in der Versammlung Beschlüssefasst. Zur Vermeidung unnötiger Diskussionen mit demHandelsregister empfiehlt es sich jedoch, den Verzichtauf die Einhaltung sämtlicher Form- und Fristvor-schriften bei der Einberufung auch ausdrücklich so zuprotokollieren.

Mit der Protokollierung dieses Verzichts wird gleich-zeitig klargestellt, dass es der ansonsten notwendigenBeifügung der Einberufungsbelege gem. § 130 Abs. 3AktG nicht bedarf.2 Dies ist nur konsequent, denn beieinem – unzweifelhaft zulässigen Verzicht, vgl. § 121Abs. 6 AktG – hat der Notar keinerlei Einberufungsbele-ge, die er seiner Niederschrift beifügen könnte.

2. Versammlungsleitung

Ähnlich klar wie bei der Einberufung sollte man dieRechtslage bei der Versammlungsleitung der Ein-Per-sonen-AG vermuten, doch das ist sie bei weitem nicht.

Zum Hintergrund: Das Aktiengesetz setzt an ver-schiedenen Stellen den Leiter der Hauptversammlungvoraus, so etwa in § 118 Abs. 4, § 122 Abs. 3 S. 2 oder§ 130 Abs. 2 S. 1 AktG. Erstaunlicher Weise findet sichaber im Gesetz keinerlei Regelung darüber, wer Leiterder Hauptversammlung ist. Daher regeln typischerWeise die Satzungen diese offene Frage, meist in derForm, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrates die Ver-sammlung leitet; ist er verhindert, leitet sein Stellver-treter die Versammlung.3 Enthält die Satzung keinerleiRegelung bezüglich der Person des Versammlungslei-ters oder ist der nach der Satzung vorgesehene Leiterabwesend, wird dieser von der Hauptversammlung miteinfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen ge-wählt.4

Bei der Ein-Personen-AG erscheint die Person des Ver-sammlungsleiters überflüssig. Sie wird daher in der Li-teratur teilweise als bloße Förmelei angesehen.5 Dieserscheint auf den ersten Blick als vollkommen logisch,denn der alleinige Aktionär kann – notfalls durchschlüssiges Handeln – auf die Leitung der Hauptver-sammlung durch einen Leiter verzichten.6

Erstaunlich ist vor diesem Hintergrund ein Urteil desOLG Köln, welches bei den Kautelarjuristen eher unbe-kannt geblieben ist: So soll die Leitung einer Hauptver-sammlung durch einen Versammlungsleiter dann un-entbehrlich sein, wenn die Satzung dies so vorschreibt.7

Im konkreten Fall legte die Satzung der Gesellschaftfest, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrates dieHauptversammlung leitet. Der alleinige Aktionär setztesich darüber hinweg und hielt – ohne dass der Vor-sitzende des Aufsichtsrates zugegen war – eine Vollver-sammlung ab. Das OLG versagte den auf dieser Ver-sammlung gefassten Beschlüssen die Wirksamkeit mitder Begründung, dass der Alleinaktionär in Anbetrachtder klaren Satzungsregelung (sie lautete im entschiede-nen Fall: „Der Vorsitzende des Aufsichtsrates leitet dieHauptversammlung“) zunächst eine Satzungsänderunghätte herbeiführen müssen; diese scheiterte aber an derfehlenden notariellen Beurkundung, vgl. § 130 Abs. 1AktG. Das OLG sah in der zitierten Satzungsregelung

eine Teilnahmegarantie des Aufsichtsratsvorsitzendenan Versammlungen, die nur durch Satzungsänderungbeschnitten werden könne.

Eine derartige Wertung überzeugt nicht wirklich. Wenndenn durch eine Satzungsregelung eine Teilnahmega-rantie herbeigeführt werden soll, so ist es bei Kautelar-juristen üblich, dies so auch ausdrücklich und klar zuformulieren. Eine derartige Anwesenheitsgarantie desAufsichtsratsvorsitzenden, die etwas absolut untypi-sches ist, in eine Klausel über die Leitung der Hauptver-sammlung „hineinzudeuten“, erscheint lebensfern.8

Teilweise wird die Notwendigkeit der Leitung derHauptversammlung auch damit begründet, dass dieAbstimmungsergebnisse zu verkünden sind (dies wird§ 130 Abs. 2 Satz 1 AktG entnommen).9 Doch auchdiese Argumentation überzeugt nicht. Denn da, wo dieFeststellung von Abstimmungsergebnissen zur reinenFormalie wird, ist sie entbehrlich. Dies gilt sicherlich fürsolche Abstimmungsergebnisse, die unzweideutig sind,weil der einzige Aktionär der Gesellschaft an der Wil-lensbildung beteiligt war.10

Gleichwohl sollte der umsichtige Berater vor dem Hin-tergrund derartiger gerichtlicher Auswüchse zweierleiim Auge haben:

a) Er sollte bei ohnehin anstehenden Satzungsände-rungen die Regelungen zur Leitung der Hauptver-sammlung überprüfen. Sinnvoll erscheint eine Re-gelung nach welcher der Vorsitzende des Aufsichts-rat oder aber hilfsweise sein Vertreter die Ver-sammlung leitet, soweit die Versammlung nichtsAbweichendes beschließt. Jegliche Formulierung,die auf eine Anwesenheitsgarantie des Aufsichts-ratsvorsitzenden oder seines Stellvertreters schlie-ßen lassen könnte, sollte unterbleiben. Eine ent-

1 Zimmermann, Handbuch der kleinen AG, 5. Aufl., Teil 4 Rn. 4.365;Volhard in Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für die Hauptver-sammlung, 2. Aufl., § 15 Rn. 10; Hüffer, Kommentar zum AktG,9. Aufl., § 130 Rn. 24; Kubis in MünchKomm-AktG, 2. Aufl., § 130Rn. 63.

2 Kubis in MünchKomm-AktG, 2. Aufl., § 130 Rn. 63; Noack/Zetsche,Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 130 Rn. 316.

3 Vgl. beispielsweise Baumeister in Lorz/Pfisterer, Beck’sches For-mularbuch Aktienrecht, C.I.5.; Terbrack/Lohr in Heidel, Aktienrecht,3. Aufl., Anh. zu § 23 AktG.

4 Hüffer, Kommentar zum AktG, 9. Aufl., § 129 Rn. 18; Zimmermannin Seibert/Kiem/Schüppen, Handbuch der kleinen AG, 5. Aufl.,Rn. 4.253.

5 Zimmermann in Seibert/Kiem/Schüppen, Handbuch der kleinenAG, 5. Aufl., Rn. 4.253.

6 Dazu Terbrack in Eckhardt/Hermanns, Kölner Handbuch Gesell-schaftsrecht, 3. Kapitel Rn. 475; Kubis in MünchKomm-AktG, § 119Rn. 100; Mülbert in Großkommentar AktG, Vor §§ 118–147 Rn. 73;Semler in Müchener Handbuch AG, § 36 Rn. 37.

7 Vgl. OLG Köln NZG 2008, 635, 636.8 Terbrack in Eckhardt/Hermanns, Kölner Handbuch Gesellschafts-

recht, 3. Kapitel Rn. 475; gegen die Notwendigkeit eines Ver-sammlungsleiters bei der Ein-Personen-AG auch: Happ/Zimmer-mann, 10.18 Rn. 7; Semler/Volhard § 15 Rn. 10. Abweichend: Zie-mons in Schmidt/Lutter, Kommentar zum AktG, 2. Aufl., § 129Rn. 36.

9 Ziemons in Schmidt/Lutter, Kommentar zum AktG § 129 Rn. 36.10 Terbrack in Eckhardt/Hermanns, Kölner Handbuch Gesellschafts-

recht, 3. Kapitel Rn. 475; Kubis in MünchKomm-AktG, 2. Aufl.,§ 130 Rn. 58; Werner in GroßkommAktG, § 130 Rn. 28; Happ/Zim-mermann, 10.19 Rn. 7; Wicke in Spindler/Stilz, Kommentar zumAktG, § 130 Rn. 52; Geßler, Kommentar zum AktG, § 130 Rn. 8; soauch DNotI-Report 8/2010, 61, 62.

Terbrack, L’etat c’est moi222 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 222/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Page 25: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

sprechende Satzungsregelung könnte daher wiefolgt lauten:„Die Hauptversammlung leitet der Vorsitzende desAufsichtsrates, im Falle seiner Abwesenheit seinStellvertreter. Ist auch dieser abwesend, wählt dieHauptversammlung aus ihren Reihen den Leiter derHauptversammlung.“

b) In Fällen, bei denen der satzungsmäßige Versamm-lungsleiter nicht bei der Hauptversammlung anwe-send ist, sollte er einen Blick in die Satzung werfen.Sofern dort eine Regelung enthalten ist, die nach denGrundsätzen des OLG Köln als Teilnahmegarantiedes abwesenden Leiters verstanden werden könnte,ist über eine Vertagung nachzudenken. Dies sollteder beurkundende Notar zu bedenken geben. Willder alleinige Aktionär gleichwohl die Hauptver-sammlung durchführen, so hat der Notar zu beur-kunden.11

3. Teilnehmerverzeichnis

Nach § 129 Abs. 1 Satz 2 AktG ist in der Hauptver-sammlung so bald wie möglich ein Teilnehmerverzeich-nis zu erstellen, aus welchem die erschienenen bzw.vertretenen Aktionäre und die Vertreter mit Namen,Wohnort und dem Betrag ihrer Nennbetragsaktien, bzw.bei Stückaktien mit der Zahl der Aktien, unter Angabeihrer Gattung aufzuführen sind.

Bei der Ein-Personen-AG erscheint dies als bloße För-melei. Daher geht die ganz überwiegende Ansicht in derLiteratur davon aus, dass mit der Protokollierung derBeschlüsse des alleinigen Aktionärs die Verpflichtungzur Aufstellung des Teilnehmerverzeichnisses entfällt.12

Gleichwohl wird vereinzelt vertreten, dass – wegenmöglicher Treuhandverhältnisse – die Aufstellung einesTeilnehmerverzeichnisses stets zu erfolgen habe.13

Den Vertretern dieser Ansicht ist zuzugestehen, dassdas Aktienrecht keine einheitliche Mitgliedschaft kenntund es demzufolge nicht ausgeschlossen ist, dass der

alleinige Aktionär – beispielsweise wegen eines Treu-handverhältnisse bezüglich eines Teiles der Aktien –nicht mit allen Aktien an der Hauptversammlung teil-nimmt. Dies muss und wird (zumindest nach der all-gemeinen Lebenserfahrung) dann aber auch von demAktionär so bei der Abstimmung zum Ausdruck ge-bracht werden. Nimmt er hingegen einfach an der Ver-sammlung teil und stimmt ab, so bringt er damit kon-kludent unzweifelhaft zum Ausdruck, dass er mit allenStimmen, die er hält, entsprechend an der Willens-bildung mitwirkt. Hier aus der – rein theoretischen –Möglichkeit der Enthaltung mit einigen Stimmen auf einegenerelle Erstellungspflicht eines Teilnehmerverzeich-nisses zu schließen, überzeugt nicht.

III. Fazit

In den allermeisten Fällen bleibt alles so, wie es bisherauch gängige Praxis war: Durch den ausdrücklichenVerzicht auf die Einhaltung sämtlicher Form- und Frist-vorschriften bei der Abhaltung einer Hauptversammlungeiner Ein-Personen-AG ergeben sich keinerlei Schwie-rigkeiten. Einzig und allein zwingende Regelungen zurLeitung der Versammlung sollte der Notar kritisch imAuge haben und bei ohnehin anstehenden Satzungs-änderungen hier entsprechende Abhilfe empfehlen (vgl.zuvor Teil II. 2. lit. a).

Rechtsprechung

1. Liegenschaftsrecht – Auslegung einer Lasten-freistellungserklärung bei Teilflächenkauf(OLG München, Beschluss vom 10. 2. 2012 – 34 Wx556/11, mitgeteilt von Richterin am Oberlandesge-richt Edith Paintner)

BGB §§ 133; 889GBO §§ 15 Abs. 2; 18 Abs. 1; 19

1. Zur Auslegung einer Lastenfreistellungserklä-rung in Bezug auf eine nach Beurkundung einge-tragene beschränkte persönliche Dienstbarkeitam Gesamtgrundstück für den Erwerber einerwegzumessenden Teilfläche.

(amtlicher Leitsatz)

2. Die Zustimmungserklärung zur allgemeinen Las-tenfreistellung ist nicht zwingend dahingehendauszulegen, dass sie auch die Bewilligung zurLöschung einer Eigentümerdienstbarkeit um-fasst, die zeitlich nach Abgabe der Zustim-mungserklärung für den Erwerber einer noch zuvermessenden Teilfläche auf dem Gesamtgrund-stück ins Grundbuch eingetragen wird. Dies be-ruht darauf, dass die Bestellung von Eigen-tümerdienstbarkeiten nahezu unbegrenzt zuläs-sig ist und diese für den Eigentümer einen ei-genständigen wirtschaftlichen Wert darstellen(Fortführung von BGH DNotZ 2012, 137 = RNotZ2011, 624 – LS).

(RNotZ Leitsatz)

11 Terbrack in Eckhardt/Hermanns, Kölner Handbuch Gesellschafts-recht, 3. Kapitel Rn. 400 f.

12 Hüffer, Kommentar zum AktG, 9. Aufl., § 129 Rn. 5; Wicke inSpindler/Stilz, Kommentar zum AktG, § 129 Rn. 19; Terbrack/Lohrin Heidel, Aktienrecht, 3. Aufl., § 129 Rn. 5; Drinhausen in Hölters,Kommentar zum AktG, § 129 Rn. 14; Fischer in Semler/Volhard,Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 2. Aufl., § 11 Rn. 38;Semler Münchener Handbuch der AG, § 36 Rn. 25; Zimmermann inSeibert/Kiem/Schüppen, Handbuch der kleinen AG, 5. Aufl., Teil 4Rn. 4.259 und Rn. 4.363; Kubis in MünchKomm-AktG, 2. Aufl.,§ 129 Rn. 15; Noack/Zetsche, Kölner Kommentar zum AktG,3. Aufl., § 129 Rn. 44.

13 Ziemons in Schmidt/Lutter, Kommentar zum AktG, 2. Aufl., § 129Rn. 17.

Rechtsprechung RNotZ 2012, Heft 5 223

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 223/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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Zur Einordnung:

Eine Bewilligung nach § 19 GBO muss den auf einebestimmte Grundbucheintragung gerichteten Willendes Erklärenden erkennen lassen und damit den In-halt der gewünschten Eintragung wie auch des ein-zutragenden Rechts vollständig enthalten (Demhar-ter, 28. Aufl. 2012, § 19 Rn. 27 ff.; Schöner/Stöber,Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rn. 103 ff. jeweilsm. w. N.). Soweit ihre Eindeutigkeit eine Auslegungnicht ausschließt, ist die Eintragungsbewilligung derAuslegung zugänglich (OLG Frankfurt DNotZ 1993,610; Demharter, 28. Aufl. 2012, § 19 Rn. 28). Das OLGMünchen bestätigt, dass in einer als Zustimmungbezeichneten Erklärung zur allgemeinen Lastenfrei-stellung auch eine Bewilligung i. S. d. § 19 GBO liegenkann. Weiter bestätigt es, dass eine solche Erklärungbzw. Bewilligung auch Rechte umfassen kann, dieerst nach Abgabe der Erklärung ins Grundbuch ein-getragen werden und auch nicht Gegenstand der Ur-kunde waren, die die Zustimmungserklärung be-inhaltet (so auch Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,14. Aufl. 2008, Rn. 2760 für Grundpfandrechte, ins-besondere Zwangssicherungshypotheken). Das OLGMünchen bezieht dann jedoch als neuen Aspekt dieaktuelle Rechtsprechung des BGH (DNotZ 2012, 137= RNotZ 2011, 624 = DNotI-Report 2011, 152) zurBestellung von Eigentümerdienstbarkeiten ohneNachweis eines berechtigten Bestellerinteresses inseine Auslegung der Zustimmungserklärung ein undbetont, dass die nun „nahezu unbegrenzt“ zulässigeEigentümerdienstbarkeit dem Eigentümer einen ei-genständigen Wert vermittle. Folglich könne die Aus-legung einer allgemeinen Lastenfreistellungserklä-rung nicht ohne weiteres zu dem Ergebnis kommen,dass mit ihr auch die Löschung einer bei Abgabe derErklärung noch nicht bestellten Eigentümerdienst-barkeit für den Erwerber einer noch aus dem be-lasteten Grundstück heraus zu vermessenden Teil-fläche bewilligt werde.

Die Entscheidung macht deutlich, dass es geradebei Teilflächenkaufverträgen empfehlenswert ist, ge-nau zu definieren, welche Rechte auf welcher Flächeübernommen werden, und den Mitarbeitern desNotars bzw. dem Notar selbst eine Vollmacht zu er-teilen, mit der neben der Erklärung der Identität desverkauften Grundstücks bzw. der Erklärung dererneuten Auflassung auch die Löschung einzelnerRechte bzw. Pfandfreigaben bewilligt und beantragtwerden kann (Beck’sches Notarhandbuch/Bram-bring, 5. Aufl. 2009, Rn. 274 ff.; Beck’sches Formu-larbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschafts-recht/Gebele, 10. Aufl. 2010, III. B. 2., Ziffer III. § 1 (3)des Vertragsmusters).

Die Schriftleitung (PH)

Zum Sachverhalt:

I. Mit notariellem Vertrag vom 9. 6. 2011 kaufte die Bet. eineerst noch zu vermessende Teilfläche von „ca. 25 m2;“ aus einer3 550 m2 großen Landwirtschaftsfläche. Am selben Tag be-willigten die Eigentümer des genannten Grundstücks die Ein-tragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Ka-belleitungsrecht) für die Bet. Diese wurde am 21. 6. 2011 im

Grundbuch eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 25. 8.2011 erkannten die Vertragsparteien das Ergebnis der zwi-schenzeitlich durchgeführten Vermessung an und einigten sichüber den Übergang des Eigentums an dem neu gebildetenGrundstück von nunmehr 39 m2. Käufer und Verkäufer be-willigten und beantragten, den Eigentumsübergang in dasGrundbuch einzutragen sowie den Vollzug aller Lasten-freistellungserklärungen aus der Vorurkunde, wonach gemäßAbschn. VI. (Rechte des Käufers bei Sach- und Rechts-mängeln) die Verkäufer den lastenfreien Besitz- und Eigen-tumsübergang schuldeten, soweit nicht Rechte ausdrücklichin diesem Vertrag übernommen werden sollten. Weiter heißt esdort im textlich unmittelbaren Anschluss:

„Allen zur Lastenfreistellung geeigneten Erklärungen wird mitdem Antrag auf Grundbuchvollzug zugestimmt.“

Am 25. 10. 2011 wurde die Bet. als Eigentümerin im Grund-buch eingetragen. Gleichzeitig wurde das am 21. 6. 2011 ein-getragene Kabelleitungsrecht auf das neu angelegte Grund-buchblatt übertragen.

Unter dem 28. 10. 2011 hat der Notar gemäß § 15 GBO dieLöschung des Kabelleitungsrechts unter Bezug auf die Ur-kunden vom 9. 6. 2011 bzw. 25. 8. 2011 ausdrücklich bean-tragt und bewilligt.

Mit Zwischenverfügung vom 24. 11. 2011 hat das GBA Fristzur Vorlage der Löschungsbewilligung der Berechtigten (= derBet.) gesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bet. Diese verweistauf die Urkunde vom 9. 6. 2011 und die darin enthaltene Zu-stimmung zu allen zur Lastenfreistellung geeigneten Erklä-rungen.

Das GBA hat der Beschwerde nicht abgeholfen. In der Aus-gangsurkunde sei nämlich nur die Zustimmung zu für die Las-tenfreistellung geeigneten Erklärungen, nicht aber die aus-drückliche Löschungsbewilligung der Berechtigten enthalten.Diese allgemein gefasste Lastenfreistellungserklärung um-fasse auch nicht die Löschungsbewilligung der Bet. als Käu-ferin, da dies nur bezüglich bereits eingetragener, näher ge-nannter Rechte gelten könnte. Zum Zeitpunkt der Beurkun-dung sei das Recht aber noch nicht bestellt bzw. eingetragengewesen.

Aus den Gründen:

II. Dem Rechtsmittel ist – aus formellen Gründen –stattzugeben.

Ein dem Eintragungsantrag entgegenstehendes undnicht rückwirkend auf die Antragsstellung be-hebbares Hindernis führt zur sofortigen Antragszu-rückweisung

1. Die gemäß § 71 Abs. 1, § 73 i. V. m. § 15 Abs. 2 GBOzulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügungnach § 18 Abs. 1 GBO hat insoweit Erfolg, als dassdiese, auch wenn man der Rechtsansicht des GBA folgt,nicht hätte ergehen dürfen. Denn eine Zwischen-verfügung darf nur ergehen, wenn einem Eintragungs-antrag ein Hindernis entgegensteht, welches der Ast.rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung be-heben kann (BayObLGZ 1990, 6; OLG Hamm Mitt-BayNot 2011, 299 = RNotZ 2011, 243; Demharter, GBO,28. Aufl., § 18 Rn. 8). Die fehlende Bewilligung einesunmittelbar Betroffenen – hier der Berechtigten aus derDienstbarkeit – ist aber ein nicht behebbares Verfah-renshindernis und hätte, ausgehend vom Standpunkt

Rechtsprechung224 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 224/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Page 27: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

des GBA, die sofortige Zurückweisung des Eintra-gungsantrags bedingt.

2. Damit ist für den Senat der Beschwerdegegenstanderschöpft. Zur Rechtslage wird für das weitere Verfahrenjedoch noch festgehalten, dass die Rechtsansicht desGBA in der Sache zutreffend erscheint.

a) Mit dem Erwerb des Grundstücks durch die Bet. istdie beschränkte persönliche Dienstbarkeit nicht er-loschen (§ 889 BGB). Der Notar hat gemäß § 15 Abs. 2GBO den Vollzug der Urkunden vom 9. 6. 2011 und vom25. 8. 2011 beantragt; er gilt als ermächtigt, die zu einerEintragung erforderlichen Erklärungen, soweit er siebeurkundet oder beglaubigt hat, abzugeben. Dazu ge-hören u. a. auch Eintragungs- bzw. Löschungsbewilli-gungen (Demharter, § 15 Rn. 7), wobei sich der Antragjedoch mit dem Inhalt der Eintragungsunterlagen de-cken muss und der Notar ohne entsprechende Voll-macht nicht davon abweichen darf (Demharter, § 15Rn. 16). Notwendig zur Löschung der Dienstbarkeit istder Antrag entweder des Eigentümers oder des Be-rechtigten. Die Bet. ist Inhaberin beider Rechte. Au-ßerdem ist die Bewilligung des Berechtigten notwendig(§ 19 GBO).

b) In der Urkunde vom 25. 8. 2011 (Messungsaner-kennung und Auflassung) haben sich die dort Beteilig-ten über den Übergang des Eigentums geeinigt und au-ßerdem neben dem Eigentumsübergang u. a. auch denVollzug aller Lastenfreistellungserklärungen beantragt.Diese Urkunde enthält also solche Erklärungen nicht.

Bei der Auslegung einer grundbuchlichen Erklärungist generell nur auf deren Wortlaut und Sinn abzu-stellen

c) Der Kaufvertrag vom 9. 6. 2011 enthält unterAbschn. VI. die Verpflichtung des Verkäufers, dasGrundstück – soweit nicht Rechte ausdrücklich in die-sem Vertrag übernommen werden – lastenfrei zu über-tragen. Die gegenständliche Dienstbarkeit hatte damalsnoch nicht bestanden und ist im Vertrag auch nicht er-wähnt. Allen zur Lastenfreistellung geeigneten Erklä-rungen wird mit dem Antrag auf Grundbuchvollzug zu-gestimmt. Diese Erklärung ist zwar auslegungsfähigentsprechend § 133 BGB. Jedoch darf wegen des dasGrundbuchverfahren beherrschenden Bestimmtheits-grundsatzes auf eine Auslegung nur zurückgegriffenwerden, wenn sie zu einem zweifelsfreien und ein-deutigen Ergebnis führt (vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl.,§ 19 Rn. 28). Bei der Auslegung ist, wie bei Grund-bucheintragungen selbst, nur auf Wortlaut und Sinn derErklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefange-nen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt(vgl. etwa BGHZ 113, 374 = DNotZ 1991, 888; weitereNachweise bei Demharter a.a.O.). Außerhalb der Erklä-rung liegende Umstände dürfen zur Auslegung nur he-rangezogen werden, als sie für jedermann ohne weitereserkennbar sind (BGHZ 113, 374 = DNotZ 1991, 888).

Auch eine als Zustimmung bezeichnete Erklärungkann eine Bewilligung i. S. d. § 19 GBO darstellen

In der Klausel wird nicht ausdrücklich von Bewilligunggesprochen, sondern von der „Zustimmung“ zu zur

Lastenfreistellung geeigneten Erklärungen. Nach dernächstliegenden Bedeutung ist damit die notwendigeZustimmung des Eigentümers (§ 27 S. 1 GBO) zur Lö-schung der eingetragen gewesenen Grundschuld ge-meint. Hierfür spricht auch die Stellung im Urkunden-aufbau, nämlich im Zusammenhang mit der Verpflich-tung des Verkäufers, was die Lastenfreiheit des Ge-genstands bei Besitz- und Eigentumsübergang angeht.Hierauf ist die Klausel zwar nicht unbedingt be-schränkt. Auch muss nicht zwingend von „Bewilligung“die Rede sein, wenngleich es Sache des beur-kundenden Notars ist, die Erklärungen der Bet. mög-lichst klar und unzweideutig festzuhalten. So kannauch die mit „Zustimmung“ umschriebene Erklärungletztlich eine „Bewilligung“ darstellen und umgekehrt(vgl. etwa Bauer/von Oefele/Kössinger, GBO, 2. Aufl.,§ 19 Rn. 55).

Eine Zustimmungserklärung zur allgemeinen Las-tenfreistellung kann sich generell auch auf Rechtebeziehen, die nach der Abgabe der Erklärung insGrundbuch eingetragen werden

d) Jedoch scheidet eine derart weitgehende Inter-pretation hier aus, weil sie – schon vom Standort in derUrkunde und im Hinblick auf das gegenständlicheRecht – nicht die nächstliegende Bedeutung des Er-klärten darstellt. Dabei mag es im Regelfall zutreffen,dass sich die allgemeine Erklärung zur Lastenfreistel-lung auch auf solche Belastungen erstreckt, die nachBeurkundung im Grundbuch eingetragen worden sind(Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rn. 2760;enger BayObLG MittBayNot 1980, 208) und dieim Vertrag verwendete allgemeine Fassung Erklä-rungen des Verkäufers wie auch der Käufers beinhaltenkann.

Die neuere Rechtsprechung des BGH zur Zuläs-sigkeit von Eigentümerdienstbarkeiten ist bei derAuslegung der Zustimmungserklärung heranzuzie-hen

Indessen ist dies bei nachträglich bestellten Grund-dienstbarkeiten auch von der regelmäßigen Interessen-lage nicht zwangsläufig gleichermaßen zu beurteilen wiebei Grundpfandrechten. Eigentümerdienstbarkeitensind nach der aktuellen Rechtsprechung (nahezu) un-begrenzt zulässig (BGH vom 14. 7. 2011 – V ZB 271/10= Rpfleger 2011, 659 = DNotZ 2012, 137; siehe auchSenat vom 30. 9. 2011, 34 Wx 328/11 = DNotI-Report2011, 172 = RNotZ 2012, 44) und verkörpern für denBerechtigten – neben dem Eigentum selbst – einen ei-genständigen Wert, selbst wenn hier der (Fremd-)Dienstbarkeit für das Restgrundstück naturgemäß dasSchwergewicht zukommt. Die Auslegung einer allge-meinen Lastenfreistellungserklärung für solche Rechte,wenn sie erst zeitlich nach der Beurkundung einge-tragen werden, erscheint deshalb keineswegs zwin-gend. Aus der Grundakte ergibt sich zudem, dass derVerkauf am selben Tag beurkundet wurde, an welchemdie Dienstbarkeit wenig später bestellt wurde. Es hättedeshalb für die Parteien nahe gelegen, eine ausdrück-liche Regelung zu diesem Recht bereits im Kaufvertragaufzunehmen, nämlich die Löschung an der Teilflächezu bewilligen.

Rechtsprechung RNotZ 2012, Heft 5 225

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 225/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Page 28: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

2. Liegenschaftsrecht – Eintragung eines Nacher-benvermerks im Grundbuch des Surrogatgrund-stücks(OLG München, Beschluss vom 10. 2. 2012 – 34 Wx143/11, mitgeteilt von Richterin am Oberlandesge-richt Edith Paintner)

BGB §§ 2111; 2113GBO § 51

1. Zur Eintragung eines Nacherbenvermerks beimErwerb eines Grundstücksanteils in der Nach-lassauseinandersetzung.

2. Der Umstand, dass vor der Erbauseinander-setzung die Eintragung eines Nacherbenver-merks im Hinblick auf die Rechtsprechung desBGH zum Vorrang der unbelasteten Miterben(BGHZ 171, 350) unzulässig war, lässt die Not-wendigkeit, diesen nach der Auseinanderset-zung am Surrogat einzutragen, nicht entfallen.

(amtliche Leitsätze)

3. Soweit der Vorerbe ein Grundstück ganz oderbruchteilsweise als Surrogat gemäß § 2111Abs. 1 S. 1 BGB durch Rechtsgeschäft mit Mittelnder Erbschaft erwirbt, ist bereits bei der Ein-tragung einer Vormerkung, die der Sicherung desEigentumsverschaffungsanspruches des Vorer-ben hinsichtlich des Surrogats dient, die Nach-erbschaft zu verlautbaren.

(RNotZ Leitsatz)

Zur Einordnung:

Der nach § 51 GBO von Amts wegen einzutragendeNacherbenvermerk bringt in der notariellen Praxisimmer wieder nicht geklärte Rechtsfragen zu Tageund veranlasst den Notar regelmäßig zu besonde-ren Vertragsgestaltungen (vgl. nur Schöner/Stöber,Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008., Rn. 3476 ff.; Dill-mann, RNotZ 2002, 2 ff. ausführlich zur Verfügungenwährend der Vorerbschaft). Eine dieser Fragen ist, obund unter welchen Voraussetzungen ein Nacherben-vermerk auch im Grundbuch eines Grundstücks ein-zutragen ist, das der Vorerbe nach § 2111 Abs. 1 S. 1BGB als Surrogat vollständig oder anteilig durchRechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt (vgl.hierzu BeckOK-BGB/Litzenburger, Stand 1. 2. 2012,§ 2111 Rn. 4 ff.). Es entspricht hierbei der herr-schenden Auffassung, dass eine Surrogation nur indem Umfang eintritt, in dem tatsächlich Erbschafts-mittel für den Erwerb verwendet wurden (BGH NJW1977, 1631; Palandt/Edenhofer, BGB, 72. Aufl. 2012,§ 2111 Rn. 6 m. w. N. auch zur Gegenauffassung). DieVoraussetzungen des § 2111 Abs. 1 S. 1 BGB müs-sen dem GBA gegenüber generell nicht nachge-wiesen werden, soweit der Vorerbe die Eintragungs-bewilligung erteilt und das GBA keine positive Kennt-nis hat, dass sich die Nacherbfolge nicht auf dasSurrogat erstreckt (Demharter, 28. Aufl. 2012, § 51Rn. 13; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl.2008, Rn. 3530; LG Berlin Rpfleger 2005, 388).

Das OLG München bestätigt zunächst die allgemeineAuffassung, nach der ein Erwerb im Rahmen einerErbauseinandersetzung einen Erwerb mit Mitteln der

Erbschaft darstellt, so dass der erworbene Gegen-stand im Wege der Surrogation der Nacherbschaftunterliegt und ein Nacherbenvermerk von Amts we-gen einzutragen ist (BGH DNotZ 2001, 392 = RNotZ2001, 166; OLG Hamm ZEV 2003, 31 = DNotI-Report2002, 125; BayObLG MittBayNot 1986, 266; Schö-ner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rn. 3530m. w. N.). Das Gericht geht dann jedoch auch auf bis-her in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklichdiskutierte Fragen ein.

Es stellt zunächst dar, dass es für die Eintragung desNacherbenvermerks im Grundbuch des Surroga-tionsgrundstücks nicht darauf ankommt, ob zuvor imGrundbuch des zum Nachlass gehörenden Grund-stücks – zu Recht oder zu Unrecht – ein Nacherben-vermerk eingetragen war. Insbesondere in den Kon-stellationen, in denen Vor- und Nacherbschaft an-geordnet wurde und in den Nachlass ein Anteil an eineraus mehreren Miterben bestehenden und Grundbesitzhaltenden Erbengemeinschaft fällt, kann es demnachvorkommen, dass der Vorerbe gemeinsam mit denanderen Miterben ohne die Beschränkungen des§ 2113 BGB über den Grundbesitz verfügen kann undein Nacherbenvermerk am Grundstück daher aus-scheidet (BGH DNotZ 2007, 700, 701 f. = DNotI-Re-port 2007, 79; vgl. auch Schöner/Stöber, Grundbuch-recht, 14. Aufl. 2008, Rn. 3487 e m. w. N.). Setzen sichdie Miterben in diesem Fall auseinander und erwirbtder Vorerbe hierbei ein bisher in Erbengemeinschaftgehaltenes Grundstück im Wege der Surrogation nach§ 2111 Abs. 1 S. 1 BGB, tritt das Eigentum an demGrundstück an die Stelle des Anteils des Vorerben ander Erbengemeinschaft und ein Nacherbenvermerk isteinzutragen. Dass der grundbuchliche Schutz derNacherben damit vor und nach der Auseinander-setzung divergiert, sei hinzunehmen. Das Gericht istweiter der Auffassung, dass bereits bei der Eintragungeiner Vormerkung zur Sicherung des Eigentumsver-schaffungsanspruchs des Vorerben hinsichtlich desSurrogatsgrundstücks die Nacherbschaft verlautbartwerden muss und begründet dies mit dem durch dieVormerkung erzeugten Gutglaubensschutz.

Die Entscheidung zeigt für die Praxis, dass infolgeeiner Auseinandersetzung einer grundbesitzendenErbengemeinschaft, ein ein Grundstück der Erben-gemeinschaft gemäß § 2111 Abs. 1 S. 1 BGB er-werbender Vorerbe den Beschränkungen des § 2113BGB unterliegt, obwohl er vor der Auseinander-setzung als Mitglied der Erbengemeinschaft in dervorgenannten Konstellation diesen Beschränkungennicht unterworfen war. Dementsprechend kann alsFolge der Auseinandersetzung (auch erstmals) einNacherbenvermerk im Grundbuch einzutragen sein.Weiter ist zu beachten, dass bei etwaigen Surroga-tionserwerben (§ 2111 Abs. 1 S. 1 BGB) von Grund-besitz durch einen Vorerben, der durch Eintragungeiner Vormerkung gesichert werden soll, nach Auf-fassung des OLG München bereits bei der Eintragungder Vormerkung zu verlautbaren ist, dass der Eigen-tumsverschaffungsanspruch des Vorerben der Nach-erbschaft unterliegt.

Die Schriftleitung (PH)

Rechtsprechung226 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 226/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Page 29: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

Zum Sachverhalt:

I. Im Grundbuch waren als 4/6-Miteigentümer von Grundbe-sitz ursprünglich der Rechtsanwalt Dr. A. W. und dessen Ehe-frau M. W. in allgemeiner Gütergemeinschaft eingetragen. Am25. 4. 1984 verstarb Dr. A. W. und wurde testamentarisch vonseinen beiden Söhnen W. W. und A. W. (= Bet. zu 2)) zu jeweilsgleichen Teilen als befreite Vorerben beerbt. Am 27. 12. 1985verstarb M. W. und wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge vonihren beiden Söhnen zu gleichen Teilen beerbt. W. und A. W.wurden am 14. 3. 1989 je in Erbengemeinschaft nach ihremVater und nach ihrer Mutter, hinsichtlich beider Teile in be-endeter nicht auseinandergesetzter Gütergemeinschaft alsMiteigentümer zu 4/6-Anteilen eingetragen. Mit Vertrag vom18. 12. 2008 hat der Sohn W. W. seine beiden Erbteile am el-terlichen Nachlass als Einlage auf die Bet. zu 1), eine Kom-manditgesellschaft (KG), übertragen. Auf Berichtigungsantragwurden nun am 16. 6. 2009 die Bet. zu 1) und der Bet. zu 2) inErbengemeinschaften als Eigentümer des (4/6) Miteigen-tumsanteils eingetragen.

Im Grundbuch befindet sich weiterhin, bezogen auf die Vor-erbschaft nach Dr. A. W., der am 14. 3. 1989 eingetrageneNacherbenvermerk.

Am 22. 12. 2010 haben die Bet. beantragt, den Nacherben-vermerk wegen Unrichtigkeit von Amts wegen zu löschen. Siehaben darauf hingewiesen, dass dessen Eintragung nur anGrundstücken oder Grundstücksmiteigentumsanteilen, nichtaber an Gesamthandsanteilen am gesamthänderisch ge-bundenen Vermögen, zu welchem Grundbesitz gehöre, zuläs-sig sei.

Mit notariellem Vertrag vom 30. 12. 2010 schlossen die Ge-schwister A. und W. W., letzterer auch als Geschäftsführer derpersönlich haftenden Gesellschafterin der Bet. zu 1), sowieweitere Personen, nämlich ein Teil der Nacherben, einen Ver-gleich über Auseinandersetzung von Güter-, Erben- und Mitei-gentümergemeinschaften. Der Bet. zu 2) erhält hiernach einenAnspruch auf Übereignung des gegenständlichen Miteigen-tums. Die Eintragung von Eigentumsvormerkungen wurde be-willigt und beantragt.

Auf den Vollzugsantrag des Notars hat das GBA mit Zwi-schenverfügung vom 4. 3. 2011 den Bet. Frist zur Behebung– soweit noch erheblich – folgenden Eintragungshindernissesgesetzt:

Der am erbengemeinschaftlichen Anteil eingetragene Nacher-benvermerk könne gelöscht werden. Die fortbestehendeNacherbfolge sei aber durch Eintragung von Nacherbenver-merken an den auseinandergesetzten Gegenständen als Sur-rogaten, aufgeteilt nach Stämmen, zu verlautbaren und alsSchutz vor einem gutgläubigen Erwerb bereits bei der Ein-tragung der Vormerkungen mit einzutragen.

Um die Nacherbenvermerke an den Surrogationsgrundstü-cken und auch bereits an den Eigentumsvormerkungen ein-tragen zu können, sei ein Nachweis über die Wertentsprechungund damit über die Entgeltlichkeit der vorgenommenen Aus-einandersetzungen erforderlich. Aus diesem Grund bedürfe esder Genehmigung der Urkunde sowie der Bestätigung derGleichwertigkeit und Entgeltlichkeit durch sämtliche Nacher-ben und durch zwei Ergänzungspfleger für die unbekanntenund minderjährigen Nacherben beider Stämme in der Formdes § 29 GBO.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bet. Diese wird da-mit begründet, dass die Eigentumsvormerkungen nicht gut-gläubig erworben werden könnten. Nach erfolgter Löschungdes jeweiligen Nacherbenvermerks wegen Unzulässigkeit be-stehe für das GBA auch kein Anlass mehr zur Prüfung vor- und

nacherbschaftsrechtlicher Fragen. Der BGH (BGHZ 171, 350 =DNotZ 2007, 700 = RNotZ 2007, 414) habe die Unzulässigkeiteines Nacherbenvermerks bei Anordnung der Vor- und Nach-erbfolge durch einen Gesamthänder in den hier einschlägigenFällen der Beendigung einer Gütergemeinschaft gerade damitbegründet, dass die dadurch ausgelöste Verfügungsbe-schränkung den anderen Mitgliedern der Gesamthandsge-meinschaft nicht zugemutet werden könne. Eine Verfügungüber solchen gesamthänderischen Grundbesitz unterliegenicht den Beschränkungen des § 2113 BGB.

Das GBA hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zusätzlichdarauf hingewiesen, dass der Nacherbenvermerk auch nichtvorab ohne Anhörung der Nacherben gelöscht werden könne.

Aus den Gründen:

II. Gegen die ergangene Zwischenverfügung nach § 18Abs. 1 GBO ist die Beschwerde (§ 71 Abs. 1 GBO) auchnach neuer Rechtslage zulässig (Demharter, GBO,28. Aufl., § 71 Rn. 1); sie erweist sich jedoch als unbe-gründet.

Gegenstand einer Beschwerde ist nur der Inhalt derZwischenverfügung

1. Gegenstand der Beschwerde ist nur die Zwischen-verfügung als solche. Der Senat hat das angegriffeneEintragungshindernis zu prüfen, kann jedoch nicht überdie Eintragung als solche entscheiden (Demharter, § 77Rn. 12 m. w. N.).

Gegenstand des Rechtsmittels ist demnach auch nichtdie noch offene – d. h. erstinstanzlich noch gar nichtentschiedene – Frage, ob das GBA vorab, somit vorVollzug des Eintragungsantrags, isoliert den einge-tragenen Nacherbenvermerk in Folge der Rechtspre-chung des BGH zur Verfügungsbefugnis des Vorerbenohne die Beschränkungen des § 2113 BGB (BGHZ 171,350 = DNotZ 2007, 700 = RNotZ 2007, 414) nach oderauch ohne Anhörung der Nacherben zu löschen hat.

a) Während für die Eigentumseintragung des Bet. zu 2)die Eintragung eines Nacherbenvermerks zugleich aneinem ideellen Miteigentumsanteil zu 1/2 an der alsSurrogat für den Anteil am Nachlass nach dem verstor-benen Vater betrachteten Immobilie stattfinden solle,sieht dies die Beschwerde für die zunächst beantragteEigentumsvormerkung anders.

Für die Eintragung eines Nacherbenvermerks anSurrogatgrundstücken ist es unerheblich, ob derNacherbenvermerk am ursprünglichen Nachlass-gegenstand zu Unrecht eingetragen wurde

b) Jedoch kann auch die beantragte Eigentumsvor-merkung ohne die Beseitigung der vom GBA zutreffendaufgezeigten Hindernisse nicht eingetragen werden.Der Nacherbfolge zugehörig sind sämtliche Nachlass-gegenstände, nach § 2111 BGB auch die Surrogate.Deshalb ist der Nacherbenvermerk auch an Surrogat-grundstücken einzutragen (Meikel/Böttcher, GBO,10. Aufl., § 51 Rn. 21; Schöner/Stöber, Grundbuch-recht, 14. Aufl., Rn. 3496), wobei es unerheblich ist, obder Vermerk – zu Recht oder zu Unrecht – am ur-sprünglichen Nachlassgegenstand eingetragen war.

Rechtsprechung RNotZ 2012, Heft 5 227

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 227/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Page 30: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

Es besteht keine Verfügungsbeschränkung für denVorerben nach § 2113 BGB und damit auch keinGrund für die Eintragung eines Nacherbenvermerks,wenn nicht das Grundstück selbst, sondern ein An-teil an einer Gesamthand, die Eigentümer desGrundstücks ist, zum Nachlass gehört

Es trifft zwar zu, dass zur Erbschaft nicht die Grund-stücksanteile selbst als Gesamtgutsgegenstände, son-dern die davon verschiedenen Gesamthandsanteilegehören und die Vorerben demzufolge nach der über-wiegend auf Zustimmung gestoßenen Rechtsprechungdes BGH (BGHZ 171, 350 = DNotZ 2007, 700 = RNotZ2007, 414; vgl. auch schon BayObLG Rpfleger 1996,150 = DNotI-Report 1996, 22) über das Grundstückohne die Beschränkungen des § 2113 BGB verfügenkönnen, demzufolge auch ein Nacherbenvermerk (§ 51GBO) an einem solchen Grundstück ausscheidet. In-dessen ist die Zugehörigkeit zur Erbmasse nicht von derEintragung des Vermerks abhängig. Fehlt dieser, ist dieNacherbschaft zwar nicht vor Verfügungen geschützt,aber gleichwohl davon beeinträchtigt.

Bei der Bestimmung, was aus Mitteln der Erbschafterworben wird, kommt es auf einen wirtschaftlichenMaßstab an

Das gegenständliche Grundstück ist Surrogat i. S. v.§ 2111 BGB. Erwirbt nämlich bei mehreren Vorerbeneiner einen Gegenstand im Wege der Nachlassaus-einandersetzung, so liegt ein Erwerb mit Mitteln derErbschaft vor und der Gegenstand tritt an die Stelle derinsoweit aufgegebenen Gesamthandsbeteiligung (vgl.BGH NJW-RR 2001, 217 = DNotZ 2001, 392; sieheferner Burandt/Rojahn/Lang, Erbrecht, § 2111 BGBRn. 17 f.). Weil es für die Bestimmung, was aus Mittelnder Erbschaft erworben ist, nicht auf einen formal-engen, sondern unter Berücksichtigung der schutzwür-digen Interessen der Nacherben auf einen wirtschaft-lichen Maßstab ankommt (BGH NJW 1993, 3198 =DNotZ 1995, 699; Burandt/Rojahn/Lang, § 2111 BGBRn. 13), spielt es hier keine Rolle, dass zur Erbschaftnicht der Grundstücksanteil, sondern der Gesamt-handsanteil an der Gütergemeinschaft gehört. Es istzwar einzuräumen, dass der grundbuchrechtlicheSchutz des Nacherben infolge der dargestellten Recht-sprechung vor einer Auseinandersetzung unter denVorerben dann weniger stark ausgeprägt ist als nacheiner Auseinandersetzung unter diesen. Doch ist dashinzunehmen, weil nach einer Auseinandersetzung– anders als vorher im Hinblick auf die bevorzugten In-teressen des Berechtigten des von der (Vor-)Erbschaftnicht belasteten Grundstückanteils – kein Grund er-sichtlich ist, dem Nacherben den Schutz des § 51 GBOnoch zu versagen.

Soweit ein Nacherbenvermerk am Surrogations-grundstück einzutragen ist, ist bereits bei der Ein-tragung der entsprechenden Eigentumsverschaf-fungsvormerkung das Recht der Nacherben zu ver-lautbaren

Weil bereits die Vormerkung Gutglaubensschutz er-zeugt (Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 885 Rn. 12,13), ist es nur folgerichtig, bereits mit deren Eintragungauch das Recht des Nacherben zu verlautbaren.

Dem Grundbuchamt gegenüber ist hier der Nach-weis der Entgeltlichkeit durch die Mitwirkung derNacherben zu führen

c) Das GBA hält es in der angegriffenen Zwischen-verfügung für erforderlich, den Nachweis der Wert-entsprechung und damit der Entgeltlichkeit der vorge-nommenen Auseinandersetzungen zu führen, weshalbdie Nacherben mitzuwirken hätten. Der Senat hält diesfür zutreffend, weil die Nachlassverteilung gemäß demvorliegenden Auseinandersetzungsvertrag bezüglichdes Grundvermögens zu einer Wertdifferenz von mehrals 4 Mio. Euro führt. Auch wenn diese nach den Vor-stellungen der Bet. hälftig ausgeglichen werden soll,kommt es im Grundvermögen der jeweiligen Erb-stämme zu einer Quotenverschiebung. Deswegen ist esmit der Sichtweise des Bet. zu 2), je einen ideellen Mit-eigentumsanteil zu 1/2 an den Nachlassimmobilien alsSurrogat für den Anteil am Nachlass des verstorbenenVaters „zu betrachten“, nicht getan. Daran ändert auchder Ausgleichsbetrag, unabhängig davon, ob er ausNachlasswerten stammt, nichts. Ob dem dadurch ent-gangen werden kann, dass die Eintragung des Nach-erbenvermerks am (4/6) Anteil insgesamt (und nicht nuranteilsmäßig) bewilligt wird, kann dahinstehen.

3. Liegenschaftsrecht – Zur ordnungsgemäßenAusübung der Belastungsvollmacht(OLG München, Beschluss vom 22. 2. 2012 – 34 Wx18/12, mitgeteilt von Richterin am OberlandesgerichtEdith Paintner)

BGB §§ 133; 167; 399

Eine Belastungsvollmacht, nach der die Abtretbar-keit der Grundschuld bis zur vollständigen Kauf-preiszahlung auszuschließen ist, ermächtigt nachihrer nächstliegenden Bedeutung nicht dazu, dieAbtretbarkeit in der Sicherungsvereinbarung nurschuldrechtlich auszuschließen.

Zur Einordnung:

Die Entscheidung betrifft die Frage des Umfangseiner im Rahmen eines Grundstückskaufvertragshäufig erteilten Belastungsvollmacht. Diese dientdazu, dass der Käufer bereits vor Eigentumsum-schreibung zugunsten der finanzierenden Bank amVertragsgegenstand eine Grundschuld ohne noch-malige Mitwirkung des Verkäufers bestellen kann.Eine solche Vollmachtserteilung ist mit erheblichenRisiken für den Verkäufer verbunden, vor denen die-ser zu schützen ist (vgl. Ring/Grziwotz/Keuken-schrijver/Krause, BGB, 2. Aufl. 2008, § 1191 Rn. 144).Ein Mittel besteht darin, die Belastungsvollmacht imAußenverhältnis so einzuschränken, dass im Falle ih-rer Ausnutzung die Abtretbarkeit der Grundschuld biszur vollständigen Kaufpreiszahlung ausgeschlossenwerden muss.

In der nachstehend abgedruckten Entscheidung wardie Vollmacht mit der entsprechenden Einschränkungerteilt worden, die Abtretbarkeit der Grundschulddann allerdings nur schuldrechtlich ausgeschlossenworden. Nach Auffassung des OLG München war das

Rechtsprechung228 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 228/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Page 31: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

nicht ausreichend. Der Senat hat sich der ganz h. M.(BayObLG MittRhNotK 1992, 82; Schöner/Stöber,Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rn. 3555 m. w. N.)angeschlossen, nach der bei Zweifeln über den Um-fang von Finanzierungsvollmachten der geringereUmfang anzunehmen ist. Ergebe die Auslegung derVollmacht daher wie hier nicht eindeutig, wie der Ab-tretungsausschluss erreicht werden soll, sei ein ding-licher Abtretungsausschluss anzunehmen, der zu-dem dem gesetzlichen Leitbild (§ 399 BGB) ent-spreche.

Die Entscheidung zeigt, dass bei der Abfassung derBelastungsvollmacht äußerste Genauigkeit erforder-lich ist, insbesondere soweit die Vollmacht im Außen-verhältnis beschränkt werden soll (so auch mit Nach-druck Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl.2008, Rn. 3555). Wird bei einer solchen Beschrän-kung im Außenverhältnis von der Vollmacht in einerder Beschränkung nicht entsprechenden Weise Ge-brauch gemacht, führt dies zur Unwirksamkeit dervom Bevollmächtigten abgegebenen Erklärung.

Die Schriftleitung (LB)

Zum Sachverhalt:

I. Die Bet. zu 3) verkaufte an die Bet. zu 1) und 2) mit nota-riellem Vertrag vom 24. 10. 2011 ein Grundstück. Unter derÜberschrift „Finanzierungsvollmacht“ regelten die Bet. in demVertrag folgendes:

Der Veräußerer bevollmächtigt hiermit den Erwerber unter Be-freiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, ihn bei derBestellung von Finanzierungsgrundpfandrechten mit dingli-cher Vollstreckungsunterwerfung mit beliebigen Zinsen undNebenleistungen an dem Vertragsobjekt auch über den Kauf-preis hinaus zugunsten eines Kreditinstituts, welches derdeutschen Kreditaufsicht unterliegt, zu vertreten. Die Voll-macht kann nur im Notariat des beurkundenden Notars aus-geübt werden, der zum Vollzug alle Bewilligungen abgebenkann.

Die Zweckbestimmung des Grundpfandrechts ist hierbei soeinzuschränken, dass diese Grundpfandrechte bis zur Zahlungdes Kaufpreises ausschließlich zur Absicherung von Darlehenzur Kaufpreisfinanzierung und nur für die jeweils tatsächlich anden Verkäufer ausgezahlten Beträge dienen. Es ist Abtretbar-keit der Grundschuld bis zur vollständigen Kaufpreiszahlungauszuschließen. Der Veräußerer übernimmt jedoch keine per-sönliche Haftung für die Grundpfandrechte. Die Kosten derBestellung und Eintragung dieser Rechte trägt der Erwerber.

Mit Antrag vom 12. 12. 2011 legte der beurkundende Notareine Grundschuldbestellungsurkunde vom 9. 12. 2011 vor, inder der Bet. zu 1) auch namens der weiteren Bet. für die fi-nanzierende Bank an dem veräußerten Grundstück eineGrundschuld bewilligte. In den allgemeinen Bestimmungendes notariellen Vertrags ist unter anderem folgendes geregelt:

Es ist Abtretbarkeit der Grundschuld bis zur Eigentumsum-schreibung auf den Besteller ausgeschlossen, dies erfolgtschuldrechtlich ohne Überprüfungspflicht durch das GBA.

Mit Zwischenverfügung vom 15. 12. 2011 hat das GBA unterFristsetzung die Zustimmung der Eigentümerin oder einenNachtrag zur Grundschuld gefordert, da der schuldrechtlicheAbtretungsausschluss nicht den Vorgaben des Kaufvertragsentspreche. Dagegen wendet sich die Beschwerde vom11. 1. 2012, der das GBA nicht abgeholfen hat.

Aus den Gründen:

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Auch gegen Zwischenverfügungen (§ 18 Abs. 1GBO) des Grundbuchrechtspflegers ist nach § 11Abs. 1 RPflG i. V. m. § 71 Abs. 1 GBO die Beschwerdestatthaft. Der Notar hat in der Beschwerde zwar nichtangegeben, für wen diese eingelegt wird. Nach denUmständen des Falles ist davon auszugehen, dass siefür sämtliche Verfahrensbet., die auch antragsberech-tigt sind, eingelegt ist (vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl.,§ 15 Rn. 20). Liegt eine Antragstellung nach § 15 Abs. 2GBO vor, kann auch die Beschwerde gegen die darauf-hin ergangene Entscheidung für (sämtliche) Ast. wirk-sam eingelegt werden.

2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet; denn dieBelastungsvollmacht im Vertrag vom 24. 10. 2011 um-fasst nicht die bei Bewilligung der Grundschuld in denVertrag vom 9. 12. 2011 aufgenommene schuldrecht-liche Regelung zum Ausschluss ihrer Abtretbarkeit.

Bleibt im Grundbuchverfahren die Reichweite einerVollmacht zweifelhaft, ist von ihrem geringeren, ein-deutig festzustellenden Umfang auszugehen

Die erteilte Vollmacht (§ 167 BGB) ist nach den Regelndes § 133 BGB – ohne am buchstäblichen Sinne desAusdrucks zu haften, jedoch mit den sich aus derFunktion des Grundbuchs ergebenden Einschränkun-gen (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 133Rn. 12 und 27 m. w. N.) – auszulegen. Wegen des dasGrundbuchverfahren beherrschenden Bestimmtheits-grundsatzes kommt die Auslegung nur insoweit in Be-tracht, als sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigenErgebnis führt. Bleibt danach die Reichweite einer Voll-macht zweifelhaft, ist von ihrem geringeren, eindeutigfestzustellenden Umfang auszugehen (z. B. BayObLGRPfleger 1995, 332; Demharter, § 19 Rn. 75). Jedoch istein übertriebener Formalismus in der Regel nicht an-gezeigt (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl.,Rn. 3555 m. w. N.).

Die vom Verkäufer den Käufern erteilte Belastungsvoll-macht erlaubt die Bestellung von Grundpfandrechten.Diese Vollmacht ist im Außenverhältnis dahin einge-schränkt, dass die „Abtretbarkeit der Grundschuld biszur vollständigen Kaufpreiszahlung auszuschließen“ ist.

Ergibt die Auslegung der Belastungsvollmacht nichtsicher, ob der Abtretungsausschluss rein schuld-rechtlich oder nach § 399 BGB dinglich erfolgen soll,kann nur von dem geringeren Umfang der Vollmachtausgegangen werden

Der Wortlaut des Vertrages lässt offen, ob der Abtre-tungsausschluss rein schuldrechtlich (vgl. etwa BGHNJW 1982, 2768) oder nach § 399 BGB dinglich (vgl.dazu Palandt/Bassenge, Einl v § 854 Rn. 12) erfolgensoll. Auch der weitere Kontext gibt zu dieser Frage keinehinreichenden Anhaltspunkte. Somit ergibt die Aus-legung nicht den sicheren Schluss, dass allein einschuldrechtlicher Abtretungsausschluss schon denVorgaben des Vertrags genügt. Dies kann – entgegender Ansicht des vorlegenden Notars – auch nicht schondaraus gefolgert werden, dass die Kaufurkunde nichtausdrücklich fordert, ein gutgläubiger Erwerb müsse

Rechtsprechung RNotZ 2012, Heft 5 229

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ausgeschlossen werden. Nach der gesetzlichen Kon-zeption in § 399 BGB hat ein vertraglicher Ausschlussgerade dingliche Wirkung.

Es kann daher nach dem Wortlaut der Urkunde nur vondem geringeren Umfang der Vollmacht ausgegangenwerden. Der Umfang der Vollmacht ist geringer, wennman sie auf einen dinglichen Ausschluss beschränktsieht, da der Veräußerer in diesem Fall weitergehendgesichert ist.

Es kann dahinstehen, ob diese Unklarheit eine offen-sichtliche Unrichtigkeit i. S. v. § 44 a Abs. 2 BeurkG dar-stellt. Die Klarstellung im Schreiben vom 19. 12. 2011entspricht nämlich schon nicht den Anforderungen aneinen solchen Nachtragsvermerk.

Da die Abtretbarkeit der Grundschuld in der Urkundevom 9. 12. 2011 nur schuldrechtlich ausgeschlossenwurde, ist die Grundschuldbestellung von der einge-schränkt auszulegenden Vollmacht nicht gedeckt.

3. Die Möglichkeit der Beseitigung des Hindernissesdurch Vorlage eines Nachtrags zur Bewilligung, wie vomAG zunächst in der Zwischenverfügung angeführt, be-steht nicht, da damit das Hindernis nicht mit Wirkung extunc beseitigt werden kann. Insofern war die Zwischen-verfügung daher aufzuheben.

4. Liegenschaftsrecht – Zu aufklärungspflichtigenUmständen beim Grundstückskauf(OLG Rostock, Urteil vom 8. 12. 2011 – 3 U 16/11)

BGB §§ 346; 434; 437; 440; 444

1. Ausnahmsweise steht der positiven Kenntnis imRahmen einer Arglist die bloße Erkennbarkeitvon aufklärungspflichtigen Tatsachen gleich,wenn sich diese dem Täuschenden nach denUmständen des Einzelfalles aufdrängen muss-ten. Derjenige ist dann nach Treu und Glaubennicht berechtigt, seine Augen vor solchen Tat-sachen zu verschließen. Weigert sich also derVerkäufer einer Immobilie, von sich aufdrängen-den Umständen und deren sich ebenfalls auf-drängenden Bedeutung für einen Käufer Kennt-nis zu nehmen, muss dies nach den für dieBankenhaftung entwickelten Grundsätzen dempositiven Wissen, dem sich der Verkäufer ver-schließt, gleichstehen.

2. Zur Zulässigkeit eines Grundurteils bei Klage aufRückabwicklung des Kaufvertrages.

Zur Einordnung:

Beim Kauf einer gebrauchten Immobilie ist ein voll-ständiger Ausschluss der Haftung des Verkäufers fürSach- und Rechtsmängel üblich. Gemäß § 444 BGBkann sich der Verkäufer auf diesen Ausschluss jedochnicht berufen, soweit er den Mangel arglistig ver-schwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheitder Sache übernommen hat. Anerkannt ist dabei,dass es für die Annahme von Arglist ausreicht, wennder Verkäufer das Vorhandensein eines Mangels fürmöglich hält, dies aber nicht offenbart, obwohl er

weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass dies für denKaufentschluss des anderen Teils von Bedeutung ist(BGH ZfIR 2003, 769; vgl. auch BGH ZfIR 2001, 54;BGH NJW 2006, 1960; Ring/Grziwotz/Keuken-schrijver/Grziwotz, BGB, 2. Aufl. 2008, Anh. zu§§ 925 ff. Rn. 98 m. w. N.; vgl. Lorenz, NJW 2006,1925). Im Rahmen der Bankenhaftung ist zudem an-erkannt, dass ausnahmsweise die bloße Erkennbar-keit von aufklärungspflichtigen Tatsachen der posi-tiven Kenntnis gleichsteht, wenn sich diese demTäuschenden nach den Umständen des Einzelfallesaufdrängen mussten. (BGH WM 2008, 1121; WM2010, 1448). Diese Grundsätze hat der Senat hier aufdas Grundstücksrecht für einen Fall übertragen, indem der Verkäufer am Vertragsobjekt vor dem Ver-kauf ohne Baugenehmigung größere Sanierungs-arbeiten vorgenommen hatte. Auf die Behauptungdes Verkäufers, er habe sich überhaupt keine Ge-danken um das Erfordernis einer Baugenehmigunggemacht, komme es daher nicht an. In Anbetracht dervon ihm vorgenommenen umfassenden Arbeitenhätte es sich jedem verständigen Menschen auf-drängen müssen, dass zumindest die Möglichkeitbesteht, dass diese einer behördlichen Genehmigungbedürfen. Gleiches gelte für eine erhebliche Nut-zungsänderung.

Mit der Vorschrift des § 442 BGB, wonach die Rechtedes Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossensind, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt,hat sich der Senat nicht auseinandergesetzt. Demmag zugrunde liegen, dass nach S. 2 dieser Vorschriftdann, wenn dem Käufer ein Mangel infolge groberFahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, der KäuferRechte wegen dieses Mangels im Falle von Arglistoder einer Beschaffenheitsgarantie gleichwohl gel-tend machen kann. In der Praxis kann es vorzugs-würdig sein, in den Bereichen, die dem Käufer be-sonders wichtig sind, den Verkäufer eine Beschaf-fenheitsgarantie abgeben zu lassen, wenn die innereVertragsgerechtigkeit dies zulässt, was bspw. beiBaumaßnahmen im Hinblick auf das Vorliegen allererforderlichen baurechtlichen Genehmigungen derFall sein kann. Trifft die Garantie nicht zu, kommt esauf das Vorliegen der möglicherweise schwer nach-weisbaren Arglist nicht an.

Die Schriftleitung (LB)

Zum Sachverhalt:

I. Die Kl. begehrt vom Bekl. aus eigenem Recht und darüberhinaus in Prozessstandschaft für Herrn Sch. die Rückabwick-lung eines Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung nebstErsatz weiterer Aufwendungen.

Die Kl. und ihr damaliger Lebensgefährte, Herr Sch., erwarbenmit Vertrag vom 9. 12. 2005, UR-Nr. xxx/2005 des NotarsB.-R., die mit Nr. 7 bezeichnete Eigentumswohnung in derA.straße 29, eingetragen im Wohnungseigentumsgrundbuchvon S. Blatt 73057, zum Kaufpreis von 90 000,– E, welche dieKäufer im Rahmen eines Mietverhältnisses bereits seit 2000bewohnten.

Im Rahmen von Verkaufsbemühungen wandte sich die Kl. u. a.an die Bauordnungsbehörde und musste feststellen, dass fürdie Wohnungen im Dachgeschoss, zu denen auch die Woh-nung Nr. 7 gehört, keine bauordnungsrechtliche Genehmigung

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vorliegt. Ebenso hatte der Bekl. den zur Wohnung Nr. 7 ge-hörenden Balkon ohne Baugenehmigung errichtet. Ein ent-sprechender Bauantrag war mit Bescheid vom 22. 2. 2000 zu-rückgewiesen worden.

Mit Schreiben vom 27. 3. 2009 forderten die Kl. und Herr Sch.den Bekl. auf, bis zum 15. 4. 2009 eine bauordnungsrechtlicheGenehmigung für die Wohnung und die Balkonanlage her-beizuführen. Der Bekl. teilte hierauf mit Schreiben vom15. 4. 2009 mit, dass das Dachgeschoss bereits vor derWende bewohnt gewesen sei. Er habe lediglich vorhandenenWohnraum saniert, ohne in die Statik einzugreifen. Wändeseien nicht verändert worden. Es seien auch nur vorhandene,stark sanierungsbedürftige Balkone erneuert worden, wofürvon der ausführenden Firma eine Statik vorgelegen habe.

Am 17. 4. 2009 erklärten die Käufer gegenüber dem Bekl. denRücktritt vom Kaufvertrag und machten Schadensersatz-forderungen geltend. Der Bekl. wurde aufgefordert, den Kauf-preis bis zum 25. 4. 2009 zurückzuzahlen. Sie boten an, dienotarielle Erklärung für die Rückübertragung des Wohneigen-tums abzugeben.

Am 22. 6. 2009 erteilte die Stadt S. der Kl. eine Nutzungs-untersagung. Am 31. 7. 2009 teilte die Stadt S. mit, dass dieNutzungsuntersagung hinsichtlich der Balkonanlage aufge-hoben worden sei. Auf Antrag des Bekl. vom 30. 6. 2009 hatdie Stadt S. am 23. 9. 2009 für den Umbau und die Nutzungs-änderung der Wohnung Nr. 7 eine Baugenehmigung mit Auf-lagen erteilt. Zwischenzeitlich hat der Bekl. den Bauantrag fürdie Wohnung Nr. 7 zurückgenommen.

Die Kl. hat die Ansicht vertreten, der Bekl. habe das Fehlen derBaugenehmigung als Sachmangel bei Vertragsschluss arg-listig verschwiegen. Daher greife der im Vertrag bestimmteHaftungsausschluss nicht. Der Ausbau der Wohnungen sei imJahr 2000 durch den Bekl. erfolgt, auch sei die Wohnung zuvornicht mit einem Balkon versehen gewesen. Das Dachgeschosssei vor der Wende nicht bewohnt gewesen. Eine Genehmigungzur Wohnnutzung der Wohnung Nr. 7 habe seit Errichtung desHauses um 1906 nie vorgelegen. Der Bekl. habe die Wohnungaus einem Trockenboden und drei Bodenkammern errichtet,hierzu die Wände verändert und folglich in die Statik einge-griffen. Er habe in den Trockenboden ein weiteres Fenster ein-gebaut, ein vorhandenes zu einer Balkontür umgestaltet undein weiteres großes Dachflächenfenster eingebaut. Die Ge-nehmigung für die Errichtung der Balkonanlage habe der Be-klagte 1999 beantragt, welche jedoch unstreitig abgelehntworden ist.

In Kenntnis der Umstände hätten die Kl. und Herr Sch. dieWohnung 2005 nicht erworben. Es sei davon auszugehen,dass der Bekl. gewusst habe, dass Baugenehmigungen nichtvorliegen, aber notwendig wären. Dass sich der Bekl. beiKaufvertragsabschluss über Notwendigkeit und Vorhanden-sein von Baugenehmigungen keine Gedanken gemacht habenwill, stelle eine reine Schutzbehauptung dar.

Im Rahmen der Rückabwicklung hat die Kl. Notarkosten,Grunderwerbsteuer, Grundbuchkosten, Kosten der Stadt S. inHöhe von 64,– E, Wohngeld sowie Eigenheimzulage begehrt.Weiterhin hat die Kl. Umzugskosten, Einlagerungskosten, Te-lefonummeldung, Ummeldekosten für das Auto, Mietkostenbis Januar 2010 geltend gemacht.

Der Bekl. hat behauptet, die Wohnung sei auch vor 2000 zuWohnzwecken genutzt worden. Die Arbeiten, die erfolgt seien,bevor der Bekl. die Immobilie erworben habe, hätten daher alsdem Bestandsschutz unterfallen gegolten. Im Hinblick auf dieAbgeschlossenheitsbescheinigung der Stadt S. sei der Bekl.im guten Glauben davon ausgegangen, dass weitere Ge-nehmigungen nicht erforderlich seien. Er habe Mängel nichtarglistig verschwiegen. Soweit er Sanierungsarbeiten vorge-nommen habe, seien diese nicht genehmigungsbedürftig und

wenn doch, jedenfalls jederzeit genehmigungsfähig. Von derAntragstellung und Antragsablehnung betreffend die Balkonehabe er keine Kenntnis gehabt, denn der Antrag sei eigen-mächtig und ohne seine Kenntnis von seiner Frau gestelltworden. Es sei der Kl. unbenommen, eine Baugenehmigungfür die Wohnung Nr. 7 einzuholen, seine Sache sei das nicht,weil er nicht Eigentümer sei. Er hat die Einrede der Verjährungerhoben.

Mit Grundurteil vom 18. 1. 2011 hat das LG S. die Klaganträgezu 1. bis 3. dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Es hatden Rücktritt wegen Arglist des Bekl. für wirksam erachtet.Jedoch hielt es die Ansprüche zur Höhe noch nicht für ent-scheidungsreif. Wegen der Gründe im Einzelnen sowie dererstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen nimmt der Senat aufdas angefochtene Urteil Bezug.

Mit seiner Berufung verfolgt der Bekl. die Klageabweisungweiter. Hilfsweise beantragt er die Zurückverweisung an dasLG.

Er ist der Ansicht, das LG sei aufgrund einer unzureichendenund fehlerhaften Wertung des Sachverhaltes zu der Auffassunggelangt, dass die Kl. vom Vertrag habe zurücktreten können,weil der vertragliche Haftungsausschluss wegen arglistigerTäuschung des Bekl. nicht greife. Es habe den wesentlichenSachverhalt erkennbar nicht vollständig wiedergegeben. DerBekl. habe das Haus 1993 im Wege der Rückübertragungübergeben bekommen. Aus dem zugehörigen Übergabepro-tokoll vom 9. 9. 1993 ergebe sich, dass im Dachgeschoss einMietverhältnis mit einer Familie R. bestanden habe. Es ergebesich weiter hieraus, dass im Dachgeschoss Räume in Größevon 60 qm an die Familie S./K. zu Wohnzwecken vermietetgewesen seien. 1994 habe der Bekl. mit der Sanierung desHauses begonnen. Beginnend mit dem Erdgeschoss habe ermittels Handwerksbetrieben nach und nach alle Wohnungensaniert. Die Sanierung der Dachgeschosswohnungen sei1999/2000 abgeschlossen worden. In jedem Geschoss seieneigenständige Sanitäranlagen eingebaut worden, die zuvornicht vorhanden gewesen seien. Dies sei auch im Dach-geschoss der Fall gewesen. Die Teilungserklärung sei vomBekl. mit notarieller Urkunde vom 29. 12. 1998 vollzogen wor-den. Aus der Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 10. 11.1998, die den Käufern mit Kaufvertrag übergeben worden sei,ergebe sich, dass die Wohnungen 1 bis 8 als abgeschlossengelten.

Er macht geltend, die Nutzungsuntersagungsverfügungen fürdie Wohnungen 7 und 8 seien auf Aktivität der Kl. ergangen.Der Bekl. sei aus allen Wolken gefallen. Er sei zu keiner Zeitdavon ausgegangen, dass die von ihm vorgenommenen Sa-nierungsarbeiten genehmigungsbedürftig seien. Schon zuDDR-Zeiten sei im Dachgeschoss der A. 29 – wie in den mei-sten umliegenden Häusern – gewohnt worden. Die Dach-geschosse hätten zwar heutigen Wohnanforderungen nichtgenügt, seien aber durch Wände und Türen aufgeteilt ge-wesen. Die Verbesserungsarbeiten habe er vorgenommen,ohne auf den Gedanken des Genehmigungserfordernisses zukommen. Ob eine solche Genehmigung überhaupt erforderlichwäre, hätte im Widerspruchsverfahren geklärt werden können.Einen Widerspruch gegen die Untersagungsverfügung habedie Kl. aber nicht eingelegt.

Auch den Vorwurf der Arglist habe das LG fehlerhaft fest-gestellt. Die Kl. habe bereits keinen substantiierten Sachvor-trag geleistet, aus dem sich die Arglist ergeben könnte. Auchdie Beweisaufnahme sei so gestaltet gewesen, dass sie garnicht auf die Feststellung der Arglist des Bekl. gerichtet ge-wesen sei. Zwar gehe das LG im Ergebnis der Beweisauf-nahme davon aus, dass die Arbeiten im Dachgeschoss einerBaugenehmigung bedurft hätten. In der Beweisaufnahmehabe es aber keinen Niederschlag gefunden, dass der Bekl.wissentlich Sanierungsarbeiten im Bereich der Wohnungen

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Nr. 7 und 8 durchgeführt habe, ohne sich um die erforderlicheBaugenehmigung zu kümmern. Der Bekl., der noch heute da-von ausgehe, dass für die Wohnung Nr. 7 keine Baugenehmi-gung erforderlich sei, habe schlicht nicht gewusst, dass für dieArbeiten eine Baugenehmigung erforderlich gewesen sei. DieKl. habe vor ihrem Einzug mitbekommen, dass umfassendeSanierungsarbeiten erfolgt seien, sie habe auch mitgeteilt be-kommen, dass es sich um einen Erstbezug der Wohnung han-dele, sie habe aber weder bei Beginn des Mietverhältnisses imJahre 2000 noch bei Abschluss des Kaufvertrages 2005 sichnach einer Baugenehmigung erkundigt. Sie habe auch keineUnterlagen bei Kauf herausverlangt, obgleich dies im Vertragvorgesehen gewesen sei. Sie habe weder bei Anmietung nochbei Kauf Wert auf eine Baugenehmigung gelegt.

Auch bezüglich der Balkonanlage liege Arglist nicht vor. Essei eine alte, nicht tragfähige Balkonanlage vorhanden ge-wesen. Zum Zeitpunkt der Erneuerung sei dem Bekl. eine Sta-tik von dem ausführenden Unternehmen vorgelegt worden.Der Handwerker habe ihm mitgeteilt, dass es sich um eine ge-nehmigte Statik handele. Dass nicht er, sondern seine Ehefrau,die Genehmigung beantragt und die Ablehnung erhalten habe,habe seine Frau in der Beweisaufnahme zweifelsfrei bekundet.Das LG habe außer Acht gelassen, dass in den Bauakten derStadt S. dokumentiert sei, dass er kein Wissen von dem Antraggehabt habe. Aus Anlage B1 ergebe sich, dass seine Ehefraudarum gebeten habe, keine Eingangsbestätigung zu erteilen.Auf dem Zurückweisungsbescheid vom 22. 2. 2000 befindesich ein handschriftlicher Vermerk, dass dieser persönlich ab-geholt worden sei. Am 25. 2. 2000 habe Frau M. dafür unter-schrieben, ihn abgeholt zu haben.

Die Kl. begehrt die Berufungszurückweisung. Sie rügt, derBekl. trage auch in der Berufungsinstanz falsch vor. Aus derAnlage B4 ergebe sich nur, dass Frau Sch. 60 qm im Dach-geschoss bewohnt habe. Eine Familie R. habe dort nicht ge-wohnt, so dass für das Dachgeschoss keine zwei Mietverträgeexistiert hätten. Nach Aussage aller erstinstanzlichen Zeugenhabe sich in der linken Hälfte des Dachgeschosses ein ein-facher Trockenboden befunden. Der Bekl. habe die Wohnungneu errichtet. Die Arbeiten des Bekl. seien im wesentlichenunbestritten auf den Seiten 2/3 des klägerischen Schriftsatzesvom 29. 9. 2009 dargestellt.

Der Bekl. habe nicht erst durch das Schreiben der Kl. vom27. 3. 2009 davon erfahren, dass Baugenehmigungen nichtvorliegen, denn nach seinem erstinstanzlichen Vortrag habe erdies schon immer gewusst. Die Kl. habe eine Nutzungsunter-sagung weder bestellt noch veranlasst. Eine Balkonanlagehabe das Haus vor der Sanierung nicht gehabt, sondern ein-zelne Wohnungen hätten vorgehängte Balkone gehabt. DerBekl. habe erstmals eine Ständeranlage errichtet.

Sie weist darauf hin, dass der Bekl. erstinstanzlich zunächstvorgetragen habe, dass er 1999/2000 Nachforderungen zuseinem Bauantrag für die Balkonanlage erhalten habe. Mitdiesem Vorbringen habe der Bekl. auch am 26. 1. 2010 ver-handelt.

Aus den Gründen:

II. Die zulässige Berufung des Bekl. hat in der Sachekeinen Erfolg. Das LG hat einen Rückabwicklungsan-spruch der Kl. aufgrund eines wirksamen Rücktritts vomKaufvertrag zutreffend bejaht.

1. Ist eine Kaufsache mangelhaft, kann der Käufer ge-mäß § 437 BGB nach den Vorschriften der §§ 440, 323,326 Abs. 5 BGB vom Vertrag zurücktreten und nach den

§§ 440, 280, 281 BGB Schadensersatz verlangen, so-weit im Vertrag nichts anderes vereinbart ist.

Die fehlende Baugenehmigung stellt einen Sach-mangel des veräußerten Wohnungseigentums dar

Die streitgegenständliche Eigentumswohnung ist man-gelhaft. Ist im Vertrag eine besondere Beschaffenheitder Kaufsache nicht vereinbart, ist diese gemäß § 434Abs. 1 S. 2 BGB frei von Sachmängeln, wenn sie sich fürdie nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eig-net oder sonst sich für die gewöhnliche Verwendungeignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachender gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach derArt der Sache erwarten kann.

Zutreffend geht das LG davon aus, dass die fehlendeBaugenehmigung einen Sachmangel des veräußertenWohnungseigentums darstellt (vgl. auch Palandt/Ellen-berger, BGB, 70. Aufl., § 123 Rn. 8), da diese den Wertund die Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetztenGebrauch aufheben. Das Fehlen einer notwendigenBaugenehmigung stellt grundsätzlich einen Sach-mangel i. S. v. § 434 BGB dar, weil die Baubehörde dieNutzung der Wohnung bis zur Erteilung einer Bau-genehmigung untersagen kann (vgl. hierzu im weiterenBGH MDR 1991, 967; BGH NJW 2003, 2380) und vor-liegend auch untersagt hat.

Somit hat sich bereits in Gestalt der Nutzungsunter-sagungsverfügung das Risiko der fehlenden Bauge-nehmigung verwirklicht, die Kaufsache nicht zum vor-gesehenen Vertragszweck nutzen zu können.

Die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes ent-zieht sich der Nachprüfbarkeit durch die Zivilge-richte

Ob die zwischenzeitlich bestandskräftige Nutzungs-untersagungsverfügung zu Recht ergangen ist und ins-besondere eine Baugenehmigungsbedürftigkeit dervom Bekl. ausgeführten Baumaßnahmen bestand, hatder Senat nicht festzustellen. Die Rechtmäßigkeit einesVerwaltungsaktes, welchen auch die Nutzungsunter-sagungsverfügung darstellt, entzieht sich der Nach-prüfbarkeit durch die Zivilgerichte und ist mit den ver-waltungsverfahrensrechtlichen Instrumenten vorzuneh-men. Dessen ungeachtet wird die Annahme des Senats,dass vorliegend eine Baugenehmigung erforderlich ist,auch dadurch gestützt, dass auf einen entsprechendenAntrag des Bekl. hin, eine Baugenehmigung unter er-heblichen Auflagen ergangen ist, welche jedoch wegender Rücknahme des Bauantrages durch den Bekl. ge-genstandslos geworden ist. Wären die Umbauten desBekl. im Bereich der Wohnung Nr. 7 entsprechend sei-nen Behauptungen genehmigungsfrei, wäre der Antragauf Erteilung einer Baugenehmigung zurückzuweisengewesen.

In Anbetracht der nicht bestehenden Nachprüfbarkeitdurch das Zivilgericht betreffend die Nutzungsunter-sagungsverfügung kommt es auf die übrigen nichtnachgelassenen Ausführungen des Bekl. im Schriftsatzseiner Prozessbevollmächtigten vom 5. 12. 2011 nichtan, so dass dieser auch keinen Anlass zur Wiederer-öffnung des Verfahrens gibt. Selbst eine Berück-

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sichtigung des Vorbringens und insbesondere der An-lage BB 1 würde gleichwohl nur die Genehmigungsbe-dürftigkeit der baulichen Maßnahmen bestätigen.

Arglist durch Verschweigen i. S. v. § 444 BGB setztvoraus, dass dem Verkäufer Fehler bekannt warenoder er sie zumindest für möglich hielt und er billi-gend in Kauf nahm, dass dem Käufer diese Fehlernicht bekannt waren und er bei deren Offenlegungden Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem verein-barten Inhalt geschlossen hätte

2. Einem Rücktritt der Kl. und des Herrn Sch. vomKaufvertrag, dessen übrige Voraussetzungen der Senatmit dem LG für gegeben erachtet, ist von den Vertrags-parteien auch nicht wirksam ausgeschlossen worden.Zwar können die Vertragsparteien eines Kaufvertragesabweichend von § 437 BGB auch ganz oder teilweiseeinen Ausschluss der Gewährleistungsrechte verein-baren. Gemäß § 444 BGB kann sich der Verkäufer aufsolche Vereinbarung jedoch nicht berufen, wenn er denMangel der Kaufsache arglistig verschwiegen hat.

Eine Arglisthaftung wegen der Täuschung durch Ver-schweigen offenbarungspflichtiger Mängel setzt vo-raus, dass dem Verkäufer Fehler bekannt waren oder ersie zumindest für möglich hielt und er billigend in Kaufnahm, dass dem Käufer diese Fehler nicht bekannt wa-ren und er bei deren Offenlegung den Kaufvertrag nichtoder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossenhätte (BGH NJW-RR 1996, 1332; BGH NJW-RR 1992,333; Brandenburgisches OLG, Urt. v. 10. 4. 2008, 5 U10/07 m. w. N.; OLGR Saarbrücken 2008, 251). DasTatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nurein Verhalten des Veräußerers, das von betrügerischerAbsicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltens-weisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Für-möglichhaltens“ und „Inkaufnehmens“ reduziert sindund mit denen kein moralisches Unwerturteil verbundensein muss (BGH IBR 2002, 383 mit Anm. Baden; OLGKoblenz MDR 2006, 1343).

Eine Aufklärungspflicht besteht nur, wenn der an-dere Teil nach Treu und Glauben unter Berück-sichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweiseAufklärung erwarten durfte

Ein bloßes Schweigen kann eine arglistige Täuschungdarstellen, wenn zum einen hinsichtlich der verschwie-genen Tatsache eine Aufklärungspflicht besteht. Einesolche Aufklärungspflicht besteht nur dann, wenn derandere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichti-gung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklä-rung erwarten durfte. Grundsätzlich ist es Sache einerjeden Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahr-zunehmen. Eine allgemeine Pflicht, alle Umstände zuoffenbaren, die für die Entschließung des anderen Ver-tragsteils von Bedeutung sein können, besteht nicht.Für jeden Vertragspartner besteht lediglich die Pflicht,den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, dieden Vertragszweck (des anderen) vereiteln können unddaher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeu-tung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrs-anschauung erwarten konnte.

Der positiven Kenntnis steht die bloße Erkennbar-keit von aufklärungspflichtigen Tatsachen aus-nahmsweise gleich, wenn sich diese dem Täu-schenden nach den Umständen des Einzelfallesaufdrängen mussten

Ausnahmsweise steht der positiven Kenntnis die bloßeErkennbarkeit von aufklärungspflichtigen Tatsachengleich, wenn sich diese dem Täuschenden nach denUmständen des Einzelfalles aufdrängen mussten. Der-jenige ist dann nach Treu und Glauben nicht berechtigt,seine Augen vor solchen Tatsachen zu verschließen(BGH WM 2008, 1121; BGH WM 2010, 1448). Weigertsich also der Verkäufer einer Immobilie, von sich auf-drängenden Umständen und deren sich ebenfalls auf-drängenden Bedeutung für einen Käufer Kenntnis zunehmen, muss dies nach den für die Bankenhaftungentwickelten Grundsätzen nach Ansicht des Senatesdem positiven Wissen, dem sich der Verkäufer ver-schließt, gleichstehen.

Im konkreten Fall hätte es sich dem Verkäufer inAnbetracht der von ihm vorgenommenen um-fassenden Arbeiten aufdrängen müssen, dass zu-mindest die Möglichkeit besteht, dass diese einerbehördlichen Genehmigung bedürfen

So liegt der Fall hier. Dabei kann der Senat das Vor-bringen des Bekl., er habe sich überhaupt keine Ge-danken um das Erfordernis einer Baugenehmigunggemacht, unterstellen. In Anbetracht der von ihm vor-genommenen umfassenden Arbeiten hätte es sich je-dem verständigen Menschen aufdrängen müssen,dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass dieseeiner behördlichen Genehmigung bedürfen. Dabei ver-mag der Senat dem Bekl. nicht darin zu folgen, dass ernur Vorhandenes saniert habe und für ihn deshalb keinAnlass bestanden habe, diese Möglichkeit in Erwä-gung zu ziehen. Bereits aus seinem eigenen Vorbrin-gen ergibt sich, dass er in die Wohnung Nr. 7 Kücheund Bad eingebaut hat und hierzu erst Wasser- undAbwasseranschlüsse dorthin verlegt hat. Ebensoräumt er ein, nichttragende Trennwände gestellt zuhaben sowie Fußbelege aufgebracht zu haben. Darü-ber hinaus hat er mit der zunächst nicht genehmigtenBalkonanlage auch der Wohnung Nr. 7 einen Balkonzugeordnet, der zuvor nicht vorhanden war. Um jedocheinen Zugang zu diesem Balkon zu schaffen, ist esnach dem Verständnis des Senats unumgänglich, ei-nen Eingriff in die Außenhaut des Hauses vorzuneh-men, um so eine ausreichende Türöffnung als Austrittzu schaffen und so erst die Nutzbarkeit des Balkonsherzustellen. Schon diese umfangreichen Verände-rungen und Arbeiten mussten dem Bekl. hinreichendAnlass geben, die Erforderlichkeit einer Baugeneh-migung in Erwägung zu ziehen. Dass umfangreicheBauarbeiten und Veränderungen an Gebäuden zumin-dest baugenehmigungspflichtig sein können, gehörte1999/2000 auch zum Allgemeinwissen der Bürger inden neuen Bundesländern, denn die in der DDR üb-liche Praxis, in Eigenleistung ungenehmigte oder teil-weise auch nicht genehmigungsbedürftige Verände-rungen in einer abgeschlossenen Wohnung vorzu-nehmen, war seit langem überholt.

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Dass auch eine Nutzungsänderung genehmigungs-pflichtig sein kann, war zehn Jahre nach der Wendein den neuen Bundesländern allgemein bekannt

Dass der Bekl. dann, wenn er sich keine Gedanken umeine bauliche Genehmigungspflichtigkeit gemacht hat,sich ihm aufdrängenden Kenntnissen verschlossen hat,findet weitere Stütze darin, dass er die Räumlichkeitenim Bereich der Wohnung Nr. 7 – wie sie vor dem Umbaubestanden – einer geänderten Nutzung zugeführt hat.Dass auch dies genehmigungspflichtig sein kann, warzum Zeitpunkt des Umbaus 1999/2000 in den neuenBundesländern allgemein bekannt. Der Senat ist davonüberzeugt, dass der Bekl. hier nicht zum dauerhaftenWohnen bestimmte Räume zu einer abgeschlossenenWohnung umgebaut hat. Alle im Verfahren erster Instanzangehörten Zeugen haben bestätigt, dass sich im Be-reich der heutigen Wohnung Nr. 7 keine abgeschlosse-ne Wohnung befand, sondern ein Großteil des Raumesdurch einen Trockenboden in Anspruch genommenwurde. Auch die im Übrigen dort befindlichen Räume,die von der Ehefrau des Bekl., der Zeugin M., als Mäd-chenzimmer bezeichnet wurden, stellten keine abge-schlossene Wohnung dar, da sie bereits nicht über dieGrundanforderungen an Wohnraum verfügten. Wohn-raum ist nur solcher Raum, der Menschen zum dau-ernden Aufenthalt, zum Schlafen, Kochen und Essendient und daher zumindest eine Kochmöglichkeit unddie Nutzung sanitärer Einrichtungen beinhaltet und In-nenteil eines Hauses ist (Herrlein/Kandelhard-Both,MietR, 4. Aufl., § 549 Rn. 3; Palandt/Weidenkaff, a.a.O.,vor § 535 Rn. 89; Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Miet-prozessrecht, 5. Aufl., Vorbem. 5 vor § 535; Schmidt-Futterer/Blank, MietR, 10. Aufl., vor § 535 Rn. 83). Dasses sich gemessen an diesen Kriterien entsprechend derBeschreibung der erstinstanzlich vernommenen Zeu-gen für jedermann erkennbar bei den umzubauendenRäumlichkeiten nicht bereits um vorhandenen Wohn-raum handeln konnte, liegt offen auf der Hand. Dasszum Zeitpunkt der Umbauten diese Räumlichkeiten zudauerhaften Wohnzwecken genutzt wurden, behauptetauch der Bekl. nicht. Sofern er allerdings vortragenlässt, dass im Dachgeschoss seines Hauses schon im-mer zwei Wohnungen vorhanden gewesen seien, wirddies auch nicht durch die von ihm zum Beleg seiner Be-hauptung abgereichte Anlage B 4 bestätigt. Auch inAnbetracht des klaren erstinstanzlichen Beweisergeb-nisses, welches sich der Senat ohne weiteres zu eigenmachen kann, erscheint dieser vom Bekl. auch in derBerufungsinstanz aufrecht gehaltene Vortrag wenigglaubhaft.

Wenn sich dem Bekl. zumindest die Möglichkeit einerGenehmigungspflichtigkeit seiner Arbeiten aber auf-drängen musste, hätte er das Fehlen einer solchen Ge-nehmigung von sich aus offenbaren müssen. Dass einesolche für den Käufer einer Eigentumswohnung nichtgänzlich ohne Interesse ist, musste sich für den Bekl.schon daraus ergeben, dass im Kaufvertrag die Über-gabe derselben gerade vorgesehen war. Darauf, dassdie Kl. und Herr Sch. nach Unterzeichnung des Kauf-vertrages deren Vorlage nicht verfolgt haben, kann sichder Bekl. zu seinen Gunsten nicht berufen, denn seineAufklärungspflicht bestand bereits vor bzw. bei Unter-zeichnung des Kaufvertrages.

3. Da der vereinbarte Haftungsausschluss wegen § 444BGB nicht greift, sind auch Schadenersatzansprücheder Kl. sowie solche in Gesamtgläubigerschaft mitHerrn Sch. gem. §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB nicht aus-geschlossen. Das LG hat diese zutreffend dem Grundenach bejaht. Die Feststellung der haftungsausfüllendenKausalität hat es dabei offenbar dem Betragsverfahrenüberlassen, obgleich sich ausdrückliche Feststellungenhierzu im angefochtenen Urteil nicht finden.

4. Steht einer Vertragspartei ein gesetzliches Rück-trittsrecht zu und macht sie von diesem Gebrauch, sindgem. § 346 Abs. 1 BGB die empfangenen Leistungenzurückzugewähren und gezogene Nutzungen heraus-zugeben. Im Rahmen der Rückabwicklung des Ver-tragsverhältnisses hat dabei eine Saldierung der ge-genseitigen Ansprüche zu erfolgen. Dabei sind auch dievorliegend durch die Kl. geltend gemachten Schadens-ersatzansprüche einzubeziehen. Eine solche Saldierunghat bislang nicht stattgefunden. Insbesondere hat derBekl. bislang nicht Gelegenheit ergriffen, seinerseitsmögliche Forderungen zur Saldierung vorzubringen. Daer von einer Unwirksamkeit des Rücktritts ausgegangenist und aus seiner Sicht hierzu also kein Anlass bestand,wird ihm auf richterlichen Hinweis hierzu Gelegenheit zugeben sein. Bereits insoweit ist der Rechtsstreit zwarseinem Grunde nach, nicht aber zur Höhe entschei-dungsreif. Das LG konnte daher gem. § 304 Abs. 1 ZPOein Grundurteil erlassen und auch die Entscheidungüber die haftungsausfüllende Kausalität in das Betrags-verfahren verlagern.

5. Familienrecht – Zum Gesamtschuldnerausgleichunter Ehegatten bezüglich gemeinsamer Darle-hensverbindlichkeit(Thüringer OLG, Beschluss vom 8. 12. 2012 – 1 UF396/11)

BGB § 426 Abs. 1 S. 1

1. Die Grundregel des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB, nachwelcher Gesamtschuldner im Innenverhältnis zugleichen Anteilen haften, wird während des Zu-sammenlebens der Ehegatten durch die ehelicheLebensgemeinschaft überlagert.

Wenn der allein verdienende Ehegatte die Lastendes Kredits für die Ehewohnung allein trägt, isteine zumindest stillschweigende Einigung zu-grunde zu legen, dass auch intern nur der ver-dienende Teil haftet. Entsprechendes gilt beibeiderseits verdienenden Ehegatten mit erhebli-chem Einkommensgefälle.

2. Für die Zeit nach der Trennung ist davon auszu-gehen, dass eine anderweitige Bestimmungi. S. v. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB jedenfalls dann naheliegt, wenn die alleinige Schuldentilgung durcheinen der getrennt lebenden oder geschiedenenEhegatten bei der Berechnung des dem anderenzustehenden Unterhalts bereits berücksichtigtwurde.

Damit nicht ohne weiteres vergleichbar ist derFall, dass an sich bestehende Unterhaltsansprü-

Rechtsprechung234 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 234/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Page 37: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

che im Hinblick darauf, dass der Unterhalts-pflichtige die gemeinsamen Schulden allein tilgt,nicht geltend gemacht werden, ohne dass überdiese Handhabung eine ausdrückliche Vereinba-rung getroffen wurde. Ob gegebenenfalls einestillschweigende Vereinbarung angenommenwerden kann, ist jeweils nach den Umständendes Einzelfalls zu entscheiden.

Zur Einordnung:

Der grundsätzlich auch bei Ehegatten bestehendegesamtschuldnerische Ausgleichsanspruch gem.§ 426 Abs. 1 BGB wird durch die Besonderheiten unddie Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaftüberlagert (BGH NJW 2002, 2319; 2000, 1944). Aller-dings wird § 426 BGB nicht von den §§ 1372 ff. ver-drängt. Denn während der Zugewinnausgleich erstbei der Beendigung des Güterstands Bedeutunggewinnt und auf eine umfassende Abrechnung desVermögenszuwachses angelegt ist, gewährt § 426Abs. 1 BGB einen Einzelausgleich in Gestalt einessofort fälligen Anspruchs (BGH NJW 1988, 133). AlsAusgangspunkt für den Gesamtschuldnerausgleichgilt im Innenverhältnis grundsätzlich der Halbtei-lungsgrundsatz. Eine anderweitige Aufteilung kannsich aus Gesetz, Vereinbarung, Inhalt und Zweck desRechtsverhältnisses oder aus der Natur der Sache,also der besonderen Gestaltung des tatsächlichenGeschehens ergeben, etwa ob die Ehe intakt oderzerrüttet ist. Bis zum Scheitern der Ehe kann sich da-her „eine anderweitige Bestimmung“ ohne besondereVereinbarung ergeben. Für eine intakte Ehe gilt, dassim Falle der Einverdienerehe oder eines erheblichenUngleichgewichts zwischen den Einkünften derEheleute die Ausgleichspflicht des nicht oder we-sentlich weniger verdienenden Ehegatten entfällt(BGH FamRZ 1993, 676). Das bedeutet, dass nachScheitern der Ehe ein Ausgleich für vor der Trennungerbrachte Tilgungsleistungen, die von den Ehegattennicht entsprechend ihrer Quote erbracht wurden,nicht stattfindet. Allerdings ist ab dem Scheitern derEhe davon auszugehen, dass grundsätzlich eineAusgleichspflicht mit einer hälftigen Verteilung be-steht, es sei denn besondere Umstände rechtfertigeneinen anderen Maßstab.

Das Thüringer OLG schließt sich im vorliegendenBeschluss dieser ständigen Rechtsprechung an. Esstellt fest, dass für die Zeit nach der Trennung eine„anderweitige Bestimmung“ gegenüber dem danngrundsätzlich geltenden Halbteilungsgrundsatz je-denfalls naheliegt, wenn die alleinige Schuldentilgungdurch einen der getrennt lebenden oder geschiede-nen Ehegatten bei der Berechnung des dem anderenzustehenden Unterhalts bereits berücksichtigt wurde.Das Gericht gibt insofern ein Beispiel für einen „be-sonderen Umstand“, der die hälftige Verteilung wie-der durchbrechen kann. Würden hingegen grund-sätzlich bestehende Unterhaltsansprüche im Hinblickauf die Alleintilgung von Schulden durch den Unter-haltspflichtigen nur nicht geltend gemacht, änderedies nicht zwingend etwas an der hälftigen Aus-gleichspflicht. In solchen Fällen bedürfe es beimFehlen einer ausdrücklichen Absprache zwischen

den Ehegatten zumindest einer „stillschweigendenVereinbarung“ den Ausgleichsmaßstab betreffend,wovon auf Grund des konkreten Sachverhalts in vor-liegender Entscheidung auszugehen war.

In der notariellen Praxis bietet es sich an, diese The-matik insbesondere bei Scheidungsfolgenverein-barungen zu thematisieren und eventuelle Vereinba-rungen bzw. „Absprachen“ der Parteien entspre-chend aufzunehmen.

Die Schriftleitung (TF)

Zum Sachverhalt:

I. Die Parteien haben am 4. 9. 1993 geheiratet und leben seitdem 1. 4. 2007 getrennt. Sie sind seit dem 12. 2. 2009 rechts-kräftig geschiedene Eheleute.

Sie haben keine gemeinsamen Kinder. Aus einer vorangegan-genen Beziehung haben sie jeweils einen Sohn. Die Eheleutehaben keinen Ehevertrag errichtet. Ein Zugewinnausgleichwurde nicht durchgeführt.

Die Ehewohnung haben beide zu hälftigem Miteigentum imJahr 1995 erworben und voll finanziert. Der Ag. war danebenAlleineigentümer eines Hauses mit zwei Wohnungen in L. Die-ses wurde während der bestehenden Ehe umgebaut. Auchdafür wurde Geld aufgenommen.

Die im beiderseitigen Miteigentum stehende Eigentumswoh-nung in I. wurde durch notariellen Kaufvertrag der Notarin K.vom 26. 10. 2010 (Urkundennummer . . ./2010) und notarielleGenehmigungserklärung der Ast. vom 29. 10. 2010 zu einemKaufpreis von 166 000,– E veräußert.

Nach Ablösung der darauf lastenden Kredite in Höhe von131 453,46 E an die Deutsche Bank verbleibt den Bet. einRestbetrag in Höhe von 34 546,54 E. Die Bet. streiten im vor-liegenden Verfahren um den Erlösanteil der Ast.

Unstreitig hat der Ag. während der Ehe die Darlehensraten fürdie gemeinsame Ehewohnung bezahlt. Nachdem die Parteiensich getrennt haben, blieb die Ast. in der gemeinsamen Ehe-wohnung wohnen. Die Ast. hat vom 1. 4. 2007 bis 31. 1. 2008die ehemalige Ehewohnung unter Ausschluss des Ehemannesalleine genutzt und die Hausnebenkosten, Grundsteuer unddas Hausgeld getragen; der Ehemann hat den Schuldendienstgegenüber dem Kreditinstitut bedient.

Die Ast. hat vor dem AG Erfurt, Az. 34 F 746/09 und dem Thü-ringer OLG, Az. 1 UF 44/10, Trennungsunterhalt für die Zeitvom 1. 2. 2008 bis 31. 3. 2009 erstritten.

Nach Ablösung der darauf lastenden Kredite und möglicher-weise weiterer Kosten hat der Ag. erklärt, die Ast. habe kei-nerlei Anspruch auf den verbleibenden Restkaufpreisanspruchaus der Veräußerung der im beiderseitigen Miteigentum ste-henden Eigentumswohnung in I.

Die Ast. hat vorgetragen, unstreitig seien vom Kaufpreis inHöhe von 166 000,– E zur Ablösung der Kredite 131 453,46 E

an die D. Bank geflossen. Es verbleibe ein Restbetrag in Höhevon 34 546,54 E. Davon stehe der Ast. die Hälfte der Differenzin Höhe von 17 273,27 E zu.

Sie habe die alleinige Nutzung der Wohnung als Trennungs-unterhalt gesehen. Dementsprechend habe sie ihn auch erstnach ihrem Auszug geltend gemacht.

Gehe man davon aus, dass die Trennungszeit eine endgültigewar, sei die Ast. sowohl an den Darlehensbelastungen als auchan den Einnahmen aus der Wohnung nach ihrem Auszug zubeteiligen. Dies sei im Verfahren wegen Trennungsunterhalterfolgt.

Rechtsprechung RNotZ 2012, Heft 5 235

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 235/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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Mit Ende des Anspruchs auf Trennungsunterhalt (vereinba-rungsgemäß am 31. 3. 2009) ende die Beteiligung im Rahmender Unterhaltsberechnung. Solange Trennungsunterhalt ge-schuldet werde, bestehe keine Ausgleichspflicht, weil in derBerechnung bereits die Belastungen beim Unterhaltsver-pflichteten berücksichtigt sind. Bei der Unterhaltsberechnungseien die Darlehensraten einkommensmindernd angesetztworden.

Mit Ende des Anspruchs auf Trennungsunterhalt ab dem1. 4. 2009 gelte Folgendes:

Nach Auskunft der D. Bank wurden jeweils zum 15. des Mo-nats für die beiden Darlehen die Raten fällig. Das seien vonApril bis August 2009 (5 Monate) Beträge in Höhe von1 277,56 E und ab September 2009 bis Oktober 2010 von je-weils 1 114,81 E monatlich. Somit seien insgesamt in dem ge-nannten Zeitraum 21 995,14 E bezahlt worden.

Demgegenüber bestünden gemeinsame Mieteinkünfte, dienach dem Urteil des Thüringer OLG mit 613,76 E zu berück-sichtigen seien. Für den Zeitraum von 19 Monaten ergebensich 11 661,44 E. Somit seien vom Ag. 10 333,70 E alleineübernommen.

Er könne daher die Hälfte = 5 166,85 E von der Ast. beanspru-chen. Bei Abzug der Summe von 5 166,85 E vom hälftigen Er-lös in Höhe von 17 273,27 E verbleibe ein auszukehrender Be-trag in Höhe von 12 106,42 E.

Die Ast. hat beantragt, den Ag. zu verpflichten, den beur-kunden Notar – Frau G. K., E. –, anzuweisen, aus dem auf demNotar-Anderkonto hinterlegten Kauferlös aus dem KaufvertragUR-Nr. . . . für 2010 einen verbleibenden Anteils-Restbetrag inHöhe von 12 106,– E an die Ast. freizugeben.

Der Ag. hat beantragt,

1. den Antrag zurückzuweisen,

2. widerantragstellend die Ast. zu verpflichten, den beur-kundenden Notar, Frau Notarin G. K., dienstansässig in E., an-zuweisen, den auf dem Notar-Anderkonto hinterlegten Kauf-erlös aus dem Kaufvertrag über Wohnungseigentum, UR-Nr.. . ./2010 vom 26. 10. 2010 nebst der Genehmigungserklä-rungen gemäß 2. Hs. des S. 2 der Ziffer III. Nr. 2 dieses nota-riellen Vertrages voll zugunsten des Ag. zur Auszahlung frei-zugeben.

Er hat vorgetragen, allein der Ag. habe Zahlungen auf die no-tarvertrags- und hier streitgegenständlichen Darlehensschul-den erbracht, die unstreitig von Anfang an gesamtschuldneri-sche Schulden beider Parteien waren. So habe er in den Jah-ren 1995 bis 2010 ca. 150 900,– E insgesamt alleine gezahlt.Ihm stehe ein Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich inHöhe von 75 000,– E zu.

Die Ast. erkenne mit dem Antrag bereits ihren Anspruch inHöhe von 5 000,– E an. Aber auch die antragsgegenständlicheRestforderung in Höhe von 12 100,– E sei nicht begründet,weshalb Klageabweisungsantrag gestellt werde.

Da die Ast. aber auch bislang den o. g. Notar nicht angewiesenhabe, die anderen 22 000,– E an den Ag. auszuzahlen, wäreein Widerantrag geboten, der aufgrund der Weigerung zu kon-sensueller Streitlösung beizutragen, erhoben sei.

Das AG hat mit Beschluss vom 8. 6. 2011 den Ag. verpflichtet,

1. den beurkundenden Notar, Frau G. K., E., anzuweisen, ausdem auf dem Notaranderkonto hinterlegten Kauferlös aus demKaufvertrag UR-Nr. . . . für 2010 verbleibenden Anteils-restbetrag in Höhe von 12 106,– E an die Ast. freizugeben und

2. den Widerantrag zurückgewiesen.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom8. 6. 2011 Bezug genommen.

Das AG hat zur Begründung ausgeführt, die Ast. habeselbst ausgeführt, dass ihr lediglich ein Betrag in Höhe von12 106,– E zustehe, da der Ag. eine höhere Zahlbelastunghabe. Der Ag. habe hierzu keinen Sachvortrag erbracht, sodass antragsgemäß zu entscheiden war.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Ag., die anführt, eswerde Gehörsrüge erhoben. Ein Protokoll des in der Sache am11. 5. 2011 am 12.00 Uhr im Saal 21 stattgefundenen Haupt-termins habe das Gericht der Antragsgegnerseite bisher nichtübermittelt.

Zur Beschwerdebegründung erhoben werde der diesseitigeSchriftsatz vom 11. 5. 2011 mit der Anlage B 4 und derSchriftsatz vom 1. 2. 2011 mit den Anlagen B 1 bis B 3.

Der größere Teil des Verkaufserlöses sei zur Tilgung der Darle-hens-/Kreditreste dieses Kaufobjektes verbraucht worden.Lediglich ein kleinerer Teil von ca. 34 000,– E sei als Verkaufs-erlösrest übrig geblieben. Von diesem beanspruche die Ast.die in Ziffer 1 des angefochtenen Beschlusses bezifferteSumme von 12 106,– E, während der Ag. einen weit größerenGesamtschuldnerausgleichsanspruch aus seinen o. g. Kredit-tilgungen gegen die Ast. habe, als etwa die 12,1 Tausend E

oder etwa die Hälfte der ca. 34 Tausend E.

Zweifellos sei der Prozessstoff sehr umfänglich und erforderegenaueres Befassen mit den Verzweigungen dieser Materie.Gerade deshalb habe das Gericht im o. g. Haupttermin ange-kündigt, gerichtliche Hinweise erteilen zu wollen. Dem entge-gen habe das Gericht die Antragsgegnerseite mehr als sechsWochen nach dem Hauptverhandlungstermin mit einer Ent-scheidung, mit der es einseitig dem Antrag der Ast. folgte,überrascht.

Es werde Bezug genommen auf das Urteil des Thüringer OLGvom 24. 6. 2010 (Az. 1 UF 44/10).

Darin sei festgestellt, dass die am 4. 9. 1993 geschlossene Eheder Bet. nach Getrenntleben seit März 2007 am 12. 2. 2009geschieden wurde. Die Ast. habe bis zum 31. 1. 2008 allein dieim hälftigen Miteigentum beider befundene hier streitgegen-ständliche Eigentumswohnung bewohnt und der Ag. allein dieWohnungskreditraten gezahlt.

Die Kl. habe über ca. 1 276,– EMonatseinkommen und der Ag.über 3 452,– E Monatsnettoeinkommen verfügt, wovon er u. a.monatlich 1 412,– E für die Wohnungskredite bzgl. der ge-meinsamen Eigentumswohnung zahlte.

Diese Kredittilgung habe der Bf. unstreitig allein und zwar ausseinem Arbeitseinkommen und zwar unter der Geschäfts-grundlage erbracht, mit dieser Kredittilgung vor allem sichselbst – aber auch im Zusammenleben mit seiner Ehefrau –Wohneigentum zu sichern.

Das ihm danach verbleibende Monatseinkommen (3,4 Tau-send E ./. 1,4 Tausend E) von ca. 2 000,– E sei um die Hälfte(1,3:2 = 0,65) höher als ihr Monatseinkommen, woraus er mehrals seinen Anteil der übrigen gemeinsamen Lebenshaltungs-kosten des Ehepaares getragen habe, was unstreitig und be-streitbar sei.

Demnach lägen keinerlei Tatsachen tatsächlichen Geschehensvor, welche etwa auf eine anderweitige Bestimmung i. S. d.§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB schließen ließen. Auch eine Über-lagerung des Gesamtschuldnerverhältnisses der Parteien zurhier streitgegenständlichen Kredittilgung etwa durch ihre da-malige eheliche Gemeinschaft sei hier nicht anzunehmen.

Denn eine solche würde voraussetzen, dass die andere Partei,welche sich an der gesamtschuldnerischen Tilgung selbstnicht beteilige, zumindest stillschweigend einvernehmlichmehr als die tilgende Partei anderes für die gemeinsame Le-bensführung leiste (dem anderen Partner „den Rücken freihalte“) bzw. beides erbringe (Rücken frei + anderes bezahlen)

Rechtsprechung236 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 236/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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oder dass die andere Partei solches anderes zu leisten etwagesundheitlich oder etwa wegen der Betreuung gemeinsamerKinder oder aus anderen gesellschaftlich gerechtfertigtenGründen vollkommen außerstande sei. Solche Überlage-rungsmomente lägen hier nicht vor. Die Ast. sei auch hinsicht-lich der während der Zugewinngemeinschaft allein erbrachtengesamtschuldnerischen Tilgungs-, Zins- und Kostenzahlun-gen ausgleichspflichtig.

Für die Zeit ab der Trennung (03/2007) bis zu ihrem Auszug(31. 3. 2008) sei festzustellen, dass ihm von ihr zusätzlich aushälftigem Eigentum an der hälftigen Ehewohnung Nutzungs-entschädigung in halber Miethöhe zustand.

Da sie ihm diese nicht zahlte, konnte und habe sie für diese Zeitkeinerlei Trennungsunterhaltsanspruch, welcher bei 288,– E

(gemäß Urteil 1 UF 44/10 vom 24. 6. 2011, S. 9 und 10) ohnehinbei weniger als der halben Miethöhe von 350,– E (700 : 2) zubeziffern wäre.

Für die Zeit ab Februar 2008 bis zum Vollzug des Eigentums-wohnungsverkaufs vom 26. 10. 2010 in 2011 sei festzustellen,dass die vorübergehenden Vermietungseinnahmen der Eigen-tumswohnung selbstverständlich zur Gesamtschuldentilgungeinzurechnen seien.

Es sei weder in der Ehezeit noch in den Zeiten zwischen Tren-nung und Eigentumswohnungsverkauf eine anderweitige Be-stimmung i. S. d. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB getroffen worden, diedie Pflicht der Bg. zum Gesamtschuldnerausgleich an denRechtsmittelführer aufheben würde.

Der Ag. habe allein und aus seinem alleinigen Vermögen/Ein-kommen mehr als 80 000,– E zur Tilgung und Zinszahlung deshier streitgegenständlichen Kredits und mehr als 70 000,– E

des 2. Kredits erbracht, wovon die Hälfte der addierten Summemehr als 75 000,– E sei. Davon sei eine Hälfte = 35 000,– E

Ausgleichsanspruch, der ihm von ihr zustehe, sei höher als derVerkaufserlösrest in Höhe von ca. 34 000,– E.

Der Ag. hat beantragt, in Abänderung des Beschlusses des AG– Familiengericht – Erfurt, Az. 34 F 59/11 vom 8. 6. 2011,

1. den Antrag der Ast. abzuweisen, den beurkunden Notar,Frau G. K., E. anzuweisen, aus dem auf dem Notaranderkontohinterlegten Kauferlös aus dem Kaufvertrag, UR-Nr.: . . . für2010 verbleibenden Anteilsrestbetrag in Höhe von 12 106,– E

an die Ast. freizugeben,

2. die Ast. zu verpflichten, den beurkundenden Notar, Frau G.K., E. anzuweisen, den auf dem Notaranderkonto hinterlegtenVerkaufserlösrest aus dem Kaufvertrag UR-Nr. . . . für 2010 involler Höhe an den Ag. freizugeben.

Der Ag. stellt im Termin vom 1. 12. 11 den Antrag zu Ziffer 1.und nimmt die weitergehende Beschwerde zurück.

Die Ast. beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Ast. trägt vor, während des ehelichen Zusammenlebensbetrage ihr Monatseinkommen unter 1 000,– E. Der Ag. ver-diene zeitweise sehr gut, mindestens viermal so viel. Er sei aberauch mehrmals arbeitslos gewesen.

Richtig sei, dass die Darlehenstilgung für die gemeinsame Ei-gentumswohnung vom Einkommen oder Arbeitslosengeld desAg. bezahlt wurde, während der Lebensunterhalt und dieWohnnebenkosten vom Gehalt der Ast. abgingen. In den Zei-ten, in denen der Ag. sehr gut verdiente, damals bei der FirmaB.-B. in F., leistete er sich auch einen Porsche. Sonder-tilgungen, die ursprünglich beim Kredit für die Eigentumswoh-nung vereinbart waren, leistete er nicht. Er habe aber die da-mals mögliche § 10e-Steuerabschreibung in vollem Umfangegeltend gemacht. Auch habe er neben der einen oder anderenFreundin seinen Sohn aus erster Ehe mit großzügigen Zah-lungen unterhalten. Die Ast. habe die Steuerklasse V, der Ag.die Steuerklasse III inne.

Die Beschwerde sei unbegründet. Die Behauptung des Ag.,eine anderweitige Bestimmung i. S. d. § 426 Abs. 1 S. 1 BGBläge nicht vor und daher ergäbe sich eine Ausgleichspflicht zugleichen Teilen, sei unzutreffend.

Es sei zu differenzieren zwischen

a. der Zeit des ehelichen Zusammenlebens

b. der Zeit der Trennung und

c. nach Rechtskraft der Scheidung.

Für die Zeit des ehelichen Zusammenlebens sei i. S. d. § 426Abs. 1 S. 1 BGB ein anderes bestimmt.

Dabei sei nach ständiger Rechtsprechung für eine an-derweitige Bestimmung i. S. d. Vorschrift des § 426 Abs. 1BGB keine besondere Vereinbarung der Bet. erforderlich; siekönne sich vielmehr aus dem Inhalt und Zweck eines zwischenden Gesamtschuldnern bestehenden Rechtsverhältnissesoder „aus der Natur der Sache“ ergeben, mithin aus der Ge-staltung des tatsächlichen Geschehens.

Bis zum Scheitern der Ehe könne somit eine anderweitige Be-stimmung aus dem Umstand folgen, dass das Gesamtschuld-verhältnis durch die eheliche Lebensgemeinschaft überlagertwurde. Es sei einhellige Meinung, dass es für Schulden, diewährend des ehelichen Zusammenlebens getilgt wurden, kei-nen Gesamtschuldnerausgleich gebe. Die Ausführungen desAg. wiesen nicht daraufhin, dass hier ein Ausnahmefall vorläge.Beide Ehegatten hätten gemäß § 1360 BGB gleichwertigeLeistungen zur gemeinsamen Lebensführung erbracht.

Die Behauptung, die Ast. habe weder einen finanziellen nochsonst wie gearteten Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschafterbracht, werde bestritten. Richtig sei, dass sie sich sehr wohlund gerade in schwierigen Zeiten, wie Arbeitslosigkeit undStraffälligkeit des Ag. solidarisch verhalten und ihn – so gut siekonnte – unterstützt habe.

Nach Scheitern der Ehe sei grundsätzlich von der gesetzlichenRegel der Haftung zu gleichen Anteilen auszugehen. Eine an-derweitige Bestimmung könne sich auch ohne anderweitigeoder stillschweigende Vereinbarung der Ehegatten aus derbesonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens er-geben.

Als Trennungszeit gelte die räumliche Trennung vom 1. 4. 2007bis zur Rechtskraft der Ehescheidung am 12. 2. 2009.

Nach Auszug des Ag. bewohnte die Ast. bis zum 31. 1. 2008die gemeinsame Ehewohnung allein. Von April bis 31. 12. 2007waren die Bet. mit den Steuerklassen III und V auch noch ge-meinsam veranlagt.

Bis zum Auszug habe sie keinen Trennungsunterhalt geltendgemacht, dafür habe sie das alleinige Nutzungsrecht erhalten,habe aber sämtliche Betriebs- und Nebenkosten über-nommen. Dies sei mit Anwaltsschreiben vom 16. 11. 2007 somitgeteilt worden.

Ab dem Auszug aus der Wohnung am 1. 2. 2008 habe die Ast.dann den Trennungsunterhalt gerichtlich geltend gemacht. DieDarlehen seien einkommensmindernd bei dem Ag. berück-sichtigt worden (Urteil des Senats vom 24. 6. 2010, Az. 1 UF44/10). Somit liege eine anderweitige Bestimmung i. S. d. § 426Abs. 1 S. 1 BGB vor.

Für die Ausgleichspflicht nach Rechtskraft der Scheidunggelte, dass mit Ende des Anspruchs auf Trennungsunterhalt,also ab 1. 4. 2009 bis zur Ablösung durch den Verkauf einAusgleich zu gleichen Teilen berechnet und bei der Klage-forderung bereits berücksichtigt worden sei. Der hälftige Erlösbetrage 17 273,27 E. Die geltend gemachte Forderung be-trage 12 106,42 E. Die Berechnung gehe aus dem Antrag vom5. 1. 2011 hervor.

Rechtsprechung RNotZ 2012, Heft 5 237

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 237/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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Aus den Gründen:

II. Auf das Verfahren ist das ab September 2009 gel-tende Verfahrensrecht des FamFG anzuwenden, weilder Rechtsstreit nach diesem Zeitpunkt eingeleitetwurde, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- undfristgerecht eingelegt und begründet worden Hier sinddie Vorschriften der §§ 58 ff. FamFG maßgebend, da essich bei dem Beschluss des AG vom 2. 8. 2010 um eineEndentscheidung i. S. v. § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG han-delt. Die Beschwerde hat in der Sache aber keinen Er-folg.

Der Ast. steht ein Anspruch auf Auskehr des Erlöses inder aus dem erstinstanzlichen Tenor ersichtlichen Höhezu.

Das Familiengericht ist für die Bearbeitung des Verfah-rens gem. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG sachlich zuständig,denn bei dem von der Ast. gestellten Antrag auf Er-lösauskehr und dem von dem Ag. gestellten Wider-antrag auf Durchführung des Gesamtschuldneraus-gleichs nach § 426 BGB handelt es sich um die Gel-tendmachung eines Anspruchs zwischen ehemals mit-einander verheirateten Bet. im Zusammenhang mit derTrennung und Scheidung, für die keine besondere Zu-ständigkeit des Arbeits- oder Zivilgerichts gegeben istund die auch nicht das Wohnungseigentums- oder dasErbrecht betreffen (vgl. Keidel-Giers, FamFG, 17. Aufl.,§ 266 Rn. 14; Zöller/Lorenz, ZPO, 29. Aufl., § 266FamFG, Rn. 15).

Gemäß Ziffer III. 2. der notariellen Urkunde der NotarinG. K. vom 26. 10. 2010 ist der Kaufpreis in Höhe von166 000,– E – abzüglich der Belastungen und Kosten –d. h., der verbleibende Restbetrag, einschließlich et-waiger Hinterlegungszinsen und abzüglich etwaigerSpesen, jedoch erst nach gleichlautender schriftlicherAnweisung der Verkäufer an den Notar auf das Kto. Nr.,Kontoinhaber RA H. – D. B., E. auszuzahlen.

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der hin-terlegte Restbetrag dem Grunde nach zwischen ihnenals gleichen Miteigentümern hälftig zu teilen ist.

Während die Ast. aus dem hinterlegten Kauferlös inHöhe von 34 546,54 E einen Betrag in Höhe von12 106,– E für sich beansprucht, beansprucht der Ag.den vollen Kaufpreiserlös vom Notaranderkonto für sichgemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB; er hat aber seinen dies-bezüglichen Widerantrag im Termin zurückgenommen.

Der kopfteilige Ausgleich unter Gesamtschuldnernwird während einer intakten Ehe durch die ehelicheLebensgemeinschaft überlagert

Für die Zeit des Zusammenlebens der Parteien bis (zurTrennung) am 1. 4. 2007 gilt, dass die Parteien für dievon ihnen aufgenommenen Darlehen als Gesamt-schuldner haften, die sich daraus regelmäßig ergeben-de hälftige Ausgleichspflicht jedoch während intakterEhe durch die eheliche Lebensgemeinschaft überlagertwird (BGH FamRZ 2010, 542).

Während einer Ehe kann die grundsätzliche Haftung vonGesamtschuldnern zu gleichen Teilen von der ehelichen

Lebensgemeinschaft der Partner in der Weise über-lagert werden, dass sich im Innenverhältnis eine andereAufteilung ergibt, etwa dergestalt, dass der allein-verdienende Teil zugunsten des haushaltführenden Teilsdie gemeinsamen Verpflichtungen allein trägt und daherein Ausgleichsanspruch ausscheidet (BGH FamRZ1993, 676, 678; FamRZ 1995, 216, 217). Daraus kannsich bis zum Scheitern der Ehe eine anderweitige Be-stimmung ohne besondere Vereinbarung ergeben.

Eine solche kann „aus der Natur der Sache“, also derbesonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens,zu folgern sein, dass – wenn die Partner nicht etwasBesonderes unter sich geregelt haben – persönlicheund wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinanderaufgerechnet werden. Insofern werden etwa Beiträgegeleistet, sofern Bedürfnisse auftreten und, wenn nichtvon beiden, so von demjenigen erbracht, der dazu in derLage ist (BGH FamRZ 2010, 542 m. w. N.).

Ausgleichsansprüche scheiden jedoch grundsätzlichhinsichtlich solcher Leistungen aus, die, wie die Er-füllung der laufenden Unterhaltsbedürfnisse, wozu dasWohnbedürfnis zählt, das Zusammenleben in der ge-wollten Art erst ermöglicht haben, die also auf das ge-richtet sind, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt.Wegen solcher Leistungen kann auch die grundsätz-liche Haftung der Gesamtschuldner zu gleichen Teilenim Innenverhältnis im Rahmen einer ehelichen Lebens-gemeinschaft durch anderweitige Bestimmung in demSinne überlagert sein.

Eine ausdrückliche Absprache der Eheleute hin-sichtlich der „abweichenden Vereinbarung“ ist nichtnötig

Bei einem gemeinsamen Kreditvertrag während derehelichen Lebensgemeinschaft ist, falls es an einerausdrücklichen Absprache der Eheleute fehlt, eine in-tern zustande gekommene Haftungsvereinbarung an-zunehmen. Wenn sich zwei Ehegatten entschließen, aufKreditbasis den Erwerb eines Eigenheims gemein-schaftlich vorzunehmen, und wenn dann nur ein Ehe-gatte die Kredittilgung nebst Zinszahlung übernimmt,eben weil sich der andere Ehegatte mangels Ein-kommens oder Vermögens daran gar nicht beteiligenkann, ist eine zumindest stillschweigende Einigung zu-grunde zu legen, dass intern nur der verdienende Teilhaftet. Entsprechendes gilt bei beiderseits verdienen-den Ehegatten mit erheblichem Einkommensgefälle(Johannsen/Henrich, Familienrecht, 5. Aufl., vor § 1372BGB Rn. 22).

Der BGH hat auch insoweit wiederholt entschieden,dass, wenn ein Ehegatte allein über Einkommen ver-füge, während der andere den Haushalt versorgt, esüblich ist, dass der allein verdienende Ehegatte die ge-meinschaftlichen finanziellen Verpflichtungen trage,auch wenn sie dem gemeinsamen Vermögenserwerbdienen (FamRZ 2002, 739, 740; 1988, 264, 265; 1986,881, 882); dieser Rechtsprechung schließt der Senatsich an.

Der Senat ist in dem Parallelverfahren davon aus-gegangen, dass die Ast. über ein Nettoeinkommen inHöhe von 1 276,39 E und der Ag. in Höhe von

Rechtsprechung238 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 238/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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3 009,13 E verfügte (Urteil vom 24. 6. 2010, Az. 1 UF44/10, S. 7). Der Ag. hat 1 412,– E monatlich für dieWohnungskredite der gemeinsamen Eigentumswoh-nung gezahlt. Zwischen den Einkünften der Eheleutebestand ein erhebliches Ungleichgewicht und die Ast.war aufgrund ihres monatlichen Nettoeinkommens nichtin der Lage, die Verbindlichkeit zurückzuführen.

Nach der Trennung gilt im Grundsatz der kopfteiligeAusgleich

Für die Zeit nach der Trennung ab dem 1. 4. 2007 istdavon auszugehen, dass eine anderweitige Bestim-mung, die die grundsätzliche Haftung von Gesamt-schuldnern im Innenverhältnis zu gleichen Teilen ver-drängt, jedenfalls dann naheliegt, wenn die alleinigeSchuldentilgung durch einen der getrennt lebendenoder geschiedenen Ehegatten bei der Berechnung desdem anderen zustehenden Unterhalts bereits berück-sichtigt wurde (vgl. Wever, Vermögensauseinander-setzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts,3. Aufl., Rn. 276 ff.).

Wird im Hinblick auf die Alleintilgung von Schuldendurch den Unterhaltspflichtigen Unterhalt nicht gel-tend gemacht, so bedarf es zumindest einer „still-schweigenden Vereinbarung“ der Parteien, ob diesden Halbteilungsgrundsatz durchbrechen soll

Damit nicht ohne weiteres vergleichbar ist aber der Fall,dass an sich bestehende Unterhaltsansprüche im Hin-blick darauf, dass der Unterhaltspflichtige die gemein-samen Schulden allein tilgt, nicht geltend gemacht wer-den, ohne dass – wie hier – über diese Handhabung eineausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde. Ob gege-benenfalls eine stillschweigende Vereinbarung ange-nommen werden kann, ist jeweils nach den Umständendes Einzelfalls zu entscheiden (BGH FamRZ 2005,1236).

Im vorliegenden Fall spricht das Schreiben der Ast. vom16. 11. 2007 für eine derartige stillschweigende Verein-barung. Dort heißt es auf S. 1 unten:

„Wie Sie wissen, besteht angesichts der erheblichenEinkommensunterschiede ein Anspruch auf Trennungs-unterhalt. Nachdem Sie aber die Belastungen für die imMiteigentum stehende Immobilie getragen haben, undunsere Mandantin in der Wohnung wohnen konnte, hatsie aus diesen Gründen keinen Trennungsunterhalt gel-tend gemacht, und sich hierdurch an dem Schulden-dienst beteiligt . . .

Zu regeln ist auch die Frage des Trennungsunterhalts,da wir Ihren Briefen entnehmen müssen, dass sie miteiner Nichtabrechnung der wechselseitigen Ansprüchenicht länger einverstanden sind . . .

Der sich nach Auskunftserteilung ergebende Unterhaltwird fürsorglich hiermit ab dem laufenden Monat gel-tend gemacht . . .

Mit der Regelung des Trennungsunterhalts ist unsereMandantin dann selbstverständlich bereit, sich an denLasten der Wohnung, so lange sie im Miteigentum steht,zur Hälfte zu beteiligen.“

Offenbar geht auch der Ag. hiervon aus, denn auf S. 4des Schriftsatzes vom 29. 9. 2011 heißt es: „Da sie ihmdiese nicht zahlte, konnte und hat sie für diese Zeit kei-nerlei Trennungsunterhaltsansprüche“.

Auch setzt die Geltendmachung einer Nutzungsent-schädigung eine vorherige eindeutige Zahlungsauf-forderung voraus, denn der in der Ehewohnung ver-bliebene Ehepartner muss sich darüber klar werden(binnen angemessener Überlegungsfrist), ob er künftigfür die Nutzung ein Entgelt entrichten oder alsbald aus-ziehen will (Johannsen/Henrich/Götz, Familienrecht,5. Aufl., § 1361 b BGB Rn. 35), die aus dem Vortrag derBet. nicht ersichtlich ist.

Ein Anspruch auf Nutzungsvergütung kann der Billigkeitauch widersprechen, wenn dem verbleibenden Ehe-partner die Alleinnutzung aufgedrängt wird, er wirt-schaftlich zur Übernahme von Gegenleistungen nicht inder Lage ist und folglich gezwungen wäre, die Wohnungaufzugeben, um sich der finanziellen Belastung zu ent-ziehen (Johannsen/Henrich/Götz, a.a.O., Rn. 36).

Der Ag. ist von sich aus aus der ehelichen Wohnungausgezogen; er hat der Ast. somit die Alleinnutzung derEhewohnung, die in ihrem hälftigen Miteigentum stand,von sich aus überlassen. Die Ast. ist zeitnah nach demSchreiben vom 16. 11. 2007 zum 31. 3. 2008 und damitnoch innerhalb der Überlegungsfrist – aus der Ehe-wohnung ausgezogen.

Auch ist der Senat in dem Urteil vom 24. 6. 2010, S. 7,offenbar davon ausgegangen, dass der Ast. für die Mo-nate Februar bis April 2008 kein Unterhaltsanspruchmangels Leistungsfähigkeit des Ag. zustehe.

Vom 1. 5. 2008 bis 31. 3. 2009 hat der Senat (Urteil 1 UF44/10 vom 24. 8. 2010) den Kredit und die Mieteinnah-men bei seiner Unterhaltsberechnung berücksichtigt.

Für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung hat dieAst. ausgeführt, mit Ende des Anspruchs auf Tren-nungsunterhalt ab dem 1. 4. 2009 gelte Folgendes:

Nach Auskunft der D. B. wurden jeweils zum 15. desMonats für die beiden Darlehen die Raten fällig. Dassind von April bis August 2009 (5 Monate) ein Betragin Höhe von 1 277,56 E und ab September 2009 bisOktober 2010 von jeweils 1 114,81 E monatlich. So-mit wurden insgesamt in dem genannten Zeitraum21 995,14 E bezahlt.

Demgegenüber bestanden gemeinsame Mieteinkünfte,die nach dem Urteil des Thüringer OLG mit 613,76 E zuberücksichtigen sind. Für den Zeitraum von 19 Monatenergeben sich 11 661,44 E. Somit wurden vom Ag.10 333,70 E alleine übernommen.

Der Ag. kann daher die Hälfte = 5 166,85 E von der Ast.beanspruchen. Bei Abzug der Summe von 5 166,85 E

vom hälftigen Erlös 17 273,27 E verbleibt ein aus-zukehrender Betrag in Höhe von 12 106,42 E.

Der Ag. ist der Berechnung der Ast. nicht substantiiertentgegen getreten.

Der Senat hat den Schriftsatz des Ag. vom 7. 12. 2011zur Kenntnis genommen. Der Schriftsatz gab keinenAnlass zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung.

Rechtsprechung RNotZ 2012, Heft 5 239

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 516 Abs. 3ZPO, die für die vorliegende Familienstreitsache anzu-wenden sind, §§ 112 Nr. 3, 266 Abs. 1 Nr. 3, 113 Abs. 1FamFG, nachdem der Ag. im Termin vom 1. 12. 2011 dieBeschwerde zu Ziffer 2. zurückgenommen hat und dasRechtsmittel im Übrigen keinen Erfolg hatte.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit ist nicht ver-anlasst, § 116 Abs. 3 FamFG.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil dieRechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat undauch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherungeiner einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidungdes Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert.

6. Handels-/Gesellschaftsrecht – Keine Gründungeiner Ein-Personen-GmbH durch einen als voll-machtlosen Vertreter handelnden Beteiligten(KG, Beschluss vom 14. 12. 2011 – 25 W 48/11)

BGB §§ 179; 180 Abs. 1; 181FamFG §§ 59; 63 Abs. 1

1. Der rechtzeitige Eingang einer in elektronischerForm eingelegten Beschwerde unter Angabe deszutreffenden Aktenzeichens auf dem Server desHandelsregisters wahrt auch ohne Zuordnungzur entsprechenden elektronischen Akte die Be-schwerdefrist.

2. Die Gründung einer Ein-Personen-GmbH durcheinen vollmachtlosen Vertreter ist als einseitigenicht empfangsbedürftige Willenserklärung nach§ 180 S. 1 BGB unheilbar nichtig.

Zur Einordnung:

Nach fast einhelliger Auffassung wird die Errich-tung einer GmbH durch nur eine Person dogmatischals einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung desGründers qualifiziert (Baumbach/Hueck, GmbHG,19. Aufl. 2010, § 2 Rn. 7; a. A. Dürr, GmbHR 2008,408 ff.). Es handelt sich dabei um eine nicht emp-fangsbedürftige Willenserklärung, die dementspre-chend mit ihrer Abgabe wirksam wird. Dies führt dazu,dass eine vollmachtlose Vertretung bei der Ein-personen-Gründung ausscheidet. Liegt demnach beider Gründung einer GmbH durch einen Vertreter (§ 2Abs. 2 GmbHG) zum Zeitpunkt der Beurkundung desGesellschaftsvertrages keine notariell errichtete oderbeglaubigte Vollmacht vor, so wird die Gründung alsstreng einseitiges Rechtsgeschäft i. S. v. § 180 S. 1BGB als nicht genehmigungsfähig und somit alsnichtig angesehen (vgl. LG Berlin GmbHR 1996, 123).Die Gegenauffassung (Dürr, GmbHR 2008, 408 ff.) ar-gumentiert, der Gesellschaftsvertrag einer GmbH seials „körperschaftliches Organisationsstatut“ nicht„Vertrag“ im Sinne der allgemeinen Rechtsge-schäftslehre, insbesondere da die Satzung auchdurch eine einzige Person errichtet werden könne.Auch die Erklärung eines vollmachtlosen Vertretersdiene dieser „Errichtung“ und müsse daher geneh-migungsfähig sein, ohne dass ein Fall des § 180 S. 1BGB anzunehmen wäre.

Die Entscheidung des KG bestätigt hingegen dieherrschende Auffassung in Literatur und Rechtspre-chung bezüglich vorgenannter Problematik. Es erteiltinsbesondere der vorgebrachten Auffassung der Bf.eine Absage, die Erklärung des Gesellschafters überdie von ihm übernommene Einlage sei eine dem Ge-schäftsführer gegenüber abzugebende empfangs-bedürftige Willenserklärung, wodurch die gesamteGründungserklärung zu einer solchen werde. Erklä-rungsempfänger der Gründungserklärung sei viel-mehr der Rechtsverkehr, aus dessen Sicht die Er-richtung einer juristischen Person ein derart wichti-ger Vorgang sei, dass über dessen Wirksamkeit so-gleich Klarheit bestehen müsse (so auch Grooter-horst, NZG 2007, 605, 610). Ein Fall des § 180 S. 2BGB mit der Möglichkeit der Genehmigung der voll-machtlosen Vertretung liegt nach dem KG demnachnicht vor.

Für die notarielle Praxis bestätigt die Entscheidung,dass bei der Einpersonen-Gründung durch einenVertreter stets eine notariell beurkundete oder be-glaubigte Vollmacht vorliegen muss. Abzugrenzenhiervon ist die durch einen vollmachtlosen Vertretererfolgte Stimmabgabe über eine Satzungsänderungbei der Einpersonen-GmbH. Der Beschluss über dieSatzungsänderung ist in diesem Fall zwar auch eineinseitiges Rechtsgeschäft, die entsprechende Wil-lenserklärung richtet sich aber an eine bereits exis-tierende GmbH und ist daher empfangsbedürftig undsomit genehmigungsfähig (OLG Frankfurt DNotZ2003, 459).

Die Schriftleitung (TF)

Zum Sachverhalt:

I. Der Geschäftsführer der Bet. meldete diese mit Schreibenvom 26. 1. 2011 zur Eintragung in das Handelsregister an. MitBeschluss vom 18. 2. 2011 hatte das AG C. die Bet. daraufhingewiesen, dass es ein Eintragungshindernis in dem Um-stand sehe, dass die Bet. als Ein-Personen-GmbH durch einenvollmachtlosen Vertreter gegründet worden sei, was aber nach§ 180 BGB unzulässig sei. Der Aufforderung, die Anmeldungzurückzunehmen, folgte die Bet. nicht, sondern trug mitSchriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 10. 3. 2011ihren gegenteiligen Standpunkt vor. Schließlich wies das Re-gistergericht mit Beschluss vom 27. 4. 2011 die Anmeldungzurück. Es liege hier ein Fall des § 180 Abs. 1 BGB vor, da derGründungsakt einer GmbH ein streng einseitiges Rechtsge-schäft sei. Eine Vertretung ohne Vertretungsmacht und einenachfolgende Genehmigung seien daher ausgeschlossen.

Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 27. 4. 2011 inelektronischer Form zugestellten Beschluss hat die Bet. mit am27. 5. 2011 beim Registergericht eingegangenem elektro-nischen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten Be-schwerde eingelegt. Sie beruft sich darauf, dass die Gründungeiner Ein-Personen-GmbH eine einseitige empfangsbedürftigeWillenserklärung und diese der Genehmigung durch den voll-machtlos vertretenen Gründungsgesellschafter zugänglich sei.Insbesondere bestehe kein über die allgemeinen Haftungs-regeln hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis. Die Erklärungdes Gesellschafters über die von ihm übernommene Einlagesei dem Geschäftsführer gegenüber abzugeben und damitempfangsbedürftig, so dass die Ausdehnung der Eigenschaftder ersten drei zwingenden Anmeldungsvoraussetzungen(Firma, Sitz und Gegenstand) nicht auch auf diese Vierte er-

Rechtsprechung240 RNotZ 2012, Heft 5

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folgen dürfe, sondern umgekehrt durch den Charakter der we-sentlichen vierten Voraussetzung die gesamte Anmeldung alsempfangsbedürftige Erklärung anzusehen sei. Der Rechts-verkehr sei während des Schwebezustandes bis zur Ge-nehmigung der Erklärung des vollmachtlosen Vertreters durchden Gesellschafter hinreichend durch § 179 BGB geschützt.

Das AG C. hat der Beschwerde mit Beschluss vom 14. 6. 2011nicht abgeholfen.

Aus den Gründen:

II. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zwar zulässig. Sie ist in der Fristdes § 63 FamFG eingelegt worden. Die Beschwerde istam 27. 5. 2011 – und damit am letzten Tag der Monats-frist des § 63 Abs. 1 FamFG – in elektronischer Form aufdem Server des ITDZ eingegangen. Zwar erfolgte vondort die Auflösung zur elektronischen Akte beim Regis-tergericht erst am 31. 5. 2011 und damit nach Fristab-lauf. Da dieser Ablauf jedoch vom Notar nicht beein-flusst werden kann, hat er mit der fristgerechten Absen-dung der Beschwerde in elektronischer Form an dasRegistergericht alles in seiner Macht Stehende getan.Die Beschwerde ist auch gemäß § 64 FamFG formge-recht begründet worden.

Die Bet. besitzt auch die notwendige Beschwerdebe-rechtigung i. S. d. § 59 FamFG. Gegen die Zurück-weisung der Anmeldung steht der GmbH die Be-schwerde zu (BayObLG NJW-RR 1987, 1177; Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl. 2009, § 59 Rn. 33).

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Bei der Beurkundung vom 26. 1. 2011 handelte es sichnicht um irgendeine Gesellschaftererklärung, sondernum die Schaffung des Gesellschaftsvertrages einerGmbH. Da alleinige Gesellschafterin die Firma G . . . mitSitz in Istanbul/Türkei war, war somit die Errichtungeiner sog. Ein-Personen-GmbH zu beurkunden. DieBeurkundung hatte unter Beachtung der Bestimmun-gen des GmbH-Gesetzes und des BGB zu erfolgen (vgl.OLG Schleswig, Beschluss vom 15. 4. 1993, 9 W 26/93,zitiert nach juris, Rn. 15).

Denn die Bet. wurde ausdrücklich als „Gesellschaft mitbeschränkter Haftung“ mit dem Sitz in B. gegründet. In§ 4 S. 3 des Gesellschaftsvertrages wurde ausdrücklichbestimmt, dass einzelnen Geschäftsführern durch Be-schluss der Gesellschafterversammlung Einzelvertre-tungsbefugnis sowie Befreiung von den Beschränkun-gen des § 181 BGB erteilt werden könne. Damit aberhandelt es sich ausdrücklich um eine GmbH, auf diedeutsches Recht Anwendung finden sollte und findet.

Die am 26. 1. 2011 notariell beurkundete GmbH-Grün-dung war unwirksam. Der Erklärende Ö. . . Y. . . handeltenämlich als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Dies warunzulässig. Denn die Gründung einer Ein-Personen-GmbH ist eine einseitige nicht empfangsbedürftige Wil-lenserklärung (KG, Beschluss vom 18. 5. 2004, 1 W7349/00, zitiert nach juris, Rn. 6; OLG Schleswig, a.a.O.,Rn. 17 m. w. N.; OLG Hamm DB 1983, 2679; LG Ber-lin GmbHR 1996, 123; Baumbach/Hueck/Fastrich,GmbHG, 19. Aufl., S. 2; Rn. 7; Scholz-Emmerich,

GmbHG, 10. Aufl. 2006, § 1 Rn. 34; a. A. Dürr, GmbHR2008, 408, 411 f.). Die Abgabe dieser Erklärung durcheinen Vertreter ohne Vertretungsmacht war daher nach§ 180 S. 1 BGB unheilbar nichtig (vgl. GroßKomm-GmbHG/Ulmer, 2005, § 2 Rn. 27 a; MünchKomm-BGB/Schramm, 6. Aufl. 2012, § 180 Rn. 3; a. A. Dürr, a.a.O.).Eine etwaige nachträgliche Genehmigung der türki-schen Alleingesellschafterin, wie sie nach dem Inhaltder notariellen Urkunde Nr. . . ./2011 des Notars Dr. M.vom 26. 1. 2011 offenbar vorgesehen war, hätte darannichts zu ändern vermocht. Die GmbH-Errichtung hätteallenfalls durch eine erneut notariell zu beurkunden-de Erklärung nachgeholt werden können (vgl. OLGSchleswig, a.a.O., Rn. 17).

Erklärungsempfänger der Gründungserklärung eineGmbH betreffend ist der Rechtsverkehr

Die Auffassung der Bet., die Erklärung des Gesell-schafters über die von ihm übernommene Einlage seieine dem Geschäftsführer gegenüber abzugebendeempfangsbedürftige Willenserklärung, wodurch die ge-samte Anmeldung zu einer solchen werde, überzeugtnicht. Der Gesellschafter verpflichtet sich nämlich be-reits im Gesellschaftsvertrag zur Übernahme seinesAnteils (vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl. 2010, § 3Rn. 17; Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn. 42).Dabei handelt es sich um den mitgliedschaftlichen Bei-trag des jeweiligen Gesellschafters (Michalski, a.a.O.),nicht aber um eine bloß schuldrechtliche Verpflichtung(Michalski, a.a.O.), wie die Bet. offenbar fälschlich an-nimmt. Die Verpflichtung zur Leistung der Einlage ent-steht nämlich durch Aufnahme der Nennbeträge in denGesellschaftsvertrag (Michalski, a.a.O., § 3 Rn. 43m. w. N.). Erst bei deren Fälligkeit, die sich nach demGesellschaftsvertrag richtet (Scholz/Emmerich, a.a.O.,§ 3 Rn. 53), ist es dann die Aufgabe des Geschäfts-führers, die Stammeinlagen einzufordern (Scholz/Em-merich, a.a.O.), womit der Geschäftsführer als Emp-fänger der Willenserklärung des Gesellschafters überdie Höhe seiner Beteiligung ausscheidet. Erklärungs-empfänger der Gründungserklärung ist demgegenüberder Rechtsverkehr (Grooterhorst, NZG 2007, 605, 610).Aus dessen Sicht ist die Errichtung einer juristischenPerson ein wichtiger Vorgang, über dessen Wirksamkeitsogleich Klarheit bestehen muss (Grooterhorst, a.a.O.),so dass es dem Alleingesellschafter nicht gestattetwerden kann, den Gründungsvorgang längere Zeit offenzu halten und die Handlungsfähigkeit der Vor-GmbH,die Handelndenhaftung nach § 11 Abs. 2 GmbHG unddie Vorbelastungshaftung des Alleingesellschafters inder Schwebe zu halten (Grooterhorst, a.a.O.).

Eine von einem Vertreter ohne Vertretungsmachtabgegebene Gründungserklärung ist nichtig

Damit aber ist – entgegen der Ansicht der Bet. – keinGrund für eine von den zwingenden Vertragsangabengemäß § 3 Abs. 1 Nrn. 1 – 3 GmbHG abweichende Be-handlung der Angabe gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHGersichtlich. So hat der Gesetzgeber den § 3 Abs. 1GmbHG durch das Gesetz zur Modernisierung desGmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen(MoMiG) vom 23. 10. 2008 reformiert, ohne an denMangel des notwendigen Inhalts bei Nr. 4 andere Folgenzu knüpfen als bei den Nrn. 1 – 3. Vielmehr gilt für alle

Rechtsprechung RNotZ 2012, Heft 5 241

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Bestandteile des notwendigen Inhalts, dass Mängelden Gesellschaftsvertrag nichtig machen (Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O., § 3 Rn. 22), obwohl diesesRechtsproblem seit langem gemeinhin bekannt war.Dies hat der Gesetzgeber noch dadurch bestätigt, dasser – auch nach In-Kraft-Treten des MoMiG am1. 11. 2008 – bei Schaffung des § 399 Abs. 4 FamFG inKenntnis dieses Problems (der Aufsatz von Dürr,GmbHR 2008, 408 ff. erschien weit vor In-Kraft-Tretendes FamFG) dieselbe Nichtigkeitsfolge an eine Verlet-zung von § 3 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 4 GmbHG geknüpfthat.

Damit ist aber davon auszugehen, dass die vom Ver-treter ohne Vertretungsmacht abgegebene Gründungs-erklärung nichtig ist. Auf die Ansicht der Bet., derRechtsverkehr sei während des Schwebezustandes biszur Genehmigung der Erklärung des vollmachtlosenVertreters durch den Gesellschafter hinreichend durch§ 179 BGB geschützt, kommt es folglich nicht mehr an.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, denn dieSache hat im Hinblick auf die Frage, ob es sich bei derGründung einer Ein-Personen-Gesellschaft um ein sog.streng einseitiges Rechtsgeschäft, das nicht in voll-machtloser Vertretung erfolgen kann, handelt, grund-sätzliche Bedeutung (§ 70 FamFG).

7. Handels-/Gesellschaftsrecht – Bezugsrechts-ausschluss und Satzungsanpassung beim ge-nehmigten Kapital in der GmbH(OLG München, Beschluss vom 23. 1. 2012 – 31 Wx457/11)

GmbHG §§ 53 Abs. 1; 55 Abs. 1; 55 a Abs. 1 S. 1

1. Zum genehmigten Kapital bei einer GmbH.

2. Die Entscheidung über den Ausschluss des Be-zugsrechts der Gesellschafter kann dem Ge-schäftsführer übertragen werden.

3. Der Geschäftsführer kann auch zur Anpassungder Satzung ermächtigt werden.

Zur Einordnung:

Durch das MoMiG wurde mit § 55 a GmbHG auch fürdie GmbH die Möglichkeit der Kapitalerhöhung inForm des genehmigten Kapitals nach aktienrechtli-chem Vorbild eingeführt. Dabei hat der Gesetzgeberjedoch nicht die im Aktienrecht vorhandenen Rege-lungen zur Möglichkeit des Bezugsrechtsausschlus-ses (vgl. § 186 AktG), zur Ermächtigung der Ge-schäftsführer zu einem solchen Ausschluss (entspre-chend § 203 Abs. 2 AktG) oder zur Ermächtigung zurAnpassung der Satzung nach Durchführung der Ka-pitalerhöhung (entsprechend § 179 Abs. 1 S. 2 AktG)in das GmbHG übernommen. Mit der nachfolgendabgedruckten Entscheidung des OLG München hatsich nunmehr – soweit ersichtlich – erstmalig ein Ge-richt zu diesen Fragen geäußert. Im Hinblick auf denBezugsrechtsausschluss hat sich das OLG Münchender allgemeinen Ansicht in der Literatur (s. AbschnittII. 2. a der Entscheidungsgründe) angeschlossen,

wonach in analoger Anwendung der §§ 186, 203Abs. 2 AktG ein Bezugsrechtsausschluss grundsätz-lich zulässig ist und die Satzung die Entscheidungüber den Ausschluss auf die Geschäftsführer de-legieren kann. Darüber hinaus hat sich das OLGMünchen der ganz herrschenden Literaturansicht (s.II. 3. der Entscheidungsgründe) angeschlossen, diees für zulässig hält, dass die Geschäftsführer auch zurAnpassung der Satzung nach Durchführung der Ka-pitalerhöhung ermächtigt werden. Ob diese Möglich-keit dogmatisch auf einer durch Analogie zu § 179Abs. 1 S. 2 AktG zu schließenden Regelungslückeberuht oder als Annexkompetenz aus § 55 a GmbHGherzuleiten ist, hat das Gericht offengelassen.

Die Entscheidung kommt den Bedürfnissen der Pra-xis nach Bezugsrechtsausschlüssen bei genehmig-tem Kapital und einer Delegation der Umsetzung derKapitalerhöhung und der Bezugsrechtsausschlüssegrundsätzlich entgegen. Die Gestaltungspraxis solltejedoch den deutlichen Hinweis des Gerichts nichtübersehen, dass nicht jede Regelungslücke desGmbHG zum genehmigten Kapital schematisch mitden entsprechenden aktienrechtlichen Regelungengeschlossen werden kann, sondern dass die Be-sonderheiten des GmbH-Rechts (insbesondere diepersonale Struktur der GmbH) zu beachten sind. Sohat das Gericht – da es sich hier um einen ein-stimmigen Beschluss aller Gesellschafter handelte –etwa offengelassen, welche Mehrheit für einen Be-zugsrechtsausschluss erforderlich ist (dies ist um-stritten, zum Meinungsstand s. Ulmer, GmbHG, 2008,§ 55 Rn. 44 ff.) oder in welchem Zeitpunkt die sach-liche Rechtfertigung für den Bezugsrechtsausschlusserfüllt sein muss (in Frage kommen der Zeitpunkt derErmächtigung oder der Zeitpunkt der Ausübung). Beider analogen Anwendung der aktienrechtlichen Vor-schriften zur Ergänzung des § 55 a GmbHG ist alsonach wie vor Vorsicht geboten.

Die Schriftleitung (MK)

Zum Sachverhalt:

I. Gegenstand der registerrechtlichen Anmeldung ist die Ein-tragung von Änderungen des Gesellschaftsvertrages einerGmbH. Mit Beschluss vom 31. 8. 2011 haben die beiden Ge-sellschafter allstimmig den Gesellschaftsvertrag u. a. um fol-gende Regelung ergänzt:

㤠4 a Genehmigtes Kapital

1. Die Geschäftsführer sind ermächtigt, bis zum 30. 6. 2016das Stammkapital, ein oder mehrmals, gegen Bar- oder Sach-einlagen um bis zu EUR 3 268,– gegen Ausgabe neuer Ge-schäftsanteile zu erhöhen (genehmigtes Kapital)

2. Die Geschäftsführer sind ferner ermächtigt, über den Aus-schluss des Bezugsrechts der Gesellschafter zu entscheiden.

Ein Bezugsrechtsausschluss ist jedoch nur in folgenden Fällenzulässig:

a) zum Ausgleich von Spitzenbeträgen;

b) um Geschäftsanteile an Arbeitnehmer der Gesellschaftauszugeben;

c) bei der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen, insbesonde-re zum Zwecke des Erwerbs von Unternehmen oder Unter-nehmensteilen;

Rechtsprechung242 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 242/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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d) zur Erschließung neuer Kapitalmärkte durch Geschäftsan-teilsplatzierung, insbesondere auch im Ausland.

3. Die Geschäftsführer sind berechtigt, die Fassung der Sat-zung entsprechend dem Umfang der Kapitalerhöhung ausdem genehmigten Kapital zu ändern.“

Mit Zwischenverfügung vom 19. 9. 2011 beanstandete dasRegistergericht, dass die Bestimmung in Ziffer § 4 a Nr. 2 undNr. 3 einer satzungsmäßigen Regelung nicht zugänglichseien. Der Bezugsrechtsausschluss greife in Gesellschafter-rechte fundamental ein, so dass die Gesellschafter einen sol-chen nicht frei vereinbaren könnten. Das GmbH-Recht kennekein Bezugsrecht der Gesellschafter i. S. d. AktG und seheauch keine dem § 203 Abs. 2 AktG und dem § 179 Abs. 1 S. 2AktG entsprechende Bestimmung vor. Die Zulassung andererPersonen zur Übernahme neuer Geschäftsanteile könne imHinblick auf die personale Struktur der GmbHG nur mittelseiner Erteilung einer Vollmacht für den Einzelfall erfolgen. Indiesem Sinne sei die eingeräumte Ermächtigung zum Be-zugsrechtsausschluss auszulegen. Eine Bindung für nichtanwesende oder erst später die Gesellschafterstellung er-langende Personen trete daher nicht ein. Der Regelung fehledie Allgemeingültigkeit und sie könne nicht Bestandteil einerSatzung sein. Auch die nach Ausübung der Ermächtigungerforderliche Satzungsänderung könne nur durch die Gesell-schafter selbst beschlossen werden. Für eine analoge An-wendung aktienrechtlicher Vorschriften bestehe keine Not-wendigkeit, da die Ermächtigung der Geschäftsführer auchderen Bevollmächtigung zu einer entsprechenden Anpas-sung der Satzung enthalte. Hiergegen wendet sich die Be-schwerde.

Aus den Gründen:

II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 382 Abs. 4 S. 2FamFG) und auch begründet. Die vom Registergerichtangeführten Eintragungshindernisse bestehen nicht. ZuUnrecht ist das Registergericht zu dem Ergebnis ge-langt, dass die in § 4 a Nr. 2 und 3 getroffenen Rege-lungen einer satzungsmäßigen Aufnahme nicht zu-gänglich sind.

1. Im Rahmen des MoMiG wurde durch den auf Emp-fehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bun-destages (BT-Drucks. 16/9737 S. 12/13 bzw. S. 56) neueingefügten § 55 a GmbHG die für Aktiengesellschaftenschon vorher gegebene Möglichkeit der Kapitalerhö-hung in Form des genehmigten Kapitals auch für dieGmbH geschaffen. Durch die Übernahme des aktien-rechtlichen Instituts des genehmigten Kapitals solltendie Gesellschafter die Möglichkeit erhalten, ihre Ent-scheidung zur Kapitalerhöhung in das unternehmeri-sche Ermessen der Geschäftsführung zu stellen. Einesolche Delegation der Zuständigkeit zur Kapitalerhö-hung stellt somit eine Durchbrechung des Grundsatzesder Satzungsautonomie der Gesellschafter im GmbH-Recht dar (vgl. Schnorbus/Donner, NZG 2009, 1241).

Regelungslücken des GmbHG zum genehmigtenKapital können nicht schematisch durch Analogiezum Aktienrecht geschlossen werden, sondern dieSchließung hat sich an den GmbH-rechtlichen Be-sonderheiten zu orientieren

Die Neuregelung orientiert sich an dem aktienrecht-lichen Vorbild, bleibt aber lückenhaft (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 55 a Rn. 1).

Diese Regelungslücken können aber trotz ihres aktien-rechtlichen Vorbilds nicht schematisch durch eine Ana-logie der aktienrechtlichen Bestimmungen geschlossenwerden. Vielmehr hat sich die Schließung an demGmbH-rechtlichen System zu orientieren und dessenBesonderheiten Rechnung zu tragen (Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O.).

Zur Zulässigkeit des Bezugsrechtsausschlusses

2. Unklar ist hier, ob im Rahmen des Instituts des ge-nehmigten Kapitals auch ein Bezugsrechtsausschlusszu Lasten der Gesellschafter zulässig ist. Eine aus-drückliche Regelung, wie es das Aktienrecht vorsieht(vgl. § 203 Abs. 1 i. V. m. § 186 Abs. 3, 4 AktG bzw. § 203Abs. 2 AktG), wurde durch den Gesetzgeber nicht ge-troffen. Auch in der Begründung des Rechtsaus-schusses des Bundestags zu § 55a-neu GmbHG (vgl.BT-Drucks. 16/9737 S. 56) und in der Stellungnahmedes Bundesrates vom 6. 7. 2007 (BR-Drucks. 354/07,S. 19 unter Ziffer 20) erfolgten hierzu keinerlei Aus-führungen.

a) In der Literatur wird bezüglich eines Bezugrechts-ausschlusses der Gesellschafter im Rahmen des ge-nehmigten Kapitals einhellig das Vorliegen einer Rege-lungslücke angenommen, die grundsätzlich durch eineanaloge Anwendung der aktienrechtlichen Bestimmun-gen (vgl. §§ 203 Abs. 1 i. V. m. § 186 Abs. 3, 4 AktG bzw.§ 203 Abs. 2 AktG) geschlossen werden könne (vgl.Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 55 a Rn. 7; Wicke,GmbHG, 2. Aufl. 2011, § 55 a Rn. 11; Ulmer/Casper,GmbHG – Ergänzungsband MoMiG – 2010, § 55 aRn. 30; Roth/Altmeppen/Roth, GmbHG, 6. Aufl. 2009,§ 55 a Rn. 20; Lutter/Hommelhoff/Lutter, GmbHG,17. Aufl. 2009, § 55 a Rn. 23; Scholz/Priester, GmbHG,10. Aufl. – Nachtrag MoMiG – 2010 § 55 a Rn. 34 f.;Klett, GmbHR, 2008, 1312, 1314; Priester, GmbHR2008, 1177, 1181 f.; Lieder, DNotZ 2010, 655, 670 ff.;Cramer, GmbHR 2009, 406, 409 f.).

b) Der Senat teilt diese Auffassung. Wenngleich keineausdrückliche Regelung bezüglich des Bezugsrechts-ausschlusses der Gesellschafter im Rahmen der Neu-regelung des § 55 a GmbHG durch den Gesetzesgebererfolgt ist, und auch im Übrigen die Regelung des ge-nehmigten Kapitals im GmbH-Recht lückenhaft geblie-ben ist (s. o.), kommt in der Neuregelung des § 55 aGmbHG der grundsätzliche Wille des Gesetzgeberszum Ausdruck, das Instrumentarium des genehmigtenKapitals entsprechend seiner aktenrechtlichen Re-gelung in das GmbH-Recht zu übernehmen. Deshalbgelten die §§ 202 ff. AktG für die GmbH entsprechend,soweit einer solchen Analogie nicht die Besonderheitendes GmbH-Rechts entgegenstehen. Solche sind hiernicht ersichtlich.

Personale Struktur der GmbH steht einer Analogiezum Aktienrecht nicht entgegen; auch bei regulärerKapitalerhöhung der GmbH ist Bezugsrechtsaus-schluss grundsätzlich zulässig

aa) Entgegen der Auffassung des Registergerichtssteht die personale Struktur der GmbH der Annahmeeiner durch die Anwendung der aktienrechtlichen Vor-

Rechtsprechung RNotZ 2012, Heft 5 243

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 243/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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schriften zu schließenden Lücke nicht entgegen. DerGesetzgeber hat durch die Aufnahme des Instituts desgenehmigten Kapitals das Prinzip der Satzungsauto-nomie der Gesellschafter insoweit bewusst durch-brochen (s. o.). Im Rahmen der Kapitalerhöhung i. S. d.§ 55 GmbH ist grundsätzlich sowohl ein Bezugsrechtdes GmbH-Gesellschafters (vgl. dazu Ulmer/Ulmer,GmbHG, 2008, § 55 Rn. 44 ff.; Lutter/Hommelhoff/Lut-ter, a.a.O., § 55 Rn. 17 f.; BGH ZIP 2005, 985, 987) alsauch die grundsätzliche Möglichkeit eines satzungs-mäßigen Bezugsrechtsausschlusses zu Lasten von Ge-sellschaftern anerkannt (vgl. Scholz/Priester, a.a.O.,§ 55 Rn. 54 ff.; Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 55Rn. 25 ff.). Dazu ist nur umstritten, auf welcher rechtli-chen Grundlage das Bezugsrecht eines Gesellschaftersberuht (vgl. zum Meinungsstand Ulmer/Ulmer, a.a.O.,§ 55 Rn. 44 ff.) und welche Mehrheit für einen solchenAusschluss erforderlich ist (vgl. dazu Scholz/Priester,a.a.O., § 55 Rn. 61; Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O.,§ 55 Rn. 25). Es sind daher keine Gründe ersichtlich, diegegen einen Bezugsrechtsausschluss von Gesellschaf-tern auch in Bezug auf das genehmigte Kapital spre-chen.

Zur Frage, zu welchem Zeitpunkt die sachlicheRechtfertigung für den Bezugsrechtsausschluss er-füllt sein muss

bb) Fraglich ist insoweit nur, ob die für das Aktienrechtentwickelte Rechtsprechung bezüglich der Anforde-rungen an den Bezugsrechtsausschluss auf die GmbHübertragen werden kann (Ulmer/Casper, a.a.O., § 55 aRn. 30). Diese hat im Gegensatz zur Aktiengesellschafteine personalisierte Struktur und ist regelmäßig nurzweigliedrig organisiert. Deshalb stellt sich hier insbe-sondere die Frage, zu welchem Zeitpunkt die sachlicheRechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses erfülltsein muss. Hier kann auf den Zeitpunkt der Er-mächtigung hierzu (vgl. BGH NJW 1982, 2444 <Holz-mann>) oder den Zeitpunkt ihrer Ausübung (vgl. BGHNJW 1997, 2815 <Siemens/Nold>; NJW 2006, 371<Mangusta/Commerzbank I >) abgestellt werden. Daskann hier aber dahinstehen, weil der Bezugsrechtsaus-schluss selbst wie auch seine Voraussetzungen von denGesellschaftern allstimmig beschlossen und in der Er-mächtigung hinreichend beschrieben sind. Eine Verlet-zung der Rechte von Minderheitsgesellschaftern ist da-her nicht von vornherein zu besorgen.

Die Geschäftsführer können in der Satzung zum Be-zugsrechtsausschluss ermächtigt werden

c) Die Ermächtigung der Geschäftsführer zum Bezugs-rechtsausschluss kann daher als weiterer, fakultativerInhalt in die Regelungen des Gesellschaftsvertragesbetreffend das genehmigte Kapital aufgenommen wer-den. Sie kann auch Inhalt der durch Satzungsänderunggetroffenen Ermächtigung der Geschäftsführer sein(allgemeine Meinung; vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner,a.a.O., § 55 a Rn. 7 und 9; Roth/Altmeppen/Roth,a.a.O., § 55 a Rn. 20; Lutter/Hommelhoff/Lutter, a.a.O,§ 55 a Rn. 15; Klett, GmbHR, 2008, 1312; Lieder, DNotZ2010, 655; Schnorbus/Donner, NZG 2009, 1241;Priester, GmbHR 2008, 1177).

Auch die Ermächtigung der Geschäftsführer zur Än-derung der Satzung im Nachgang zur Kapitalerhö-hung ist zulässig

3. Ebenso beanstandet das Registergericht die in § 4 aNr. 3 beschlossene Ermächtigung der Geschäftsführerzur Änderung der Satzung zu Unrecht. Die Regelungverstößt nicht gegen § 53 Abs. 1 GmbHG.

Das Registergericht weist zutreffend darauf hin, dassnach dieser Vorschrift der Gesellschaftsvertrag grund-sätzlich nur durch Beschluss der Gesellschafter geän-dert werden kann. Das GmbH-Gesetz sieht eine Er-mächtigung der Geschäftsführer zu einer Änderung derFassung i. S. d. § 179 Abs. 1 S. 2 AktG nicht vor. Des-halb ist nicht geregelt, wie nach Durchführung der aufdem genehmigten Kapital beruhenden Kapitalerhöhungdie Anpassung der Satzung der GmbH herbeigeführtwerden kann (Klett, GmbHR 2008, 1312). Die vereinzeltvertretene Auffassung, dass im Nachgang zur Kapital-erhöhung ein ausdrücklicher Beschluss der Gesell-schafter erforderlich sei (vgl. Lips/Randel/Werwigk,DStR, 2008, 2220), wird zu Recht abgelehnt, da dannder durch § 55 a GmbHG durch Kompetenzverlagerungerreichte Vorteil wieder aufgehoben werden würde (vgl.dazu Wicke, a.a.O., § 55 a Rn. 5). Ob insoweit eine Re-gelungslücke vorliegt (so Klett, a.a.O.), die durch eineanaloge Anwendung des § 179 Abs. 1 S. 2 AktG (Wicke,a.a.O., § 55 a Rn. 5; Lutter/Hommelhoff/Lutter, a.a.O.,§ 55 a Rn. 33 ff.) zu schließen ist oder die Anpas-sungsbefugnis der Geschäftsführer auf einer Annex-kompetenz zu der ihnen im Rahmen des § 55 a GmbHGeingeräumten Ermächtigung beruht (Scholz/Priester,a.a.O., § 55 a Rn. 32), bedarf vorliegend keiner ab-schließenden Entscheidung. Hier ergibt sich die § 179Abs. 1 S. 2 AktG entsprechende Ermächtigung der Ge-schäftsführer aus § 4a Nr. 3 der Gesellschaftssatzung.Da die Regelung im Zusammenhang mit der Er-mächtigung der Geschäftsführer zur Vornahme einerKapitalerhöhung im Wege des genehmigten Kapitalssteht und deren Vollzug dient, kann sie auch fakultativerInhalt der Satzung betreffend genehmigtes Kapital sein(Wicke, a.a.O., § 55 a Rn. 11 a.E.; Lutter/Hommelhoff/Lutter, a.a.O., § 55 a Rn. 34; Scholz/Priester, a.a.O.,§ 55 a Rn. 32).

8. Handels-/Gesellschaftsrecht – Regelung in derVereinssatzung zur virtuellen Durchführung derMitgliederversammlung(OLG Hamm, Beschluss vom 27. 9. 2011 – 27 W106/11)

BGB §§ 32; 40

Ein Verein kann durch Satzung regeln, dass eineMitgliederversammlung auch virtuell (online) durch-geführt werden kann.

Zur Einordnung:

Soweit erkennbar, liegt mit der hier abgedrucktenEntscheidung des OLG Hamm erstmals oberge-richtliche Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeitvirtueller Mitgliederversammlungen von Vereinen vor.Das Gericht schließt sich der allgemeinen Meinung in

Rechtsprechung244 RNotZ 2012, Heft 5

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 244/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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der Literatur an, die entsprechende Satzungsrege-lungen für zulässig hält (s. nur Fleck, DNotZ 2008,245; Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl. 2012, § 32Rn. 1; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetrageneVerein, 18. Aufl. 2006, Rn. 155; Reichert, Vereins- undVerbandsrecht, 12. Aufl. 2010, Rn. 1961 ff.; Erdmann,MMR 2000, 526; einschränkend Stöber/Otto, Hand-buch zum Vereinsrecht, 10. Aufl. 2012, Rn. 638 f.). ImAktienrecht ist die Möglichkeit einer virtuellen Haupt-versammlung (§ 118 Abs. 1 S. 2 AktG) oder der elek-tronischen Stimmrechtsausübung (§ 118 Abs. 1 S. 2AktG) bereits ausdrücklich vorgesehen. Für die Ge-nossenschaft sieht § 43 Abs. 7 GenG die Möglichkeiteiner elektronischen Beschlussfassung oder eineTeilnahme des Aufsichtsrats an der Generalver-sammlung im Wege der Bild- und Tonübertragungvor.

Die Entscheidung kommt dem im digitalen Zeitalterwachsenden Bedürfnis der Vereinspraxis nach ent-sprechenden Regelungen entgegen. Das Gericht hältes dabei für zulässig, im Hinblick auf § 13 Abs. 1 S. 2UmwG anscheinend sogar für geboten, dass die Sat-zung alternativ die reale und die virtuelle Mitglieder-versammlung vorsieht; auch im Übrigen folgt es beider Beurteilung der konkreten Ausgestaltung derSatzungsregelungen weitgehend den Überlegungenvon Fleck (a.a.O., mit Formulierungsempfehlungen).

Die Schriftleitung (MK)

Zum Sachverhalt:

Der Verein „B“ wurde am 21. 2. 2001 gegründet. Zweck desVereins ist nach § 2 Abs. 1 der Satzung die Selbsthilfe und Hil-festellung für Menschen mit Alkoholproblemen und deren An-gehörigen bundesweit über das Medium Internet. Dabei sollder Satzungszweck insbesondere über seine Präsenz im In-ternet verwirklicht werden. Dazu stellt der Verein Informationenauf einer dafür eingerichteten Internetseite zur Verfügung. EineKontaktaufnahme zum Verein kann auch über das Internet er-folgen.

Am 12. 3. 2011 fand in N. eine Mitgliederversammlung statt.Unter Top 5 wurde einstimmig beschlossen, dass die §§ 4, 5, 8,9, 11,12, 13, 14 und 15 der Satzung geändert werden.

In § 11 der Neufassung heißt es wie folgt:

„(1) Der Vorstand lädt, unter Angabe der vorläufigen Tages-ordnung, mit einer Frist von vier Wochen zu Mitgliederver-sammlungen per Email an die letzte vom Mitglied dem Vor-stand mitgeteilte Email-Adresse bzw. auf ausdrücklichenWunsch des Mitglieds, das über keinen eigenen Internetzu-gang verfügt, per einfachem Brief postalisch. Für die ord-nungsgemäße Einladung genügt jeweils die Absendung derEmail bzw. des Briefes. Die Mitglieder können binnen zweiWochen die Aufnahme weiterer Punkte beantragen; in eiligenFällen kann der Vorstand eine Tagesordnung festsetzen, ohneGelegenheit zur Aufnahme weiterer Punkte zu geben. Ver-spätet eingegangene Anträge finden keine Berücksichtigung.Der Vorstand kann hiervon Ausnahmen machen, wenn dieVerspätung genügend entschuldigt wird oder andere Gründe,insbesondere die Verfahrensökonomie die Aufnahme desPunkts rechtfertigen. Der Vorstand entscheidet nach billigemErmessen.

(2) Die Mitgliederversammlung erfolgt entweder real oder vir-tuell (Onlineverfahren) in einem nur für Mitglieder mit ihren Le-gitimationsdaten und einem gesonderten Zugangswort zu-gänglichen Chat-Raum.

(3) Im Onlineverfahren wird das jeweils nur für die aktuelle Ver-sammlung gültige Zugangswort mit einer gesonderten Emailunmittelbar vor der Versammlung, maximal 3 Stunden davor,bekannt gegeben. Ausreichend ist dabei die ordnungsgemäßeAbsendung der Email an die letzte dem Vorstand bekannt ge-gebene Email-Adresse des jeweiligen Mitglieds. Mitglieder, dieüber keine Email-Adresse verfügen, erhalten das Zugangswortper Post an die letzte dem Vorstand bekannt gegebeneAdresse. Ausreichend ist die ordnungsgemäße Absendungdes Briefes zwei Tage vor der Mitgliederversammlung. Sämt-liche Mitglieder sind verpflichtet, ihre Legitimationsdaten unddas Zugangswort keinem Dritten zugänglich zu machen undunter strengem Verschluss zu halten.

(4) Vorstandsversammlungen und Versammlungen der or-dentlichen Mitglieder können ebenfalls online oder in Schrift-form erfolgen.“

Durch Beschluss vom 17. 6. 2011 wies das Registergerichtden Antrag auf Eintragung in das Handelsregister zurück.

Das AG vertritt die Auffassung, dass eine Eintragung der Mit-glieder des erweiterten Vorstandes unzulässig sei, da dies derSatzung widerspreche. Zu beanstanden sei auch die Form derEinberufung der Mitgliederversammlung. Es fehle eine klareBestimmung, da reale und virtuelle Versammlungen möglichseien. Ferner bestünden auch Bedenken gegen die vorgese-hene Form der „Onlineversammlung“. Auch wenn ein spe-zieller Chat-Raum verwendet werde, bestehe die Gefahr, dasssich eine fremde Person Zugang verschafft und sich als Mit-glied ausgibt. Des Weiteren könne auch nicht festgestellt wer-den, ob die anwesenden Mitglieder geschäftsfähig sind. DerGesetzgeber habe der Versammlung der Mitglieder als Haupt-entscheidungsorgan eine besondere Stellung im Vereinslebenzugedacht, der auch durch das physische ZusammenkommenRechnung getragen werde. Allein wegen § 13 Abs. 1 S. 2UmwG könne auf eine physische Präsenz nicht verzichtetwerden. Ferner sei zu beanstanden, dass nicht mehr geregeltwerde, wer ordentliches Mitglied des Vereins sei. Auch sei eineEintragung der Mitglieder des erweiterten Vorstandes un-zulässig, da dies der Satzung widerspreche.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Verein mit seinerBeschwerde. Die Form der Mitgliederversammlung sei durch§ 11 der Satzung ausreichend klar bestimmt. Vor Abhaltungeiner Mitgliederversammlung würden die Mitglieder in der Ein-ladung jeweils darauf hingewiesen, ob die Versammlung realoder virtuell durchgeführt werde. Des Weiteren sei auch dieSicherheit der Onlineversammlungen gewährleistet. Durch dieVerwendung eines speziellen Chat-Raums mit Passwörtern seidas Risiko, dass sich eine vereinsfremde Person Zugang zuden Räumen verschafft, auf ein Minimum reduziert.

Schließlich sei auch § 4 der Satzung nicht zu beanstanden. Beider Abänderung handele es sich lediglich um eine redak-tionelle Bearbeitung. Die Gründungsmitglieder des Vereinsseien im Laufe der Zeit alle aus dem Verein ausgeschieden.Eine Unterscheidung zwischen ordentlichen und außerordent-lichen Mitgliedern mache deshalb keinen Sinn mehr.

Aus den Gründen:

II. Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwer-de ist begründet.

1. Dass § 11 der Satzung eine virtuelle Mitgliederver-sammlung im Onlineverfahren vorsieht, ist nicht zu be-anstanden.

Nach § 32 Abs. 1 S. 1 BGB werden die Angelegenheitendes Vereins grundsätzlich durch Beschlussfassung ineiner Versammlung der Mitglieder geordnet. Allerdings

Rechtsprechung RNotZ 2012, Heft 5 245

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 245/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Page 48: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

sind nach § 32 Abs. 2 BGB Beschlüsse auch dann gül-tig, wenn alle Mitglieder schriftlich zustimmen. Darüberhinaus kann nach § 40 BGB in der Satzung eine von § 32BGB abweichende Regelung getroffen werden.

Herrschende Ansicht: Virtuelle Mitgliederversamm-lungen sind grundsätzlich zulässig

a) Nach der herrschenden Auffassung in der Literatur(Palandt-Ellenberger, BGB, 70. Aufl. 2011, § 32 Rn. 1;Erman-Westermann, BGB, 11. Aufl. 2004, § 32 Rn. 3;Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl. 2010,Rn. 1961 ff.; BeckOK-BGB – Schöpflin, Stand 1. 3.2011, § 32 Rn. 44 a; Fleck, DNotZ 2008, 245; Erdmann,MMR 2000, 526; Sauter/Schweyer/Waldner, Der einge-tragene Verein, 18. Aufl. 2006, Rn. 155; Burhoff, Ver-einsrecht, 8. Aufl. 2011, Rn. 154 a) sind grundsätzlichauch virtuelle Mitgliederversammlungen zulässig. DerSenat schließt sich dieser Auffassung an.

Virtuelle Mitgliederversammlung ist als bloßer Mo-dus der Willensbildung von der Satzungsautonomie(§ 40 BGB) gedeckt und bedeutet nicht die (un-zulässige) Abschaffung des Organs als solches

Es folgt aus § 40 BGB, dass der Verein bei der Aus-gestaltung seiner Binnenstruktur grundsätzlich frei ist(vgl. Erdmann, DNotZ 2008, 245). Zwar ist es nichtmöglich, etwa die Mitgliederversammlung, die dasoberste Organ des Vereins ist, abzuschaffen. Das Organder Mitgliederversammlung wird durch die Schaffungeines virtuellen Verfahrens aber nicht aufgegeben. Eswird lediglich ein bestimmter Modus der Willensbildunggeregelt, der von § 32 BGB abweicht.

Parallelwertung des AktG und des GenG

Für die Zulässigkeit einer virtuellen Mitgliederver-sammlung spricht auch, dass nach dem neu gefassten§ 118 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 AktG Aktionäre auch ohne An-wesenheit am Ort der Hauptversammlung im Wegeelektronischer Form ihre Rechte wahrnehmen und ihreStimme abgegeben können. Des Weiteren bestimmt§ 43 Abs. 7 GenG, dass Beschlüsse – sofern die Sat-zung dies vorsieht – auch in elektronischer Form gefasstwerden können.

Zur Gegenansicht

Soweit davon abweichend die Ansicht vertreten wird,dass eine Versammlung eine räumliche Zusammenkunfterfordert (Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Aufl.2004, Rn. 409 a), überzeugt dies nicht. Dies ergibt sichweder aus dem Wortlaut noch der Systematik des Ge-setzes. In den §§ 27, 36, 37, 41 BGB einerseits und dem§ 32 BGB andererseits wird zwischen dem Organ derMitgliederversammlung und dem Verfahrensmodus un-terschieden (vgl. Fleck, DNotZ 2008, 245, 247). Da § 32BGB den Verfahrensmodus regelt, unterliegt er nach§ 40 BGB der Disposition des Satzungsgebers.

Dagegen spricht auch nicht, dass im Falle einer Online-versammlung die Geschäftsfähigkeit der Mitgliedernicht eindeutig festgestellt werden kann. Soweit eskeine entgegenstehenden Anhaltspunkte gibt, kann derVersammlungsleiter von der Geschäftsfähigkeit derVereinsmitglieder ausgehen. Es ist nicht erforderlich,

dass diese vor jeder Versammlung erneut geprüft wird.Auch im Falle einer schriftlichen Zustimmung (§ 32Abs. 2 BGB) hat der Versammlungsleiter keinen per-sönlichen Eindruck vom Vereinsmitglied.

§ 13 Abs. 1 S. 2 UmwG erfordert jedoch weiterhinVersammlung mit physischer Präsenz

Soweit das AG auf § 13 Abs. 1 S. 2 UmwG verweist, dereine physische Präsenz verlangt (vgl. Reichert, Vereins-und Verbandsrecht, 12. Aufl. 2010, Rn. 1961), über-zeugt das nicht. Die Satzung sieht die Möglichkeit einerrealen Mitgliederversammlung weiterhin vor, die im Falleeiner Verschmelzung des Vereins einberufen werdenkönnte.

Zur Zulässigkeit der konkreten Ausgestaltung

b) Auch die konkrete Ausgestaltung ist im vorliegendenFall wirksam.

aa) Die Satzung sieht vor, dass die Mitgliederver-sammlung in einem nur für Mitglieder mit ihren Legiti-mationsdaten und einem gesonderten Zugang zugäng-lichen Chat-Raum durchgeführt werden. Das nur für dieaktuelle Versammlung gültige Zugangswort wird erst miteiner gesonderten E-Mail unmittelbar vor der Ver-sammlung bekannt gegeben. Allen Mitgliedern wird dieVerpflichtung auferlegt, ihre Legitimationsdaten und dasZugangswort keinem Dritten zugänglich zu machen undunter strengem Verschluss zu halten.

Durch die Zugangsbeschränkungen mittels Passwortwird gewährleistet, dass nur Vereinsmitglieder an derVersammlung teilnehmen.

bb) Es liegt auch keine unangemessene Benachteili-gung der Vereinsmitglieder vor, die über keinen eigenenComputer verfügen. Abgesehen davon, dass der Vereinseinen Satzungszweck insbesondere durch die Präsenzim Internet verwirklicht, muss ein Verein nicht einembeliebigen Personenkreis offen stehen. Er muss daherauch nicht Kommunikation auf jede erdenkliche Weiseanbieten (vgl. Fleck, DNotZ 2008, 245, 251). Darüberhinaus gibt es auch öffentliche Internetzugänge, auf diedie Vereinsmitglieder zumutbar zurückgreifen können.

Eröffnung der Alternative zwischen realer und vir-tueller Versammlung in der Satzung ist zulässig

c) Soweit in § 11 Abs. 2 der Satzung alternativ eine re-ale oder eine virtuelle Mitgliederversammlung vorge-sehen ist, unterliegt dies keinen Bedenken (vgl. auchFleck, DNotZ 2008, 245, 248: „als zusätzliche Option“).Auch dies wird von der Vereinsautonomie gedeckt.Selbst wenn die Mitgliederversammlungen im Regelfallvirtuell stattfinden, kann es im Einzelfall sinnvoll oder inden Fällen des § 13 Abs. 1 S. 2 UmwG sogar notwendigsein, auf einer physischen Präsenz bei der Versamm-lung oder Abstimmung zu bestehen. Erforderlich ist le-diglich, dass die Vereinsmitglieder rechtzeitig über denModus der Versammlung informiert werden, was imvorliegenden Fall mit der Einladung erfolgt.

2. Schließlich ist auch § 4 der Satzung nicht zu bean-standen. Der Verein hat klargestellt, dass die Grün-dungsmitglieder des Vereins im Laufe der Zeit alle ausdem Verein ausgeschieden sind. Eine ordentliche Mit-

Rechtsprechung246 RNotZ 2012, Heft 5

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Page 49: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

gliedschaft kann deshalb nur noch durch Beschluss derordentlichen Mitglieder begründet werden (§ 4 Abs. 6der Satzung).

3. Soweit der Verein eine Eintragung des erweitertenVorstandes begehrt, hält er daran offenbar nicht mehrfest.

RNotZ – Forum

Rechtsprechung in Leitsätzen

1. Liegenschaftsrecht – Zur Kostentragungspflichtdes nicht zustimmenden Wohnungseigentümersbei außerordentlichen Instandhaltungsmaßnah-men(BGH, Urteil vom 11. 11. 2011 – V ZR 65/11)

WEG §§ 14 Abs. 1; 16 Abs. 6 S. 1 Hs. 2; 22 Abs. 1

1. Stimmt ein Wohnungseigentümer einer baulichenMaßnahme gemäß § 22 Abs. 1 WEG nicht zu, ister gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG vonden damit verbundenen Kosten befreit; es kommtnicht darauf an, ob seine Zustimmung gemäߧ 22 Abs. 1 i. V. m. § 14 Nr. 1 WEG erforderlich waroder nicht.

2. Er kann die Kostenfreistellung auch nach Be-standskraft des Beschlusses über die Durch-führung der baulichen Maßnahme verlangen, so-fern der Beschluss die Kostenverteilung nichtabschließend regelt.

(Fundstellen: NJW-Spezial 2012, 130; NJW 2012, 603;Beck Online; juris; DNotI Online Plus)

2. Liegenschaftsrecht – Zur Auslegung einer wert-sichernden Klausel im Erbbaurechtsvertrag(BGH, Urteil vom 18. 11. 2011 – V ZR 31/11)

BGB §§ 315; 157; 242ErbbauVO a. F. §§ 9; 9 a

Erfüllt die in einem Erbbaurechtsbestellungsvertragvereinbarte wertsichernde Klausel ab einem be-stimmten Zeitpunkt ihren Zweck nicht mehr, ist imWege der ergänzenden Vertragsauslegung zu er-mitteln, was die Vertragspartner nach Treu undGlauben für diesen Fall vereinbart hätten; führt dieAuslegung zu keinem Ergebnis, kommt die Er-höhung des Erbbauzinses wegen Wegfalls der Ge-schäftsgrundlage in Betracht. In beiden Fällen sindnicht die seit Vertragsabschluss, sondern die seitder letzten aufgrund der Klausel vorgenommenenErhöhung geänderten Verhältnisse maßgebend(Fortführung von Senat, Urteil vom 3. Juli 1981, V ZR100/80, BGHZ 81, 135 und Urteil vom 18. September1992, V ZR 116/91, BGHZ 119, 220).

(Fundstellen: NJW 2012, 526; NZM 2012, 166; BeckOnline; juris; DNotI Online Plus)

3. Liegenschaftsrecht – Nachweis gegenüber demGrundbuchamt über Vorhandensein nur einesgemeinschaftlichen Kindes(OLG München, Beschluss vom 12. 1. 2012 – 34 Wx501/11)

GBO §§ 18 Abs. 1; 35 Abs. 1BGB § 2265

Sind im notariellen Ehe- und Erbvertrag „die ge-meinschaftlichen Kinder“ als Erben eingesetzt,kommt anstelle eines Erbscheins gegenüber demGrundbuchamt in der Regel auch eine Nachweis-führung durch Personenstandsurkunden und Ver-sicherung an Eides statt dazu in Betracht, dass nurein gemeinschaftliches Kind vorhanden ist.

(Fundstellen: Beck Online; juris; DNotI Online Plus)

4. Familienrecht – Gläubigeranfechtung einerGrundstücksübertragung unter Ehegatten(BGH, Urteil vom 8. 12. 2011 – IX ZR 33/11)

AnfG §§ 2; 4; 19ZPO § 287

1. Die Anfechtung der Übereignung eines inDeutschland belegenen Grundstücks ist nachdem deutschen Recht der Gläubigeranfechtungzu beurteilen.

2. Der Anfechtungsgläubiger muss sich nicht aufdie Aufrechnung gegen Ansprüche des Schuld-ners verweisen lassen, wenn diese ernsthaftzweifelhaft sind oder erst in Zukunft in monatlichwiederkehrenden, im Verhältnis zur Gesamt-summe geringen Teilbeträgen entstehen.

3. Der Anfechtungsgläubiger kann bereits vorDurchführung der Zwangsvollstreckung gegenden Schuldner in dem Umfang Anfechtungsklageerheben, in dem eine Befriedigung durch Zugriffauf das Schuldnervermögen nicht zu erwartenist.

4. Die Übertragung des Hälfteanteils eines zuvor jezur Hälfte im Eigentum beider Ehegatten stehen-den Grundstücks an den anderen Ehegatten istunentgeltlich, wenn die gleichzeitig getroffeneVereinbarung über einen Zugewinnausgleich imFalle der Durchführung dem übertragenden Ehe-gatten keinen Vorteil verschafft.

(Fundstellen: Beck Online; juris; DNotI Online Plus)

RNotZ – Forum RNotZ 2012, Heft 5 247

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 247/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

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5. Familienrecht – Zur Anpassung einer verein-barten lebenslangen Unterhaltsverpflichtung anveränderte Umstände(BGH, Urteil vom 25. 1. 2012 – XII ZR 139/09)

BGB §§ 139; 242; 313; 1573; 1578 b; 1581ZPO §§ 256 Abs. 1; 323 a. F.

1. Haben die Parteien in einem Ehevertrag eine le-benslange Unterhaltsverpflichtung vereinbart,und hat sich die Rechtslage danach geändert(Möglichkeit der Befristung), bleibt es dem Un-terhaltspflichtigen im Zweifel unbenommen, sichauf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu be-rufen.

2. Der Unterhaltsanspruch der nachfolgenden Ehe-frau hat keine Auswirkung auf den Unterhalts-bedarf der früheren Ehefrau nach § 1578 BGB;dieser Anspruch ist allein im Rahmen der Leis-tungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach§ 1581 BGB zu berücksichtigen (im Anschluss anSenatsurteil vom 7. Dezember 2011, XII ZR151/09, zur Veröffentlichung bestimmt).

(Fundstellen: Beck Online; juris)

6. Familienrecht – Anspruch auf Titulierung vonKindesunterhalt nach Volljährigkeit des Berech-tigten(OLG Hamm, Beschluss vom 28. 10. 2011 – 8 WF160/11)

BGB §§ 286 Abs. 2 Nr. 1; 1612 aFamFG § 244

1. Die Titulierung des Kindesunterhalts kann auchüber die Volljährigkeit des Kindes hinaus begehrtwerden, und zwar ungeachtet der Frage, ob essich um betragsmäßig festgelegten oder dyna-misierten Unterhalt handelt.

2. Der gesetzliche Unterhalt ist nicht ohne weiteresals kalendermäßig bestimmt gem. § 286 Abs. 2Nr. 1 BGB anzusehen.

(Fundstellen: Beck Online; juris)

7. Handels-/Gesellschaftsrecht – Zur Einziehungeines GmbH-Geschäftsanteils(BGH, Urteil vom 24. 1. 2012 – II ZR 109/11)

GmbHG § 34

1. Wenn ein Einziehungsbeschluss weder nichtig istnoch für nichtig erklärt wird, wird die Einziehungmit der Mitteilung des Beschlusses an den be-troffenen Gesellschafter und nicht erst mit derLeistung der Abfindung wirksam.

2. Die Gesellschafter, die den Einziehungsbe-schluss gefasst haben, haften dem ausgeschie-denen Gesellschafter anteilig, wenn sie nicht da-für sorgen, dass die Abfindung aus dem unge-bundenen Vermögen der Gesellschaft geleistetwerden kann, oder sie die Gesellschaft nicht auf-lösen.

(Fundstellen: NZG 2012, 259; BB 2012, 664; NJW-Spe-zial 2012, 144; Beck Online; juris; DNotI Online Plus)

8. Handels-/Gesellschaftsrecht – Zur Rangrück-trittserklärung des darlehensgewährendenGmbH-Gesellschafters(OLG Koblenz, Urteil vom 15. 12. 2011 – 6 U 309/11)

GmbHG § 30 Abs. 1

Zur (ergänzenden) Auslegung einer vor dem 1. No-vember 2008 erklärten Rangrücktrittserklärung desGesellschafters einer GmbH für ein der Gesellschaftgewährtes Darlehen, wenn der Rangrücktritt „bisauf Widerruf“ erklärt ist, der Widerruf jedoch (wie esnach den vor dem 1. November 2008 geltendenRechtsprechungsregeln des Bundesgerichtshofszum Ausschluss der Rückgewähr eigenkapitaler-setzender Darlehen ohnehin der Fall war) aus-geschlossen sein soll, wenn dadurch ein nicht durchEigenkapital gedeckter Fehlbetrag entsteht.

(Fundstellen: Beck Online; juris)

9. Handels-/Gesellschaftsrecht – Zum Innenver-hältnis zwischen Treuhänder und Treugeber beider Kommanditgesellschaft(OLG München, Urteil vom 11. 1. 2012 – 7 U2253/11)

HGB § 161 Abs. 1

Beteiligt sich ein Kapitalanleger mittelbar über eineBeteiligungstreuhand GmbH an einer Fondsgesell-schaft und sieht deren Gesellschaftsvertrag vor,dass die Treugeber wie unmittelbar beteiligte Ge-sellschafter behandelt werden und die Regelungendes Vertrages insoweit entsprechend für die Treu-geber gelten, so ist der Anleger ab Abschluss desTreuhandvertrages mit der Treuhandkommanditistinim Innenverhältnis zu der Fondsgesellschaft als de-ren Gesellschafter zu behandeln mit der Folge, dassauch die Regelungen des Gesellschaftsvertragesüber die Beendigung der Gesellschafterstellung un-mittelbar anzuwenden sind (Anschluss BGH, 11. 10.2011, II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299)(Rn. 12).

(Fundstellen: Beck Online; juris)

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 248/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

RNotZ – Forum248 RNotZ 2012, Heft 5

Page 51: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

Buchbesprechung

Festschrift für Günther Brambring zum 70. Geburts-tag, herausgegeben von der Rheinischen Notar-kammer, Verlag C.H. Beck München 2011, 375 Sei-ten, 109,– y

Anzuzeigen ist eine Festschrift für einen herausragen-den Vertreter des rheinischen Notariats, für GüntherBrambring. Neben der Führung seines angesehenenKölner Notariats kann er auf eine beeindruckende An-zahl sonstiger Tätigkeiten zurückblicken: Hervorzuhe-ben sind seine Lehrtätigkeit an der Universität zu Köln,sein Einsatz bei der Reform der Juristenausbildung, dieMitwirkung in der Kommission zur Überarbeitung desSchuldrechts, Mitwirkung bei der Gründung des Deut-schen Notarinstituts und in deren Vorstand, die lang-jährige Tätigkeit im Herausgebergremium der DeutscheNotar-Zeitschrift, Verfasser vieler Fachbeiträge undschließlich die Herausgabe und Mitautorenschaft zahl-reicher Handbücher für die notarielle Praxis, insbe-sondere des Beckschen Notarhandbuchs, das inner-halb weniger Jahre bereits die 5. Auflage erlebt hat undin der Bibliothek eines jeden Notars zu finden seindürfte.

Festschriften gleichen Schatztruhen. Für den Praktikersind sie vielfach schwer zugänglich; hat er sie aber ge-funden, wird er häufig durch den Inhalt reich belohnt.Schüler, Weggefährten und Kollegen des Geehrten ha-ben sich etwas Besonderes einfallen lassen, um ihreWertschätzung ihm gegenüber auszudrücken. Fest-schriftbeiträge schmücken nicht nur ihre Verfasser,sondern vermitteln auch ein Bild des Adressaten. Daslässt sich auch bei dieser Festschrift feststellen. Bram-brings Vorträge und seine Aufsätze waren stets klaraufgebaut, verständlich formuliert, auf das wesentlichekonzentriert und mit pädagogischem Impetus kurz-weilig vorgetragen. Vor allem aber waren sie stets prak-tisch verwertbar. Das gilt auch für die Festschrift. DieBeiträge, die von Notar- und Anwaltskollegen, hohenRichtern und Hochschullehrern verfasst sind und vomallgemeinen Schuldrecht über das Sachenrecht, Fami-lien- und Erbrecht, IPR, Gesellschaftsrecht, Insolvenz-recht, bis zum Beurkundungsrecht und Notarrechtreichen, umfassen im Schnitt 15 Druckseiten und be-handeln konzentriert und prägnant Themen, von denensich die ganz überwiegende Mehrzahl tagtäglich in derPraxis des Notars stellen.

Nahezu alle Beiträge sind demgemäß von unmittel-barem Nutzen für die Arbeit des Notars. Das mag einÜberblick über die abgehandelten Themen zeigen:Basty erörtert die Rechte des Käufers beim Bauträger-vertrag zur Prüfung von Leistungen des Bauträgerswährend der Bauphase und empfiehlt deren Stärkunginsbesondere bei Arbeiten, die durch die weiter Bau-ausführung einer Prüfung entzogen werden; Dauner-Lieb und Winnen befassen sich mit in der Praxis häufignachgefragten Vertragsgestaltungen zur Auflösung vonPattsituationen in Gesellschaften mit beschränkter Haf-tung; Hauschild und Zimmermann behandeln den Um-fang der Beurkundungsbedürftigkeit von Anlagen zumUnternehmenskaufvertrag, ein Thema, dessen große

praktische Bedeutung im Gegensatz zu seiner unzu-reichenden theoretischen Aufarbeitung steht; Hertel lie-fert eine Zusammenfassung der Entwicklung und desMeinungsstandes sowie eine Analyse der Behandlungder Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuch-verkehr im Zwiespalt zwischen Gesellschaftsrecht undGrundstücksrechts; Kanzleiter setzt sich mit dem Su-pervermächtnis auseinander, der (von ihm so genann-ten) Wunderdroge für den erstversterbenden Ehegattenbeim Berliner Testament zur Ausnutzung der Erb-schaftssteuerfreibeträge bei gleichzeitiger umfassenderErhaltung der Dispositionsfreiheit des überlebendenEhegatten über den Nachlass; Krüger geht der denNotar immer wieder beschäftigenden Frage nach, inwelchen Fällen die Aufhebung von Grundstückskauf-verträgen beurkundet werden muss; Marsch-Barnerstellt die maßgeblichen Rechtsgrundsätze für Ent-scheidungen des Versammlungsleiters in der Hauptver-sammlung der Aktiengesellschaft und die rechtlichenAuswirkungen fehlerhafter Leitungsentscheidungendar; Priester beleuchtet mit der ihm eigenen Anschau-lichkeit die Haftungsgefahren für den Erben einer Kom-manditbeteiligung zwischen Gesellschaftsrecht undErbrecht, die er durch eine analoge Anwendung von§ 139 Abs. (4) HGB reduzieren will, was freilich für denNotar die Konsequenz hat, dass er auf die Wahrung der3-Monats-Frist des § 139 Abs. (3) HGB achten muss;Reimann befasst sich eingehend mit den den Praktikerhäufig beschäftigenden Fragen der Grenzen für die Ge-staltung lang andauernder Testamentsvollstreckungenund Spiegelberger mit den rechtlichen und steuerlichenAuswirkungen des Nießbrauchs an einzelnen Gegen-ständen des Betriebsvermögens, am ganzen Betrieb,an Personengesellschaftsanteilen und eingebrachtenWirtschaftsgütern.

Daneben finden sich nicht minder interessante Beiträgefür Gestaltungen in Fällen, die in der notariellen Praxisallerdings seltener vorkommen. Grunewald untersuchtdie Kündbarkeit langfristiger Vermögenszusagen anStiftungen, Mutter die Voraussetzungen, unter deneneine liechtensteinische Familienstiftung geeignet ist,Vermögensmassen für Familienmitglieder dauernd zuerhalten, ohne dass die Einnahmen die in Deutschlandansässigen unbeschränkt steuerpflichtigen Familien-mitgliedern zugerechnet werden müssen.

Zur Lektüre zu empfehlen sind aber ebenso die di-daktisch höchst aufschlussreichen vertiefenden Bei-träge von Amann über eine mögliche Verfassungswid-rigkeit der Benachteiligung von Ehegatten dadurch,dass ihnen anders als anderen Familienangehörigen dieAbschmelzung der Verpflichtung zur Pflichtteilsergän-zung gemäß § 2325 Abs. (3) BGB bei bestehender Eheversagt wird, von Bergschneider über den Topos desAusgleichs ehebedingter Nachteile im Scheidungs-folgenrecht, von Eckelskemper – amüsant geschrieben –über die Nöte des Notars bei der Anwendung vonFremdrechtsordnungen bei der Gestaltung gemein-schaftlicher Testamente und Erbverträge, von Hagenüber die Korrektur von Nichtigkeitsfolgen bei Formver-

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 249/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Buchbesprechung RNotZ 2012, Heft 5 249

Page 52: Der Rückgewähranspruch bei Grundschulden – Grundlagen und

stößen, von Hermanns über das Konzept der wirt-schaftliche Neugründung von Kapitalgesellschaftenund die sich ergebenden Haftungsfolgen, die der BGHmit Entscheidung vom 6. März 2012 ganz in seinemSinne eingeschränkt zu haben scheint (der vollständigeWortlaut der Entscheidung lag bei Abfassung dieserRezension noch nicht vor), sowie von Rapp über dieVereinbarung des Bestehenbleibens der Erbbauzins-reallast bei Versteigerungsmaßnahmen gemäß § 9Abs. (3) Satz 1 Ziff. 1. ErbbauRG.

Lesenswert sind auch die Beiträge von Jerschke, der alsWeggefährte Brambrings die Entwicklung des Zugangszum Notarberuf erläutert und eindrucksvoll schildert,wie die Qualitätsanforderungen in der Zeit, in derBrambring für den Notarstand gewirkt hat, verschärftwurden, sowie von Starke und Terner über den um-strittenen Begriff der Amtsnachfolge im Notaramt. Fürden Notar eher von theoretischen Interesse, abergleichwohl lesenswert sind weiter die Ausführungen vonLüer über die Neuregelung gesellschaftsrechtlicherMaßnahmen durch die inzwischen Gesetz gewordeneInsolvenzrechtsänderung und von Schuschke zumeinstweiligen Rechtschutz im Auskunftserzwingungs-verfahren nach §§ 51 a, 51 b GmbHG nach dem FamFG.

Festschriften, sagte ich eingangs, gleichen Schatztru-hen. Nun ist es bei juristischen Beiträgen wie beiSchmuckstücken so, dass der eine dieses der anderejenes mehr schätzt. Deshalb sei es gestattet, drei Bei-träge hervorzuheben, die mich besonders beeindruckthaben: Zum ersten ist das der Beitrag Hertels zur GbRim Grundbuch. Auf 33 Seiten werden hier umfassendund mit großem Tiefgang die chronologische Entwick-lung von der Entscheidung des II. Zivilsenats zurRechtsfähigkeit der GbR aus dem Jahr 2001 über dieAnerkennung der Grundbuchfähigkeit der GbR durchden V. Zivilsenat im Jahr 2008, die Reaktion des Ge-setzgebers durch Schaffung des § 899 a BGB und § 47Abs. (2) GBO, die Diskussion um ein GbR Register, diemaßgeblichen Fallgruppen, für die Lösungen gefundenwerden müssen, und die verschiedenen Lösungsan-sätze und ihre Kritik dargestellt und dazu noch einebenso realistisches wie versöhnliches Schlusswortgefunden. Das verdient Bewunderung.

Als zweiten Beitrag möchte ich denjenigen von Hau-schild und Zimmermann über die Beurkundungsbe-dürftigkeit der Anlagen zum Unternehmenskaufvertraghervorheben. Dieses Thema scheint zwar formal undlangweilig zu sein, bereitet aber in der Praxis viel Kopf-zerbrechen und Aufwand. Die Autoren stellen die maß-gebenden Überlegungen umfassend, übersichtlich undtransparent dar. Insbesondere mahnen sie zur Rückbe-sinnung darauf, dass nur der regelnde Inhalt des beur-kundungspflichtigen Rechtsgeschäfts beurkundungs-bedürftig ist und es nicht ausgeschlossen ist, dass nichtbeurkundete Erklärungen zur Auslegung beurkundeter

rechtsgeschäftlicher Erklärungen verwandt werden. Indiesem Sinne sollen Anlagen, in denen bereits geregelteRechtsverhältnisse und existierende Zustände wieder-gegeben werden, in der Regel nicht beurkundungs-pflichtig sein, auch wenn in ihnen Rechtsverhältnissebereits geregelt sind. Diese Überlegungen können derPraxis dringend nötige neue Impulse geben.

Am nachhaltigsten beeindruckt hat mich aber der Bei-trag, der als einziger bislang unerwähnt geblieben ist,aber schon wegen seiner Bedeutung für das Notariatherausragt, nämlich der Aufsatz von Henssler und Kilianüber das deutsche Notariat im Europarecht mit dembezeichnenden Titel: Caveat Reformator. Zeitlich an-knüpfend an die Berufung Brambrings zum Geschäfts-führer der Bundesnotarkammer zeichnen die Autorendie Entwicklung der Einordnung des Notariats in dasEuroparecht nach, in deren Mittelpunkt die Frage stand,ob die Tätigkeit der Notare mit der Ausübung öffent-licher Gewalt verbunden und die ihm anvertrauten ho-heitlichen Aufgaben so prägend seien, dass der Berufals Ganzes aus der Dienst- und Niederlassungsfreiheitausgenommen sei, was der EuGH schließlich in seinerEntscheidung vom 24. Mai 2011 verneint hat. Allerdingshat das Gericht den Notaren bescheinigt, dass mit ihrenTätigkeiten im Allgemeininteresse liegende Ziele ver-folgt werden, was Zugangsanforderungen zum Berufrechtfertigen kann. Nach der Darstellung dieser Grund-lagen gehen die Verfasser umfassend auf die Deregu-lierungsaktivitäten der Kommission im Bereich des No-tariats ein, stellen die verschiedenen empirischen Stu-dien dar und unterziehen sie eingehender kritischerWürdigung. So betonen die von der Kommission inAuftrag gegebenen Studien einseitig die Kostenfrageunter Vernachlässigung z. B. der Frage der Rechts-sicherheit, lassen aber beim Vergleich der Kosten Fak-toren unberücksichtigt, die beispielsweise in den an-gelsächsischen Ländern nicht unerhebliche Kostenauslösen, wie die Aufwendungen für Rechtsmängelver-sicherungen. Auch lassen sie Erfahrungen unberück-sichtigt, wonach bei Deregulierung des Notariats-systems, beispielsweise in den Niederlanden, zwar dieKosten von Großtransaktionen gesunken sind, in denverbraucherrelevanten Bereichen aber gestiegen sind.

Diese Ausführungen sollten Pflichtlektüre jedes Notarssein. Der Beitrag ist trotz seines Tiefgangs mit leichterFeder geschrieben und jede Zeile spannend zu lesen.

Die Vielschichtigkeit der Festschrift beleuchtet die Per-sönlichkeit, die Interessen und das vielfältige WirkenGünther Brambrings für das Notariat. Die ihm ge-widmete Festschrift belegt das hohe Ansehen, das erund mit ihm und durch ihn das Notariat genießt. Dafürsei ihm auch an dieser Stelle gedankt. Die Festschriftkann uneingeschränkt zum Erwerb empfohlen werden.

Notar Dr. Klaus Piehler, Köln

RNotZ, 05/2011 #5756 26.04.2012, 11:35 Uhr – st/b.b. –S:/3D/Notarkam/nz_12_05/rnotz_12_05.3d [S. 250/254] 4 5756_rnotz_12_05.ps

Buchbesprechung250 RNotZ 2012, Heft 5