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Potenziale ausschöpfen, Dynamik steigern, Zukunft schaffen Der Weg zum Innovation Leader Strategie der Bundesregierung für Forschung, Technologie und Innovation

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Potenziale ausschöpfen, Dynamik steigern, Zukunft schaffen

Der Weg zum Innovation Leader

Strategie der Bundesregierungfür Forschung, Technologie und Innovation

Vorwort 2

1 Herausforderungen annehmen, Antworten findenDen Weg zum Innovation Leader bereiten 4

2 Talent entfalten, Leidenschaft weckenDas Bildungssystem nachhaltig umgestalten 14

3 Erkenntnis schaffen, Exzellenz forcierenDie Basis der Wissensgesellschaft festigen 18

Universitäten und Grundlagenforschung 19Außeruniversitäre Forschung 22Forschungsinfrastruktur 23

4 Wissen verwerten, Wertschöpfung steigernDie Potenziale der Innovation aktivieren 24

Innovation und Unternehmensforschung 24Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft 27Unternehmensgründungen und Risikokapitalfinanzierung 29Innovation durch Wettbewerb 30

5 Lenkung geben, Rahmen setzenDie politische Steuerung effizient organisieren 32

Governance-Strukturen 32Schwerpunktsetzung 35Förderungssystem 38Internationale Positionierung 40Forschung und Gesellschaft 42

6 Anreize bieten, Optionen eröffnenDie finanzielle Trägerschaft verbreitern 44

Impressum 48

Inhalt

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FTI-Strategie des BundesVorwort

Unsere Zeit ist geprägt von ökologischen und demographischen Herausforderun -gen, zunehmendem globalen Wettbewerb und – damit verbundenen – stetigemStru kturwandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Darüber hinaus sind wir konfrontiertmit den Auswirkungen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise auf dieöffentlichen Haushalte sowie auf das mittelfristige Wachstumspotenzial der heimi-schen Wirtschaft. Österreich steht damit vor der Frage, auf welche Weise es seineZukunftsfähigkeit sichern und seinen Wohlstand auch für nachkommende Genera -tionen weiter ausbauen kann.

Wir sind überzeugt, dass eine entscheidende Antwort darauf lauten muss:Stärkung von Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation. Dadurchschaffen wir hochqualitative Arbeitsplätze und unterstützen ein nachhaltiges Wirt -schafts- und Beschäftigungswachstum.

Ziel ist es daher, dass Österreich von der Gruppe der Innovation Follower in dieGruppe der Innovation Leader, also der innovativsten Länder der EU, vorstößt.Dieses Ziel können wir aber nur mit einem verstärkt koordinierten Politikansatzerreichen. Dazu bedarf es eines wechselseitigen Dialogs zwischen Wissenschaft,Wirtschaft und Gesellschaft sowie eines breiten Innovationsansatzes, der nicht nurtechnologische Neuerungen umfasst, sondern ebenso gesellschaftliche, sozialeund ökonomische Innovationen beinhaltet. Unabhängig von der gegenwärtigenFinanz- und Wirtschaftskrise investiert die Bundesregierung auch weiterhin maß-gebliche Ressourcen in Forschung, technologische Entwicklung und Innovation.Entscheidend ist, wo diese Mittel konkret zum Einsatz kommen und wie ein effi-zienter Einsatz dieser Mittel sichergestellt wird.

Mit der vorliegenden Strategie „Potenziale ausschöpfen, Dynamik steigern, Zukunftschaffen: Der Weg zum Innovation Leader“ geben wir ein klares Bekenntnis zurFörderung von Forschung, Technologie und Innovation ab. Darin definieren wirstrategische und operative Ziele und setzen Schwerpunkte und Maßnahmen, dieinnerhalb der nächsten Dekade umgesetzt werden sollen. Damit wollen wir unsereStärken weiter ausbauen, neue Zukunftsfelder und Nischen besetzen, transparen-te Förder- und Entscheidungsstrukturen etablieren sowie sicherstellen, dass dieöffentlichen Mittel effizient und nachhaltig eingesetzt werden.

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Die Grundlagen für die vorliegende Strategie der Bundesregierung wurden vomBundeskanzleramt, dem Bundesministerium für Finanzen, dem Bundesministeriumfür Verkehr, Innovation und Technologie, dem Bundesministerium für Wissen-schaft und Forschung, dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugendsowie dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur auf Basis vor-handener Studien unter Einbindung der Sozialpartner und wesentlicher Stake -holder aufbereitet.

Unser Dank gilt allen, die die FTI-Strategie durch ihre Beiträge zu einer wichtigenGrundlage für eine zukunftsorientierte Politik in und für Österreich gemacht haben.Es gilt nun gemeinsam mit allen Beteiligten an der konsequenten Umsetzung deraufgezeigten Inhalte zu arbeiten.

Werner FaymannBundeskanzler

Dr. Claudia SchmiedBundesministerin für Unterricht,

Kunst und Kultur

Dr. Reinhold MitterlehnerBundesminister für Wirtschaft,

Familie und Jugend

DI Josef PröllVizekanzler und Bundesminister für Finanzen

Doris BuresBundesministerin für Verkehr,Innovation und Technologie

Dr. Beatrix KarlBundesministerin für Wissenschaft

und Forschung

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1 Herausforderungen annehmen, Antworten findenDen Weg zum Innovation Leader bereiten

Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen liegt Ös ter -reich heute in der EU an vierter Stelle und welt-weit unter den Top Ten1.

Neue Herausforderungen, neue Ziele

Die Lücke in der Benchmark-Performance zwi-schen Input- und Outputgrößen deutet aberschon die Herausforderungen an, vor denenÖsterreichs Innovationssystem heute steht. Fürden Aufholprozess waren die bestehendenStrukturen adäquat und die imitative Techno -logiestrategie, die auf die intelligente Adaptionund rasche Diffusion von technologischenEntwicklungen setzte, war äußerst erfolgreich.

Heute, nach diesem Aufholprozess, neh men dieErträge dieser Strategie ab. Zudem wächst auf

Im Ranking des Innovation Union Scoreboard(bis 2009: European Innovation Scoreboard),das Indikatoren für die Innovations-Per for -mance kompiliert, belegt Österreich den sie-benten Rang und lieg damit im Spitzenfeldder Innovation Follower. Die von den nordischenLändern Schweden, Dänemark und Finnlandsowie Deutsch land besetzte Gruppe derInnovation Leader ist in Sichtweite. Der Auf -holprozess der vergangenen Jahrzehnte istdamit im Wesent lichen bewältigt worden.

Diese Entwicklung hat dazu beigetragen, dassÖsterreichs ökonomische Wettbewerbsfähigkeitverbessert und ein in den vergangenen Jahrenüber dem EU-Durchschnitt liegendes Wirt -schafts wachstum, ein hoher Beschäfti gungs-stand und steigender Wohlstand erreicht wurden.

Österreich hat in seiner Performance in Forschung, Technologie und Innovation in den vergangenenbeiden Jahrzehnten einen beeindruckenden Aufholprozess bewältigt. Er war gekennzeichnet voneiner markanten Steigerung in der Forschungsintensität im gesamten Innovationssystem. DieForschungsquote erhöhte sich innerhalb der vergangenen Dekade von 1,94% auf 2,76% desBruttoinlandsprodukts. Damit liegt Österreich mit seiner Innovationsintensität in Europa imSpitzenfeld.

Quelle: Innovation Union Scoreboard 2010Innovation Leaders liegen bei mindestens 120%, Innovation Followers bei 90-120%, Moderate Innovators bei 50-90% und Modest Innovators unter 50% des EU-Durchschnitts.

1 Quelle: Eurostat, Zahlen für 2009

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globalisierten Märkten die Kon kurrenz jenerLänder, die im mittleren Tech nologiesegment zudeutlich günstigeren Kos ten verhältnissen an -bieten können. Immer mehr Länder – auch inunserer unmittelbaren Nach bar schaft – machenselbst den Aufholprozess durch und stoßen injene Positionen vor, die sich Österreich in denvergangenen Jahren erarbeitet hat.

Österreich muss sich angesichts dieser He -raus forderungen neu positionieren, und das be -deutet auch: Wir müssen uns neue Ziele inRich tung eines intelligenten und nachhaltigenWachs tums setzen. Wir wollen in den Kreis derIn nova tion Leaders vorstoßen, das heißt zujenen Ländern, die an der Wissensgrenze for-schen und an der technologischen Grenze pro-duzieren. Dazu müssen wir das volle Potenzialunserer Wis sensgesellschaft nutzen und Ex-zel lenz anstreben. In diesem Zusammenhangmüssen die In nova tionsleistungen sowohl inihrer Quantität als auch in ihrer Qua lität weitergesteigert werden, und ihre Erträge müssenkräftig wachsen. Das setzt grundlegende Re -formen und Effizienz steige run gen im gesamtenInnova tionssystem voraus.

Europäischer Rahmen

Österreichs Etappenwechsel in der For -schungs- und Innovationspolitik vollzieht sichparallel zu strategischen Neuorientierungenauf der europäischen Ebene. Der Lissabon-Prozess hat sein Zieljahr 2010 erreicht. Er hatviel an Dynamik in die Innovationspolitik ge -bracht, viele der auf ihn gerichteten Erwar tun-gen blieben aber unerfüllt. Mit der StrategieEuropa 2020 setzt die Europäische Union neuestrategische Markierungen mit der Ausrichtungauf ein intelligentes Wachstum (Entwicklungeiner auf Wissen und Innovation gestütztenWirtschaft), nachhaltiges Wachstum (Förderungeiner Ressourcen schonenden, ökologischerenund wettbewerbsfähigeren Wirtschaft) und inte-gratives Wachstum (Förderung einer Wirtschaftmit hoher Beschäftigung und ausgeprägtem

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Bildung, Forschung und In novation führt, wel-che die entscheidenden Ele mente für dasEntwick lungspotenzial von wissensbasiertenÖkonomien darstellen. Schon heute sind ineiner hochindustrialisierten Wissens öko nomiewie Österreich etwa zwei Drittel des Wirt -schafts wachstums auf qualitative Verände -rungen zu rückzuführen, die auf Forschung,technologischem Wandel und Innovation sowieAus- und Weiterbildung basieren. Die globalinnovativsten Länder wie etwa die nordischenStaaten, die Schweiz, Deutschland oder dieUSA haben gerade auch in der Wirt schaftskriseihre Zu kunftsin vestitionen in For schung, Tech -nologie, Innovation und Bild ung gestärkt.

Dabei ist die öffentliche Hand gefordert, Rück -halt und Perspektive zu geben. Dies gilt insbe-sondere angesichts der hohen zyklischenSchwankungen, denen die privaten For -schungs- und Entwicklungsausgaben des In -

sozialen und territorialen Zusammenhalt). DieseEntwicklungen werden auch die Zielsetzungenfür Österreich maßgeblich beeinflussen.

Finanz- und Wirtschaftskrise

Diese neuen strategischen Initiativen werdendabei vor dem Hintergrund und aus der Er -fahrung der tiefsten Finanz- und Wirtschafts -krise der Nachkriegszeit entwickelt. Diese hat,wie die Strategie Europa 2020 einleitend kon-statiert, „Jahre des wirtschaftlichen und sozia-len Fortschritts zunichte gemacht und die struk-turellen Schwächen der europäischen Wirt -schaft aufgedeckt“.

Angesichts der Krise bekommen Forschung,Technologie und Innovation als Schwerpunktestaatlichen Handelns eine fundamentale Be -deutung. Es herrscht weltweit Konsens, dassder Weg nach vorne über die Forcierung von

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dustriesektors ausgesetzt sind. Auch in Öster-reich, wo sich das Engagement der Unter -nehmen in Forschung und Entwicklung von2000 bis 2007 mit einem Ausgabenplus von55% besonders dynamisch entwickelt hatte,deutet vieles darauf hin, dass es im Krisenjahr2009 zu einem Rückgang der Dynamik derForschungs- und Entwicklungsinvestitionen imUnternehmenssektor gekommen ist. Die öffent-liche Hand verhielt sich in dieser Situation anti-zyklisch: Der Anteil des Bundes an der gesam-ten For schungs finanzierung stieg von 2007 bis2010 um sieben Prozentpunkte auf nunmehr35%. Damit konnte auch in einem Krisen umfelddie Forschungsquote weiter auf 2,76% gestei-gert werden.

Konsolidierung

Zu den Folgewirkungen der Krise gehört aberauch, dass wir – so wie auch alle anderen Re -gierungen in den Staaten Europas – vor derschwierigen Aufgabe der mittelfristigen Kon -solidierung der öffentlichen Finanzen stehen.Im Bundesfinanzrahmen legen wir einen Pfadder Budgetsanierung fest, der vom 4,5%-Defizitim Jahr 2010 bis 2013 zu einer Zielgröße von2,5% führen soll. Bildung, Forschung und In -novation werden dabei als prioritäre Politikfelderrelativ am geringsten mit der Konsoli dierungs -last belegt. Außerdem werden zusätzliche Mittelfür Offensivmaßnahmen in diesem Bereich inHöhe von jährlich € 260 Mio. für die Jahre 2011bis 2014 bereit gestellt. Trotzdem wird der ein-drucksvolle Wachstumspfad der vergangenenJahre bei den öffentlichen Investitionen inForschung und Entwicklung in dieser Phase derKon solidierung nicht gehalten werden können.

Umso mehr kommt es in dieser Periode daraufan, die Potenziale privater Forschungs finanzie-rung zu aktivieren und optimal auszuschöpfen,und jene strukturellen Maßnahmen zu setzen,die die Basis für ein nachhaltiges innovations-basiertes Wachstum legen können. Damit sol-len die Voraussetzungen geschaffen werden –

wenn die Bewältigung der Krise und der Kon -solidierung es erlauben – mit einer wieder ex -pansiveren Politik im Bereich For schung, Tech -nologie und Innovation eine optimale Hebel -wirkung auf den Privatsektor und einen höhe-ren Wirkungsgrad staatlicher Aus gaben zu er -reichen.

Die Reformen müssen dabei aber weit übereine eng definierte Forschungs- und Tech nolo -giepolitik hinausreichen. Unsere vordringlichenAufga ben sind die zukunftsfähige Umgestaltungdes Bil dungssystems, die Verbesserung derRah menbedingungen für innovative Unterneh -men auch durch eine aktive Wettbewerbspolitikund verbesserte Zugangsmöglichkeiten zumKapitalmarkt.

Forschungsquote 2020: 3,76%

Wir haben uns in der Regierungserklärung dasZiel gesetzt, bis 2020 eine Forschungsquotevon 4% zu erreichen, und wir sehen diesenWert weiterhin als Teil einer Orientierunggebenden Vision an. Wir nehmen aber zurKenntnis, dass angesichts der Finanz- undWirtschaftskrise und der in deren Folge in denkommenden Jahren notwendigen Maßnahmenzur Konsolidierung der Staatsfinanzen diesesZiel nicht mehr zu halten ist. Für die vor uns lie-gende Dekade streben wir eine Steigerung derForschungsquote um einen Prozentpunkt – alsovon heute 2,76 auf 3,76% im Jahr 2020 – an. Zudiesem Ziel haben wir uns auch im Rahmen desEU-Strategieprozesses Europa 2020 bekannt,der für die EU-Mitgliedsstaaten jeweils indivi-duelle Forschungsquotenziele vorsieht.

Internationale Erfahrungswerte zeigen uns,dass diese Dynamik nur durch Aktivierung pri-vater Investitionen in Forschung und Ent -wicklung erreichbar ist. Ihr Anteil an der For -schungsquote 2020 soll jedenfalls 66% und –nach internationalem Vorbild – womöglich 70%erreichen. Wir wollen da zu in den kommendenJahren Unternehmen und Forschungs einrich -

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Herausforderungen und

Entwicklungspotenziale

Aus all diesen Vorarbeiten leitet sich ein weitge-hend einhelliger Befund über vordringliche He -raus forderungen und noch auszuschöpfenderEntwicklungspotenziale im österreichischenInnovationssystem ab:5

>> Humanpotenzial: Die Übersetzung vomBildungs- ins Innovationssystem gelingt inÖsterreich nur unzureichend. VerfügbareHumanpotenziale werden zu wenig ausge-schöpft. Vor allem ein mangelndes Interessean technischen und naturwissenschaftlichenFächern, eine geringe Frauenpartizipation inder Forschung, Mängel bei der Integrationvon MigrantInnen ins Bildungs- und Innova -tionssystem, ein immer noch starker Brain-drain ins Ausland und eine verhältnismäßigschwache Offenheit der Gesellschaft gegen-über Wissenschaft und Technologie stellenHemmnisse auf dem Weg zum InnovationLeader dar.

>> Grundlagenforschung: Die Grundlagenfor -schung bildet eine wesentliche Basis für radi-kale Innovationen und ermöglicht der Gesell -schaft, sich durch die Erweiterung der Gren -zen wissenschaftlicher Erkenntnis weiterzu-entwickeln. Als Kernbereich staatlicher Ver -antwortung ist Grundlagen for schung daherunverzichtbarer Bestandteil einer Innovation-Leader-Strategie. Der An teil der Finan zie-rung der Grundlagenfor schung am BIP istmit 0,44% (2007) in Österreich niedriger alsin wichtigen OECD-Benchmark-Ländern.

tungen durch Rahmen bedingungen, die Inno va -tion forcieren und fördern, zu noch mehrForschung stimulieren. Der Beitrag der öffent-lichen Hand soll dabei nach einer notwendigenKonsolidierungsphase ab der zweiten Hälfte derDekade auf einem Pfad stabilisiert werden, derdie Forschungsquote in diesem Verhältnis vonprivater und öffentlicher Finanzierung mit trägt.

Strategie der Bundesregierung

Die geschilderten Entwicklungen bilden denBezugsrahmen für die Strategie für Forschung,Technologie und Innovation, die wir als österrei-chische Bundesregierung hier vorlegen. Wir le -gen damit ein klares Bekenntnis zur Förderungvon Forschung, Technologie und Innovation undihrer Rahmenbedingungen ab. Die Strategie bil-det den Abschluss eines mehrjährigen Diskus -sions- und Analyseprozesses. Der Österreichi-sche Forschungsdialog2 (2007-08) war ein breitangelegter, landesweiter Dis kurs- und Kon -sultationsprozess mit österreichischen Stake -holdern zur Weiterentwicklung des Innovations -systems und der Wissensgesell schaft.

Die Evaluierung des österreichischen For -schungs förderungssystems3 („Systemevaluie -rung“ 2008-09) erbrachte eine profunde Durch -leuchtung dieses Gesamtsystems und Ver -besserungsvorschläge durch ExpertInnen.

Der Rat für Forschung und Technologieentwick -lung legte im Sommer 2009 unter dem Titel„Stra tegie 2020“4 seine Vorschläge und Em -pfeh lungen für die Weiterentwicklung des öster-reichischen In no vationssystems vor.

2 http://www.bmwf.gv.at/forschung/oesterr_forschungsdialog/ 3 http://www.bmvit.gv.at/innovation/forschungspolitik/systemevaluierung/index.html4 http://www.rat-fte.at/tl_files/uploads/Strategie/090824_FINALE%20VERSION_FTI-Strategie2020.pdf5 Zusätzlich zu Fußnoten 1-3 vgl. auch: Innovation Union Scoreboard 2010 (IUS):

http://www.proinno-europe.eu/inno-metrics/page/innovation-union-scoreboard-2010 & Forschungs- und Technologieberichte: http://www.bmvit.gv.at/service/publikationen/innovation/technologieberichte/index.html

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>> Risikokapitalmarkt: Aufgrund seiner histo-risch bedingten, stark banklastigen Unter -nehmensfinanzierungsstruktur weist Öster-reich eine Unterentwicklung im Be reichRisikokapital (sowohl in der Frühphase alsauch in der Expansionsphase) auf. Dies er -schwert vor allem risikoreiche und wachs-tumsorientierte Früh phasenfinanzierungenfür junge, innovative und wissensbasierteUnternehmen.

>> Wettbewerb: Den Rahmenbedingungen fürInnovation – wie etwa Wettbewerb undFinanzierungsoptionen – wird von derOECD eine ähnlich hohe Wirkung auf dieSteigerung der Ausgaben für Forschungund Entwicklung zugeschrieben wie spezifi-schen Instrumenten, etwa der direkten For -schungs förderung. Diese Rahmenbe dingun-gen können in Österreich insgesamt nochdeutlich verbessert werden, vor allem sindauch die Wettbewerbsbedingungen für dieFörderung von Innovationen in manchenBereichen wie etwa beim Markteintritt neuerAnbieter unzureichend.

>> Governance: Analysen und Evaluierungenweisen auf Schwächen in den Gover nance-Strukturen hin, welche die Weiterentwick -lung des österreichischen Innovationssys -tems in Ausrichtung auf neue strategischePosi tionierungen behindern können. DerenUr sache wird vor allem in versäulten und zuwenig aufeinander bezogenen Strukturender Politik ausgemacht, die eine systemi-sche Sichtweise beeinträchtigen und die Ko -ordinierung im Gesamtsystem erschweren.

>> Strukturwandel: Angesichts der ökonomi-schen, ökologischen und gesellschaftlichenHerausforderungen findet der Struktur wan -del in Richtung forschungs-, innovations-und ausbildungsintensive Branchen nicht inder notwendigen Dynamik statt.

Grand Challenges

Herausgefordert wird unser Innovationssystemaber auch durch große gesellschaftliche undöko nomische Aufgabenstellungen, die in derZukunft auf uns zukommen und für die wirAntworten finden müssen. Es gilt, dem Klima -wandel und den von ihm ausgehenden Be -drohungen zu begegnen. Wir müssen die glo-balen Knappheiten von Energie- und Natur res-sourcen bewältigen, unter anderem durch denUmstieg auf neue und erneuerbare Res -sourcen. Wir müssen Antworten auf den demo-grafischen Wandel mit seinen Konsequenzeneiner alternden und zunehmend interkulturellenGesellschaft finden, um den Menschen in unse-rem Land ein Leben in Sicherheit, Gesundheitund mit hoher Lebensqualität zu sichern.

Die geschilderten Entwicklungen stellen großeHerausforderungen globalen Maßstabs dar. Sieimplizieren dramatische Veränderungen in Wirt -schaft und Gesellschaft. Wir brauchen Wissen -schaft, Forschung und Technologie auf Spitzen -niveau, um einerseits Anpassungs strate gienformulieren und Entwicklungs optionen identifi-zieren zu können und andererseits durch tech-nologische Entwicklung und neue Pro dukte,Verfahren und Dienstleistungen Lö sungskapa -zitäten aufzubauen.

Unsere Strategie für Forschung, Technologie und In nova -

tion verfolgt daher zwei prioritäre Ziel set zun gen:

• Wir wollen die Potenziale von Wissenschaft, For schung, Tech -nologie und Innovation in Österreich weiter entwickeln, umunser Land bis zum Jahr 2020 zu einem der innovativsten derEU zu machen und dadurch die Wett bewerbsfähigkeit unsererWirtschaft zu stärken und den Wohlstand unserer Ge -sellschaft zu steigern.

• Wir wollen die Potenziale von Wissenschaft, Forschung, Tech -nologie und Innovation in Österreich weiter entfalten und ge -samthaft zum Einsatz bringen, um die großen gesellschaft-lichen und wirtschaftlichen Heraus forderungen der Zukunft zumeistern.

Ziele

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Daraus leiten sich folgende weitere Ziele ab:

>> Nachhaltige Reform des österreichischen Bil -dungswesens: Optimierung der Rahmen be-dingungen für Forschung, Technologie undInnovation; Verbesserung der Verbindungvon Bildungs- und Innovationssystem;Steigerung von Qualität und Quantität der inÖsterreich verfügbaren Humanpotenzialefür Forschung, Technologie und Innovation.

>> Stärkung der Grundlagenforschung und ihrerInstitutionen: Steigende Dotation der Grund -lagenforschung bei gleichzeitig steigendemAnteil jener Mittel, die im Wettbewerb verge-ben werden; Weiterführung struktureller Re -

formen der Hochschulen und Abstimmungvon universitären und außeruniversitärenTrägern von Forschungsexzellenz.

>> Stärkung der Innovationskraft der Unter -nehmen: Steigende direkte und indirekteUnterstützung der österreichischen Unter -nehmen zur Erhöhung ihrer technologischenLeistungsfähigkeit und Innovationskraft; In -tensivierung von angewandter Forschungund Technologietransfer, insbesondere inAus rich tung auf Klein- und Mittelbetriebe(KMU) sowie auf die tragende Rolle derLeitbetriebe; verstärkter Einsatz von nach-frageseitigen Instru menten in der In nova -tionspolitik.

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>> Ein effizienter und effektiver Mitteleinsatzdurch verbesserte Regulierung und derenlaufende Überprüfung sowie durch einegemeinsame Nutzung von Forschungs ein-richtungen und -infrastrukturen wird sicher-gestellt. Bei allen Maßnahmen steht die Wir -kungsorientierung im Vordergrund. Initia ti -ven und Programme, die nicht zu den ge -wünschten Wirkungen führen, werden ein-gestellt oder grundlegend neu ausgerichtet.

>> Exzellenz in der Grundlagenforschung einer-seits und Spitzentechnologie im Unterneh -menssektor andererseits werden bestmög-lich unterstützt. Dazu ist es notwendig, einenhöheren Anteil der Mittel im Wettbe werbs -verfahren zu vergeben und verstärkt risiko-reichere Projekte zu ermöglichen. Danebenwird durch Schwerpunktsetzung und Unter -stützung bei der Einbindung in internatio-nale Forschungsstrukturen und Exzellenz -netzwerke einer verstärkten ProfilbildungÖsterreichs Rechnung getragen.

>> Nationale AkteurInnen des Innovations sys-tems sind in die globalisierte Wissens- undTechnologieentwicklung voll eingebundenund können von den entsprechenden Pro -grammen der EU optimal profitieren.

>> Bei den öffentlichen Investitionen ist auf einehohe Hebelwirkung zu achten, damit mög-lichst hohe Investitionen des privaten Sek -tors ausgelöst werden mit dem langfristigenZiel eines jedenfalls zu zwei Dritteln undwomöglich zu 70% privat finanzierten An -teils an den gesamten Forschungs- und Ent -wicklungsausgaben.

>> Effizienzsteigerung der politischen Steuer-ung: Steigerung von Effizienz und Effek ti vi-tät im Innovationssystem durch klare Go-ver nance-Strukturen; ein modernes For -schungs (förderungs) recht mit Grundsätzenfür einen wirkungsorientierten Mitteleinsatzund die Verbesserung der Planungs sicher -heit für alle Akteu rInnen.

Prinzipien

Mit der Strategie für Forschung, Technologieund Innovation legen wir als BundesregierungLeitlinien unseres politischen Handelns in derBildungs-, Forschungs- und Innovations politikfür die nächsten Jahre fest, die gleichzeitig auchWettbewerbs- und Förderpolitik nachhaltig be -einflussen.

Die Institutionen der Verwaltung werden dieseInhalte vorantreiben, aufeinander abstimmenund den Gesamtprozess einem Monitoring un -terziehen, um eine Weiterentwicklung der Stra -tegie zu gewährleisten.

Dabei sind folgende Prinzipien zu beachten:

>> Statt einer ausschließlichen Fokussierung auf Wissenschafts- und Technologie förde-rung wird ein umfassender Ansatz der In -novationspolitik verfolgt, der nicht nur mone-täre Maßnahmen umfasst, sondern auchgesetzgeberische und organisatorischeMaßnahmen zum Beispiel in den Politik fel -dern Bildung, Wettbewerb, Regu lierung oderBeschaffung inkludiert.

>> Es wird ein systemischer Ansatz verfolgt, indem sich verschiedene Maßnahmen ergän-zen und Synergien erzeugen. Abstimmungund Koordination sind dabei wesentlicheHandlungsmaximen. Bevor neue Initiativengesetzt werden, wird geprüft, ob nicht beste-hende Aktivitäten neu ausgerichtet, gebün-delt oder reformiert werden können.

VISION ÖSTERREICH 2020 – EIN INNOVATION LEADER

• Im Jahr 2020 ist Österreich Innovation Leader.

Österreich hat sich bis zum Jahr 2020 in der Gruppe der innovativsten Länder der EU nachhaltigetabliert und ist zu einem Innovation Leader geworden. Österreich ist ein Top-Standort fürForschung, Technologie und Innovation, der exzellenten WissenschaftlerInnen beste Arbeits- undKarrierechancen bietet und Forschungseinrichtungen und hochinnovative Unternehmen aus derganzen Welt anzieht. Exzellente Forschung und radikale Innovationen sind in Österreich ebensoselbstverständlich wie eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Wirtschaft undGesellschaft. Eine wissens-, forschungs- und innovationspolitische Gesamtsicht auf das Innova -tionssystem hilft dabei, die drei Seiten des „Wissensdreiecks“ Bildung-Forschung-Innovation zustärken und deren Zusammenwirken zu verbessern.

• Humanpotenziale und Qualifikationen werden bestmöglich entwickelt und

genutzt.

Das Bildungssystem fördert besonders innovatives und kreatives Denken und Handeln. DerZugang zum Bildungssystem und seine Durchlässigkeit haben sich im Sinne vonLeistungsgerechtigkeit und Chancengleichheit sowie im Hinblick auf eine den individuellenAnlagen und Präferenzen entsprechende Studien- und Berufswahl grundlegend verbessert. Inter -esse und Motivation für technisch-naturwissenschaftliche Ausbildungen werden umfassend geför-dert. Neben einer altersgerechten, frühkindpädagogischen Förderung und dem bestmöglichenErfassen der vorhandenen Potenziale in allen Schulstufen und Schulformen hat sich an den rele-vanten Bildungsinstitutionen eine nachhaltig verbesserte LehrerInnenaus- und fortbildung eta-bliert. Die Zuwanderung hochqualifizierter Personen wird genutzt und gefördert.

• Exzellente Rahmenbedingungen für Universitäten, Fachhochschulen und

außeruniversitäre Forschungseinrichtungen bilden die Basis des Innova-

tionssystems.

Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen arbeiten unterexzellenten Rahmenbedingungen und sind ausreichend finanziert, um ihre Aufgaben in For -schung und Lehre optimal durchzuführen. Attraktive wissenschaftliche Karrieren nach internatio-nalem Vorbild sind gängiger Standard an Österreichs Hochschulen. Die Universitäten werdendabei unterstützt, Grundlagenforschung auf höchstem Niveau zu betreiben und hervorragendeAbsolventInnen auszubilden. Gut ausgebaute Forschungsinfrastrukturen an Universitäten, Fach -hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen fördern nicht nur Spitzen -leistungen in der Forschung, sondern bilden auch eine Basis für gelungene Kooperationen zwi-schen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

• Innovative Unternehmen sichern den Wohlstand einer modernen Wissens-

gesellschaft.

Marktneuheiten und Innovationen sowie die Steigerung der Exporte von Spitzentechnologie,Hightech-Produkten und wissensintensiven Dienstleistungen machen österreichische Unter -nehmen zu anerkannten Weltmarktführern in wissensintensiven Branchen. Der Anteil der syste-

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matisch forschenden und innovierenden Unternehmen in Österreich liegt im europäischenSpitzen feld. Optimale Rahmenbedingungen begünstigen die stetige Verbesserung der In nova -tionsperformance des Unternehmenssektors. Moderne Wettbewerbsregeln gewährleisten eineintensive Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Wirtschaft. Die öffentliche Beschaffung undeine innovationsorientierte Infrastrukturpolitik steigern die Nachfrage nach innovativen Produktenund wissensintensiven Dienstleistungen. Die Gründungsdynamik bei technologiebasierten undinnovativen Unternehmen ist hoch. Durch einen gut funktionierenden Markt für privates Be -teiligungs- und Risikokapital können junge, innovative Unternehmen schnell wachsen undzukunftssichere Arbeitsplätze schaffen.

• Eine maßgeschneiderte Förderpolitik unterstützt die Leistungsfähigkeit

des Innovationssystems.

Eine engagierte Förderpolitik, die sich an den Kriterien der Effizienz, Qualität und Effektivitätorientiert, adressiert Prioritäten und setzt richtige wirtschaftliche Akzente. Sie gewährleistet einelängerfristige Planungs- und Finanzierungssicherheit und unterstützt die AkteurInnen im Innova -tionssystem rasch und durch einen abgestimmten Mix an direkten und indirekten Maßnahmen mitdem Ziel einer möglichst hohen Hebelwirkung. Im Bereich des direkten Förderungssystems sindklare, gebündelte Kompetenzen und eindeutige Governance-Strukturen etabliert, die indirekte(steuerliche) Forschungsförderung ist grundlegend vereinfacht. Es bestehen klare Prioritäten, dievon einem flexiblen Instrumenten-Mix bedient werden. Dieser trägt dazu bei, eine gesteigerteOutputorientierung des gesamten Innovationssystems sicherzustellen.

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2 Talent entfalten, Leidenschaft weckenDas Bildungssystem nachhaltig umgestalten

sowie gleichwertig postsekundärem Bildungs -ab schluss an der 30-34-jährigen Wohnbe völ ke -rung – liegt Österreich unter dem EU-Durch -schnitt von 38%. In Österreich nehmen (insge-samt) 43% eines Altersjahrgangs ein Studiuman einer Hochschule oder Fachhochschule auf,im OECD-Durchschnitt sind es 56%.

Die Befunde formen sich zu folgen-

dem Gesamtbild

Das Bildungssystem trennt sehr früh nachAusbildungs- und Bildungssträngen und selek-tiert den Bildungszugang stark nach sozialerSchichtung. Mangels Durchlässigkeit der Bil -dungs wege entscheidet diese frühe Selektionüber den Bildungshorizont der Kinder und Ju -gendlichen und lässt sich später kaum nochkorrigieren. Drop-outs und eine häufig ungünsti-ge Beeinflussung der Studien- und Berufswahlsind die Folgen.

Verfügbare Potenziale und Qualifikationen vonZuwandernden werden in zu geringem Ausmaßentwickelt und in Wissenschaft und Wirtschaftzu wenig genutzt. MigrantInnen weisen auch inder zweiten und dritten Generation meist signi-fikant schlechte Bildungsniveaus auf. Sprach -barrieren erschweren den Bildungszu gang.

In den naturwissenschaftlichen und techni-schen Disziplinen weitet sich die Kluft zwischender Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräftenaus der Wirtschaft und dem Interesse der Ju -gendlichen an dieser Ausbildung. Verschärftwird die Situation durch die demografische Ent -

Das Bildungssystem ist damit ein wesentlicherTeil des Innovationssystems, der für dessenEntwicklungsaussichten von eminenter Be deu-tung ist. Diese nimmt zu, je mehr wir uns demIdeal einer wissensbasierten Volkswirtschaftnähern, in der Wissen der wichtigste Wettbe -werbsfaktor ist. Die Befassung mit den Ent -wicklungs potenzialen und Entwicklungshemm -nissen des Bildungssystems muss daher heuteein integrativer Bestandteil jeder auf Forschung,Technologie und Innovation gerichteten Stra -tegie sein.

Status und Herausforderungen

Das Bildungssystem in Österreich hatte und hatinsgesamt einen guten Ruf. Dies belegen inter-nationale Rankings, bei denen der Wirt schafts -standort nach den Kriterien der Ausbildung, derFlexibilität und der Motivation der Mitarbeite -rInnen durchwegs positiv abschneidet. Es zeigtsich aber immer deutlicher, dass angesichts derHerausforderungen der Wissensgesellschaftund unter Bedingungen globaler Wettbewerbs -verhältnisse das Bildungssystem heute grund-sätzlicher Reformen und neuer Ansätze bedarf. Zahlreiche Studien und internationale Bench -mark-Erhebungen weisen mit ihren Ergeb -nissen darauf hin, dass das österreichischeBildungssystem sein Potenzial bei weitem nichtausschöpft. Nur 39% eines Alters jahrgangs er -werben in Österreich eine Hoch schulzu gangs -berechtigung (durch eine schulische Reife -prüfung), im OECD-Durch schnitt sind es 61%.Mit einer Akademikerquote von 34,6% – defi-niert als Anteil von Personen mit tertiärem

Bildung stellt das Fundament für wissensorientierte Ökonomien dar und leistet einen wesentlichenBeitrag zur sozialen und ökonomischen Entwicklung unserer Gesellschaft. Die Qualifikation derMenschen ist entscheidend für das Entwicklungspotenzial unseres Gemeinwesens und für dieRobustheit der demokratischen Institutionen, sie determiniert aber auch die Fähigkeit derUnternehmen, Innovationen zu entwickeln und umzusetzen und damit die Wettbewerbsfähigkeit derWirtschaft. Die Qualität des Humanpotenzials bestimmt die Qualität der Forschung, die neuesWissen schafft, und ist die Voraussetzung, um neues Wissen und neue Technologien, die woandersentstanden sind, zu verstehen, zu adaptieren und in die Anwendung zu bringen.

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wicklung, die bis 2020 einen starken Rückgangder 15- bis 19-Jährigen in der Bevölkerungs-py ra mide erwarten lässt.

Neue, kreative und attraktive Ansätze in derDidaktik, besonders in den technisch-naturwis-senschaftlichen Fächern, sind derzeit imSchulwesen noch zu wenig entwickelt. Zudemführt ein ausgeprägtes Gender-Ungleich ge -wicht in den technisch-naturwissenschaftlichenAusbildungen einerseits und im sprachlich-pädagogischen Bereich andererseits zu einer„Verweiblichung“ bzw. „Vermännlichung“ ganzerBerufsfelder.

Die Rahmenbedingungen für die universitäreLehre und insbesondere die Betreuungs ver hält-nisse stellen sich im internationalen Vergleichungünstig dar, was sich negativ auf das Ab -schneiden österreichischer Hoch schulen in denUniversitätsrankings auswirkt. Der sehr unter-schiedliche Andrang zu den Studien bringt nichtnur entsprechend unterschiedliche Stu dien-

bedingungen, sondern auch unterschiedlicheChancen am Arbeitsmarkt mit sich.

Ein Mangel an wissenschaftlichen Karriere -optionen hemmt den Anreiz für Begabte, eineForschungs- bzw. Universitätslaufbahn einzu-schlagen. Nur ein Bruchteil der Doktoran dIn-nen, die in Österreich studieren, findet eine ent-sprechende Anstellung oder zumindest drittmit-telfinanziertes Beschäftigungsverhältnis aneiner Universi tät. Die noch stark verbesse-rungswürdige intersektorale Mobilität zwischenGrundlagenfor schung, angewandter und indu-strieller For schung be deutet ein weiteresKarrierehemmnis.

Im gesamten Hochschulsektor und im Bereichder außeruniversitären Forschung sinkt derFrauenanteil nach dem Doktorat markant ab.Die industrielle Forschung weist den niedrigstenFrauenanteil innerhalb Europas auf. VieleFrauen scheitern an den meist männlich ge -präg ten Rahmenbedingungen.

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• Wir wollen die Begabungen der Menschen in allen Bildungsstufen fördern, ihre Leidenschaft für die Forschung we-cken und ihnen die bestmögliche Qualifikation für wirtschaftliches Handeln und wissenschaftliches Forschenermöglichen. Damit soll den Hochschulen, For schungs einrichtungen und Unternehmen ein ausreichendesAngebot an hochqualifizierten For schen den garantiert werden.

• Dazu ist das Bildungssystem in seiner Gesamtheit zu optimieren, beginnend in der frühkindlichen Phase bis zuModellen des lebensbegleitenden Lernens.

• Die Reformen zielen dabei auf die Entschärfung der sozialen Selektivität, die bessere Durchlässigkeit zwischenden Bildungsgängen bzw. -wegen, eine durchgängige Qualitäts steigerung im Unterricht und in der Hochschullehre,die verbesserte Integration von Zu wan dernden und einen Ausgleich der Gender-Ungleichgewichte in der For -schung ab.

• Die Quote der SchulabbrecherInnen soll bis 2020 auf 9,5% reduziert werden.

• Die MaturantInnenquote soll bis 2020 auf 55% einer Alterskohorte angehoben werden.

• Der Anteil der SchülerInnen mit einer anderen Erstsprache als Deutsch, die die zweite Sekundarstufe abschlie-ßen, soll von derzeit 40 auf 60% steigen.

• Die Studienbedingungen an den Hochschulen sollen wesentlich verbessert werden, wozu auch neue Finan zie-rungsmodelle für die Hochschullehre etabliert werden sollen.

• Der Anteil der 30- bis 34-Jährigen, die ein Hochschulstudium abgeschlossen haben oder über einen gleichwer -tigen Abschluss verfügen, soll bis 2020 auf 38% erhöht werden.

Ziele: Bildungssystem

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Maßnahmen

Strukturreform des Bildungssystems

>> Verbesserte Frühförderung durch verpflich-tendes, kostenfreies Kindergartenjahr (halb-tags) für Fünfjährige

>> Erhöhung der Anzahl an Ganztagesschulenund Ausweitung der bedarfsorientiertenGanztagesbetreuung

>> Ausbau der Berufsmatura für Lehrlinge undder Berufsreifeprüfung für Erwachsene alsStudienzugang

>> Einführung von österreichweiten Bil dungs-standards und teilstandardisierten Ab -schluss prüfungen

>> Weiterentwicklung des Schulsystems imHinblick auf bessere individuelle Förderungund eine Erhöhung der Durchlässigkeit ins-besondere im Bereich der Sekundarstufe 1

>> Stärkung der Humanpotenziale im BereichMathematik, Informationstechnologie, Na -turwissenschaft, Technik durch gezielteFörderung im (vor-)schulischen Unterrichtund an universitären Einrichtungen

Verbesserte Bildungsübergänge

>> Ausbau der Berufsorientierung und derStudienberatung (z. B. Studienchecker, Stu -dieren probieren) bereits in der Schule

>> Einrichtung flexibler Studieneingangs phasenin allen Diplom- und Bachelorstudien

Qualitätsverbesserung der Hochschullehre

>> Entwicklung eines „österreichischen Mo dells“für eine künftige Teilung der Finanzierungder Universitäten nach studierendenbezoge-nen Mitteln (Lehre) und Forschung

>> Verbesserung der Betreuungsrelationen vonStudierenden zu Lehrenden

>> Entwicklung von Qualitätsindikatoren für denLehrbetrieb im Hochschulbereich

Verbesserte Integrationsangebote

>> Vermehrter Einsatz von Lehrenden nicht-deutscher Muttersprache und interkulturel-len MitarbeiterInnen

>> Verstärkte Sprachförderung>> Flexibel gestaltete Anerkennung und Nos -

trifikation von Diplomen und anderen Ab -schlüssen

Steigerung der Mobilität

>> Gezielte Steigerung der Mobilität von Stu -dierenden und Graduierten in ausgewählteLänder

>> Verbreiterung des Austausches für Schü-lerInnen, Studierende und Lehrpersonen aufallen Ebenen mit der forschungs-, technolo-gie- und innovationsintensiven Wirtschaftund dem Ausland

Verbesserte Rahmenbedingungen fürForscherInnen an Hochschulen

>> Transparente und leistungsbezogene Ver -gabe von Laufbahnstellen an Hochschulen

>> Weiterentwicklung des Kollektivvertrags unddes Universitätsgesetzes zur Umsetzungdes Tenure-Track-Systems (Umsetzung ei -nes Karrieremodells mit Optionen zur unbe-fristeten Anstellung in Abhängigkeit von Leis -tungsevaluationen)

>> Verstärkte Förderung von DoktorandInnenund Post-Docs durch Ausbau strukturierterProgrammangebote

Forcierung eines Gender-Gleichgewichtesin der Forschung

>> Genderbudgeting in allen Forschungsförde -rungs maßnahmen

>> Individuelle Förderungsmaßnahmen für Frau -en im wissenschaftlichen Nachwuchs

>> Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit vonBeruf und Familie

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3 Erkenntnis schaffen, Exzellenz forcierenDie Basis der Wissensgesellschaft festigen

versitäten in dynamischen und komplexenEntwicklungsprozessen. Die Autonomie eröff-net ihnen die Chance und erteilt ihnen dieAufgabe zur Profilbildung, wobei der Spielraumdazu auch wesentlich von den zur Verfügungstehenden Mitteln definiert wird. Denn in ihrerForschung stehen die Universitäten in einemglobalen Wettbewerb um die „besten Köpfe“.Welche Attraktivität sie auf exzellente For sche -rInnen aus dem In- und Ausland ausüben kön-nen, entscheidet ganz wesentlich auch überdas Humanpotenzial am gesamten Forschungs -standort Österreich.

An diesem globalen Wettbewerb um die „bestenKöpfe“ nehmen aber auch die außeruniversitä-

Grundlagenforschung ist ein Kernbereich staat-licher Verantwortung in der Forschungs- undInnovationspolitik. Wie in allen hoch entwickel-ten Industrieländern wird sie auch in Österreichüberwiegend von der öffentlichen Hand dotiert.In der Strategie der Bundesregierung für For -schung, Technologie und Innovation spielt siedaher auch eine wesentliche Rolle.

Wie die Grundlagenforschung ihre Rolle imInnovationssystem erfüllen kann, hängt von derQualität ihrer Standorte ab. Diese sind zumüberwiegenden Teil die Universitäten. 70% derGrundlagenforschung findet an den Hoch -schulen statt. Seit das Universitäts gesetz 2002sie in die Autonomie entließ, stehen die Uni -

Grundlagenforschung, die von Neugier getrieben wird, erweitert die Grenzen wissenschaftlicherErkenntnis und schafft jenes Reservoir an neuem Wissen, aus dem sich auch radikale Innovationennähren. Sie bildet damit eine der tragenden Säulen des Innovationssystems. Ihre Bedeutung alsStandortfaktor wissensbasierter Volkswirtschaften steigt in dem Maß, in dem wir uns der Frontlinie technologischer Entwicklung und ökonomischer und sozialer Innovationen annähern.

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ren Forschungseinrichtungen teil, die aus lan-ger Tradition – wie die Österreichische Aka -demie der Wissenschaften (ÖAW) – oder alsNeugründungen der vergangenen Jahre – wiedas Institute of Science and Technology Austria(IST-Austria) – die Forschungslandschaft rundum die Universitäten ergänzen. Diese Institu -tionen exzellenter Forschung zueinander in einproduktives Verhältnis von Wett bewerb undKooperation zu setzen, wird Auf gabe der strate-gischen Orientierung für die Grund lagen for -schung in Österreich sein.

Vor allem die seit den 1990er Jahren forcierteZusammenarbeit von Wissenschaft und Wirt -schaft ließ neben den Universitäten und denUnternehmen ein breites Spektrum erfolgrei-cher Institutionen entstehen, die als Standortekooperativer Forschung die Forschungsland -schaft bereichern: die Kompetenzzentren desProgramms COMET (Competence Centers forExcellent Technologies), die Christian DopplerForschungsgesellschaft mit ihren Labors(CDG), die Ludwig Boltzmann Gesellschaft(LBG) und die Ins titute der Austrian CooperativeResearch (ACR). Das unlängst strategisch neupositionierte Austrian Institute of Tech nolo gy(AIT) ist seit Jahrzehnten ein Eckpfeiler wirt-schaftsorientierter Forschung. Sie alle bildenein wichtiges Segment in einer vielfältigenaußeruniversitären Szene mit unterschiedlichenAusrichtungen.

Die Qualität der Forschung wird aber auch we -sentlich von der Qualität der ihr zur Verfügungstehenden Infrastruktur bestimmt. Dass dieForschenden an ihren Standorten Zugang zueiner konkurrenzfähigen Ausstattung der Infra -struktur haben, ist Voraussetzung für eine For -schung „state of the art“ und damit für einedynamische Entwicklung unserer Wissens -gesellschaft. Die gemeinsame Nutzung von gro-ßen Forschungsinfrastrukturen durch Unter -nehmen, Universitäten und außeruniversitäre

Forschungseinrichtungen ist dabei eine wesent-liche Option.

UNIVERSITÄTEN UND GRUNDLAGEN -FORSCHUNG

Status und Herausforderungen

Im internationalen Vergleich liegt die Grund -lagenforschung in Österreich – sowohl was denmonetären Input als auch was den Output(Publikationen, Zitationen, etc.) betrifft – imMittelfeld, weist aber einen Rückstand gegenü-ber den globalen Benchmarks wie den USA undeuropäischen Referenzländern auf. Der Anteilder Ausgaben für die Grundlagenforschung amBruttoin landsprodukt ist mit 0,44% (laut der letz-ten Vollerhebung 2007) niedriger als in wichti-gen OECD-Ländern.

Im Rahmen des erfolgreichen Aufholprozesses,den Österreich in der Forschung in den vergan-genen Jahrzehnten bewältigt hat, hat die öffent-liche Hand ihre Ausgaben für Forschung undEntwicklung wesentlich gesteigert. Die Finan -zierung der Grundlagenforschung wies dabeiaber eine vergleichsweise geringe Dynamik auf.So wuchsen im Zeitraum 2002-2007 die öffent-lichen Ausgaben für Unternehmensforschungvon 404 auf 598 Mio. Euro, also um 48%, wäh-rend die Ausgaben für Hochschulforschung –die zum Großteil die Grundlagenforschung inÖsterreich trägt – von 1.157 Mio. auf 1.446 Mio.Euro, also um 25%, zunahmen6.

Hoch schul forschung bezeichnet hier die anUniversitäten und anderen Institutionen des ter-tiären Sektors, inklusive Einrichtungen wieÖAW, IST-Austria und AIT, durchgeführte For -schung.

Gleichwohl wurde in Österreich in den vergan-genen Jahren durchaus substanzielle For -schungs kapazität von internationaler Spitzen -

6 Laut Berechnungen von WIFO und Joanneum Research

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qualität aufgebaut, etwa in der Material- undQuantenphysik, den Life Sciences, aber auch inden Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften.Dies schlägt sich auch in der erfolgreichen Teil -nahme vieler an österreichischen Universitätenund Forschungsinstitutionen tätigen Wissen -schaft lerInnen an den Rahmenprogrammen derEU und an ersten Ausschreibungsrunden desEuropean Research Council nieder. Diese Basisan exzellenter Grundlagenforschung gilt es zustärken. Gleichzeitig muss stetig daran gearbei-tet werden, diese Basis in neue Felder mit hohemEntwicklungspotenzial hinein zu erweitern.

Mit den neu geschaffenen Forschungs ge sell-schaften der ÖAW – Institut für Molekulare Bio -technologie (IMBA), Gregor Mendel Institutfür Molekulare Pflanzenbiologie (GMI), For -schungs zentrum für Molekulare Medizin(CeMM) – und der Profilierung bestehenderAkademieinstitute sowie der Gründung desIST-Austria wurden in den vergangenen Jahrenneue Instrumente zum Aufbau exzellenterForschungsschwerpunkte etabliert. Ge mein-sam mit den Universitäten können diese Insti -tutionen den Nukleus eines österreichischenForschungsraums exzellenter Forschung bil-den, den es durch forcierte Netzwerkbildung,den Aufbau gemeinsamer Infrastrukturen undabgestimmte Humanpotenzialpolitik auf- undauszubauen gilt. Dazu gilt es aber auch dieStrukturen der ÖAW den neuen Anforderungenanzupassen.

Der wachsende internationale Konkurrenzdruckum SpitzenforscherInnen stellt dabei eine dergroßen Herausforderungen dar. Die Exzellenz -initiative in Deutschland etwa, die Spitzen uni -versitäten mit beträchtlichen zusätzlichenMitteln dotiert, erzeugt eine starke Sogwirkungauf das Top-Personal in der Forschung. Öster-reich muss zum einen das Exzellenz-Segment

seiner Grundlagenforschung forcieren, um dieAttraktivität für Spitzenkräfte und damit diePosition des Forschungsstandorts zu behaup-ten oder noch auszubauen. Zum anderen giltes, die Rahmenbedingungen für eine internatio-nal sichtbare Grundlagenforschung im Hoch -schulsektor durch entsprechende personelle,finanzielle und infrastrukturelle Voraus setzun-gen zu verbessern.

Dafür ist das Element einer wettbewerbsorien-tierten Finanzierung der Hochschulforschungweiter zu stärken. Eine Drittmittelfinanzierungüber im Wettbewerb evaluierte Forschungs pro-jekte des Wissenschaftsfonds FWF ist ein Si g-nal für eine verstärkte Qualitätsorientierung. Esentspricht dabei dem internationalen Trend,dass diese Finanzierung auch die Overheadsvon Forschungskosten entsprechend berück-sichtigt. Eine Overhead-Prämie für im Wett -bewerb eingeworbene Forschungsprojekte stellteine zielgenaue und unbürokratische Unterstüt -zung von evaluierten Forschungsleistungen darund stärkt die Position der Forschenden an denUniversitäten oder an anderen Institutionen.

Die Universitätsautonomie macht ÖsterreichsHochschulen zu starken, eigenständigen Par t-nern in der Umsetzung der forschungspoliti-schen Strategieziele. Diese Partnerschaft wirddurch den gesetzlichen Rahmen des Univer -sitätsgesetzes definiert und konkretisiert sich inden mehrjährigen Leistungsvereinbarungenzwischen der finanzierenden öffentlichen Handund den autonomen Universitäten. Für die Um -setzung der Forschungsstrategie ist es ent-scheidend, in den Leistungsvereinbarungenden Universitäten klare Anreize in Richtung derstrategischen Orientierungen und für eine ver-stärkte Kooperation unter den Hochschulen zureffizienten Nutzung aller verfügbaren Res sour-cen zu setzen.

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Maßnahmen

>> Entwicklung eines „österreichischen Modells“für eine künftige Teilung der Finanzierung derUniversitäten nach studierendenbezogenenMitteln (Lehre) und Forschung

>> Ausbau der Drittmittelfinanzierung der Hoch -schulforschung über im Wettbewerb evalu-ierte Projekte des Wissenschaftsfonds FWFmit pauschalierter Abdeckung der Over -heads in der Höhe von 20%

>> Implementierung einer österreichischenExzellenzinitiative mit Einrichtung von bis zuzehn Exzellenzclustern bis zum Jahr 2020

>> Weiterentwicklung der Leistungs ver einba-rungen zu einem Instrument für die bessere

• Wir wollen die Investitionen in die Grundlagenforschung bis 2020 auf das Niveau führender Forschungsnationensteigern.

• Wir wollen die Grundlagenforschung durch weitere Struk turreformen des Hochschulsystems stärken.

• Das Modell der Universitätsfinanzierung soll reformiert werden. Die Finanzierung der For schung soll stärker kom-petitiv und projektbezogen erfolgen.

• Die Finanzierung der Hochschulforschung über im Wett bewerb eingeworbene Drittmittel des Wissens chafts fondsFWF ist zu stärken und mit entsprechender Kos tendeckung zu gestalten.

• Die Profilbildung der Universitäten soll durch die Er richtung von Exzellenzclustern unterstützt werden.

• Die Ausrichtung der Lehr- und Forschungsthemen an den Uni versitäten und die Zusammenarbeit mit außeruni-versitären Forschungseinrichtungen soll besser im Rahmen einer Gesamtstrategie abgestimmt werden.

Ziele: Universitäten und Grundlagenforschung

Abstimmung der Forschungsthemen unterden Universitäten und zur Forcierung derZusammenarbeit mit anderen Forschungs -einrichtungen

>> Refinanzierung der vor 2004 beschafftenInfrastrukturen auf Basis einer Be stands-erhebung und Teilfinanzierung neuer Infra -strukturen für Kooperationen mit universitä-ren und außeruniversitären Forschungs ein-richtungen

>> Strukturelle Reform der ÖAW durch Er stel-lung eines Entwicklungsplans, Abschlussvon Leistungsvereinbarungen so wie Einfüh -rung eines modernen Finanz- und Liquidi -tätsmanagements

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AUSSERUNIVERSITÄRE FORSCHUNG

Status und Herausforderungen

Neben dem Hochschulsektor hat sich in Öster-reich eine vielfältige und ausdifferenzierteSzene von außeruniversitären Forschungsein -richtungen etabliert, in die rund ein Drittel deröffentlichen Ausgaben für Forschung undEntwicklung fließt. Sie stellen eine wesentlicheSäule innerhalb der österreichischen For -schung dar und liefern wichtige Impulse insbe-sondere für die Forschung im Dienst gesell-schaftlicher Entwicklungen und von Innova -tionen im Unternehmenssektor.

Aus unterschiedlichen Entwicklungskontextenheraus entstand so eine Fülle unterschiedlicher

• Entwicklung klarer Rollenbilder entlang vondefinierten Leistungszielen für die ver-schiedenen Einrichtungen des außeruni-versitären Forschungssektors

• Die internen Strukturen der Forschungs -einrichtungen sollen durch Reformen ge -stärkt und an neue Anforderungen ange-passt werden.

• Die Gesamtsstruktur des außeruniversitä-ren Forschungssektors soll auf eine bes-sere Abstimmung hin optimiert werden.

Ziele:

Außeruniversitäre Forschung

Strukturen – nach Zuständigkeit, Finanzie -rungs form, Mission, Steuerung und dem Gradder Wissenschaftlichkeit. Über deren Rolle fürund deren Wirkung im Innovationssystem gibtes bisher kaum grundlegende empirische Er he-bungen.

Die Vielfalt und regionale Streuung versprichtFlexibilität, Kreativität und Wettbewerb, führtandererseits aber zu einer überwiegend klein-teiligen Struktur, mit hohen Fixkosten und zuineffizienten Parallelstrukturen. Häufig fehlenauch die Mittel für einen langfristigen Kom pe-tenzaufbau. Als Konsequenz mangelt es vielenInstitutionen der außeruniversitären Forschungan einem klaren Rollenbild.

Eine Verstärkung der Zusammenarbeit und einearbeitsteilige Profilbildung zwischen den Uni -versitäts- und Fachhochschulstandorten undUnter nehmen sowie zwischen Universitätenund außeruniversitären Forschungszentren derangewandten und der Grundlagenforschungsind im Aufbau und sollen intensiviert werden(vergleiche dazu Kapitel 4). Bei den Institu -tionen der angewandten Forschung – wie etwaAIT, ACR und Joanneum Research – wurde undwird ein umfassender Reform- und Strategie -prozess durchgeführt, den es weiter zu imple-mentieren gilt.

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Maßnahmen

>> Strukturelle Reformen einzelner Institutionensowie Fortführung der internationalen, stra-tegischen Positionierung des Austrian Ins -titute of Technology (AIT)

>> Finanzierung der außeruniversitären Ein -richtungen in Form von befristeten Leis -tungs- und Fördervereinbarungen, die alsKriterien etwa Publikationen oder Patenteaufweisen

>> Flexible Gestaltung der Forschungs struk tu-ren mit Anreizen für die (Re-)Integration vonaußeruniversitären Einrichtungen in dieUniversitäten oder andere, größere For -schungsstrukturen

>> Einrichtung außeruniversitärer Strukturenvor wiegend in Form zeitlich befristeter Ins -titutionen

>> Erneuerung und Vereinheitlichung der Rechts -grundlagen durch Neufassung des For -schungs organisationsgesetzes (FOG)

Maßnahmen

>> Erarbeitung einer verbindlichen „NationalenRoadmap für Forschungsinfrastruktur“

>> Anreize zur Vernetzung von Infrastrukturenzur Erreichung kritischer Massen, wie etwadie Finanzierung von Großinfrastrukturen inAbhängigkeit von Konzepten koordinierterNutzung (wie im Fall von Hochleistungs rech -nern)

>> Ausbau der Kooperation von Forschungs -einrichtungen und Unternehmen auf derBasis gemeinsamer Infrastrukturnutzung

>> Beteiligung Österreichs an europäischen undinternationalen Infrastrukturen im Rahmender ESFRI-Roadmap

>> Entwicklung der rechtlichen Rahmen be-dingungen für die Nutzung von Infrastruk tu-ren wie Biobanken und statistischer Datenbe -stände

FORSCHUNGSINFRASTRUKTUR

Status und Herausforderungen

Eine konkurrenzfähige Infrastrukturausstattungder Forschungsinstitutionen und der Zugang zuinternationalen Infrastrukturen ist für einen kon-kurrenzfähigen Forschungsstandort unabding-bare Voraussetzung. Laut Nutzerbefragung derSystemevaluierung stellen aber Verfügbarkeitvon und Zugang zu Forschungsinfrastrukturennach den Humanpotenzialen den zweiten gra-vierenden Engpass für die Entwicklung der For -schung in Österreich dar. Darin stimmten so -wohl Forschungseinrichtungen als auch Unter -nehmen überein. Der Ausbau der Infrastrukturin Österreich und ihre Heranführung an interna-tionale Spitzenstandards ist daher eine wesent-liche Herausforderung.

Ansätze einer abgestimmten, gemeinsamenBeschaffung und Nutzung von Infrastrukturen

• Wir wollen die Forschungsinfrastrukturen in Österreich alsBasis für exzellente For schung und zur internationalen Posi -tionierung der österreichischen Forschung koordiniert aus-bauen.

• Die Profilbildung der Universitäten und außeruniversitärenForschungseinrichtungen als Träger der Forschungsin fra -strukturen soll eine optimale Abdeckung von Stärken und Syn -ergieeffekten in der Nutzung garantieren.

Ziele: Forschungsinfrastruktur

gibt es bis jetzt nur in hoch profilierten Fällen,wo die Sichtbarkeit der einzelnen Investitionenhoch genug ist. Effizienz und Effektivität imMitteleinsatz erfordert dazu die Koordinierungder Infrastrukturbeschaffung und -nutzung aufBasis einer nationalen Zusammenschau desForschungssektors.

Darüber hinaus ist die künftige Teilnahme anden paneuropäischen Infrastrukturen von ent-scheidender Bedeutung für die Wettbe werbs -fähigkeit des Forschungsstandorts Österreich.

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4 Wissen verwerten, Wertschöpfung steigernDie Potenziale der Innovation aktivieren

luierung auch, dass es noch Potenzial gibt, dieDauer und Kosten von Unternehmens gründun -gen weiter zu reduzieren.

INNOVATION UNDUNTERNEHMENSFORSCHUNG

Status und Herausforderungen

Die internationalen Vergleichsdaten des Euro -pean Innovation Scoreboard (beziehungsweisedessen aktuelle Weiterentwicklung: das Innova -tion Union Scoreboard) belegen über die Jahreden eindrucksvollen Aufhol prozess, den Öster-reich in seiner Performance in Forschung, Tech -nologie und Innovation durch laufen hat und derzur Positionierung un mittelbar hinter den Top-Nationen geführt hat.

Dieser Auf holprozess war unter anderem getrie-ben durch eine deutliche Zunahme der For -schungs- und Entwicklungs ausgaben so wohlder öffentlichen Hand als auch des privatenSektors. Die Aus gaben des österreichischenUnternehmens sektors haben sich dabei in denvergangenen zehn Jahren mit zuletzt 3,38 Mrd.Euro (2010) mehr als verdoppelt. Darüber hin-aus beträgt die Finanzierung aus dem Aus-

Anreize zu vermehrten Innovations anstren-gungen können angebotsseitig – auf die För -derung von Technologieentwicklungen – ausge-richtet sein. Österreich hat in der Phase desAufholprozesses vorwiegend diesen Ansatzverfolgt. Wesentliche Impulse für mehr Inno va -tionen können aber auch über die Nachfra ge -seite gesetzt werden. Die Gestaltung der öffent-lichen Beschaffung, Normensetzung, Definitionvon Standards und der regulative Rahmen fürdie Wirtschaftstreibenden haben einen wesent-lichen Einfluss auf die Nachfrage nach innova-tiven Lösungen und die Größe der Märkte fürinnovative Produkte.

Auch die wettbewerbspolitischen Rahmenbe -dingungen sind ein entscheidendes Kriteriumfür die Innovationskraft von Ökonomien.Maßnahmen zur Intensivierung des Wettbe -werbs – insbesondere in bisher vor internatio-naler Konkurrenz geschützten Sektoren – kön-nen die Innovationsanstrengungen deutlichankurbeln. Internationale Vergleichskennzahlenweisen für Österreich noch auf ein beträchtli-ches Potenzial zur Intensivierung des Wett -bewerbs hin. Dies fand auch in den Erge b-nissen der Systemevaluierung seine Bes -tätigung. Darüber hinaus zeigt die System eva -

Als Hochlohnland kann Österreich seine Wettbewerbsfähigkeit und Standortqualität nur in dem Maßsichern und ausbauen, in dem die Transformation in eine wissensbasierte Wirtschaft gelingt. Diessetzt voraus, dass sich der Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft stetig intensiviert: Dasneu geschaffene Wissen muss rascher zu seiner Verwertung finden. Dazu gilt es, Umfang undNiveau der in Österreich entwickelten und umgesetzten Innovationen substanziell zu steigern.Zunehmend mehr österreichische Unternehmen sollen sich durch Innovationen technologische odermarktorientierte Wettbewerbsvorteile erarbeiten, um im globalen Wettbewerb in Marktführerposi -tionen aufsteigen zu können und damit Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze zu schaffen.Voraussetzung dafür sind gesteigerte und ambitioniertere Forschungs- und Entwicklungsaktivitätenin den Unternehmen, getragen von hochqualifizierten MitarbeiterInnen auf Basis der neuestenErkenntnisse der Wissenschaft. Die Leistungsfähigkeit des Innovationssystems zu erhöhen, ist dahereine der grundlegenden Aufgaben einer Strategie für Forschung, Technologie und Innovation, dieÖsterreich zu einem Innovation Leader machen will. Dabei ist von einem breiten Innovationsansatzauszugehen, der technologische, forschungsgetriebene und nicht-technologische Innovationensowohl in der Sachgüterproduktion als auch im Dienstleistungssektor ebenso einschließt wie öko-logische und soziale Innovationen oder Innovationen im öffentlichen Bereich.

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land 2010 1,17 Mrd. Euro, einschließlich derRück flüsse aus den EU-Forschungsrahmenpro -grammen.

Dennoch entwickelt sich der Anteil der Wert -schöpfung in den forschungs-, technologie-,ausbildungs- und wissensintensiven Branchenim Unternehmenssektor im internationalenVergleich noch zu langsam. Das Innovations -potenzial wird vor allem hinsichtlich des erziel-ten Outputs noch nicht in vollem Umfang aus-geschöpft. Dies spiegelt sich in einer unter -durch schnittlichen Performance der Un ter neh-men bei Innovationen wieder, die neu für denMarkt sind, in einem zu geringen Anteil von wis-sensintensiven Dienstleistungen, in einem iminternationalen Vergleich zu geringen Techno -logie gehalt an Exportprodukten und Dienst leis-tungen sowie in unterdurchschnittlichen An -teilen der Beschäftigung im Mediumtech- undHightech-Bereich der Sachgüterproduktion.

Aber auch auf der Inputseite zeigen sich nochDefizite. Trotz der sehr dynamischen Entwick -lung der vergangenen Jahre ist der Finanzie -rungs anteil der Wirtschaft an der Forschungs -quote noch zu gering. Im Jahr 2010 beträgt dasVerhältnis von öffentlichen zu privaten For -schungs- und Entwicklungsinvestitionen derzeitetwa 43 zu 57 Prozent und weicht damit deutlichvon der Zielvorgabe im Lissabon-Prozess voneinem Drittel zu zwei Drittel ab. Deshalb ist aufdie weitere Steigerung der Unternehmens for -schung ein besonderes Augenmerk zu richten.

Die Herausforderung liegt daher heute in derAufgabe, das Innovationssystem weiter aufeinem dynamischen Entwicklungspfad zu hal-ten. Alle Potenziale des Innovationssystemssind dazu zu aktivieren. Dies erfordert eine stra-tegische Bündelung von Maßnahmen, die übereine eng definierte technologisch orientierteund angebotsseitige Innovationspolitik hinaus-gehen: Sie bezieht nachfrageseitige Maß -nahmen, etwa in der öffentlichen Beschaffung,und eine Wettbewerbspolitik, die Innovationen

stimuliert, mit ein. Wenn die Nachfrage nachinnovativen Produkten und Dienstleistungen inÖsterreich – etwa von Seiten der öffentlichenBeschaffung – erhöht wird, verbessert sichnicht nur die Qualität der öffentlich beschafftenInfrastruktur und der Leistungen, sondern esbilden sich auch Referenzmärkte für österrei-chische Technologieunternehmen, was wiede-rum Forschung und Entwicklung in den Unter -nehmen anregen kann.

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Aufgrund der starken Abhängigkeit der unter-nehmerischen Forschungs- und Entwicklungs -in vestitionen von ausländischen Konzern müt-tern in Österreich kommt der Standort qualitäteine wichtige Rolle in der Forschungs finanzie-rung zu. Die Standortentscheidung für ein For -schungszentrum eines multinationalen Unter -nehmens richtet sich neben den allgemeinwichtigen Standortfaktoren wie Besteuerung,politische und rechtliche Stabilität sehr starknach der Verfügbarkeit von qualifiziertem Per -sonal, nach dem Schutz des geistigen Eigen -tums, nach der lokalen Präsenz von Uni versi -täten und Fakultäten, die einen Schwer punktauf Natur- und Ingenieurswissenschaften le gen.

Österreich weist im Bereich des Human -potenzials allerdings einen zunehmend kriti-schen Flaschenhals auf, den es zu bewältigengilt. Ein Steuersystem, das die Kosten für For -schung und Entwicklung niedrig hält, ist zwarnicht ausschlaggebend, kann aber – ceterisparibus – ebenso wie das Angebot an direktenFörderungen die Standortent schei dung positivbeeinflussen.

Die Innovationspolitik in Österreich setzt abernoch zu sehr auf ein eng gefasstes, technologi-sches Innovationskonzept, das zu wenig auf dienicht technologischen Aspekte wie organisatori-sche Innovationen, Dienstleistungskonzepteoder neue Business-Modelle eingeht. Dabei istauch der steigenden Bedeutung der Nutze rIn-nen und KonsumentInnen bei der Entwicklunginnovativer Produkte und Dienstleistungengerecht zu werden.

Der Fokus liegt daher aufbauend auf den Stär -ke feldern der österreichischen Wirtschaft aufder strukturellen Verbesserung der österreichi-schen Sachgüterproduktion und des Dienst -leistungssektors in Richtung höherer For -schungs- und Wissensintensität, der Ver breite-rung der Innovationsaktivitäten aller Unterneh -men, insbesondere aber der Klein- und Mittel -betriebe (KMU), der stärkeren Nutzung desPotenzials der Kreativwirtschaft, der substan-ziellen Anhebung des Innovationsniveaus sowieeiner deutlichen Verbesserung der Finanzie -rungssituation durch Mobilisierung von Be -teiligungs- und Risikokapital.

• Wir wollen die Wertschöpfung im Inland steigern, indem wir forschungsintensive Wirtschaft und wissensintensiveDienstleistungen forcieren und dabei verstärkt nachfrageseitige Instrumente in der Beschaffung, der Regulierungoder der Standardisierung zur Stimulierung von Innovationen einsetzen.

• Die Anzahl der systematisch Forschung und Entwicklung betreibenden Unternehmen soll von einem ge schätztenStand von etwa 2700 im Jahr 2010 bis 2013 insgesamt um etwa 10% und bis 2020 insgesamt um etwa 25% erhöhtwerden.

• Die international erfolgreichen österreichischen Leitbetriebe sollen in ihrer tragenden Rolle für das In nova tions-system gestärkt und die KMU in ihrer Forschungs- und Innovationsleistung aktiviert werden.

• Die Attraktivität des Standorts Österreich für die Ansiedlung forschungs- und technologieintensiver Un ter nehmenist weiter zu verbessern.

• Das Innovationsniveau in den Unternehmen ist durch Steigerung der Anteile der radikalen Innovationen, die neufür den Markt sind, nachhaltig anzuheben.

• Die Produkt- und Dienstleistungsstruktur ist durch Erhöhung der Wissens- und Innovationsintensität der Unter -nehmen zu verbessern.

Ziele: Innovation und Unternehmensforschung

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Maßnahmen

>> Ausbau der direkten Förderung und derenoptimale Abstimmung mit der indirektenFörderung zur Aktivierung und Steigerungder Unternehmensforschung und der inno-vativen Leistung von Unternehmen

>> Nachfrageseitige Stimulierung von Innova -tionen, insbesondere durch verstärkten Ein -satz innovationsfördernder Ansätze im Be -schaffungswesen (wie etwa wettbewerb-licher Dialog oder funktionale Leistungs be-schreibung)

>> Intensivierung von Innovationen im öffent-lichen Sektor (wie etwa Energieeffizienzin öffentlichen Gebäuden, e-governance,e-health) und in den öffentlichen Infra struk -turen

>> Verbesserung der Rahmenbedingungen fürund Intensivierung der Bemühungen um dieAnsiedlung weiterer forschungsintensiverUnternehmen und den Aufbau von Head -quarter-Funktionen

>> Implementierung einer innovationsorientier-ten Infrastrukturpolitik, etwa durch ein inno-vationsförderndes Beschaffungswesen so -wie durch Hightech-Investitionen in die Infra -struktur im Inland und gleichzeitig Unter -stützung der Technologieunternehmen beimExport

ZUSAMMENARBEIT VONWISSENSCHAFT UND WIRTSCHAFT

Status und Herausforderungen

Noch in den 1990er Jahren wurde das geringeAusmaß an Interaktionen zwischen Wissen -schaft und Wirtschaft als eines der entschei-denden Defizite im österreichischen Innova -tionssystem ausgemacht. Seither hat sich dieKooperation zwischen Universitäten und Unter -nehmen fundamental verbessert. Dazu habenInterventionen der Forschungs- und Techno -logiepolitik (wie etwa die Kompetenz zentren,

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Steigerung von Innovationen kann nur durcheine stärkere Nutzung der (wissenschaftlichen)Forschungsbasis, einen leichteren Zugang,auch für KMU, zu den Wissensquellen unddurch eine rasche Verwertung von Forschungs-und Entwicklungsergebnissen gelingen. Wis -senstransfer setzt allerdings voraus, dasssowohl in den Unternehmen als auch auf derWissenschafts- und Forschungsseite entspre-chende unternehmerische und inhaltlicheKompe tenzen im Innovations- und Wissens -management gegeben sind.

die Christian Doppler Forschungsgesellschaft,die Programmlinien Bridge und COIN) ebensobeigetragen wie das Universitätsgesetz 2002.Als Resultat liegt Österreich heute in derKooperationsintensität von Wissenschaft undWirtschaft in internationalen Vergleichen imSpitzenfeld. Um die erreichten Erfolge nicht zugefährden, gilt es nun die bisherigen Maß -nahmen optimiert fortzusetzen und an sichändernde Rahmenbedingungen anzupassen.Denn die angestrebte Strukturverbesserung derösterreichischen Wirtschaft in Richtung stärke-rer Wissens- und Forschungsintensität und die

• Wir wollen die Kooperationsintensität österreichischer Unternehmen erhöhen und die strategisch orientierteZusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft stärken – mit besonderem Fokus auf Ex zel lenz undNachhaltigkeit.

• Dazu gilt es, Barrieren und Schwel lenängste von Unternehmen, insbesondere von KMU, für Kooperationen mitWissenschaft/Forschung abzubauen und den Zugang von innovativen Unternehmen zu externen Ressourcen zuerleichtern.

• Damit sollen mehr Unternehmen ihre Technologieführerschaft ausbauen und in Innovationsspitzenpositionen vor-stoßen.

Ziele: Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft

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Maßnahmen

>> Weiterentwicklung der Unterstützungsmaß -nahmen für Forschungskooperationen, Netz -werke und strategische Allianzen mit Fokusauf Exzellenz und Nachhaltigkeit (wieCOMET, Bridge, COIN) und von Modellender thematisch orientierten Grundlagen for -schung (wie CDG)

>> Stärkung der Hebel- und Transferfunktionvon Clustern und Intermediären

>> Identifikation von Stärkefeldern zur Bün -delung von Ressourcen und zur Aus -schöpfung von Synergien sowie Unter -stützung der Entwicklung von Forschungs-und Entwicklungs-(Leit-)Themen (zwischenIndustrie und Wissenschaft/Forschung)

>> Unterstützung der „Anbindung“ von österrei-chischen Unternehmen und wissenschaft-lichen und Forschungseinrichtungen an EU-und internationale Programme

>> Unterstützung der Unternehmen in derSicherung und Durchsetzung von geistigemEigentum und dessen Verwertung

>> Ausbau von Initiativen zur Stärkung derHumanpotenziale im Bereich der angewand-ten Forschung und Stärkung der intersekto-ralen und internationalen Mobilität

UNTERNEHMENSGRÜNDUNGEN UNDRISIKOKAPITALFINANZIERUNG

Status und Herausforderungen

Forschungs-, Technologie- und Innovations poli-tik wird letztlich auch daran gemessen, welchenBeitrag sie zur Beschleunigung des Struktur -wandels leisten kann. Hier weist ÖsterreichsInnovationssystem noch deutliche Defizite auf.Die Gründungsdynamik bei technologiebasier-ten und innovativen Unternehmen hat nochhohes Entwicklungspotenzial. Laut Schätzun -gen des Rats für Forschung und Techno -logieentwicklung entfallen von den rund 30.000jährlichen Neugründungen nur zwischen 5 und

10% auf know-how-intensive und technologie -orientierte Start-ups. Der Anteil an jungen, schnellwachsenden Unternehmen ist im internationa-len Vergleich deutlich unterdurchschnittlich.

Ursächlich mit diesem Faktum verbunden istder schwach entwickelte Risikokapitalmarkt inÖsterreich (insbesondere bei Frühphasenin -vesti tionen). In Österreich sind die Finanzie -rungsstrukturen traditionell kreditorientiert, wastendenziell die Finanzierung risikoreicherInnovationsaktivitäten behindert. SpezifischeHerausforderungen sind daher in der Stärkungder Eigenkapitalfinanzierung von Forschungs-und Entwicklungsinvestitionen zu bewältigen.Im internationalen Vergleich mit den innovativ-sten Ländern Europas weist Österreich hiermarkante Schwächen auf. Wie das InnovationUnion Scoreboard zeigt, lag der Anteil desVenture Capital in Österreich im Jahr 2009 bei0,03% des BIP und damit weit entfernt von denSpitzenreitern Vereinigtes Königreich (0,26%),Schweden (0,23%) und Finnland (0,15%).

Hier sind vor allem die Gewährleistung vonRechtssicherheit im Bereich von Invest ment-gesellschaften durch die Schaffung moderner,international wettbewerbsfähiger rechtlicherRahmenbedingungen und die Etablierung vonVorbildern (ertragreiche Fonds als Erfolgsge -schichte für andere Fondsgesellschaften undInvestoren) notwendig. Die öffentliche Handkann hier als Gesetzgeber und Leitinvestor einewichtige Rolle spielen. Dabei übernehmen deröffentlichen Hand zuzuordnende Institutionendie Rolle eines Investors in einem privatenInvestmentfonds und signalisieren so anderenInvestoren Vertrauen gegenüber dem Manage -ment und der Ge schäfts strategie.

Auch der Börsegang wird in Österreich – trotzpositiver Entwicklungen für den Marktplatz inden vergangenen Jahren – im Vergleich zu deninnovativsten Ländern zu wenig genutzt. Soweist Österreichs Börse eine Marktkapita -lisierung von rund 18,4% des BIP auf, Spitzen -

>> Stärkung von Finanzkompetenz und Entre -preneurship an den Universitäten, unter an -derem durch die Einrichtung von Wissens -transferzentren

>> Erarbeitung von neuen Finanzie rungs mo-dellen mit Venture-Capital-Beteiligung zurVerwertung von universitären IntellectualProperty Rights (IPR) bis hin zur Einrichtungvon universitätsbezogenen Venture-Beteili -gungsgesellschaften

INNOVATION DURCH WETTBEWERB

Status und Herausforderungen

Der Wettbewerbsintensität wird ein hoherEinfluss auf die Innovationsaktivität zugeschrie-ben. Kern von Entrepreneurship ist das Strebender UnternehmerInnen, durch ständige Suchenach Innovationen ihre wirtschaftliche Positionzu verbessern. Dies ist der Motor für Wirt -schafts wachstum und sozialen Wandel. DiesemStreben in einem herausfordernden, aber fairenUmfeld Entfaltungs möglichkeiten und Erfolgs -perspektiven zu geben, ist Aufgabe der Wett -bewerbspolitik. Die Intensi vierung der Innova -tionstätigkeit und das Erzie len von Effi zienz-gewinnen sind damit Haupt ziele der Wettbe -werbspolitik.

Der Zusammenhang von Wettbewerb undInnovation ist aber nicht linear, sondern hängtvon branchenspezifischen und von Markt fak-toren ab. Die Erarbeitung gemeinsamer Nor -men etwa bringt einerseits den Vorteil, denWettbewerb auf einem Markt zwischen denHerstellern von Produkten, die dieselbe Normverwenden, sicherzustellen. Andererseits be -steht die Gefahr, dass damit Markteintritts -barrieren geschaffen werden und neue, wettbe-werbshemmende Effekte auftreten.

Daher muss eine praxisorientierte Innovations -politik sektorspezifische Maßnahmen ergreifen.Bei der Bildung von Forschungsclustern mussjedenfalls ex ante darauf geachtet werden, dass

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Maßnahmen

>> Schaffung eines rechtlichen Rahmens zur Ei -genkapitalstärkung von jungen, technologie-und wachstumsorientierten Unter nehmen

>> Ausbau der Risikokapitalinitiative für die Sti -mulierung von Frühphaseninvestitionen un -ter Berücksichtigung der bisherigen Ent -wick lungen

>> Optimierung und Vervollständigung der be -reits bestehenden Unterstützungs maßnah-men für technologiebasierte und innovativeUnternehmensgründungen, vor allem Maß -nahmen für die Startphase (vgl. Pre-seed,Seedfinancing, Business-Angels, Techno lo -giemarketing etc.)

reiter wie die Schweiz liegen bei 176%. Selbstwenn man traditionelle Bör senplätze wie NewYork (79,4%) London (69,4%) und Tokio(66,4%) als für Österreich nicht repräsentativerachtet, ist der Abstand zu Finnland, Schwe -den, Dänemark (46,4%) und Israel (53,3%)noch beträchtlich genug.

Durch die mangelhaften Marktbedingungen imBörsen-, Venture-Capital- und Private-Equity-Segment fehlt Österreichs Unternehmen, ins-besondere den innovativen GründerInnen, eineentscheidende Finanzie rungs quelle für For -schungs- und Entwicklungs in vesti tionen. Diesegilt es mit gesetzlichen Maß nahmen zu er -schließen.

• Wir wollen die Beteiligungs- und Risiko ka pitalintensität bei Grün -dungen von technologiebasierten und bei innovativen Unter -nehmen substanziell erhöhen.

• Die Anzahl der wissens- und forschungsintensiven Neugrün -dungen soll bis 2020 um jährlich durchschnittlich 3% gesteigertwerden.

• Das Wachstum innovativer Unternehmen soll beschleunigtwerden.

Ziele: Unternehmungsgründungen

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der Wettbewerb nicht grundsätzlich ausge-schaltet wird.

In einigen Branchen, insbesondere im Dienst -leistungssektor, liegt die Wettbewerbsintensitätin Österreich im internationalen Vergleichzurück. Deshalb gilt es, verstärkte Impulse zusetzen zur Erleichterung der Unternehmens -gründung, etwa was die Dauer und die admini-strativen Kosten betrifft, und zur Verbesserungder Markteintrittsregulierung, etwa in Bezug aufAusbildungserfordernisse und Lizenzierungen.

Um den technologischen Fortschritt und dieInnovationen der heimischen Wirtschaft solideabzusichern, kommt dem qualitativ hochwerti-gen System des gewerblichen Rechtsschutzeseine entscheidende Rolle zu.

Ein wesentlicher Beitrag, um funktionierendenWettbewerb auf allen Märkten sicherzustellen,liegt auch in einer Verbesserung des Systemsder Wettbewerbsrechtsvollziehung. Die Bun -des wettbewerbsbehörde soll gestärkt und dieWettbewerbsbehördenorganisation reformiert

• Wir wollen durch eine aktive, innovationsfördernde Wettbe -werbs politik verstärkte Inno va tionsaktivitäten stimulieren.

• Dazu sollen die Institutionen der Wettbe werbskontrolle gestärktwerden.

• Die Gründung von Unternehmen soll we sentlich erleichtert undvon Kosten entlastet werden.

Ziele: Innovation durch Wettbewerb

Maßnahmen

>> Abbau administrativer Hürden in den Be rei-chen Unternehmensgründung und Dienst -leistungsregulierung

>> Reform der Bundeswettbewerbsbehörde(Auf gaben, Befugnisse, Ressourcen)

>> Durchführung von sektorspezifischen Ana -lysen (zum Beispiel Treibstoffmarkt, Lebens -mittel)

>> Überprüfung der wettbewerbspolitischen Re -geln in Hinblick auf Innovationshinder nisse

werden, um optimale Synergien aller in diesemBereich tätigen Institutionen zu erzielen.

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5 Lenkung geben, Rahmen setzenDie politische Steuerung effizient organisieren

>> ein kohärentes Agieren im politischen Mehr -ebenensystem, von der Internationalisierungzur regionalen Koordination;

>> die Gestaltung eines adäquaten Umfelds fürden Dialog von Wissenschaft und Gesell -schaft.

GOVERNANCE-STRUKTUREN

Status und Herausforderungen

Im Lauf von Österreichs erfolgreichem Auf hol-prozess in Forschung, Technologie und Innova -tion hat die politische Steuerung im Innova -tionssystem wichtige Strukturen geschaffen, dieunterstützend auf die gute Gesamtperformancegewirkt haben. Mit dem Abschluss des Aufhol -prozesses und der neuen Zielvorgabe einerPosition als Innovation Leader ändern sich dieAnforderungen an das nationale Innovations -system. Zugleich stellen die ökonomischen undgesellschaftlichen Problemlagen steigende He -rausforderungen an Forschung, Technologieund Innovation. Lösungskompetenz ist gefor-dert und diese braucht umfassende Konzepte,die die Grenzen zwischen politischen Hand -lungsfeldern überschreiten, über Institutionenhinweg abgestimmt sind und AkteurInnen ausallen Segmenten des Innovationssystems – vonWissenschaftlerInnen bis zu InnovatorInnen amMarkt – einbeziehen. Die Aufgabe politischerSteuerung wird dadurch zusehends komplexerund erfordert neue Handlungsansätze.

Befunde aus dem Österreichischen For -schungs dialog bzw. dem CREST-Report, derSystemevaluierung und den Empfehlungen desRats für Forschung und Technologie entwick -

Die Rahmenbedingungen für politische Steue -rung befinden sich aber in grundlegendemWan del. Zum einen stellen sich heute an dasösterreichische Innovationssystem neue Anfor -derun gen. Die Phase des Aufholprozesses istabgeschlossen. Die Gruppe der InnovationLeader ist in Reichweite. Dorthin aufzuschlie-ßen ist ein zentrales Ziel dieser Strategie. Zumanderen sind die ökonomischen und gesell-schaftlichen Herausforderungen heute voneiner globalen Dimension und weisen einenKomplexitätsgrad auf, der umfassende, syste-mische und zunehmend internationale Lö -sungsansätze erfordert.

Politische Steuerung im Innovationssystemkann sich da nicht auf Forschungs-, Techno -logie- und Innovationspolitik im engeren Sinnbeschränken. Sie kann nur effektiv sein inAbstimmung und im Gleichklang mit anderenPolitikbereichen wie der Bildungspolitik, derWettbewerbspolitik, einer Politik der internatio-nalen Offenheit und Mobilität.

Die vordringlichen Themen politischer Steue -rung haben denn auch einen, verschiedenePolitikfelder übergreifenden Charakter.

Es geht um:

>> die effiziente Ausgestaltung der Gover nance-Strukturen sowie der Verteilung der Kompe -tenzen und Aufgaben;

>> die Schaffung klarer Mechanismen fürSchwerpunktsetzungen;

>> die transparente Ausgestaltung des För -derungssystems, das die Prioritätensetzungreflektiert;

Nationale Innovationsysteme sind komplexe Beziehungsgeflechte einer Vielzahl von AkteurInnen, diespezifische Aufgaben erfüllen. Die produktive Kraft der Innovationssysteme hängt daher auchwesentlich von der Effizienz politischer Steuerung ab. Lenkung geben und den Rahmen setzen fürdie vielfältigen Aktivitäten ist ihre Verantwortung. Sie soll Möglichkeiten eröffnen, in deren Rahmensich Politik und Verwaltung, AkteurInnen und Institutionen des Innovationssystems entsprechendihren Zielen bewegen können – um damit den Fortschritt des Gesamtsystems zu fördern.

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lung zur FTI-Strategie des Bundes orten ange-sichts dieser Heraus forderungen im österreichi-schen Governance-System einige Schwä chen.In der System eva luierung werden derenUrsachen vor allem in den „versäulten und frag-mentierten Strukturen der Politik“ gesehen.Diese stehen der notwendigen Einsicht in einesystemische Perspektive entgegen, erschwerendie Koordinierung über sektorale Politikansätzehinweg und schieben eine Kooperation häufigauf informelle, personelle Ebene ab.

Die Arbeitsteilung zwischen Ressorts undAgenturen sieht die Systemevaluierung zwarals rechtlich grundsätzlich klar definiert, „aller-dings haben die Agenturen, was Agenda-Set -ting und Strategieentwicklung angeht, weiterge-henden Einfluss als ihnen anhand der theoreti-schen Anforderungen zuzuschreiben wäre.Andererseits sind Ressorts vielfach auch dorttätig, wo es sich um Aufgaben der Um setzunghandelt.“ Asymmetrische Informations ver tei-lung zwischen Ressorts und Agenturenerschwert eine effektive Steuerung ebenso wiedie Doppelfunktion der Ressorts als Eigentümerund Auftraggeber von Programmabwicklungen.Für eine Verbesserung der Rollenverteilungwird ein gemeinsamer Prozess empfohlen, derschrittweise zu mehr strategischer Steuerungdurch die Ministerien einerseits und zu mehroperativer Unabhängigkeit der Agenturen ande-rerseits führt.

Außerdem wurde das politische Steuerungs -system durch zusätzliche Stakeholder – vorallem durch eine funktionale Einbindung in Formvon Räten – und unabhängige Förder- und Fi -nanzierungseinrichtungen wie die Na tionalstif-tung für Forschung, Technologie und Ent wick -lung oder den Klima- und Energiefonds (KLI.EN)angereichert, wobei – so die System evaluierung– zu wenig klar darauf geachtet wurde, welcheFunktionen sie im System erfüllen.

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Dialog mit den Ressorts Empfehlungen fürdie mittel- und langfristige Ausrichtung die-ses Politikfeldes. Dazu wird sich der Rat fürForschung und Technologieentwicklung einjährliches Arbeitsprogramm geben.

>> Strategische Steuerung der Förderungs -agenturen durch Leistungsvereinbarungenauf Basis von Output- und Impact-Ziel vor -gaben

>> Erhöhung der Systemeffizienz beim Klima-und Energiefonds (KLI.EN) durch verstärkteNutzung von Synergien sowie Weiterent -wicklung und Abstimmung seines Instru -menten-Portfolios im Rahmen eines moder-nen und flexiblen Themenmanagements

• Wir wollen die Kompetenzen der verantwortlichen Minis terien klar aufeinander ab stimmen. Dazu sollen effizienteKoordina tionsmecha nismen unter den verantwortlichen Ressorts eingerichtet werden.

• Die Aufgabenverteilung zwischen Ressorts und För derungsagenturen soll durch höhere operative Unab hängigkeit derAgenturen bei gleichzeitig verstärkter strategischer Steue rung durch die Ressorts optimiert werden.

• Auf der Ebene der Förderungsagenturen sollen Dop pelgleisigkeiten in der Aufgaben zuteilung bereinigt werden.

• Die Systemeffektivität und Systemintelligenz soll durch vermehrte Ziel- und Output steuerung gesteigert werden.

Ziele: Governance

Maßnahmen

>> Einrichtung einer Task Force Forschung,Technologie und Innovation auf hoher Ver -antwortungsebene mit folgenden Aufgaben:Begleitung, Konkretisierung und Koordi -nation der Umsetzung der FTI-Strategie;strategische und systemorientierte Abstim -mung und Koordination der Aktivitäten dereinzelnen Ressorts; Behandlung der Em -pfehlungen des Rates für Forschung undTechnologieentwicklung.

>> Der Rat für Forschung und Technologie ent-wicklung ist das strategische Be ratungs -organ der Bundesregierung in Fragen derFTI-Politik. Er erarbeitet dazu im engen

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Die Definition von Schwerpunkten setzt syste-matische Analyse (durch Foresight, Monitoringund Roadmapping) und gesellschaftlicheDiskurse voraus. Sie sollen zeitlich befristet,aber ausreichend langfristig und nachhaltigangelegt und gleichermaßen auf wissenschaft-liche Ergebnisse, marktfähige Produkte undgesellschaftliche Lösungen als Output ausge-richtet sein. Finanzielle Planungssicherheit unddie Formulierung konkreter Zielgrößen sinddabei wesentliche Voraussetzungen.

Grand Challenges

Die Dringlichkeit eines neuen Ansatzes zurEtablierung von Schwerpunkten ergibt sich ins-besondere aus den Grand Challenges, den gro-ßen gesellschaftlichen Herausforderungen derZukunft, die in einem systemumfassenden Ein -satz adressiert werden müssen. Dies erfordertneue Formen des Zusammenwirkens von Minis -terien, Agenturen und Stakeholdern.

Klimawandel, Umgang mit knappen Res sour-cen und die Sicherung der Lebensqualitätangesichts des demografischen Wandels gehö-ren unbestritten zu globalen Entwicklungen mitoftmals nicht vorher einschätzbaren Folgewir -kungen, die einer großen, gemeinsamen An -strengung zu ihrer Lösung bedürfen.

Der Klimawandel erfordert die Entwicklung undAnwendung gänzlich neuer Technologien beider Energienutzung durch faktorielle Verbes -serung der Energieeffizienz in den BereichenGebäude, Verkehr (zum Beispiel Alternative An -triebe, Elektromobilität) und intelligente Pro duk-tion. Gleichzeitig sind Anpassungs strate gien andie nicht mehr ab wendbaren Klima verän -derungen zu entwickeln. Dabei stehen Fragender ökologischen Ver änderungen ebenso imFokus wie solche des Gesund heits wesens undder Nahrungs siche rung. Es geht um technologi-sche ebenso wie um systemische oder gesell-schaftliche For schung, die durch Ana lysen, Im -

SCHWERPUNKTSETZUNG

Status und Herausforderungen

Schwerpunktsetzungen bekommen in der politi-schen Steuerung von Forschung, Technologieund Innovation weltweit mehr Augenmerk undGewicht. Dazu trägt die Verknappung finanziel-ler Ressourcen ebenso bei wie die Identifikationgroßer gesellschaftlicher Herausforderungen.Letztere werden etwa von der EuropäischenUnion in Form der „Grand Challenges“ verstärktadressiert. Top-down-Schwerpunktsetzungender Politik müssen aber stets evidenzbasiertuntermauert sein. Es gilt, eine adäquate Ba -lance zwischen Top-down- und Bottom-up-An -sätzen der Forschungsförderung zu finden.

Auch Österreich war und ist gefordert, seineAktivitäten zu fokussieren, insbesondere dort,wo es um die Weiterentwicklung generischenWissens und generischer Technologien geht,wie etwa Informations- und Kommunikations -technologien (IKT) oder Materialwissen schaf -ten, Life Sciences oder Geistes-, Sozial- undKulturwissenschaften (GSK). Sie sind Treiberneuer Entwicklungen und Ermöglicher wirt-schaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritts. Schwerpunktsetzungen in Wissenschaft undTech nologie finden in Österreich aber nochimmer zu wenig systematisch und häufig reak-tiv in Ad-hoc-Interventionen statt. Zudem sind inder gegenwärtigen Praxis Schwerpunkte imWe sentlichen reine Ressortschwerpunkte, mitwelchen das jeweilige Ministerium seine Ziel -setzungen definiert. Dies führt zu unterkriti-schen Maßnahmen und oft zu einer geringerenWirkung auf das Innovationssystem. Dies giltinsbesondere für den Lösungsbeitrag vonForschung und Innovation für die anstehendengesellschaftlichen Probleme. Deshalb sollenkünftig Schwerpunkte je nach Dimension derHerausforderung als ressortübergreifende oderressortspezifische Schwerpunkte definiert undumgesetzt werden.

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sourcenproduktion und -nutzung laufend erfasstwerden können.

Als Antwort auf den demografischen Wandelerfordert die Sicherung einer hohen menschen-und umweltgerechten Lebensqualität dieEntwicklung neuer und systemischer For -schungs ansätze unter Koppelung konkretergesellschaftlicher Bedarfslagen mit sozialen undproduktbezogenen Innovationen. Letztere wer-den zur Unterstützung eines aktiven Lebensstilsund einer selbständigen Le bensführung zuneh-mend an Bedeutung gewinnen.

Die Forschungs-, Technologie- und Innova tions-politik kann einen Beitrag zur Lösung dieserHerausforderungen leisten, indem sie neuesWissen schafft, innovative Lösungen erkundetund effizientere und wettbewerbsfähigereTechnologien zum Nutzen der Gesellschaft zurVerfügung stellt.

pactstudien, Szenario- und Modell bildung, welt-raumgestütztes und bodengebundenes Um -welt monitoring, etc. unterstützt wird.

Globale Knappheiten bei Energie- und Natur -ressourcen und strategischen Rohstoffen erhö-hen den Bedarf an erneuerbaren Ressourcen.Dies stellt die Gesellschaft nicht nur vor techno-logische Anforderungen, sondern auch vor dieNotwendigkeit, die Raum- und Landnutzungentsprechend zu adaptieren. Die nachhaltigeSicherung der Produktion biogener Rohstoffeund Energie träger (wie zum Beispiel Bio -energie, Solarthermie, Photovoltaik und Geo -thermie) und deren Ver teilung über intelligenteund sichere Infra strukturen setzt umfassende,regional differenzierte Kenntnisse der natur-räumlichen, ökologischen, wirtschaftlichen undsozialen Bedingungen voraus, die in interdiszi-plinärer, orientierter Grundlagenforschung ge -won nen werden müssen.

Unabdingbar sind zu dem Daten, Methoden undModelle für ein kontinuierliches Monitoring, mitdem auch die Aus wirkungen veränderter Res -

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Maßnahmen

>> Entwicklung nationaler Strategien für generi-sche Wissenschafts- und Technologiefelder

>> Etablierung der Kategorien „Ressort übergrei -fende Forschungs-, Technologie- und In nova -tionsschwerpunkte“ und „Ressort schwer -punkte“ sowie Festlegung von Mecha nismenund Strukturen zu ihrer Implementierungund Umsetzung:> Ressortübergreifende Forschungs-, Tech -

nologie- und Innovationsschwerpunktewerden von mehreren Ressorts getragenund können durch einen gemeinsamenMinisterratsvortrag politisch legitimiertwerden

> Ressortschwerpunkte verfolgen die Um -setzung von Zielen und Maßnahmen imalleinigen Verantwortungs- und Kompe -tenzbereich eines Ressorts

>> Prüfung der Einrichtung von ressort über-greifenden Forschungs-, Technologie undInnovationsschwerpunkten insbesondere zuden Grand Challenges „Klimawandel“, „Re s-sourcen“ sowie „Lebensqualität und demo-grafischer Wandel“

• Wir wollen Österreichs Wettbewerbsfähigkeit in generischen Querschnittsfeldern der Wissenschaft und Technolo -gie durch Fokussierung der Aktivitäten in international wettbewerbsfähigen Größeneinheiten stärken. Dabei ist aufdie Stärkefelder der heimischen Wissenschaft und Wirtschaft Bezug zu nehmen. Kompetenzen und Potenzialeösterreichischer Unternehmen, die in der Umsetzung der Forschungsergebnisse zur Bewältigung der GrandChallenges beitragen können, sind besonders zu berücksichtigen.

• Schwerpunktsetzungen in Forschung und Technologieentwicklung sollen auf der Basis von systematischenAuswahl- und Entscheidungsprozessen stattfinden. Dabei gilt es, auf ausreichende Begründung staatlicherSchwerpunktsetzung zu achten, um Markt- und System ver sagen zu verhindern.

• Eine neue Schwerpunktdefinition für spezifische Herausforderungen soll zu einer konzertierten Abstimmung derAktivitäten in einem systemumfassenden Einsatz aller betroffenen Ressorts im Rahmen der Task ForceForschung, Technologie und Innovation führen.

• Systemumfassende Schwerpunkte sind insbesondere zur Adressierung großer gesellschaftlicher Heraus for de-rungen der Zukunft (Grand Challenges) zu etablieren.

• Die Definition von Schwerpunkten soll auf Basis vorlaufender Analysen erfolgen, befristete Wirkung haben undeiner begleitenden Überprüfung unterworfen werden.

Ziele: Schwerpunktsetzung

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ge bung ein weiteres reichhaltiges und effizien-tes, weil kostensparendes Instrumentarium fürpolitische Steuerung. Eine Strategie, die auf dienachhaltige Sicherung einer Position alsInnovation Leader abzielt, bedarf eines umfas-senden und besser abgestimmten Instrumen -teneinsatzes in der Förderungspolitik.

Die Systemevaluierung sieht die steuerlicheund die direkte Forschungsförderung als kom-plementär ausgerichtete Instrumente. Die steu-erliche Förderung bietet Anreize für dieEtablierung und Intensivierung privater For -schungsinvestitionen. Sie wirkt auch bei Stand -ortentscheidungen multinationaler Unterneh -men für ihre Forschungsabteilungen zugunstenÖsterreichs. Das ursprünglich komplexe undunübersichtlich ausgestaltete System von steu-erlichen Anreizen für Forschung und Ent -wicklung wurde vereinfacht. (Abschaffung derForschungsfreibeträge bei gleichzeitiger An -hebung der Forschungsprämie von 8% auf10%). Allerdings spielen bei der Standort ent-scheidung auch andere Faktoren, wie vor allemdie Verfügbarkeit hoch qualifizierter Human -potenziale und die Qualität der Infrastruktureine gewichtige Rolle.

FÖRDERUNGSSYSTEM

Status und Herausforderungen

Die öffentliche Hand verfügt über ein breitesSpektrum an Optionen, um Rahmenbe dingun-gen zu schaffen und Anreize zu setzen, dieForschung, Technologie und Innovationen inden vielfältigen Segmenten des Innovations sys-tems forcieren können. In Österreich hat sichdaraus ein breit angelegtes Förderungssystementwickelt, das von der indirekten Förderungdurch steuerliche Begünstigungen über themen -offene Bottom-up-Antragsförderung bis zu Top-down definierten thematischen Programmenreicht.

Das Förderungssystem setzt dabei aber vorallem auf Interventionen durch Programme.Alle vorliegenden Befunde konstatieren eine„Pro grammüberfrachtung“, die aus der Neigungresultiert, identifizierte Problemlagen über neueFörderungsprogramme als am leichtesten ver-fügbare Instrumente zu lösen. Dabei bietet dieAusgestaltung forschungs- und innovations-freundlicher Rahmenbedingungen wie etwaStandardisierung, Steuer- und Umweltge setz-

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• Wir wollen im Förderungssystem einen ge -samthaften Politikansatz etablieren, derdas im jeweiligen Kontext effizientesteBündel an Maßnahmen koordiniert zumEinsatz bringt.

• Die direkte Forschungsförderung soll da -bei in Ausrichtung auf den Einsatz einesadäquaten Instrumentenmixes weiter ent-wickelt werden.

• Die Rechtsgrundlagen für die Forschungs -förderung sollen vereinheitlicht werden.

• Das Prinzip der Allokation durch Wett be-werb soll verstärkt werden.

Ziele: Förderungssystem

Maßnahmen

>> Abschaffung der Forschungsfreibeträgegem. § 4 Abs. 4 EStG; Anhebung der For -schungsprämie gem. § 108c EStG von 8%auf 10%

>> Optimierung der direkten Forschungsförde -rung:> Adressierung von Förderzielen durch einen

abgestimmten Mix an Maßnahmen undInstrumenten statt der Konzentration aufProgramme als bevorzugte Interventions -instrumente

> Etablierung eines strategischen Themen -managements in den Ressorts (statt einesProgrammmanagements) mit einem kohä-renten und abgestimmten Einsatz allerInstrumente

> Bereinigung der Vielfalt thematischer Pro -gramme und Konzentration des Res sour-ceneinsatzes auf einige wenige, breitangelegte Schwerpunktthemen mit strate-gischer Relevanz für Österreich

> Vereinfachung, Harmonisierung und Stan -dardisierung der Instrumente im Sinn derVerwaltungskostensenkung für Bürge rIn-nen und Unternehmen

> Änderung der förderungsrechtlichen Grund -lagen (Richtlinien, Programmdokumenteetc.) unter Berücksichtigung der spezifi-schen Bedürfnisse der Zielgruppe

>> Etablierung eines modernen homogenen For -schungsförderungsrechts als Basis für alleFörderungen des Bundes

>> Steigerung des Anteils der kompetitiven För -derung in der Grundlagenforschung

>> Verstärkung der Leistungsorientierung in derInstitutionenförderung durch Leistungs- undZielvereinbarungen für Basisfinanzierungen

Die Rolle der direkten Förderung liegt demge -gen über in der Unter stützung qualitativ hoch-stehender und gleichzeitig riskanter Projekte,die im Erfolgsfall hohe und nachhaltige sozialeErträge versprechen. Nachhaltige Förderungs -effekte werden aber vor allem jene Unter -nehmen realisieren, die sowohl die steuerlicheals auch Instrumente der direkten Förderung inAnspruch nehmen.

Die veränderten strategischen Zielsetzungen inRichtung Innovation Leader und die ökonomi-schen und gesellschaftlichen Herausforde -rungen der kommenden Jahre sprechen gegeneine unselektive Fortführung der gegebenen,historisch gewachsenen Mittelverteilung underfordern eine klarere Fokussierung des För -derungsinstrumentariums. Es bedarf einesab gestimmten Sets verschiedenster Instru -mentarien, um die unterschiedlichen Anforde -rungen und Zielgruppen geeignet adressierenzu können.

Neben der Frage der spezifischen Förder instru -mente stellt sich auch jene der Mittelal loka tioninnerhalb des Förderungssystems. Insbe son-dere in der Institutionenförderung stellt sich dieFrage einer Allokation durch Zuteilung (Basis -finanzierung) und durch Wettbewerb.

INTERNATIONALE POSITIONIERUNG

Status und Herausforderungen

Die politische Steuerung von Forschung, Tech -nologie und Innovation operiert in einem politi-schen System mit mehreren Ebenen. Die Her -ausbildung des Europäischen Forschungs -raums schafft ein politisches Handlungsfeld vonwachsender Bedeutung. Die Integration in die-sen politischen Raum insbesondere in Bezugauf Mitgestaltung der Politik und AgendaSetting ist eine wesentliche Aufgabe politischerSteuerung. Sie agiert in Österreich aber auch ineinem föderalen System, in dem sich die Bun -desländer in den vergangenen Jahren als Ak -teurInnen eigenständiger Forschungs- und In -novationspolitiken profiliert haben.

Österreich und die EU-Forschungs -

rahmen pro gramme

Österreich ist in dem Europäischen Forschungs -raum sehr gut eingebunden, was sich auch ander erfolgreichen Beteiligung österreichischerForscherInnen und For schungs einrichtungen an

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den Forschungsrahmen pro gram men der Euro -päischen Union ablesen lässt. Die Systemeva -luierung sieht aber noch Handlungs bedarf, „umeinen Übergang von einer an Pro gramm-Rück -flüssen orientierten Mentalität zu einer strategi-schen Mitgestaltung in relevanten Bereichen zugewährleisten“. Dies muss mit einer entspre-chenden Organisations- und Per sonalentwick -lung in den Ministerien verknüpft werden, umKompetenzen und Kapa zitäten für eine aktiveForschungs- und Innova tionspolitik auf EU-Ebene aufzubauen. Ein ko härentes Maß nah-menbündel ist notwendig, um das Chan cen-potenzial, das der europäische For schungs raumbietet, optimal zu nutzen und österreichischeInteressen selbstbewusst zu platzieren.

Auch die strategische Zusammenarbeit mitLändern außerhalb der EU – etwa mit In no -vations-Frontrunnern wie den USA, mit den auf-strebenden BRIC-Ländern (Brasilien, Russ land,Indien, China) oder den mittel-, ost- und süd-osteuropäischen Nachbarländern – hat nocherhebliches Ausbaupotenzial und verlangt einkoordiniertes Vorgehen. Dabei ist auch der stei-genden Bedeutung Asiens Rechnung zu tragen.

Pfad vom 4. zum 7. EU-Forschungsrahmenprogramm

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Maßnahmen

>> Einrichtung einer ständigen Arbeitsgruppezur Koordination und Implementierung einerösterreichischen Außenwissenschafts- und -technologiepolitik, bestehend aus den Fach -ressorts

>> Entwicklung eines Aktionsplanes „Österreichund der Europäische Wissensraum 2020“,

• Wir wollen durch Bündelung bestehender Maßnahmen zur Unterstützung der Inter nationalisierung eine abge-stimmte Wis senschafts- und Forschungsaußenpolitik entwickeln. Dazu sollen auch die entsprechenden institutio-nellen Strukturen ge schaffen werden.

• Österreich soll sich in der ‚European Knowledge Area’ durch gestaltende Mit wirkung an der Formulierung einer ge -samteuropäischen Forschungs-, Techno logie- und Innovationspolitik optimal positionieren.

• Zusätzlich soll eine noch stärkere österreichische Beteiligung an europäischen Förderprogrammen angestrebtwerden, z. B. an den Forschungsrahmenpro gram men oder den Europäischen Struktur fonds, mit dem Ziel einer wei-ter steigenden Rückflussquote.

• Eine selektive globale Zusammenarbeit soll auch mit Innovations-Frontrunnern wie den USA, ausgewählten asiati-schen Ländern und den aufstrebenden BRIC-Ländern auf- und ausgebaut werden.

• Die Zusammenarbeit mit den Ländern Mit tel-, Ost- und Südosteuropas soll weiter vertieft werden.

Ziele: Internationale Positionierung

ausgearbeitet von BMWF und BMVIT unterEinbindung der relevanten Ressorts undStakeholder

>> Entwicklung einer kohärenten Kooperations -strategie für verschiedene Schwerpunkt -räume: Mittel,- Ost- und Südosteuropa,Nordamerika, Asien und BRIC-Staaten

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Dabei handelt es sich um ein komplexes unddynamisches Politikfeld, das in viele gesell-schaftliche Bereiche hineinreicht. Es geht umdie Bildungspolitik und die Gestaltung vonLehrplänen ebenso wie um den Umgang mitden Museen, um Medienpolitik ebenso wie umDemokratiepolitik und Fragen der Ethik. InÖsterreich ist dieses Feld noch wenig entwik-kelt. Seit dem Auslaufen der von der Bundes -regierung und vom Rat für Forschung undTechn ologie initiierten Dialogkampagne „In -novatives Österreich“ im Jahr 2006 fehlt es aneiner steuernden Koordinierung und öffent-lichen Förderung von Maßnahmen und Pro -jekten zur Vermittlung von Wissenschaft. Einerprivaten Trägerschaft dieser Aufgabe mangeltes an AkteurInnen, wie es sie in anderenLändern etwa in Form von Stiftungen gibt.

Die immer wieder auf die Probe gestellte undneu zu legitimierende Vertrauensbasis vonBürge rInnen und Wissenschaft bleibt damit fra-gil, der Wissenschaft fehlt die soziale Ro -bustheit und forschungspolitischen Ent schei -dungen die de mokratische Rückkopplung.

FORSCHUNG UND GESELLSCHAFT

Status und Herausforderungen

Wenn Wissen heute in der Gesellschaft diewichtigste Ressource darstellt, werden dieGenerierung von Wissen und seine Verbreitungzu einer wesentlichen gesellschaftlichen Funk -tion. Die Institution der Wissens gene rierung, dieWissenschaft, ist dabei besonders herausgefor-dert, sich vor der Gesellschaft über ihr Tun zudeklarieren. Dialog wird von ihr eingefordert,Par tizipation, Transparenz und Verantwortungs -bewusstsein werden von ihr erwartet. Das Ver -hältnis von Wissenschaft und Öffentlichkeit hatsich in den vergangenen Jahrzehnten grundle-gend gewandelt. Das Verhältnis aktiv zu gestal-ten ist auch zu einer Aufgabe der politischenSteuerung geworden. Es geht um „ScientificCitizens“, Bür gerInnen, die das Recht haben,über Wis senschaft und Technik informiert zuwerden und auch mit zu entscheiden, die aberauch die Pflicht übernehmen, sich mit derWissenschaft auseinander zu setzen und Ver -antwortung mitzutragen.

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Maßnahmen

>> Einrichtung eines zentralen Veranstaltungs -or tes für den Dialog Wissenschaft/For schungund Gesellschaft

>> Förderung von Dialogaktivitäten für For -schung, Technologie und Innovation

>> Durchführung einer regelmäßigen nationalenLeistungsschau zur Darstellung von For -schung als zukunftgestaltende gesellschaft-liche Leistung

>> Ausbau der unabhängigen Technologiefol -gen abschätzung

>> Etablierung hoher Standards der wissen-schaftlichen Integrität:> strenge Richtlinien im Umgang mit Inter -

essenskonflikten bei der Auftragsfor schung> Offenlegung von Wertesystemen in der

For schung

• Wir wollen eine Kultur der Wertschätzungvon Forschung, Technologie und Innova -tion und das Verständnis fördern, dassdiese einen wesentlichen Beitrag zurSteigerung von Lebensqualität und gesell-schaftlichem Wohlstand leisten.

• Dazu soll ein stabiles, auch infrastrukturel-les Umfeld für vielfältige Formen des Dia -logs von Wissenschaft und Gesell schaft imSinn einer „Scientific Citizenship“ aufge-baut werden.

• Verantwortung und Integrität der Wis sen-schaft sollen durch institutionalisierteProzesse gestärkt werden.

Ziele: Forschung und

Gesellschaft

> Die Ergebnisse von öffentlich finanziertenbzw. geförderten Forschungsprojektensind in geeigneter Art und Weise derÖffentlichkeit zugänglich zu machen

> Stärkung der dafür vorgesehenen Organi -sationen

>> Schaffung einer klaren gesetzlichen Rege -lung von Forschungsethikkommissionen inBezug auf Prüfauftrag, Rechtsqualität derStellungnahmen und Verfahrensregeln

Die Bedeutung von wissenschaftlicher Integritätund Verantwortung wird forschungspolitisch zuwenig gewürdigt. Mangelndes Problembe -wusstsein im Umgang mit Interessenskonfliktenin der Forschung schadet nicht nur der Re -putation der einzelnen Institutionen, sondernjener des Forschungs- und Wirtschafts stand-orts insgesamt. Forschungsethik muss einSchwerpunkt in der Integritätsdebatte werden.

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6 Anreize bieten, Optionen eröffnenDie finanzielle Trägerschaft verbreitern

mählich der Lissabon-Vorgabe von einem zuzwei Drittel an.

Die 2008 ausgebrochene Finanz- und Wirt -schaftskrise bremste diese Entwicklung abrupt.Die Dynamik bei den Forschungsausgaben derUnternehmen ließ nach, die öffentliche Handreagierte demgegenüber antizyklisch und weite -te ihre Investitionen aus. Österreichs For -schungs quote erreichte damit im Jahr 2010 lautGlobalschätzung der Statistik Austria 2,76%,was im EU-Ranking den dritten Rang bedeutet.Das Verhältnis von öffentlicher zu privaterFinanzierung entfernte sich in Konsequenz aberwieder deutlich von den Zielvorgaben. For -schung und Entwicklung wurde 2010 zu 41%vom Staat getragen.

Diese stark von der öffentlichen Hand getriebe-ne For schungs- und Entwicklungsdynamik war

Damit liegt auch der Anteil der durch öffentlicheMittel – Direktförderungen und Forschungs prä -mie – finanzierten Forschungs- und Entwick -lungsaufwendungen des Unternehmenssektorsin Österreich deutlich über dem Durchschnittder OECD-Länder. In Österreich beträgt dieFörderungsintensität der Un ter nehmensfor -schung 10,3%, im OECD-Durch schnitt 6,6%.

Diese Impulse der öffentlichen Hand habenauch in der vergangenen Dekade eine überpro-portionale Steigerung der privaten For schungs -investitionen induziert. Damit stieg Österreichinsgesamt zum Europameister in der In ves ti-tionsdynamik für Forschung und Entwick lungauf und hielt seine Forschungsquote auf demPfad zum Drei-Prozent-Ziel des Lissabon-Prozesses. Gleichzeitig näherte sich auch dasVerhältnis der öffentlichen zu den privatenForschungs- und Entwicklungsinvestitionen all-

Das Volumen der öffentlichen Forschungsförderung macht heute in Österreich deutlich mehr als 1%des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Dies verdeutlicht die hohe Priorität, die die politische AgendaForschung, Technologie und Innovation in den vergangenen Jahrzehnten zugewiesen hat. Seit demJahr 1995 stieg der Anteil der öffentlicher Forschungsfinanzierung gemessen am BIP von 0,73% auf1,15% (2010). Sie entwickelte sich damit deutlich dynamischer als das Wirtschaftswachstum.

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im Prozess des Auf holens der vergangenenJahrzehnte richtig und wichtig und hatte auch inder akuten Krisen phase ihre Meri ten.

Mit dem Ziel, zu den Innovation Leadern aufzu-schließen, gilt es aber, die Dynamik des In -novationssystems noch weiter zu steigern.Dazu bedarf es aber auch eines erheblichenAnstiegs der privaten Forschungs- und Ent wick -lungsinvestitionen. Denn es zeigt sich, dass alleLänder, die Forschungsquoten von mehr als dreiProzent aufweisen, deutlich höhere Finanzie -rungsanteile der privaten Seite aufweisen.

Die österreichische Bundesregierung hat sichin ihrer Regierungserklärung das Ziel gesetzt,bis 2020 eine Forschungsquote von 4% zu er -reichen, und sie sieht diesen Wert weiterhin alsTeil einer Orientierung gebenden Vision an.Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskriseund der daraus resultierenden Notwendigkeitzur Konsolidierung der Staatsfinanzen strebenwir als konkretes Ziel eine Steigerung derForschungsquote um einen Prozentpunkt – also

von heute 2,76% auf 3,76% im Jahr 2020 an.Dazu haben wir uns auch im Rahmen des EU-Strategieprozesses Europa 2020 bekannt. DieErreichung dieses Ziels setzt aber einen sichweiter fortsetzenden Strukturwandel im Unter -nehmenssektor in Richtung forschungsintensi-ve Branchen voraus und einen steigendenAnteil an Unternehmen, die systematische For -schung und Entwicklung betreiben.

Eine der großen Herausforderungen dieserStra tegie für die kommenden Jahre ist es daher,neben der direkten und indirekten Förderungdie Unternehmen und Forschungseinrichtungendurch Rahmenbedingungen, die Innovation for-cieren und fördern, zu mehr Forschung zu sti-mulieren. Ihr Anteil an der Forschungsquote2020 soll zumindest 66% und womöglich 70%erreichen. Der Beitrag der öffentlichen Handsoll dabei nach einer notwendigen Konsoli die-rungsphase auf einem Pfad stabilisiert werden,der die Forschungsquote in diesem Verhältnisvon privater und öffentlicher Finanzierung mitträgt.

Internationaler Vergleich von F&E-Ausgaben

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fende Programme, die Zusammenführung vonProgrammen oder auch die Differenzierung vonFörderungsintensitiäten erreicht werden.

Durch das neue Haushaltsrecht wird übermittelfristige Finanzierungspfade und Perfor -manceziele die Wirkungs- und Output orien-tierung des Innovationssystems gestärkt undgefördert. Verbindliche Ex-ante Evaluierungen,Standards für Zielformulierungen und Evaluie -rungen tragen ebenso zur Effizienzsteigerungbei wie ein systematisches Monitoring.

Diese Elemente werden durch ein Forschungs -finanzierungsgesetz im Innovationssystem ex -plizit verankert. Dieses Gesetz wird neben denGrundsätzen und Zielen der Forschungspolitikkonkrete Zielvorstellungen, die Festlegung einesKorridors für die Forschungs- und Ent wick -lungsinvestitionen des Bundes, die Neufas sungdes Forschungsförderungsrechts, Pla nungs-und Allokationsgrundsätze, einen Code ofConduct sowie ein Berichtswesen enthalten.

Status und Herausforderungen

Die Entscheidung von Unternehmen, in In nova -tion zu investieren, hängt maßgeblich von derFähigkeit ab, die notwendige Finanzierungbereit zu stellen. Bis zu zwei Drittel der Innova -tionsprojekte in Unternehmen werden aus demCashflow finanziert. Je innovativer ein Unter -nehmen ist, desto eher wird es sich über Eigen -kapital finanzieren, nicht zuletzt, um das rapideWachstum zu bewältigen.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für dieEigenkapitalfinanzierung von Forschungs- undEntwicklungsinvestitionen stellen in Österreichaber einen Engpass für die Aus schöpfung desInnovationspotenzials dar. Da durch fehlt Öster-reichs innovativen Unter nehmen eine entschei-dende Finanzierungs quelle (siehe im Kapitel 4:Unternehmensgrün dungen und Risikokapital -finanzierung).

Entscheidend für die Mobilisierung privaterForschungs- und Entwicklungsfinanzierung sindaber auch Sicherheit und Vertrauen in ein stabi-les Finanzierungsumfeld. Daher wird die öffent-liche Hand verstärkt die vorhandenen Ins -trumente zur Herstellung von Planungs -sicherheit nutzen. So bietet der Bundes -finanzrahmen eine vierjährige verbindlicheVorausschau der Auszahlungen für wichtigePolitikbereiche. Innerhalb dieser Obergrenzenkönnen die Fachminister mehrjährige vertragli-che Verpflichtungen eingehen. Wenn von dieserMöglichkeit Gebrauch gemacht wird, entstehtfür Politik, Verwaltung und alle AkteurInnen imInnovationssystem Planungssicherheit für meh-rere Jahre.

Planungssicherheit ist aber auch in allenBereichen auf inhaltlicher Ebene durch verbind-liche Schwerpunkt- und Ressourcenplanungsicher zu stellen. In Zeiten der Budget kon soli-dierung bieten Systemvereinfachungen dieChance, Mittel für neue Aufgaben freizuma-chen. Das kann beispielsweise durch auslau-

• Wir wollen die Forschungsquote bis zumJahr 2020 um einen Prozentpunkt von der-zeit 2,76 auf dann 3,76% des BIP steigern.

• Dabei sollen zumindest 66%, möglichstaber 70% der Investitionen von privaterSeite getragen werden.

• Unternehmen sollen dazu auf breiter Frontdurch verbesserte Rahmenbedingungenund adäquate Anreiz struk turen zu mehrForschung und Innovation stimuliert wer-den. Die Zahl der Forschung und Ent -wicklung betreibenden Unternehmen sollerhöht werden.

• Die Allokation öffentlicher Mittel soll derverstärkten Output- und Wirkungsorientie -rung des Innovationssystems folgen.

• Den AkteurInnen im Innovationssystem sollgrößtmögliche Planungssicherheit garan-tiert werden.

Ziele: Forschungsfinanzierung

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Maßnahmen

>> Erarbeitung eines Forschungsfinanzie rungs -gesetzes, darin unter anderem:> Festlegung von Grundsätzen und Zielen

der Forschungspolitik> Definition von Output-Zielen> Langfristige budgetäre Planungssicherheit> Code of Conduct

>> Erschließung alternativer privater Finanzie -rungsquellen

Über die Gestaltung dieser finanzpolitischen undfinanzrechtlichen Rahmenbedingungen hinausgilt es aber, das gesamte Innovations system aufdie Mobilisierung aller aktivierbaren Potenzialefür Forschung, Technologie und Innovation inWirtschaft und Industrie auszurichten. Dies istein Hauptziel unserer Strategie und erfordertkon zertierte Anstrengungen aller Politikbe -reiche.

Viele der notwendigen Beiträge sind in den vor-angegangenen Kapitel der Strategie bereits

angesprochen worden: Sie reichen vom An -gebot hochqualifizierter Arbeitskräfte bis zurraschen Verfügbarkeit neuen Wissens im Aus -tausch mit den Institutionen der Wissenschaft,vom attraktiven Zugang zu Eigenkapital bis zugarantierten, fairen Wettbewerbsbedingungen,von monetärer Förderung bis zu effizientenUnterstützungs- und Beratungsleistungen fürdie Positionierung auf internationalen Märkten.

Wir wollen mit der Strategie für Forschung,Technologie und Innovation den Weg einer sys -temisch konzipierten, modernen Forschungs-,Technologie- und Innovationspolitik beschrei-ten, die bei der Bildungspolitik ebenso ansetztwie bei der Wettbewerbspolitik, die die öffentli-che Beschaffung als Gestaltungsinstrumentebenso einbezieht wie etwa Reformen amKapitalmarkt, und die der Exzellenz in derWissenschaft ebenso verpflichtet ist wie sieSpitzenleistungen der Technologieentwicklungin den Unternehmen anstrebt.

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IMPRESSUM:

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März 2011