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Deutsch als Wirtschaftssprache
Gunnar Prause, Professor DAAD-Langzeitdozent
TSEBA / TU Tallinn 09.10.2014, Tallinn
Wirtschaftliche Gründe Sprachen zu lernen I
• Wegen mangelnder Fremdsprachenkompetenz gehen ca. 11% der KMU Aufträge verloren (DIHK 2008)
• Kommunikationsbarrieren führen zu verpassten Geschäftsgelegenheiten
• Plasberg, U. (1999). ‘Building bridges to Europe: languages for students of other disciplines’ in the Language Learning Journal, No. 20, pp. 51-58)
• Fremdsprachenkenntnisse erhöhen Arbeitnehmermobilität
• Momentan sind nur ca. 2% der Arbeitnehmer EU mobil
• Konsumenten kaufen viermal so oft Produkte online, sofern die Web-Seite in ihrer bevorzugten Sprache ist (IDC 2001)
Wirtschaftliche Gründe Sprachen zu lernen II
• Die Anziehung ausländischer Investitionen (FDI) hängt stark mit den Fremdsprachenkenntnissen zusammen
• Sprachkenntnisse sind i.a. mit Kenntnissen der Wirtschaftskultur verbunden, was die Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen vereinfacht und gleichzeitig Vertrauen schafft
• In der Wirtschaft tragen nur diejenigen Sprachen, die man zusätzlich zu Englisch beherrscht, zur eigenen Profilierung bei.
EU Studie: ELAN 2007
Dänischer Industrieverband (2007): • Mehr als 1/3 aller Unternehmen verwenden andere Sprachen als Englisch • 40% der Unternehmen haben ernste Kommunikationsprobleme mit
ausländischen Handelspartnern aufgrund von sprachlichen Defiziten
Englisch ist wichtig aber nicht alles • Für den Zugang zu den Exportmärkten kommt dem Englischen
besondere Bedeutung zu. • Die Ergebnisse von ELAN 2007 deuten darauf hin, dass die Realität
viel komplexer ist, als die oft zitierte Ansicht, dass Englisch die Weltsprache schlechthin ist.
• In Osteuropa ist Russisch weit verbreitet (neben Deutsch und Polnisch).
• In weiten Gebieten Afrikas ist Französisch die Handelssprache und Ähnliches gilt für Spanisch in Lateinamerika.
• Voraussetzung für langfristige Geschäftspartnerschaften ist der Aufbau und die Pflege von Beziehungen. Dafür sind Kenntnisse der Kultur und Sprache des Zielmarktes unentbehrlich.
• Dies gilt insbesondere für den KMU – Sektor, der in der EU mehr als 99% aller Unternehmen darstellt
• Die Mehrheit der Arbeitnehmer in Deutschland spricht nur mangelhaft Englisch. 65,5 Prozent der Beschäftigten geben an, nur über geringe Kenntnisse zu verfügen. (DIE ZEIT, 18. Juni 2013)
Einige Fakten über Deutschland
• Ca. 80 Mio. Einwohner • Deutsch wird von ca. 100 Mio. Menschen gesprochen
» Größte Muttersprache und zweithäufigste Sprache (30%) in der EU
» Ca. 1/3 der Deutschen spricht gar keine Fremdsprache
• Der deutsche Anteil am Welthandel beträgt: 8% • EU Anteil deutschsprachiger Menschen: 18 %
» EURO-Zone: 27%
• EU BIP Anteil DE/AT: 23% » EURO-Zone: 31%
Global Competitiveness Index 2012-2013
GCR – Ranking 2012-2013
Unter den TOP 16 sind drei deutschsprachige Länder: HB, DE, AT
Quelle: Ernst & Young: Der Fels in der Brandung – Standort Deutschland 2012
The Economist
• 3. Februar 2011 „Angela in Wunderland“ Der Westen schaut nach China, aber das zweite deutsche
Wirtschaftswunder war bis vor kurzem unbekannt.
• Vor 15 Jahren galt Deutschland noch als der kranke Mann Europas.
• Heute: Wirtschaftsmodell Deutschland
Wunderland: Old Economy
• DE ist unter den Top 3 in mehr als 50 % of UN Export Sektoren
Laser, Maschinenbau, Investitionsgüter, Kfz, Kfz-Zulieferer, Elektrotechnik, chemische Produkte
• 2. größte Exportnation in der Welt • Nr. 1 bis 2008, seit 2009: China • Ca. 40 % des BIP wird durch Exporte erzeugt • Ca. 2/3 der Exporte gehen in die EU, 50 % in die €-Zone • Aber: zunehmende Bedeutung der BRIC & MIST Staaten
• Hohes Innovationsniveau • Starker KMU Sektor • Vorbildliche berufliche Bildung
Image: „Nicht sexy aber erfolgreich“
• Das deutsche Erfolgsrezept heißt Fleiß und Langeweile…das klingt zwar nicht sehr modern und spannend, ist aber sehr profitabel. Zwei Jahre nach der tiefsten Rezession seit Jahrzehnten sind die deutschen Firmen so erfolgreich wie noch nie.“ (Handelsblatt, 2012)
• „Nicht jeder technische Trend, verkauft sich auch“ daher „sollten Unternehmen nicht jedem Trend folgen“
Global Marktbetrachtung • Deutschland und USA/GB sind in unterschiedlichen Märkten aktiv,
so dass die Länder nicht richtig vergleichbar sind • USA / GB konzentrieren sich eher auf Dienstleistungen • Deutschland ist eher vergleichbar mit Japan oder China Konsequenz:
» Deutschland profitiert wie kaum ein anderes Land vom Aufstieg Chinas da Deutchland die chinesische Porduktionsinfrastruktur liefert
» chinesische Mittelklasse bevorzugt deutsche Produkte
• Deutscher Dienstleistungssektor ist stark mit Old Economy verbunden
• Deutschland ist eins der führenden Logistikländer (World Bank) » LPI der Weltbank: #1 in 2014 » Größter Teil der deutschen Containerflotte ist unter deutscher Kontrolle » Deutschland ist wichtigster Logistikmarkt in Europa
• 2/3 aller wichtigen Wirtschftsmessen finden in DE statt • Finanzdienstleitungen für Old Economy Sektor ( VW Bank, … ) • Service Design Lösungen um harte Produktkerne
Deutsche Erfolgsrezepte I • Internationalisierung
• Ca. 40 % Exportquote (Estland: ca. 75%) • 30% KMU Anteil am Export (Estland: höher!) • China: 50% aller EU-Exporte nach China kommen aus DE
• D.H.: Deutschland braucht internationale Spezialisten
Drehscheibe nach Osteuropa
Deutschland braucht Ostexperten !
Internationalisierungsgrad
• Gründe warum KMU‘s nicht internationalisieren Keine / geringe Gewinnerwartungen 33 % Sprachprobleme 24 % Zu kleines Marktpotential 21 % Finanzprobleme 20 % Informationsdefizite 19 % Mangelnde Personalressourcen 18 % Administrative und rechtliche Probleme 17 % Fehlende Kooperationspartner 17 %
• Umfrage IHK SN / HSW 2005
Besonderer Bedarf in Ostdeutschland
Starke Handelsbeziehungen fördern Sprachen
• Deutsch – Estnische Situation • Für EE: Nordische Staaten sind wichtiger als Deutschland • Für DE: Nur Lettland ist unbedeutender als Estland in BSR
Deutsche Erfolgsrezepte II • Innovationen
• Old Economy & Innovation • DE & USA Weltführer in R&D–intensiven Produkten • DE ist EU Führer bei Patenten (23% aller EU Patenten) • KMU Sektor hält 20% aller deutschen Patente !!! • Zukunftsbranchen: Nano, Bio, Erneuerbare Energie, Laser,
Medizintechnik • D.H.: Deutschland braucht internationale F&E Experten
Deutsche Erfolgsrezepte III • Berufliche Bildung
• Berufliche Bildung ist führend in der Welt • Duales Ausbildungssystem
» Ausbildung zum Gesellen/Meister » 3-jährige Lehre mit Berufsschule (1-mal wöchentlich) » Weiterbildung zum Meister möglich » Öffnung zum Hochschulsystem
• Starker Mittelstand – Hidden Champions
• Weltmarktführer in Nischenmärkten » weltweit: ca. 2.000 KMU
• Deutschland: 1.200 HC ( 2/3 !!! ) – Aber KMU sind auch besonders schwach in Fremdsprachen!
Also: KMU bieten weltweite Chancen!
Quelle: Stuttgarter Zeitung
Deutsche Erfolgsrezepte IV
• Mitarbeiter werden als Langzeitinvestition betrachtet
» Kein Hire & Fire, sondern Förderung & Qualifikation
» Starker Arbeitsschutz • Innerhalb Deutschlands kein großes Problem • Außerhalb Deutschlands häufig kritisiert • Passend zum deutschen Personalmanagement
Deutsche Herausforderungen • Der demographische Wandel ist ein deutscher
Schwachpunkt • Alternde Bevölkerung:
» Explodierende Rentenzahlungen » Explodierende Gesundheitskosten
• Folge: abnehmende Bevölkerung und Erwerbstätigkeit
• IHK Schwerin, Herbst 2007 • ¼ der Unternehmen kann offene Stellen nicht besetzen • Exportierende Betriebe finden schwieriger Personal • 59% der WM-Betriebe finden keine Ingenieure • 1/3 der Unternehmen finden keine Akademiker
Zunehmender Mangel an qualifizierten Mitarbeitern in Deutschland
• Bis 2030: • ca. 5 Mio. fehlende qualifizierte Mitarbeiter
» Jährlich 250.000 – 500.000 offene Stellen in Deutschland » Man rechnet mit 150.000 - 500.000 Zuwanderern pro Jahr
• Beispiel Unternehmensnachfolge » Ca. 70.000 KMU suchen Nachfolger p.a.
• Beispiel Ingenieure
» Die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft ist durch den Fachkräftemangel, insbesondere Ingenieure, bedroht
» VDI auf der Hannover Messe 2012: » Mangel an ca. 110.000 Ingenieuren verursacht einen Verlust von ca. 8
Mrd. € pro Jahr
• Aber: Nicht nur Akademiker fehlen
Beispiel: Berufsausbildung
Branchenbetrachtung
• Zunehmender Bedarf • Forschung & Entwicklung • Kreativer Sektor • Beratung & Management • Gesundheit & Soziale Dienstleistungen
• Abnehmender Bedarf • Produktion & Reparatur • Fahrer / Maschinenbediener& Überwachung • Rohstoffsektor • Landwirtschaft
Ausländer in Deutschland 19% der Deutschen haben einen Migrationshintergrund (StatBA 2008)
• Osteuropäer in DE (31.12.2010) : • Polen 419.435 • Ungarn 68.892 • Tschechien 35.480 • Slowakei 26.296 • Litauen 23.522 • Slowenien 20.034 • Lettland 14.257 • Estland 4.394
Beispiel: Kadriorg Gymnasium • Deutschsprachige Wirtschaftslehre am Kadriorg Saksa
Gymnasium seit September 2014
• Kooperation mit mehreren Partnern » BBS Syke EUROPASCHULE, DBHK, TU Tallinn, …
• Unterstützung durch EU Projekt (ERASMUS+/Comenius) mit dem Ziel: » Die Karrierechancen der Jugendlichen, die über gute bzw. sehr gute
Deutschkenntnisse verfügen, zu verbessern, » sie auf die Arbeit an den deutschen Unternehmen in Estland und in
Deutschland vorzubereiten und damit die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen in Estland bekämpfen.
» Motivationserhöhung für berufliche Mobilität innerhalb Europas, der Vertiefung des interkulturellen Bewusstseins und der Verbesserung der Fremdsprachenkenntnisse der Jugendlichen.
» Praktika in den deutschen Unternehmen soll eine positive Auswirkung auf die berufliche Laufbahn der Schüler haben, insbesondere in der Zeit, in der die Europäische Union sich intensiv mit dem Problem der Jugendarbeitslosigkeit beschäftigt.
• TU Tallinn versucht mit deutschen Wirtschaftsvorlesungen weiterführende Angebote zu machen
Schlussfolgerungen • Die deutsche Wirtschaft ist innovativ & international mit
interessanten Produkten • Großer Bedarf an internationalen Experten für Internationalisierung
und Forschung & Entwicklung • Der Mittelstand bietet Stabilität & gute Chancen • Das soziale Klima in der Arbeitswelt ist gut • Berufliche Bildung ist vorbildlich in Deutschland • Die Gehälter in Deutschland sind führend in der EU • Durch den demographischen Wandel fehlen in Deutschland
bis zu 5 Mio. Arbeitskräfte bis 2030 • Der Bedarf ist unterschiedlich je nach Branche • Fehlende Deutschkenntnisse sind der größte Hindernisgrund
für die Einstellung von ausländischen Arbeitskräften im Mittelstand
Kontakt
Gunnar Prause, Professor Tallinn University of Technology Tallinn School of Economics and Business Administration [email protected] Mobil: +372 5305 9488