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941 Der vom 14. bis 16. Oktober 2004 im Hotel InterContinental Berlin abge- haltene und von Bauen mit Stahl e. V. ausgerichtete Deutsche Stahlbautag 2004 stand im Zeichen des 100. Ge- burtstages des Deutschen Stahlbau- Verbandes (DSTV). Unter dem Motto „Zukunft bauen – mit Stahl gestalten – 100 Jahre DSTV“ ging es um Gegen- wart und Zukunft des Stahlbaus in Deutschland. Auf die Geschichte des am 17. September 1904 im Hotel Con- tinental in Berlin gegründeten „Vereins deutscher Brücken- und Eisenbau- Fabriken“ (seit 1928: DSTV) soll hier nicht eingegangen werden, weil sie zum einen in mehreren Publikationen aus unterschiedlicher Perspektive auf- gezeichnet worden ist und zum ande- ren die rd. 1000 Teilnehmer die Ge- schichte des Stahlbaues in Deutsch- land während der Vortragspausen in der Power-Point-Präsentation „100 Jahre Deutscher Stahlbau-Verband DSTV. 250 Jahre Stahlbau in Deutsch- land“ bildlich erfahren konnten. Hier sei lediglich angemerkt, daß sich die letzten 100 Jahre des Stahlbaus in Deutschland im Großen und Ganzen in der Geschichte des DSTV wider- spiegeln. Vortragsreihen Daß sich die Stahlbauwissenschaft an dem von Wilhelm Ostwald (1853 bis 1932) stammenden Ausspruch „Es gibt nichts praktischeres als eine gute Theorie“ orientiert, zeigte die Vortrags- reihe „Neues aus Forschung, Entwick- lung und Normung“ unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Horst Bossenmeyer. Zum Beispiel gab Prof. Dr.-Ing. Udo Peil einen konzentrierten Bericht zur Lebensdauerprognose von Stahlbau- ten mit Hilfe von Monitoring, der im Rahmen des Sonderforschungsberei- ches „Bauwerksmonitoring“ an der TU Braunschweig entstanden ist. Der strategische Wert solcher Forschungs- arbeiten wird evident, wenn bedacht wird, daß in Deutschland das Verhäl- tnis der Bauinvestitionen von Neubau zu Instandhaltung 1995 etwa zwei zu drei betrug, sich 2005 umkehren wird und die Verlängerung der Nutzungs- dauer von Bauwerken zu einem im- mer bedeutsameren volkswirtschaft- lichen Faktor werden wird. Die Ein- dämmung der Normenflut durch die Eurocodes war Thema des Beitrages von Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Gerhard Sedlacek und Dr.-Ing. Christian Mül- ler; ihre These verifizierten sie am Beispiel der drei als am aufwendig- sten angesehenen Regelungsbereiche des Stahlbaus, dem Biegedrillknicken, dem Plattenbeulen und der Brand- schutzbemessung. In der von Dipl.-Ing. Walter Suttrop geleiteten Vortragsreihe über Brücken und Ingenieurbau stand die Weiterentwicklung von Verbundbrük- ken im Mittelpunkt der Beiträge. Die von Dipl.-Ing. Michael Schmidt geleitete Vortragsreihe „Architekten und Ingenieure bauen in Stahl“ stand im Zeichen des Stadion- und des Hochhausbaus. In der Vortragsreihe „Neues aus derWirtschaft“ (Leitung: Dipl.-Volksw. Angelika Demmer) boten Beiträge zum Vergaberecht und zur Projektsteue- rung manche wichtigen Hinweise für ein auskömmliches Bauen mit Stahl. Preise und Auszeichnungen Die seit 1972 alle zwei Jahre vom DSTV verliehene Auszeichnung des Deutschen Stahlbaus sowie den Preis des Deutschen Stahlbaus und den Förderpreis des Deutschen Stahlbaus empfingen die Preisträger 2004 zum vierten Mal von Bauen mit Stahl e. V. Die Auszeichnung des Deutschen Stahlbaus 2004 ging an den interna- tional renommierten Wissenschaftler Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Gerhard Sedla- cek. Der Ausgezeichnete prägte seit mehr als 25 Jahren die europäischen Regelwerke des Stahlbaus und über- zeugt durch die Breite und Vielfalt sei- ner fundierten Forschungs- und Ent- wicklungsarbeiten im Stahlbau und in benachbarten Gebieten. Der mit 10000 € dotierte Preis des Deutschen Stahlbaus ging an die Architekten gmp – von Gerkan, Marg und Partner, Berlin, und die Ingeni- eure Krebs und Kiefer, Darmstadt, für die Tribünenüberdachung des Berliner Olympiastadions. Förderpreise Für den Förderpreis des Deutschen Stahlbaus 2004 wurden insgesamt 94 Arbeiten eingereicht, wobei die Arbei- ten der Architektursparte eindeutig in der Überzahl waren. Der erste Preis mit 2000 € ging an Jonas Schmidt- Thomsen von der TU Berlin, FB Ar- chitektur (Betreuer: Prof. R. Hascher und Dr.-Ing. E. Widjaja) für die Neu- konzeption des Sportgeländes „Alte Försterei“ in Berlin-Köpenick. Der Preisträger entwarf ein vorgespanntes Stahltragwerk, dessen konisch ausge- bildete Druckstäbe über Diagonal-, First- und Ringseile gehalten werden. Die beiden zweiten Preise mit je- weils 1500 € gingen an Martin Wille und Rainer Nitschke von der Fach- hochschule Stuttgart (FB Architektur, Prof. G. Gassmann und Prof. F.-U. Buchmann) für den Entwurf eines Steges über die Donau bei Inzigkofen und an Lutz Krüger von der Fach- hochschule Aachen (FB Architektur, Prof. H.-G. Brückmann) für den Ent- wurf der multifunktionalen Struktur für Arbeiten, Wohnen und Freizeitge- staltung von morgen „Your work is where you are – Arbeitswelten der Zukunft“ (nachzulesen in Bauen mit Stahl e. V. (Hrsg.): Förderpreis des Deutschen Stahlbaues. Düsseldorf 2004). Die gemeinsame Ausstellung der preisgekrönten Arbeiten wird als Wan- derausstellung ca. zwei Jahre lang an verschiedenen Orten in Deutschland zu sehen sein. Karl-Eugen Kurrer Deutscher Stahlbautag 2004 in Berlin Berichte

Deutscher Stahlbautag 2004 in Berlin

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Page 1: Deutscher Stahlbautag 2004 in Berlin

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Der vom 14. bis 16. Oktober 2004 imHotel InterContinental Berlin abge-haltene und von Bauen mit Stahl e. V.ausgerichtete Deutsche Stahlbautag2004 stand im Zeichen des 100. Ge-burtstages des Deutschen Stahlbau-Verbandes (DSTV). Unter dem Motto„Zukunft bauen – mit Stahl gestalten –100 Jahre DSTV“ ging es um Gegen-wart und Zukunft des Stahlbaus inDeutschland. Auf die Geschichte desam 17. September 1904 im Hotel Con-tinental in Berlin gegründeten „Vereinsdeutscher Brücken- und Eisenbau-Fabriken“ (seit 1928: DSTV) soll hiernicht eingegangen werden, weil siezum einen in mehreren Publikationenaus unterschiedlicher Perspektive auf-gezeichnet worden ist und zum ande-ren die rd. 1000 Teilnehmer die Ge-schichte des Stahlbaues in Deutsch-land während der Vortragspausen inder Power-Point-Präsentation „100Jahre Deutscher Stahlbau-VerbandDSTV. 250 Jahre Stahlbau in Deutsch-land“ bildlich erfahren konnten. Hiersei lediglich angemerkt, daß sich dieletzten 100 Jahre des Stahlbaus inDeutschland im Großen und Ganzenin der Geschichte des DSTV wider-spiegeln.

Vortragsreihen

Daß sich die Stahlbauwissenschaft andem von Wilhelm Ostwald (1853 bis1932) stammenden Ausspruch „Esgibt nichts praktischeres als eine guteTheorie“ orientiert, zeigte die Vortrags-reihe „Neues aus Forschung, Entwick-lung und Normung“ unter der Leitungvon Prof. Dr.-Ing. Horst Bossenmeyer.Zum Beispiel gab Prof. Dr.-Ing. UdoPeil einen konzentrierten Bericht zurLebensdauerprognose von Stahlbau-ten mit Hilfe von Monitoring, der imRahmen des Sonderforschungsberei-ches „Bauwerksmonitoring“ an derTU Braunschweig entstanden ist. Derstrategische Wert solcher Forschungs-arbeiten wird evident, wenn bedachtwird, daß in Deutschland das Verhäl-

tnis der Bauinvestitionen von Neubauzu Instandhaltung 1995 etwa zwei zudrei betrug, sich 2005 umkehren wirdund die Verlängerung der Nutzungs-dauer von Bauwerken zu einem im-mer bedeutsameren volkswirtschaft-lichen Faktor werden wird. Die Ein-dämmung der Normenflut durch dieEurocodes war Thema des Beitragesvon Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. GerhardSedlacek und Dr.-Ing. Christian Mül-ler; ihre These verifizierten sie amBeispiel der drei als am aufwendig-sten angesehenen Regelungsbereichedes Stahlbaus, dem Biegedrillknicken,dem Plattenbeulen und der Brand-schutzbemessung.

In der von Dipl.-Ing. WalterSuttrop geleiteten Vortragsreihe überBrücken und Ingenieurbau stand dieWeiterentwicklung von Verbundbrük-ken im Mittelpunkt der Beiträge.

Die von Dipl.-Ing. Michael Schmidtgeleitete Vortragsreihe „Architektenund Ingenieure bauen in Stahl“ standim Zeichen des Stadion- und desHochhausbaus.

In der Vortragsreihe „Neues ausderWirtschaft“ (Leitung: Dipl.-Volksw.Angelika Demmer) boten Beiträge zumVergaberecht und zur Projektsteue-rung manche wichtigen Hinweise fürein auskömmliches Bauen mit Stahl.

Preise und Auszeichnungen

Die seit 1972 alle zwei Jahre vomDSTV verliehene Auszeichnung desDeutschen Stahlbaus sowie den Preisdes Deutschen Stahlbaus und denFörderpreis des Deutschen Stahlbausempfingen die Preisträger 2004 zumvierten Mal von Bauen mit Stahl e. V.

Die Auszeichnung des DeutschenStahlbaus 2004 ging an den interna-tional renommierten WissenschaftlerProf. Dr.-Ing. Dr. h. c. Gerhard Sedla-cek. Der Ausgezeichnete prägte seitmehr als 25 Jahren die europäischenRegelwerke des Stahlbaus und über-zeugt durch die Breite und Vielfalt sei-ner fundierten Forschungs- und Ent-

wicklungsarbeiten im Stahlbau und inbenachbarten Gebieten.

Der mit 10000 € dotierte Preisdes Deutschen Stahlbaus ging an dieArchitekten gmp – von Gerkan, Margund Partner, Berlin, und die Ingeni-eure Krebs und Kiefer, Darmstadt, fürdie Tribünenüberdachung des BerlinerOlympiastadions.

Förderpreise

Für den Förderpreis des DeutschenStahlbaus 2004 wurden insgesamt 94Arbeiten eingereicht, wobei die Arbei-ten derArchitektursparte eindeutig inder Überzahl waren. Der erste Preismit 2000 € ging an Jonas Schmidt-Thomsen von der TU Berlin, FB Ar-chitektur (Betreuer: Prof. R. Hascherund Dr.-Ing. E. Widjaja) für die Neu-konzeption des Sportgeländes „AlteFörsterei“ in Berlin-Köpenick. DerPreisträger entwarf ein vorgespanntesStahltragwerk, dessen konisch ausge-bildete Druckstäbe über Diagonal-,First- und Ringseile gehalten werden.

Die beiden zweiten Preise mit je-weils 1500 € gingen an Martin Willeund Rainer Nitschke von der Fach-hochschule Stuttgart (FB Architektur,Prof. G. Gassmann und Prof. F.-U.Buchmann) für den Entwurf einesSteges über die Donau bei Inzigkofenund an Lutz Krüger von der Fach-hochschule Aachen (FB Architektur,Prof. H.-G. Brückmann) für den Ent-wurf der multifunktionalen Strukturfür Arbeiten, Wohnen und Freizeitge-staltung von morgen „Your work iswhere you are – Arbeitswelten derZukunft“ (nachzulesen in Bauen mitStahl e. V. (Hrsg.): Förderpreis desDeutschen Stahlbaues. Düsseldorf2004).

Die gemeinsame Ausstellung derpreisgekrönten Arbeiten wird als Wan-derausstellung ca. zwei Jahre lang anverschiedenen Orten in Deutschlandzu sehen sein.

Karl-Eugen Kurrer

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