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Diabetes mellitus

Diabetes mellitus - wuecampus2.uni-wuerzburg.de · • meist schlechtere Stoffwechsel-Einstellung als bei intensivierter Ther. • bei T1DM nur noch selten (bei sehr jungen/alten

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Diabetes mellitus

Übersicht PharmakotherapieDiabetes mellitus Typ I• Therapieprinzip und Therapieschema• Insulin und Insulinanaloga• Komplikationen

- Hypoglykämie- Ketoazidose

Diabetes mellitus Typ II• Nicht-insulinerge Antidiabetika

- Metformin- Sulfonylharnstoffe / Glinide- Pioglitazon- GLP-Analoga / DPP IV-Hemmer (Inkretin-Mimetika / Gliptine)- SGLT-2 Inhibitoren (Glifozine)- Resorptionshemmer

• Insulin und Insulin-Analoga

2/3 vor Frühstück 1/3 vor Abendessen

• meist schlechtere Stoffwechsel-Einstellung als bei intensivierter Ther.• bei T1DM nur noch selten (bei sehr jungen/alten Patienten)• häufig bei eingeschränkt schulbaren Typ 2 Diabetikern

Gabe von Mischinsulin (= fixe Kombination aus lang- und kurzwirksamem Insulin)Anpassung der Mahlzeiten an das Insulinschema

(Veraltet): Konventionelle Substitutionstherapie

Goldstandard: Intensivierte Substitutionstherapie

Basis-Bolus-Prinzip:• langwirksames Basalinsulin• Zusätzlich Insulin je nach Bedarf zur Mahlzeit• BZ-Selbstkontrolle

(morgens, vor Mahlzeiten, 2h nach Mahlzeiten,abends, bei Bedarf - Autofahren, Sport...)

Anpassung des Insulinschemas an die Mahlzeiten

Indikation Pumpe: - Diabetes bei Schwangeren - rezidivierende Hypoglykämien- beginnende Nephropathie

Chronische Komplikationen bei Diabetes Mellitus

• Mikroangiopathie- Auge, Niere

• Makroangiopathie- Myokardinfarkt- Schlaganfall- periphere arterielle Verschlußkrankheit

• Neuropathie (peripher)

diabetisches Fußsyndrom

je besser die BZ-Kontrolle, desto größer der Nutzen der Therapie

HbA1c wird stärker reduziert Risiko mikro- und makrovaskulärer Komplikationen ↓ Mortalität ↓

• Risiko für Hypoglykämie ↑• gute Patienten-Schulung ist essentiell• Insulinbedarf und -dosierung muss immer neu bestimmt werden

• Jede Einheit Insulin, die mehr als notwendig injiziert wird:→ Körpergewicht ↑ (da mehr gegessen werden muss)→ Zunahme des Körpergewichts: Insulinbedarf ↑

Vor- und Nachteile der intensivierten Insulin-Therapie

Insulin-Substitution – Kinetik!

Beeinflussung der Resorptionsgeschwindigkeit von Insulin

Insulinmodifikation• durch Substitution von Aminosäuren

- Hexamerbildung ↑: langwirksam - Hexamerbildung ↓: kurzwirksam

• durch Einbau weiterer Strukturen- Einbau von Myristinsäure

Komplexbildung von Humaninsulin• Protamin-Zusatz (NPH-Insulin)

Kinetik bei Insulinsubstitution

AspartGlulisinLispro

GlarginDetemir

Kurzwirksame Insulinanaloga:z.B. Insulin Lispro

Hexamer-Bildung ↓Wirkungseintritt: 15 minWirkdauer: 2-3 h

kein Spritz-Ess-Abstand nötig

niedrigere postprandiale BZ-Spiegel

keine Zwischenmahlzeiten zur Vermeidung von Hypoglykämien nötig

Im Vgl. zu Normalinsulin: - kein Unterschied bzgl. HbA1c

- nur geringfügig weniger schwere Hypoglykämien

NPH-Insulin(Neutrales Protamin Hagedorn)

AspartGlulisinLispro

GlarginDetemir

• Verzögerungsinsulin mit mittellanger Wirkdauer

! Suspension:Große Schwankungen der Resorptiondurch variable Durchmischung möglich!

Langwirksame Insulinanaloga:Insulin Glargin

- Hexamer-Bildung ↑- bei pH 7.4 ungeladen →schwer löslich in SubkutisWirkungseintritt: 3-4 hWirkdauer: 20-40 h

Im Vgl. zu NPH-Insulin: weniger nächtliche

Hypoglykämien

(Erhöhtes Tumorrisiko?)

Langwirksame Insulinanaloga:Insulin Detemir

Bindung an Subkutis und Albumin Wirkungseintritt: 1-2 hWirkdauer: 20 h

Im Vgl. zu NPH-Insulin: weniger nächtliche Hypoglykämien - schwache Bindung an Insulin-Rezeptor- oft 2x/tgl. Gabe nötig

Insulin - Wirkungen

Insulin - UAWs• Hypoglykämie

• Körpergewicht ↑ („Insulin-Mast“)

• Lipohypertrophie am Ort der s.c. Injektion

• Allergische Reaktionen

• Bildung neutralisierender Antikörper

Insulin als anaboles Hormon …• lipogen und hält die Fette in den Depots• baut aus Glukose den Energiespeicher Glykogen auf• hemmt Glykogenolyse und Glukoneogenese

Wichtigste und am meisten gefürchtete UAW unter Insulin-Therapie

Erhöhtes Hypoglykämie-Risiko bei …

• Unregelmäßiger Nahrungsaufnahme

• Schwerer körperlicher Arbeit

• AlkoholabususGlukoneogenese ↓

• ß-BlockernAdrenalin-induzierte Glykogenolyse/Glukoneogenese ↓Wahrnehmung der Anzeichen einer beginnenden Hypoglykämie ↓

Hypoglykämie-Therapie

• Leichte Hypoglykämie: KH p.o. (Traubenzucker + Brot)

• Schwere Hypoglykämie: Glukose i.v.; Glukagon s.c.

Ketoazidose

Fehlende Insulinwirkungen → Hyperglykämie; Glc-induzierte osmotische Diurese→ massive Lipolyse

Normal: Fettsäuren → ß-Oxidation → Acetyl-CoA → CO2 + H2O Lipolyse ↑↑↑: Acetyl-CoA → Ketonkörper

(ß-Hydroxybuttersäure, Acetessigsäure, Aceton) + H+

→ Bicarbonat-Verlust, metabolische Azidose

Ketoazidose-Therapie• Langsamer Ausgleich von Dehydratation, Elektrolytverlust, und BZ

1.9 Mrd. Menschen sind übergewichtig

„Globesity“

11-jähriges Mädchen mit Typ-II Diabetes mellitus

Time magazine, January 12, 2004

• >90% der Typ-2-Diabetiker sind adipös

• Adipositas > freie Fettsäuren ↑ und Fettzellhormone ↑> diese Zytokine schwächen Insulin-Wirkungen ab > Insulinresistenz

• Prognostisch sehr ungünstig: KHK-Risiko ↑↑

Typ-2-Diabetes und metabolisches Syndrom

Typ-II Diabetes mellitus

Ersteinstellung übergewichtiger Typ-II-Diabetiker: Diät, Reduktion des KG und Bewegungstherapie: HbA1c-Reduktion um 1-2%

Erst bei unzureichendem Erfolg:Orale Antidiabetika, ggf. Insulin

Therapieziel:HbA1c : <7% (<6.5%)Reduktion mikro- und makrovaskulärer Komplikationen

Nicht-insulinerge Antidiabetika

Insulin-“Sensitizer“:• Metformin• Pioglitazon

Steigerung der Insulin-Freisetzung:• Sulfonylharnstoffe, Glinide• Inkretin-Mimetika, DPP-IV-Inhibitoren

Blockade der renalen Glukoseresorption:• SGLT-2 Inhibitoren

Hemmstoffe der enteralen KH-Resorption:• α-Glukosidase-Hemmstoffe

Wirkmechanismus Metformin:Hemmung der Atmungskette (Leber)

Metformin aerob

anaerob

AMP ↑

AMPK ↑

Glukose ↓ (Enzymhemmung)

Lipidbiosynthese ↓ (Genexpression ↓)

Triglyceride ↓ (Enzymhemmung)

AMPK = Energiesparenzym

Mitochondrium

Wirkungen von Metformin

• Vermindert Glukose-Abgabe aus Leber (Glukoneogenese ↓)

• Fördert Glukose-Aufnahme / Glukose-Verwertung (GLUT4 ↑, Hexokinase ↑ in Fett und Muskel, Insulin-abhängig)→ Insulinresistenz ↓

• Senkt Triglyceride, erhöht HDL(Schrittmacherenzym der Fettsäuresynthese ↓)→ anti-atherogenes Potential

S Metformin

W Insulin-Sensitizer

K orale Gabe;einige Tage Latenz; einschleichende Dosierung

UAW GIT (20%)sehr selten Laktat-Azidose (bei hohen Dosen: Mitochondrienfunktion ↓ > anaerobe Glykolyse > Laktat ↑)

KI Niereninsuffizienz (renale Elimination von Metformin > Kumulationsgefahr > Risiko Laktatazidose ↑)hypoxische Zustände (Myokardinfarkt, schwere COPD, Sepsis)Schwangerschaft, Stillzeit, vor Allgemeinnarkose

keine Zunahme des Körpergewichts

Plasma-Insulinspiegel ↓

makrovaskuläre Ereignisse ↓

Mortalität ↓

Mittel der 1. Wahl bei Diabetes mellitus Typ II

CAVE:Laktat-Azidosen, bes. bei älteren Patienten

Bewertung Metformin

Wirkmechanismus der Sulfonylharnstoffe (SH) und Glinide

Ca2+-aktivierte Kv-Kanäle

K+

Aus Aktories, Pharmakologie und Toxikologie

Sulfonylharnstoffe (SH) und Analoga (Glinide)

S Glimepirid, Glibenclamid; Repaglinid

W indirekte Hemmstoffe von KATP-Kanälen (inverse Agonisten am SHR): → Insulin-Freisetzung ↑setzen Insulin auch bei Hypoglykämie weiter frei

K Sulfonylharnstoffe: Wirkung sofort + lang (schlecht steuerbar)Glinide: Wirkung sofort + kurz (prandiale Therapie)hohe Plasma-Eiweiß-Bindung → Interaktionspotential!

UAW Hypoglykämie (einschleichende Dosierung!)Gewichtszunahme

KI Allergie gegen Sulfonamide

Bewertung Sulfonylharnstoffe und Analoga (Glinide)

Sulfonylharnstoffe sind die wichtigsten insulinotropen Antidiabetika Ähnlich wirksam wie Metformin (HbA1c: 1-2% ↓)

Glibenclamid: mikrovaskuläre diabetische Komplikationen ↓Mittel der Wahl, wenn Lebensstiländerung/Metformin nicht ausreichend wirken

Glimepirid: niedrigere Hypoglykämie-Inzidenz als Glibenclamid

Repaglinid:HbA1c-Senkung um 0.5-1.5%Alternative bei Unverträglichkeit gegen Metforminbei eingeschränkter NierenfunktionKeine Langzeitdaten!

Wirkmechanismus der Thiazolidindione (Glitazone)

Agonisten am PPARγ

Veränderte Transkription:Glukose- und Lipidmetabolismus

Fettzell-Differenzierung ↑Wachstum von Fettgewebe ↑→ Triglyceride ↓, fr. FS ↓ , HDL-Chol. ↑

• Leber: Glucose-Abgabe ↓• Muskulatur: Glukose-Aufnahme ↑ • Insulin-Resistenzfaktoren wie TNFα ↓• Adiponektin ↑ > Insulinresistenz ↓

Nicht mit Insulin kombinieren:Ödembildung und Risiko für Herzinsuffizienz ↑↑

Keine Hypoglykämie-Gefahr

S Pioglitazon

W PPARγ-Agonist, Insulin-Sensitizer

K ca. 8 Wochen Latenz

UAW Na+-Retention (Ödembildung ↑, Herzinsuffizienz-Risiko ↑)GewichtszunahmeOsteoporose-Neigung

KI Herzinsuffizienz

Thiazolidindione (Glitazone)

15.06.2011 Rote-Hand-Brief zu Piogliatzon

...über Ergebnisse einer epidemiologischen Studie informiert, in der sich ein signifikantes, leicht erhöhtes Risiko von Blasenkarzinomen unter Anwendung pioglitazonhaltiger Arzneimittel gezeigt hat. Die französische Arzneimittelbehörde hat daraufhin die weitere Verschreibung untersagt. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) empfiehlt Ärzten, Patienten nicht neu auf Pioglitazon einzustellen.

Pioglitazon: Risiko von Blasenkarzinomen ↑

August 2012: im Vgl. zu Typ-2 Diabetikern unter Sulfonylharnstoff-Therapie3,25-fach ↑ Auftreten von Blasenkrebs nach ≥ 5 Jahren Glitazon-Therapie

Der Inkretin-Effekt

Gesunde Person Typ-2 Diabetiker

Aus: Pharmazie in unserer Zeit, 2010

Wirkungen des Inkretins glucagon-like peptide (GLP-1)

www.diabetes-ratgeber.net

Ca2+-aktivierte Kv-Kanäle

K+

ExenatidLiraglutid

GLP-1 Rezeptor → Gs → cAMP ↑ → PKA → KATP ↓ → Insulinfreisetzung ↑

Wirkmechanismus Inkretin-Analoga

S Exenatid, Liraglutid

W fördern Insulinfreisetzung über GLP1-Rez. der ß-ZellenWirkung abhängig von Höhe des BZ !Magenentleerung ↓ Appetit ↓, ß-Zell-Protektion

K nur s.c.

UAW Gastrointestinale Störungen, Erbrechen häufigRisiko akute Pankreatitis, Pankreaskarzinom?

• kaum Hypoglykämie-Risiko• Gewichtsabnahme• keine wesentlichen Vorteile gegenüber Insulinbehandlung• noch keine Langzeitdaten• teuer

GLP1-Analoga

Rolle der Dipeptidylpeptidase-IV (DPP-IV) für GLP-1-Spiegel

www.diabetes-ratgeber.net

S Sitagliptin, Saxagliptin, Vildagliptin

W Hemmung der Dipeptidyl-Peptidase IV: GLP1-Abbau ↓Inkretinspiegel ↑; Insulinfreisetzung ↑, Glucagonfreisetzung ↓(→ hepatische Glukoseproduktion ↓)

K oral

UAW gut verträglich (Kopfschmerzen, Schwindel)

• Hypoglykämie-Gefahr geringer als bei Sulfonylharnstoffen• Risiko für Pankreatitis und Pankreaskarzinome ↑ (?)• teuer

DPP IV-Inhibitoren (Gliptine)

SGLT-2 Inhibitoren (Glifozine)

Chao & Henry; Nature Reviews Drug Discovery 2010

SGLT-2: sodium glucose-linked transporter-2

SGLT-2 Inhibitoren (Glifozine)

S Dapaglifozin, Canaglifozin, Ertuglifozin

W Hemmung des Sodium Glukose Co-Transporters 2 (SGLT-2)renale Glukoseausscheidung ↑; Plasmaglukose ↓

K oral

UAW Harnwegsinfektionen, Dehydratationsrisiko ↑

• keine Hypoglykämie• Gewichtsverlust• Mechanismus der BZ-Senkung ist Insulin-unabhängig• verbesserte ß-Zellfunktion

S Acarbose, Miglitol

W Hemmstoffe der α-Glukosidase: blockieren Spaltung Glc-haltiger Disaccharide im Darm→ postprandialer BZ-Anstieg ↓

UAW Chronische GI-Beschwerden(Blähungen, Bauchschmerzen, Diarrhoe)

KI chron. entzündliche Darmerkrankungen

α-Glucosidase-Hemmstoffe

• bei Monotherapie kein Hypoglykämie-Risiko

• nur geringe Wirkung: HbA1C 0.2 - 0.5% ↓

• bes. wirksam in Frühphase des T2DM (Insulinresistenz + post-prandiale Hyperglykämie)

Bewertungα-Glucosidase-Hemmstoffe