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Lutz Heinemann, Dorothee Deiss, Thorsten Siegmund, Sandra Schlüter, Michael Naudorf, Simone von Sengbusch, Karin Lange, Guido Freckmann Praxisempfehlung der DDG: Glukosemessung und -kontrolle bei Patienten mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes 2017 12. Jahrgang Seite S242–S262 Sonderdruck Diabetologie und Stoffwechsel Verlag und Copyright: © 2017 by Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart ISSN 1861-9002 Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages

Diabetologie und Stoff wechsel - diabetes.ascensia.de€¦ · 2-Diabetes führen prä- und postprandiale Glukosemessungen durch, so dass ein Bedarf von mindestens 7 Teststreifen

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Lutz Heinemann,Dorothee Deiss,

Thorsten Siegmund, Sandra Schlüter,

Michael Naudorf, Simone von Sengbusch,

Karin Lange, Guido Freckmann

Praxisempfehlung der DDG: Glukosemessung und -kontrolle bei Patienten mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes

201712. JahrgangSeite S242–S262 Sonderdruck

Diabetologieund Stoff wechsel

Verlag und Copyright:© 2017 byGeorg Thieme Verlag KGRüdigerstraße 1470469 StuttgartISSN 1861-9002

Nachdruck nur mitGenehmigung des Verlages

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Praxisempfehlung der DDG: Glukosemessung und-kontrolle bei Patienten mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes

Autoren

Lutz Heinemann1, Dorothee Deiss1, 2, Thorsten Siegmund1, Sandra Schlüter1, Michael Naudorf1, Simone von Sengbusch2,

Karin Lange2, Guido Freckmann1

Institut

1 Arbeitsgemeinschaft Diabetes & Technologie der

Deutschen Diabetes Gesellschaft e.V., Ulm

2 Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie e. V.,

Münster

Schlüsselwörter

Typ-1-Diabetes, Typ-2-Diabetes, Kontinuierliches Glukose-

monitoring, Blutglukoseselbstmessung, CGM, HbA1c

Key words

Type 1 diabetes, Type 2 diabetes, continuous glucosemonito-

ring, blood glucose self-assessment, CGM, HbA1c

Bibliografie

DOI https://doi.org/10.1055/s-0043-119049

Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2): S242–S262

© Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart · New York

ISSN 1861-9002

Korrespondenzadresse

Sandra Schlüter

DSP Northeim, Mühlenstraße 26, 37154 Northeim

[email protected]

ÜberblickDiabetes mellitus ist gekennzeichnet durch ausgeprägte Glukose-schwankungen, bedingt durch fehlende oder insuffiziente physio-logische Regelungssysteme. Ziel der Diabetestherapie ist es, dieseSchwankungen durch Gabe von Insulin, Antidiabetika oder durchLebensstiländerungen zu begrenzen. Regelmäßige Glukosemes-sungen sind zur Verlaufskontrolle der Diabetestherapie unver-zichtbar, um entweder sofortige Entscheidungen zur geeignetenDosierung der antidiabetischen Medikation oder zur Zufuhr vonKohlenhydraten zu treffen. Die retrospektive Analyse der Stoff-wechsellage durch die HbA1c-Messung dient vor allem derAbschätzung des Langzeitrisikos für mikro- und makrovaskuläreKomplikationen. Der HbA1c-Wert gibt aber keinen Aufschlussüber Glukoseschwankungen, die zu akuten Komplikationen wieHypoglykämien und Ketoazidosen führen.

In den vergangenen Jahrzehnten erfolgten die Stoffwechsel-selbstkontrollen durch Messung der kapillären Blutglukose mitentsprechenden Messsystemen („Blutzuckermessgeräte“; SMBG-Systeme). Diese wurden über die letzten 30 – 40 Jahre hinwegsowohl in Bezug auf Größe und Handhabbarkeit als auch in analy-tischer Hinsicht wesentlich weiterentwickelt. Dabei erreicheneinige Systeme inzwischen eine Messgenauigkeit, die an die vonLaborsystemen annährend heranreicht. SMBG hat aber den ent-scheidenden Nachteil, nur einen Glukose-Einzelwert anzuzeigen– ohne gleichzeitige Aussagen über die Änderungsrate und-geschwindigkeit (Anstieg, Abfall) der Glukose zu machen. Dieskann ungerechtfertigte Therapieentscheidungen zur Folge haben,z. B. durch Gabe von Korrekturinsulin bei rasch abfallender Gluko-se. Außerdem ist die Anzahl an SMBG-Daten von der Möglichkeit

und Entscheidung des Patienten abhängig, die Messung durchzu-führen. Als Folge bleiben z. B. häufig nächtliche oder asymptoma-tische Hypoglykämien unentdeckt.

Seit etwa 15 Jahren stehen Systeme zur kontinuierlichen Glu-kosemessung (CGM) in der interstitiellen Gewebsflüssigkeit (ISF)zur Verfügung: Während Messungen mit SMBG-Systemen unterAlltagsbedingungen bei Erwachsenen durchschnittlich vier- bissiebenmal täglich Messwerte zur Überwachung des Glukosever-laufs zur Verfügung stellen, liefern CGM-Systeme einen vollständi-gen Überblick über 24 Stunden mit i. d. R. Messwerten in 5-minü-tigen Abständen. Sie zeigen dabei Schwankungen in denGlukosekonzentrationen an, die z. B. durch Mahlzeiten, körperli-che Aktivitäten, Stress, Krankheit und diverse andere nicht vor-hersehbare Faktoren bedingt sind. Im Sinne einer besseren Gluko-sekontrolle ist eine zeitnahe Kenntnis des aktuellen Glukosewertsund seiner Dynamik eine wichtige Information, um diese optimie-ren zu können und gleichzeitig akute Komplikationen vermeidenzu können. Wenn auch bei etlichen Patienten mit ausreichendhäufigen SMBG-Messungen eine befriedigende Glukosekontrollemöglich ist, können durch CGM die Teilhabe am Leben gefördertund psychische Belastungen reduziert werden. Dies gilt insbeson-dere für Kinder mit Typ-1-Diabetes, die noch nicht in der Lagesind, körperliche Symptome, z. B. einer Hypoglykämie, zu identifi-zieren. Die Zahl der täglich erforderlichen Blutglukosemessungenübersteigt oft die Zahl 20 mit entsprechender Belastung der Kin-der und Eltern. Dies gilt insbesondere für regelmäßige nächtlicheMessungen. CGM-Systeme stellen zudem eine technische Innova-tion dar, die erst die Etablierung von Closed-Loop-Systemen (= Ar-tificial Pancreas) ermöglichen.

DDG Praxisempfehlung

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Für Menschen mit Diabetes war in der Vergangenheit dasAusüben von Berufen erschwert, bei denen sie im Falle einerHypoglykämie sich selbst und andere Menschen gefährden könn-ten, z. B. Pilot, Busfahrer, Polizist oder Dachdecker. Die Nutzungvon real-timeCGM-Systemen ermöglicht nun, vorausgesetzt dieNutzung erfolgt kontinuierlich und die Daten und Alarme werdenadäquat berücksichtigt und umgesetzt, diese Berufe auch mit Di-abetes voll funktionsfähig und uneingeschränkt ausführen zu kön-nen. Dadurch kann eine Teilhabe am Arbeitsleben mit Aufrechter-haltung der Erwerbsfähigkeit erreicht werden (gesetzlichvorgesehen im SGB IX § 33 und gesamtgesellschaftlich notwendigund sinnvoll).

In der Praxis eingesetzt werden CGM-Systeme, die die Messer-gebnisse unmittelbar anzeigen, die sogenannten real-time CGM-Systeme (rtCGM). Aktuelle Glukosewerte werden numerisch undgrafisch dargestellt, ebenso Glukosetrends mit Angabe der Rich-tung und Änderungsgeschwindigkeit des Glukosewerts. Zusätz-liche Sicherheit entsteht durch programmierbare Alarme, die vorHypo- und Hyperglykämien warnen. Der Vorteil der rtCGM-Syste-me ist aber nur bei Patienten evident, die diese kontinuierlich zurOptimierung ihrer Therapie nutzen.

Die aktuellen Generationen dieser Systeme weisen, imVergleich zu Systemen früherer Generationen, eine erheblich ver-besserte Messgenauigkeit auf. Aufgrund einer physiologischenzeitlichen Verzögerung zwischen Blut- und Gewebeglukosekon-zentration kann es vor allem bei raschen Anstiegen und Abfällenim Glukoseverlauf zu Abweichungen zwischen den Messwertenin den beiden Kompartimenten kommen. rtCGM-Systeme beru-hen meist auf sogenannten „Nadelsensoren“, die eine unmittel-bare Anzeige der gemessenen Glukosewerte auf speziellen Emp-fangs- und Anzeigegeräten („Handhelds“), Insulinpumpen oderüber eine App auf einem Smartphone ermöglichen. Als Alternati-ve zu den Nadelsensoren, die im einiwöchigen Rhythmus ausge-tauscht werden müssen, steht aktuell ein implantierbarer Lang-zeitsensor zur Verfügung.

Eine weitere Variante stellt ein Nadelsensor-System dar, beidem zum Anzeigen/Auslesen der Messwerte das Lesegerät in dieNähe des Sensors gehalten werden muss (intermittent scanningCGM; iscCGM). Nach dem Scannen werden der aktuelle Glukose-wert und retrospektiv die kontinuierlichen Glukosedaten der letz-ten acht Stunden angezeigt. Dieses System muss nicht kalibriertwerden. Ein weiterer Vorteil besteht in geringeren Kosten, derNachteil ist das Fehlen von Alarmen. Durch häufiges Scannenkann die Zahl an Hypo- und Hyperglykämien reduziert werden,die fehlende Alarmfunktion führt jedoch dazu, dass in Phasengeringer Scanfrequenz (insbesondere in der Nacht) Hypo- undHyperglykämien, wie bei der SMBG, zu spät bemerkt werden.

Im Folgenden werden die verschiedenen Optionen zur Gluko-semessung unter Verwendung einer einheitlichen Gliederungs-struktur erläutert. Der Entscheidungsbaum in ▶ Abb. 1 vermittelteinen raschen Überblick, welches Glukosemesssystem für den in-dividuellen Patienten am besten geeignet erscheint. Dabei ist dieAusgangsituation, dass der Patient in die Praxis/Klinik kommt, undes, sein medizinisches Problem zu erkennen und die verschiede-nen Optionen der Glukosemessung mit ihm zu besprechen. DieEntscheidung für eine Option sollte primär durch medizinischeund soziale Indikationen (z. B. Hypoglykämien, berufliche und pri-

vate Lebenssituation, Schwangerschaft) geleitet werden, nichtdurch ökonomische Aspekte. Dabei stellt SMBG die erste Stufedar, die jeder Patient unbedingt beherrschen sollte. Erst dann soll-te eine Umstellung auf rtCGM/iscCGM erfolgen. Die Entscheidungdafür, welche der beiden derzeit angebotenen CGM-Optionen ge-eignet ist, hängt von den individuellen Bedingungen des Patien-ten ab. Eine intensive Schulung in der jeweiligen Diabetesthera-pieform ist Vorbedingung und für die CGM-Version begleitenderforderlich. Bei mangelnder Nutzung der Möglichkeiten vonrtCGM stellt der Wechsel auf iscCGM eine Option dar. Umgekehrtkann bei Nichterreichen der Therapieziele oder instabiler Glukose-kontrolle unter iscCGM der Wechsel auf rtCGM sinnvoll sein. Man-gelnde Adhärenz mit rtCGM oder iscCGM sollte zur Beendigungder Nutzung dieser Systeme führen.

Bei Kindern kann das Vorgehen davon abweichen. Diese erhal-ten heutzutage häufig schon initial eine Insulinpumpe und raschein CGM-System. Kinder < 2 Jahren bekommen vielfach primärdirekt beides, weil 12 – 15 SMBG-Messungen pro Tag eine hoheBelastung für Kind und Eltern darstellen (bei der Kalibration erler-nen sie SMBG). Diese Patientengruppe profitiert insbesonderevon den neuen technischen Optionen.

Aussagen zur therapeutischen Nutzung der beim Glukosemo-nitoring erhaltenen Messwerte bei verschiedenen Patientengrup-pen werden in den jeweiligen Praxisempfehlungen gegeben.

Die vorliegenden Empfehlungen nennen keine Produktnamenbei Blutzuckermesssystemen, wobei der Bedarf einer Positivlistedeutlich vorhanden ist. Ebenso werden keine Angaben zu techni-schen Details von spezifischen Produkten gemacht, da deren Wei-terentwicklung zu rasch erfolgt (s. Homepages der Hersteller).

Bei der vorliegenden Praxisempfehlung handelt es sich nichtum eine evidenzbasierte S3-Leitlinie. Entsprechend werden dieAussagen hier nicht durch Literaturzitate belegt. Die Empfehlun-gen beruhen auf klinischen und praktischen Erfahrungen und deraus Studien abgeleiteten Evidenz im Sinne einer möglichst gutenNutzbarkeit im Alltag. Außerdem werden keine Aussagen zur Dia-betesdiagnose und dem dortigen Einsatz von Glukosemessunggemacht, s. dazu die entsprechende Praxisempfehlung.

Die Autoren dieser Praxisempfehlung sind Mitglieder der AGDTe. V. und/oder der AGPD e. V., die als Arbeitsgemeinschaftenunter dem Dach der DDG verortet sind. Die AGDT hat eine Reihevon Stellungnahmen und Publikationen zu Aspekten erstellt, diein dieser Praxisempfehlung behandelt werden, diese sind auf derDDG-Homepage zu finden. Diese Praxisempfehlung wurde mitder Kommission für Labordiagnostik in der Diabetologie (KLD)konzertiert. Ebenso fließen Aussagen aus der S3-Leitlinie zumTyp-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen ein, die unter derFederführung der AGPD im Jahr 2015 publiziert wurde.

Selbstmessung der kapillären Blutglukose-konzentration (SMBG)

Ziel/Indikationen

Zum Erreichen der Therapieziele (z. B. ein mit dem behandelndenArzt vereinbarter HbA1c-Wert, Reduktion der Hypoglykämien,Verbesserung der präprandialen oder postprandialen BZ-Werte)

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messen entsprechend geschulte Patienten mit Diabetes mellitusregelmäßig die Glukosekonzentration in kapillären Blutproben(Hinweise zur korrekten Durchführung der Messung in ▶ Tab. 1).Die Blutglukosemessung dient ebenso zur Erkennung von akutenStoffwechselentgleisungen (Hypo- oder Hyperglykämien).

Bei unterschiedlichen Therapieansätzen (orale Therapie, Bed-time-Insulingabe, CT, ICT, Insulinpumpe (CSII)) und verschiede-nen Diabetestypen (Typ-1, Typ-2 mit und ohne Insulintherapie,pankreopriver Diabetes, Gestationsdiabetes und andere) sindunterschiedliche Zeitpunkte zur Messung der Blutglukosekonzen-tration üblich und sachlich angezeigt (▶ Tab. 2). Die Ergebnisseder Glukosemessungen dienen der Anpassung der Insulindosisoder anderer antidiabetischer Medikamente, der Anpassung derBewegung an die aktuelle Glukosesituation bzw. der Kohlenhy-dratzufuhr bei (drohender) Hypoglykämie.

Eine eindeutige Indikation für SMBG besteht bei Patientenmit einem Typ-1- oder einem insulinpflichtigen Typ-2-Diabetes.Patienten mit Typ-1-Diabetes und einer ICT mit mehrfachen Insu-lininjektionen täglich oder einer Insulinpumpe sollten mindestens4 × täglich (präprandial und vor dem Schlafengehen) sowie alle2 – 3 Wochen auch während der Nacht die Blutglukosekonzentra-tion messen. Hinzu kommen gegebenenfalls Messungen inbesonderen Situationen, z. B. zur Überprüfung von Mahlzeitenwir-kung, Hypoglykämieverdacht, Sport, Krankheit, Urlaub, Autofah-ren etc. Dabei entsteht ein durchschnittlicher Bedarf an Glukose-teststreifen von mindestens 5 pro Tag (▶ Tab. 2). Eine besondereGruppe stellen Patienten mit Typ-1-Diabetes und Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung dar. Zu den bereits beschriebenenMesszeitpunkten kommen Überprüfungen vor jeder Autofahrt,während körperlicher Betätigung, beim Sport und bei der Alltags-arbeit hinzu. So entsteht ein Quartalsbedarf von mindestens 800Teststreifen. Nochmals erhöht sich der Bedarf an Teststreifen beiKindern, insbesondere Kleinkindern, da sie sich selbst nicht ver-lässlich zu Symptomen von Hypo- oder Hyperglykämien äußernkönnen und gleichzeitig zu deutlich schnelleren und intensiverenGlukoseschwankungen neigen als Erwachsene mit Typ-1-Diabe-tes.

Patienten mit insulinpflichtigem Typ-2-Diabetes mit ICT solltenebenfalls die präprandialen und gelegentlich die postprandialenGlukosewerte bestimmen sowie vor dem Schlafen messen. Dertägliche Teststreifenbedarf beträgt mindestens 4 – 5 Stück; dasentspricht pro Quartal mindestens 500 Teststreifen. Patientenmit einem insulinpflichtigen Typ-2-Diabetes und einer CT oderBedtime-Therapie benötigen mindestens 1 – 2 Messungen proTag; der Quartalsbedarf liegt somit bei mindestens 150 – 250Teststreifen.

Patienten mit einem nicht insulinpflichtigen Typ-2-Diabetesmit einer Sulfonylharnstofftherapie benötigen Teststreifen zumErkennen von Hypoglykämien. Die Praxiserfahrung zeigt einenTeststreifenbedarf pro Quartal von mindestens 50 Stück.

Medizinisch sinnvoll ist eine Versorgung aller Patienten miteinem Typ-2-Diabetes und einer oralen antidiabetischen Therapiemit mindestens 50 Teststreifen pro Quartal bei Manifestation, zuSchulungszwecken oder bei Nichterreichen der Therapieziele.

Schwangere mit einem vorbestehenden Typ-1- oder Typ-2-Diabetes führen prä- und postprandiale Glukosemessungendurch, so dass ein Bedarf von mindestens 7 Teststreifen pro Tag

entsteht, also mindestens 700 Teststreifen pro Quartal. Frauenmit einem Gestationsdiabetes sollten immer den Nüchternblut-glukosewert messen und 2- bis 3-mal pro Woche postprandialmessen. Bei Insulinpflichtigkeit werden regelmäßige prä- undpostprandiale Glukosemessungen notwendig; dies führt zu einemBedarf von mindestens 7 Teststreifen pro Tag.

Die Glukosemessung verlangt nicht nur eine geeignete Schu-lung der Patienten in der konkreten und korrekten Durchführungder Glukosemessung, sondern insbesondere ein Verständnis da-für, wie die Messergebnisse in therapeutische Schritte umgesetztwerden.

Messmethodik

Bei den üblicherweise von Patienten verwendeten SMBG-Syste-men wird als Enzym entweder Glukose-Oxidase oder Glukose-Dehydrogenase eingesetzt. Die Glukose-Oxidase-Methode istinterferenzanfällig gegenüber reduzierenden Substanzen undMedikamenten (z. B. Ascorbinsäure, Paracetamol, Blutsauerstoff-gehalt). Relevante Interferenzen müssen deklariert werden.Insbesondere bei multimorbiden Patienten (Interferenzen durchMedikamente, Harnsäure etc.) und bei hohen oder niedrigenHämatokritwerten sollte überprüft werden (Handbuch/Teststrei-fenbeipackzettel), ob die Messsysteme für den jeweiligen Patien-ten geeignet sind.

Verfügbare Systeme

Aktuell sind mehr als 100 verschiedene SMBG-Systeme von mehrals 20 Anbietern verfügbar. Da fortwährend neue Geräte auf denMarkt kommen, werden hier keine Angaben zu individuellenGeräten gemacht. Es gibt Übersichten zu den Eigenschaften derSMBG-Systeme, wobei diese primär auf den Angaben der Herstel-ler beruhen. Viele moderne SMBG-Systeme weisen Zusatzfunktio-nen wie Datenspeicherung/-auslesung, Boluskalkulatoren, Be-rechnung eines geschätzten HbA1c-Werts oder die Möglichkeitder Versendung der Daten in die Cloud auf („Konnektivität“).

Alle Medizinprodukte müssen eine CE-Markierung aufweisen.Die CE-Markierung ist kein Gütesiegel, und es erfolgt auch keinesystematische Evaluierung der Messgüte dieser Systeme nachMarkteinführung. Inzwischen hat es mehrfach eindeutige Hinwei-se auf unzureichende Messgüte von im Markt befindlichen Syste-men gegeben, die durch unabhängige Evaluierungen erkanntwurden.

Vorgaben zur Messgüte/StandardsDie auf dem Markt verfügbaren SMBG-Systeme müssen dieVorgaben des ISO-Standards 15 197:2015 erfüllen.

Kosten/Kostenerstattung

Die Kosten für die Blutzuckermesssysteme (Gerät + Teststreifen)werden bei Patienten mit Typ-1-Diabetes und insulinpflichtigemTyp-2-Diabetes durch die Krankenkassen übernommen. Bei Pa-tienten mit Typ-2-Diabetes, die keine medikamentöse Therapiedurchführen oder eine mit oralen Antidiabetika ohne Hypoglykä-mierisiko, ist eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen

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DDG Praxisempfehlung

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Krankenkassen nur in besonderen Situationen (instabile Stoff-wechsellage, Neueinstellung oder Umstellung mit erhöhtemHypoglykämierisiko) gegeben.

Der verschreibende Arzt legt die Zahl an Teststreifen fest, dieer bei dem gegebenen insulinpflichtigen Patienten für sinnvollerachtet. Wichtig ist hierbei eine genaue Angabe der Indikation.So ist z. B. eine Manifestation oder eine Schwangerschaft beiTyp-1- oder Typ-2-Diabetes im Ranking des Teststreifenver-brauchs deutlich höher anzusiedeln als bei einer konventionellenInsulintherapie. In der Realität wird die Verordnungsfähigkeit vonBlutzuckerteststreifen durch einen GBA-Beschluss festgelegt undist in den Arzneimittelrichtlinien Anlage III (Übersicht über Verord-nungseinschränkungen und -ausschlüsse) festgelegt. Die Kassen-ärztlichen Vereinigungen (KVen) regeln die Verordnung vonBlutzuckermessgeräten und Teststreifen. Ein gemeinsamer Orien-tierungsrahmen, Vereinbarungen und Verträge wurde zwischenden Krankenkassen und den KVen abgeschlossen. Dies führt zu„Empfehlungen“ der KVen in Abstimmung mit gesetzlichen Kran-kenkassen, welche Kosten bei welchem Diabetestyp und Thera-pieform übernommen werden. Diese sind jedoch nicht verpflich-tend.

Entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Sozialgesetz-buch V wird versucht, die Kosten für Teststreifen dadurch zu redu-zieren, dass die Messsysteme in verschiedene Kategorien (A/B)unterteilt werden – primär basierend auf deren Preisen und nichtqualitätsbezogen. Der Verband der Ersatzkassen hat gemeinsammit dem Deutschen Apothekerverband vertraglich geregelt, dassApotheken eine bestimmte Quote an Messsystemen der Katego-rie A gegen die günstigere Kategorie B austauschen. Der Aus-tausch wird den Apotheken vergütet. Eine Schulung zur Handha-bung eines neuen Blutzuckermesssystems durch das Personal(Apotheke) ist vorgeschrieben.

Qualitätskontrolle (intern und extern/Ringversuche)

Eine Qualitätskontrolle für Glukosemesssysteme im häuslichenBereich kann mit einer systemspezifischen Kontrolllösung(verordnungsfähig) durchgeführt werden. Im Idealfall sollte mitAnbruch einer neuen Teststreifenpackung und zu den in derBedienungsanleitung angegebenen Situationen eine Qualitäts-kontrolle zu Hause erfolgen.

Nach den Richtlinien der Bundesärztekammer (Rili-BÄK) müs-sen SMBG-Systeme, die in Labors, Kliniken und Praxen für die Glu-kosemessung eingesetzt werden, die Vorgaben zur internen Qua-litätskontrolle (= Kontrolllösungsmessungen) erfüllen, jedochnicht diejenigen zur externen Qualitätskontrolle (= Ringversuche).

Sicherheitsfragen/Nebenwirkungen

Wenn es durch eine Fehlmessung z. B. zur Verabreichung einer in-korrekten Insulindosis kommt, kann dies unmittelbare und erheb-liche Konsequenzen haben, z. B. eine schwere Hypoglykämie. Da-her muss den Voraussetzungen für eine korrekte Glukosemessungmit SMBG-Systemen bei der Schulung große Aufmerksamkeitgewidmet werden (▶ Tab. 3).

Für die Patienten kann die Notwendigkeit zum Stechen in ei-nen Finger zum Gewinnen eines Blutstropfens eine schmerzhafteProzedur darstellen: Trotz der heute verfügbaren modernen

Stechhilfen kann dies auf Dauer zu erheblichen Narbenbildungenan den Fingerkuppen führen und Sensibilitätseinschränkungenzur Folge haben. Bei jüngeren Kindern, die die Notwendigkeit derMaßnahmen noch nicht verstehen können, kann es zu erhebli-chen psychischen Belastungen und zur Störung der Eltern-Kind-Beziehung kommen. Aber auch für viele erwachsene Patientenstellen die sich mehrmals täglich selbst zuzufügenden Schmerzeneine erhebliche psychische Belastung dar.

Praktische Durchführung der Messung

Bei der Messung gilt es, die Faktoren zu beachten, die für eine kor-rekte Messung wichtig sind (▶ Tab. 1, 3) (s. Leitfaden zur Blutzu-cker-Selbstkontrolle: https://www.vdbd.de/Downloads/Blutzucker-Selbstkontrolle-Stand1142014.pdf).

Einsatz bei verschiedenen Patientengruppen

Üblicherweise wird der „Markt“ nur in Patienten mit Typ-1- oderTyp-2-Diabetes und Gestationsdiabetes unterteilt. In der Realitätgibt es allerdings eine ganze Reihe von „Subgruppen“; insbeson-dere, wenn es um SMBG geht. So gibt es auf dem Markt kaumMesssysteme, die für Patienten mit einer eingeschränkten Sehfä-higkeit oder für blinde Patienten gut geeignet sind (Geräte miteiner Sprachausgabe bzw. akustischer Anleitung für die Nutzung).Dies gilt ebenfalls für ältere Patienten mit einer eingeschränktenmanuellen Geschicklichkeit. Diese brauchen eine einfache Bedie-nung und ein gut lesbares Display.

Schulung/psychologische Aspekte

Die vorbereitenden Schritte für die SMBG, insbesondere die Ge-winnung des kapillären Blutstropfens, sowie die korrekte Durch-führung der eigentlichen Messung setzen eine theoretische undpraktische Schulung voraus. Diese sollte idealerweise mit demSystem erfolgen, das der Patient anschließend verwendet. Eineeinmalige Einführung reicht hierbei oftmals nicht aus, d. h., dieverschiedenen zu beachtenden Schritte sollten wiederholtgeschult, besprochen und konkret supervidiert werden.

Da die Durchführung von SMBG in der Öffentlichkeit (Schule,Arbeitsplatz, Restaurant etc.) transparent macht, dass dieserMensch an Diabetes erkrankt ist, verzichten Betroffene häufig insolchen Situationen auf eine Messung. Dies kann deutliche Risikenmit sich bringen. Der verständliche Wunsch der Patienten nachDiskretion macht andere Glukosemonitoring-Optionen (s. u.)attraktiv. Dennoch wollen nicht alle Patienten permanent eintechnisches Gerät unmittelbar am Körper tragen.

Kommentar

Die Leistungsfähigkeit der Messsysteme für SMBG wurde so weitgesteigert, dass erhebliche weitere Verbesserungen in absehbarerZeit nicht mehr zu erwarten sind. SMBG-Systeme weisen aufgrundder geringeren Kosten gegenüber rtCGM-/iscCGM-Systemen wei-terhin den größten Marktanteil der Glukosemonitoringsystemeim Bereich der Diabetestechnologie auf. Kontinuierliche Messsys-teme wie rtCGM und iscCGM gewinnen jedoch zunehmend anAkzeptanz und Bedeutung.

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Ein Hauptkritikpunkt der Glukosemesssysteme für die Zukunftist die Interoperabilität der Systeme. Wichtig ist eine verbesserteautomatische Verfügbarkeit der Messergebnisse für die Datenaus-wertung in Softwareprogrammen oder Apps. Das Zusammenfüh-ren von Daten wie Insulindosis, Kohlenhydratangaben oder Bewe-gung erleichtert die retrospektive Analyse. Boluskalkulatorenkönnen solche Daten zusammenführen und den Patienten fehler-anfällige Berechnungen ersparen.

Real-time CGM (rtCGM)

Ziel/Indikationen

Therapieziele können bei Verwendung von rtCGM-Systemendurch die Zunahme der Qualität der Information und deren Men-ge (Anzeige des aktuellen Werts, Trendanzeige und Alarme beimErreichen voreingestellter Grenzwerte) besser erreicht werden.Der Einsatz von rtCGM ermöglicht bei fast allen Anwendern dasErreichen der Therapieziele: Reduktion des HbA1c, der Glukoseva-riabilität, der Hypoglykämiefrequenz, der Hypoglykämiedauerund des Auftretens von schweren Hypoglykämien.

Die Angabe des aktuellen Glukosewerts, des aktuellen Trendssowie des Glukoseverlaufs über die letzten 3/6/12/24 Stundenhinweg hilft sowohl bei der Beurteilung der aktuellen Glukosekon-trolle als auch bei der Einschätzung der Auswirkung von therapeu-tischen Interventionen bei Nahrungsaufnahme oder körperlicherAktivität. Erforderlich ist, dass die Patienten die Menge und Quali-tät der angebotenen Information adäquat nutzen und in thera-peutische Interventionen umsetzen (▶ Abb. 2). Für eine solchekomplexe Aufgabe müssen die Patienten (und das medizinischeFachpersonal) zusätzlich zur bloßen technischen Einweisung indas jeweilige System theoretisch und praktisch geschult sein.

Indikationen für den Einsatz von rtCGM bestehen bei folgendenPatientengruppen (▶ Abb. 1): Typ-1-Diabetes, Typ-2-Diabetes mitICT, insulinpflichtiger Diabetes mit Hypoglykämiewahrnehmungs-störung, Schwangerschaft mit vorbestehendem insulinpflichtigemDiabetes.

In Abstimmung zwischen Patient und Arzt gilt es eine individu-elle Entscheidung zu treffen, ob die rtCGM-Nutzung medizinischerforderlich und sinnvoll erscheint. Unbestreitbar ist der großeNutzen von rtCGM für viele Patienten, wenn auch nicht bei jedemPatienten indiziert. Die Durchführung einer „Testphase“ kann fürden Patienten und das Diabetesteam hilfreich sein, um den indivi-duellen Nutzen abzuwägen.

rtCGM-Systeme können als sogenannte „Stand-alone“-Gerätefür sich allein genutzt werden, z. B. bei Patienten mit intensivier-ter Insulintherapie, oder in Kombination mit einer Insulinpumpe.Während bei den ersten Generationen der Kopplung von rtCGMund Pumpe das Pumpendisplay lediglich zur Anzeige der rtCGM-Daten diente, ist bei den aktuellen Generationen die Interaktiondahin gehend weiterentwickelt worden, dass die Insulinpumpenautomatisch die basale Insulininfusion stoppen, wenn eine Hypo-glykämie droht. rtCGM ermöglicht somit in Zukunft die Etablie-rung eines Closed-Loops („technische Heilung des Diabetes“), d.h., die aktuelle Glukoseinformation wird genutzt, um die Infusi-onsrate einer Insulinpumpe automatisch an den Glukoseverlauf

anzupassen. Dabei kann das einzige, bisher nur in den USA zuge-lassene System dieser Art automatisch die Basalrate anpassen, je-doch keine vollautomatische Anpassung der Insulingabe bei Mahl-zeiten übernehmen.

Einige rtCGM-Systeme ermöglichen auch die Übertragung dergemessenen Werte in eine Cloud. Von dort können die Daten anFamilienangehörige oder das Diabetesteam weitergeleitet wer-den, wenn der Patient dies wünscht („Connectivity“).

Seit Kurzem ist ein Langzeit-rtCGM-System verfügbar, bei demder Sensor unter die Haut eingesetzt wird. Durch einen darüberauf der Haut befindlichen abnehmbaren Transmitter wird die Glu-kosekonzentration in der ISF in regelmäßigen Abständen errech-net und weitergeleitet. Der Sensor verbleibt 90-Tage (in Zukunft180 Tage) im Unterhautfettgewebe und ist danach zu entfernen;bei Weiternutzung muss die Neuanlage eines Sensors erfolgen.

Unserer Ansicht nach sollte bei einer beabsichtigen Intensivie-rung der Diabetestherapie bei der überwiegenden Zahl der Pa-tienten zuerst die Nutzung eines rtCGM-/iscCGM-Systems erfol-gen und erst dann der Einsatz einer Insulinpumpe – zumindestgilt dies für viele Patienten, wenn auch nicht für alle. Für eine op-timale Nutzung der Insulinpumpentherapie ist ein rtCGM-/iscCGM-System keine Voraussetzung, sie ist damit aber wesent-lich einfacher, differenzierter und sicherer durchzuführen. EineAusnahme stellen Kinder mit Typ-1-Diabetes dar, die vor allembei einem Alter < 6 – 8 Jahren primär schon bei Manifestation miteiner Insulinpumpe und mit einem rtCGM starten.

Messmethodik

Bei den aktuell auf dem deutschen Markt verfügbaren Nadelsen-soren der rtCGM-Systeme erfolgt die Glukosemessung durch eineenzymatische Methode (s. SMBG) in der ISF im Unterhautfettge-webe. Die aktuell verfügbaren rtCGM-Systeme, die auf einemNadelsensor basieren, haben eine Nutzungsdauer von bis zu 7 Ta-gen. Danach sollte der Glukosesensor nach Herstellerangaben ge-wechselt werden. Üblicherweise übermitteln die Sensoren alle 5Minuten einen über diesen Zeitraum gemittelten Durchschnitts-wert an das jeweilige Empfangsgerät (▶ Tab. 4). Wie bei den Blut-zuckermesssystemen kann es zu Interferenzen durch Medikamen-te (z. B. Paracetamol, s. Gerätehandbuch) kommen. Bei demimplantierbaren rtCGM-System ist die Glukosemessung fluores-zenzbasiert.

Verfügbare Systeme

Nach den regulatorischen Vorgaben sollte bei den meistenrtCGM-Systemen eine Anpassung der Insulindosis aufgrund desMessergebnisses einer SMBG-Messung erfolgen und nicht basie-rend auf den CGM-Daten („adjunctive usage“). In der Praxisverlassen sich jedoch viele Patienten auf die Genauigkeit derrtCGM-Daten, so dass sie zu Therapieentscheidungen herangezo-gen werden. Es gibt aktuell ein rtCGM-System, bei dem die Thera-pieentscheidung/Insulindosis aufgrund des CGM-Messergebnis-ses zulässig ist („non-adjunctive usage“), weitere werden folgen.

Die Leistungsfähigkeit von rtCGM-Systemen wird üblicherwei-se in klinischen Studien evaluiert, die von den Herstellern finan-ziert werden. Sogenannte „Head-to-head“-Studien, bei denendie Patienten mehr als ein rtCGM-System zur gleichen Zeit tragen

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DDG Praxisempfehlung

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(bis zu drei verschiedene Systeme mit jeweils zwei Geräten dersel-ben Firma), liefern wichtige Informationen zur analytischen Leis-tungsfähigkeit der Hersteller im direkten Vergleich.

Vorgaben zur Messgüte/Standards

Es gibt für die Zulassung von rtCGM-Systemen keine etabliertenStandards zur Beurteilung der Messgenauigkeit wie bei SMBG-Messsystemen. Ob und wann es diese geben wird, ist nicht abzu-sehen. Aktuell wird durch Angaben eines „MARD“-Wertes ver-sucht die Messgüte eines rtCGM-System zu charakterisieren. ZurErmittlung des MARD wird die Differenz zwischen einzelnen Blut-glukosemesswerten und zeitgleich ermittelten rtCGM-Werten be-rechnet. Dieser in klinischen Studien ermittelte Wert kann durchdas verwendete Studienprotokoll und die Auswahl der untersuch-ten Patienten erheblich beeinflusst werden. Daher sollte derMARD nur als Anhaltspunkt betrachtet werden. Belastbarere Aus-sagen zur Messgüte eines rtCGM-Systems ermöglicht der direkteVergleich eines rtCGM-Systems zu einem anderen rtCGM-Systemzeitgleich bei demselben Patienten. Dies ermöglicht auch dieBerechnung eines weiteren Parameters – des PARD zwischenzwei gleichen Systemen.

Kosten/Kostenerstattung

Basierend auf einer positiven Nutzenbewertung durch das IQWiGhat der GBA im Jahr 2016 einen Beschluss veröffentlicht, der eineKostenübernahme für rtCGM vorsieht, wenn der antragstellendePatient (wie bei Hilfsmitteln notwendig) definierte Kriterien er-füllt. Die Verordnung eines rtCGM-Systems kann nur durch einenFacharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologieoder Facharzt für Innere Medizin, für Allgemeinmedizin oder fürKinder- und Jugendmedizin mit der Anerkennung „DiabetologeDDG“ bzw. mit vergleichbarer Qualifikation durch die jeweiligeLandesärztekammer oder Fachärzte für Kinder- und Jugendmedi-zin mit der Anerkennung Kinderendokrinologie und -diabetologieerfolgen. Die Umsetzung des GBA-Beschlusses in der Realität ist inden verschiedenen KV-Bereichen heterogen, vor allem infolge desFehlens von einheitlichen MDK-Richtlinien/Beurteilungen. Denkomplexen Prozess der Antragsstellung und die verschiedenen inder Praxis möglichen Wege veranschaulicht ▶ Abb. 3. Zur struktu-rierten Erfassung aller für einen rtCGM-Antrag notwendigen In-formationen hat die AGDT eine Hilfestellung entwickelt(▶ Abb. 4a, b oder siehe Homepage der DDG). Es ist sinnvoll,wenn der Patient in einem Schreiben seine individuellen Voraus-setzungen, täglichen Erfordernisse und Motivation für die Nut-zung eines rtCGM-Systems darlegt.

Der zeitliche Aufwand, den das Diabetesteam für die Antrag-stellung, die medizinische Einweisung in die rtCGM-Systeme so-wie die Schulung hat, wird durch die Kostenträger (Krankenkas-sen) nicht abgebildet. Die seit April 2017 geltende EBM-Ziffer istals medizinische Einweisungsziffer zu verstehen. Die Einzel- oderGruppenschulungen sind je nach Bundesland, KV-Bezirk und Kos-tenträger deutschlandweit verschieden geregelt. Dennoch bietenmanche Krankenversicherungen bereits mehr Unterstützung an,so honoriert die AOK Baden-Württemberg die SPECTRUM-Schu-lung für rtCGM (bei Patienten, die ein iscCGM nutzen, wird der

Schulungsaufwand mit 50% der für SPECTRUM gezahlten Summevergütet).

Qualitätskontrolle (intern und extern/Ringversuche)

Für rtCGM-Systeme existieren keine Qualitätskontrollen. Lediglichdie regelmäßig durchzuführenden SMBG-Messungen zur Kalibra-tion der rtCGM-Systeme lassen Rückschlüsse auf die Messgüte zu.Die sorgfältige Durchführung der Blutglukosemessungen zur Kali-bration zu Zeiten geringer Glukoseschwankungen und deren rich-tige Eingabe sind Voraussetzung für eine zuverlässige Glukose-messung.

Sicherheitsfragen/Nebenwirkungen

Es gibt eine Reihe von Sicherheitsaspekten, die bei der Nutzungdieser therapeutischen Option zu beachten sind:▪ Was passiert, wenn die rtCGM-Messergebnisse zur Therapie-

entscheidung angewandt werden?▪ Mit welcher Güte werden niedrige Glukosewerte erkannt, d. h.,

wie gut erfolgt die Hypoglykämie-Erkennung im Alltag?▪ Welche klinischen Konsequenzen ergeben sich aus Fehlkali-

brationen durch fehlerhafte SMBG?▪ Welche Sensorstörungen kommen vor, z. B. wenn der Patient

nachts auf dem Sensor liegt?▪ Hört der Patient die Alarmmeldungen? Erfolgen diese recht-

zeitig, um adäquat reagieren zu können?▪ Wenn die Messgenauigkeit des Sensors nachlässt, sieht man

das der Kurve nicht immer an!

Wenn Patienten ihre Insulintherapie basierend auf den Messer-gebnissen eines rtCGM-Systems anpassen, dann ist in Deutsch-land bisher nur ein einziges rtCGM-System vom Hersteller dafürvorgesehen; es wird jedoch aufgrund der überwiegend gutenMessqualität der Sensoren bei den anderen Systemen von vielenPatienten ebenfalls praktiziert. Die Messgüte von rtCGM-Syste-men im hypoglykämischen Bereich ist nicht hoch. Bei Sympto-men, die auf eine Hypoglykämie hinweisen (ohne passende Mess-werte, die vom rtCGM-System angezeigt werden), sollte eineSMBG-Messung erfolgen. Ebenso empfiehlt sich eine SMBG-Mes-sung, wenn das rtCGM-System eine Hypoglykämie anzeigt, ohnedass Symptome einer Hypoglykämie vorliegen. Im Fall vonraschen Glukoseänderungen im Gewebe (induziert z. B. durchNahrungsaufnahme oder Sport) kann es physiologisch zu deutli-chen Glukosekonzentrationsunterschieden zwischen dem Blutund dem ISF kommen. Diese Unterschiede stellen keine Messfeh-ler dar, sondern beruhen darauf, dass die Glukosemessung in zweiunterschiedlichen Kompartimenten erfolgt. Die klinische Erfah-rung einiger Diabetologen weist darauf hin, dass die Ausrichtungvon Therapieanpassung an den rtCGM-Messwerten unter solchenextremen Bedingungen sicherer ist als die Ausrichtung an SMBG-Messwerten allein. Auch der Trendpfeil kann in solchen Situatio-nen träge reagieren, so dass der Patient darauf achten muss, beiHypoglykämien die Intervalle der Aufnahme von schnellwirken-den Kohlenhydraten nicht zu kurzfristig zu gestalten (▶ Tab. 5).

Durch das Tragen der mit einem Pflaster auf die Haut aufge-klebten Glukosesensoren über mehrere Tage hinweg und die wie-derholte Nutzung desselben Hautareals kann es in diesen Berei-

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chen zu Hautreaktionen kommen. Dabei reicht die Art der Reakti-on von nur störenden Hautirritationen bis hin zur Entwicklung vonAllergien, die eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen und dieweitere Nutzung eines rtCGM-Systems unmöglich machen kön-nen.

In der Praxis zu beachtende Rahmenbedingungen

In alle rtCGM-Systeme sind Algorithmen integriert, die den ge-messenen Stromfluss oder die Fluoreszenzsignale des Sensorsbasierend auf Blutzuckerkalibrationswerten in Glukosewerte um-rechnen, das Rauschen des elektronischen Messsignals reduzierenund unplausible Werte eliminieren. Dabei sind die Algorithmender Firmen unterschiedlich (z. B. unterschiedliche Zeitverzögerun-gen zur Blutglukose); über ihre Funktionsweise ist wenig bekannt.Dieser Punkt sollte bei einem Wechsel des rtCGM-Systems durchden Patienten bedacht werden. Auch die Handhabung und dieBegrifflichkeit der Systeme können sich deutlich unterscheiden.Daher sollte der Patient für jedes System auch nach Systemwech-sel eine adäquate Einweisung erhalten, um die Änderungen imKalibrationsprozess, sowie die Datenauswertung mit der neuenSoftware zu verstehen und korrekt zu reagieren.

Einsatz bei verschiedenen Patientengruppen

Der GBA-Beschluss gibt klare Vorgaben zu Patientengruppen, beidenen eine Kostenerstattung erfolgt, nämlich insulinpflichtigerDiabetes mit ICT oder Pumpentherapie. In Anbetracht der Zahlvon Menschen mit Typ-2-Diabetes (= Umfang der Kosten) undder Heterogenität dieser Patientengruppe kann die Entscheidungzur Sinnhaftigkeit der Nutzung von rtCGM bei individuellenPatienten recht unterschiedlich sein.

Sinnvoll ist die rtCGM-Nutzung in folgenden Fällen (▶ Abb. 4b):▪ bei Patienten, die eine ICT oder Insulinpumpentherapie durch-

führen,▪ bei Patienten mit spezifischen, individuellen Problemen (Typ-1

oder Typ-2),▪ zeitweise zur Therapieüberprüfung bei Therapie mit oralen

Antidiabetika, die Hypoglykämien induzieren können,▪ bei Schwangerschaft,▪ bei Kindern und Jugendlichen,▪ bei Patienten mit ausgeprägten Folgeerkrankungen, z. B. einer

schmerzhaften peripheren Polyneuropathie,▪ zu Schulungszwecken,▪ als Ausgleich eines durch den Diabetes bedingten Handicaps

im Berufsleben.

Schulung/psychologische Aspekte

rtCGM ist ein sehr potentes, aber auch kostenintensives diagnos-tisches und in Kombinationen mit Insulinpumpen therapeutischesWerkzeug. Als Voraussetzung einer optimalen Nutzung, auch ge-rade in Hinsicht auf die Anpassung der Therapie, gilt es die Patien-ten und das medizinische Fachpersonal ausführlich zu schulen.Eine alleinige Einweisung in gerätespezifische Aspekte durch dieHersteller wird als nicht ausreichend betrachtet. Die AGDT unddie AGPD haben das herstellerunabhängige rtCGM-Schulungspro-gramm SPECTRUM entwickelt. Der zeitliche Aufwand für dieSchulung der Patienten in den Diabetespraxen ist erheblich. Vo-

raussetzung ist außerdem, dass die Schulenden selbst qualifiziertausgebildet wurden.

Für die Patienten ist die permanente Verfügbarkeit von Infor-mationen zum Glukoseverlauf im eigenen Körper beides: Segenund Fluch. Positiverweise warnt rtCGM vor akuten Ereignissenund hilft bei der Optimierung der Glukosekontrolle. Patienten,die Anzeige und Alarme der rtCGM-Systeme intensiv nutzen, be-richten über einen deutlichen Zugewinn an Sicherheit, Freiheitund Lebensqualität; dies gilt insbesondere für Kinder und derenFamilien. Zahlreiche Eltern können nach vielen Jahren zum erstenMal wieder beruhigt schlafen, ohne mehrfach in der Nacht zumSMBG aufstehen zu müssen. Weiterhin ist die Reduktion der Häu-figkeit der schmerzhaften SMBG-Messungen an den Fingern klei-ner Kinder eine bedeutsame psychische Erleichterung.

Auf der anderen Seite erinnert das rtCGM-System ständig anden Diabetes. Das Auftreten von häufigen Alarmen (z. B. bei nichtsinnvoll programmierten Alarmgrenzen) kann die Patienten undderen Angehörige „nerven“, insbesondere wenn sie falsch-positivsind. Je nach persönlicher Einstellung zur Verwendung von Tech-nik kann das Körpergefühl durch das permanente Tragen einestechnischen Systems negativ beeinflusst werden und dazu führen,dass Patienten das rtCGM-System nicht kontinuierlich, sondernnur situativ tragen. Manche Patienten wollen auch nicht, dassihre Messwerte an Familienmitglieder oder Mitglieder des Diabe-testeams übertragen werden. Sie fürchten eine Verletzung ihrerPrivatsphäre mit negativen Rückmeldungen und Konsequenzen.

Kommentar

Die kontinuierliche Glukosemessung gewinnt rasant an Bedeu-tung aufgrund der Vorteile der permanenten Verfügbarkeit vonGlukosedaten und der Reduktion bis Verhinderung von Hypogly-kämien und Glukoseschwankungen.

Eine Vorgabe des GBA-Beschlusses ist, dass die Belange der Da-tensicherheit bei der Nutzung eines rtCGM-Systems gewahrt seinmüssen, d. h., die gemessenen Daten sollen (auch wenn sie in eineCloud hochgeladen wurden), nicht für Dritte zugänglich und rück-verfolgbar sein. Es gilt also, den Patienten über seine Rechtslagein dieser Hinsicht aufzuklären.

Für die Auswertung der rtCGM-Daten bietet jeder Herstellerein eigenes Softwareprogramm an. Die Handhabung der Pro-gramme ist zum Teil komplex und bedarf einer adäquaten Einfüh-rung. Aktuell gibt es Bemühungen zu einer Standardisierung derAuswertungen und Abbildungen (z. B. „Ambulatory Glucose Pro-files“, AGP) (▶ Tab. 6).

Die Hersteller bringen in regelmäßigen Abständen neue Gene-rationen ihrer rtCGM-Systeme auf den Markt – mit Verbesserun-gen bei der Messgüte, Vereinfachungen in der Handhabung, Ver-besserung der Interoperabilität und Konnektivität. Es befindetsich eine ganze Reihe von Messprinzipien in der vorklinischenund klinischen Entwicklung, die einige der Nachteile der bisherverfügbaren rtCGM-Systeme beheben, neue Optionen bietenund kostengünstiger in der Herstellung sein sollen.

Die konstante Verfügbarkeit von Glukosewerten bei rtCGM-Systemen ermöglicht es im Prinzip, Bolusrechner mit deutlichmehr Informationen zu versorgen, als dies bisher bei der Nutzungvon SMBG-Werten möglich war; allerdings gibt es bisher noch kei-

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DDG Praxisempfehlung

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ne entsprechenden Systeme. Alternativ können die CGM-Wertean Apps in Smartphones übermittelt werden. Deren Algorithmenberechnen Vorschläge für die Insulindosierung.

Intermittent-scanning CGM (iscCGM)

Ziel/Indikationen

Die Nutzung von iscCGM unterstützt mittels Trendanzeigen, desaktuell gescannten Werts und der Darstellung retrospektiverCGM-Daten ebenfalls das Erreichen von Therapiezielen durchVermeidung akuter Komplikationen. Das iscCGM-System (s. u.)basiert auf einer ähnlichenTechnologie wie rtCGM-Systeme. Aller-dings löst das iscCGM-System nicht eigenständig Alarme bei vorabprogrammierten Alarmgrenzen (Hypo- und Hyperglykämiealar-me) zum Zeitpunkt des Auftretens aus, sondern gibt erst Meldungbeim Scannen der Glukosewerte. Ähnlich wie SMBG ist die Stoff-wechselkontrolle hier also von der aktiven Handlung des Patien-ten abhängig. Jedoch kann schmerzhaftes Stechen in den Fingervermieden und der Scanvorgang mit minimalem Aufwand durch-geführt werden. Durch verbesserte Patientenmotivation unddeutlich höhere Glukosedatenmengen als bei SMBG können dieTherapieziele bei verschiedenen Patientengruppen besser er-reicht werden. Dabei liegen die Kosten dieser Option niedrigerals die bei rtCGM-Systemen. Die AGDT hat eine Stellungnahmezum Vergleich von rtCGM und iscCGM erstellt (s. https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/Dokumente_Startseite/Aktuelles/AGDT_Stellungnahme_Replacement_2016_11_11_korr_2016_12_15_final_clean.pdf).

Messmethodik

Messtechnisch betrachtet ist iscCGM eine CGM-Methode, die aufeiner elektrochemischen Nadelsensortechnologie mit wenig Driftberuht. Die Herstellung dieser Sensoren kann so standardisierterfolgen, dass eine Kalibration schon bei der Herstellung möglichist und keine weitere Kalibrierung durch den Patienten erfolgenmuss. Dadurch können Patienten weitestgehend auf SMBG ver-zichten, es sei denn, die Symptome passen nicht zu den angezeig-ten Messwerten und der Glukosekurve oder starke Glukose-schwankungen liegen vor oder es gilt den Verdacht auf eineHypoglykämie zu verifizieren. Falschmessungen, zu denen esdurch unkorrektes Kalibrieren kommen kann, sind bei iscCGMnicht möglich. Voraussetzung hierfür ist (wie bei allen CGM-Syste-men) eine dauerhaft hochwertige Sensorqualität bei der Herstel-lung.

Verfügbare Systeme

Aktuell ist nur ein iscCGM-System auf dem Markt verfügbar. DieNutzungsdauer des iscCGM-Sensors beträgt 14 Tage. Zur Daten-erfassung muss das Lesegerät oder ein Smartphone mit der ent-sprechenden App aktiv vom Nutzer in die Nähe des üblicherweiseam Oberarm fixierten Glukosesensors gehalten werden. Es wer-den dann die kontinuierlich gemessenen Glukosewerte maximalder letzten acht Stunden übertragen und auf dem Gerät in Formdes aktuellen Glukosewerts, eines Trendpfeils und eines Glukose-

profils angezeigt. Wenn das Gerät seit dem letzten Scan niedrigeoder hohe Glukosewerte gemessen hat, gibt es einen Hinweisbeim Übertragen der Werte in das Lesegerät. Eine direkte Alarm-funktion existiert nicht, da Sensor und Lesegerät nicht in dauer-haftem Kontakt miteinander stehen.

Vorgaben zur Messgüte/Standards

Vergleichbar mit der Situation bei rtCGM-Systemen gibt es für dieBeurteilung der Messgüte von iscCGM-Systemen keine etabliertenStandards. Aus Studien gibt es Angaben zum MARD-Wert diesesSystems.

Kosten/Kostenerstattung

iscCGM wird getrennt von den rtCGM-Systemen behandelt, da eskeine aktiven Alarmfunktionen aufweist. iscCGM fällt daher nichtunter die Definition des GBA-Beschlusses zur Kostenerstattungvon rtCGM von 2016. Eine Nutzenbewertung zum iscCGM durchdas IQWiG liegt zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. Trotz dieserrechtlichen Ausgangssituation haben viele Krankenversicherun-gen, basierend auf dem erheblichen Interesse einer großen Zahlvon Menschen mit Diabetes an diesem iscCGM-System und alskostengünstigere Variante zu rtCGM-Systemen, eine Kostenüber-nahme auf freiwilliger Basis in ihre Statuten aufgenommen. DasiscCGM-System ist nicht im Hilfsmittelnummerverzeichnis derKrankenversicherungen gelistet. Einige Krankenversicherungenerstatten die Kosten für Teststreifen für SMBG nicht länger, wennein iscCGM bewilligt wurde; andere versuchen bewilligte rtCGM-Systeme durch das iscCGM-System zu ersetzen.

Qualitätskontrolle (intern und extern/Ringversuche)

Für iscCGM-Systeme existieren ebenfalls keine Qualitätskontrol-len. Es entfallen die regelmäßig durchzuführenden SMBG-Mes-sungen zur Kalibration, so dass keine Rückschlüsse auf die Mess-güte im Alltag getroffen werden können.

Sicherheitsfragen/Nebenwirkungen

Wie bei rtCGM gibt es Sicherheitsaspekte, die bei der Nutzung voniscCGM zu beachten sind (s. o.). Da keine regelmäßigen Kalibrati-onsmessungen erfolgen, kann nicht überwacht werden, ob dasiscCGM-System im gegebenen Einzelfall und der gegebenen Si-tuation eine ausreichende Messgüte aufweist. Auch bei diesemSystem sollen Patienten entsprechend den Vorgaben in der Bedie-nungsanleitung (z. B. im Fall von Hypoglykämiesymptomen) eineSMBG-Messung durchführen, unabhängig davon, was dasiscCGM-System anzeigt.

Bedingt durch das Tragen der auf die Haut aufgeklebten Gluko-sesensoren über 14 Tage hinweg und dadurch, dass die Sensorenüblicherweise immer wieder auf die gleichen Hautareale aufge-klebt werden, kann es an diesen Stellen zu Hautreaktionen kom-men. Dabei reicht die Art der Reaktion von nur störenden Hautir-ritationen bis zur Entwicklung von Kontaktallergien bei einem Teilder Patienten. Diese allergische Reaktion ist nicht nur eine erheb-liche akute Beeinträchtigung, sondern hindert an der weiterenNutzung dieses Systems und kann auch bei Nutzung anderer

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technischer Systeme (z. B. einer Insulinpumpe) zu Begleitreaktio-nen auf die verwendeten Pflaster führen.

In der Praxis zu beachtende Rahmenbedingungen

Die Daten des iscCGM-Systems können mit einer firmenspezifi-schen Software ausgelesen und analysiert werden. Im Alltag istzu beachten, dass während des Schlafens durch Liegen auf demSensor Artefakte (= angezeigte längere Episoden von Hypoglykä-mien, die nicht wirklich aufgetreten sind) auftreten können; diesgilt auch für rtCGM-Systeme mit Nadelsensoren.

Einsatz bei verschiedenen Patientengruppen

Eingesetzt werden kann iscCGM bei Patienten, die eine ICT oderCSII durchführen. Auch bei weniger komplexenTherapieschemataist an einen Einsatz von iscCGM zu denken (▶ Abb. 1). Dabei kanndie Nutzung auch intermittierend, d. h. bedarfsangepasst, sein,bei oraler Therapie mit Hypoglykämiegefahr oder Therapieum-stellungen oder während der Teilnahme an einem Schulungskurs.Für Patienten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes, die eine intensivier-te Insulintherapie durchführen, liegen Ergebnisse klinischer Studi-en vor.

Schulung/psychologische Aspekte

Für iscCGM existiert das Schulungsprogramm FLASH. Die Entwick-lung wurde vom Hersteller des Systems finanziert und ist auf die-ses Produkt zugeschnitten. Bedingt durch einige Unterschiede,besonders das Fehlen von Alarmen beim iscCGM, umfasst derSchulungsaufwand gegenüber dem rtCGM unterschiedlicheinhaltliche Themenschwerpunkte.

Einige Patienten empfinden es als vorteilhaft, nicht ständigdurch Alarme gestört zu werden, insbesondere während derNacht. Ebenfalls werden das selbstbestimmte, gelegentlicheAbrufen der Glukosewerte und der Wegfall der Kalibrationsmes-sungen vielfach als angenehm empfunden.

Kommentar

Es gibt für das iscCGM-System keine generelle Kostenerstattungund keine EBM-Ziffer. Dies bedeutet für das Diabetesteam, dassder Betreuungsaufwand in den meisten KV-Bereichen nicht hono-riert wird.

Bisher ist immer noch die erste seit einigen Jahren unveränder-te Generation des einzigen bisher verfügbaren iscCGM-Systemsauf dem Markt. Es gibt inzwischen Zusatzgeräte von Fremdher-stellern, die die Messergebnisse so verfügbar machen, dass ausdem iscCGM-System de facto ein rtCGM-System wird. Mittlerweileist für Android-Smartphones eine App verfügbar, so dass das bis-herige Lesegerät nicht mehr benötigt wird. Als Konkurrenzpro-dukte werden voraussichtlich in Kürze rtCGM-Systeme auf denMarkt kommen, die auch ohne regelmäßige Kalibration durchden Nutzer eine befriedigend gute Messgüte und gleichzeitigeine automatische Alarmfunktion aufweisen.

HbA1c

Ziel/Indikationen

Die langfristige Güte der Glukosekontrolle hat einen direkten Ein-fluss auf das Risiko des Auftretens von diabetesassoziierten Folge-erkrankungen. Die HbA1c-Messung erlaubt eine Beurteilung derüber die Zeit hinweg vorherrschenden Stoffwechsellage. Ein aktu-eller HbA1c-Wert wird vor allem durch die Blutzuckerwerte derletzten 2 – 3 Monaten bestimmt und dient in der Diabetologieseit vielen Jahren als Qualitätsindikator für die Glukosekontrolle.Eine adäquate Aussage über die Glukosevariabilität lässt derHbA1c allerdings nicht zu.

Der betreuende Arzt sollte, basierend auf der individuellenSituation des Patienten, ein HbA1c-Therapieziel vereinbaren. Ins-besondere dann, wenn ein Patient kein SMBG durchführt, ist eineHbA1c-Messung in vierteljährlichen Intervallen notwendig, umeinen Überblick über die Qualität der Stoffwechselsituation zu er-halten. Wird durch den Patienten eine Art der Selbstkontrolledurchgeführt, ist der HbA1c-Wert immer in Kombination mit denErgebnissen der Selbstmessung zu bewerten.

Da bei einzelnen Patienten intra- und interindividuelle Abwei-chungen zwischen dem gemessenen HbA1c-Wert und zeitgleichermittelten SMBG-Werten auftreten können, die z. B. durchErkrankungen oder andere Faktoren bedingt sind, sollte niemalsder HbA1c-Wert allein betrachtet werden (▶ Tab. 7).

In der Praxis hat die Messung anderer glykierter Proteine (z. B.Fructosamin) eine untergeordnete Bedeutung.

Messmethodik

Es gibt eine Reihe von verschiedenen methodischen Ansätzen zurHbA1c-Messung; in der Praxis haben sich einige wenige etabliertund werden häufig verwendet.

Verfügbare Systeme

Es sind diverse Systeme auf demMarkt; dabei können diese unter-schieden werden nach Messprinzipien sowie nach Laborsystemen,POCT-Systemen (Point of care) und kleinenTischgeräten, die auchvon Patienten genutzt werden können.

Vorgaben zur Messgüte/Standards

In den letzten Jahrzehnten wurde die Messgüte der HbA1c-Mes-sung durch eine Reihe von Maßnahmen deutlich gesteigert, ins-besondere durch Erstellung eines geeigneten Referenzmaterials.Dabei gibt es nach wie vor beachtliche Unterschiede bei denMessergebnissen zwischen Labors bei Verwendung der iden-tischen Blutprobe, auch die Intra-Labor-Unterschiede könnenerheblich sein.

Kosten/Kostenerstattung

Die Kosten für die HbA1c-Messungen werden von den Kostenträ-gern für alle Patienten mit Diabetes übernommen.

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DDG Praxisempfehlung

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Qualitätskontrolle (intern und extern/Ringversuche)

Entsprechend den Vorgaben der RiliBÄK für HbA1c müssen die Be-treiber von entsprechenden Geräten an einer internen und exter-nen Qualitätskontrolle teilnehmen. Unit use POCT Systeme sindvon der externen Qualitätskontrolle ausgenommen. Bisher betrugdie Vorgabe für die Bestehensgrenze bei der externen Qualitäts-kontrolle (= Ringversuche) ± 18 %. In Zukunft wird dieser Wertauf 8 % gesenkt werden (mit mehrjährigen Übergangsfristen).Die Vorgaben für die interne Qualitätskontrolle sollten gleichzeitigvon 10% auf 5% reduziert werden.

Sicherheitsfragen/Nebenwirkungen

Bei Verwendung verschiedener HbA1c-Messmethoden werdenUnterschiede beobachtet, die therapierelevant sind. So könnenverschiedene Systeme um 0,5% unterschiedliche HbA1c-Messwer-te anzeigen. Wenn ein gegebener Patient ein relativ niedrigesTherapieziel aufweist, können solche Unterschiede das Hypogly-kämierisiko erhöhen.

Die Erythrozytenlebensdauer hat einen erheblichen Einflussauf das HbA1c. Erkrankungen, die die Erythrozytenlebensdauer ve-rändern, beeinflussen entsprechend den HbA1c-Wert (▶ Tab. 7).So können z. B. ausgeprägte hämolytische Anämien aufgrund derdeutlich verkürzten Erythrozytenlebensdauer zu niedrigen HbA1c-Werten führen, die unabhängig von den mittleren Glukosewertensind.

Praktische Durchführung der Messung

Hinweise zur praktischen Durchführung und Interpretation derMessergebnisse werden in der Praxisempfehlung Diabetes-Diag-nose gemacht. Aus über einen gewissen Zeitraum hinweg gemes-senen Nüchternglukosewerten und einzelnen 7-Punkte-Blutzu-ckerprofilen kann ein HbA1c-Wert berechnet werden (eHbA1c).Dies kann auch durch Verwendung von CGM-Daten erfolgen, dieüber einen gewissen Zeitraum registriert wurden.

In der Praxis zu beachtende Rahmenbedingungen

Die Nutzung von POCT-Geräten ermöglicht es, unmittelbar denaktuellen HbA1c-Wert im Patientengespräch zu besprechen. Esentfällt ebenfalls der Aufwand des Versendens des Blutentnahme-röhrchens an ein Labor. Dabei ist die Messgüte nicht aller POCT-Systeme ausreichend gut.

Einsatz bei verschiedenen Patientengruppen

Die HbA1c-Messung liefert die gewünschte Aussage zur Langzeit-kontrolle bei fast allen Diabetestypen. Allerdings ist sie beimGestationsdiabetes nicht aussagekräftig.

Schulung/psychologische Aspekte

Bei der Diabetesschulung sollte den Teilnehmern das Konzept desHbA1c-Werts erläutert werden, damit diese die Bedeutung vonZielwerten verstehen und entsprechend ernsthaft das Erreichender Zielwerte verfolgen. Allerdings kann durch die Verfügbarkeitvon CGM-Daten der Fokus auf die Reduktion von Glukoseschwan-kungen als mittelfristiges Therapieziel gelegt werden. Wenn die

Patienten ausgeprägte Ängste vor schweren Hypoglykämien auf-weisen, werden sie dazu tendieren, eher hohe HbA1c-Werte anzu-streben. Stellt die Vermeidung von diabetesassoziierten Folgeer-krankungen bedingt durch große, oft unrealistische Ängste fürsie ein wichtiges Ziel dar („Tiefflieger“), ist das Gegenteil der Fall.

Kommentar

Im Prinzip liefert die Nutzung von rtCGM/iscCGM-Systemen aucheinen Überblick über die Güte der Glukosekontrolle über die Zeithinweg. So kann ein mittlerer Glukosewert über die Zeit berech-net werden, der mit dem HbA1c-Wert gut korreliert.

Zusammenfassung und AusblickDie hier dargestellten Möglichkeiten zur Glukosemessung und-kontrolle haben die Diabetestherapie in den letzten 40 Jahren re-volutioniert und ermöglichen Patienten ein früher unvorstellbaresAusmaß an Flexibilität und Sicherheit. Dabei hat sich die Entwick-lung in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich beschleunigt unddie Markteinführung von AP-Systemen stellt einen Quanten-sprung in der Diabetestherapie dar. Alle hier dargestellten Metho-den zum Glukosemonitoring unterliegen einem raschen Wandelund Weiterentwicklungen. Es sollten daher die hier formuliertenAussagen durch aktuelle Literaturrecherchen und Angaben aufden Homepages der Hersteller kontinuierlich aktualisiert werden.

Es gibt Bedarf an einer Evaluierung der Leistungsfähigkeit derverfügbaren Messsysteme durch ein unabhängiges Institut, insbe-sondere nach der Markteinführung. Dies ist auch auf die Schwä-chen des bisherigen CE-Markierungssystems zurückzuführen; bisdie Verbesserungen greifen, die mit dem revidierten CE-Systemkommen sollen, dauert es noch Jahre. Leider gibt es bisher keineeuropäische Behörde, die sich umMedizinprodukte kümmert. Diedeutschen Behörden (BfArM) haben konkret ebenfalls relativ we-nige Handlungsoptionen, da Medizinprodukte Ländersache sind.Ein Dialog aller Beteiligten, d. h. Hersteller, Kostenträger, Gesund-heitspolitik, Behandler und Betroffene – unter Federführung derDeutschen Diabetes Gesellschaft/AGDT –, im Format eines Run-den Tisches würde helfen, Mängel zu identifizieren und zu behe-ben, um damit die Situation deutlich zu verbessern.

ABKÜRZUNGEN

AGDT Arbeitsgemeinschaft Diabetologische TechnologieAGP ambulatory glucose profilAGPD Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische DiabetologieCGM Continuous Glucose MonitoringiscCGM intermittent scanning CGMFDA Federal Drug AdministrationMARD Mean Absolute Relative DifferencertCGM real-time CGMSMBG Selbstmessung der kapillären Blutglukosekonzen-

tration

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Interessenkonflikt

LH ist für diverse Firmen (z. B. Roche Diagnostics, Sanofi, Abbott, ...) alsConsultant bei der Entwicklung von neuen diagnostischen Optionenaktiv. Er ist Anteilseigner und Berater bei Profil – Institut für Stoffwech-selforschung, Neuss, sowie ProSciento, San Diego, USA.DD erhielt Vortragshonorare von Abbott, Dexcom, Medtronic, Novo,Roche, Senseonics und ist Mitglied in Advisory Boards von BD, Rocheund Senseonics.TS erhielt Vortragshonorare von Abbott, Ascensia, Astra Zeneca/Bristol-Myers Squibb, Bayer, Berlin Chemie, Boehringer Ingelheim, Eli Lilly,Medtronic, MSD, Novartis, Novo Nordisk, Sanofi. Er ist Mitglied in Advi-sory Boards von Abbott, Ascensia, Bayer Vital, Boehringer Ingelheim, EliLilly, Janssen, Medtronic, MSD, Novo Nordisk, Sanofi und hat Unterstüt-zung für wissenschaftliche Projekte bekommen von: Astra Zeneca/Bris-tol-Myers Squibb, Becton Dickinson, Eli Lilly, MSD, Novo Nordisk, Sanofi.SS erhielt Vortragshonorare von Abbott, Dexcom, Roche Diagnostics,Astra Zeneca, Novo Nordisk, MSD, Berlinchemie. Sie ist Mitglied inAdvisory Boards von Abbott, Roche Diagnostics.MN war Berater und Referent für folgende Firmen: Abbott, BerlinChemie, MSD, Sanofi, Medtronic, Bayer Diagnostics, Astra Zeneca.SvS ist für mehrere Firmen (Abbott, Eli Lilly, Medtronic, Novo Nordisk,

Roche) in Beratungsfunktion/im Advisory Board zur Optimierung vonHilfsmitteln, Medikamenten und Informationsmaterialien für diabetes-erkrankte Kinder tätig. Sie erhielt in den letzten 2 Jahren Vortragshono-rare von Eli Lilly, Medtronic, Merck, Novo Nordisk, Roche und Sanofi.KL erhielt Vortragshonorare von Bayer, BDI, Lilly Deutschland, Medtro-nic, Menarini/Berlin Chemie, Merck Serono, MSD SHARP & DOHME,NovoNordisk, Roche Diabetes Care, Sanofi-Aventis. Sie ist Mitglied inAdvisory Boards von Roche Diabetes Care, NovoNordisk, Sanofi-Aventis.GF ist Ärztlicher Leiter und Geschäftsführer des IDT (Institut für Diabe-tes-Technologie Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH an derUniversität Ulm, Ulm), das klinische Studien zu Medizinprodukten für dieDiabetestherapie auf eigene Initiative oder im Auftrag für verschiedeneFirmen durchführt. GF/IDT erhielt bzw. erhält Vortrags-/Beratungsho-norare von Abbott, Ascensia, Bayer, Berlin-Chemie, Becton-Dickinson,Dexcom, LifeScan, Menarini Diagnostics, Novo Nordisk, Roche, Sanofi,Sensile und Ypsomed.

Danksagung

Unser herzlicher Dank gilt einer Reihe von Kollegen und Kolleginnen, dieuns mit konstruktiven Kommentaren geholfen haben.

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DDG Praxisempfehlung

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Anhang Praxistools

▶ Abb. 1 Entscheidungsbaum für die verschiedenen Glukosemessungsoptionen. (SMBG= Selbstmessung der kapillären Blutglukosekonzentration;CGM= kontinuierliches Glukosemonitoring; rtCGM= real-time CGM, iscCGM= intermittent scanning CGM).

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▶ Tab. 1 Praktisches Vorgehen bei der kapillären Blutglukosemessung.

Schritt Maßnahme

Vorbereitung ▪ Vor dem Messen Hände waschen und abtrocknen, da Speisereste, Hautcreme oder Desinfektionsmittel die Messungverfälschen können. Ist dies nicht möglich, den ersten Blutstropfen abwischen und den zweiten Blutstropfen für dieMessung verwenden.

▪ Nach dem Stich in die Fingerbeere zur Gewinnung eines Blutstropfens sollte die Messung zügig durchgeführtwerden. Daher alles Material vorher griffbereit zusammenstellen.

Stechen Seitlich in die Fingerbeere stechen:▪ Die Fingerspitze ist besonders empfindlich und die Narbenbildung schädigt den Tastsinn, daher in die seitliche

Fingerbeere stechen▪ Stechhilfe fest aufdrücken. Mit der kleinsten Stechtiefe der Stechhilfe beginnen. Prüfen, welche Stechtiefe einen

ausreichend großen Blutstropfen ergibt.Lanzette der Stechhilfe für jede Messung wechseln.▪ Lanzetten sind Einmalartikel, sie werden durch den Einstich stumpf und können bei Wiederverwendung die Haut

schädigen.

Messung Besonderheiten des jeweiligen SMBG-Systems kennen, z. B.:▪ Wie und wo soll die Blutprobe auf Teststreifen aufgetragen werden?▪ Darf „nachdosiert“ werden, wenn die Blutmenge nicht ausreichend war?▪ Welche Medikamente können die Messung stören?▪ In welchem Temperaturbereich darf gemessen werden?

(Wichtig bei niedrigen oder hohen Außentemperaturen im Freien.)Teststreifen sind empfindlich.▪ Bei der Messung den Teststreifen nicht berühren bzw. nicht auf den Teststreifen drücken, diesen nicht knicken oder

verbiegen.▪ Teststreifen immer in verschlossener Dose/Verpackung aufbewahren (= trocken und lichtgeschützt).▪ Lagertemperatur beachten (besonders wichtig bei Hitze oder Frost).

Messergebnisse Messergebnisse sollen dokumentiert werden, Werte in Tagebuch notieren oder elektronische Dokumentationsmög-lichkeit verwenden.▪ Patient und Arzt können nur dann Güte der Glukosekontrolle und mögliche therapeutische Änderungen besprechen,

wenn eine Dokumentation der Messwerte vorliegt. Zielwerte, Messfrequenz und Messzeitpunkte mit Arzt abstim-men.

Messwerten nicht blind vertrauen.Trotz korrekter Durchführung der Messprozedur kann das Messergebnis falsch sein! Symptome des Patienten sindwichtiger als der Messwert, bei Diskrepanzen Messung wiederholen.

SMBG-Systeme ▪ Bedingt durch die technische Weiterentwicklung und Nutzungsschäden am Gerät sollten SMBG-Systeme im Abstandvon einigen Jahren ausgetauscht werden.

▪ Bei gleichzeitiger Nutzung mehrerer/verschiedener SMBG-Systeme die Unterschiede bei der Bedienung beachten.Es können systematische Unterschiede zwischen den Systemen bei den Messergebnissen auftreten.

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DDG Praxisempfehlung

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S255Heinemann L et al. Praxisempfehlung der DDG:… Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2): S242–S262

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DDG Praxisempfehlung

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▶ Tab. 3 Faktoren, die einen Einfluss auf die Messgenauigkeit bzw. das SMBG-Messergebnis haben und somit das Risiko schwerwiegender Insulin-dosierungsfehler bergen [Schmid C et al. Diabetes Technology & Therapeutics 2013; 15 (10): 889 – 896].

Kategorie Einflussgröße

Anwenderfehler ▪ Kontamination durch Glukose enthaltende Stoffe am Finger– Vernachlässigung des Händewaschens

▪ unsachgemäße Teststreifenhandhabung/Schäden an Teststreifen– falsche Lagerungsbedingungen– Verwendung nach Verfallsdatum– unsichtbare Schäden (z. B. Haarrisse) an Teststreifendosen

▪ manuelle Codierung des Geräts bzw. Abgleich mit voreingestelltem Code

Umgebungsbedingungen, Einfluss-faktoren und Störgrößen (Details inTestreifen-Packungsbeilage oderGerätehandbuch)

▪ Temperatur– Temperaturschwankungen (z. B. Übergang von innerhalb zu außerhalb geschlossenen Räumen)– Grenzen der Betriebsbedingungen

▪ Höhe– Aktivitäten in großer Höhe, z. B. Skifahren

▪ Sauerstoffpartialdruck– schwerkranke Menschen– Blutprobe dem Luftsauerstoff aussetzen (z. B. nicht sofortiger Blutauftrag)

▪ Hämatokrit– Medikamente (z.B. Paracetamol) und Ascorbinsäure/VitaminC

Alternative Teststellen physiologische Unterschiede der Blutglukosekonzentration an unterschiedlichen Körperstellen(z. B. Unterarm, Oberschenkel, Handballen)

▶ Abb. 2 Praktisches Vorgehen bei Start von rtCGM (blau: Arzt/Patient; gelb: Schulung/Einführung Technik, braun: Kosten genehmigt oder selbsttragen).

S257Heinemann L et al. Praxisempfehlung der DDG:… Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2): S242–S262

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S258 Heinemann L et al. Praxisempfehlung der DDG:… Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2): S242–S262

DDG Praxisempfehlung

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▶ Abb. 3 Schematischer Ablauf bei dem Antrag auf rtCGM-Kostenerstattung. In der Praxis führt die Verordnung eines rtCGMs in einem Teil derFälle sofort zur Genehmigung und Versorgung des Patienten, ohne dass ein Gutachten nötig wird. In einem anderen Teil der Fälle ist der Ablaufkomplexer. In diesen Fällen wird der MDK eingeschaltet. Über das Muster 86 wird ein Gutachten direkt vom betreuenden Diabetologen angefordertund zusammen damit oft die Blutzuckertagebücher des Patienten. Das diabetologische Gutachten wird direkt an den MDK geschickt. Der MDKerstellt anhand dieser Unterlagen eine sozialmedizinische Empfehlung und sendet diese an die GKV: Die GKV kann sich dann entsprechend oderentgegen der MDK-Empfehlung für eine rtCGM-Versorgung des Versicherten aussprechen. (Quelle: modifiziert nach Publikation von Frau Dr. I.Schmitz-Losem im diatech-journal 2017).

S259Heinemann L et al. Praxisempfehlung der DDG:… Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2): S242–S262

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▶ Tab. 5 Hinweise zur Interpretation der Anzeigen auf dem Display des CGM-Geräts. Bei der Interpretation gilt es die letzten 2 – 3 h des Kurvenver-laufs mit zu berücksichtigen. Die Bedeutung der Trendpfeile variiert von Hersteller zu Hersteller.

Abbott/Senseonics Dexcom Medtronic Änderungsrate nach oben oder unten

Trendpfeil (Glukoseän-derungsrate)

→ → < 1mg/dl/min (< 0,06mmol/l/min)

↗ ↘ ↗ ↘ ↑ ↓ 1 – 2mg/dl/min (0,06 – 0,17mmol/l/min)

↑ ↓ ↑ ↓ ↑↑ ↓↓ > 2mg/dl/min (0,011 – 0,17mmol/l/min)

↑↑ ↓↓ ↑↑↑ ↓↓↓ > 3mg/dl/min (> 0,17mmol/l/min)

Glukosekurve Mahlzeitenüberprüfung: 3-Stunden- bis 6-Stunden-Diagramm

Fasten, Nachtverläufe: 12-Stunden-Diagramm

▶ Abb. 4 a, b Hinweise zum Stellen eines Antrages für ein rtCGM-System, d.h. eine Auflistung von Informationen die in solch einem Antrag ent-halten sein sollten.

S260 Heinemann L et al. Praxisempfehlung der DDG:… Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2): S242–S262

DDG Praxisempfehlung

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▶ Tab. 6 Parameter zur Charakterisierung von CGM-Daten (retrospektive Analyse).

Konsens ATTD: alle Parameter sollten zur Beurteilung der CGM-Daten zur Verfügung stehen

Time in Range (TIR)/Zeit im Zielbereich 70 – 180mg/dl3,8 – 10mmol/l

Hypoglykämie Level 1 70mg/l3,8mmol/l

Level 2 54mg/dl3mmol/l

schwere Hypoglykämie Fremdhilfe erforderlich

Hyperglykämie Level 1 > 180mg/dl> 10mmol/l

Level 2 > 250mg/dl> 13,8mmol/l

Ketoazidose Klinische Diagnose

Glykämische Variabilität Variationskoeffizient/ Standardabweichung

Mittlerer Glukosewert –

geschätztes HbA1c –

CGM-Visualisierung ambulantes Glukoseprofil (AGP)

Episoden von Hyper-, Hypoglykämien mindestens 15min Dauer

Nacht-, Tageszeiten 24:00 Uhr–6:00 Uhr; 6:00 Uhr–24:00 Uhr

Empfehlung zur Zahl der Daten, die zur Auswertung verfügbar sein sollten Mindestens 2 Wochenmit 70 – 80% CGM-Daten

S261Heinemann L et al. Praxisempfehlung der DDG:… Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2): S242–S262

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▶ Tab. 7 Ursachen für falsche HbA1c-Werte.

Physiologische Untersuchungen

falsch tief falsch hoch Möglichkeiten zur Objektivierung

Erythrozytenbildung vermehrt verlangsamt durch Mangel an ver-fügbarem Eisen

▪ Bestimmung eines „HbF-bereinigten“HbA1c

▪ Retikulozyten + Ferritin▪ Harnstoff▪ Hb-Elektrophorese▪ Bei Hb-Varianten den HbA1c mit

einer immunologischen Methodebestimmen

▪ Fructosamin

große Höhen Eisenmangelanämie

Schwangerschaft Infektanämie

Blutungen, Blutverluste Tumoranämie

Bluttransfusion

Gabe von Erythropoetin

Eisensupplementierung

Erythrozytenabbau: zu früh zu spät

Hämolytische Anämie Splenektomie

Chronische Niereninsuffizienz Aplastische Anämie

Leberzirrhose

Folsäuremangel?

Hämoglobinopathien:▪ HbS▪ HbC▪ HbD

Hämoglobinopathien:▪ HbH▪ HbF (Thallasämie)

Sphärozytose

Labortechnische Ursachen

falsch hoch nur bei HPLC-HbA1c-Messungen durch Carbamylie-rung

falsch hoch nur bei immunologi-schen HbA1c-Messungen

Terminale Niereninsuffizienz, Urä-mie, Krea > 5mg/dl

Betalactam-Antibiotika ▪ Neuere HPLC-Säulen werden von derCarbamylierung nicht mehr beein-flusst, Labor fragen.

▪ Andere Labormethode als HPLCanfordern:

▪ Immunmethode– Enzymatische Methode– (schriftlicher Vermerk auf dem

Labor-Anforderungsschein)

Alkoholismus (Acetaldehyd) Antibabypille

Aspirin (ab 500mg/d über Wochen) HAES

Sonstige Ursachen

falsch tief falsch hoch

ernährungsbedingt (Alkohol, Fett) Pharmaka:▪ Immunsuppressiva▪ Proteaseinhibitoren

genetisch bedingte Hyperglykie-rung bei bestimmter ethnischerZugehörigkeit

Alter des Menschen

Organtransplantation

Hypertriglyzeridämie

hereditäre Ursachen hereditäre Ursachen

S262 Heinemann L et al. Praxisempfehlung der DDG:… Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2): S242–S262

DDG Praxisempfehlung

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