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Zusammenfassung: Anschließend an die historisch-genetische Theorie wird es in diesem Bei- trag darum gehen, die Frage nach den gesellschaftlichen Bedingungen der Möglichkeit von Moral und ihren strukturellen Grenzen zu klären. In einem weiteren Schritt soll gezeigt werden, dass die Moralisierung der Wirtschaft auf der Basis rechtlich unverbindlicher CSR-Programme eine innovative Machtstrategie wirtschaftlicher Eliten darstellt. Exemplarisch wird dies anhand der CSR-Strategie der österreichischen OMV AG zu untersuchen sein. Weshalb sich die politischen Eliten nicht nur im österreichischen System der Demokratie von der Logik der Ökonomie kor- rumpieren lassen und einer neoliberalen CSR-Ideologie weitgehend kritiklos folgen, wird schließ- lich erörtert. Schlüsselwörter: CSR · Moral · Historisch-genetische Theorie · MNU · OMV AG The amorality of the economy and the paradox of its moralization – The CSR strategy of the Austrian OMV AG and its structural limitations Abstract: Following the argumentation of historico-genetic theory this contribution firstly aims to set out the societal conditions of the consitution of morality and analyse its structural limita- tions. In a further step it will be shown that the moralization of the economic system on the base of legally not binding CSR programs has to be considered as an innovative power strategy of the economic elites. Exemplarily this thesis will be explored on the basis of the CSR strategy of Austrian OMV AG. Why the political elites of the democratic systems in Austria and elsewhere easily can be manipulated by the logic of economy and nearly without critics accept neoliberal ideology of CSR— this question will be discussed at last. Keywords: CSR · Morality · Historico-genetic theory · TNC · OMV AG Österreich Z Soziol (2012) 37:189–210 DOI 10.1007/s11614-012-0044-4 Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung Die CSR-Strategie der österreichischen OMV AG und ihre strukturellen Grenzen Andreas Weber © VS Verlag für Sozialwissenschaften 2012 A. Weber () Institut für Soziologie und empirische Sozialforschung, Wirtschaftsuniversität Wien, Augasse 2–6, 1090 Wien, Österreich E-Mail: [email protected]

Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung

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Zusammenfassung:  Anschließend  an die  historisch-genetische Theorie wird  es  in  diesem Bei-trag darum gehen, die Frage nach den gesellschaftlichen Bedingungen der Möglichkeit von Moral und  ihren  strukturellen Grenzen  zu  klären.  In  einem weiteren  Schritt  soll  gezeigt werden,  dass die Moralisierung  der Wirtschaft  auf  der Basis  rechtlich  unverbindlicher CSR-Programme  eine innovative  Machtstrategie  wirtschaftlicher  Eliten  darstellt.  Exemplarisch  wird  dies  anhand  der CSR-Strategie der österreichischen OMV AG zu untersuchen sein. Weshalb sich die politischen Eliten nicht  nur  im österreichischen System der Demokratie von der Logik der Ökonomie kor-rumpieren lassen und einer neoliberalen CSR-Ideologie weitgehend kritiklos folgen, wird schließ-lich erörtert.

Schlüsselwörter:  CSR · Moral · Historisch-genetische Theorie · MNU · OMV AG

The amorality of the economy and the paradox of its moralization –  The CSR strategy of the Austrian OMV AG and its structural limitations

Abstract:  Following the argumentation of historico-genetic theory this contribution firstly aims to set out  the societal conditions of  the consitution of morality and analyse  its structural  limita-tions. In a further step it will be shown that the moralization of the economic system on the base of  legally  not  binding CSR  programs  has  to  be  considered  as  an  innovative  power  strategy  of the economic elites. Exemplarily this thesis will be explored on the basis of the CSR strategy of Austrian OMV AG. Why the political elites of the democratic systems in Austria and elsewhere easily can be manipulated by  the  logic of economy and nearly without critics accept neoliberal ideology of CSR— this question will be discussed at last.

Keywords:  CSR · Morality · Historico-genetic theory · TNC · OMV AG

Österreich Z Soziol (2012) 37:189–210DOI 10.1007/s11614-012-0044-4

Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer MoralisierungDie CSR-Strategie der österreichischen OMV AG und ihre strukturellen Grenzen

Andreas Weber

© VS Verlag für Sozialwissenschaften 2012

A. Weber ()Institut für Soziologie und empirische Sozialforschung, Wirtschaftsuniversität Wien,  Augasse 2–6, 1090 Wien, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

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1   Einleitung

Die ökologischen und gesellschaftlichen Folgeprobleme der wirtschaftlichen Globalisie-rung sind gewaltig. Sie haben das Potential, die Geschichte in eine Katastrophe münden zu lassen. Diese dramatische Erkenntnis ist mittlerweise auch in einer sozialwissenschaft-lichen Disziplin angekommen, die  sich bislang bei der Reflexion der katastrophischen Dimension  ihres  Erkenntnisgegenstandes  auffällig  zurückgehalten  hat:  nämlich  der Betriebswirtschaftslehre. In einer neueren Publikation aus dem Bereich der internationa-len Betriebswirtschaftslehre heißt es:

Wie  kann  sich  die  Gesellschaft  vor  einer  Ökonomie  schützen,  die  zunehmend gesellschaftlich nicht mehr verkraftbare und möglicherweise irreparable Nebenwir-kungen (so genannte „externe Effekte“) produziert? (Ungericht et al. 2008, S. 41)

Die Beantwortung dieser Frage  ist  komplex. Sie muss  es  aber  nicht  sein. So wird  im Mainstream  der  betriebswirtschaftlichen Theoriebildung  zu Corporate Social Respon-sibility (CSR) die These vertreten, der ökologischen und gesellschaftlichen Destruktivi-tät der modernen Wirtschaft könne durch die Moralisierung ihrer Unternehmen effektiv Paroli  geboten  werden.1  Unter  CSR,  dem  „Schlüsselbegriff  der  Unternehmensethik“ (Lin-Hi 2012), wird dabei die Bereitschaft von Unternehmen verstanden, sich im Bereich ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehend  zu  engagieren,  um  auf  freiwilliger  Basis2  die  politischen  „Ordnungslü-cken“ (Heblich und Gold 2008, S. 13) innerhalb eines globalisierten Wirtschaftssystems zu schließen.

Die Wahrscheinlichkeit,  dass  die wirtschaftlichen Funktionseliten,  insbesondere die Managementeliten der ungefähr 82,000 multinationalen Unternehmen (BpB 2011), sich auf der Basis von rechtlich unverbindlichen CSR-Programmen gegen das „Verantwor-tungsvakuum  (…)  unserer  modernen,  komplexen,  arbeitsteilig  und  international  ver-netzten Gesellschaft“  (Ungericht et al. 2008, S. 40)  stemmen und die ökologische und gesellschaftliche Destruktivität  eines  Systems  bekämpfen werden,  das  sie  durch Kos-tenexternalisierung zu Einkommensmillionären macht oder machen wird, ist allerdings eher gering. Auch wenn es aus gesellschaftspolitischen Gründen gleichwohl Sinn machen kann, neben den managerialen Subjekten auch die von  ihnen geführten „Unternehmen als moralische Akteure“  (Neuhäuser  2011)  zu betrachten und  in  die  „Gruppe der  ver-antwortungsfähigen Subjekte aufzunehmen“ (Ungericht 2008, S. 41), so ist es doch aus methodologischen  Gründen  notwendig,  sich  der  gesellschaftstheoretischen  Paradoxie dieser Argumentation bewusst zu bleiben. Denn gesellschaftstheoretisch macht es keinen Sinn, die Wirtschaft der modernen Gesellschaft mit ihren systemisch integrierten Unter-nehmen in moralischen Kategorien zu interpretieren. Die Moralisierung der Wirtschaft kann allein aus politischen Gründen sinnvoll sein. Sie muss als Machtstrategie begriffen werden, um Interessen gesellschaftlich zu kommunizieren und politisch zur Geltung zu bringen – das Interesse an einer rechtlichen Regulierung der Wirtschaft beispielsweise oder das Interesse an ihrer Verhinderung (Weber 2011).

1  Zur Kritik vgl. Utting und Marques 2010.2  Kritisch zum Aspekt der Freiwilligkeit vgl. Leitsmüller 2004.

191Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung

Mit Blick auf die Aporien der aktuellen Theoriebildung zu CSR ist es das Ziel dieses Beitrages, den Moralisierungsprozess der Wirtschaft in einer gesellschaftstheoretischen Perspektive zu analysieren. In einem ersten Schritt (2) wollen wir im Anschluss an die historisch-genetische  Theorie  von  Günter  Dux  die  Frage  nach  den  individuellen  und gesellschaftlichen Bedingungen der Möglichkeit von Moral und ihren strukturellen Gren-zen klären. Deutlich  soll  dabei werden,  dass die Moralisierung der Wirtschaft  auf der Basis  rechtlich  unverbindlicher CSR-Programme  eine  innovative Machtstrategie wirt-schaftlicher Eliten darstellt, die einen nachhaltigen Beitrag weniger zur Reduzierung als vielmehr  zur Perpetuierung der ökologischen und gesellschaftlichen Destruktivität der modernen Wirtschaft leistet. In einem zweiten Schritt (3) werden die strukturellen Gren-zen  von CSR  exemplarisch  anhand  eines  geplanten Gasprojektes  der  österreichischen OMV AG im Iran zu untersuchen sein. Es soll gezeigt werden, dass sich die Entschei-dungen des Managements in letzter Instanz nicht an Menschenrechtsnormen, sondern der wirtschaftssystemisch integralen Norm der Gewinngenerierung orientieren. Schließlich (4) wird zu diskutieren sein, weshalb seitens der politischen Eliten im System der Demo-kratie die Bereitschaft groß ist, sich von der Logik der Ökonomie korrumpieren zu lassen und die Realisierung gesellschaftlicher Gerechtigkeit von opportunistischen Machtkal-külen abhängig zu machen.

2   Die A-Moral der modernen Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung. Das Phänomen CSR in der historisch-genetischen Perspektivierung

Die Moralisierung  der  modernen Wirtschaft  und  ihrer  systemisch  integrierten  Unter-nehmen und Unternehmensführer ist kein neuartiges Phänomen. Schon in der Arbeiter-bewegung  des  19.  Jahrhunderts  ist  sie  systematisch  eingesetzt worden,  um  Interessen gesellschaftlich zu kommunizieren und politisch zu organisieren. Unter den Bedingungen einer neoliberalen Politik der wirtschaftlichen Globalisierung haben sich allerdings neu-artige Formen der Moralisierung herausgebildet.3 So haben – nach dem Scheitern einer transnational koordinierten Regulationspolitik in den 1960er Jahren – zivilgesellschaft-

3  In der funktional differenzierten Gesellschaft der Moderne sind differente Formen und „Stra-tegien  der  Moralisierung,  Gegenmoralisierung  und  Entmoralisierung“  (Krohn  1999,  S. 1) von gesellschaftlichen, aber auch ökologischen und  individuellen Problemen weit verbreitet. Erkenntniskritisch betrachtet, ist ein moralisierendes Denken allerdings unrealistisch, denn es organisiert  sich auf der  strukturellen Folie der pristinen Subjektlogik  (Dux 2004, 19 ff.) und reduziert  real existente Erklärungskomplexität zugunsten der politisch  instrumentalisierbaren Fiktion  simpel praktizierbarer Problemlösungen. Dies kann erklären, weshalb die Moralisie-rung  von  pädagogischen,  politischen,  rechtlichen,  sozialen,  familialen  usw.  Problemlagen der modernen Gesellschaft  unter  ihren Mitgliedern,  insbesondere  den  sozialwissenschaftlich ungebildeten, eine große Attraktivität genießt und in verschiedenen, demokratiepolitisch mit-unter  reaktionären,  kognitiven und  semantischen Formierungen  als Mittel  der Machtbildung strategisch eingesetzt werden kann. Im Kontext dieser Abhandlung geht es allerdings nicht um das Problem der Moralisierung im Allgemeinen, sondern um die Moralisierung der Wirtschaft durch die Eliten der Wirtschaft  sowie um die Klärung der machtstrategischen Funktion von rechtlich unverbindlichen CSR-Programmen.

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liche Akteure  begonnen,  die  Strategie  der  moralischen  Skandalisierung  systematisch einzusetzen,  um  die  ökologischen  und  sozialen  Folgeprobleme multinationaler Unter-nehmensaktivitäten  in  den  Ländern  des  globalen  Südens  öffentlich  anzuprangern  und Konsumenten  zum Boycott  ihrer Waren  zu motivieren.4 Gleichzeitig  setzten die  zivil-gesellschaftlichen Aktivisten auch die Politik unter Druck, die Macht der Unternehmen auf rechtlicher Ebene zu beschränken und sie zu einer ökologisch und gesellschaftlich nachhaltigen Operationsweise zu zwingen. Es war ein machtstrategisch grandioser Zug der  wirtschaftlichen  Eliten,  auf  die  zivilgesellschaftlichen  Moralisierungsstrategien mit  dem Konstrukt  der moralischen  Selbstregulation  der Unternehmen  durch CSR  zu reagieren. Dadurch war es ihnen zum einen möglich, der öffentlichen Kritik der zivilge-sellschaftlichen Akteure offensiv zu begegnen und sich mit Hilfe ihrer neu gegründeten CSR-Abteilungen als good citizen zu  inszenieren; zum anderen war es  ihnen möglich, den  politischen Eliten  zu  signalisieren,  die Gerechtigkeit  der Gesellschaft  nicht  durch die  Verrechtlichung  von  ökologischen  und  gesellschaftlichen  Nachhaltigkeitsnormen erzwingen zu müssen, da sich die wirtschaftlichen Eliten zur freiwilligen Umsetzung von CSR-Normen verpflichtet haben.

Die soziologische Herausforderung besteht nun darin, die Kritik an der Moralisierung der Wirtschaft  in  Form  von  rechtlich  unverbindlichen  CSR-Programmen  nicht  mora-lisierend  zu  begründen,  sondern  als  innovative  Machstrategie  wirtschaftlicher  Eliten einsichtig zu machen. Zu bewältigen ist sie auf der methodologischen Grundlage einer gesellschaftstheoretisch  integrierten Moraltheorie,  die  die Machtproblematik  systema-tisch berücksichtigen kann, der historisch-genetischen Theorie also.

2.1   Die Universalität von Moral und die Grenzen der gesellschaftlichen Moralität

In der prozessualen Logik der historisch-genetischen Theorie können die operationalen und kategorialen Strukturen der Moral nicht länger absolutistisch: theologisch, soziobio-logisch oder transzendentalanthropologisch begründet werden (Dux 2004, S. 19 ff.). Sie müssen als Konstruktionen begriffen werden, die sich im Prozess der individuellen Onto-genesen empirisch bilden und immer wieder von Neuem bilden müssen. Dies geschieht in allen humanen Gesellschaften unter den strukturellen Bedingungen einer anthropolo-gisch begründeten kulturellen Nulllage sowie einer gesellschaftssystemisch integrierten Sozialisationspraxis. Es ist diesen universalpragmatischen Bedingungen geschuldet, dass die Neugeborenen im Prozess ihrer Enkulturation allerorts ein Subjektsystem ausbilden, dessen Organisation sie zu moralischem Handeln strukturell  in die Lage versetzt, d. h. die  Interessen Alters  als  normativ  bedeutsam  anzuerkennen  und  praktisch  zu  berück-sichtigen. In allen humanen Gesellschaften ist es dabei das Familiensystem, in dem sich nicht  nur  die Ontogenese  der moralischen Kompetenzen  vollzieht,  sondern Moral  als basales Regulationsmedium der alltäglich gelebten Praxis fungiert (Dux 2004, S. 240 ff.). Tatsächlich  können Familienmitglieder  auf Dauer  „nicht  nicht moralisch“  (Dux 2004, 

4  Zur Bedeutung der moralisierenden Kritik von zivilgesellschaftlichen Akteuren an den Gewinn-maximierungsstrategien multinationaler Unternehmen im Kontext der kognitiven und organisa-torischen Konstitution unternehmerischer CSR-Strategien vgl. Bluhm (2008, 144 ff.).

193Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung

S. 241) agieren, wenn sie die Stabilität ihrer psychischen und physischen Identität, aber auch des familialen Systems nicht gefährden wollen.

Die Erkenntnis der gesellschaftstheoretisch grundlegenden Bedeutung von Moral und ihrer Genese in der Ontogenese bedeutet allerdings nicht, dass moralische Normen die Basis des gesellschaftlichen Systems darstellen. Tatsächlich ist das Niveau der alltäglich praktizierten Moral in einem gesellschaftlichen System von den faktischen Machtverhält-nissen abhängig (Dux 2004, S. 236 ff.). Sind sie dominant egalitär strukturiert, wie es in den segmentär differenzierten Gesellschaften der Jäger und Sammler der Fall war, dann ist  ein hohes Niveau an gesellschaftlicher Moralität wahrscheinlich. Sind  sie  es nicht, dann wird Macht zum gesellschaftlich dominanten Organisationsmedium und die Entmo-ralisierung der gesellschaftlichen Beziehungen zu einer strukturellen Realität. Exakt dies ist geschichtlich mit dem Übergang von den segmentär über die stratifikatorisch differen-zierten Gesellschaften bis hin zur modernen Gesellschaft mit ihren funktional differen-zierten Systemen und individualisierten Formen der Gemeinschaftsbildung geschehen.

2.2   Die A-Moral der modernen Gesellschaft als System und die Konstruktion von Moral im System

Mit der Entstehung der modernen Gesellschaft mit ihren funktional differenzierten Sys-temen und systemisch individualisierten Lebensformen hat das Problem der strukturellen A-Moral eine Dramatisierung erfahren. Denn anders als in traditionalen Gesellschaften hat  die A-Moral  der modernen Gesellschaft  ihre  strukturelle Basis  nicht mehr  primär in  einem  politischen Herrschaftssystem,  sondern  in  einer  gesellschaftlichen Organisa-tion, die von eigenlogisch operierenden Funktionssystemen und – zumeist – funktions-systemisch integrierten Organisationen bestimmt wird (Luhmann 1997, II, S. 743). Von Bedeutung  ist  dabei,  dass nicht nur die gesellschaftlichen: wirtschaftlichen, pädagogi-schen, wissenschaftlichen, politischen, rechtlichen usw. Funktionssysteme, sondern auch die funktionssystemisch integrierten Organisationen: Unternehmen, Schulen, Universitä-ten, Parteien, Gerichte usw. in ihrem Modus Operandi durch das Medium Moral nicht in einer strukturbildenden Weise reguliert werden können und sich deshalb gegenüber mora-lisierenden Kommunikationen weitgehend als immun erweisen (Dux 2004, S. 262 ff.).

Die generelle A-Moral der gesellschaftlichen Funktionssysteme muss von den ökolo-gischen und gesellschaftlichen Folgeproblemen unterschieden werden, die sie durch ihre speziellen Operationslogiken verursachen. Gleiches gilt bezüglich ihrer systeminternen Möglichkeiten, sie zu bewältigen. Denn während vom Kunstsystems oder Erziehungs-system kaum Risiken ausgehen, kann das Wirtschaftsystem durch den exzessiven Ver-brauch an naturalen Ressourcen oder seine sozialen Exklusionseffekte eine gefährliche Destabilisierung des ökologischen und gesellschaftlichen Systems bewirken. Gleichzeitig hat das Wirtschaftssystem keine internen Möglichkeiten, die von ihm selbst generierten Problemlagen zu bewältigen. Dies wiederum vermag allein das politische System zu lei-sten, da es durch die Koppelung mit dem Rechtssystem die Akteure im Wirtschaftssystem – wie in den anderen Funktionssystemen auch – zu einer nachhaltigeren Operationsweise zwingen kann.

Die Erkenntnis der A-Moral des modernen Gesellschaftssystems ist die eine; die andere, dass die Subjekte im gesellschaftlichen System ihr Leben ohne Moral nicht in einer sinn-

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vollen Weise gestalten können. Im Anschluss an die Analysen von Günter Dux (2004, S. 269 ff.; 2006) lassen sich drei Formen von Moral unterscheiden. Neben der Moral der Familie, die aus anthropologisch fundamentalen Gründen unabdingbar ist, um die alltäg-lichen  Interaktionen  und Kommunikationen  unter  ihren  altersspezifisch  differierenden Mitgliedern in einer gelingenden Weise zu regulieren, ist die Minima Moralia im System der modernen Gesellschaft von grundlegender Bedeutung. Ihre Funktion besteht darin, den alltäglichen Begegnungsverkehr zwischen Fremden, der mit der gesellschaftlichen Globalisierung  einen massiven Bedeutungszuwachs  erfahren  hat,  in  einer  zivilisierten Weise zu gestalten. Das Medium Moral versagt allerdings, wenn es um die Durchsetzung von Interessen, gerade auch moralisch bedeutsamen, auf der Ebene der Gesellschaft geht. Dux hat deshalb vorgeschlagen, vom normativen Postulat der Gerechtigkeit zu sprechen, wenn es um moralische Forderungen auf der Ebene der Gesellschaft geht. Der Vorteil der Differenzierung zwischen einer interaktiven Moral und einer gesellschaftlichen „Moral“ besteht  darin,  in  der  historisch-genetischen Theorie  entschieden  klarer  als  in  anderen Gesellschaftstheorien5 verdeutlichen zu können, dass Macht als basales Organisations-medium der Gesellschaft bezüglich der Realisierung gesellschaftlicher Gerechtigkeit von grundlegender Bedeutung ist (Dux 2009).

Die  Gerechtigkeit  der  Gesellschaft  im Medium moralisierender  Kommunikationen herbeiführen  zu wollen,  ist  insofern  gesellschaftstheoretisch  naiv  und  demokratiepoli-tisch  reaktionär,  zumindest  solange  dies  nicht mit  der  politischen Forderung nach der Verrechtlichung von moralisch bedeutsamen  Interessen verbunden wird. Exakt  in die-ser Weise aber verfahren die wirtschaftlichen Eliten, wenn sie rechtlich unverbindliche CSR-Programme als effektive Instrumente propagieren, um den gesellschaftlichen und ökologischen Folgeproblemen der wirtschaftlichen Globalisierung Einhalt zu gebieten.

2.3   Die A-Moral der modernen Wirtschaft und die Moralisierung der Unternehmen. CSR als Machtstrategie wirtschaftlicher Eliten

Die Wirtschaft  der  modernen  Gesellschaft  ist  ein  operationell  geschlossenes  System (Luhmann 1994, S. 43 ff.). Es ist mit den anderen gesellschaftlichen Funktionssystemen strukturell gekoppelt, wobei der Geldcode die basale Referenz aller wirtschaftssystemi-schen Operationen darstellt. Er  ist  auch die Voraussetzung, wirtschaftliches Operieren rational kalkulieren zu können. Während es Subjekten nicht notwendigerweise sinnvoll erscheinen muss, die Rationalität ihrer wirtschaftlichen Handlungen an der geldcodierten Logik  der Kostenminimierung  und Gewinnmaximierung  zu  orientieren,  sieht  dies  bei Unternehmen anders aus. Obgleich es sich bei Unternehmen um multireferentiell operie-rende Organisationen handelt, die differenten Systemlogiken in ihren Programmierungen Rechnung  tragen müssen, gilt  für  sie  aufgrund  ihrer  Integration  in  ein kapitalistisches Wirtschaftssystem der Geldcode genauso wie die Rationalität der Gewinngenerierung und 

5  Beispielsweise  im  Vergleich  zur  normativistischen  Kommunikationstheorie  Jürgen  Haber-mas’ oder der  funktionalistischen Systemtheorie Niklas Luhmanns.  In beiden Theorien wird die Machtproblematik  theoretisch und empirisch  trivialisiert – bei Habermas  (1981), weil er einem identitätslogischen Moralverständnis verhaftet geblieben ist; bei Luhmann (1997), weil er Moral auf der strukturellen Folie der absolutistischen Differenzlogik konzipiert hat.

195Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung

Kapitalakkumulation absolut. Unternehmen stehen aus diesem Grund auch unter einem permanenten Zwang zur Rationalisierung ihrer Operationen, um zu konkurrenzfähigen Preisen produzieren und sich auf dem Markt behaupten zu können. Mit der wirtschaft-lichen, durch das Programm einer neoliberalen Politik enorm dynamisierten, Globalisie-rung hat der Rationalisierungszwang der Unternehmen in den letzten Jahrzehnten massiv zugenommen. Gleichzeitig hat die Verbreitung multinationaler Unternehmen (MNU) ein historisch neuartiges Niveau erreicht (BpB 2011; Scherer 2003).

Von Bedeutung dabei  ist,  dass  sich MNU mehrheitlich  in Form von Kapitalgesell-schaften (Bakan 2005) organisieren, um ihre Investitionen zu finanzieren. Es ist in dieser rechtlichen Konstruktion begründet,  dass  die Rationalität  unternehmerischer Entschei-dungen immer stärker an einer kostenoptimalen Organisation der Gewinnmaximierung ausgerichtet wird. Unternehmensstrategisch ist damit einhergegangen, Kapital vor allem in  den  Regionen  der Weltgesellschaft  zu  investieren,  in  denen  die  ökologischen  und gesellschaftlichen Kosten minimal und die Kapitalrenditen maximal sind (Wagner 2004; Werner und Weiss 2006).

Die Funktion des Managements besteht dabei darin, die Logik der Gewinnmaximie-rung praktisch zu exekutieren. Hierzu ist es rechtlich verpflichtet und wird von den pri-vaten und institutionellen Kapitalgebern regelmäßig kontrolliert, ob dieser Verpflichtung professionell nachgekommen wird. Strikt untersagt ist dem Management, eigenmächtig über das Kapital der Shareholder zu verfügen und es in Umweltschutz, Sozialleistungen oder in die Kontrolle der Arbeitsbedingungen in Zulieferunternehmen zu investieren. Der Einsatz  von  Unternehmenskapital  zur  Umsetzung  ökologischer  und  gesellschaftlicher Nachhaltigkeitsstrategien, die über ein gesetzlich gefordertes Niveau hinausgehen, wäre für die Managementsubjekte nur dann ohne rechtliches Risiko möglich, wenn es entwe-der offiziell von den Unternehmenseigentümern legitimiert wurde oder aber ökonomisch legitimierbar ist, weil es als eine potentiell gewinngenerierende Investition darstellt wer-den kann.

Angesichts dieser spezifischen, in der Logik ihres Operierens begründeten, A-Moral des modernen Wirtschaftsystems  ist es paradox, es  in moralischen Kategorien zu deu-ten und sein Katastrophenpotential durch ein rechtlich unverbindliches CSR-Programm in den Griff bekommen zu wollen. Richtig  ist vielmehr,  für die gesellschaftlichen und ökologischen Folgeprobleme der Wirtschaft in der Wirtschaft, insbesondere ihren Unter-nehmen, nur Resonanz erzeugen zu können, wenn sie in ihren systemischen Code über-führt  und  in Form von Kosten  oder Gewinnen ökonomisch  kalkulierbar werden.6 Am effektivsten kann dies von der Politik durch die Verabschiedung von Gesetzen geleistet werden. So kann beispielsweise der Verbrauch von natürlichen Ressourcen höher besteu-ert werden, um Investitionen in die Entwicklung ökologisch nachhaltiger Technologien zu fördern; oder ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden, um der ökonomischen Verarmung und  soziokulturellen Verelendung breiter Bevölkerungsschichten und –  als Folge  davon  –  dem  Legitimationsverlust  des  Gewaltmonopols  des  demokratischen Rechtsstaates entgegenzuwirken.

6  Die systemischen Bedingungen unternehmerischen Operierens werden seitens der „ökonomi-schen CSR Forschung“ (Schreck 2011, S. 747) hervorgehoben.

196 A. Weber

Die Resonanz der Wirtschaft gegenüber den gesellschaftlichen und ökologischen Fol-geproblemen ihres – erfolgreichen – Operierens durch die Verabschiedung von Gesetzen zu steigern, ist allerdings nicht im Interesse ihrer Funktionseliten. Dabei sind es nicht nur die  in politisch einflussreichen  Interessenorganisationen zusammengeschlossenen Top-manager7 der rund 82,000 multinationalen Unternehmen, die es im Jahr 2008 weltweit gab (BpB 2011), die sich gegen die rechtliche Durchsetzung einer nachhaltigen Gestal-tung der Wirtschaft aussprechen. Auch die nationalen und internationalen Interessenorga-nisationen  der  kleinen  und mittleren Unternehmen  unterstützen  diese  Forderung.8  Sie plädieren dafür, die gewaltigen Folgeprobleme der wirtschaftlichen Globalisierung durch CSR anzugehen. Dass es sich dabei um ein rechtlich unverbindliches Programm handelt, das Unternehmen,  gerade multinationalen,  alle Möglichkeiten  offen  hält,  die  ökologi-schen und gesellschaftlichen Folgekosten ihres Operierens zu externalisieren, verschwei-gen die wirtschaftlichen Eliten. Sie verschweigen aber auch, dass die Moralisierung der Wirtschaft durch CSR eine  innovative Machtstrategie darstellt,  deren  latente Funktion darin besteht, die Politik an einer nachhaltigen Regulierung der Wirtschaft auf der Basis international geltender Rechtsnormen zu hindern und die Gerechtigkeitsproblematik, die den normativen Kern der Forderung nach einer nachhaltigen Wirtschaftsgestaltung dar-stellt, zu entpolitisieren.

2.4   Politik in der „Organisationsfalle“9? CSR und die Entpolitisierungder Gerechtigkeitsproblematik

Während im Mainstream einer erkenntnis- und gesellschaftstheoretisch unterkomplexen Theoriebildung zu CSR die These vertreten wird, die Moralisierung der Unternehmen könne einen bedeutenden Beitrag zur Zivilisierung der systemischen Destruktivität einer globalisierten Wirtschaft leisten, stellen sich die Verhältnisse in der prozessualen Logik der historisch-genetischen Theorie anders dar. Tatsächlich ist die Moralisierung der Wirt-schaft  und  ihrer  unternehmerischen  Organisationen  gesellschaftstheoretisch  paradox, handelt es sich doch um ein Funktionssystem der modernen Gesellschaft, das nicht nur in  struktureller Dimension,  sondern  aufgrund  seiner  geldcodierten Logik der Gewinn-maximierung auch in operationeller Dimension von A-Moral gekennzeichnet ist. Exakt dies  ist der Grund, warum das Wirtschaftssystem gegenüber moralischen Forderungen strukturell immun ist, solange sie nicht in den Geldcode konvertierbar sind oder rechtlich durchgesetzt werden.

Die wirtschaftlichen Eliten, die die a-moralische Operationslogik ihres Funktionssy-stems genau kennen, wissen das. Sie verschweigen, dass ein rechtlich unverbindliches CSR-Programm weniger der Gerechtigkeit der Gesellschaft als vielmehr der unternehme-

7  Zur Struktur und Operationsweise der ERT (European Round Table of Industrialists) vgl. Nol-lert (2004); Informationen zu Business Europe, der rund 20 Mio. Unternehmen aus verschiede-nen Ländern Europas angehören, finden sich unter: http://www.businesseurope.eu.

8  Informativ  sind die  programmatischen CSR-Positionen der  österreichischen Wirtschaftskam-mer (http://portal.wko.at) sowie  ihrer europäischen Metaorganisation UEAPME (http://www.ueapme.com).

9  Dux 2006, S. 14.

197Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung

rischen und persönlichen Gewinnmaximierung dient. Paradox ist diese Vorgehensweise nicht, vielmehr Ausdruck einer innovativen und von den wirtschaftlichen Eliten professi-onell umgesetzten Machtstrategie. Paradox ist allerdings, dass die politischen Eliten das CSR-Verständnis der Wirtschaftseliten aktiv unterstützen. Denn der Verzicht der Politik, die Regulation der Wirtschaft auf der Basis international geltenden Rechtsnormen voran-zutreiben – beispielsweise im Rahmen einer von zivilgesellschaftlichen Organisationen nachdrücklich geforderten Reform der Haftungsregeln multinational operierender Unter-nehmen10 – beinhaltet faktisch, deren systemische Destruktivität zu potenzieren und die Gerechtigkeitsproblematik zu entpolitisieren. Dies soll anhand der folgenden Fallanalyse gezeigt werden.

3   Die CSR-Strategie der OMV AG und ihre strukturellen Grenzen

Die OMV AG11 ist ein multinationales Unternehmen, das unter den strukturellen Bedin-gungen des modernen Wirtschaftssystems operiert. Als Kapitalgesellschaft organisiert, ist  sein Management gegenüber den Shareholdern  rechtlich verpflichtet, die Logik der Gewinnmaximierung  in  allen unternehmensrelevanten Entscheidungen  zur Geltung  zu bringen. Dies gilt auch bezüglich der Entscheidung, eine CSR-Strategie zu entwickeln und  in  die  Unternehmensorganisation  zu  implementieren.  Sie  muss  sich  ökonomisch rechnen und vom Management gegenüber den Aktionären rechtfertigen lassen – späte-stens auf den jährlich stattfindenden Hauptversammlungen.

Im Folgenden wird  es  darum gehen,  die  systemisch bedingte Diskrepanz  zwischen einem  normativ  anspruchsvollen  CSR-Programm  und  der  faktischen,  an  der  geldco-dierten Logik der Gewinnmaximierung orientierten Unternehmenspolitik exemplarisch zu  rekonstruieren. Dies  soll  anhand  einer  geplanten  Investition der OMV AG  im  Iran geschehen. Zuvor werden einige Informationen zum Unternehmen OMV vorgestellt und seine CSR-Strategie analysiert.

3.1   Die OMV AG als multinational operierendes Unternehmen

Auch wenn die OMV nach offiziellen Angaben erst im Jahr 1956 gegründet worden ist12, damals noch unter der Bezeichnung ÖMV (Österreichische Mineralölverwaltung), ist sie doch nicht aus dem Nichts heraus entstanden. Vielmehr hat sie an eine Unternehmens-organisation anschließen können, die unter nationalsozialistischer Herrschaft unter Ein-satz  von Zwangsarbeitern13  und nach 1945 unter  sowjetischer Verwaltung maßgeblich aufgebaut worden war (Grigat et al. 2008, S. 217 ff.). Heute ist die OMV mit rund 31,000 

10  Vgl. hierzu die theoretischen Analysen und politischen Initiativen der NGO ECCJ (European Coalition of Corporate Justice) unter: http://www.corporatejustice.org/[Zugriff: 25.08.2011].

11  Im Folgenden als OMV bezeichnet.12  Vgl. hierzu die Informationen im Factsheet (2011) auf der Homepage der OMV.13  In der offiziellen Publikation zur Geschichte der OMV (vgl. Feichtinger 1996) wird die Zwangs-

arbeiterproblematik nur beiläufig erwähnt; die Unternehmensinformationen auf der Homepage der OMV blenden die Thematik vollends aus. Von den insgesamt 10 Mio. Zwangsarbeitern im 

198 A. Weber

Angestellten das größte börsennotierte  Industrie-Unternehmen Österreichs und gilt  als führender Öl- und Gaskonzern Mitteleuropas. Als  international  tätiger Energiekonzern engagiert  sich  die OMV  in  den Geschäftsbereichen Refining and Marketing inclusive Petrochemie, Exploration und Production sowie Gas and Power. Die Explorations- und Produktionsaktivitäten der OMV erstrecken sich weltweit auf 16 Länder. Sie verfügt über rund 4,800 Tankstellen und betreibt fünf Raffinerien.

Die OMV ist  in zwei Privatisierungsschritten – 1987 und 1989– von einem Staats-unternehmen in eine Aktiengesellschaft verwandelt worden. Die 300,000,000 ausgege-benen Aktien verteilen sich folgendermaßen: 48,5 % befinden sich in Streubesitz, 31,5 % im Besitz  der ÖIAG  (Österreichische  Industrieholding AG)  und  20,0 %  im Besitz  der IPIC (International Petroleum Investment Company), die 1984 in Abu Dhabi gegründet wurde. Der Konzernumsatz betrug im Jahr 2010 rund 23 Mrd. €, wobei es in den letzten Jahren im Zuge einer aggressiven Expansion im osteuropäischen Raum zu einem massi-ven Wachstumsschub gekommen ist. Der Vorstand der OMV zählt mit mehr als 3 Mio. € Jahreseinkommen pro Person zu den Spitzenverdienern in der österreichischen Industrie (AK 2009, S. 3).

3.2   Die CSR-Strategie der OMV AG

Die  Moralisierung  der  unternehmerischen  Aktivitäten  der  OMV  ist  nicht  durch  ihr Management,  sondern  durch  Akteure  der  österreichischen  Zivilgesellschaft  in  Gang gesetzt worden. Im Fokus der Kritik stand das Engagement der OMV im Sudan ab 1997 (Grigat et al. 2008, S. 221), einem von ethnischen Konflikten zerrütteten Land. Mit ihm ging  eine  massive  Intensivierung  der  Gewalthandlungen  in  der  Region,  in  der  Erdöl gefördert werden sollte, einher (ECOS 2011). Um den Umgang mit der öffentlichen Kri-tik professioneller managen zu können, hat das Management der OMV im Jahr 2002 die Einrichtung einer CSR-Task-Force sowie auf Drängen zivilgesellschaftlicher Akteure im Jahr 2003 die Entwicklung eines Code of Conduct beschlossen (Holzer 2009, S. 71 f.). In den folgenden Jahren wurde die Entwicklung und Umsetzung einer unternehmenseige-nen CSR-Strategie systematisch vorangetrieben und hat mittlerweile ein beeindruckendes Organisationsniveau erreicht.

Die CSR-Strategie der OMV ist an dem Ziel ausgerichtet, den Aspekt der ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit  in den  systeminternen und  systemexternen (z. B.  im Zuliefersystem) Relationen und Operationen des Unternehmens  systematisch zur Geltung zu bringen. CSR wird nicht  als  philanthropisches oder bürgerschaftliches Engagement verstanden, sondern als strategisches Ziel, das über das Managementsystem in der organisationalen Praxis des Unternehmens umgesetzt werden soll. Es wird betont, dass sich die Investitionen in CSR rechnen müssen und im Idealfall  in eine Win-Win-Situation münden: Die OMV kann sich durch CSR in der Öffentlichkeit als good citizen inszenieren und an gesellschaftlicher Legitimation gewinnen; und die Gesellschaft erzielt einen Gewinn, weil sie nun nachhaltiger operieren und damit einen substanziellen Beitrag 

Deutschen Reich waren in Österreich zwischen 1938 und 1945 ungefähr eine Million Zwangs-arbeiter im Einsatz (vgl. Feichtlbauer 2005, S. 45 ff.).

199Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung

zur Realisierung materialer Gerechtigkeit leisten kann. Im CSR-Performance-Report aus dem Jahre 2005/2006, dort im Vorwort des Vorstandsvorsitzenden, heißt es:

Für die OMV ist Corporate Social Responsibility zentraler Bestandteil einer pro-fitablen und nachhaltigen Unternehmensführung. Wir sehen profitables Wachstum und Wertsteigerung nicht als Gegensatz zu gesellschaftlicher Verantwortung, son-dern als unentbehrliche Voraussetzung, um den Anforderungen an ein nachhaltig agierendes Unternehmen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden. (OMV AG 2007, S. 2)

Mit Verweis auf den Code of Conduct sowie den UN Global Compact wird vom Manage-ment der OMV besonders betont, in der multinationalen Unternehmenspraxis nicht nur legalistisch agieren zu wollen, sondern sich zu einer ökologisch und gesellschaftlich ver-antwortungsvollen Unternehmensstrategie normativ zu verpflichten:

Die OMV hat sich in ihrem Code of Conduct zu einer nachhaltigen Unternehmens-politik verpflichtet. Unsere Mitgliedschaft beim UN Global Compact unterstreicht unsere  Bereitschaft,  die  Grundprinzipien  der  Nachhaltigkeit  zu  beachten.  Unter Nachhaltigkeit im Unternehmen verstehen wir eine Entwicklung, die auf drei Säulen ruht: der ökonomischen Säule mit profitablem Wachstum, der ökologischen Säule zur Erhaltung der Lebensgrundlage auf der Erde und einer gesellschaftlich-sozialen Säule  im Sinne eines gerechten und friedlichen Zusammenlebens und der Siche-rung eines lebenswerten Lebens. Die OMV bekennt sich somit zum so genannten Prinzip der „Triple Bottom Line“ in der Überzeugung, dass ein Unternehmen nur dann nachhaltig handelt, wenn es alle drei Aspekte in seinen Entscheidungen und Aktivitäten berücksichtigt. CSR ist kein Ersatz für die unbestrittene Verpflichtung, nationale und internationale Gesetze einzuhalten. CSR heißt für uns, Verantwortung für die Umwelt und Gesellschaft über gesetzliche Verpflichtungen hinaus zu über-nehmen. (OMV AG 2007, Hervorhebung durch den Autor)

Innerhalb der CSR-Strategie der OMV wird der Menschenrechtsproblematik eine beson-dere Bedeutung beigemessen. Als Mitglied des Global Compact der UNO hat sich die OMV  verpflichtet,  die  Umsetzung  der  Menschenrechtskonventionen  innerhalb  ihres Aktionsbereiches  aktiv  voranzutreiben.  Diese Ambitionen werden  von Kooperationen mit wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen begleitet, die sich im Bereich der Menschenrechtsproblematik besonders engagieren.14 Weiter ist innerhalb der OMV ein Menschenrechtsmanagementsystem implementiert worden, das die Menschen-rechtssituation  in  den  unternehmensrelevanten  Regionen  der  Welt  analysiert.  Zudem ist  die  Auseinandersetzung  mit  der  Menschenrechtsproblematik  zu  einem  integralen Bestandteil der Ausbildung von neuen Führungskräften gemacht worden:

Zur gesellschaftlichen Verantwortung gehört für uns auch, die Menschenrechte im weitesten Sinn zu respektieren. Menschenrechte sind subjektive Rechte, die jedem 

14  Beispielsweise unterstützt die OMV das Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen (vgl. unter: http://www.iwm.at) und ist der Hautsponsor der NGO Reporter ohne Grenzen (vgl. unter: http://www.rog.at)

200 A. Weber

Menschen gleichermaßen zustehen. Die OMV hat sich mit der Unterzeichnung des UN Global Compact dazu verpflichtet, sie im eigenen Einflussbereich zu schützen. Gemeinsam mit externen Experten haben wir in den vergangenen Jahren sukzessive an der Weiterentwicklung unseres Menschenrechts-Managementsystems gearbei-tet, dessen Kernstücke die OMV Menschenrechtspolitik und die OMV Menschen-rechtsmatrix  bilden.  Wir  setzen  die  detaillierte  Matrix  systematisch  in  unseren Geschäftsaktivitäten um. (OMV AG 2009)

Freilich gilt  auch hinsichtlich der Menschenrechtsproblematik,  dass das CSR-Engage-ment der OMV sich  in der geldcodierten Logik des wirtschaftlichen Systems evaluie-ren und betriebswirtschaftlich legitimieren lassen muss.15 Damit werden aber schon die strukturellen Grenzen deutlich, die MNU im Allgemeinen und die OMV im Besonderen daran hindern, die normativ anspruchsvollen Zielvorgaben ihrer CSR-Programme in der Praxis systematisch umzusetzen. Wir wollen dies anhand der Auseinandersetzung um ein geplantes Gasprojekt der OMV im Iran rekonstruieren.

3.3   Die strukturellen Grenzen von CSR. Das Engagement der OMV AG im Iran

Als börsennotierter Energiekonzern mit  internationaler Aktionärsstruktur hat die OMV ein vitales Interesse, den Zugang zu unternehmensstrategisch relevanten Ressourcen zu sichern. Hierzu  gehören  gegenwärtig  vor  allem Erdöl  und Erdgas. Die Mehrzahl  die-ser Ressourcen befindet sich – zumindest bis vor kurzem – in Ländern mit autoritären politischen Strukturen und einem  im Vergleich zu modernen Demokratien niedrigeren Niveau an umwelt-,  sozial- und menschenrechtlichen Standards. Entsprechend geraten Investitionen  in  diese Länder  in Konflikt mit  den  normativen Zielvorgaben  der CSR-Strategie der OMV. In besonderer Weise wird dies im Iran deutlich.

3.3.1 Die iranische Theokratie: Ein politisches System mit totalitären Elementen

Die politischen Verhältnisse im Iran sind Gewaltverhältnisse – im wahrsten Sinn des Wor-tes. Denn der Terror der Monarchie, der durch die Revolution des iranischen Volkes im Jahr 1979 beendet werden sollte, hat in der islamistischen Theokratie seine Fortsetzung gefunden. „Tausende“, so stellte Wahied Wahdathagh (1999, S. 326) schon vor einiger Zeit fest, „wurden in den letzten zwanzig Jahren in den iranischen Gefängnissen gefoltert, islamisiert, hingerichtet.“ Angesichts der brutalen Gewalt, die die politischen Eliten im Iran einsetzten, um ihre Machtpositionen zu behaupten, sahen Experten in der islamisti-schen Theokratie sogar eine „neue Spielart des Totalitarismus“ (Tibi 1996, S. 313, zit. n. Wahdathagh 1999, S. 329).

Diese Einschätzung scheint noch immer gültig zu sein. So stellte vor kurzem der stell-vertretende Außenminister Hassan Ghaschghavi klar: „Wir leben in einem islamischen 

15 Mit Blick auf den Beitritt zum Global Compact meinte Wolfgang Ruttenstorfer, der damalige Vorstandsvorsitzende der OMV AG: „Gutmenschen sind wir deshalb keine“, sei CSR doch als „Management-Tool gedacht und verfolge vor allem wirtschaftliche Ziele.“ (zit. n. Ohne Autor 2003, S. 19).

201Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung

Land  und wir  handeln  nach  den Regeln  des Korans.  Selbst wenn wir  hunderttausend Menschen exekutieren müssen, werden wir mit der Durchsetzung dieser Regeln fortfah-ren“ (zit n. Cerha 2010). Zwar findet ein massenhaftes Morden gegenwärtig nicht statt, da die herrschenden Eliten ihre Machtpositionen gefestigt haben. Doch weiterhin gehört es zur politischen Normalität im Iran, dass ethnische Minderheiten verfolgt, die Demo-kratiebewegung gewaltsam unterdrückt oder etwa Homosexualität und Gotteslästerung mit dem Tod bestraft werden.

Es  sind aber nicht die permanenten Menschenrechtsverletzungen, die  im Fokus der internationalen Kritik stehen, sondern das vorwiegend durch Einnahmen aus dem staat-lich  kontrollierten Gas-  und Ölgeschäft  finanzierte Atomprogramm des  Iran.16 Es  gibt signifikante Indizien, dass mit ihm nicht nur zivile, sondern auch militärische Ziele ver-folgt werden. Die atompolitischen Anstrengungen scheinen dabei ein bedeutendes ideolo-gisches Movens im Antisemitismus der politischen Eliten des Iran zu haben. Die verbalen Attacken gegen den israelischen Staat, dessen Existenzrecht ebenso wie die Realität des Holocaust bestritten wird, legen diese Deutung nahe.

Dass das Atomprogramm des Iran als ernste Bedrohung betrachtet werden muss, wird daran deutlich, dass  seine politischen Eliten  in einer  rechtsstaatlichen Demokratie wie Österreich aufgrund ihrer totalitären Ideologien und brutalen Machtstrategien als Krimi-nelle gelten würden. Drastisch kann dies am Fall ihres aktuell amtierenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad veranschaulicht werden. Er ist nicht nur politisch mitverant-wortlich  für  die  blutige Niederschlagung der  letzten  iranischen Demokratiebewegung, sondern steht desweiteren unter Verdacht, als Mitglied eines iranischen Exekutionskom-mandos  in die Wiener Kurdenmorde  im  Jahr 1989 aktiv  involviert  gewesen zu  sein.17 Nach österreichischem Recht würde der iranische Präsident zudem als Krimineller gel-ten, da er durch die Leugnung der millionenfachen Ermordung der Juden in den Konzen-trationslagern des Nationalsozialismus gegen das  in Österreich geltende Verbotsgesetz verstoßen hat. Gleiches gilt bezüglich seiner aktiven Unterstützung der Teheraner „Holo-caustleugnerkonferenz“ (Schiedel 2009) im Dezember 2006, wo „rund 60 Neonazis und Islamisten  aus  30  Ländern  […] wie  Staatsgäste  empfangen“ wurden  –  darunter  auch Holocaustleugner, die in Deutschland und Österreich strafrechtlich verfolgt werden.18 Vor dem Hintergrund der normativ anspruchsvollen CSR-Strategie der OMV stellt sich des-halb die Frage, mit welchen Argumenten die wirtschaftliche Kooperation mit politischen Eliten, die nach österreichischem Recht als Kriminelle gelten würden, legitimiert wird.

16  Zur Geschichte des iranischen Atomprogramms vgl. Melman 2008.17  Grigat et al. (2008, S. 224 f.) weisen darauf hin, dass die Ermittlungen, die von der österreichi-

schen Polizei in diesem Fall aufgenommen worden waren, aufgrund massiver politischer Inter-ventionen gestoppt wurden, was wiederum seitens der Wirtschaftskammer Österreich begrüßt worden sei (vgl. Szigetvari 2005, S. 3).

18  Ein informatives Video, das den Vortrag eines deutschsprachigen Konferenzteilnehmers zeigt, kann  bei  Youtube  unter:  http://www.youtube.com/watch?v=ilIQVJHdxHs&feature=related [Zugriff: 09.08.2011] eingesehen werden.

202 A. Weber

3.3.2 Die Debatte um das South-Pars-Projekt der OMV AG im Persischen Golf

Die Aktivitäten der OMV im Iran haben sich bislang vorwiegend auf die Erdölförderung erstreckt. Anfang 2007 wurde allerdings mit der staatlichen Ölgesellschaft – der Iranian Oil Company – ein Vorvertrag unterzeichnet, der der OMV den Zugriff auf eines der welt-weit größten Erdgasvorkommen sichern sollte. „Inklusive der Beteiligung am Bau einer Verflüssigungsanlage  für  Erdgas  und Bezugsverträgen  für  solches  Flüssiggas“  (Strobl 2007, S. 23) soll das Investitionsvolumen in das Gasfeld, das sich in der South-Pars-Re-gion im Persischen Golf befindet, rund 22 Mrd. € betragen haben.

Die in der CSR-Strategie der OMV formulierten Normen stellten bei der Unterzeich-nung dieses Vorvertrages kein Hindernis dar. Weder die Menschenrechtssituation im Iran, die antisemitische Ideologie der politischen Eliten, aber auch nicht  ihre atomtechnolo-gischen und militärischen Ambitionen, waren  für  das Management der OMV ein hin-reichender Grund, sich von diesem Geschäft zu distanzieren und den Vorvertrag wieder rückgängig zu machen. Genau dies forderten – neben den USA – jedoch zahlreiche Ver-treter der Zivilgesellschaft.

3.3.3 Die zivilgesellschaftliche Kritik am South-Pars-Projekt

Die Kritik am Iran-Engagement der OMV kam zunächst aus dem Ausland. Neben der Regierung der USA, die auf der Basis des Iran Sanction Act der OMV mit wirtschaft-lichen Sanktionen drohten, haben Vertreter des  jüdischen Weltkongresses  (Ohne Autor 2008)  sowie  des  israelischen  Pensionistenbundes  der  österreichischen  Juden,  die  den Holocaust überlebt haben, Widerspruch angemeldet: „Wir sind erschüttert“, so heißt es in einem Memorandum des Pensionistenbundes (zit. n. Grigat et al. 2008, S. 227), „dass dieses Gasprojekt der OMV im Iran die Unterstützung von Österreichs Regierungsspitze findet.“ Neben Mitgliedern  der  internationalen  Initiative Stop the Bomb19,  die  auch  in Österreich aktiv ist, haben sich in Österreich kritische Stimmen aus Wissenschaft, Kunst und teilweise den Massenmedien zu Wort gemeldet (zit. n. Grigat et al. 2008, S. 228 f.).

Besonders deutlich hat der Wiener Politologe Stephan Grigat  sowie seine Kollegen das Investitionsvorhaben der OMV im Iran kritisiert. In ihre Kritik schlossen sie die poli-tischen Eliten Österreichs ein, hatten doch gerade diese die rechtlichen und politischen Möglichkeiten  gehabt  –  auch  weil  der  Staat  Österreich  einer  der  Hauptaktionäre  der OMV ist –, das Iran-Engagement der OMV zu blockieren. Da dies aber nicht geschah, sahen sich die Autoren zu der Aussage veranlasst, die politischen Eliten in Österreich wie in Deutschland würden – wider  ihrer öffentlichen Betroffenheitsbekundungen gegenü-ber dem historischen Massenmord an den Juden – aus wirtschaftlichen und machtstrate-gischen Gründen mit einer Regierung kooperieren, die einen neuen Massenmord plane:

Eines haben nach den Deutschen nun auch die Österreicher gelernt: Einen Holo-caust kann man zwar begehen – schließlich passiert einem nachher nicht viel – aber Holocaust  leugnen,  das  geht  auf  keinen Fall!  Einen  neuen  vorbereiten  hingegen schon. Würden die sich selbst aufgeklärt und fortschrittlich haltenden Abgeordne-

19  Die Homepage findet sich im Internet unter: http://www.stopthebomb.net/ [Zugriff: 25.08.2011].

203Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung

ten im Nationalrat das anders sehen, müssten sie der OMV und allen anderen öster-reichischen Firmen augenblicklich jegliche Unterstützung für ihr Engagement im Iran entziehen und dafür Sorge tragen, dass die österreichische Regierung derartige Geschäftsbeziehungen unter Strafe stellt. (Grigat et al. 2008, S. 235)

Eine ganz ähnliche Sicht der Dinge findet sich bei Wolfgang Neugebauer, dem ehema-ligen Leiter des Dokumentationsarchives des österreichischen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus und Honorarprofessor  für Geschichte an der Universität Wien. Er stellt bezüglich der wirtschaftlichen Beziehungen der EU und Österreichs zum Iran fest:

Weder die erbärmliche Holocaust-Leugner-Konferenz in Teheran noch die unver-mindert fortgesetzte nukleare Aufrüstung des Iran haben zu angemessenen Reaktio-nen Österreichs und der Europäischen Union geführt. Und der so genannte Dialog mit  dem  iranischen Regime  ist  nichts  anderes  als  der  Schutzmantel,  hinter  dem Atombombenbau betrieben wird. (Neugebauer 2008, S. 284)

Betrachten wir deshalb, wie die wirtschaftlichen Eliten auf diese heftige Kritik reagierten.

3.3.4 Die Kritik der Kritik. Die Position der österreichischen Wirtschaftseliten

Die Funktionseliten der österreichischen Wirtschaft teilten die Kritik am South-Pars-Pro-jekt nicht. Das Management der OMV wies darauf hin, sich immer an nationale und inter-nationale Rechtsnormen gehalten zu haben,  als der Vorvertrag mit der  im Staatsbesitz befindlichen Iranian Oil Company unterzeichnet wurde. „UNO-Regeln, EU-Recht und österreichische Gesetze“, so die offizielle Position der OMV (zit. n. Strobl 2007, S. 23), „sind die Fahrbahn, auf der wir uns in diesem Fall bewegen.“ Zudem wurde auf das zivi-lisatorische Potential transnationaler Wirtschaftskooperationen verwiesen und behauptet, Wirtschaftssanktionen schadeten vor allem der Zivilbevölkerung.20 Die Pressesprecherin der OMV, Michaela Huber, erklärte in einem Zeitungsartikel:

Die Situation  im Iran  ist  […] vergleichbar mit anderen Staaten,  in denen Öl und Gas gefördert wird. Wirtschaftliche Sanktionen haben in der Vergangenheit meist nicht den gewünschten Erfolg gebracht, sondern die Lage der in Armut lebenden Menschen noch weiter verschlechtert. Verantwortungsvolle Unternehmen mit uni-versellen Werten können gerade durch ihre Aktivitäten vor Ort und im Umfang ihrer Tätigkeiten  mehr  bewirken  als  durch  schlechtes  Draußenbleiben.  (Huber  2008, S. 38)

In gleicher Weise argumentierte der Präsident der österreichischen Wirtschaftskammer, der an anderer Stelle den Iran als „traditionellen Partner, in guten wie in schlechten Zei-ten“ (zit. n. Riecher 2010, S. 17), lobt:

20  Kritisch  zur  zivilisierenden  Bedeutung  von  Wirtschaftskooperationen  vgl.  Küntzel  (2007, S. 34), der stattdessen Wirtschaftssanktionen fordert: „Ohne europäische Ersatzteile und Indus-trieprodukte ist die iranische Wirtschaft binnen weniger Monate paralysiert.“

204 A. Weber

Was soll daran verwerflich sein, wenn die OMV nach Öl bohrt […]? Die Investitio-nen und Exporte dienen der Wirtschaft der Länder und fördern die Verständigung zwischen den Menschen. Wer miteinander Handelt treibt, schlägt sich nicht gegen-seitig den Schädel ein. (Leitl, zit. n. Schnauder 2011a, S. 2).

Der Verweis  auf  das  zivilisierende  Potential  wirtschaftlicher Kooperationen wird  von Leitl allerdings mit der Feststellung verknüpft, die Wirtschaftseliten seien nicht für die Lösung von Menschenrechtsproblemen zuständig. Doch anstatt die Politik hierfür in die Verantwortung zu nehmen, fordert der Präsident der österreichischen Wirtschaftskammer, die Autonomie  der  österreichischen  Unternehmen  nicht  politisch  einzuschränken  und sich mit rechtlichen Regulationen, die auf mehr Gerechtigkeit abzielen, zurückzuhalten:

Politik  und Wirtschaft müssen getrennt  bleiben,  sonst müssten wir  99 % unseres Außenhandels einstellen. (Leitl, zit. n. Frey 2007, S. 19)

In gleicher Weise argumentiert der ehemalige Vorstandsvorsitzende der OMV, Wolfgang Ruttenstorfer,  wenn  er mit  Blick  auf  das  South-Pars-Projekt  im  Iran  darauf  hinweist, nicht „für die Politik von Ländern zuständig“ zu sein, sondern dafür „bezahlt“ zu werden, die „Gasversorgung“  in Österreich und Europa zu sichern  (zit. n. Graber 2007, S. 20). Gemäß der funktionssystemspezifischen A-Moral der Wirtschaft ist es deshalb nur strin-gent, wenn Ruttenstorfer  in seiner Rolle als Manager einer multinational operierenden Kapitalgesellschaft den Antisemitismus der politischen Eliten im Iran genauso wie deren Niederschlagung der iranischen Oppositionsbewegung als „für Geschäftstreibende nicht relevant“ einstuft (zit. n. Graber 2007, S. 20).21

Dass CSR im Verständnis der OMV wie der Interessenorganisationen der österreichi-schen Wirtschaft nicht nur bedeutet, sich an den Status Quo der nationalen und internatio-nalen Gesetzgebung zu halten, sondern in aktiver Weise „Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft über gesetzliche Verpflichtungen hinaus zu übernehmen“ und einen nach-haltigen Beitrag zur Realisierung eines „gerechten und friedlichen Zusammenlebens“ in der Weltgesellschaft zu leisten (OMV 2007, S. 4) – dies wird von den österreichischen Wirtschaftseliten nicht nur in diesem Fall ignoriert. Moralisierend zu kritisieren ist diese Ignoranz nicht, ist sie doch den systemischen Bedingungen ihres Operierens geschuldet und machtstrategisch funktional. Zu kritisieren  ist allerdings, dass die österreichischen Wirtschaftseliten  mit  ihrer  CSR-Ideologie  einem  theoretisch  unterkomplexen  Gesell-schaftsverständnis zuarbeiten, dessen latente Funktion darin besteht, die Gerechtigkeits-problematik in den aktuellen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran, einschließlich ihrer österreichspezifischen Bedeutung im historischen Kontext der Vernichtung der europäi-schen Juden, zugunsten der Optimierung unternehmerischer und persönlicher Gewinn-maximierung zu entpolitisieren.

21  Auf diesen Punkt hat auch der  Journalist Schauder  (2011b, S. 2) hingewiesen: „Dass Staats-präsident Mahmoud Ahmadi-Nejad den Holocaust leugnet und Regimekritiker massenhaft ein-gesperrt werden, ließ Konzernchef Wolfgang Ruttenstorfer nie als Hinderungsgrund zu. Man halte sich an alle Vorgaben in Österreich, der EU oder der Vereinten Nationen, so die Sprach-regelung.“

205Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung

4   CSR und die Entpolitisierung der Gerechtigkeitsproblematik. Der Opportunismus der politischen Eliten

Im  Verständnis  der  historisch-genetischen  Gesellschaftstheorie  ist  die  Moralisierung eines a-moralisch operierenden Wirtschaftssystem und seiner unternehmerischen Organi-sationen paradox. Nicht paradox ist es allerdings, die Strategie der Moralisierung macht-politisch einzusetzen. Dies geschieht aktuell, allerdings mit gänzlich unterschiedlichen Interessen.  So  setzen  die Protagonisten  der Zivilgesellschaft  die Strategie  der Morali-sierung ein, um (multinationale) Unternehmen öffentlich unter Druck zu setzen und zu einer  nachhaltigeren  Operationsweise  zu  bewegen.  Dass  die moralische  Selbstregula-tion von Unternehmen eine Fiktion ist, ist den zivilgesellschaftlichen Akteuren klar. Sie versuchen, die Politik durch die Verabschiedung von Gesetzen zu einer ökologisch und gesellschaftlich  nachhaltigeren Regulierung der Aktivitäten multinational  operierender Unternehmen zu bringen. Die Moralisierung der Unternehmen durch die wirtschaftlichen Funktionseliten in Form von rechtlich unverbindlichen CSR-Programmen hat hingegen eine  ganz  andere  Funktion,  nämlich  in  der Öffentlichkeit  das Bild  einer  gesellschaft-lich verantwortungsvollen Wirtschaft zu kreieren und die Politik von einer ökologisch und gesellschaftlich nachhaltigen Regulation ihrer Aktivitäten abzuhalten. Deutlich wird diese Strategie auch am Beispiel der OMV AG: Die Regulation der systemspezifischen A-Moral der Wirtschaft durch die Politik wird abgelehnt, deren Selbstregulation auf der Basis freiwillig praktizierter CSR-Maßnahmen wird hingegen befürwortet.

Die politischen Eliten in Österreich wie in anderen europäischen Ländern unterstüt-zen mehrheitlich die CSR-Ideologie ihrer international agierenden Wirtschaftseliten. Sie leisten  damit  nicht  nur  der  Entpolitisierung  der  Gerechtigkeitsproblematik  Vorschub, sondern  unterminieren  auch  die  normativ  anspruchsvollen  Legitimationsgrundlagen des Gewaltmonopols des demokratischen Staates. Moralisierend zu kritisieren ist dieses scheinbar paradoxe Verhalten gleichwohl nicht, denn es hat seinen strukturellen Grund in der „Organisationsfalle“  (Dux 2006, S. 14),  in der  sich die politischen Eliten  in der globalisierten Marktgesellschaft  befinden,  sowie  in  einem machtstrategisch  funktiona-len Opportunismus. Mit Blick auf die österreichischen Wirtschaftsbeziehungen zum Iran bringt sich dieses Problem konkret darin zum Ausdruck, dass die Mitglieder der öster-reichischen Regierung aus nationalwirtschaftlichen Gründen und machtpolitischem Kal-kül  ihrer verfassungsrechtlich verankerten Verpflichtung, dem normativen Postulat der Gerechtigkeit auch in transnationaler Dimension faktisch Geltung zu verschaffen, nicht nachkommen. Die Differenz  zwischen dem  Ist-  und Soll-Zustand der österreichischen Iran-Politik  wird  besonders  deutlich  vor  dem  Hintergrund  eines  Verfassungsgerichts-urteils aus dem Jahr 1985, „wonach jedes staatliche Handeln (also auch in der Außen- und Wirtschaftspolitik!) mit dem Verbotsgesetz im Einklang zu stehen habe“ (Schiedel 2009). Aber obgleich es inakzeptabel ist, mit politischen Eliten, die den Holocaust rela-tivieren und dem Staat Israel die militärische Auslöschung androhen, wirtschaftlich eng zu kooperieren – es geschah und geschieht gleichwohl.22 Die Notwendigkeit der nationa-len Sicherung von Arbeitsplätzen und der Energieversorgung wird dabei als sachlogisch 

22  So haben sich die österreichischen Iran-Importe im Jahr 2010 verfünffacht (vgl. Ultsch 2011). Im gesamten Raum der EU haben sie sich im gleichen Jahr auf rund 80 Mrd. € belaufen.

206 A. Weber

zwingendes Argument angeführt, um realpolitisch zu rechtfertigen, was mit Blick auf den normativen Gehalt der österreichischen Verfassung nicht zu rechtfertigen ist. Bezeichnen-derweise waren es nicht normative, sondern wiederum realpolitische Gründe, weshalb die zunächst parteiübergreifend vorhandende Unterstützung des South-Pars-Projektes (ohne Autor 2007) mittlerweile ein – vorläufiges – Ende erfahren hat: Die von der UNO und später der EU in verschärfter Form veranlassten Wirtschaftssanktionen zwangen Öster-reichs Regierungseliten zu einem radikalen Kurswechsel. Im April 2010 erklärte Öster-reichs Außenminister öffentlich ein „klares Nein zu neuen Geschäften Österreichs im Iran im Gasbereich“ (Spindelegger, zit. n. Strobl 2010).

Dass die Umsetzung des Verbotsgesetzes in den Beziehungen zum Iran auch innen-politisch  zu  einer  machtstrategisch  interessanten  Option  werden  kann,  ist  zumindest theoretisch nicht ausgeschlossen. Dies setzt allerdings voraus, dass eine relevante Zahl von österreichischen Bürgerinnen und Bürgern ihre Wahlentscheidungen davon abhän-gig  machen  werden,  ob  das  Verbotsgesetz  in  internationalen  Beziehungen  umgesetzt wird. Dies  ist – zumindest gegenwärtig – aufgrund des aktuell  in der multikulturellen Gesellschaft Österreichs existierenden Niveaus an sozialwissenschaftlicher Aufklärung und  demokratiepolitischen Engagements  jedoch  nicht  zu  erwarten.  Für  die  etablierten österreichischen Parteien ist es deshalb machtstrategisch opportuner, die wahlberechtigte Bevölkerung durch das Versprechen einer gesicherten Energieversorgung zu günstigen Preisen politisch binden zu wollen. Tatsächlich sind – und nicht nur in Österreich – mit niedrigeren Energiepreisen eher Wahlen zu gewinnen als mit der Umsetzung verfassungs-rechtlich verankerter Gerechtigkeitsnormen im Kontext internationaler Beziehungen.23

Welche Bedeutung hat die Erkenntnis, dass die Entpolitisierung der Gerechtigkeits-problematik  ihren  empirischen Grund  im  strukturellen Machtzuwachs der Eliten  einer globalisierten Wirtschaft gegenüber einer nationalstaatlich organisierten Politik hat, für die zukünftige CSR-Forschung? Sie tut zunächst gut daran, sich von einem – zumindest latent – normativistisch begründeten Wirtschaftsverständnis zu verabschieden, das Fak-tum der A-Moral des modernen, geldcodierten Wirtschaftssystems und seiner systemisch integrierten Unternehmen und Akteure anzuerkennen und die Frage nach Bedingungen der Möglichkeit von Moral  im System der modernen Gesellschaft auf der methodolo-gischen  Grundlage  der  historisch-genetischen  Theorie  zu  bearbeiten.  Die  Erkenntnis, dass Macht das basale Organisationsmedium der Gesellschaft ist und die Gerechtigkeit der Gesellschaft – anders als die Moral der Gemeinschaften – primär von der Organisa-tion von Machtpotentialen abhängig ist, kann erkenntnissystematisch dann nur bedeuten, das Konstrukt der moralischen Selbstregulation der Wirtschaft durch CSR als Machtstra-tegie  international kooperierender Wirtschaftseliten betrachten zu müssen, die sich aus karrieristischen Gründen mit der Logik unternehmerischer Gewinnmaximierung wider-standslos identifizieren und an einer ökologisch oder sozial nachhaltigen Wirtschaftsge-staltung schon deshalb nur ein marginales Interesse haben, da die Abkehr von der Logik der Kostenexternalisierung mit beträchtlichen Einkommensverlusten verbunden wäre.

23 Mit dem Interesse an  transnationaler Gerechtigkeit sei es  rasch vorüber, so die ernüchternde Einschätzung des österreichischen Journalisten Franz Schellhorn (2011), „wenn ein Liter Treib-stoff mehr als 1,50 € kostet.“

207Die A-Moral der Wirtschaft und die Paradoxie ihrer Moralisierung

Die machttheoretische Wende  in  der Auseinandersetzung mit CSR mag mit massi-ven  kognitiven  Irritationen  einhergehen  und  zu  theoretisch  komplexen  Lernprozessen zwingen. Aber diese zu bewältigen ist unvermeidlich, soll das Phänomen CSR metho-disch sachhaltig bearbeitet werden und nicht damit  forgefahren werden, die moralisch bedeutenden  Folgeprobleme  einer  von  internationalen  Wirtschaftseliten  dominierten Globalisierung, die zum normativen Programm der Demokratie ein vorwiegend instru-mentelles Verhältnis unterhalten (Bakan 2005, S. 105 ff.; Weber 2011, S. 390 ff.), mit wirt-schaftswissenschaftlicher Unterstützung zu entpolitisieren. Der Mainstream der aktuellen betriebswirtschaftlichen CSR-Forschung hat exakt dies zur Folge gehabt.24

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Andreas Weber, Dr. M.A.,  geb.  1964,  z. Zt. Lektor  an den  soziologischen  Instituten der Wirt-schaftsuniversität  Wien  sowie  der  Universität  Wien.  Arbeitsgebiete/Forschungsschwerpunkte: Theorien  der  modernen  Gesellschaft,  Krise  der  Demokratie,  Organisationen  in  der  modernen Gesellschaft,  das  Problem  systemischer A-Moral  und  CSR,  Moderne  Subjekte.  Publikationen: Zur Kritik der absolutistischen Logik. Das Subjekt als Problem der soziologischen Theoriebildung (1998/2000); Subjektlos. Zur Kritik der Systemtheorie (1998/2005); Gesellschaft im Umbruch und die Erkenntnisbarrieren der kulturellen Experten. Strukturlogische Analysen (1999); Prozesslogik als Logik moderner Selbstreflexion. Eine soziologische Analyse zu Bodo Kirchhoffs “Legenden um  den  eigenen  Körper”  (2004);  Gesellschaftliche  Globalisierung  und  die  De-Ontologisierung des Weltverstehens. Eine soziologische Analyse der Entstehung, Verbreitung und Verarbeitung der modernen Verstehensproblematik (2005); Die Moralisierung der Wirtschaft: CSR als strategisches Element neoliberaler Gesellschaftspolitik? (2011).