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XIX. Die Ausseheidung des Weingeistes dutch :Nieren und Lungen. Yon C. Binz. (Naeh Versuchen der Herren H. Heubaeh und A. Schmidt.) Uebereinstimmend mit den alten Erfahrungen am Krankenbette wurde experimentell nachgewiesen, dass dem Weingeist eine drei- fache Wirkung eigen ist, die sieh nat~rlich je nach den Umstanden und Gaben richtet: eine erregende~ abkiihlende und nahrende. 1) Der Nahrwerth des Weingeistes wird noch heftig bestritten, be- sonders yon Aerzten Englands~ die unter dem agitatorisehen Einfluss der Massigkeitsvereine stehen. Ein Haupteinwand besteht in der Annahme, der Weingeist verlasse unsern Organismus zum grSssten Theil unzersetzt. Somit ware es nicht denkhar, dass er dutch Oxy- dation an der Bildung yon Warme und lebendiger Kraft Antheil nehme. Auch die Herabsetzung der Temperatur, des Harnstoffs und der Kohlens~ure -- sobald seine Gabe einigermaassen stark genug ist -- spricht anseheinend dagegen. Das neueste Lehrbuch tier Toxikologie 2) redet ebenfalls der Ausscheidung des Weingeistes aus dem KSrper dureh die Exspirationsluft, den Harn und die Haut das Wort.3) ]~) Ueber den Nachweis far letztere Eigenschaft vgl. meinen Vortrag, abge- druckt in tier Berl. klin. Wochenschr. 1876. S. 54. No. 4. 2) B o e h m , in ~. Ziemssen's Handb. XV. 91. 3) Vielfaeh beruft man sich aueh auf Liebig, der in seinen Chemisehea Briefen 1852. S. 38"i dedueirt, dass eine Messerspitze roll Mehl nahrhafter sei, als 5 Maass des besten bayrischen Bieres; class ein Mann, tier im Stande ist, t~glich 5 Maass Bier zu trinken, in einem Jahre gfinstigsten Falles genau die nahrhaften Bestandtheile yon eiuem 5pfandigen Laib Brod oder yon 3 Pfund Fleisch verzehrt babe.--Diese Stelle hat Liebig in der sp~teren Auflage (]859) Archiv s experiment. P~thologie u. Pharm~kologie. ~TI. Bd. 90

Die Ausscheidung des Weingeistes durch Nieren und Lungen

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XIX.

Die Ausseheidung des Weingeistes dutch :Nieren und Lungen. Yon

C. B i n z .

(Naeh Versuchen der Herren H. Heubaeh und A. Schmidt.)

Uebereinstimmend mit den alten Erfahrungen am Krankenbette wurde experimentell nachgewiesen, dass dem Weingeist eine drei- fache Wirkung eigen ist, die sieh nat~rlich je nach den Umstanden und Gaben richtet: eine erregende~ abkiihlende und nahrende. 1)

Der Nahrwerth des Weingeistes wird noch heftig bestritten, be- sonders yon Aerzten Englands~ die unter dem agitatorisehen Einfluss der Massigkeitsvereine stehen. Ein Haupteinwand besteht in der Annahme, der Weingeist verlasse unsern Organismus zum grSssten Theil unzersetzt. Somit ware es nicht denkhar, dass er dutch Oxy- dation an der Bildung yon Warme und lebendiger Kraft Antheil nehme. Auch die Herabsetzung der Temperatur, des Harnstoffs und der Kohlens~ure - - sobald seine Gabe einigermaassen stark genug ist - - spricht anseheinend dagegen. Das neueste Lehrbuch tier Toxikologie 2) redet ebenfalls der Ausscheidung des Weingeistes aus dem KSrper dureh die Exspirationsluft, den Harn und die Haut das Wort.3)

]~) Ueber den Nachweis far letztere Eigenschaft vgl. meinen Vortrag, abge- druckt in tier Berl. klin. Wochenschr. 1876. S. 54. No. 4.

2) Boehm, in ~. Ziemssen's Handb. XV. 91. 3) Vielfaeh beruft man sich aueh auf L ieb ig , der in seinen Chemisehea

Briefen 1852. S. 38"i dedueirt, dass eine Messerspitze roll Mehl nahrhafter sei, als 5 Maass des besten bayrischen Bieres; class ein Mann, tier im Stande ist, t~glich 5 Maass Bier zu trinken, in einem Jahre gfinstigsten Falles genau die nahrhaften Bestandtheile yon eiuem 5pfandigen Laib Brod oder yon 3 Pfund Fleisch verzehrt babe.--Diese Stelle hat Liebig in der sp~teren Auflage (]859)

A r c h i v s experiment. P~thologie u. Pharm~kologie. ~TI. Bd. 90

288 XIX. C. Bi~z

Man grtindete die Behaup~ng yon d er Anwesenheit grosser Mengen Weingeistes in den Excreten meistens auf zwei recht pr~- gnante ehemisehe Reactionen: i) auf die Reduction der rothen Chrom- s~iure" in griines Chromoxyd, und ferner 2) auf die Umwandlunff yon Jod in das noch in den kleinsten Spuren mikroskopisch an der hexagonalen Krystallform u. s. w. leicht erkennbare Jodoform, Beide Vorg~inge lassen sich mit Wegbleiben der intermedi~ren Bildungen so wiedergeben:

1) 4Cr03 -~- C2H60 ~ 2Cr203 ~- 2C02 -~ 3H20. 2) 8J --~ C2HGO ~- 6KHO ~--- CHJ3 -~ 5KJ -~-" KCHO~ ~ 5H20.

Es wtirde zu breit sein, wollte ieh hier die Ansiehten und Ein- zelgrt~nde, welehe man ftir und wider geliefert hat~ im Auszug wieder- holen. Das unten foigende Literaturverzeiehniss mag als Leitfaden daftir gen•gen. Als Hauptkennzeiehen ftir die positiven Urtheile babe ieh nut vorauszuschicken~ dass sie zumeist aaf einer unriehtigen Werth- sch~itzung tier beiden ehemischen Reactionen beruhen. D i e s e g e 1- t e n ftir d e n N a c h w e i s d e s A ] k o h o l s n u t d a n n i w e n n k e i n a n d e r e r o r g a n i s e h e r K~.rper z u g e g e n ist. Speichel, Eiweiss~ Harns~ure, die fl~ichtigen Froducte unseres Organismus und noeh viel mehr Sonstiges vollziehen entweder eine oder beide jener Reae- tionen~ auch bei Abwesenheit jeder Spur yon C.2H60:

Ich liess deshalb bei den Untersuchungen in meinem Labora- torium gleichzeitig das Geisler'sehe Vaporimeter anwenden." Sein Prineip beruht auf der Expansionsdifferenz gleieher Volumiua Wasser oder Weingeist unter dem Einfluss der Siedehitze. Es gestattet noeh Ablesungen yon 0,05 Procent. Seine Fehlerquellen~ die etwas weiter unten zur Sprache kommen, lassen sieh fiir unsere Zwecke genau genug eontroliren.

Zuerst handelte es sieh um die Bestimmung des Weingeistes im Harn. Dieser wurde yon den hiesigen Kliuiken geiiefert, die Correetheit der Angaben ~ber ihn war durch die Herren Dr. B u r - ger~ H u r m und P e i t z s e h in gef~illigster Weise tiberwacht. Bevor er in den Reeipienten des Vaporimeters eingebracht wurde, gesehah die Entfernung der Kohlens~iure dutch minimalen Zusatz yon Aetz- baryt bis zur neutralen Reaction. Kam es 'hierbei dennoeh zur A1- kalesenz, so wurde mit ein wenig Sehweibls~iure zuriicktitrirt.

Es ergab sieh folgende Tabelle~ yon der ieh erl~iuternd nur zu

gestrichen, und auch das, was er bier ilber die Wirkung des Weingeistes a'uf den Organismus sagt (II. S. 175--177), dfirfte heute wohl ganz zu streichea sein bis auf den einen Satz: ,,Seinem Respirationswerthe nach s~eht d ~ Alkohol dem Fett am nhchsten."

Ausscheidung des Weingcistes durch Nieren und Lungen. 289

bemerken babe, dass die Harnmenge sieh auf die nitchsten 9-- t0 Stunden nach der Alkoholaufnahme bezieht; dass in :NO. 2 die Be- stimmung naeh vorheriger Destillation des mit Sehwefelsfiure ange- siiuerten Itarns mit dem Alkoholometer gemacht wurde; dass der Patient yon No. 18--22 Potator war; dass die beiden letzten Co- Iumnen sieh auf die Morgen- nnd Abendtemperatur beziehen; und class jedesmal eine Bestimmnng des dargereichten Getr~nkes auf seinen Alkoholgehalt mit dem Vaporimeter statffand.

1 2 3 4 5 6 q 8 9

l0 11 12 13 14 15 16 17 t8 19 20 21 22

Person,

Mann 49 idem idem Frau eadem eadem Mann 28 idem idem idem idem Mann 39 WOchnerin 18 eadem eadem eadem eadem Manr~ 44 idem idem idem idem

Xrankhei~. . ~ als :

Phlegmone des gun- ] 56 zen rechtenAz-mes, i 56

34 Erysipelas traum. 18 yon Hals a. Kopf. 18

18 Trauma des Fusses i 90

durch Dreschma- 90 scb-'ne. Resection. 90

i 90

,neumon o ~ Tastbare Parame- 54 I

trit_;s. 68 I i 68

47.5 | 27' I

Phthisis pulraonum. 327,6 ~, ] 327,61 256 195,5 14t /

Brannt- wein.

Cognac

Rothwein.

S am.os- weln.

Brannt- wein.

Cognac. Brannt-

wein.

~ ~ 1 Teml)eratllr.

650 1,20 I 39,2 ~$60 1~00 37,8 38,3 2701 2~40 37,5 38,4 345 0~95 38,5 38,7 245 8~10 3S,t) 38:5 105 1,45 38,4 38,6 600 1~90 38,5 39,5 365 ]~20 38,7 39,3

1000 1~10 38,0 39,2 150 0~00 38,0 39,0 585 2~60 39,2 39,7 300 0~00 37,8 40,7 400 0~00 39,3 39,1 300 0.66 37,1 37,8 300 1~6 37,3 37,6 280 0900 37.3 38,3 !50 O,OO 3715 38,0 940 0~28 38~0 38,6

1450 0~13 37,2 38,2 510 0,00 39,4 38,4

1800 2,97 39,0 37,8 1300 1784 38,2

Dr. H e u b a c h f~hrt hiernach im Wesentliehen also fort 1): Im Laufe der Untersuchungen ergaben sieh Fehlerquellen, deren

Ausmerzung mir nicht immer iso vollkommen gelang, wie ich wohl gewtinscht h~tte. Zun~chst erreichte das den Siedepunk~ im Apparat anzeige~ide Thermometer zwar sehon immer 8 Minuten, nachdem die Scala tiber dem bereits kochenden Wasser befestigt war, seinen h(ichsten Stand. Da indessen die Masse des Queeksilbers in dem Recipienten ganz bedeutend gi'Ssse5 als die im Thermometer, so ist auch vorauszusetzen, dass erstere 1Engere Zeit brauehen wird, um die Temperatur anzunehmen, die das Thermometer sehon yon der 8. Minute ab gezeigt. In Wirklichkeit ergab sich auch~ wenn nur

i) Inaug.-Diss. Bonn 1$~5. 20"

290 XIX. C. BI~z

ausgekochtes destillirtcs Wasser in den Recipientcn gethan was yon der 8. his zur 15. Minute noch ein Ansteiffen der Quecksilbcrs~ule an der Scala allerdings nur nm wenige ttunderttheile, tI~tte ich, um diesem Befunde zu entspreehen~ bei Untersuchung eines frag- lichen Harns also bis zur 15. Minute gekocht~ so w~rc aber das Resultat wieder nach der entgegengeseLzten Seite alterirt durch die Eigcnschaft dcr hierbci in Betracht kommenden Stickstoffexcrete, sich beim Kochen zu zersetzen und Gase zu liefern~ K0hlens~ure und Ammoniak~ die die Spannung in toto crh~ihen. Mehrfache Proben, die ich mit eigenem tiara7 welchem geringe Mengen Alkohols zuge- setzt waren, anstcllte~ ergaben denn auch, dass nach Ablauf der 8. Minute der Apparat nieht so viel Alkohol anzeigte, als dem Harn beigemischt war~ namlich 1~5 pCt. h is 1~7 pCt. statt 2 pCt. In meiner Tabelle habe ich die hierauf beziigliche Correctur jedoch nicht angebraeht. Bei Berttcksichtigung dicser Fehlerquelle warden sich die gefundenen Zahlen um ein Gcringes erhShen, da ich - - wegen der Zersetzung des Harnstoffs in der H i t z e " den cinzelnen Vet- such stets nach Ablauf dcr 8. Minute absehloss.

Aber auch noch einen anderen Einfiuss auf das Endresultat muss ich der Anwesenhcit der in LOsung befindlichcn Verbindung'en beimesscn. Dcr Stand der Quecksilbersaule an der Scala belehrt uns iiber die Spannung ciner bestimmten Volumcn-Quantiti~t you Fltissigkeit - - gleichviel ob Wasser oder Wasser + Alkohol. Nehme ich abet start jener Fltissigkeit die ni~mliehe Volumen-Quantit~it einer Salzlbsung, so werde ieh in diescr weniger Fltissigkeit haben~ well ein Theil derselben durch clue gewisse Quantit~t yon Salzen ersetzt ist7 es wird also in demselben Volumen - - gleichc Teml)eratur na- tiirlich immer vorausgcsetzt - - einer Sa!zliisung weniger Wasser sein~ als in einem gleichen reinen Wassers~ theoretiseh also die Spannung unter sonst gleichen Verhiiltnissen bei Versuehen mit alkoholfreiem Ham zurtiekbleiben hinter derjenigen, welche reines Wasser zeigt. Und in der That hat sich dies aueh in den Fiillen~ in welchen ich keinen Alkohol im Harn annehmeu zu dtiffen reich gcnbthigt sah, ganz so herausgestel!t.

Schliesslich will ich nicht versehweigen~ dass ich auf die An- wendung kleinster Mengen Baryt zur Neutralisation und Eliminirung der Kohlensi~ure erst g'cf~ihrt wurde durch die Erfahrungen~ die ich bei Benutzung dcr yon G e i s s l e r far Weinanalyscn zu demselbcn Zwecke empfohlenen griisseren Quantitgt Aetzkalks maehen musste. Setzt man n~mlieh den Aetzkalk nieht Sehr vorsiehtig nur in s.ehr kleinen Mengen dem Harne hinzu~ so tritt leieht eine Zersetznng

Ausscheidung des Weingeistes durch ~ieren und Lungen. 291

der im ttarn enthaltenen krystallinisehen Stickstoffverbindungen ein, Entwicklung yon Ammoniak, gegen welchen ein Zusatz yon nicht mehr unbedentend bleibenden Quantiti~tcn yon Si~nre erforderlich ist. Dadurch wird erstens die Concentration alterirt, zweitens erhiilt man Ammoniumcarbonat in LSsung, das in .der Hitze des siedenden Wassers wieder gasf~irmig wird~ andlich aber treibt tier Zusatz yon Siiure zu dem gebildeten kohlensauren Kalk die viele Kohlensiture wiedar aus und die viSllige Neutralisation wird dadurah sehr ar- schwert, warm nicht unmSglich gemacht. Die Versuche 1, 3, 4~ 5 und 6 sind nun trotz der Miihe~ die die exacte Ausftihrung auf die- sere Wege vcrlangte~ dennoch mittelst Zusatz yon einam ThaelSffel roll Aatzkalk auf etwa 100 C.-Ctm. H a ~ angastallt, und, well in diesan Fallen sich unbsdingt Ammoniak entwickelt haben musste, sind diase Ziffern g a n z b e s t i m m t e t w a s zu h o c h ausgefallen.

Wenn ich mir schliesslich nicht varheh!en kann~ dass die yon mir gaihndenen Zahlen nicht den Anspruch auf absolute Richtigkeit machan dttrfan, so glaube iah doah annehmen zu kSnnen, dass sie wanigstens der Wahrhait sehr nahe kommen. Wollte man mit Rttck- sicht auf die angeftihrtan Fehlerquellen selbst eine Verdoppalung der aufgestallten Ziffarn ftir ztilitssig erachten - - was ganz gewiss zu weir ginge - - auch dann bleibt die Menge des im Harn ausgc- schiadenen Alkohols gegenUber den eingeftthrten Quantitits immer noah eine unbadautende,

I c h g l a u b e d a h e r b e h a u p t e n zu dtirfen~ das s be i F i e b e r n d e n yon dem a u f g e n o m m c n e n W e i n g e i s t in d e r R e g e l n u t s e h r g e r i n g e l~Iengen d u r a h den H a r n a u s g e - s e h i e d e n w e r d e n .

Die Schwankungen, welche sieh in den Quantitltten des ausge- schiedenen Weingeistas meiner Versuche zeigen~ laufen, wie man sieht, nicht parallel mit den Schwankungdn det" KSrperwi~rme. Es erklart sich das hinreichand daraus, dass seine Aufnahme in die Siiftamasse und die Aussaheidung des ihn mit sich ftihrenden Wassars aus derselben yon verschiedenen anderen Varhaltnissen noah abhan- gig sind. Iah erinnere hier nut an die verschiedene Fttllung des Nagens und an den sehr veranderlichan Znstand dar Itautgef~tsse und der Schweissdrtisen und des arteriellen Druckes.;

Zu der Behauptung, dcr Weingeist werde auch durch die Lun- gcn unver~tndert ausgeschieden, ftthrte in erster Reihe die Annahme~ dass man ihn in der Exspirationsluft rieche.

292 XIX. C. Bi~z

Das ist nieht der Fall. Man fiecht wohl, ob Jemand Rheinwein, Rum, Bier oder Kartoffelbranntwein getrunken hat. Sehon dieser Untersehied dentet darauf hin, dass nicht das allen Gemeinsamo sondern das Besondere hier sich geltend macht. Es sind die beige- mengten~ sehwerer verbrennliehen Aether und das ebenso besehaf- fene FnselS1.

Behandelt man k~iuflichen absoluten Alkohol mehrmals mit friseh gegliihter Holzkohle, liisst davon Jemanden 50 C.-Ctm. mit etwa dem Vierfaehen Wasser verdtinnt aufnehmen - - das ware also der Alkoholgehalt yon einer halben Flasehe des st~irksten Champagners -- , so wird man naeh weiterem guten Aussptilen des Mundes und Raehens vergeblich auf irgend einen Gernch aus den Lungen ikhnden. Es wurde das einigemal in solehei Weise sehr genau yon nns ge- prtiff. Um aber noch sieherer zu gehen, liess ieh Herrn Aug. S e h m i d t folgende zwei Versnche anstellen, die ich mit seinen Worten *) hier wiedergebe:

Bei einem Kaninehen yon 1715 Grin. Gewieht wurde die Traeheo- tomie gemacht~ und in die Wunde eine Caniile mit einem kurzen Sttick Gummirohr gebracht, um die Athemluft in einen m~glichst feinen Luft- strahl vereinigt zu halten. Es wurde sodann 1 C.-Ctm: Weingeist~ der sehr sorgfaltig entfuselt war, am Schenkel injicir~ and v e r r i e b e n ; - irgend eine Spur yon Alkoholgerueh in der"Exspirationstuft trat nieht aufi Nach 50 Minuten wurdea dann 5 C.-Ctm. Alkohol mit der glei- chen Quantitat Wasser (bei elnem Mensehen yon 70 Kilo Gewicht einer l~Ienge yon mehr als 200 C.-Ctm. Weingeist entsprechend) am Bauche injicirt and verrieben. Niehts destoweniger konnte in den nachsten Sttmden niehts yon Aikoholgeruch in der Exspirationsluft wahrgenommen warden. Um sieher zu sein~ dass dieses negative Resultat nicht etwa in einer subjeetiven Voreingenommenheit seinen Grund habe~ maehte ieh einen mit sehr guten Rieehwerkzeugen bewaffneten Freund glauben~ dass ich sehr genau den Weingeistgerueh erkenne. Allein jener mtihte sieh vergebens ab, meine falsche Angabe zu bestlitigen.

Denselben Versueh wiederholte ieh auf, dieselbe Weise an einem anderen Kaninchen, nur dass diesmal 5 C.-Ctm. Weingeist, die 10 pCt. Fusel61 enthielten~ eingespritzt wurden. Sehon nach 15 Minuten trat an der Caniile der charakteristisehe Amylgeruch auf~ und konnte noch mehrere Stunden beobaehtet werclen.

Zum Versti~ndniss der nnn folgenden Untersuehungen der Ex- spirationsluft naeh-Weingeistaufnahme ist erlauternd noch dies zu sagen:

Mit genau gekannten Verdiinnnngen yon absolutem Weingeist wurden die Chromoxyd- nnd die Jodoformreaetion angestellt. Es

1) Inaug.-Dissertatioa. Bonn 1876.'

Ausscheidung des Weingeistes durch ~Nieren und Lungen. 293

zeigte sich dabei, dass jene ganz bequem bis zu 0,012 pCt., diese bis zu 0,024 hinab brauehbar ist. Dutch Anfertigung zweier Reihen "con Pr~iparaten, beginnend mit diesen niedrigsten Zahlen und auf- steigend his zu ihrem Zehnfachen wurde eine Scala ei-halten, die zur colorimetrischen Bestimmung der etwa vorhandenen Weingeist- mengen sich gut eignete.

Herr A u g. S e h mid t besehreibt nun seine Versuche a. a. O. ungefi~hr wie folgt:

Um den in der Athemluft etwa enthaltenen Weingeist festzu- halten, exspirirte ich einmal (Exspirationsversuch I - - V I incl. und XI--XII) in bestimmten Zwischenri~umen nach der Alkoholaufnahme dm-eh ein gentigend weites Rohr, welches zu drei mit destillirtem Wasser versehenen und mit weiten R(ihren verbundenen Wulff'schen Flasehen ftihrte. Ausserdem exspirirte ieh (Versuch VII--X) dureh einen Destillirapparat mit Liebig'schem Ktihler; zwischen Exspir/t- tionsrohr und Retorte war ein mit wenig Wasser beschicktes Chlor- calciumrohr eingeschoben. Die Nase wurde w~hrend des Yersuches mit elner Klemme verschlossen. Das Ausathmen wurde in das Rohr hinein so sorgfi~Itig ausgeftthrt, dass ein Verlust der Lungenluft nicht m(iglich war.

Unter-Alkohol oder Weingeist ist tlberall nurder absolute, mei- stens genau yon allem FuselS1 befreite verstanden.

Es handelte sich zuni~ehst darum, zu priifen, ob die Anordnung 7 den in der Athemluft etwa enthaltenen Alkohol in drei Wulff'schen Flaschen mit destillirtem Wasser aufzufangen, gentigende Sicherheit gewi~hre. Zu diesem Behufe w u r d e das Exspirati0nsrohr in u bindung gesetzt mit ether Kochflasche, welche destillirtes Wasser nebst ether bestimmten Quantiti~t Weingeist enthielt. Die Flasche wurde auf dem Sandbade erw~rmt, und die aufsteigenden D~mpfe durch einen Blasebalg in das System der Wulff'schen Flasehen ge- trieben. War die Methode genau, so musste der verdunstete Alko- hol in der Flttssigkeit der Wulff'schen Flasehen ohne sonderlichen Verlust wieder naehzaweisen seth.

Die Kochflasche enthi~lt 150 C.-Ctm. destillirtes Wasser mit 5 pC~. oder 7,5 C.-Ctm. Weingeist. Der Apparat wird fiber eine Stunde in Thi~tigkeit gesetzt, wobei das Thermometer eine Tempei'atur yon 83 bis 87 o zeigt. ~ach Unterbrechung des Versuehes sind 75 C.-Ctm. ]In- halt abgedunstet. Der Rtickstand enthi~lt keinen Weingeist mehr.

294 xIX. C. Bi~z

Die 1. Wulifsohe Flasehe enthal~ 160 C.-0tm. Flfissigkeit mit 2,95 pCt. ~ 4~600 C.-Otm. Alkohol~

die 2. enth~ilt 125 C.-Ctm. , 1,05 , ~ 1~312 , 7, die 3. enth~ilt 110 , , 0,25 , ----- 0~275 , ,,

in Summ-a 6~187 C.YCtm. Alkohol. Es waren also in den drei Wulff'schen Flasehen 6,18 C.-Ctm. Wein-

geist start 7~5 enthalten. Verlust 1~3 C.-Ctm. odor 19 pCt.

II. Derselbe Versueh wird mit denselben Mengen wiederholt. Das

Vaporimeter weist in den Versuehsfltissigkeiten im Ganzen 6~[05 C.-Ctm. nach. Also derselbe Verlust yon 19 pCt.

III . Der Versuch wird nun mit einer~kleineren Menge yon Alkohol - -

etwa so viel, wie event, in der Athemluft w~hrend ether Stunde ent- halten sein kSnnte - - wiederholt. Es werden 3 C.-Ctm. ~eingeist mit 140 C.-Ctm. destillirtem Wasser erhitzt~ und zwar etwas sehwiicher, wie in den beiden vorhergehenden Versuehen. Wiihrend des Versuehes ist die Temperatur der ersten Flasche 47 o die der letzten 25 o. Naeh einer Stunde enthi~lt das Gefiiss fast genau 100 C.-Ctm. Riiekstand. Der Rtiek- stand gibt starke Chroms~ure- und Jodoformreaetion. Das Vaporimeter zeigt an :

0~75 pCt. ~ 0,75 C.~Ctm. Alkohol. Die 1. WulfFsche Flasche enthiilt 130 C.-Ctm. Starke Chromsiiure-

und Jodoformreaction. Das Vaporimeter zeigt an: 0~82 pCt. ~ 1~06 C.-Ctm.

Die 2. Wulffsche Flasche enthalt 70 C.-Ctm. Starke Chromsfiure- und Jodoformreaction. Vaporimeter zeigt an:

1~08 pCt. ~ 0~75 C.-Ctm. Die 3. Wulff'sche Flasche enthi~It 82 C.-Ctm. Sch~ine Chromsiture-

und Jodoformreaction. Vaporimeter zeigt an: 0~38 pC~. ~ 0~26 C.-Ctm.

in Summa sind nachzuweisen yon 3~0 C.-Ctm. 2~82 C.-Ctm. Verlust also nut 0,18 C.-Ctm.

odor nieht ganz 7 pCt., - - odor wenn wir die 0,75 C.-Ctm. des Rtiek- standes abrechnen~ Verlust nut 8 pCt.

Die Anordnung war also eine geniigende, um den in warmen D~tmpfen durchgctriebenen Weingeist festzuhalten, und zwar um so sicherer, j e klciner die Quantifitt Weingeist. J a die Verhiiltmsse liegen fttr die Exspirationsversuche w e i t gtlnstiger als hier~ indem bet diesen die Tempera tur dcr ersten Wulff'schen Flasche im Mittel 23~5 o die der dritten 16 o betrug (beim Exspirationsversuch XII, we die Wnlff 'schen Flaschen in Eis gcstellt waren, hatte die dritte WulfFsche Flasche eine Tempera tur yon nur 1 o), w~thrend bet den u eine Temperatur yon 47 0 resp. 25 o vorhanden war~ im letztcren Falle also viol mehr Weingeist cntwcichen musste.

Ausscheidung des Weingeistes durch I~ieren und Lungen. 295

Exspirationsversuche.

I.

5 Uhr 45 Min., 5 Stunden nach der letzten Mahlzeit: Aufnahme yon 30 C.-Ctm. fuselfreien Weingeistes mit warmem Wasser

lind Zueker. MundhShle und Rachen mit Trinkwasser ausgespiilt. 5 Uhr 55 Min.~ also 10 Minuten nach der Aufnahme~ Beginn des

Versuchs. Dauer: bis 6 Uhr 58 Min., also eine Stunde. Der Inhalt der drei Wulff'schen Flaschen betrligt zusammen 162 C.-C.

Alkoholgeruch ist nieht zu erkennen. Naehdem die Kohlens~iure durch ketzbaryt gefiillt~ und durch einige Tropfcn verdtlnnter Sehwefelsiiure bis zum Eintritt der neutralen Reaction zuriiektitrirt und dann filtrirt ist, wird auf dem Vaporimeter geprtift.

Dasselbe zeigt keine Spur yon Weingeist an.

Das Ausscheiden tier Kohlensiiure dutch Baryt war natiirlich nothwendig~ da die Anwesenheit dieses Gases den Staud des Queek- silbers in dem erhitzten Vaporimeter beeinflussen musste. Die kleine Operation selbst~ d. h. das Zusetzen des Baryts u. s. w. ~ iindertr nichts, wie einige Controlversuehe darthaten.

II.

5 Uhr 50 Min, Aufnahme yon 50 C.-Ctm. Weingeist mit Wasser und Zucker.

6 Uhr 10 Min., Beginn des Versuehs. Derselbe verli~uft ohne St(i- rung bis 7 Uhr 20 Min, dauert also I Stunde 10 Min.

Der Inhalt der drei Wulff'sehen Flaschen betriigt 165 C.-Ctm. A1- koholgeruch nicht wahrnehmbar. Die Prtifung auf dem Vaporimeter er- gab~ nachdem die Kohlensaure ausgeflillt war~ keine Spur yon Weingeist.

III.

5 Uhr 45 Min. Aufnahme yon 50 C.-Ctm. Weingeist. 6 Uhr 25 Min. Beginn des Exspirationsversuchs. D erselbe dauert

ohne St~irung 1 Stunde 25 Min.~ reicht also his 2 Stunden nach der Aufnahme.

Die aus dem Inhalt der drei Wulff'schen Flasehen zusammengegos- sene Fltissigkeit lasst keinen Gerueh'naeh Alkohol wahrnehmen.

Dagegen ist eine eben kenntliche Chromsaurereaction vorhanden~ die jedoeh dem anwesendcn Speichel zuzusehreiben ist. Das Vaporimeter zeigt keine S.pur yon Weingeist an.

IV.

4 Uhr 45 Min. Aufnahme v~ 55 C.-Ctm. Weingeist. Beginn des Versuehs 5 Uhr 35 Min. Derselbe dauert bis 6 Uhr 40 Min. oder bis 2 Stunden nach der Aufnahme.

Der Inhalt der ersten Wulff'schen Flasehe~ der durch den einge- blasenen und aus dem Exspirationsrohr eingespiilten Mundspeiehel stark getriibt ist~ gibt eine schwache ChromsZ, turereaction.

296 XIX. C. BII~Z

Der Inhalt der zweiten FIasche eine kaum wahrnehmbare; der Inhalt der dritten Flasche keine mehr.

Wir priiften diesmal auf dem Vaporimeter ohne vorher die C02 au der Versuchsfliissigkeit entfernt zu haben. Das Vaporimeter zeigte 0~18 Volumprocent.

V.

4 Uhr 55 Min. Aufnahme yon 52 C.-Ctm. Alkohol. 6 Uhr 25 Min. 11/'2 Stunde nach der Aufnahme Beginn des Exspirationsversuchs. Der- selbe dauert his 7 Uhr 35 Min., also 1 Stunde I0 Min.

Inhalt der ersten Wnlff'schen Flasche gibt eine schwache Chrom- siinrereaetion~ unter der yon 0,024 proeentlgem l) Alkohol. Keine Jodo- formbildnng miiglieh.

Inhalt der zweiten Flasche eine noch schwi~cher% !nhalt~ der drltten keine Reaction mehr.

Der zusammengegossene Inhalt der drei Wnlff'schen Flaschen liisst keinen Alkoholgeruch erkennen.

Er wurde sodann auf dem Vaporimeter gepriift. Aueh dicsmal war die C02 nieht aus der Versuchsfliissigkeit entfernt, Das Instrument zeigte 0,2 Volnmprocent.

VI.

Zur Controle fiir die Kohlensiiuro wurde der Versuch V in genau der niimlichen Weise nochmals wiederholt, nnr wurdc die C02 durch Baryt ausgefallt 7 ehe die Vorlagefltissigkeit ins Vaporimetcr kam. Es ergab sich keinerlei Steigerung des Quecksilbers fiber den Nullpunkt.~ Ebenso blieb jedwede Reaction mit Jod oder Chromsitnre aus.

Daraus folgt~ class in IV und V die beiden im Vaporimeter erhal- tenon Zahlen nur auf das genannte Gas z u beziehen sind~ wie das auch zu erwarten stand.

VII.

5 Uhr 25 Min. Aufnahme Yon 50 C.-Ctm. Weingeist. 6 Uhr 25 Min. Beginn des Exspirationsversuchs. Dauer his 7 Uhr

10 Min. Es wurde diesmal (wie in den folgenden Versnehen bis IX incl.)

in einen Destillirapparat mit Liebig'schem Kiihler exspirirt. Zwisehen Exspirationsrohr und Retorte ist ein Chlorealciumrohr mit ein wenig Wasser eingeschoben.

Naeh Sehluss des Versuehs war der Inhalt der Chlorcalciumflasche dureh Speiehel ein wenig getrtibt~ und gab eine sehwaehe (~hroms~ure- reaetion~ die der yon 01025 procentigem Alkohol nngef~ihr gleichkam.

Der Inhalt der geeisten Vorlage gab keine kenntliche Reaction. Weder mit dem Inhalte des Chlorealciumrohres noch mit dem der

Vorlage liess s ich eine Jodoformreaction erhalten.

VIII.

4 Uhr 45 Min. Aufnahme yon 45 C.-Ctm. Weingeist. Es war gerade nut mehr dieses Quantum yon ganz entfnseltem Alkohol tibrig.

1) In der Dissertation steht in Folge eines Schreibfehlers 0,i pCt.

Ausscheidang des Weingeistes durch •ieren und Lungen. 297

6 Uhr 45 Min., 2 Stunden nach der Aufnahme, Beginn des Ver- sachs. Schluss desselben 7 Uhr 35 Min.~ well ein Gummirohr am Ap- parate platzte. An der Stelle, wo die Vorlage in dem Kiihlrohre steckt% r niehts fiber. Es waren also alle Dampfe im Apparate verdichtet.

Chroms~turereaction: Der Inhalt des Chlorcalciumrohres zeigte eben einen grfinlichen Stich~ unter dem von 0,025 procentigem Alkohol; der Inhalt der Kfihlflasche reagirt wie destiUirtes Wasser.

Jodoformreaction ist weder mit dem Inhalte des Chl0realciumrohres~ noch mit dem der Kfihlflasche zu erhalten.

Das Alkoholometer stand bei 15 oc. genau auf 1000. Somit war kein Aikohol fibergegangen. Die schwaehe Chromoxydbildung rtihrte nnzweifelhaft yon dem Speiehel her.

An dieser Stelle sei bemerkt, dass die Vermischung des Wassers in den Vorlagen mit dem Speichel sieh dureh Einschalten einer Kngelr~ihre u. dgl. bequem hi~tte verhtiten lassen. Der Speichel hatte aber dann doch mit Wasser verdtinnt and au f Weingeist im Vaporimeter untersucht werden mUssen. Jene Maassregel hatte also nichts vereinfacht.

Betreff des Unterschiedes im gervortreten der Reaction bei der Chromsi~ure und beim Jod ist zu sagen, dass der Speiehel des Her rn S e h m i d t - - nnd auch der meinige - - kein Jodoform bildet, wii, h- rend er jene Siiure prompt reducirt. Die Abwesenheit letzterer :Reaction spricht deshalb stets ftir das Auftreten der Chromoxydf~ir- bung nur dureh den iibergegangenen Speichel.

Dass die Menge des Speichels sehr wechselnd, zuweilen fast :Null war, bedarf nut der Erwi~hnung.

IX.

11 Uhr 20 Min. Vormittags Aufnahme yon 50 C.-Ctm. Weingeist. Beginn des Versuehs 2 Uhr 10 Mia. ~achmittags. Dauer bis g Uhr

20 Min.~ oder bis 4 Stunden naeh der Aufnahme. Der Inhalt des Chlorcaleiumrohres gibt:eine eben kenntUche Chrom-

s~turereaction, unter der yon 0,025 pCt. Alkohol. Der Inhalt der Vor- lage gibt keine Reaction.

Jodoformreaction ist weder mit dem Inhalte des Chlorcaleinmrohres noeh mit dem der Vorlage zu erhalten. ~

Das Alkoholometer steht bei 15 0C. genau auf 1000.

X~

5 Uhr Nachm. Aufnahme von 50 C.-Ctm. Alkohol.. Beginn des Versuchs um 9 Uhr. Dauer his 10 Uhr oder 5 Stundea

nach der Anfnahme. Eine deutliche Chroms~turereaction ist weder mit dem Inhalte des

Chlorealciumrohres noch mit dem der Vorlage zu erhalten. Ebensowcnig lasst sich eine Jodoformreaction herstellen.

298 XIX. C. BINZ

XI.

8 Uhr 15 Min. Vormittags Aufuahme yon 50 C.-Ctm. Weingeist. I Uhr 15 Min. Beginn des Versuchs. Dauer his 2 Uhr 15 Min.

oder bis 6 Stunden nach der Aufnahme. (Versuch XI u. XII Anordnung wieder mit drei Wulff'schen Flaschen.) Die Untersuchung ergibt~ dass in keiner tier drei Wulff'seben Fla-

sehen Weder durch die Chromsiiure noch dureh das Jod eine Spur yon Weingeist nachzuweisen ist.

XII.

4 Uhr 20 Min. Aufnahme yon 60 C.-Ctm. Weingeist. 7 Uhr 10 Min. Beginn des Versuehs. Dauer his 8 Uhr 10 ~iin.

oder his 31/2 Stunde nach der Aufnahme. Die Wulff'sehen Flasehen sind in Eis gesetzt. Die Temperatur der dritten Flasehe ist deshalb nicht mehr als 1 o. Der Inhalt der drei Wulff'schen Flaschen betriig~ zusammen 180 C.-Ctm. Die Chromsiiurereaetion ist eben kenntlich (Spei- chel), die des Jodoform gleieh Null.

Ueberblicken wir nun das Resultat unserer Versuche. Wenn wir annehmen, die 50 C.-Ctm. Weingeist gebrauch~en 15

Stunden~ um den K~irper dureh did Lungen zu verlassen~ so miissten in jeder Stunde 3~3 C.-Ctm. durch die Lungeu abg'edunstet werdem Reehnen wir fur den kaum denkbar ungiinstigsten Fall 8 pCt. Ver- lust ab ~ 0,26 C.-Ctm., so bleiben noeh tiber 3 C.-Ctm. Diese ver- theilt in 200 C.-Ctm. Vorlagefltissigkeit (manchma! waren es nur 120 C.-Ctm.) erg~ben noeh immer 1,5 Volumprocent, yon denen noe5 mit aller Leiehtigkeit der dritte Theil naeh drei Methoden sich hiitte naehweisen lassen. Wir sind demnach zu dem Schluss berechtigt:

Von d u r e h s c h n i t t l i c h 50 C.-Ctm. a u f g e n o m m e n e m a b s o 1 u t e m A 1 k o h o 1 (entsprechend etwa 0,5 Liter Rheinwein oder 1~0 Liter kr~ftigem Bier) w a r d e in de r Z e i t yon 10 M i n u t e n b i s zu 5 S t u n d e n n a e h t ier A u f n a b m e k e i n e r k e n n b a r e r B r u e h t h e i l d u r e h die L u n g e n e l i m i n i r t .

Es lieg~ nun einstweilen kein einziger Grund far die Annahmo vor, die Ausseheidung des Weingeistes dureh die Lungen begiinne erst naeh Ablauf jener 5 Stunden; im Gegentheil, alles sprieht daftir, dass, wenn er diesen Weg tiberhaupt ni~hme, er das sehon welt vor diesem Termin thun wtirde.

Lassen ferner die warmen, diinnwandigen Gefiisse der Lungen kelnen Weingeist abdunsten," dann k a n n daran bei der Haut noch viel weniger gedaeht werden.

Wir hi~tten uns nun naeh tier Ursache dieses festen Verbleibens des Alkohols im 0rganismus zu fragen. Zuerst kommt bier die so-

Ausscheidung des Weingeistes dutch ~ieren und Lungem 299

genannte Massenattraction, welche das Wasser austibt, in Betracht. :Nehmen wir an, dass der KSrper eines Erwaehsenen aus 70 pCt. Wasser besteht~ so ware die Verdtinnung yon 50 Grin. Weingeist im Organis~nus eines Menschen, der 75 Kilo wiegt gegen l : 1 0 0 0 . :Nun weiss man'S, ~ dass bet allen Destillationen kleine Anthcile yon geliisten KSrpern, selbst be t hSherer Temperatur , sehwer oder gar nieht zu gewinnen sind. Wir sahen aueh oben, wie bet 47 0 yon ether 2proeentigen WeingeistlSsung nur 8 pCt. mit den Wasser- diimpfen iiber~ngen. Dies alles zusammen wird gentigen, uns klar zu machen, warum bet den 38 0 unseres Organismus, tier angewandten Yerdtinnung yon nu r 0,1 pCt. und der geringen Zeit, die dem Wein- geist yon den oxydirenden Kr~ften des Blurts and der Gewebe ge- lassen wird~ die Abdunstung yon den Lungen, wenn tiberhaupt vor- handen~ jedenfal ls nur iinsserst gering sein kann.

Ieh gebe hier noeh die Litemtur dieses 'Theiles der zahlreiehen Arbeiten tiber die physiologisehe und pharmakologisehe Bedeutung des Weingeistes. Die mit * bezeiehneten waren mir nieht zugang- Itch. Im Uebrigen mag die eine oder andere Arbeit liber die Aus- seheidung wohl tibersehen worden sein. Ftir gtitige Rectification an reich direct 'ware ich dankbar. Ieh werde wahrseheinlieh Gelegenheit haben~ cinch Nachtrag zu liefern.~

T i c d c m a n n u. G m e l i n , Versuche u. s. w. Heidelberg 1820. S. 32. B o u c h a r d a t u. S a n d r a s , Ann. chim. st phys. 1847. T. 31. p. 454. F r e r i c h s, Wagner's phys. WSrtcrbuch 1846. III. S. 808. - - * S t r a u ch

Dorpat. Dissert. 1852. - - D uch ek~ Prager Vierteljahrschr. 1853. S. 104. - - * M a s i n g ~ Dorpat. Dissertat. 1 8 5 4 . - - L a l l e m a n d ~ Perr in~ Duroy~ Du rSle de l'acool etc. Paris 1860. - - * G a l l a r d , Union m6d. hour. S6r. T. 10. p. 170. - - *Rac le~ Th~se de eoncours. Paris 1860. Baudo t~ Union todd. 1863. p. 273. - - * P e r i n ~ ibid. 1863. p. 582. - - H a l l Smith~ Schmidt's Jahrb. 1862. S. 147. - - A n s t i e , Stimu- lants and bTarcotics. London 1864. - - S c h u 1 i n u s, Arch. d. Heilknnde. 1866. S. 97. - - Binz~ Arch. f. pathol. Anat. 1869. Bd. 51. S. 165. - - L i e be n~ Buchner's Rep. 1870. S. 51. ~ P a r k e s ~ Proced. of the Royal Soc. 1870. p. 87. - - S u b b o t i n , Zeitschr. f. Biologic. 1872. S. 364. - - D u p r 6 , Practitioner 1872. p. 148 et 224. - - A i b e r t o n i et L u s s a n a ~ Lo Sperimentalc. 1874. p. 30. - - R a j e w s k i 7 Arch. f. Physiologie. 1875. S. 122.