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Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten Unterricht in der Unterstufe Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Naturwissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz vorgelegt von Veronika ALMER am Institut für Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen Begutachter: Ao. Univ.-Prof. Dr.phil. Bernd Thaller Graz, 2012

Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

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Page 1: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für

kompetenzorientierten Unterricht in der

Unterstufe

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra

der Naturwissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von

Veronika ALMER

am Institut für Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen

Begutachter: Ao. Univ.-Prof. Dr.phil. Bernd Thaller

Graz, 2012

Page 2: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

Eidesstattliche Erklärung

Ich, Veronika Almer, versichere hiermit an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig

und ohne fremde Hilfe angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt

übernommenen Stellen sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher keiner anderen

Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.

Datum: Unterschrift:

Page 3: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...........................................................................................................................................1

1. Woher kommen Fermi-Aufgaben und was sind Fermi-Aufgaben? ...................................................3

1.1. Herkunft von Fermi-Aufgaben ..................................................................................................3

1.2. Definition von Fermi-Aufgaben .................................................................................................6

1.3. Fermi-Aufgaben als Teilmenge der Modellierungsaufgaben .....................................................8

1.4. Charakteristische Merkmale von Fermi-Aufgaben .................................................................. 10

2. Kompetenzorientierter Unterricht................................................................................................. 14

2.1. Allgemeinbildender, kompetenzorientierter Mathematikunterricht ....................................... 14

2.1.1. Kompetenzbegriff ............................................................................................................ 15

2.1.2. Kompetenzen im Lehrplan für die Unterstufe .................................................................. 19

2.1.3. Standards für den Mathematikunterricht der achten Schulstufe (M8) .............................. 22

2.1.3.1. National Council of Teachers of Mathematics (NCTM) .................................................. 25

2.1.4. Welche Kompetenzen sollen in einem allgemeinbildenden Mathematikunterricht

vermittelt werden? ................................................................................................................... 27

2.2. Wozu kompetenzorientierter Mathematikunterricht und Bildungsstandards? ........................ 32

3. Kompetenzfördernde Aufgaben- und Unterrichtskultur im Mathematikunterricht ........................ 35

3.1. Wie kann man Kompetenzen im Mathematikunterricht fördern? ........................................... 35

3.1.1. Von eingekleideten Aufgaben hin zu offenen, realitätsnahen Beispielen .......................... 40

3.1.1.1. Gute Aufgaben ............................................................................................................. 40

3.1.1.2. Aufgaben zum Lernen ................................................................................................... 41

3.1.1.3. Offene versus geschlossene Aufgaben .......................................................................... 42

3.1.1.4. Modellierungsaufgaben ................................................................................................ 47

4. Fermi-Aufgaben ............................................................................................................................ 49

4.1. Beitrag zum kompetenzorientierten Unterricht ...................................................................... 49

4.2. Vorteile von Fermi-Aufgaben .................................................................................................. 53

4.3. Arten von Fermi-Aufgaben ..................................................................................................... 58

4.4. Fermi-Box und Begleitheft ...................................................................................................... 60

4.5. Wie kann man Fermi-Aufgaben im Unterricht einsetzen? ....................................................... 71

4.5.1. Einstieg in Fermi-Aufgaben .............................................................................................. 71

4.5.2. Schemata und Hilfestellungen für die Bearbeitung von Fermi-Aufgaben .......................... 73

4.5.3. Welche Unterrichtsmethoden und -formen eignen sich besonders gut für den Einsatz von

Fermi-Aufgaben?....................................................................................................................... 82

Page 4: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

4.5.3.1. Mögliche Unterrichtsmethoden/-formen zur Bearbeitung von Fermi-Aufgaben ............ 84

4.6. Reaktionen von Schülerinnen und Schülern auf offene Aufgaben ........................................... 91

4.7. Umgang mit und Bewertung von Schülerlösungen .................................................................. 94

4.7.1. Allgemeine Aspekte der Leistungsbewertung................................................................... 94

4.7.2. Beurteilung von offenen Aufgaben .................................................................................. 95

4.8. Was spricht gegen den Einsatz von Fermi-Aufgaben im Mathematikunterricht? ..................... 99

4.9. Quellen für Fermi-Aufgaben ................................................................................................. 102

5. Zusammenfassung ...................................................................................................................... 107

Abbildungsverzeichnis .................................................................................................................... 108

Tabellenverzeichnis ........................................................................................................................ 109

Literaturverzeichnis ........................................................................................................................ 110

Weiterführende Literatur ................................................................................................................ 121

Page 5: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

1

Einleitung

Die Ergebnisse der innerhalb der letzten Jahre durchgeführten Tests (unter anderem PISA und TIMSS)

lassen den Schluss zu, dass das österreichische Schulsystem einiger Veränderungen bedarf.1 Daher

beschäftigt sich das österreichische Bildungswesen seit geraumer Zeit im Zuge der Entwicklung einer

standardisierten Reifeprüfung auch mit der Entwicklung von Bildungsstandards für den

Mathematikunterricht. Innerhalb dieser Standards wird festgelegt, über welche Kompetenzen,

Fertigkeiten und Fähigkeiten die Schülerinnen und Schüler am Ende der jeweiligen Schulstufe

verfügen sollen. Vielleicht wird gehofft, dass durch die Festlegung des zu erreichenden Outputs für

die Schülerinnen und Schüler die notwendigen Veränderungen innerhalb des Unterrichts implizit

mitvollzogen werden. Denn konkrete Ansätze, wie diese Kompetenzen im Unterricht vermittelt

werden können, lassen sich derzeit in der Literatur noch wenige finden. Darum sollen in der

vorliegenden Arbeit Anregungen für das Umsetzen eines kompetenzorientierten, allgemeinbildenden

Mathematikunterrichts anhand einer speziellen Art offener Aufgaben – den Fermi-Aufgaben –

gegeben werden. Die zentralen Inhalte der Arbeit lassen sich daher in Kapitel 1 und 4 finden:

In Kapitel 1 wird eine allgemeine Einführung in den Bereich der Fermi-Aufgaben gegeben, wobei auch

versucht wird, diese von Modellierungsaufgaben und offenen Aufgaben, denen sie untergeordnet

werden können, abzugrenzen. In Kapitel 4 liegt der Schwerpunkt zum einen darin, zu zeigen, welche

Möglichkeiten sich durch den Einsatz von Fermi-Aufgaben für einen kompetenzorientierten,

allgemeinbildenden Mathematikunterricht ergeben.2 Dazu wird ein Zusammenhang zu den innerhalb

der Bildungsstandards für die achte Schulstufe (M8) und innerhalb des Lehrplans für die

Sekundarstufe I genannten Kompetenzen gesucht. Um diesen Konnex herstellen zu können, wird in

den Kapiteln 2 und 3 Allgemeines bezüglich kompetenz- beziehungsweise standardorientierten

Unterrichts erläutert. Kapitel 2 beschäftigt sich im Speziellen mit der Abklärung, welche

Kompetenzen Schülerinnen und Schüler bis zum Ende der achten Schulstufe erworben haben sollen.

Dazu werden speziell der Lehrplan für die Sekundarstufe I sowie die Standards für den

Mathematikunterricht der achten Schulstufe herangezogen. Es werden jedoch auch weitere

Konzepte eines allgemeinbildenden Mathematikunterrichts angeführt. In Kapitel 3 liegt der

Schwerpunkt darin, zu zeigen, welche Aufgaben- und Unterrichtskultur für die Vermittlung der

genannten Kompetenzen dienlich sein kann. Dabei wird auch Wert darauf gelegt, Aufgabenbereiche

darzustellen, die die Relevanz von Mathematik für den Alltag unterstreichen und den Lernenden die

Fähigkeit des flexiblen Anwendens von Mathematik vermitteln.

1 Vgl. Dambeck 2012 2 Wobei in diesem Zusammenhang anzumerken ist, dass dies nicht unbedingt zu einem besseren Abschneiden der Lernenden innerhalb der Standardtestungen führen muss.

Page 6: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

2

In Kapitel 4 wird des Weiteren ein Hauptaugenmerk auf die Umsetzung eines kompetenzorientierten

Unterrichts mit Hilfe von Fermi-Aufgaben gelegt. Dazu wird zum einen Bezug auf die wohl größte

Sammlung von Fermi-Aufgaben – die Fermi-Box – genommen und zum anderen werden dienliche

Hinweise bezüglich möglicher Hilfestellungen bei der Bearbeitung von Fermi-Aufgaben gegeben. Des

Weiteren sollen auch Unterrichtsmethoden, die sich für den Einsatz von Fermi-Aufgaben eignen und

kooperatives, konstruktives Lernen fördern, besprochen werden. Dabei stehen vor allem Methoden

im Zentrum, die nicht nur zur Entwicklung inhaltlicher und prozessbezogener Kompetenzen, sondern

auch zur Förderung personaler und sozialer Kompetenzen, die kaum innerhalb von Tests abgeprüft

werden können, aber einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Lernenden zu selbstständig

denkenden und handelnden Personen liefern, eingesetzt werden können.

Schließlich soll Lehrpersonen bezüglich des Umgangs mit und der Bewertung von Lösungen offener

Aufgaben eine Orientierungshilfe gegeben werden. Um einen möglichst umfassenden Einblick

vermitteln zu können, wird auch auf Argumente, die gegen den Einsatz von Fermi-Aufgaben im

Mathematikunterricht sprechen, eingegangen. Zu guter Letzt werden einige Hinweise gegeben, die

die Suche nach Unterrichtsmaterial zu Fermi-Aufgaben erleichtern sollen.

Page 7: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

3

1. Woher kommen Fermi-Aufgaben und was sind Fermi-Aufgaben?

Um zeigen zu können, welche Auswirkungen der Einsatz von Fermi-Aufgaben im Unterricht auf die

Entwicklung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler haben kann, muss vorerst

geklärt werden, was im Allgemeinen unter einer Fermi-Aufgabe verstanden wird und wie diese

Aufgaben ihren Weg in die Fachdidaktik Mathematik gefunden haben.

1.1. Herkunft von Fermi-Aufgaben

Abbildung 1: Enrico Fermi3

Der Name Fermi-Aufgaben geht auf den italienischen Kernphysiker Enrico Fermi, der in der ersten

Hälfte des 20. Jahrhunderts lebte, zurück.4 Fermi kam am 29. September 1901 in Rom zur Welt und

starb im Jahr 1954 in Chicago. Er promovierte bereits im Jahr 1922 an der Universität in Pisa. 1926

gelang ihm die Entdeckung der so genannten Fermi-Statistik.5 In weiterer Folge beschäftigte sich

Fermi damit, Atomkerne mit Neutronen zu beschießen, was zur Entdeckung der Kernspaltung und

schlussendlich einige Jahre später zur Konstruktion der ersten Atombombe führte.6 1938 erhielt

Fermi den Nobelpreis für Physik:

The Nobel Prize for Physics was awarded to Fermi for his work on the artificial radioactivity produced by neutrons, and for nuclear reactions brought about slow neutrons.

7

Noch im selben Jahr emigrierte er mit seiner Familie aufgrund der Einführung der ersten

antisemitischen Gesetze nach Amerika, wo er am 2. Dezember 1942 den ersten Atomreaktor in

Betrieb nahm. Schließlich war er einer der leitenden Mitarbeiter des „Manhatten Projects“, welches

sich mit der Nutzung der bei Kernspaltung entstehenden Energie zur Erstellung der ersten

3 Lucidcafe o.J.

4 Vgl. Beerli 2003: 89; vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 3; vgl. Hinrichs 2008: 147; vgl. Kaufmann

2006: 16; vgl. Müller 2001b: 1 5 Vgl. Der Spiegel 1956; vgl. The Nobel Foundation 1938; 6 Vgl. Der Spiegel 1956; vgl. Rosenberg o.J. 7 The Nobel Foundation 1938

Page 8: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

4

Atombombe im Bombenlaboratorium Los Alamos beschäftigte, welche am 16. Juli 1945 in New

Mexico explodierte.

Neben seiner Forschungstätigkeit lehrte Fermi im Laufe seines Lebens an unterschiedlichen

Universitäten.8 Er war unter seinen Kollegen und Studenten dafür bekannt, auch ohne jegliche

Informationen verhältnismäßig gute Abschätzungen tätigen zu können. So gelang es ihm auch beim

ersten Atombombentest alleine dadurch, dass er Papierschnipsel in die Luft warf, die ungefähre

Sprengkraft der Bombe festzustellen.9

Enrico Fermi, not wanting to wait hours and days for the complex diagnostic data to be evaluated, decided to conduct an ad-hoc experiment to calculate the yield of the gadget. Wrote Fermi, “About 40 seconds after the explosion the air blast reached me. I tried to estimate its strength by dropping from about six feet small pieces of paper before, during, and after the passage of the blast wave. Since, at the time, there was no wind, I could observe very distinctly and actually measure the displacement of the pieces of paper that were in the process of falling while the blast wave was passing. The shift was about two and a half meters, which at the time, I estimated to correspond to the blast that would be produced by ten thousand tons of TNT.” While Fermi’s estimate was on the low side, his calculation did prove the enormous energy release was demonstrably more than could be achieved by conventional bombs.10

Er wollte diese Fähigkeit des Abschätzens, welche speziell innerhalb der Physik eine wesentliche Rolle

spielt, auch an seine Studenten weitergeben, da er die Meinung vertrat, dass ein denkender Mensch

auf jede Frage eine Antwort finden müsse. Daher stellte er seinen Studenten immer wieder Fragen,

die ihnen auf den ersten Blick als unlösbar erschienen. Es handelte sich um Fragen, bei denen es

darum ging, schnell gute Abschätzungen zu machen, um ein Ergebnis in der richtigen Größenordnung

zu erhalten. Die bekannteste seiner Frage lautet11: „Wie viele Klavierstimmer gibt es in Chicago?“12

Diese Frage wird in der Literatur immer wieder zitiert und auch ausgeführt, da das Finden der Lösung

dieser Aufgabe ein Paradebeispiel für typische Vorgehensweisen in der Physik darstellt.

Fragen dieser Art fallen in den Bereich der „Back-of-the-envelope-„ beziehungsweise „Back-of-the-

napkin-calculation“, die innerhalb der Physik schon seit jeher ihre Berechtigung haben, da es immer

wieder notwendig war und ist, schnell und ohne Hilfsmittel Abschätzungen anzustellen. Eine „Back-

of-the-envelope-calculation“ lässt sich folgendermaßen definieren:

An informal mathematical computation, often performed on a scrap of paper such as an envelope. A back-of-the-envelope calculation uses estimated and/or rounded numbers to quickly develop a

8 Vgl. Der Spiegel 1956; vgl. Los Alamos National Laboaratory o.J.; vgl. Rosenberg o.J.; vgl. The Nobel

Foundation 1938; 9 Vgl. Beerli 2003: 89; vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 3; vgl. Hinrichs 2008: 147; vgl. Kaufmann

2006: 16; vgl. Müller 2001b: 1 10

Los Alamos National Laboratory o.J. 11 Vgl. Beerli 2003: 89; vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 3; vgl. Hinrichs 2008: 147; vgl. Kaufmann 2006: 16; vgl. Müller 2001b: 1 12

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 3

Page 9: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

5

ballpark figure. The result should be more accurate than a guess, but will be less accurate than a formal calculation performed using precise numbers and a spreadsheet or calculator.13

„Back-of-the-envelope”-Berechnungen werden also dadurch charakterisiert, dass, um überhaupt

Berechnungen anstellen zu können, Abschätzungen getätigt werden müssen. Die Begriffe „Back-of-

the-envelope-calculation“, „Back-of-the-napkin-calculation“ und Fermi-Aufgaben beziehen sich somit

auf ein und denselben Aufgabentyp. 14 Ein Buch, welches den synonymen Gebrauch dieser

Begrifflichkeiten nahe legt, ist „guesstimation. Solving the world’s problems on the back of a cocktail

napkin“, welches sich mit Fragestellungen auseinandersetzt, die nur mit Hilfe von Abschätzungen zu

lösen sind und somit auch als Quelle für Fermi-Fragen zu nennen ist. Die Autoren dieses Buches

führen den Begriff Fermi-Probleme bereits innerhalb der Einleitung ein15:

These problems are frequently called “Fermi problems”, after the legendary physicist Enrico Fermi, who delighted in creating and solving them.16

Insgesamt ist somit festzuhalten, dass Fermi-Aufgaben der forschenden Physik entstammen und

später, als ihr Potential zur Förderungen gewisser Kompetenzen erkannt wurde, innerhalb der

Fachdidaktik, zuerst in Physik und anschließend in Mathematik, wieder aufgegriffen wurden.17 Dies

belegt unter anderem Philip Morrison in seinem Artikel zu „Fermi-Questions“, in dem er festhält,

dass es für eine gute Ausbildung der Schülerinnen und Schüler innerhalb der Physik nicht reicht,

einzig und allein gewisse Themengebiete und Texte zu behandeln, sondern dass es auch notwendig

ist, ihnen die Fähigkeit des Schätzens zu vermitteln. Um diese Fähigkeit zu vermitteln, gibt es seiner

Meinung nach eine sehr geeignete Methode:18

That is the estimation of rough but quantitative answers to unexpected questions about many aspects of the natural world. The method was the common and frequently amusing practice of Enrico Fermi, perhaps the most widely creative physicist of our times. Fermi delighted to think up and at once to discuss and to answer questions which drew upon deep understanding of the world, upon everyday experience, and upon the ability to make rough approximations, inspired guesses, and statistical estimates from very little data. […] It should go without saying that no such question fulfills its purpose unless it is being heard for the first time. The accumulation of confidence and skill which such answers bring is a very good apprenticeship to research. Indeed, the conception of experiments and the formation of theoretical hypotheses are activities which are simulated by asking and answering good Fermi questions.19

13

Investopedia o.J. 14

Vgl. Wikipedia o.J. 15

Vgl. Adam; Weinstein 2008 16

Adam; Weinstein 2008: xiii 17

Vgl. Wikipedia o.J.; Anmerkung: Wie dieser Prozess vor sich ging und wer den Begriff Fermi-Aufgabe zum ersten Mal innerhalb der Fachdidaktik Mathematik verwendete, lässt sich nur schwer feststellen. 18 Vgl. Morrison 1963: 626f. 19

Morrison 1963: 627

Page 10: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

6

1.2. Definition von Fermi-Aufgaben

Um zu zeigen, was innerhalb der Fachdidaktik Mathematik unter einer Fermi-Aufgabe verstanden

wird, sollen hier einige mögliche Definitionen angeführt werden.

Laut Greefrath lassen sich Fermi-Aufgaben folgendermaßen definieren:

Fermi-Aufgaben sind im Prinzip unterbestimmte offene Aufgaben mit klarem Endzustand aber unklarem Anfangszustand sowie unklarere Transformation, bei denen die Datenbeschaffung – meist durch mehrfaches Schätzen – im Vordergrund steht.

20

Diese kurze, aber recht klare Definition enthält soweit die Grundzüge einer Fermi-Aufgabe: Es wird

meist eine einzelne Frage gestellt, wodurch der Endzustand klar wird. Die Frage enthält jedoch keine,

oder zumindest nicht alle zur Berechnung notwendigen Daten, wodurch häufig geschätzt werden

muss. Es werden auch keine Anweisungen bezüglich des Lösungsweges gegeben, wodurch

unterschiedliche Wege gegangen werden können. Durch ihre grundlegenden Eigenschaften fallen

Fermi-Aufgaben, wie im Folgenden noch näher erläutert wird, in den Bereich der offenen Aufgaben.

Auch Grottenthaler und Vogel heben die zwei wesentlichen Merkmale von Fermi-Aufgaben – das

Nichtvorhandensein der nötigen Angaben und die fehlende Vorgabe des Berechnungsweges – in

ihrer Definition hervor.21 Müller führt in seinem Artikel „Fermi-Probleme als Beitrag zu einer neuen

Aufgabenkultur“ anhand eines Beispiels vor, was er unter einer Fermi-Aufgabe versteht und fasst

dies folgendermaßen zusammen:

An dem Beispiel sollte deutlich geworden sein, dass man unter einem Fermiproblem weniger einen bestimmten Aufgabentypus als eine Art der Herangehensweise an eine Fragestellung versteht. Es handelt sich um eine Methode, um Fragestellungen, die auf den ersten Blick als zu komplex erscheinen oder zu deren Lösung die gegebene Information nicht ausreicht, dennoch näherungsweise beantworten zu können. […] Es geht nicht darum[,] die interessierende Größe exakt zu berechnen, sondern man ist an Größenordungsabschätzungen interessiert.

22

Das Rechnen selbst spielt bei Fermi-Aufgaben somit laut Müller keine große Rolle. Im Mittelpunkt

stehen vielmehr die Schritte vor dem Rechnen.23 Es geht um das Erlernen und Ausüben von

Vorgehensweisen der so genannten weichen Mathematik24, wie das Schätzen und Überschlagen.

Auch das Übersetzen des Problems in die Sprache der Mathematik und das Interpretieren der

gefundenen Lösung sind dabei nicht außer Acht zu lassen.25 An diese Arbeitsweisen innerhalb der

Mathematik müssen sich die Schülerinnen und Schüler erst einmal gewöhnen, da sie zu Beginn oft

20

Greefrath 2010: 80 21

Vgl. Grottenthaler; Vogel 2010: 9 22

Müller 2001b: 2 23

Vgl. Herget 2005: 1 24 Diese ist im Gegensatz zur exakten Mathematik zu sehen, bei der es darum geht, die eindeutige Lösung des Problems zu finden. 25

Vgl. Kira o.J.a

Page 11: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

7

Hemmungen haben, Werte zu schätzen, weil ihnen diese Seite der Mathematik weniger vertraut

ist.26

Fermi-Aufgaben müssen nicht unbedingt realistisch sein. Es geht, wie schon erwähnt, vielmehr um

die mathematischen Handlungen, wie das Schätzen, das Überschlagen und das Modellieren, die

durch derartige Problemstellungen angeregt werden.27 Alltagswissen wird dabei eingesetzt, plausible

Annahmen müssen gemacht werden, Daten müssen recherchiert beziehungsweise geschätzt werden

und auch die zu verwendenden mathematischen Mittel müssen selbstständig gewählt werden.28

Deshalb ist auch klar, dass, über je mehr mathematisches Wissen die Schülerinnen und Schüler

verfügen, sie auch mehr davon bei der Lösung der jeweiligen Fermi-Aufgabe einsetzen und sich so die

Lösungswege ein und derselben Aufgabe je nach Vorwissen der Lernenden enorm voneinander

unterscheiden können.29

26

Vgl. Holtmann; Mühlenfeld 2009: 10 27 Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 9 28 Vgl. Herget 2007a: 66 29

Vgl. Herget; Klika 2004: 14

Page 12: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

8

1.3. Fermi-Aufgaben als Teilmenge der Modellierungsaufgaben

Fermi-Aufgaben sind der Gruppe der Modellierungsaufgaben zuzuordnen, welche wiederum eine

Teilmenge der offenen Aufgaben bilden. Sie sind gewissermaßen als eine spezielle Art der

Modellierungsaufgaben zu sehen, bei denen nicht alle zur Berechnung des Ergebnisses notwendigen

Größen bekannt sind und die Schülerinnen und Schüler Daten schätzen müssen.30

Nun muss jedoch die Frage geklärt werden, was eine offene Aufgabe zu einer Fermi-Aufgabe macht

beziehungsweise welche Eigenschaften eine offene Aufgabe haben muss, um als Fermi-Aufgabe zu

gelten. Um vorerst zu klären, was unter einer offenen Aufgabe zu verstehen ist, werden einige

Charakteristika offener Problemstellungen genannt. Typische Merkmale für offene Aufgaben sind,

dass sie unterschiedliche Lösungswege zulassen, dass vorerst ein unscharf definiertes Problem

gestellt wird, welches in weiterer Folge mathematisiert werden muss und auch verschiedene Ansätze

zulässt, dass Tätigkeiten der so genannten weichen Mathematik angewendet werden und dass

unterschiedlichste mathematische Grundkenntnisse zur Lösung des Problems verwendet werden

können.31 Um die Bandbreite offener Aufgaben hervorzuheben, wird das Klassifikationsschema für

die Offenheit einer Aufgabe herangezogen:

Start Situation, Information

Weg Methode, Verfahren

Ziel Ergebnis, Lösung

Aufgabentyp

X X X Beispielaufgabe

X X - Geschlossene Aufgabe

X - X Begründungsaufgabe

X - - Problemaufgabe

- - - Offene Situation

- X X Umkehraufgabe

- - X Problemumkehr

- X - Anwendungssuche Tabelle 1: Klassifikationsschema für Offenheit32

Es kann davon ausgegangen werden, dass für nachhaltiges Lernen die Verwendung all dieser acht

Aufgabentypen von Bedeutung ist, da so die Inhalte besser vernetzt werden und auch ein

Perspektivenwechsel möglich wird.33 Der gesamte graue Block (sowohl hell- als auch dunkelgrau) der

Tabelle fällt in den Bereich der offenen Aufgaben. Bei den dunkelgrauen Aufgabentypen handelt es

sich um authentische, offene Situationen.34 Anhand dieser Tabelle erkennt man, dass unter den

Begriff der offenen Aufgabe sehr unterschiedliche Aufgabentypen fallen können. Will man Fermi-

Aufgaben einem dieser Aufgabentypen der Tabelle zuordnen, so gehören sie meines Erachtens zum

30

Vgl. Hinrichs 2008: 110 31

Vgl. Leuders 2001: 113 32 Büchter; Leuders 2005a: 93; vgl. Bruder 2000: 69f. 33 Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 28 und 31 34

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 93

Page 13: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

9

Aufgabentypus „offene Situation“, da weder alle Daten gegeben, noch das Verfahren und das

Ergebnis bekannt sind. Wobei diese Zuordnung, betrachtet man die von Greefrath formulierte

Definition von Fermi-Aufgaben als „unterbestimmte offene Aufgaben mit klarem Endzustand aber

unklarem Anfangszustand sowie unklarere Transformation“35, auch nicht vollkommen richtig ist.

Daraus lässt sich bereits die Problematik der Unterscheidung einer Fermi-Aufgabe von einer

„anderen“ offenen Aufgabe erkennen. Auch die Abgrenzung von Fermi-Aufgaben als Teilmenge von

Modellierungsaufgaben ist nur schwer möglich, da der Übergang oft fließend ist und innerhalb der

Literatur unterschiedlichste Definitionen verwendet werden. Jedoch soll im Folgenden anhand

einiger Eigenschaften und Merkmale klar gemacht werden, was eine Fermi-Aufgabe ausmacht.

35

Greefrath 2010: 80

Page 14: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

10

1.4. Charakteristische Merkmale von Fermi-Aufgaben

Herget führt in einem seiner Artikel zu Fermi-Aufgaben beispielsweise folgende grundlegende

Eigenschaften von Fermi-Aufgaben an:

Bei diesen Aufgaben gilt es, Alltagswissen einzusetzen, plausible Annahmen zu machen, Daten zu recherchieren und das passende mathematische Werkzeug zu wählen.36

Bevor nun jedoch weitere Charakteristika von Fermi-Aufgaben angeführt werden, wird, um einen

schnellen Einblick zu geben, eine Fermi-Frage samt möglichem Lösungsweg und Ergebnis dargestellt.

Die Fermi-Frage lautet: „Wie viele Zahnärzte gibt es in Deutschland?“37 Man könnte bei der Lösung

der vorerst unlösbar erscheinenden Fragestellung wie folgt vorgehen: Man zerlegt die Fragestellung

in einzelne Teilfragen, die bei der Lösung des Problems hilfreich sein können.38 Bei dieser Fermi-

Aufgabe gilt es beispielsweise folgende Teilfragen zu beantworten:

Wie viele Menschen gehen in Deutschland zum Zahnarzt? […] Wie oft geht jeder? […] Wie lange dauert ein Termin etwa? […] Wie viele Stunden arbeitet ein Zahnarzt in der Woche? […] Wie viele Arbeitswochen hat er?39

Beantwortet man diese Fragen nacheinander schätzungsweise, so erhält man die zur Lösung des

Problems notwendigen Daten. Man könnte zum Beispiel davon ausgehen, dass in etwa 80 000 000

Menschen ungefähr 1- bis 2-mal im Jahr zum Zahnarzt gehen, ein Termin circa eine halbe Stunde

dauert und der Zahnarzt ungefähr 35 oder mehr Stunden in der Woche in ungefähr 45 Wochen im

Jahr arbeitet. Daraus ergibt sich mit gerundeten und überschlagenen Zahlen folgende Rechnung40:

Man benötigt also etwa 80 000 000 ∙ ½ = 40 000 000 Zahnarztstunden. Jeder Zahnarzt arbeitet etwa 35 ∙ 45 ≈ 40 ∙ 40 = 1 600 Stunden. Das können 40 000 000 : 1 600 = 400 000 : (4 ∙ 4) ≈ 25 000 Zahnärzte bewältigen.41

Wichtig ist auch, dass anschließend darüber reflektiert wird, was sich bei anders gewählten

Grundannahmen innerhalb der Rechnung und schließlich im Ergebnis ändern würde.42

Festzuhalten ist, dass es bei der Bearbeitung von Fermi-Aufgaben keinesfalls darum geht, eine

perfekte Lösung – die es meist ohnehin nicht gibt – zu finden, sondern einen möglichst guten

Näherungswert zu erhalten, der zumindest die Größenordnung der Lösung erahnen lässt.43

36

Herget 2007a: 66 37

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte „Herr Fermi und seine Fragen“ 38

Vgl. Herget 2000b: 26; vgl. Herget; Jahnke; Kroll 2001: 14 39

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte „Herr Fermi und seine Fragen“ 40

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte „Herr Fermi und seine Fragen“ 41 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte „Herr Fermi und seine Fragen“ 42 Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte „Herr Fermi und seine Fragen“ 43

Vgl. Herget 2000b: 26

Page 15: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

11

Nun aber zu den wichtigsten Merkmalen, an denen sich Fermi-Aufgaben erkennen lassen:

Bei Fermi-Aufgaben handelt es sich um offene, realitätsbezogene Aufgaben, die keinen eindeutigen

Lösungsweg und auch kein eindeutiges, exaktes Ergebnis besitzen. Sie beziehen sich auf diverse

Erfahrungsbereiche des Alltags und sollen den Blick für Mathematik innerhalb dessen schärfen. Da

sie sich auf Erfahrungsbereiche des Alltags beziehen, sind sie häufig leicht zugänglich und regen zum

Weiterfragen an. Meist muss aufgrund mangelnder Informationen geschätzt und/oder überschlagen

werden, beziehungsweise helfen Alltagserfahrungen und Stützpunktwissen dabei, die zur

Berechnung notwendigen Daten zu erhalten.44

Viele Fragen im täglichen Leben lassen sich nur ungefähr stellen oder beantworten, oder man muss sich noch weitere Informationen beschaffen, bevor man loslegen kann. Dies sollte sich auch in den Aufgaben des Mathematikunterrichts widerspiegeln.

45

Daher ist es notwendig, bereits früh damit zu beginnen, die Schülerinnen und Schüler dazu zu

bringen, Werte zu schätzen und Ergebnisse auf ihre Plausibilität zu überprüfen.46

Mit dem mathematischen Modellieren kann und soll früh begonnen werden und die zuvor erwähnten Fermi-Aufgaben stellen einen guten Einstieg dar.47

Dies wird mit üblicherweise im Schulunterricht verwendeten Beispielen, bei denen zuerst geschätzt

und anschließend gemessen werden soll, meist nicht erreicht, da die Schülerinnen und Schüler

keinen Sinn darin sehen zu schätzen, da ja auch gemessen werden kann.48 Deshalb bedarf es

Beispielen, bei denen klar ist, warum geschätzt werden muss. Dies kann zum einen durch Beispiele

erreicht werden, bei denen die zur Berechnung notwendigen Daten fehlen oder zum anderen durch

Aufgaben, bei denen Daten durch Schätzen überprüft werden müssen.49 Beim Schätzen wird das

vorhandene Stützpunktwissen genutzt und ein gedanklicher Vergleich hergestellt, um so die

gesuchten Größen zu erhalten.50 Das Schätzen und das Überschlagen von Größenordnungen sind für

den Alltag notwendige Kompetenzen und tragen auch zu einem ausgewogenen Bild der Mathematik

bei, kommen jedoch im Mathematikunterricht häufig zu kurz. 51 Das Überschlagen von

Rechenergebnissen hilft beispielsweise dabei, Fehler aufzudecken und kann schließlich auch dazu

dienen, in Zeitschriften oder Zeitungen angeführte Daten zu überprüfen.

Für das Schätzen ist es besonders wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler über Messerfahrungen,

Stützpunkt- und realistische Größenvorstellungen verfügen. Gerade das Schätzen kann somit,

44

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 6f.; vgl. Greefrath 2010: 81; vgl. Herget 2005: 16; vgl. Peter-Koop 1999: 12 45

Lambert 2006: 66 46

Vgl. Hinrichs 2008: 45f. 47

Thaller 2012 48

Vgl. Peter-Koop 2001: 7f. 49 Vgl. Bönig 2001: 43f. 50 Vgl. Greefrath 2007: 49 51

Vgl. Bönig 2003: 102; vgl. Greefrath 2007: 48

Page 16: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

12

aufgrund der zuvor genannten Aspekte, besonders gut mit Hilfe von Fermi-Aufgaben erlernt und

geübt werden. 52 Den Schülerinnen und Schülern soll auch bewusst gemacht werden, wann

Schätzungen als Ergebnis ausreichen und wie sie mit Größen im Alltag umzugehen haben.53

Fermi-Aufgaben tragen auch zur besseren Transferfähigkeit von Wissen und Können bei, da gewisse

Grundkompetenzen in unterschiedlichsten Kontexten flexibel eingesetzt werden. Mit Hilfe von

Fermi-Aufgaben wird so das Vernetzen von mathematischem Wissen mit Kompetenzen wie dem

Modellieren, Begründen und Argumentieren gefördert.54 Charakteristisch für Fermi-Aufgaben ist

auch, dass vielfach auf den ersten Blick kein Lösungsweg ersichtlich ist, wodurch die Lernenden

herausgefordert werden. Mit Hilfe von Fermi-Aufgaben können auch viele weitere Kompetenzen

gefördert werden, was in Kapitel 4.1. näher erläutert wird.55

Typisch für Fermi-Aufgaben ist des Weiteren, dass sie leicht verständlich sind, da es sich meist um

einfach formulierte Fragestellungen handelt. 56 Der Kontext einer Fermi-Aufgabe sollte den

Schülerinnen und Schülern weitgehend aus ihrer Erfahrung bekannt sein.57 Fermi-Aufgaben helfen

dabei, den Schülerinnen und Schülern große Zahlen beziehungsweise große Mengen bewusst zu

machen und zu zeigen, dass es nicht nur die, üblicherweise im Mathematikunterricht vorkommende

exakte Mathematik gibt, bei der es immer ein eindeutiges, klares Ergebnis gibt, sondern dass im

Alltag und auch innerhalb der Wissenschaften58 immer wieder die so genannte weiche Mathematik,

bei der das Schätzen und Überschlagen eine grundlegende Rolle spielen, verwendet wird. Das

Schätzen und Überschlagen sowie das Erweitern des Stützpunktwissens können auch einen wichtigen

Beitrag zur Entwicklung des Zahlensinns liefern.59

Die Kunst dabei [bei der Lösung von Fermi-Aufgaben] ist, auf richtige Weise zum Kern des Problems vorzustoßen und unbekannte Größen dadurch zu erschließen, daß <sic!> man sie auf plausible Weise mit (möglicherweise sogar aus dem Alltag) bekannten verknüpft.60

Da, wie schon erwähnt, meist die zur Berechnung notwendigen Angaben fehlen, kann keine klare

Unterscheidung von richtigen und falschen Lösungen und Lösungswegen getroffen werden, sondern

es kann nur zwischen mehr oder weniger plausiblen und angemessenen Ergebnissen unterschieden

werden.61 An diese unscharfe und ungenaue Seite der Mathematik müssen die Schülerinnen und

Schüler erst einmal gewöhnt werden, da in der Realität vorkommende Zahlen meist auch nur

52 Vgl. Hinrichs 2008: 110f. 53

Vgl. Peter-Koop 2001: 10 54

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 158 55

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 6f.; vgl. Greefrath 2010: 81; vgl. Herget 2005: 16 56

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 158f.; vgl. Grottenthaler; Vogel 2010: 10 57

Vgl. Peter-Koop 2003: 115 58

Siehe Kapitel 1.1 59 Vgl. Bönig 2001: 44; vgl. Bönig 2003: 102f.; vgl. Leuders 2001: 103 und 105 60 Müller 2001a: 1 61

Vgl. Kaufmann 2006: 16

Page 17: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

13

begrenzt genau sind. Gerade mit Fermi-Aufgaben lässt sich diese Seite der Mathematik gut

vermitteln.62

Durch die Eigenschaft, dass Fermi-Aufgaben unterschiedliche Lösungswege zulassen, ergibt sich eine

weitere: Fermi-Aufgaben können auf unterschiedlichen Niveaustufen und mit verschiedenen

Hilfsmitteln gelöst werden, was ihre selbstdifferenzierende Eigenschaft ausmacht.63 Somit können

sowohl leistungsstarke als auch leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler angesprochen,

gefordert und gefördert werden.64 Des Weiteren entfällt bei Fermi-Aufgaben für die Schülerinnen

und Schüler meist auch die Angst sich zu irren, da bekannt ist, dass es nicht nur einen einzigen

Lösungsweg gibt und es auch erlaubt ist, kreativ zu sein und zu experimentieren.65

Fermi-Aufgaben fordern zum selbstständigen Arbeiten auf und können durch ihre Offenheit bei den

Schülerinnen und Schülern auch größere Motivation und gesteigertes Interesse an der Mathematik

hervorrufen.66 Da Fermi-Aufgaben für Einzelne oft als zu schwierig empfunden werden, bietet sich

eine Zusammenarbeit mit anderen an, wodurch wiederum kooperative Fähigkeiten gefördert werden

können.67

Die Motivation zur mathematischen Interaktion und Kooperation mit Mitschülerinnen und Mitschülern ist also bereits intrinsisch durch die Art der Problemstellung gegeben.68

62

Vgl. Herget 1999: 4f.; vgl. Herget 2000a: 297 63

Vgl. Kittel; Marxer 2005: 16f. 64

Vgl. Wälti 2005: 35f. 65

Vgl. Kittel; Marxer 2005: 18 66 Vgl. Cramer; Mahlich; Massin o.J.; vgl. Holtmann; Mühlenfeld 2009: 7 67 Vgl. Peter-Koop 2003: 115 68

Peter-Koop 2003: 115

Page 18: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

14

2. Kompetenzorientierter Unterricht

2.1. Allgemeinbildender, kompetenzorientierter Mathematikunterricht

Um feststellen zu können, welche Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten durch Fermi-Aufgaben

gefördert werden können, muss vorerst geklärt werden, was unter Kompetenzen verstanden wird

und welches Wissen und Können die Schülerinnen und Schüler bis zum Ende der achten Schulstufe

erreichen sollen, um auf ihr weiteres Leben vorbereitet zu sein. Dazu wird nicht nur der Lehrplan für

die Sekundarstufe I herangezogen, sondern auch auf die Standards für den Mathematikunterricht der

achten Schulstufe und auf andere, in der Literatur vorkommende Konzepte bezüglich

Allgemeinbildung und kompetenzorientierten Unterricht Bezug genommen.

Bevor aber auf kompetenzorientierten beziehungsweise standardorientierten Unterricht

eingegangen wird, muss vorausgeschickt werden, dass durchaus eine Unterscheidung der beiden

Begriffe getroffen werden kann, die Begriffe in dieser Arbeit jedoch als Synonyme im Sinne von

Kompetenzorientierung verwendet werden. Kompetenzorientierung wird in dieser Arbeit

dahingehend verstanden, dass nicht das Ziel verfolgt wird, die Schülerinnen und Schüler auf Tests

vorzubereiten, sondern ihnen vielmehr die für ihr weiteres Leben notwendigen Kompetenzen (also

auch soziale und personale Kompetenzen) zu vermitteln. Diese Kompetenzen können nur schwer bis

überhaupt nicht innerhalb von schriftlichen Tests überprüft werden. Daher lässt sich schlussfolgern,

dass die Durchführung kompetenzorientierten Unterrichts, in dem Sinne, wie er in dieser Arbeit

verstanden wird, nicht unbedingt zum besseren Abschneiden der Schülerinnen und Schüler bei

Standardtestungen beiträgt, da ja nicht gezielt auf die Bearbeitung der in den Tests verwendeten

Aufgabenformaten und Items hingearbeitet wird. Der Begriff Standardorientierung kann im

Allgemeinen jedoch auch dahingehend verstanden werden, dass versucht wird, die Schülerinnen und

Schüler möglichst gut auf Tests vorzubereiten, was wiederum dazu führen kann, dass ausschließlich

innerhalb von Testungen überprüfbare Kompetenzen im Unterricht gefördert werden.

Wie bereits erwähnt, wird der Begriff „Standardorientierung“ hier hingegen im Sinne von

„Kompetenzorientierung“ gebraucht. Zentrale Aufgabe dieser Arbeit ist es also nicht, Methoden und

Aufgaben vorzustellen, die ausschließlich dabei helfen sollen, ein besseres Abschneiden der

Schülerinnen und Schüler bei Standardtestungen zu gewährleisten. Es ist auch noch keineswegs klar,

ob der in dieser Arbeit vorgestellte Ansatz für kompetenzorientierten Unterricht dazu beiträgt, dass

die Schülerinnen und Schüler bessere Leistungen bei Standardtestungen in den Bereichen der

inhaltlichen und prozessbezogenen Kompetenzen hervorbringen, da bei den Tests vor allem auch auf

Exaktheit Wert gelegt wird und dies ein Bereich ist, der bei Fermi-Aufgaben keine Rolle spielt.

Page 19: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

15

2.1.1. Kompetenzbegriff

Anfang der 90er Jahre wurde im Zusammenhang mit zu erreichenden Fertigkeiten und Fähigkeiten

noch von „Schlüsselqualifikationen“ gesprochen. Nachdem dieser Begriff jedoch überstrapaziert

wurde, verlor er mit der Zeit seine Faszination und wurde gewissermaßen durch den Begriff

„Kompetenz“ ersetzt.69 Leuders versteht den Begriff „Schlüsselqualifikationen“ jedoch anders. Er

benutzt ihn heute noch und bezieht sich damit auf Kompetenzen für das lebenslange Lernen und

führt dazu folgende Beispiele an70:

- Lern- und Arbeitstechniken - Selbstständigkeit in Auswahl und Aneignung von Fähigkeiten - Problemlösefähigkeit, Kreativität - Teamfähigkeit und Kommunikationskompetenz71

Um von kompetenzorientiertem Unterricht sprechen zu können, ist es notwendig festzuhalten, was

unter dem Begriff „Kompetenz“ verstanden wird. Dazu ist es wichtig festzulegen, was die

Schülerinnen und Schüler wissen und können sollen.72 Maaß benutzt beispielsweise einen sehr

weitläufigen Kompetenzbegriff, der auf unterschiedlichste Fähigkeiten und Fertigkeiten bezogen

werden kann:

Kompetenzen umfassen [hiernach] Fähigkeiten und die Bereitschaft, diese Fähigkeiten in Handlungen umzusetzen.73

Innerhalb der Standards für den Mathematikunterricht der achten Schulstufe werden Kompetenzen

wie folgt definiert:

Unter Kompetenzen werden hier längerfristig verfügbare kognitive Fähigkeiten verstanden, die von Lernenden entwickelt werden können und sie befähigen, bestimmte Tätigkeiten in variablen Situationen auszuüben, sowie die Bereitschaft diese Fähigkeiten und Fertigkeiten einzusetzen.74

Im Bundesgesetzblatt wird die Bereitschaft noch in soziale und motivationale Bereitschaft unterteilt

und auch hinzugefügt, dass es darum geht, Aufgaben nicht nur erfolgreich, sondern auch

verantwortungsbewusst zu lösen.75

Bruder, Leuders und Büchter erklären beziehungsweise definieren den Kompetenzbegriff schon

etwas genauer. Laut ihnen umfasst der Kompetenzbegriff

- Kenntnisse und Fertigkeiten, die sich daran zeigen, dass Schülerinnen und Schüler mathematisches Wissen abrufen können oder mathematische Verfahren sicher ausführen.

- Fähigkeiten, die darüber hinausgehen und sich dadurch auszeichnen, dass Wissen und Kenntnisse in wechselnden Situationen flexibel angewendet werden können.

69

Vgl. Lehmann; Nieke o.J.: 1 70

Vgl. Leuders 2001: 51 71

Leuders 2001: 51 72

Vgl. Bruder; Leuders; Büchter 2008: 10 73 Maaß 2004: 32 74 Institut für Didaktik der Mathematik 2007: 9 75

Vgl. Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich 2009: 1. Verordnung

Page 20: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

16

- Haltungen und Einstellungen, die z.B. Problemlösebereitschaft oder eine kritische Haltung gegenüber Lösungen und Argumenten, die die Voraussetzung für die Anwendung von Fähigkeiten bedeutet.76

Im Idealfall sollte es sich laut Bruder, Büchter und Leuders also nicht um Kenntnisse handeln, die

ausschließlich für die nächste Schularbeit benötigt werden, sondern um Fähigkeiten, die zur

Bewältigung von Problemsituationen im täglichen Leben von Bedeutung sind.77 Dem widerspricht

jedoch die Tatsache, dass derzeit viele Lehrpersonen versuchen, die Lernenden gezielt auf die

Standardtestungen und im Speziellen auf die standardisierte Reifeprüfung hinzutrainieren.

Insgesamt ist zu bemerken, dass den jeweiligen Definitionen gemein ist, dass von einem

Kompetenzbegriff ausgegangen wird, der unterschiedliche Fertigkeiten und Fähigkeiten und die

Bereitschaft diese auch einzusetzen umfasst. Dies heben auch Weinert und Juen in ihren Definitionen

hervor.78 Weinert betont in seiner Definition zusätzlich, dass es vor allem um Fähigkeiten und

Fertigkeiten geht, die für flexibles Problemlösen unabdingbar sind.79 Juen geht davon aus, dass

Kompetenzen Wissen und Können verbinden und so die Lernenden zur Bewältigung von

Problemsituationen befähigt werden.80

Lehmann und Nieke sprechen von drei unterschiedlichen Bedeutungen des Kompetenzbegriffs. Alle

drei Bedeutungen spielen für die Verwendung des Begriffs im Zusammenhang mit Unterricht eine

Rolle:81

- Die erste Bedeutung von Kompetenz bezieht sich auf die Erlaubnis, etwas tun zu dürfen. So

befähigt der Schulabschluss die Schülerinnen und Schüler beispielsweise weitere

Bildungseinrichtungen in Anspruch zu nehmen.

- Die zweite Bedeutung bezieht sich auf die erworbenen Fähigkeiten, bezogen auf das Wissen

und Können, welches von den Schülerinnen und Schülern innerhalb gewisser

Jahrgangsstufen erlangt werden soll. Diese Bedeutung kommt bei den Standards zum Tragen.

- Die dritte Bedeutung von Kompetenz bezieht sich auf Wettbewerbssituationen. Hier wird

Kompetenz als Merkmal von Erfolg verstanden. Es geht also darum, innerhalb der

Gesellschaft konkurrenzfähig zu sein.82

76

Bruder; Leuders; Büchter 2008: 11 77

Vgl. Bruder; Leuders; Büchter 2008: 15 78

Vgl. Juen o.J.; Weinert 2001: 27 – zitiert nach Schütte 2007: 925 79

Vgl. Weinert 2001: 27 – zitiert nach Schütte 2007: 925 80 Vgl. Juen o.J. 81 Vgl. Lehmann; Nieke o.J.: 1 82

Vgl. Lehmann; Nieke o.J.: 1f.

Page 21: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

17

Innerhalb dieser Arbeit bezieht sich der verwendete Kompetenzbegriff hauptsächlich auf die zweite

Bedeutung, aber auch die dritte Bedeutung spielt hin und wieder eine Rolle.

Kompetenzen sollten im Idealfall somit dahingehend festgelegt werden, was für die Allgemeinbildung

notwendig und was für das private und berufliche Leben jedes Einzelnen wichtig ist. Dazu zählen

auch personale und soziale Kompetenzen.83

Bruder, Büchter und Leuders sind der Meinung, dass jede/r Lernende Fähigkeiten und Fertigkeiten in

den folgenden Bereichen erlangen sollte:

Abbildung 2: Kompetenzmodell84

Auch Barzel und Juen unterteilen die Kompetenzen, die von den Schülerinnen und Schülern innerhalb

ihrer Schullaufbahn erworben werden sollen, in die hier dargestellten Teilbereiche, die, wie auch die

Abbildung zeigt, eng miteinander verknüpft sind.85

Um handlungsfähig zu sein, sollten die Lernenden also unterschiedliche Kompetenzen erwerben:

- Inhaltsbezogene Kompetenzen: Darunter fällt vor allem das fachbezogene Wissen, das in

unterschiedlichen Kontexten und Bereichen einsetzbar sein soll.86 Lehmann und Nieke

bezeichnen diesen Bereich als Fachkompetenz, worunter Bruder, Büchter und Leuders

wiederum sowohl die inhaltsbezogenen als auch die prozessbezogenen Kompetenzen

verstehen. Inhaltsbezogene Kompetenzen umfassen unter anderem die Fähigkeiten Figuren

und Körper zu konstruieren, Daten und Zahlen darzustellen und Grafiken zu interpretieren.87

Lucyshyn bezeichnet diesen Bereich als Sach- und Wissenskompetenz und definiert ihn ganz

allgemein als „das Erfassen, Strukturieren und Nutzen von Wissen“88.

83

Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 10f. 84

Bruder; Büchter; Leuders 2008: 13 85

Vgl. Barzel; Büchter; Leuders 2007: 28; vgl. Juen o.J. 86 Vgl. Lehmann; Nieke o.J.: 6 87 Vgl. Barzel; Büchter; Leuders 2007: 30; vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 13 88

Lucyshyn 2011: 3

Page 22: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

18

- Prozessbezogene Kompetenzen beziehungsweise Methodenkompetenz: Unter diesen

Bereich fallen die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die notwendig sind, um geplant vorzugehen,

Lernstrategien zu entwickeln, verschiedene Arbeitstechniken anzuwenden, zu recherchieren

beziehungsweise zu wissen, wie und wo man sich Informationen beschaffen kann, um

Problemsituationen bewältigen zu können, um strukturiert arbeiten und um Lösungen

präsentieren zu können. 89 Barzel, Bruder, Büchter und Leuders sprechen von

prozessorientierten Kompetenzen und zählen dazu die Fähigkeiten und Fertigkeiten des

Problemlösens, des Modellierens, des Argumentierens und des Kommunizierens.90 Etwas

allgemeiner beschreibt Lucyshyn die Methodenkompetenz:

Bezieht sich auf die Fähigkeit, neue Situationen und Lernanforderungen kreativ und angemessen zu bewältigen. Dabei geht es um die erfolgreiche Aneignung und Reflexion unterschiedlichster (Lern-) Methoden.91

Da es sich bei den prozessbezogenen Kompetenzen um solche handelt, die in den

verschiedensten Inhaltsbereichen stattfinden, können sie als „allgemeine, mathematische

Kompetenzen“ bezeichnet werden.92

- Personale Kompetenzen beziehungsweise Selbstkompetenz: Dazu gehören die

Leistungsbereitschaft, das Abschätzen der eigenen Stärken und Schwächen,

Verantwortungsbereitschaft, Ausdauer, Anstrengungsbereitschaft, Sorgfalt, Selbstständigkeit

sowie auch die Fähigkeit mit Misserfolgen umzugehen und die Bereitschaft anderen zu

helfen.93 Auch die Fähigkeit zur Kritik und zur Selbstkritik und die Flexibilität zählen zu diesem

Bereich.94

- Sozialkompetenz: Dieser Bereich umfasst alle Fertigkeiten und Fähigkeiten, die notwendig

sind, um mit anderen gemeinsam zu arbeiten. Somit zählen dazu unter anderem die

Bereitschaft, Verantwortung für die Gruppe zu übernehmen, sich an vereinbarte Regeln zu

halten, anderen mit Offenheit zu begegnen, Konflikte zu lösen und anderen Toleranz

entgegenzubringen.95

Bruder, Büchter und Leuders fassen die personalen und die sozialen Kompetenzen in ihrer

Auflistung wieder zusammen und zählen dazu unter anderem die Fähigkeiten selbstständig

89

Vgl. Lehmann; Nieke o.J.: 6 90

Vgl. Barzel; Büchter; Leuders 2007: 30; vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 14 91

Lucyshyn 2011: 3 92

Vgl. Barzel; Büchter; Leuders 2007: 31 93 Vgl. Lehmann; Nieke o.J.: 6; vgl. Lucyshyn 2011: 3 94 Vgl. Leuders 2001: 41 95

Vgl. Lehmann; Nieke o.J.: 7; vgl. Leuders 2001: 41; vgl. Lucyshyn 2011: 3

Page 23: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

19

zu arbeiten, kreativ zu sein, kooperativ mit anderen zusammenzuarbeiten sowie die Fähigkeit

zur Selbstverwirklichung und den Willen, Verantwortung zu übernehmen.96

Leuders spricht im Buch „Qualität im Mathematikunterricht der Sekundarstufe I und II“ von

fachlichen, persönlichen und sozialen Kompetenzen, die Schulabgänger innerhalb ihrer

Schullaufbahn erworben haben sollen, um für ihre Zukunft in der Gesellschaft und der Wirtschaft

gerüstet zu sein.97 Das heißt, er fasst die Bereiche der inhaltsbezogenen und der prozessbezogenen

Kompetenzen wieder zu den fachlichen Kompetenzen zusammen. Neben den bereits genannten

Kompetenzbereichen ist innerhalb des Artikels „Kompetenzorientiertes Unterrichten.

Grundlagenpapier“ noch von kommunikativer und emotionaler Kompetenz die Rede.98 Diese zählen

meines Erachtens zu den sozialen und personalen Kompetenzen.

Insgesamt ist festzuhalten, dass es im Mathematikunterricht, sofern es einem darum geht, den

Schülerinnen und Schülern sowohl inhaltliche, prozessbezogene als auch soziale und personale

Kompetenzen zu vermitteln und sie nicht nur auf spezielle Test-Items vorzubereiten, vielmehr um die

Vermittlung allgemeiner Fähigkeiten, die flexibel eingesetzt werden sollen, als um das Durchnehmen

spezifischer mathematischer Inhalte gehen sollte. Esper betont auch noch einige weitere zentrale

Aspekte des Kompetenzbegriffes. Es geht ihm speziell um die Flexibilität, die Nachhaltigkeit und die

Nützlichkeit sowie um die Beschränkung auf die zentralen Aspekte des Könnens.99

2.1.2. Kompetenzen im Lehrplan für die Unterstufe

Innerhalb des allgemein gehaltenen Teiles des AHS-Lehrplanes für die Sekundarstufe I wird im

gesetzlichen Auftrag verankert, dass allgemeinbildende höhere Schulen zur

Heranbildung der jungen Menschen mitzuwirken [haben], nämlich beim Erwerb von Wissen, bei der Entwicklung von Kompetenzen und bei der Vermittlung von Werten. Dabei ist die Bereitschaft zum selbstständigen Denken und zur kritischen Reflexion besonders zu fördern. Die Schülerinnen und Schüler sind in ihrem Entwicklungsprozess zu einer sozial orientierten und positiven Lebensgestaltung zu unterstützen.100

Es wird also klar hervorgehoben, dass das eigenständige, kritische Denken der Lernenden in jedem

Falle zu fördern ist und dass die Schule die Aufgabe hat, die Entwicklung unterschiedlicher

Kompetenzen bei den Schülerinnen und Schülern zu unterstützen. Die Lernenden sollen eine

eigenständige Persönlichkeit entwickeln können und die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen

96

Vgl. Barzel; Büchter; Leuders 2007: 33; vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 14 97

Vgl. Leuders 2001: 41 98 Vgl. BMUKK 2011: 5 99 Vgl. Esper et al. 2006: 67f. 100

Lehrplan AHS Unterstufe – 1. Teil (Allgemeines Bildungsziel)

Page 24: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

20

Lernen und Handeln erhalten. Unter den Aufgabenbereichen der Schule finden sich unter anderem

der Bereich der Wissensvermittlung und auch jener der Kompetenzen. Darin wird festgehalten, dass

sowohl Sachkompetenzen als auch Selbst- und Sozialkompetenzen ausgebildet und erweitert werden

sollen.101 Für die Gesellschaft ist es außerdem wichtig, dass bei den Schülerinnen und Schülern die

„Urteils- und Kritikfähigkeit sowie Entscheidungs- und Handlungskompetenzen“102 gefördert werden.

Bereits unter den allgemeinen Bildungsbereichen der Schule wird innerhalb des Teilkapitels Natur

und Technik unterstrichen, dass die Fähigkeit der Formalisierung, der Modellbildung sowie auch das

Abstraktions- und das Raumvorstellungsvermögen zu vermitteln sind, um den Schülerinnen und

Schülern die Analyse und das Lösen von Problemstellungen zu ermöglichen beziehungsweise zu

erleichtern.103

Im Mathematikunterricht sollen laut dem Lehrplan für Mathematik folgende mathematische

Kompetenzen beziehungsweise Grundtätigkeiten gefördert werden104:

- Produktives geistiges Arbeiten, insbesondere: Kombinieren vertrauter Methoden; Analysieren von Problemen, Begründungen, Darstellungen, mathematischen Objekten; Anwenden bekannter Verfahren, auch in teilweise neuartigen Situationen, […]

- Argumentieren und exaktes Arbeiten, insbesondere: […], Begründen […]; Rechtfertigen von Entscheidungen (etwa der Wahl eines Lösungsweges oder einer Darstellungsform).

- Kritisches Denken, insbesondere: Überprüfen von Vermutungen; Überprüfen von Ergebnissen; Erkennen von Unzulänglichkeiten mathematischer Modelle; Erkennen von Mängeln in Darstellungen oder Begründungen […]

- Darstellen und Interpretieren […]105

Innerhalb der Bildungs- und Lehraufgabe des Lehrplanes für den Mathematikunterricht wird ferner

hervorgehoben, dass mathematisches Wissen und Können vielfältig mit der Welt verknüpft werden

soll und dass mathematisches Modellieren zu einem kritischen und verantwortungsbewussten

Umgang mit Aussagen, denen man im Alltag begegnet, beitragen soll. Die Schülerinnen und Schüler

sollen die Möglichkeit bekommen, zu argumentieren, kritisch zu denken, zu modellieren,

darzustellen, zu interpretieren und verschiedene Arbeitstechniken und Technologien anzuwenden.106

Um mathematisch modellieren zu können, werden unterschiedliche Teilkompetenzen benötigt:

Darunter fallen die Fähigkeiten, einen Modellierungsprozess durchzuführen, auf Metaebene über

den Modellierungsprozess Bescheid zu wissen, Fähigkeiten, Probleme zu strukturieren und geplant

vorzugehen, die Fertigkeit der Argumentation sowie auch Kompetenzen den Nutzen von Mathematik

101

Welche Fertigkeiten und Fähigkeiten zu den angeführten Kompetenzbereichen zählen, wird innerhalb des Kapitels zu den Standards für den Mathematikunterricht der achten Schulstufe näher erläutert. 102

Lehrplan AHS Unterstufe – 1. Teil (Allgemeines Bildungsziel) 103

Vgl. Lehrplan AHS Unterstufe – 1. Teil (Allgemeines Bildungsziel) 104 Vgl. Lehrplan AHS Unterstufe Mathematik: 1 105 Lehrplan AHS Unterstufe Mathematik: 1 106

Vgl. Lehrplan AHS Unterstufe Mathematik: 1

Page 25: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

21

zur Lösung realer Probleme zu erkennen.107 Der Mathematikunterricht soll also auch dazu beitragen,

dass Erscheinungen der Welt besser wahrgenommen und verstanden werden können und dass

allgemeine Problemlösefähigkeiten erworben werden. Innerhalb der didaktischen Grundsätze wird

hervorgehoben, dass den Schülerinnen und Schülern aktives Arbeiten anhand von alltagsbezogenen

Problemstellungen ermöglicht werden soll.108

Mit Hilfe von Problemstellungen aus Themenkreisen, die den Erfahrungen und Interessen der Schülerinnen und Schüler entsprechen, sollen mathematisches Wissen und Können entwickelt und gefestigt werden. Dabei soll die Nützlichkeit der Mathematik in verschiedenen Lebens- und Wissensbereichen erfahren werden.

109

Im Rahmen des Lehrstoffes wird noch einmal die zentrale Aufgabe des Mathematikunterrichts

festgehalten und klargestellt, welche Kompetenzen den Schülerinnen und Schülern in welcher Form

vermittelt werden sollen:

Die Schülerinnen und Schüler sollen praxisorientierte Aufgaben unter dem Aspekt der Modellbildung möglichst oft rechnerisch, geometrisch und graphisch darstellen, lösen und kritisch betrachten können. Dabei sollen sie von ihrer unmittelbaren Erlebniswelt ausgehen und ihre Erfahrungen auch in fächerübergreifende Vorhaben einbringen. Die Schülerinnen und Schüler sollen ebenso grundlegendes mathematisches Wissen und Können erwerben und abstraktes Denken und formale Fähigkeiten entwickeln. Sie sollen im präzisen Arbeiten und Argumentieren ausgebildet werden und mit mathematischen Darstellungsformen vertraut werden.110

Auch innerhalb des allgemeinen Teiles des Lehrplanes, der sich unter anderem auch den allgemeinen

didaktischen Grundsätzen widmet, werden viele Bereiche angesprochen, die beim Einsatz offener

Aufgaben im Unterricht zum Tragen kommen. Es handelt sich dabei zwar weniger um Kompetenzen,

sondern vielmehr um Grundprinzipien eines guten Unterrichts, die jedoch wiederum Voraussetzung

für die Vermittlung von Kompetenzen sind. Grundsätzlich gilt, dass immer an die Vorkenntnisse und

Vorerfahrungen der Lernenden angeknüpft und dass individuelles, differenziertes Lernen möglich

gemacht werden soll. Die Selbstständigkeit, die Eigenverantwortung und das kritische Denken der

Lernenden sollen gezielt gefördert werden. Wichtig ist auch, dass sich die verwendeten Beispiele

immer wieder auf die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler beziehen, was vor allem durch zeit-

und lebensnahe Themen erreicht werden kann. Um sicherzustellen, dass nachhaltig gelernt wird,

müssen die zentralen Bereiche der Mathematik innerhalb der unterschiedlichen Schulstufen

fortwährend wiederholt werden und es sollten Zusammenhänge zwischen den einzelnen

Teilbereichen hergestellt werden.111

107

Vgl. Maaß 2004: 174 108

Vgl. Lehrplan AHS Unterstufe Mathematik: 2 109 Lehrplan AHS Unterstufe Mathematik: 3 110 Lehrplan AHS Unterstufe Mathematik: 4 111

Vgl. Lehrplan AHS Unterstufe – 2. Teil (Allgemeine didaktische Grundsätze)

Page 26: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

22

Auf die im Lehrplan angeführten Themenbereiche, die in den einzelnen Schulstufen behandelt

werden sollen und im Zusammenhang mit Fermi-Aufgaben eine Rolle spielen, wird in Kapitel 4.1.

eingegangen.

2.1.3. Standards für den Mathematikunterricht der achten Schulstufe (M8)

Um von Bildungsstandards sprechen zu können, muss vorerst geklärt werden, was unter ihnen

verstanden werden kann. Laut einer Verordnung bezüglich der Bildungsstandards im Schulwesen

sind

„Bildungsstandards“ konkret formulierte Lernergebnisse in den einzelnen oder den in fachlichem Zusammenhang stehenden Pflichtgegenständen, die sich aus den Lehrplänen […] ableiten lassen. Diese Lernergebnisse basieren auf grundlegenden Kompetenzen, über die die Schülerinnen und Schüler bis zum Ende der jeweiligen Schulstufe in der Regel verfügen sollen.

112

Im Unterschied zu Lehrplänen, in denen festgelegt wird, was unterrichtet werden soll, legen

Bildungsstandards also fest, was die Schülerinnen und Schüler am Ende der jeweiligen Schulstufe

wissen und können sollen. Standards sind dementsprechend Output-orientiert.113

Während in Lehrplänen meist die im Unterricht zu behandelnden Inhalte im Zentrum stehen, werden in Bildungsstandards die zu erreichenden Kompetenzen genannt.114

Jedoch widersprechen sich die Begriffe Inhalt und Kompetenz nicht, denn auch innerhalb der

Kompetenzen finden sich die Kerninhalte wieder. 115 Im Zentrum eines standardorientierten

Unterrichts stehen also die Kompetenzen (inhaltsbezogene und allgemeine) beziehungsweise

Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen, die sich bei den Schülerinnen und Schülern entwickeln

sollen und nicht der im Unterricht behandelte Stoff.116

Die Leitidee des Konzepts der Bildungsstandards Mathematik sind die Kompetenzorientierung des Unterrichts und die Nachhaltigkeit des Lernens, wobei als Kriterien für die Auswahl der Inhalte des Unterrichts die Prinzipien „Lebensvorbereitung“ und „Anschlussfähigkeit“ gelten.

117

Um die Schülerinnen und Schüler auf ihr Leben vorzubereiten, sollte es im Mathematikunterricht der

Sekundarstufe I darum gehen, ihnen Wissen und Können mitzugeben, „das für eine aktive,

unbehinderte, reflektierte, kritische, emanzipierte Teilnahme am Leben in unserer Gesellschaft

erforderlich/unerlässlich ist“118. Dabei spielen unterschiedliche Gesichtspunkte der Mathematik eine

Rolle. Neben operativen Fähigkeiten sollen auch konstruktive (beispielsweise durch Modellbildung)

112

Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich 2009: 1. Verordnung 113

Vgl. BIFIE 2010: 5; vgl. Blum; Drüke-Noe; Hartung; Köller 2006: 15; vgl. Siller 2008; vgl. Wassmaier 2009: 32 114

Blum; Drüke-Noe; Hartung; Köller 2006: 15 115

Vgl. Blum; Drüke-Noe; Hartung; Köller 2006: 15 116 Vgl. Blum; Drüke-Noe; Hartung; Köller 2006: 17 117 BIFIE 2010: 3; vgl. Institut für Didaktik der Mathematik 2007: 7 118

BIFIE 2010: 7; Institut für Didaktik der Mathematik 2007: 7

Page 27: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

23

und kommunikative Aspekte (zum Beispiel durch Interpretationen, Argumentationen und

Begründungen) betont werden. Da das im Leben benötigte Wissen jedes Einzelnen nicht

vorhersehbar ist, liegt das Hauptaugenmerk darin, die Lernenden dazu zu befähigen, ihr Wissen und

Können flexibel auch in für sie unbekannten Situationen einzusetzen. Es soll nachhaltig gelernt

werden.119 Vor allem die Eigenständigkeit und Eigentätigkeit der Schülerinnen und Schüler muss

dafür gefördert werden. Sie sollen die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen Lernen bekommen120,

da innerhalb des Kompetenzmodells „Lernen als aktiver, konstruktiver, selbstgesteuerter und

kommunikativer Prozess“121 verstanden wird.122 Neben der Lebensvorbereitung wurde auch die

Anschlussfähigkeit als Prinzip standardorientierten Unterrichts genannt. Dabei geht es darum, die

Schülerinnen und Schüler auf ihre weitere Schullaufbahn vorzubereiten und ihnen das dazu nötige

Handwerkszeug mitzugeben. Dazu müssen auch grundlegende mathematische Tätigkeiten wie das

Beweisen, Formalisieren und Definieren erlernt werden.123

Mathematische Standards beziehen sich also auf einen kleinen Teil mathematischer Fähigkeiten, die

jeder Einzelne benötigt und über die die Lernenden einer bestimmten Schulstufe verfügen sollten.124

Um in Kapitel 4.1. auf den Nutzen von Fermi-Aufgaben im Zusammenhang mit

kompetenzorientiertem Unterricht eingehen zu können, ist es notwendig abzuklären, welche

Kompetenzen nun wirklich am Ende der achten Schulstufe in Mathematik erreicht werden sollen.

Dazu ist es vorerst jedoch wichtig, zu klären, was unter dem Begriff „mathematische Kompetenzen“

verstanden werden kann:

Mathematische Kompetenzen beziehen sich auf mathematische Tätigkeiten, auf mathematische Inhalte sowie auf die Art und Komplexität der erforderlichen Vernetzungen.125

Aus dieser Definition mathematischer Kompetenzen geht hervor, dass bei mathematischen

Kompetenzen die Inhaltsdimension, die Handlungsdimension (in der Definition als mathematische

Tätigkeiten beschrieben) und die Komplexitätsdimension eine Rolle spielen. Genauer gesagt setzt

sich eine mathematische Kompetenz aus diesen drei Teilbereichen zusammen126:

119

Vgl. BIFIE 2010: 7f. und 57; vgl. Institut für Didaktik der Mathematik 2008: 7f. 120

Vgl. Dorninger 2011: 4; vgl. Erichson 1997: 49; 121

Lehmann; Nieke o.J.: 2 122

Vgl. Barzel; Hußmann; Leuders 2005: 16; vgl. Lehmann; Nieke o.J.: 2 123

Vgl. BIFIE 2010: 7f. und 57; vgl. Institut für Didaktik der Mathematik 2008: 7f. 124 Vgl. BIFIE 2010: 7 und 9 125 Institut für Didaktik der Mathematik 2007: 9 126

Vgl. BIFIE 2010: 9; vgl. Institut für Didaktik der Mathematik 2007: 3 und 9

Page 28: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

24

Abbildung 3: Ein Modell mathematischer Kompetenzen127

Um alle der 48 mathematischen Kompetenzen zu erhalten, werden jeweils ein Handlungsbereich, ein

Inhaltsbereich und ein Komplexitätsbereich der folgenden Listen miteinander verknüpft:

Handlungsbereiche:

- H1: Darstellen, Modellbilden

- H2: Rechnen, Operieren

- H3: Interpretieren

- H4: Argumentieren, Begründen

Inhaltsbereiche:

- I1: Zahlen und Maße

- I2: Variable, funktionale Abhängigkeiten

- I3: Geometrische Figuren und Körper

- I4: Statistische Darstellungen und Kenngrößen

Komplexitätsbereiche:

- K1: Einsetzen von Grundkenntnissen und -fertigkeiten

- K2: Herstellen von Verbindungen

- K3: Einsetzen von Reflexionswissen, Reflektieren128

Gerade die Teilbereiche Argumentieren, Begründen und Stellen kritischer Fragen sind besonders

wichtig und sollen im Laufe der Zeit immer weiter ausgebaut werden. Dies kann nur langsam

geschehen, indem immer wieder Begründungen und Erklärungen eingefordert werden. Um

mathematische Inhalte, die für die Erlangung mathematischer Kompetenzen unabdingbar sind, parat

zu halten, sind regelmäßige Wiederholungen notwendig.129

127

BIFIE 2010: 9 128 Vgl. BIFIE 2010: 10f.; vgl. Institut für Didaktik der Mathematik 2007: 11ff. Für nähere Ausführungen zu den einzelnen Teilbereichen wird auf die eben zitierten Broschüren verwiesen. 129

Vgl. BIFIE 2010: 57 und 73

Page 29: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

25

Auch Siller führt eine Liste von Kompetenzen an, die die Schülerinnen und Schüler seiner Meinung

nach bis zu ihrem mittleren Schulabschluss im Fach Mathematik erreicht haben sollen. Darunter sind

einige der bereits genannten Handlungsbereiche vertreten, aber es werden auch weitere

Kompetenzen, wie das Problemlösen, Kommunizieren, das Verwenden unterschiedlicher

Darstellungsweisen sowie der Umgang mit symbolischen, formalen und technischen Elementen der

Mathematik genannt.130

2.1.3.1. National Council of Teachers of Mathematics (NCTM)

Im Jahr 2000 gab der NCTM das Buch „Principles and Standards for School Mathematics” heraus, in

dem, wie bei uns innerhalb der Bildungsstandards, die wesentlichen Kompetenzen, die die

Schülerinnen und Schüler während ihrer Schullaufbahn erlernen sollen, festgehalten wurden.131 In

diesem Kapitel wird nur ein kleiner Einblick in die vom NCTM erstellten Standards gegeben, um zu

zeigen, dass diese bezüglich der grundlegenden Aspekte mit den österreichischen Bildungsstandards

übereinstimmen und dass auch Bereiche genannt werden, für deren Entwicklung offene Aufgaben

dienlich sein können. Die Darstellung der NCTM-Standards beschränkt sich auf die Schulstufen 6-8

und im Speziellen auf jene Bereiche, in deren Zusammenhang offene Aufgaben eine Rolle spielen

können. Grundsätzlich sollen die Lernenden laut NCTM in folgenden Bereichen gewisse Fähigkeiten

und Fertigkeiten erlangen:

- Number and Operation

- Algebra

- Geometry

- Measurement

- Data Analysis and Probability

- Problem Solving

- Reasoning and Proof

- Communication

- Representation132

Es werden hier nun jene Aspekte erläutert, die meines Erachtens durch Fermi-Aufgaben gefördert

werden können. Bereits innerhalb des Teilbereiches „Number and Operations“ spielt das Abschätzen

von Ergebnissen eine wesentliche Rolle. Es soll darauf Wert gelegt werden, dass die Lernenden ein

Gefühl dafür bekommen, wann es notwendig ist, ein exaktes Ergebnis zu erhalten und wann es

130 Vgl. Siller 2008 131 Vgl. NCTM o.J.; vgl. NCTM 2000 132

Vgl. NCTM 2000

Page 30: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

26

genügt, mittels Abschätzungen vorzugehen.133 Auch im Bereich „Measurement“ geht es unter

anderem um das Abschätzen von Größen und vor allem auch um das Verwenden und Umformen von

Einheiten. Auch das Verwenden von Stützpunktwissen zur Abschätzung von großen Größen wird

angesprochen134:

They should also be able to use commonly understood benchmarks to estimate large measurements; for instance, the distance between the middle school and the high school is about the length of ten football fields.135

Innerhalb des Bereiches „Problem Solving“ wird die Beschäftigung mit Problemen, die sich auf

unterschiedliche Art und Weise lösen lassen, angeführt. Ebenso wird betont, dass darauf Wert gelegt

werden soll, Phasen der Reflexion in den Unterricht zu integrieren.136 Auch die Kommunikation der

Schülerinnen und Schüler untereinander sowie mit der Lehrperson soll laut NCTM gefördert werden.

Hierzu zählt jedoch nicht nur die mündliche Kommunikation, sondern auch die schriftliche. Auch dies

ist ein Aspekt, der mit Hilfe von offenen Aufgaben besonders gut gefördert werden kann.137

Wichtig ist außerdem, dass die Lernenden ihr Wissen bestmöglich vernetzen, da es sonst zur Bildung

einzelner Wissensinseln kommt, die jedoch nicht flexibel eingesetzt werden können138:

Without connections, students must learn and remember too many isolated concepts and skills. With connections, they can build new understandings on previous knowledge.139 The teacher’s role includes selecting problems that connect mathematical ideas within topics and across the curriculum; it also includes helping students build on their current mathematical ideas to develop new ideas.140

Ein weiterer wesentlicher Bereich des Mathematikunterrichts sollte laut NCTM der Gebrauch

unterschiedlicher Darstellungsformen und –ebenen sein, da dadurch eine größere Flexibilität

innerhalb der Lösung von Problemen und innerhalb der Modellbildung erreicht werden kann.141

Anhand der angeführten Teilbereiche der NCTM-Standards, lässt sich erkennen, dass durchaus große

Übereinstimmungen mit österreichischen Standards vorhanden sind. Offene Aufgaben werden

jedoch nur sehr peripher angesprochen und es wird nicht explizit darauf hingewiesen, dass diese Art

der Aufgaben zur Förderung vieler der genannten Kompetenzen eingesetzt werden könnte.

133

Vgl. NCTM 2000: 220f. 134

Vgl. NCTM 2000: 240ff. 135

NCTM 2000: 243 136

Vgl. NCTM 2000: 256ff. 137

Vgl. NCTM 2000: 268ff. 138

Vgl. NCTM 2000: 274 139 NCTM 2000: 274 140 NCTM 2000: 277 141

Vgl. NCTM 2000: 280ff.

Page 31: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

27

2.1.4. Welche Kompetenzen sollen in einem allgemeinbildenden Mathematikunterricht vermittelt

werden?

Abgesehen von den im Lehrplan und in den Standards für den Mathematikunterricht der achten

Schulstufe angeführten Kompetenzen wird innerhalb der Literatur noch Diverses bezüglich

kompetenzorientiertem beziehungsweise allgemeinbildendem Mathematikunterricht geschrieben.

Insgesamt ist jedoch anzumerken, dass es kaum möglich ist, ewig gültige Standards festzulegen, da

das Bildungsumfeld und mit ihm auch die Bildungsziele ständigen Veränderungen unterworfen

sind.142 Grundsätzlich muss man sich bei der Festlegung von Basiskompetenzen fragen, was innerhalb

der Mathematik als grundlegendes Wissen und Können zu erachten ist. Es handelt sich dabei vor

allem um für den Alltag brauchbare Denkstrategien und Fähigkeiten, wie beispielsweise das

Problemlösen. Die Schülerinnen und Schüler sollten über ein gewisses Basiswissen verfügen, welches

es ihnen erleichtert, Erscheinungen der Welt zu verstehen und darüber nachzudenken. Neben dem

Problemlösen spielen auch, wie bereits innerhalb der Standards für den Mathematikunterricht der

achten Schulstufe angeführt, das Interpretieren, Argumentieren, Kommunizieren, Modellieren,

Begriffsbilden und Darstellen eine Rolle. 143 Gerade was Kommunikation betrifft, sollte die gesamte

Bandbreite, von der informellen bis hin zur formalen mathematischen Sprache verwendet werden.144

Es muss also gewissermaßen „die Kluft zwischen Alltags- und Fachsprache […] überwunden

werden“145. Es sollen sowohl fachliche, als auch überfachliche Kompetenzen erworben werden. Dies

kann wahrscheinlich nur durch das selbstständige Arbeiten der Schülerinnen und Schüler

geschehen.146 Mathematik soll mit der realen Welt verknüpft werden und durch flexibles Anwenden

von Mathematik sollen die Lernenden zu mündigen, selbstständigen Bürgern werden. Dazu dienen

vor allem auch Modellierungsbeispiele und ähnliche Aufgaben, die formale Kompetenzen, wie das

Problemlösen erfordern. 147 Laut Leuders soll durch einen qualitativ hochwertigen

Mathematikunterricht gewährleistet werden, dass die Schülerinnen und Schüler für ihr weiteres

Leben in Gesellschaft und Beruf gerüstet sind, dass sie Mathematik als Teil unserer Kultur

wahrnehmen und so auch die Bedeutung und Funktion von Mathematik erkennen. Wie schon in den

Standards erwähnt wurde, sollen also neben den fachlichen Kompetenzen auch soziale und

personale Kompetenzen gefördert werden. Dabei spielen vor allem die Kooperations-, die

Interaktions- und die Kommunikationsfähigkeit eine Rolle.148

142

Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 53 143

Vgl. Barzel; Hußmann; Leuders 2005: 42; vgl. Blum; Drüke-Noe; Hartung; Köller 2006: 33; vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 62ff.; vgl. Büchter; Leuders 2005a: 17 144

Vgl. Barzel; Hußmann; Leuders 2005: 43 und 48 145

Barzel; Hußmann; Leuders 2005: 48 146 Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 105 147 Vgl. Kuntze 2010: 4; vgl. Leuders 2001: 50ff. 148

Vgl. Leuders 2001: 50ff.

Page 32: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

28

Bezüglich Konzepte allgemeinbildenden Mathematikunterrichts sind vor allem Winter und Heymann

zu nennen. Aber auch Herget führt in einem seiner Artikel wesentliche Merkmale eines

Mathematikunterrichts an, der den Anspruch hat, die Allgemeinbildung zu fördern:

Ein Mathematikunterricht, der auf Lebensbezug (und damit auf offene Fragestellungen, Problem- und Anwendungsbezüge) und Eigeninitiative zielt, kommt dem Anspruch der Allgemeinbildung nach.

149

Winter geht von drei Grunderfahrungen aus, die ein allgemeinbildender Mathematikunterricht

jedem/r Lernenden ermöglichen soll und die auch für die Entwicklung von Bildungsstandards eine

Rolle spielen150:

(G1) Erscheinungen der Welt um uns, die uns alle angehen oder angehen sollten, aus Natur, Gesellschaft und Kultur, in einer spezifischen Art wahrzunehmen und zu verstehen, (G2) mathematische Gegenstände und Sachverhalte, repräsentiert in Sprache, Symbolen, Bildern und Formeln, als geistige Schöpfungen, als eine deduktiv geordnete Welt eigener Art kennen zu lernen und zu begreifen, (G3) in der Auseinandersetzung mit Aufgaben Problemlösefähigkeiten (heuristische Fähigkeiten), die über die Mathematik hinausgehen, zu erwerben.151

Heymann geht es in seinem Buch „Allgemeinbildung und Mathematik“, ähnlich wie Winter, darum,

zu zeigen, was eine allgemeinbildende Schule in der heutigen Zeit gewährleisten und was den

Schülerinnen und Schülern auf ihren Lebensweg mitgegeben werden soll. Den Rahmen seines Buches

bilden sieben Aufgaben, die seiner Meinung nach eine allgemeinbildende Schule zu erfüllen hat:

- Lebensvorbereitung - Stiftung kultureller Kohärenz - Weltorientierung - Anleitung zum kritischen Vernunftgebrauch - Entfaltung von Verantwortungsbereitschaft - Einübung in Verständigung und Kooperation - Stärkung des Schüler-Ichs152

In einem früheren Artikel nennt Heymann statt der „Einübung in Verständigung und Kooperation“

die „Förderung von Phantasie und Kreativität“, die „Weltorientierung“ benennt er mit dem „Aufbau

eines Weltbildes“.153 Somit wird klar, dass es keine eindeutige Liste von Aufgaben für eine

allgemeinbildende Schule gibt. Heymann selbst gibt auch zu, dass es keine wirklich stichhaltige

Rechtfertigung für die Auswahl dieser sieben Aufgaben gibt und dass sich diese zum Teil

überschneiden und auf unterschiedlichen theoretischen Abstraktionsniveaus befinden.154

149

Herget 2000c: 8 150

Vgl. Blum; Drüke-Noe; Hartung; Köller 2006: 21 151

Winter 2003: 7 152 Heymann 1996: 47 153 Vgl. Heymann 1989: 5 154

Vgl. Heymann 1996: 51

Page 33: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

29

Lehmann und Nieke stellen wiederum andere Anforderungen an Schülerinnen und Schüler, die eine

allgemeinbildende Schule besuchen oder besucht haben. Der Grundgedanke ist jedoch derselbe. Eine

allgemeinbildende Schule sollte laut Lehmann und Nieke folgende Aufgaben erfüllen:

- Befähigung zum lebenslangen Lernen, - eigenverantwortliches Handeln, - Sinn für Gemeinwesen, - Selbstständigkeit, Diskurs- und Kritikfähigkeit, - staatsbürgerliche Mündigkeit, - anwendungsbereites Wissen155

Obwohl es neben den bereits genannten Anforderungen an allgemeinbildende Schulen noch

zahlreiche weitere Konzepte gibt, wird hier jenes von Heymann näher dargestellt. Es wird im

Folgenden kurz auf jeden einzelnen der sieben Punkte Heymanns eingegangen.

Lebensvorbereitung: Heymann unterscheidet Lebensvorbereitung im engeren und

Lebensvorbereitung im weiteren Sinne. Bei Lebensvorbereitung im engeren Sinne bezieht man sich

auf konkrete Situationen des Alltags, durch die den Schülerinnen und Schülern die Fähigkeiten,

Kenntnisse und Fertigkeiten klar werden, die sie beherrschen sollen. Bei Lebensvorbereitung im

weiteren Sinne handelt es sich um Situationen, in denen den Lernenden Gelegenheit gegeben wird,

sich geistig anzustrengen. Dadurch soll ihnen im Idealfall der Umgang mit unterschiedlichen

Problemen des Alltags erleichtert werden.156

Stiftung kultureller Kohärenz: Unter den Begriff kulturelle Kohärenz fallen sowohl der synchrone als

auch der diachrone Aspekt. Das heißt, es sollen einerseits das Erbe und die Tradition der jeweiligen

Kultur und andererseits die zeitgleich bestehenden Teilkulturen mit ihren verschiedenen Traditionen

betrachtet werden.157

Die Berücksichtigung beider Aspekte, des diachronen wie des synchronen, trägt also der Tatsache Rechnung, daß Kulturentwicklung sowohl durch Weitergabe kultureller Errungenschaften von einer Generation zur nächsten als auch durch Auseinandersetzung zwischen Teilkulturen, durch Verdrängung, Verschmelzung, Integration und Assimilation fremder Kulturelemente gekennzeichnet ist.158

Wichtig dabei ist, dass die Verständigung zwischen den Generationen gesichert wird und die

Lernenden eine reflektierte kulturelle Identität entwickeln können, wodurch auch gewährleistet

werden kann, dass andere Kulturen nicht als minderwertig betrachtet werden.159

155

Lehmann; Nieke o.J.: 5 156

Vgl. Heymann 1990: 21f.; vgl. Heymann 1996: 60 157 Vgl. Heymann 1990: 22; vgl. Heymann 1996: 68 158 Heymann 1996: 68 159

Vgl. Heymann 1996: 74

Page 34: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

30

Weltorientierung: Es soll garantiert werden, dass sich die Lernenden ungeachtet des

Autoritätsanspruchs eine eigene Meinung bilden, Behauptungen oder Urteile hinterfragen, kritisch

sind und auch vor Selbstkritik nicht zurückschrecken.160

Entfaltung von Verantwortungsbereitschaft: Sowohl verantwortliches Handeln als auch

verantwortliches Denken soll gefördert werden. Die Handlungsebene kann nur sehr beschränkt

genutzt werden, was zu Frustration und Resignation führen kann. Bezüglich des verantwortlichen

Denkens ist es notwendig, globale Probleme aufzuwerfen und über diese nachdenken zu lassen.161

Einübung in Verständigung und Kooperation: Um dies garantieren zu können, ist es notwendig, eine

Verbindung von fachlichem und sozialem Lernen herzustellen. Standpunkte und Meinungen anderer

sollen verstanden werden und es soll Möglichkeiten und Anlässe geben sich mitzuteilen. Auch das

kooperative Lernen, bei dem es darum geht, gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten, soll gefördert

werden.162

Stärkung des Schüler-Ichs:

Ich-Stärkung zielt auf die Entwicklung von Selbstbewußtsein, Selbstvertrauen, personaler Identität, auf die Fähigkeit, eigene Ziele, Wünsche und Vorstellungen klar zu erkennen und handelnd zu verwirklichen, mit den eigenen Stärken und auch Schwächen realistisch umzugehen.163

Innerhalb des Unterrichts soll für Individualisierung und Differenzierung gesorgt werden. Gerade die

innere Differenzierung stößt jedoch auch heute noch bei Praktikern auf Widerstand.164

Neben den angeführten sieben Punkten sollten den Schülerinnen und Schülern laut Heymann auch

formale und materiale Qualifikationen mit auf den Weg gegeben werden. Zu formalen

Qualifikationen zählen etwa Lern- und Arbeitstechniken, die Fähigkeit sich selbstständig

Informationen zu beschaffen, Medien und technische Hilfsmittel zu nutzen, die Fähigkeit sich selbst

zu organisieren, mit anderen kooperativ zusammenzuarbeiten, Darstellungen zu entschlüsseln und

die Darstellungsebene zu wechseln, sowie die Fähigkeit sich zu artikulieren und zu argumentieren.

Unter die materialen Qualifikationen fallen die Beherrschung mindestens einer Fremdsprache, das

Verständnis gewisser wirtschaftlicher, politischer und ökologischer Zusammenhänge sowie die

Fähigkeit, Größenordnungen einschätzen zu können.165 Bezüglich der Lebensvorbereitung ist noch

160

Vgl. Heymann 1990: 23; vgl. Heymann 1996: 88f. 161

Vgl. Heymann 1996: 106 162

Vgl. Heymann 1996: 110ff. 163 Heymann 1996: 117 164 Vgl. Heymann 1996: 124 165

Vgl. Heymann 1996: 64

Page 35: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

31

einmal zu erwähnen, dass den Schülerinnen und Schülern gewisse Basisfertigkeiten vermittelt

werden müssen, die sie in ihrem beruflichen und privaten Alltag benötigen. Mit dem steigenden

Einsatz neuer Technologien verändern sich auch diese Basisqualifikationen. Innerhalb der operativen

Mathematik geht es heute weniger um das selbstständige Rechnen, sondern viel mehr um

kontrollierende Tätigkeiten, wodurch gerade Aktivitäten wie das Abschätzen, Runden, Überschlagen

und das Erkennen von Größenordnungen verstärkt genutzt und gefördert werden sollen.166 Es

handelt sich dabei um den sinnvollen Umgang mit Zahlen. Dazu zählt auch die Reflexion über die

Genauigkeit des Ergebnisses.167 Ähnlich dem Lehrplan für Mathematik nennt auch Heymann einige

grundlegende mathematische Ideen, die den Schülerinnen und Schülern im Laufe ihrer Schullaufbahn

vermittelt werden sollen:

- Idee der Zahl - Idee des Messens - Idee des räumlichen Strukturierens - Idee des funktionalen Zusammenhangs - Idee des Algorithmus - Idee des mathematischen Modellierens168

Allgemeinbildender Mathematikunterricht soll somit unterschiedliche Aktivitäten wie das Schätzen,

Überschlagen, Darstellen, Interpretieren, die für den Alltag nützlich sind, fördern, die oben

genannten zentralen Ideen vermitteln, den Lernenden ermöglichen, eigenständig Erfahrungen zu

machen, Mathematik zu verstehen und sich des eigenen Verstandes zu bedienen. 169 Das Schätzen ist

ein wesentlicher Aspekt, der zur Entwicklung des Zahlensinns beitragen kann. Umgekehrt ist ein

guter Zahlensinn aber auch wieder eine Voraussetzung für gutes Schätzen.170 Zentral ist auch, dass

subjektive Meinungen zugelassen werden und ein produktiver Umgang mit Fehlern verfolgt wird.

Ebenso sollen die Kreativität, die Individualisierung und die Differenzierung im Unterricht gepflegt

werden.171

166

Vgl. Greefrath; Leuders 2009: 1; vgl. Heymann 1996: 145 167

Vgl. Holzäpfel; Streit 2009: 22 168

Heymann 1996: 174 169 Vgl. Heymann 1996: 278f. 170 Vgl. Asam 2008: 88 171

Vgl. Heymann 1996: 278f.

Page 36: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

32

2.2. Wozu kompetenzorientierter Mathematikunterricht und Bildungsstandards?

In der internationalen Vergleichsstudie TIMSS wurde festgestellt, dass die Schwächen der

Schülerinnen und Schüler im deutschsprachigen Raum weniger im Rechnen selbst liegen, als vielmehr

darin, offene Aufgaben zu lösen. Häufig werden von den Schülerinnen und Schülern gedankenlos

Algorithmen vollzogen.172 Ein Beispiel dazu:

Ein bestimmter PKW mit 3 Türen (die Kofferraumklappe zählt als Tür!) kostet 18 000 Euro und ist 3,90 m lang. Wie teuer und wie lang ist der PKW in der 5-türigen Version?173

Einige der Schülerinnen und Schüler rechneten ohne wirklich nachzudenken mit proportionaler

Zuordnung und erhielten so, dass der Wagen 6,50 m lang sein und 30 000 Euro kosten müsste. Dies

ist ein klares Anzeichen für unreflektiertes und unkritisches Rechnen. Der Grund für derartiges

Rechnen ist im Mathematikunterricht selbst zu suchen, da meist mehr Wert auf das schematische

Abarbeiten ähnlicher Beispiele gelegt wird, als auf Problemaufgaben, die das selbstständige, aktive

Denken und Arbeiten der Schülerinnen und Schüler erfordern. Genau das soll durch

kompetenzorientierten Unterricht vermieden werden, da mehr Wert auf das eigenständige Denken

der Lernenden gelegt wird, Inhalte vernetzt werden, untereinander kommuniziert werden muss und

auf Individualisierung und Differenzierung Wert gelegt werden soll.174

Lange Zeit gab es im österreichischen Schulsystem nur eine Inputkontrolle durch die Lehrpläne. Man

wollte jedoch dem internationalen Trend folgen und auch zur Outputkontrolle mit Hilfe von

Bildungsstandards übergehen. 175 Durch diese Standards soll gewissermaßen Ergebnissicherung

betrieben werden, das heißt, es wird der Ertrag festgelegt, der beispielsweise am Ende der achten

Schulstufe von jeder Schülerin und jedem Schüler erreicht werden sollte. 176 Innerhalb der

Bildungsstandards finden sich jedoch auch Kompetenzen, die mittels Testungen kaum bis gar nicht

überprüft werden können, die jedoch für das weitere Leben der Schülerinnen und Schüler von

Bedeutung und daher auch zu fördern sind. Gerade der Umgang mit der Informationsfülle und das

Recherchieren sind in diesem Zusammenhang zu nennen.177 Mit kompetenz- beziehungsweise

standardorientiertem Mathematikunterricht werden verschiedene Ziele verfolgt, die jedoch

insgesamt alle dazu dienen, die Schülerinnen und Schüler möglichst gut auf den Berufs- und

Lebensalltag vorzubereiten und ihnen die Nützlichkeit von Mathematik zu vermitteln.178

172

Vgl. Herget; Scholz 2007: 63 173

Herget; Scholz 2007: 63 174

Vgl. Herget; Scholz 2007: 63f. 175

Vgl. Institut für Didaktik der Mathematik 2007: 3 176 Vgl. Peschek 2008: 635 177 Vgl. Herget; Klika 2003: 19 178

Vgl. Siller 2009: 2

Page 37: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

33

Innerhalb der ersten Verordnung des Bundesgesetzblattes des Jahres 2009, das sich mit

Bildungsstandards im Schulwesen beschäftigt, werden auch die Funktionen von Bildungsstandards

beschrieben:

(1) Bildungsstandards sollen Aufschlüsse über den Erfolg des Unterrichts und über Entwicklungspotentiale des österreichischen Schulwesens liefern. Darüber hinaus sollen sie

1. eine nachhaltige Ergebnisorientierung in der Planung und Durchführung von Unterricht bewirken,

2. durch konkrete Vergleichsmaßstäbe die bestmögliche Diagnostik als Grundlage für individuelle Förderung sicher stellen und

3. wesentlich zur Qualitätsentwicklung in der Schule beitragen.179

Neben den genannten Punkten sollen Bildungsstandards Anhaltspunkte für die Planung und

Durchführung von Unterricht geben, durch eine Analyse der Kompetenzen die Schülerinnen und

Schüler bestmöglich gefördert und Vergleichbarkeit hergestellt werden. 180 Mit Hilfe der

Bildungsstandards soll somit auch nationale und internationale Vergleichbarkeit hergestellt und

sichergestellt werden, dass die Lernenden über ein besseres mathematisches Wissen und Können

verfügen, als dies zum jetzigen Zeitpunkt der Fall ist.181

Wird die Erreichung gewisser Kompetenzen als Richtlinie für den Unterricht verwendet, so können

sich daraus verschiedenste Vorteile ergeben: Es wird größerer Wert auf den Output, also das Wissen

und Können der Schülerinnen und Schüler gelegt, als auf die im Unterricht durchgenommene

Stoffmenge, was für Lehrerinnen und Lehrer im Idealfall bedeuten würde, dass sie bezüglich des

Inhaltes des Unterrichts mehr Freiheiten hätten. Dem widerspricht jedoch die Erstellung einer

standardisierten Reifeprüfung, in der sehr gezielt diverse Bereiche, die sich im Speziellen auf

inhaltliche und prozessorientierte Kompetenzen beziehen, überprüft werden sollen, wodurch es

schließlich zu einer Vernachlässigung der personalen und sozialen Kompetenzen, die jedoch auch

innerhalb der Standards festgelegt wurden, kommen kann, da häufig nur auf das Bestehen von Tests

– in diesem Fall der Reifeprüfung – hingearbeitet wird, was im schlimmsten Fall zur schematischen

Abarbeitung von Modellbeispielen führen kann. Jedoch ist reines fachliches Wissen kaum von

Nutzen, wenn der Schüler/die Schülerin nicht auch über personale und soziale Kompetenzen

verfügt.182

Es besteht auch ein Zusammenhang zwischen kompetenzorientiertem Unterricht und der

Verwendung realitäts- beziehungsweise anwendungsbezogener und problemorientierter Aufgaben

im Mathematikunterricht. Laut Kaiser können mit Hilfe von Aufgaben dieser Art unterschiedliche

Ziele verfolgt werde. Sie nennt stoffbezogene, pädagogische, psychologische und

179

Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich 2009: 1. Verordnung: Bildungsstandards im Schulwesen 180 Vgl. Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich 2009: 1. Verordnung: Bildungsstandards im Schulwesen 181 Vgl. Thaller 2012 (im Druck) 182

Vgl. Barzel; Büchter; Leuders 2007: 28

Page 38: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

34

wissenschaftsorientierte Ziele. Mit Hilfe von realitätsbezogenen Aufgaben kann ihrer Meinung nach

nachhaltig gelernt und an die Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler angeknüpft werden.

Mathematische Begriffe können so veranschaulicht, besser verstanden und dadurch auch länger

behalten werden. Als pädagogische Ziele werden die Entwicklung der Lernenden zu mündigen

Bürgern sowie die Vorbereitung auf ihr zukünftiges Leben genannt. Die Schülerinnen und Schüler

sollen Kompetenzen erwerben, die ihnen dabei helfen, die Welt zu verstehen und kritisch zu

betrachten. Auch die Motivation kann durch kompetenzorientierten Unterricht, der sich

realitätsbezogener Beispiele bedient, gesteigert werden. Schließlich soll ein kompetenzorientierter

Mathematikunterricht den Lernenden ein angemessenes und ausgewogenes Bild von Mathematik

und auch die Bedeutung von Mathematik für die Umwelt und Wissenschaft vermitteln.183

Zusammenfassend zielt kompetenzorientiertes Unterrichten darauf ab, dass die Schülerinnen und Schüler jene Kompetenzen erwerben, die es ihnen ermöglichen, erworbenes Wissen und Können miteinander zu vernetzen und in realen Sach-, Sinn- und Problemzusammenhängen anzuwenden. Wissen muss in Können münden und in Handlungen sichtbar werden.184

183 Vgl. Blum 2007: 4; vgl. Blum; Henn; Klika; Maaß 1994: vii; vgl. Kaiser 1995: 69f. 184

BMUKK 2011: 8

Page 39: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

35

3. Kompetenzfördernde Aufgaben- und Unterrichtskultur im

Mathematikunterricht

Da in Kapitel 2.1. bereits ausführlich beschrieben wurde, welche Kompetenzen innerhalb des

Mathematikunterrichts vermittelt werden sollen und in Kapitel 2.2. gezeigt wurde, wozu diese

Kompetenzorientierung notwendig beziehungsweise dienlich ist, wird in diesem Kapitel darauf Wert

gelegt, darzustellen, wie und anhand welcher Beispielarten die Vermittlung der genannten

Kompetenzen am besten gelingen kann.

3.1. Wie kann man Kompetenzen im Mathematikunterricht fördern?

Kompetenzförderung sollte ein zentraler Aspekt jedes allgemeinbildenden Unterrichts sein. Den

Schülerinnen und Schülern sollen gewisse Kompetenzen185 mit auf den Weg gegeben werden, damit

sie sich im alltäglichen Leben zurechtfinden können. Daher stellt sich die Frage, wie und mit Hilfe

welcher Aufgaben die Erreichung der genannten Kompetenzen bestmöglich gewährleistet werden

kann. Im derzeit noch immer vorherrschenden fragend-entwickelnden Unterricht haben die

Lernenden kaum die Möglichkeit, selbstständig Probleme zu lösen, wodurch der erlernte Stoff auch

relativ schnell wieder in Vergessenheit gerät und kaum mit zuvor gelernten Inhalten vernetzt wird.186

Um kompetenzorientiert unterrichten zu können, ist es notwendig, den vorherrschenden Unterricht

bezüglich des Unterrichtsstils, bezüglich der Aufgaben, der Inhalte, der Art der Leistungserhebung,

aber auch bezüglich der Rolle der Lernenden und der Lehrenden grundlegend zu hinterfragen und zu

überdenken.187

Es können einige Kriterien für die Umsetzung eines kompetenzorientierten Unterrichts angegeben

werden: Die Lernziele müssen offen dargelegt werden, es soll auf Methodenvielfalt geachtet werden

und es sollten sinnstiftende Kontexte in den Unterricht einfließen. Des Weiteren sollte auf eine

Trennung von Lern- und Leistungssituationen Wert gelegt werden und die Schülerinnen und Schüler

zum kritischen Arbeiten und Handeln angeregt werden.188 Die Lernenden sollten im Mittelpunkt

stehen und in ihrem Lernen unterstützt werden. Sie sollten die Möglichkeit bekommen, selbstständig

und eigenverantwortlich zu lernen, da der Prozess des Lernens in jedem Einzelnen abläuft und so

auch nur sehr bedingt steuerbar ist.189

185

Siehe Kapitel 2.1. 186

Vgl. Ulm 2004: 11ff. 187 Vgl. Baptist; Raab 2007: 10f. 188 Vgl. BMUKK 2011: 23 189

Vgl. Baptist; Raab 2007: 10; vgl. Ulm 2004: 11ff.

Page 40: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

36

Es ist also im Mathematikunterricht eine Schwerpunktverschiebung notwendig: Weniger Instruktion durch die Lehrkraft, mehr eigenständiges, aktiv-konstruktives Lernen durch die Schüler.190

Wird von diesem konstruktivistischen Lernbegriff ausgegangen, so lässt sich Wissen nicht einfach

vermitteln. Als Lehrperson hat man somit die Aufgabe, Bedingungen zu schaffen, in denen sich die

Lernenden Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten aneignen können, also selbst aktiv werden

können191, da ein zentrales Charakteristikum eines konstruktivistischen Lernbegriffs darin liegt, dass

den Lernenden aktives individuelles Lernen möglich gemacht werden soll. 192 Im Sinne des

Konstruktivismus ändert sich auch die Lehrerrolle dahingehend, dass es sich nicht mehr um einen

Wissensvermittler, der allgemeingültige Informationen präsentiert, sondern vielmehr um jemanden

handelt, der die Schülerinnen und Schüler in ihrem individuellen Lernen begleitet, coacht und

moderiert.193 Ein weiterer zentraler Aspekt eines konstruktivistisch ausgerichteten Unterrichts ist die

Hinwendung zu einem problemorientierten Unterricht, der sich an den zu fördernden Kompetenzen

orientiert und nicht die Fehler einzelner Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt stellt. Die

Lernenden sollen sich mit authentischen Kontexten beschäftigen können und ihr Wissen flexibel

anwenden, wodurch das vernetzte Denken gefördert werden kann.194

Der nachhaltige Aufbau von Kompetenzen ist nur dann möglich, wenn Mathematikunterricht nicht als eine Verabreichung von „Kochrezepten“, sondern als ein auf Verstehen beruhender Lernprozess gesehen wird. Das eigenständige Entwickeln von Lösungsstrategien ist daher höher zu bewerten als stets abrufbares Formelwissen. Ein Unterricht in dem alle Handlungsdimensionen zum Tragen kommen, wird aber nicht auf sicheres Kopfrechnen und Automatisieren von gewissen Grundkenntnissen und Fertigkeiten verzichten können.195

Dies lässt sich auch in einem neuen Trend erkennen, da nun innerhalb des Mathematikunterrichts

größerer Wert auf Output- als auf Inputorientierung gelegt werden soll, zumal nur so festgestellt

werden kann, welche Kompetenzen die Schülerinnen und Schüler tatsächlich erlernt haben.196 Der

Begriff Outputorientierung soll jedoch nicht ausschließlich im Zusammenhang mit Standardtestungen

gesehen werden, sondern auch auf die im Unterricht erfahrbaren Kompetenzen der Schülerinnen

und Schüler, also auch auf soziale und personale Kompetenzen, bezogen werden.

Innerhalb einer Studie konnte gezeigt werden, dass sich anwendungsorientierter, realitätsbezogener

Unterricht durchaus auf die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler auswirkt, vor allem in den

Bereichen Verständnis und Bewältigung außermathematischer Problemstellungen.197 Es sollen daher

190

Ulm 2004: 14 191

Vgl. Lehmann; Nieke o.J.: 4 192

Stangl o.J. 193

Vgl. BMUKK 2011: 7; vgl. Wilms 2008: 12 194

Vgl. Stangl o.J. 195 BIFIE 2010: 13 196 Vgl. Hinrichs 2008: 41 197

Vgl. Kaiser-Meßmer 1986/II: 142 – zitiert nach Maaß 2004: 39

Page 41: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

37

offene, sinnhafte, Themengebiete vernetzende Problemstellungen verwendet werden, die unter

anderem auch Modellierungskompetenzen fördern.198 Mit Hilfe offener Aufgaben kann zu einer

Veränderung der Unterrichtskultur beigetragen werden. Anzumerken ist jedoch, dass offene

Aufgaben herkömmliche Mathematikaufgaben nicht ersetzen, sondern ausschließlich ergänzen

sollen199, da auch geschlossene Aufgaben ihre Berechtigung im Mathematikunterricht haben. Durch

offene Aufgaben können vor allem die Kreativität, das grundlegende Verstehen und das Übersetzen

von alltäglichen Problemen in die Mathematik gefördert werden. Anhand geschlossener Aufgaben

können hingegen gewisse Verfahren erlernt werden.200 Mehr dazu jedoch in Kapitel 3.1.1.

Bestenfalls sollte es sich bei kompetenzfördernden Aufgaben um Beispiele handeln, die auf

unterschiedlichen Niveaus gelöst werden können und dazu beitragen, dass Inhalte untereinander

vernetzt werden.201 Um zu vermeiden, dass Schülerinnen und Schüler nur die genaue und sichere

Seite der Mathematik anhand von geschlossenen Aufgaben, die nur einen möglichen Lösungsweg

und ein exaktes Ergebnis zulassen, kennenlernen, ist es wichtig, eine gute Balance zwischen der

Behandlung der Exaktheit der Mathematik und der Unschärfe der realen Welt zu finden.202 Unschärfe

der Welt wird dahingehend verstanden, dass es im realen Leben und innerhalb der Wissenschaften

häufig Probleme gibt, die mit Hilfe der Mathematik gelöst werden können, jedoch keine eindeutige,

exakte Lösung besitzen. Es muss den Lernenden somit vermittelt werden, dass Mathematik nicht nur

aus dem Abarbeiten von eindeutig lösbaren Beispielen besteht, sondern durchaus eine

umfassendere Bedeutung hat. Die Schülerinnen und Schüler sollen Mathematik in ihrer

ursprünglichen Form kennen lernen, nämlich nicht nur als Produkt, sondern auch als Prozess zum

Bearbeiten von Problemen. Sie sollen neben dem Bearbeiten von geschlossenen Aufgaben, mit Hilfe

derer sie diverse Vorgehensweisen der Mathematik kennen- und anwenden lernen, auch die

Möglichkeit zum eigenständigen Entdecken bekommen.203

Es ist außerdem wichtig, den Lernenden ihre eigenen Kompetenzen erfahrbar zu machen, da so die

Motivation gesteigert werden kann, was wiederum zu besseren Leistungen und so zur Erweiterung

der Kompetenzen führen kann.204 Um dies gewährleisten zu können, müssen Aufgaben gewisse

Kriterien erfüllen. Die verwendeten Aufgaben sollten ein möglichst großes Differenzierungsvermögen

haben und ergebnis- oder produktorientiert sein, sodass die Lernenden auf etwas hinarbeiten

198

Vgl. Henn 2002: 7 199

Vgl. Blum; Wiegand 2000: 53f. 200

Vgl. Pehkonen 2001: 61f. 201

Vgl. Wiegand 2001: 6 202 Vgl. Herget 2000a: 294 203 Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 189 204

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 188f.

Page 42: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

38

können.205 Vielfach wird den Lernenden von Seiten der Lehrperson zu wenig zugetraut und die

Einstellung, dass zuerst die Grundlagen ausführlich behandelt und geübt werden müssen, bevor zu

Anwendungsbeispielen übergegangen werden kann, auf die meist aufgrund von Zeitmangel

verzichtet wird, ist noch immer weit verbreitet. Das Zerlegen des Stoffes in kleine Portionen führt

häufig dazu, dass ein so genanntes Inselwissen entsteht, welches nur wenig untereinander und auch

nicht mit der Lebenswelt vernetzt wird und so auch nicht flexibel in unbekannten Situationen

eingesetzt werden kann.206

Unsere Schülerinnen und Schüler sind durchaus nicht überfordert, wenn sie die Möglichkeit erhalten, eigene Lernwege zu gehen und aus verschiedenen Lösungswegen diejenigen auszuwählen, mit denen sie am besten zurechtkommen. Ehrlich verdiente und erarbeitete Erfolgserlebnisse stärken das Schüler-Ich mit weiteren positiven Auswirkungen auf Lernmotivation und Anstrengungsbereitschaft.207

Durch geeignete Unterrichtsformen und -methoden sollen den Schülerinnen und Schülern

eigenständiges, verantwortungsbewusstes Arbeiten und so auch Erfolgserlebnisse ermöglicht

werden.208 Die Lernenden sollen nicht nur mit „fertiger“ Mathematik konfrontiert werden, sondern

sollen die Möglichkeit haben, selbst Mathematik zu entdecken. Sie sollen also Mathematik nicht nur

als Produkt, sondern vor allem auch als Prozess erleben und erfahren können. Dabei spielt die

Offenheit des Unterrichts, aber vor allem auch die Offenheit der Aufgaben eine Rolle. Durch das

selbstständige Entdecken-Lassen wird vor allem auch Nachhaltigkeit des Lernprozesses erreicht.209

Um den Lernenden dieses Entdecken ermöglichen zu können, sollten die verwendeten Aufgaben

gewisse Kriterien erfüllen: Sie sollten offen sein, nicht in einzelne Teilschritte untergliedert sein, zum

eigenständigen Denken auffordern und den Schülerinnen und Schülern zu vielfältigen Erfahrungen

verhelfen. Der Gebrauch der Umgangssprache sollte dabei keinesfalls verboten sein, da andernfalls

Kooperations- und Kommunikationsprozesse gehemmt werden.210 Winter stellt in einem seiner

Artikel das „Entdecken lassen“ und das „Belehren“ gegenüber, um so die Vorzüge des aktiv-

entdeckenden Unterrichts hervorzuheben und klar zu machen, dass das entdeckende Lernen ein

wesentlicher Aspekt eines kompetenzorientierten Unterrichts ist:

Lernen durch gelenktes Entdecken Lernen durch Belehren

Lehrer bietet herausfordernde, lebensnahe und nicht so arm strukturierte Situationen an.

Lehrer gibt das Lernziel – möglichst im engen Stoffkontext – an.

Lehrer ermuntert zum Beobachten, Erkunden, Probieren, Fragen.

Lehrer erarbeitet den neuen Stoff durch Darbieten oder durch gelenktes

205

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 189 206

Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 23 207

Bruder; Büchter; Leuders 2008: 24 208

Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 24 209 Vgl. Bönig 2003: 108; vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 108ff.; vgl. Büchter; Leuders 2005: 17; vgl. Henning; Schuster 2000: 79; vgl. Wilms 2008: 14 210

Vgl. Blum; Drüke-Noe; Hartung; Köller 2006: 88

Page 43: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

39

Unterrichtsgespräch.

Lehrer gibt Hilfen als Hilfen zum Selbstfinden. Lehrer gibt Hilfen als Hilfen zur Produktion der gewünschten Antwort.

Lehrer versucht, die allgemeine Bedeutung des Lernstoffs zu erhellen.

Lehrer beschränkt sich hauptsächlich auf die innermathematische Einordnung des Stoffes.

Lehrer versucht, zentrale Ideen deutlich werden zu lassen.

Lehrer legt größeren Wert auf die Schulung lokaler Fähigkeiten.

Lehrer setzt auf die Neugier und den Wissensdrang.

Lehrer setzt auf die Methoden seiner Vermittlung.

Lehrer betrachtet die Schüler als Mitverantwortliche am Lernprozeß.

Lehrer neigt dazu, allein die Verantwortung zu tragen.

Lehrer hält die Schüler an, ihre Lösungsansätze selbst zu kontrollieren.

Lehrer qualifiziert hauptsächlich selbst Schülerbeiträge.

Lehrer versteht sich als erzieherische Persönlichkeit und fühlt sich für die Gesamtentwicklung mitverantwortlich.

Lehrer versteht sich in erster Linie als Instrukteur, als Vermittler von Lerninhalten.

Lehrer fördert und schätzt auch intuitives Handeln hoch.

Lehrer tendiert zum möglichst raschen Gebrauch der Fachsprache.

Lehrer versucht, den Beziehungsreichtum der Lerninhalte sichtbar werden zu lassen.

Lehrer ist stärker auf Separationen und Isolationen aus.

Lehrer gibt der Eigendynamik von Lernprozessen Raum, die sprunghaft und unsystematisch erscheinen.

Lehrer setzt auf kleinschrittiges und schwierigkeitsgradig gestuftes Vorgehen.

Lehrer versucht, Schülerfehler (oder vermeintliche Schülerfehler) mit den Schülern zu analysieren.

Lehrer versucht nach Kräften das Auftreten von Schülerfehlern unmöglich zu machen.

Lehrer thematisiert das Lernen und Verstehen. Insbesondere legt er Wert auf das Bewußtwerden heuristischer Strategien (Heurismen).

Lehrer vermeidet eher Reflexion über das Lernen und über das Lösen von Problemen.

Tabelle 2: Entdecken lassen vs. Belehren211

Heymann führt in seiner Gegenüberstellung von Merkmalen eines allgemeinbildenden und eines

herkömmlichen Mathematikunterrichts noch weitere wichtige Aspekte an, die für einen

kompetenzorientierten Unterricht sprechen und auch erahnen lassen, wie dieser aussehen könnte.

Bezüglich des Umgangs mit Fehlern lässt er klar erkennen, dass diese nicht als Anzeichen für

Misserfolg zu sehen sind, sondern zur Verbesserung der Lösungswege dienen sollen und dass es

wichtig ist, die Schülerinnen und Schüler selbst über die eigenen Fehler nachdenken zu lassen und sie

nicht bloß mit der richtigen Lösung zu konfrontieren. Es sollten seiner Meinung nach auch Beispiele

verwendet werden, bei denen es keine eindeutig richtigen Antworten gibt, sondern bei denen

individuelle Arbeitsweisen und Lösungswege zugelassen sind. Er spricht sich, wie auch Winter, dafür

aus, dass die Lernenden die Möglichkeit erhalten sollten, selbst aktiv zu werden und gemeinsam

Ideen zu finden und zu diskutieren. Für einen allgemeinbildenden, kompetenzfördernden Unterricht

ist es außerdem zentral, dass Phasen der Reflexion stattfinden, da diese zu einem besseren

211

Winter 1988: 9

Page 44: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

40

Verständnis und zur Vernetzung einzelner Teilgebiete beitragen können. Heymann betont ebenso die

Wichtigkeit der Verknüpfung von sozialem und fachlichem Lernen, da dadurch sowohl fachliche als

auch personale und soziale Kompetenzen verstärkt gefördert werden können.212

Wichtig für die Förderung von Kompetenzen ist vor allem, dass jede/r Lernende bestmöglich

gefördert und gefordert, aber auch nicht überfordert wird. Um dies zu gewährleisten, sollte auf

Binnendifferenzierung und Individualisierung Wert gelegt werden. Dazu kann entweder mit

Wahlaufgaben oder aber mit selbstdifferenzierenden Aufgaben (Blütenaufgaben, oder auch Fermi-

Aufgaben) gearbeitet werden. 213 Grundsätzlich gilt, dass nicht mehr nur das Anwenden von

auswendig gelernten Rechenverfahren, die im Übrigen mit technischen Hilfsmitteln durchgeführt

werden können, sondern mathematische Grundfertigkeiten, wie das Erkennen und Bearbeiten von

Problemen und das Beschaffen fehlender Daten im Zentrum stehen sollen. Mathematik soll als

Hilfsmittel zur Lösung von Problemen gesehen werden und die Nützlichkeit der Materie soll den

Schülerinnen und Schülern erfahrbar gemacht werden.214

3.1.1. Von eingekleideten Aufgaben hin zu offenen, realitätsnahen Beispielen

3.1.1.1. Gute Aufgaben

Aufgaben und der Umgang mit ihnen sind ein wesentlicher Teil des Mathematikunterrichts und legen

auch eine grundlegende Aktivität der Lehrpersonen fest. Es spielt somit nicht nur eine wichtige Rolle,

wie die Schülerinnen und Schüler mit Aufgaben konfrontiert werden, sondern auch, welche Beispiele

dafür ausgewählt werden.215 Erst nach der Festlegung des Zieles, welches mit einer Aufgabe verfolgt

werden soll, beziehungsweise der Funktion, welche durch eine Aufgabe erfüllt werden soll, kann

entschieden werden, ob es sich um ein „gutes“, oder besser gesagt um ein geeignetes Beispiel

handelt. 216 Gute Aufgaben hängen auch von der Beziehung der Aufgabenstellung zum

Problemlösenden ab.217 Innerhalb internationaler Vergleichsstudien konnte festgestellt werden, dass

„gute“ Aufgaben mehr verlangen sollen als reines Tatsachenwissen und direktes Formelanwenden.218

Sie sollten also nicht nach starren Lösungsschemata bearbeitbar sein, sondern die Lernenden zum

Nachdenken auffordern.219

Auch König-Wienand, Langer und Lewe geben einige Eigenschaften guter Aufgaben an:

212

Vgl. Heymann 1995: 238f. 213

Vgl. Bruder, Büchter; Leuders 2008: 37ff. 214

Vgl. Herget; Stuck 1996: 21 215

Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 21f. 216

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 9ff. 217 Vgl. Ruwisch 2003: 5 218 Vgl. Wollring 2003: 131 219

Vgl. Schmidt-Thieme 2003: 157

Page 45: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

41

Für „gute Aufgaben ist konstitutiv, dass - sie strukturelle Zusammenhänge des Faches repräsentieren und geeignet sind,

fachspezifische Verfahren/Methoden deutlich werden zu lassen, - die Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden und - Unterricht geöffnet wird in dem Sinn, dass Schülerinnen und Schüler Subjekte ihrer

Lernprozesse sind.220

Walther spricht von guten Aufgaben, wenn durch sie prozessbezogene Kompetenzen in Verbindung

mit grundlegenden mathematischen Inhalten gefördert werden.221

Grundsätzlich gilt jedoch, dass

in einem lebendigen Unterricht aus jeder noch so unscheinbaren Aufgabe durch Variation von Inhalten und Fragestellungen sowie eine geschickte Einbettung in einen ansprechenden Kontext durch die Lehrkraft ein beachtlicher Lernzuwachs gelingen kann222.

Jede noch so banale Aufgabe kann gut sein, wenn sie die Lernenden zum Weiterdenken, zum Fragen

und Argumentieren anregt.223 Auch wenn das der Fall ist, gibt es durchaus wesentliche „Unterschiede

in der Qualität des Aufgabenmaterials“224 und spezielle Aufgabenmerkmale, die sich für einen

kompetenzorientierten Mathematikunterricht als förderlich erweisen. Diese werden von Bruder,

Büchter und Leuders in fünf Punkten zur Weiterentwicklung der Aufgabenkultur hin zur

Kompetenzförderung festgehalten:

- Es sollen Aufgaben verwendet werden, die nachhaltiges Lernen ermöglichen.

- Die Schülerinnen und Schüler sollen durch die Aufgaben möglichst gut motiviert werden.

- Die Lehrperson muss den Lernenden das Lösen von Aufgaben mit hohem Lernpotential

ermöglichen.

- Es sollen Aufgaben gewählt werden, die das Leistungsniveau der Klasse möglichst gut

abdecken.

- Verschiedene Lern- und Lösungswege müssen im Unterricht bewusst gemacht werden, da

die Lernenden nur so zum eigenständigen, verantwortungsbewussten Lernen befähigt

werden.225

3.1.1.2. Aufgaben zum Lernen

Bisher war ausschließlich von Aufgaben zum Lernen, die für das Entdecken, Üben und Vernetzen

dienlich sind, die Rede. Da es in dieser Arbeit größtenteils um Möglichkeiten zum Erwerb von

Kompetenzen geht, werden hier Aufgaben zum Leisten, bei denen es um die fehlerfreie Anwendung

220

König-Wienand; Langer; Lewe 2003: 55 221

Vgl. Walther o.J.: 10 222

Bruder; Büchter; Leuders 2008: 33 223 Vgl. Ruwisch 2003: 5 224 Bauersfeld 2003: 15 225

Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 25

Page 46: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

42

erlernter Fähigkeiten und Kompetenzen geht226, außer Acht gelassen. Da Aufgaben zum Lernen dazu

dienen, Lernenden Kompetenzen zu vermitteln, sollen sie ein gewisses Maß an Offenheit besitzen,

authentische mathematische Aktivitäten anregen, individuelle Lernwege zulassen, bei den

Schülerinnen und Schülern bereits vorhandene Kompetenzen und Vorkenntnisse aktivieren,

kooperatives Arbeiten veranlassen, entdeckendes Lernen anregen, selbstdifferenzierend sein und

Reflexionen einfordern227, also insgesamt Aufforderungscharakter haben228. Um den Schülerinnen

und Schülern klar zu machen, dass Mathematik durchaus wichtig und nützlich ist, können

authentische229, offene Probleme sehr hilfreich sein. Um die Nützlichkeit von Mathematik für das

alltägliche Leben zu unterstreichen, kann es außerdem förderlich sein, aktuelle Zeitungsausschnitte

zu verwenden230, da sich diese besonders gut dafür eignen, die Zusammenhänge zwischen Umwelt

und Mathematik hervorzuheben und vielfältige Kompetenzen zu fördern.231

3.1.1.3. Offene versus geschlossene Aufgaben

Die Schülerinnen und Schüler sollen die Möglichkeit bekommen zu lernen, reale Situationen durch

mathematische Mittel zu beschreiben und diese Problemstellungen anschließend zu lösen.232 Die

Lernenden sind es meist jedoch nicht gewohnt, offene Aufgaben gestellt zu bekommen, wodurch

ihnen auch die nötigen Lösungsstrategien fehlen. Um ihnen das Lösen offener Aufgaben zu

erleichtern, ist es notwendig, sie langsam daran zu gewöhnen. Die notwendigen Strategien können

beispielsweise an weniger offenen Aufgaben erlernt werden. Dazu können unterschiedliche

Aufgabentypen, wie unterbestimmte, überbestimmte, unlösbare Aufgaben, oder auch Aufgaben, die

unterschiedliche Lösungswege zulassen (beispielsweise Fermi-Aufgaben), verwendet werden.233

Durch den Einsatz derartiger Aufgaben im Unterricht werden das kritische Denken und das

Reflektieren über gegebene Daten gefördert234 und es kann verhindert werden, dass Schülerinnen

und Schüler Kapitänsaufgaben wie die folgenden ohne nachzudenken lösen235:

Auf einem Schiff befinden sich 26 Schafe und 10 Ziegen. Wie alt ist der Kapitän?236

226 Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 14 227 Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2005: 141; Vgl. Büchter; Leuders 2005b: 40; vgl. Esper; Hußmann; Leuders; Matschke; Mecklenbrauck; Reckelkamm; Ringel; Rüsing; Witzmann 2006: 69f. 228 Vgl. Leuders 2001: 99 229

„Eine authentische Aufgabe ist für Schülerinnen und Schüler glaubwürdig und gleichzeitig bezogen auf die Umwelt realistisch.“ – Greefrath 2010: 86 230

Vgl. Leuders 2001: 102ff. 231

Vgl. Herget; Scholz 2007: 64 232

Vgl. Hinrichs 2008: 2 233

Vgl. Holtmann; Mühlenfeld 2009: 7f.; vgl. Maaß 2007a: 24 234 Vgl. Bönig 2003: 106 235 Vgl. Hinrichs 2008: 104 236

Dambeck 2012

Page 47: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

43

Ullis Mutter macht eine Diät. Am Anfang der Diät wog sie 87 kg. In der ersten Woche hat sie 1 kg abgenommen. Wie viel kg wiegt Ullis Mutter nach 57 Wochen?237

Es kann auch sehr gewinnbringend sein, die Lernenden selbst Beispiele entwerfen zu lassen, wozu

sich vor allem Fermi-Aufgaben anbieten. 238 Es lässt sich außerdem relativ leicht aus einer

geschlossenen eine realitätsnahe, offene Aufgabe machen, die die Lernenden stärker

herausfordert.239 Zu Beginn könnte man die Schülerinnen und Schüler auch nur vorhandene Beispiele

variieren lassen. Dabei werden die Lernenden zur Reflexion angeregt. Sie müssen über die Lösbarkeit

von Aufgaben nachdenken und auch Grenzfälle berücksichtigen.240

Grundsätzlich ist zu beachten, dass im Unterricht nicht ausschließlich geschlossene Aufgaben, bei

denen alle angegebenen Zahlen verwendet werden und es nicht notwendig ist, selbstständig Daten

zu schätzen oder zu recherchieren, eingesetzt werden sollen, da den Schülerinnen und Schülern

dadurch ein verfälschtes Bild von Mathematik vermittelt wird241:

- Bei Schülern festigt sich der Eindruck, im Mathematikunterricht gehe es allein darum, einen Satz von Verfahren beherrschen zu lernen, mit denen sich ein bestimmter Satz von Aufgaben bearbeiten lässt. Dies führt zu einer Überbetonung der Produktsicht von Mathematik.

- Schüler gewinnen den Eindruck, die Mathematik selbst bestehe aus bestimmten Typen von Aufgaben, die ihnen nur in der Schule begegnen. Ein Einblick in einen authentischen Umgang mit Mathematik bleibt ihnen verwehrt.

- Das Bearbeiten von Aufgaben kann dann zu einem willkürlichen und unreflektierten Ausprobieren kurz zuvor eingeübter Verfahren degenerieren. Schüler fragen sich nicht mehr, ob oder warum sie auf eine bestimmte Weise vorgehen.242

Außerdem kann bei den Lernenden der Eindruck entstehen, dass Mathematik nur aus klar

definierten Wahrheiten besteht. Es wird unter Umständen auch ein falscher Umgang mit Fehlern

vermittelt und Mathematik verarmt so gewissermaßen zu einer Nachahmung von erlernten

Algorithmen.243

Den Schülerinnen und Schülern soll jedoch der Nutzen von Mathematik für ihr persönliches Leben

vermittelt werden. Da rechnerische Tätigkeiten immer mehr von technischen Hilfsmitteln

übernommen werden, sollte vor allem darauf Wert gelegt werden, dass kontrollierende

beziehungsweise beurteilende Tätigkeiten, wie das Schätzen und Runden sowie auch schöpferische

237

Grassmann 1995: 29 – zitiert nach Franke 2003: 146 – zitiert nach Hinrichs 2008: 104 238

Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 144ff.; vgl. Humberger 2001: 301ff. 239

Vgl. Walther o.J.: 37 240

Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 144ff. 241

Vgl. Humberger 2003: 49; Anmerkung: Dies bedeutet jedoch nicht, dass geschlossene Aufgaben aus dem Unterricht verbannt werden sollen. 242 Büchter; Leuders 2005a: 89 243

Vgl. Leuders 2001: 113

Page 48: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

44

und begründende Fähigkeiten besser gefördert werden.244 Der direkte Nutzen von Mathematik hat

also im Wesentlichen abgenommen, wohingegen der indirekte Nutzen245 enorm zugenommen hat.246

Generell sollte auf eine Ausgewogenheit der unterschiedlichen Aufgabentypen Wert gelegt

werden247. Wird dies nicht beachtet, haben die Schülerinnen und Schüler kaum eine Chance,

„fundamentale Ideen der Mathematik und Wege und Möglichkeiten für Anwendungen von

Mathematik zu erfahren und zu verstehen“248.249

Aber auch wenn viele Argumente für den Einsatz offener, authentischer Aufgaben und viele

Argumente gegen eingekleidete Aufgaben sprechen (So spricht sich Heymann beispielsweise gänzlich

gegen die Verwendung eingekleideter Aufgaben im Unterricht aus, da er der Meinung ist, dass sie die

eigentliche Rolle der Mathematik für die Umwelt verschleiern.250), sollte dennoch die Relevanz von

eingekleideten Aufgaben für den Mathematikunterricht nicht unterschätzt werden, da anhand

derartiger Aufgaben eine wichtige Kompetenz, nämlich das Übersetzen eines Textes in

mathematische Symbole erlernt und geübt werden kann und auch Umgangssprache mit Mathematik

in Verbindung gebracht wird.251

Eng gestellte Aufgaben erzwingen und bewirken ein konformes Vorgehen. Sie schränken die Aufgabenstellung darauf ein, den richtigen Weg, die (!) richtige Lösung zu finden – oder eben nicht. Dennoch sind solche Aufgaben, um grundlegende Routinen zu erlernen, nicht zu ersetzen.252

In der Realität kommen jedoch eher unstrukturierte Probleme vor, die sich nicht auf eine gerade

zuvor erlernte mathematische Vorgehensweise beschränken lassen. Häufig sind auch nicht alle zur

Berechnung notwendigen Daten gegeben. Man spricht in diesem Zusammenhang von lebensnahen,

offenen Aufgaben, wozu auch Fermi-Aufgaben zählen.253 Wichtig ist, dass im Unterricht klar zwischen

eingekleideten Aufgaben und realistischen Problemstellungen unterschieden und den Schülerinnen

und Schülern dieser Unterschied und auch der Grund für die Verwendung der jeweiligen Aufgabe

bewusst gemacht wird.254 Um dies zu erreichen, kann es hilfreich sein, die Schülerinnen und Schüler

selbst Einkleidungen für vorgegebene Rechnungen finden zu lassen.255 Eingekleidete Aufgaben

können außerdem Anstöße für weiteres Unterrichtsgeschehen liefern, sie können ausgebaut und

244 Vgl. Herget 1996: 53; vgl. Maaß 2007b: 1ff. 245 Viele technische Geräte würden ohne Mathematik nicht funktionieren. 246 Vgl. Maaß 2007b: 2 247

Siehe Tabelle 1: Klassifikationsschema für Offenheit 248

Bruder 2000: 71 249

Vgl. Bruder 2000: 71 250

Vgl. Heymann 1996: 194ff. 251

Vgl. Hinrichs 2008: 5f.; vgl. Lambert 2007: 78 252

Kittel; Marxer 2005: 14 253 Vgl. Kittel; Marxer 2005: 14 254 Vgl. Hinrichs 2008: 5f. 255

Vgl. Lambert 2007: 78

Page 49: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

45

geöffnet werden. Schließlich kann auch auf reale Gegebenheiten Bezug genommen werden.256

Neben realitätsnahen Beispielen sollten aber auch innermathematische Probleme und

Übungsphasen ihre Berechtigung im Unterricht haben.257

Gegenüberstellung einer eingekleideten, geschlossenen und einer offenen Aufgabe

Um den Unterschied zwischen einer eingekleideten, geschlossenen Aufgabe und einer offenen

Aufgabe klar zu machen, soll hier ein Beispiel angeführt werden:

Aus einem Wasserhahn tropft alle 3 Sekunden ein kugelförmiger Wassertropfen mit dem Durchmesser 4mm. Wie viel Liter Wasser werden dadurch in einem Jahr verschwendet?258

Hierbei handelt es sich um eine eingekleidete, geschlossene Aufgabe, da zum einen von einem

mathematischen Inhalt ausgegangen und ein Kontext, der für die Berechnung jedoch keine wirkliche

Bedeutung hat und somit auch austauschbar ist, dazu erfunden wurde259. Es geht rein um das Üben

gewisser Rechenfertigkeiten.260 Die Lernenden müssen sich nur für das geeignete Lösungsverfahren

entscheiden und anhand dessen das Ergebnis berechnen.261 Es ist außerdem relativ unrealistisch,

dass ein Wasserhahn ein ganzes Jahr lang genau alle 3 Sekunden einen kugelförmigen Wassertropfen

derselben Größe verliert. Zum anderen sind alle zur Berechnung notwendigen Angaben geben und

der Weg, den die Schülerinnen und Schüler zur Lösung des Problems gehen sollen, ist bereits

vorgezeichnet. Diese Aufgabe zielt darauf ab, ein (gerade) zuvor erlerntes Verfahren einzusetzen. Des

Weiteren ist auch nur ein einziges exaktes Ergebnis zu erwarten.262 Derartige Aufgaben erwecken bei

den Schülerinnen und Schülern den Eindruck, dass Mathematik nichts mit dem wirklichen Leben zu

tun hat.263

Leuders führt einige, bereits genannte Charakteristika geschlossener Aufgaben an: eindeutige

Zweckorientierung, Eingleisigkeit des Rechenweges, Existenz einer eindeutigen Lösung und

Engführung in der Aufgabenstellung (dieser Punkt bezieht sich auf die Einschränkung der zu

verwendenden Methoden).264

Werden im Unterricht ausschließlich eingekleidete Aufgaben bearbeitet, so entsteht bei den

Schülerinnen und Schülern ein Zweifel an der Relevanz von Mathematik für das alltägliche Leben.

Mathematik kann als etwas Unechtes, Gekünsteltes empfunden werden und es kann dazu kommen,

256 Vgl. Hinrichs 2008: 5f. 257

Vgl. Hinrichs 2008: 41 258

Kraker; Plattner; Preis 2010: 222/Nr. 871 – hier ist jedoch anzumerken, dass das genannte Schulbuch auch sehr viele gute offene Aufgaben enthält (siehe dazu beispielsweise Kapitel 4.10.). 259

Vgl. Greefrath 2007: 28; vgl. Greefrath 2010: 41f.; vgl. Peter-Koop 2003: 111 260

Vgl. Greefrath 2010: 83 261

Vgl. Herget 1995: 65 262 Vgl. Barzel; Büchter; Leuders 2007: 44; vgl. Büchter; Leuders 2005a: 88 263 Vgl. Maaß 2007a: 11 264

Vgl. Leuders 2001: 112

Page 50: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

46

dass die Lernenden keinen Sinn mehr darin sehen, sich mit Mathematik zu beschäftigen.265

Außerdem besteht die Gefahr, dass die Schülerinnen und Schüler den Inhalt vollkommen ignorieren

und beginnen, die vorkommenden Zahlen wahllos miteinander zu verknüpfen beziehungsweise nach

Schlüsselwörtern zu suchen, die ihnen Hinweise auf das zu verwendende Verfahren geben

könnten. 266 Dieses unreflektierte Vorgehen kann dazu führen, dass auch so genannte

Kapitänsaufgaben gelöst werden, da die Lernenden durch den Mathematikunterricht vermittelt

bekommen, dass jede Aufgabe eine Lösung besitzt und dazu alle vorhandenen Angaben miteinander

verknüpft werden müssen.267 Häufig werden im Unterricht Textaufgaben ausführlich geübt, bei

denen der eigentliche Text jedoch keine Rolle spielt. Dadurch werden die Lernenden gewissermaßen

dazu aufgefordert, die im Text vorhandenen Zahlen zu verknüpfen und wenn möglich eine gerade

zuvor erlernte Vorgehensweise anzuwenden.268

Die Schülerinnen und Schüler müssen deshalb dahingehend sensibilisiert werden, dass es auch

Aufgaben gibt, bei denen der Inhalt durchaus eine Rolle spielt.269 Dabei ist es hilfreich, Kontexte zu

verwenden, die den Schülerinnen und Schülern weitgehend vertraut sind, da dies das Verstehen

erleichtert.270 Eine zur zuvor genannten geschlossenen Aufgabe passende offene Aufgabe (genauer

gesagt eine Fermi-Aufgabe) könnte folgendermaßen lauten:

Überprüfe die folgende Aussage: „Ein tropfender Wasserhahn kann pro Tag bis zu 100 Liter Wasser verschwenden“ – kann das stimmen?271

Bei dieser Aufgabe fehlen die zur Überprüfung der Aussage notwendigen Daten. Es handelt sich

hierbei um eine authentische, offene Aufgabe, bei der es keinen eindeutigen Lösungsweg gibt.272 Die

Lernenden müssen selbstständig ein Modell finden und können dabei unterschiedlich vorgehen. Die

Aussage kann auch experimentell überprüft werden. Für weitere Informationen zur angeführten

Fermi-Aufgabe wird auf Kapitel 4.5. verwiesen. Eine andere Möglichkeit, die weiter oben genannte

geschlossene Aufgabe als Anstoß für ein weiteres Unterrichtsgeschehen zu nutzen, wäre, die

Schülerinnen und Schüler aufzufordern, die Angaben leicht zu verändern und zu beobachten, wie sich

diese Veränderungen auf das Ergebnis auswirken. Dadurch können funktionale Zusammenhänge

erkannt werden. Außerdem wäre es möglich, die Lernenden zum Thema Wasserverbrauch

265

Vgl. Freudenthal 1984: 38f.; vgl. Greefrath 2007: 30 266

Vgl. Bönig; Burmeister 1993: 106; vgl. Erichson 1997: 48; vgl. Peter-Koop 2003: 111 267

Vgl. Radatz 1983: 214ff.; vgl. Stern 1992: 14f. 268

Vgl. Dambeck 2012 269

Vgl. Henn 2002: 6 270 Vgl. Stern 1992: 23f. 271 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte C6 272

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 88

Page 51: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

47

selbstständig Fragen finden zu lassen, da die Einbindung der Lernenden in den Prozess der Findung

von Fragen und Vermutungen gewinnbringend sein kann.273

3.1.1.4. Modellierungsaufgaben

Ziel eines kompetenzorientierten Unterrichts sollte es sein, die Schülerinnen und Schüler dazu zu

bringen, selbstständig Probleme zu lösen. Um dies zu erreichen, ist es notwendig, sie darauf

vorzubereiten und Teilkompetenzen aufzubauen.274

Sinnvoll für die Schülerinnen und Schüler ist ein langsamer Weg von einfachen offenen Aufgaben zu Problemsituationen. Die Anzahl der offenen Aufgabenbestandteile kann dabei immer weiter erhöht werden.275

Eine Möglichkeit Teilkompetenzen aufzubauen, bietet die Förderung der einzelnen Phasen des

Modellierungskreislaufes276 durch bestimmte Fragen, aber auch Aufgabentypen.277 Es ist jedoch

bereits relativ früh möglich, die Schülerinnen und Schüler selbstständig Probleme modellieren und

den Modellierungsprozess durchführen zu lassen. 278 Insgesamt bieten Modellierungsaufgaben

ungeahnte Möglichkeiten für kompetenzorientierten Unterricht, da gezeigt werden konnte,

dass die offene Aufgabenstellung von Modellierungsproblemen sowie die Notwendigkeit, die komplexe Realität zu vereinfachen, es den Lernenden häufig ermöglichen, ihren Kompetenzen angemessene Lösungswege zu entwickeln. So nehmen leistungsstarke Lernende eher aufwändige, mathematisch anspruchsvolle Modellierungen vor, die sie fordern, während leistungsschwächere Lernende einfachere Wege wählen, auf denen sie ebenfalls zu Lösungen der Aufgabe gelangen können.279

Außerdem ist mit dem Einsatz von Modellierungsaufgaben die Förderung unterschiedlicher

Kompetenzen verbunden. Die Schülerinnen und Schüler lernen dabei unter anderem:

- reale Probleme zu verstehen und zu vereinfachen

- mathematische Modelle zu Problemen zu erstellen

- mathematische Fragestellungen selbstständig zu lösen

- mathematische Resultate in Bezug auf das Ausgangsproblem zu interpretieren

- die gefundene Lösung zu validieren280

Wichtig ist, dass die gewählten Modellierungskontexte auch außermathematisch relevant sind und

so auf das Leben vorbereiten.281

273

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 85 274

Vgl. Greefrath 2007: 43 275

Greefrath 2007: 43 276

Dieser wird in Kapitel 4.6. genauer beschrieben. 277

Vgl. Hinrichs 2008: 86ff. 278 Vgl. Maaß 2004: 159 279 Maaß 2004: 159 280

Vgl. Maaß 2007a: 16

Page 52: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

48

Innerhalb einer Studie zu Modellierungsaufgaben hat sich herausgestellt, dass bei einem operativ-

strategisch ausgerichteten Unterricht wesentlich größere Leistungszuwächse bezüglich der

Modellierungskompetenzen zu erwarten sind, als bei einem direktiv durchgeführten Unterricht. Am

wenigsten wird laut dieser Studie, die im Zuge des DISUM-Projekts durchgeführt wurde, von

Schülerinnen und Schülern gelernt, die sich selbstständig, ohne jegliche Hilfestellungen, mit den

Aufgaben auseinandersetzen. Die Grundzüge eines operativ-strategischen Unterrichts sind das

selbstständige, individuelle Lernen in der Gruppe und die minimalen Hilfestellungen von Seiten der

Lehrperson. Beim direktiven Unterricht handelt es sich um einen von der Lehrperson geleiteten

Unterricht, bei dem die grundlegenden Aspekte im Plenum erarbeitet werden und die Schülerinnen

und Schüler ansonsten sehr viel in Einzelarbeit erledigen.282

Wie und mit Hilfe welcher Aufgaben Kompetenzen gefördert werden können, wurde nun weitgehend

geklärt. Es stellt sich nun noch die Frage, ob diese Kompetenzen auch längerfristig behalten werden

und wie dies festgestellt werden kann.

Eine nachhaltige Förderung mathematischer Kompetenzen lässt sich insbesondere daran erkennen, dass die Lernenden

- mathematische Fragestellungen auch in Alltagssituationen erkennen und solche Fragestellungen formulieren und erläutern können.

- Mathematisierungsmuster und verschiedene heuristische Vorgehensweisen sowie Darstellungsarten zur Bearbeitung mathematischer Fragestellungen kennen und dass sie diese situations- und sachgerecht anwenden, interpretieren und begründen können.

- Anstrengungsbereitschaft und Reflexionsfähigkeit für ihr eigenes Handeln entwickeln.283

281 Vgl. Hinrichs 2008: 39 282 Vgl. Blum; Leiß; Messner; Müller; Pekrun; Schukajlow 2008: 79ff.; vgl. Messner; Schukajlow 2007: 370ff. 283

Bruder 2007: 719

Page 53: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

49

4. Fermi-Aufgaben

4.1. Beitrag zum kompetenzorientierten Unterricht

Fermi-Aufgaben können einen wesentlichen Beitrag zum kompetenzorientierten284 Unterricht und

zur Förderung vieler der in Kapitel 2.1. genannten Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten liefern.

Um zu zeigen, welche Kompetenzen im Speziellen durch Fermi-Aufgaben gefördert werden können,

wird auf die in Kapitel 2.1. angeführten Konzepte, also unter anderem auf den Lehrplan und die

Standards für den Mathematikunterricht der 8. Schulstufe Bezug genommen und auf die innerhalb

des genannten Kapitels verwendete Literatur verwiesen. Bereits in 2.1.1. wurden Kompetenzen in

inhaltsbezogene, prozessbezogene, personale und soziale Kompetenzen unterteilt. Mit Hilfe von

Fermi-Aufgaben kann bei richtigem Einsatz eine Förderung all dieser genannten Bereiche erreicht

werden. Wie folgendes Zitat zeigt, werden die inhaltsbezogenen und die prozessbezogenen

Kompetenzen in jedem Fall durch Fermi-Aufgaben angesprochen:

Fermi-Aufgaben tragen außerdem in besonderem Maße zur mathematischen Grundbildung der Schülerinnen und Schüler bei. Dies zeigt sich in Zusammenspiel von prozessbezogenen Kompetenzen (z.B. Problemlösen) und inhaltsbezogenen Kompetenzen (z.B. Messen und Zahl).285

Bezüglich der inhaltlichen Kompetenzen, die sich auch im Lehrplan und in den Standards für den

Mathematikunterricht der achten Schulstufe wiederfinden, kann angemerkt werden, dass speziell

der Umgang mit geometrischen Figuren und Körpern (im Besonderen mit Umfang, Fläche und

Volumen), mit Grafiken, Zahlen (auch mit Zehnerpotenzen286), Maßen, Proportionalität sowie jener

mit funktionalen Zusammenhängen und Modellen anhand von Fermi-Aufgaben geübt werden kann.

Außerdem kann durch den Einsatz von Fermi-Aufgaben der Umgang mit großen Zahlen, das

Umrechnen von Größen287, das Schätzen, Runden, näherungsweise Rechnen und das Abschätzen von

Ergebnissen gefördert werden. Fähigkeiten in diesen Bereichen, die zur Kontrolle vorhandener

Rechnungen dienlich sein können, werden heute durch den Einsatz technischer Hilfsmittel stärker

benötigt, als rein rechnerische Fähigkeiten288. Laut Holtmann und Mühlenfeld werden durch Fermi-

Aufgaben auch noch weitere inhaltliche Kompetenzen, wie das Verwenden geeigneter Einheiten, das

systematische Vorgehen bei der Bestimmung von Anzahlen, das Anwenden von

Grundrechnungsarten und arithmetischen Kenntnissen zu Zahl und Größe, das Vergleichen von

Zahlen und das Wahrnehmen von räumlichen Strukturen nach Maß und Form erlernt.289 Im Weiteren

können funktionale Zusammenhänge fast bei jeder beliebigen Fermi-Aufgabe mitbesprochen

284

Vgl. Kaufmann 2006: 16; wobei hier standardorientiert im Sinne von kompetenzorientiert verwendet wird 285

Holtmann; Mühlenfeld 2009: 7 286

Vgl. Beerli 2003: 90 287 Vgl. Leuders 2001: 104 288 Vgl. Greefrath; Leuders 2009: 1; vgl. Heymann 1996: 145 289

Vgl. Holtmann; Mühlenfeld 2009: 8

Page 54: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

50

werden, wenn darauf eingegangen wird, inwiefern sich das Ergebnis verändert, wenn die

Ausgangsdaten anders gewählt werden.

Die prozessbezogenen Kompetenzen, die in den Standards unter den Handlungsbereichen

aufscheinen und die durch Fermi-Aufgaben angesprochen werden, sind hauptsächlich das

Modellieren und das Problemlösen, aber auch das Darstellen, das Finden mathematischer

Zusammenhänge, das geplante, strukturierte Vorgehen, das Entwerfen von Lösungsstrategien, das

Recherchieren, die Nutzung von Medien und technischen Hilfsmitteln unter anderem zur

Informationsbeschaffung, das Präsentieren von Lösungswegen und eigenen Ideen 290 und das

Herangehen an offene Probleme im Allgemeinen291. Es geht auch darum, eigene Lösungswege

darzulegen, über verwendete Darstellungen zu sprechen, Fehler zu finden, zu erklären und zu

korrigieren292, sowie kritisch mit vorhandenen Aussagen aus den Medien umzugehen293. Ferner

werden heuristische Strategien, wie das Stellen von Fragen, und Strategien zur Kontrolle und

Bewertung erlernt. 294 Die Schülerinnen und Schüler lernen ebenso Problemstrukturen zu

durchschauen und die Komplexität vorhandener Probleme zu reduzieren.295

Während alle allgemeinen mathematischen Kompetenzen (Problemlösen, Kommunizieren, Argumentieren, Modellieren, Darstellen) bei jeder Fermi-Aufgabe angesprochen werden, sind die inhaltlichen Kompetenzen abhängig von Fragestellung, Lehrervorgaben und Vorgehensweise der SchülerInnen.296

Viele der in Kapitel 2.1. genannten sozialen Kompetenzen kommen vor allem bei einer Bearbeitung

der Aufgabe in Gruppenarbeit und anschließender Präsentation im Plenum zum Tragen. Dies gilt zum

Beispiel für kooperative Fähigkeiten sowie dafür, dass den Gruppenmitgliedern Toleranz und

Offenheit entgegengebracht wird und dass gemeinsam Konflikte gelöst werden. Außerdem werden

kommunikative Fähigkeiten wie das Argumentieren, Begründen, Diskutieren und Interpretieren

gefördert, die innerhalb der Bildungsstandards für den Mathematikunterricht der achten Schulstufe

zu den Handlungsbereichen gezählt und auch innerhalb des Lehrplanes erwähnt werden, jedoch

innerhalb von schriftliche Tests – somit auch den Standardtestungen – nicht überprüft werden

können, was wiederum bedeuten kann, dass diese Kompetenzen innerhalb des Unterrichts eine

gewisse Vernachlässigung erfahren.

Um Fermi-Aufgaben innerhalb von Gruppen bearbeiten zu können, müssen die Schülerinnen und

Schüler auch über personale Kompetenzen verfügen, die wiederum durch den Einsatz von Fermi-

290

Vgl. Cramer; Mahlich; Massin o.J.; Hinrichs 2008: 148f. ; vgl. Holtmann; Leuders 2006: 3; vgl. Kaufmann 2006: 16 291

Vgl. Hußmann; Leuders 2006: 3 292

Vgl. Holtmann; Mühlenfeld 2009: 8 293

Vgl. Beerli 2003: 90 294 Vgl. Leuders 2001: 104 295 Vgl. Müller 2001b: 2 296

Kaufmann 2006: 17

Page 55: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

51

Aufgaben gezielt gefördert werden können. Zu den durch Fermi-Aufgaben förderbaren personalen

Kompetenzen zählen die Leistungs- sowie die Anstrengungs- und die Verantwortungsbereitschaft,

Ausdauer, Sorgfalt, Selbstständigkeit, Flexibilität, Kreativität und die Fähigkeit mit Misserfolgen und

Kritik umgehen zu können sowie auch die Fähigkeit, das eigene Vorgehen zu kontrollieren und zu

bewerten297. Es wird ebenso erlernt, Unklarheiten zu verkraften und mit ungenauen Angaben

weiterzurechnen.298

Mit Hilfe von Fermi-Aufgaben können schließlich alle drei Komplexitätsbereiche der Standards für

den Mathematikunterricht abgedeckt werden, da sowohl elementares Wissen über Mathematik und

das Verfügen über grundlegende mathematische Fähigkeiten notwendig sind als auch das Lösen

komplexer Probleme, das Reflektieren über das gelöste Problem und das Nachdenken über

mathematische Zusammenhänge.

Winters Konzept der Grunderfahrungen, die die Schülerinnen und Schüler im Laufe des

Mathematikunterrichts machen sollen und die häufig als Grundlage zur Entwicklung von Standards

für den Mathematikunterricht verwendet werden, wird auch durch Fermi-Aufgaben abgedeckt.

Fermi-Aufgaben tragen unter anderem dazu bei, dass die Welt und die Vielfalt der Mathematik

besser verstanden werden können und, wie bereits erwähnt, Problemlösekompetenzen gefördert

werden. Auch Heymanns sieben Punkte für einen allgemeinbildenden Mathematikunterricht können

zum Teil durch Fermi-Aufgaben abgedeckt werden, da Aufgaben dieser Art auf das Leben vorbereiten

und auch Weltorientierung gewährleisten. Außerdem werden die Verantwortungsbereitschaft und

die Kooperation der Schülerinnen und Schüler untereinander gefördert und der Bereich der Stärkung

des Schüler-Ichs, der im Übrigen zu den personalen Kompetenzen zu zählen ist, angesprochen.

Abschließend ist bezüglich kompetenzorientiertem Unterricht noch Folgendes zu bemerken:

Dabei sei erneut betont, dass nicht eine Aufgabe per se zur Ausformung, Festigung und Weiterentwicklung von Kompetenzen führt, sondern nur ihre adäquate Behandlung in einer Weise, die den Lernenden Gelegenheit gibt, die entsprechenden Tätigkeiten selbst zu vollziehen, mehr noch, über diese Tätigkeiten zu reflektieren, Lösungswege zu begründen, verschiedene Wege zu vergleichen, Ergebnisse kritisch zu diskutieren u.v.a.m. Kurz: Noch bewusster und noch konsequenter als bislang sollte im Unterricht die Kompetenzentwicklung der Schüler im Mittelpunkt der Arbeit stehen.

299

Das heißt, allein die Auswahl der Beispiele, die im Unterricht behandelt werden, ist nicht maßgebend

für den Erfolg innerhalb der Kompetenzförderung. Vielmehr kommt es hingegen darauf an, dass den

Schülerinnen und Schülern eigenverantwortliches und selbstständiges Arbeiten ermöglicht wird.300

297

Vgl. Hinrichs 2008: 148f. 298 Vgl. Hußmann; Leuders 2006: 3; vgl. Leuders 2001: 104 299 Blum; Drüke-Noe; Hartung; Köller 2006: 28 300

Vgl. Hinrichs 2008: 150

Page 56: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

52

Doch auch wenn mit Hilfe von Fermi-Aufgaben unterschiedliche Kompetenzen gefördert werden

können, ist noch nicht erwiesen, ob ihr Einsatz im Unterricht auch zu einem besseren Abschneiden

der Lernenden innerhalb der Standardtestungen beiträgt, da unter anderem die bei der Lösung der

Testitems benötigte Exaktheit durch Fermi-Aufgaben nicht gefördert wird.

Page 57: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

53

4.2. Vorteile von Fermi-Aufgaben

Da Fermi-Aufgaben in einem gewissen Sinne als einfache Modellierungsbeispiele betrachtet werden

können 301 und somit auch zu offenen, authentischen, anwendungs- beziehungsweise

realitätsbezogenen Aufgaben zu zählen sind302, kommen auch jene Vorteile bei Fermi-Aufgaben zum

Tragen, die durch die Zugehörigkeit zu den genannten Gruppen bedingt sind. Einige der Vorteile

wurden bereits innerhalb der Eigenschaften und Merkmale von Fermi-Aufgaben in Kapitel 1

angeführt. In Kapitel 4.1 wurde erläutert, welche der in den mathematischen Standards für die 8.

Schulstufe und im Lehrplan angeführten Kompetenzen durch Fermi-Aufgaben gefördert werden

können. In diesem Kapitel werden jedoch noch einmal alle wesentlichen Vorteile, die der Einsatz von

Fermi-Aufgaben im Unterricht mit sich bringt beziehungsweise mit sich bringen kann,

zusammengefasst und wenn nötig, näher ausgeführt.

Fermi-Aufgaben sind, wie Modellierungsaufgaben im Allgemeinen, selbstdifferenzierend, auf

unterschiedlichen Niveaus und mit verschiedenen mathematischen Mitteln bearbeitbar. 303 Ein

wichtiges Motiv für die Verwendung von Modellierungsaufgaben im Mathematikunterricht ist, dass

Möglichkeiten zur Verknüpfung mathematischer Verfahren mit außermathematischen Kontexten

geschaffen werden und so bewusst gemacht werden kann, wie stark Mathematik in unserer Umwelt

vertreten ist.304

Die Schülerinnen und Schüler sollen durch Problemlöseaufgaben auf ihr weiteres Leben vorbereitet

werden und Problemlösekompetenzen erwerben.305 Maaß zeigt innerhalb einer Studie, dass der

Einsatz von Modellierungsaufgaben im Unterricht auch zur Erziehung der Lernenden zu mündigen

Bürgerinnen und Bürgern beitragen kann. 306 Durch den Einsatz solcher Aufgaben kann die

Vernetzung von inhalts- und prozessbezogenen Kompetenzen erreicht werden307 und es können

sowohl leistungsstarke Schülerinnen und Schüler gefordert, als auch leistungsschwächere Lernende

gefördert und motiviert werden. Dies wird vor allem dadurch gewährleistet, dass die in der Schule

verwendeten Fermi-Aufgaben meist der Erfahrungswelt der Lernenden entspringen. Somit kann

unter Umständen auch die Bereitschaft, sich mit Mathematik auseinanderzusetzen, bei einigen

Schülerinnen und Schülern gesteigert werden. Die Offenheit von Fermi-Aufgaben bietet den

Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich mit der jeweiligen Fragestellung auf dem eigenen

301

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 9; vgl. Hinrichs 2008: 110 302

Vgl. Reiss; Zöttl 2010: 20 303

Vgl. Maaß 2007a: 19f. 304

Vgl. Hinrichs 2008: 37 305 Vgl. Törner; Zielinski 1992: 254 306 Vgl. Maaß 2004: 288 307

Vgl. Büchter 2006: 7

Page 58: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

54

Leistungsniveau auseinanderzusetzen.308 Durch Fermi-Aufgaben wird jedoch nicht nur die innere

Differenzierung innerhalb einer Klasse gesichert, sondern sie sind aufgrund ihrer Offenheit meist

sogar innerhalb unterschiedlicher Schulstufen einsetzbar und werden je nach Schulstufe und je nach

mathematischen Kenntnissen von den Schülerinnen und Schülern auf unterschiedliche Art und Weise

bearbeitet und gelöst. Maaß nennt als Beispiel dafür die Frage nach der Anzahl der Menschen, die in

einem Stau einer gewissen Länge feststecken, da bei der Bearbeitung dieser Aufgabe unterschiedlich

viele Parameter herangezogen werden können. 309 Gibt es unterschiedliche Lösungswege, die

verglichen werden, so wird meist tiefer in die „Sache“ eingedrungen, was zum verstehenden Lernen

beigetragen kann.310 Durch die selbstdifferenzierende Eigenschaft von Fermi-Aufgaben kann der

Mathematikunterricht geöffnet werden. Fermi-Aufgaben können auch – bei angemessenem Einsatz –

zur Durchführung eines Unterrichts, der dem konstruktivistischen Lernbegriff genügt, beitragen.

Mit Hilfe von Fermi-Aufgaben können auch verschiedenste allgemeine Kompetenzen, wie zum

Beispiel das Argumentieren, Kommunizieren, Problemlösen, Modellieren, Reflektieren, das kritische

Nachdenken sowie auch das selbstständige Arbeiten und das Kooperieren mit anderen gefördert

werden. 311 Es werden aber ebenso diverse mathematische Tätigkeiten, beispielsweise das

Abschätzen, das Überschlagen, die Verwendung der Grundrechnungsarten, das Rechnen mit Längen,

Flächen, Zeiten und Proportionalität sowie der Umgang mit Größen und Einheiten und das Erkennen

funktionaler Zusammenhänge geübt und gefördert. Auch die Stützpunktvorstellungen der Lernenden

können mit Hilfe solcher Aufgaben erweitert werden.312 Innerhalb der Behandlung von Fermi-

Aufgaben kommt es ferner zum Thema der sinnvollen Genauigkeit und dazu, dass die Schülerinnen

und Schüler Vorstellungen von gewissen Größen und Größenordnungen entwickeln.313 Durch den

Einsatz von Fermi-Aufgaben im Mathematikunterricht werden vor allem auch das Umrechnen von

Größen und der Umgang mit großen Zahlen geübt. Die Schülerinnen und Schüler lernen

Unklarheiten, die sich innerhalb der Mathematik immer wieder ergeben können, zu verkraften und

mit geschätzten Daten Berechnungen anzustellen. Durch Fermi-Aufgaben wird die Mathematik

vielseitig mit dem Alltag und der Erfahrungswelt der Lernenden verknüpft.314

Anwendungsorientierte Beispiele können das Interesse der Lernenden wecken und auch jene

Schülerinnen und Schüler wieder aktivieren, die bereits entmutigt sind.315 Die Schülerinnen und

Schüler lernen dadurch die ungenaue beziehungsweise die unscharfe Seite der Mathematik 308

Vgl. Maaß 2007a: 19f. 309

Vgl. Kittel; Marxer 2005: 14; vgl. Maaß 2005b: 8 310

Vgl. Blum; Drüke-Noe; Hartung; Köller 2006: 165 und 167 311

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 5f. 312

Vgl. Büchter 2006: 7; vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 5f.; vgl. Ulm 2004: 38 313 Vgl. Beerli 2003: 90 314 Vgl. Leuders 2001: 104 315

Vgl. Becker; Henning; Lindenau; Mai; Schindler 1979: 15

Page 59: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

55

kennen316, da es sich bei Fermi-Aufgaben nicht um eindeutig lösbare Aufgaben handelt, die das

Anwenden von zuvor erlernten Verfahren trainieren, sondern um Probleme, die in ihrer Bearbeitung

wesentlich anspruchsvoller sind. Des Weiteren lernen die Schülerinnen und Schüler selbst Fragen zu

stellen und unterschiedliche heuristische Strategien anzuwenden.317 Sie setzen sich mit ungewohnten

Fragestellungen auseinander und gewöhnen sich mit der Zeit daran, sich selbstständig Informationen

zu beschaffen und Lösungsstrategien zu entwickeln.318 Dadurch, dass es nicht nur einen richtigen

Lösungsweg gibt, werden die Schülerinnen und Schüler auch damit konfrontiert, dass sie

Lösungswege anderer nachvollziehen müssen. Auch das Präsentieren und das Argumentieren können

durch Fermi-Aufgaben gefördert werden.319 Durch diese Art der Aufgaben wird den Lernenden

außerdem eine gewisse Fehlerfreundlichkeit vermittelt, welche für den Lernprozess nicht ganz

unwesentlich zu sein scheint.320 Es erweitert sich auch die Frustrationstoleranz auf Seiten der

Schülerinnen und Schüler.321 Wenn von allen Lernenden und Lehrenden akzeptiert wird, dass Fehler

notwendige Begleiterscheinungen des Lernens sind, so kann schließlich produktiv gearbeitet und das

Lernen vorangetrieben werden.322

Ein Fehler kann zu einer fruchtbaren Lerngelegenheit werden, wenn Lernende 1. den Fehler erkennen, also einsehen, dass etwas falsch ist und insbesondere auch, was falsch

ist, 2. den Fehler erklären können, also verstehen, wie es dazu gekommen ist, 3. die Möglichkeit haben, den Fehler zu korrigieren, also eine richtige Vorgehensweise oder

Vorstellung zu erwerben.323

Sofern die Lehrperson nicht zu sehr in den Bearbeitungsprozess eingreift, haben die Lernenden die

Möglichkeit, aus ihren eigenen Fehlern zu lernen, was sehr gewinnbringend sein kann.324

Wie schon erwähnt, fallen Fermi-Aufgaben in den Bereich der Modellierungsaufgaben und können

daher auch dazu genutzt werden, den Lernenden den Modellierungskreislauf beziehungsweise den

Modellierungsprozess und die darin enthaltenen Teilschritte näher zu bringen. 325

Modellierungskompetenzen werden ausgebaut und den Schülerinnen und Schülern wird die

Möglichkeit zur eigenständigen Wissenskonstruktion geboten.326 Ein weiterer wesentlicher Vorteil

von Fermi-Aufgaben ergibt sich daraus, dass die Aufgabenstellung meist nur aus einer einzigen Frage

316 Diese Seite der Mathematik wird im momentan vorherrschenden Mathematikunterricht eher vernachlässigt. 317 Vgl. Greefrath 2010: 81; vgl. Herget 2000a: 297 318

Vgl. Holtmann; Mühlenfeld 2009: 7 319

Vgl. Peter-Koop 1999: 15 320

Vgl. Götze; Meyer 2010: 6; vgl. Herget; Klika 2003: 19 321

Vgl. Wälti 2005: 36 322

Vgl. Prediger; Wittmann 2009: 5 323

Prdiger; Wittmann 2009: 5 324 Vgl. Bracke 2007: 328f. 325 Vgl. Greefrath 2010: 81; vgl. Herget 2007b: 5f.; vgl. Peter-Koop 2003: 114ff. 326

Vgl. Greefrath 2010: 81; vgl. Peter-Koop 2003: 114ff.

Page 60: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

56

besteht und diese keine Zahlenangaben beinhaltet. Dadurch wird verhindert, dass die Lernenden

ohne zu denken zu rechnen beginnen, wie dies häufig bei den üblicherweise im

Mathematikunterricht verwendeten Sachaufgaben der Fall sein kann. Sie werden also dazu angeregt,

über den Kontext nachzudenken und verbinden so Mathematik mit ihrem Alltagswissen.327 Mit Hilfe

von Fermi-Aufgaben können auch länger zurückliegende Stoffinhalte wieder aufgegriffen und im

Unterricht integriert werden, wodurch gerade mathematische Grundkompetenzen verfügbar

bleiben.328

Fermi-Aufgaben und offene Aufgaben im Allgemeinen lassen sich besonders gut in Gruppen

bearbeiten, wodurch neben fachlichen Kompetenzen auch soziale Kompetenzen gefördert werden

können. Innerhalb der Gruppen trauen sich auch leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler die

Lösung des Problems zu und beteiligen sich meist mit großem Engagement.329 Ein weiterer wichtiger

Faktor ist, dass die Lernenden an der Bearbeitung solcher Aufgaben Spaß haben können und dadurch

interessierter und motivierter sind.330 Sind die Schülerinnen und Schüler motivierter und verbinden

mit den Beispielen positive Gefühle und Empfindungen, so wird der mathematische Inhalt besser im

Gedächtnis verankert.331

Unter den Fermi-Aufgaben der Fermi-Box lassen sich auch einige finden, die durch Zeitungsartikel

oder –ausschnitte initiiert werden (so zum Beispiel die Aufgaben der Karten C6 und H12, die

innerhalb des Kapitels 4.4. angeführt werden). Daher sind, speziell für diese Art der Fermi-Aufgaben,

auch die positiven Eigenschaften, die der Einsatz von Zeitungsausschnitten (auch von fehlerhaften,

da diese zeigen, wie leichtfertig zum Teil mit Daten umgegangen wird) im Mathematikunterricht mit

sich bringt, zu berücksichtigen. Die in Zeitungsausschnitten vorkommenden Daten sind authentisch

und es wird eine Verbindung zwischen der realen Welt und der Mathematik hergestellt, wodurch

auch der Kontext der Aufgabe berücksichtigt wird. Häufig handelt es sich um sehr verblüffende

Aussagen, was die Motivation der Schülerinnen und Schüler immens steigern und Neugierde und

Interesse wecken kann.332 Zeitungsartikel können auch für Aktualität im Unterricht sorgen und es

können sich auch Möglichkeiten für fächerübergreifenden Unterricht ergeben. Dadurch wird auch

der Blick der Schülerinnen und Schüler für Mathematik in der Umwelt geschärft und die Nützlichkeit

von Mathematik für den Alltag hervorgehoben.333 Es kann ebenso gezeigt werden, wie vielschichtig

327

Vgl. Jiresch-Stechele 2008: 91; vgl. Kaufmann 2006: 18f.; vgl. Peter-Koop 1999: 12; vgl. Peter-Koop 2000: 32; vgl. Peter-Koop 2003: 115 328

Vgl. Müller 2001b: 3 329

Vgl. Peter-Koop 2000: 36; vgl. Wälti 2005: 37 330

Vgl. Ulm 2004: 38 331 Vgl. Törner; Zielinski 1992: 256 332 Vgl. Bracke 2007: 328f.; vgl. Herget 19976: 60; vgl. Herget; Scholz 1998: 11; vgl. Herget; Scholz 2007: 66f. 333

Vgl. Katzenbach; Sylvester 1996: 6; vgl. Herget; Scholz 1998: 15

Page 61: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

57

Probleme des Alltags sein können.334 Mit Hilfe von Zeitungsausschnitten kann auch demonstriert

werden, dass die im Mathematikunterricht erlernten Verfahren auch in der realen Welt einsetzbar

sind und zur Überprüfung der Richtigkeit der Angaben dienen können. Außerdem werden durch

derartige Aufgaben vielfältige Kompetenzen genutzt und es kommt zu Diskussionen, die für die

Lösung des Problems fruchtbar sein können.335 Beim Einsatz von Zeitungsartikeln im Unterricht geht

es häufig auch darum, die Kritikfähigkeit der Lernenden zu schärfen und zu verhindern, dass

Geschriebenes ohne nachzudenken hingenommen und geglaubt wird.336

Insgesamt sind Fermi-Aufgaben als ein wesentlicher Beitrag zum vernetzten, problemorientierten

und ganzheitlichen Lernen im Sinne des Konstruktivismus innerhalb des Mathematikunterrichts zu

sehen und tragen so auch zu einem guten Klima und zu einer umfassenden Öffnung des Unterrichts

(äußere Öffnung mit Hilfe von freien Arbeitsformen, inhaltliche Öffnung aufgrund der Offenheit der

Fragestellung und sozial-interaktive Öffnung im Sinne einer konstruktiven

Kommunikationsstruktur337) bei.338 Dies impliziert jedoch nicht unbedingt ein besseres Abschneiden

der Schülerinnen und Schüler bei Standardtestungen.

334

Vgl. Herget 1997: 60 335

Vgl. Herget; Scholz 2007: 66f. 336 Vgl. Böer 1996: 14; vgl. Herget; Scholz 1998: 14 337 Vgl. Wielpütz 1998: 10 – zitiert nach Wilms 2008: 20 338

Vgl. Wälti 2005: 37

Page 62: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

58

4.3. Arten von Fermi-Aufgaben

Greefrath klassifiziert Fermi-Aufgaben je nach Umgang mit den Daten innerhalb der Aufgabe. Er

unterscheidet folgende Möglichkeiten:

- Schätzen und Überschlagen von Größen und Anzahlen - Veranschaulichung gegebener Größen und Anzahlen - Schätzen und Überschlagen sowie Veranschaulichen - Gewinnen fehlender Daten aus Annahmen/Alltagswissen - Bestimmen von Daten aus Abbildungen […] - Bestimmen fehlender Daten durch Messung/Experiment […] - Recherchieren von Daten - experimentelles Überprüfen

339

Auch innerhalb des Lehrerkommentars der Fermi-Box wird dieselbe Klassifizierung von Fermi-

Aufgaben vorgenommen. 340 Ursprünglich bezogen sich Fermi-Aufgaben hauptsächlich auf die

Bereiche des Schätzens und Überschlagens und auf die Gewinnung von Daten aus Annahmen

beziehungsweise die Gewinnung von Informationen anhand von Alltagserfahrungen, da sie ihren

Ursprung in der Physik haben.341 Um die Unterschiede der genannten Arten von Fermi-Aufgaben

hervorzuheben, werden nun Beispiele zu den einzelnen Typen angeführt:

- Schätzen und Überschlagen von Größen und Anzahlen: Wie viele Blätter hat eine Buche?

- Veranschaulichen von Größen und Anzahlen: „Bill Gates Vermögen wird auf 40 Milliarden

Dollar geschätzt. Wie lange bräuchte er, um sein gesamtes Geld aus dem Fenster zu

werfen?“342

- Schätzen, Überschlagen und Veranschaulichen: Wie viel Taschengeld bekommen die

Schülerinnen und Schüler deiner Schule jährlich? Wie hoch wäre der Turm, wenn man das

gesamte Taschengeld in Münzen aufeinanderstapeln würde?

- Gewinnung fehlender Daten durch plausible Annahmen: „Wie viele Personen stecken in

einem 6 km langen Stau?“343

- Bestimmung von Daten aus Abbildungen:

339

Greefrath 2010: 81 340

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 8 341 Vgl. Greefrath 2010: 83 342 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 8 343

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 8

Page 63: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

59

Abbildung 4: Schuhgröße344

Klar ist, dass die Lernenden einzelne Teilschritte unternehmen müssen um dieses Problem zu

lösen. Als erstes sollte festgestellt werden, wie lang der Schuh ist. Ist die ursprüngliche Frage

gelöst, so könnte außerdem nach der Schuhgröße gefragt werden. Dazu sollten die

Schülerinnen und Schüler vorerst das Berechnungssystem von Schuhgrößen verstehen. Dies

kann entweder durch Versuche und Vergleiche, oder aber auch durch Erkundigungen in

einem Schuhgeschäft geschehen.345

- Bestimmung fehlender Daten durch Messen oder Experimentieren: Wie viel Kilogramm

Kartoffel hast du in deinem Leben schon gegessen?

- Daten recherchieren: Wie lang wäre die Strecke, wenn man die Haare jedes Einzelnen eurer

Klasse aneinanderreihen würde?

Gerade die Recherche von Daten sollte nicht außer Acht gelassen werden, da es immer

wichtiger wird, mit einer großen Menge an Informationen umgehen zu können und zu

entscheiden, welche Daten für die Lösung des Problems benötigt werden. Durch die

Recherchetätigkeit wird auch das Textverständnis gefördert.

- Experimentelle Überprüfung des Ergebnisses: 346 „Wie lang ist eigentlich der Streifen

Zahncreme, der in einer Zahnpastatube steckt?“347

344

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte B11 345 Vgl. Herget, Stuck 1996: 19 346 Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 8 347

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 8

Page 64: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

60

4.4. Fermi-Box und Begleitheft

Eine der umfassendsten Sammlungen zu Fermi-Aufgaben ist sicherlich die Fermi-Box.348 Wobei zu

sagen ist, dass es davon bereits zwei gibt: eine für die Unterstufe und eine für die Oberstufe. Diese

Arbeit bezieht sich jedoch ausschließlich auf Fermi-Aufgaben, die für die Unterstufe geeignet sind

und dazu dienen, gewisse Kompetenzen auszubilden. Grundsätzlich sind die Aufgaben der Fermi-Box

unterschiedlichen Themenbereichen zugeordnet, wobei sich die ersten vier Kärtchen auf allgemeine

Informationen zu Fermi-Aufgaben beschränken. Das erste Kärtchen „Herr Fermi und seine Fragen“

macht deutlich, wie Fermi-Aufgaben bearbeitet werden können. Das zweite Kärtchen „Antworten

finden“ und „Antworten beurteilen und vergleichen“ besteht aus einzelnen Teilfragen, die den

Lernenden dabei helfen sollen, Antworten auf Fermi-Fragen zu finden beziehungsweise vorhandene

Antworten zu beurteilen und zu vergleichen. Das dritte Kärtchen „Klein und groß“ bezieht sich auf

den Maßstab, das Umrechnen von Größen und gibt eine allgemeine Einführung in proportionale

Zusammenhänge. Das vierte und letzte allgemeine Kärtchen der Fermi-Box „Messen – Schätzen –

Rechnen“ zeigt, dass sich oft nicht nur eine einzige Strategie bei der Lösung des Problems anwenden

lässt.

Nun aber zu den einzelnen Teilgebieten, die Bestandteil der Fermi-Box sind. Den einzelnen

Teilgebieten gehören jeweils acht bis zwölf Kärtchen an, die unterschiedlichste Fragen zum

jeweiligen Themenbereich enthalten. Die Fermi-Box für die Unterstufe enthält folgende

Themengebiete:

A: Unsere Schule

B: Ich und mein Körper

C: Natur und Umwelt

D: Stadt/Land/Fluss

E: Wirtschaft und Technik

F: Berufe

G: Sport und Freizeit

H: Ah! Oh! – Kurioses

Die Kärtchen der Fermi-Box sind für den schnellen und einfachen Einsatz im Mathematikunterricht

kreiert worden. Auf der Vorderseite der Kärtchen befindet sich je eine offene, einfach formulierte

Frage. Die Hinterseite des Kärtchens enthält weitere Fragen zum selben Umfeld, die das

Weiterdenken anregen sollen. Hin und wieder enthalten die Kärtchen auch Tipps für mögliche

Recherchen.349 Es gibt jedoch nicht nur die Fermi-Box mit den insgesamt 84 Kärtchen, sondern auch

348 Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2008a 349

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2008a

Page 65: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

61

ein zugehöriges Lehrerkommentar-Heft, in dem grundsätzlich geklärt wird, was man unter Fermi-

Aufgaben versteht und wie man Fermi-Aufgaben im Unterricht einsetzen kann. Schließlich gibt es

auch zu jedem einzelnen Kärtchen der Fermi-Box Anweisungen und Kommentare bezüglich des

Einsatzes, methodische Anregungen, mögliche Aktivitäten sowie auch Anregungen, die den

Schülerinnen und Schülern dabei helfen könnten, die Aufgabe zu lösen. Diese Hilfestellungen zur

Lösung der Aufgabe sind als Fragen formuliert, die die Lehrperson den Lernenden stellen könnte, um

ihnen zu helfen, ohne dabei einen Lösungsweg vorzugeben. Es handelt sich somit gewissermaßen um

Hilfe zur Selbsthilfe, was gerade bei dieser Art der Aufgaben sehr wichtig ist, da es um das

selbstständige Erarbeiten von Lösungswegen geht. Mehr dazu ist in Kapitel 4.5.2. zu finden. Innerhalb

des Lehrerkommentars wurde auch festgehalten, welche Fermi-Aufgaben sich besonders gut für

arbeitsteilige Gruppenarbeiten eignen. Hin und wieder werden auch Hintergrundinformationen

gegeben oder es wird eine mögliche Lösung dargestellt. Pro Fermi-Aufgabe werden auch die

mathematischen Kompetenzen erläutert, die damit gefördert werden können. Bei den im

Lehrerkommentar angeführten Kompetenzen handelt es sich nur um inhaltliche Kompetenzen.

Prozessbezogene, personale und soziale Kompetenzen, die sich im Laufe der Bearbeitung der Fermi-

Aufgaben automatisch ergeben, werden im Lehrerkommentar bei der Besprechung der einzelnen

Aufgaben nicht angeführt.350 Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass viele der in Kapitel 4.1.

angeführten prozessbezogenen, sozialen und personalen Kompetenzen bei entsprechender

Bearbeitung der Fermi-Aufgaben (zum Beispiel in Gruppenarbeit und mit Wertlegung auf das

Festhalten des Lösungsweges, des gemeinsamen Reflektierens und Diskutierens…) gefördert werden.

Um die Vielfalt der Fermi-Aufgaben innerhalb der Fermi-Box zu zeigen, wird hier aus jedem Teilgebiet

eine Frage entnommen und präsentiert. Um exemplarisch darzustellen, wie die Fermi-Box und das

Lehrerkommentar-Heft aufbereitet sind, wird die erste Aufgabe vollständig, samt Lehrerkommentar

dargestellt. Wie man im Folgenden sehen kann, entstammen die Aufgaben der Erfahrungswelt der

Schülerinnen und Schüler, setzen sich zum Teil auch mit Themen unserer Umwelt auseinander (siehe

dazu zum Beispiel Aufgabe C6) und lassen die Lernenden so Mathematik im Alltag entdecken.

350

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b

Page 66: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

62

Abbildung 5: Luftballons im Klassenraum351

Abbildung 6: Luftballons im Klassenraum (Hinterseite)352

351 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte A10 352

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte A10

Page 67: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

63

Abbildung 7: Luftballons im Klassenraum (Lehrerkommentar 1)353

Abbildung 8: Luftballons im Klassenraum (Lehrerkommentar 2)354

Abbildung 9: Luftballons im Klassenraum (Lehrerkommentar 3)355

353 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 56 354

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 57

Page 68: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

64

Diese Aufgabe eignet sich besonders gut, um die Schülerinnen und Schüler selbstständig die

Volumsberechnung entdecken zu lassen. Dazu ist es auch wichtig, den Lernenden Materialien, die

ihnen dabei hilfreich sein könnten, zur Verfügung zu stellen. In diesem Fall wären das zum Beispiel

unterschiedlich groß aufgeblasene Luftballons. Anhand dieser größeren und kleineren Luftballons

können auch funktionale Zusammenhänge entdeckt werden.356

Im Weiteren wird nur noch die Vorderseite der Kärtchen als Abbildung eingefügt. Einige ausgewählte

weiterführende Fragen werden zitiert und auf die spezifischen, inhaltsbezogenen Kompetenzen, die

im Lehrerkommentar zur jeweiligen Frage angeführt sind, wird eingegangen.

Abbildung 10: Der Kopf des Kanzlers Adenauer357

Die Fragen zum Weiterdenken, die sich auf der Hinterseite des Kärtchens „Der Kopf des Kanzlers

Adenauer“ befinden, beziehen sich auf das Gewicht und die Menge des Materials der Statue.

Außerdem wird danach gefragt, wie groß das Auto sein müsste, mit dem der übergroße Kanzler

fahren könnte.358 Als spezifische Kompetenzen, die mit Hilfe dieser Aufgabe gefördert werden

können, werden der Umgang mit Längeneinheiten und das Rechnen mit Proportionalität sowie auch

die Umrechnung von Längeneinheiten angeführt.359 Die Schülerinnen und Schüler müssen vorerst,

355

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 57 356

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 56 357 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte B12 358 Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte B12 359

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 84

Page 69: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

65

um die Größe der Statue herauszufinden, einen Bezugspunkt im Foto finden und diesen zur weiteren

Berechnung einsetzen.360

Abbildung 11: Tropfender Wasserhahn361

Zwei der drei weiterführenden Fragen des Kärtchens „Tropfender Wasserhahn“ fordern die

Lernenden dazu auf, bewusster mit Wasser umzugehen und es nicht zu verschwenden. Somit sind

diese Fragen nicht nur für den Mathematikunterricht relevant, sondern für das Leben jedes Einzelnen

von Bedeutung: „Wie viel kostet das durch tropfende Wasserhähne verschwendete Wasser? In

welchem Verhältnis steht es zur Wassermenge, die Menschen in manchen armen Ländern zur

Verfügung steht?“362, „Wie groß ist die Menge, die man im Jahr für die Toilettenspülung aufwendet?

Welche Menge und wie viel Geld kann man hierbei sparen?“363. Mit diesen Fragen können die

Schülerinnen und Schüler sensibilisiert werden, bewusst mit Wasser umzugehen. Als mathematische

Kompetenz, die durch diese Aufgabe gefördert wird, wird die Grundvorstellung des Volumenbegriffs

genannt.364 Aber wie bereits erläutert wurde, kann die Tragweite einer derartigen Aufgabe bei

entsprechendem Einsatz weitaus größer sein.

Böer Heinz berichtet in seinem Artikel „Wasser sparen“ über ein mit den Schülerinnen und Schülern

durchgeführtes Projekt zum Thema Wasser sparen, bei dem es vorerst darum ging, die

Wassermengen, die für unterschiedliche Aktionen, wie zum Beispiel Duschen, Spülen, Putzen

verwendet werden, herauszufinden und dadurch auf den Wasserverbrauch einer Familie pro Woche

360

Vgl. Herget 2005: 6 361

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte C6 362 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte C6 363 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte C6 364

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 96

Page 70: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

66

zu kommen. Dies lässt sich dann schließlich auch auf ganze Ortschaften beziehungsweise Städte

hochrechnen. Wichtig war ihm bei der Bearbeitung dieser Fragen, dass auch darauf eingegangen

wird, wie und wo man im Alltag am ehesten Wasser sparen kann. Um auch die Öffentlichkeit darüber

zu informieren, wurde ein Quader erbaut, der das Volumen der verschwendeten Wassermengen für

die Toilettenspülung pro Person in einem Jahr darstellen sollte.365

Abbildung 12: Autos im Stau366

Bei den Fragen zum Weiterdenken zum Kärtchen „Autos im Stau“ wird mit der Frage „Wie viele

Fußballfelder bräuchte man, um alle Autos aus dem 6 km langen Stau darauf zu parken?“367 zur

Flächenberechnung übergegangen. Eine Frage, die für die Versorgung der Menschen innerhalb eines

länger andauernden Staus eine Rolle spielen könnte, ist: „Wie viele Menschen stehen jeden Tag in

Deutschland im Stau?"368. Diese Frage könnte auch auf einen speziellen Stau bezogen werden. Es

wird auch die Frage gestellt, ob alle Autos, die es in Deutschland (könnte man natürlich auch auf

Österreich beziehen) gibt, gleichzeitig auf die Straßen des eigenen Landes passen.369 Mit Hilfe dieser

Fragen könnte mit den Schülerinnen und Schülern auch eine Diskussion eingeleitet werden,

inwiefern es notwendig ist, das Auto zu benutzen, und welche Vorteile es mit sich bringen würde,

wenn mehr Menschen die öffentliche Verkehrsmittel verwenden würden. Als mathematische

Kompetenzen werden hier im Lehrerkommentar das Üben des Umgangs mit Maßeinheiten sowie das

365

Vgl. Böer, Heinz 1995: 12ff. 366

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte D4 367 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte D4 368 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte D4 369

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte D4

Page 71: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

67

Vertiefen von Vorstellungen zu Flächen und Längen genannt.370 Es wird auch ein Zusammenhang

zwischen Flächen- und Längeneinheiten hergestellt.

Abbildung 13: Von der Knolle zur Fritte371

Bei der Aufgabe „Von der Knolle zur Fritte“ kann man die Schülerinnen und Schüler auch

recherchieren lassen, denn von der Kartoffelernte wird kaum ein/e Lernende/r Bescheid wissen.372

Außerdem spielt in der heutigen Zeit gerade auch die Recherche von Daten eine wichtige Rolle. Das

Entnehmen der notwendigen Daten aus einer Fülle von Informationen ist eine wesentliche

Kompetenz, die im täglichen Leben immer wieder benötigt wird und deshalb auch geübt werden

sollte. Bei den Fragen zum Weiterdenken wird das Thema Fastfood-Ketten in Bezug auf Essen, aber

auch in Bezug auf Müll angesprochen.373 Hier könnte eine Diskussion über gesunde Ernährung, die

Verarbeitung von Lebensmitteln und den Umgang mit Müll angeschlossen werden. Als

mathematische Kompetenz wird hier das Arbeiten mit ungewöhnlichen Gewichts- und

Flächenmaßen genannt.374 Weitere dazu passende Fragen findet man auf einem Aufgabenblatt der

Cornelsen Mathemeisterschaft 2009. Folgendes Bild wird dort gezeigt:

370

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 110 371

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte E5 372 Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 128 373 Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte E5 374

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 128

Page 72: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

68

Abbildung 14: Kartoffel-Beispiel375

Bei der Beantwortung der Fragen zu diesem Foto, die sich unter anderem auf das Gewicht und die

Anzahl der Pommes beziehen, könnte ähnlich vorgegangen werden, wie bei der Bearbeitung der

Aufgabe B 12 (Der Kopf des Kanzlers Adenauer).376

Abbildung 15: Frische Brötchen377

Die Ausgangsfrage dieses Kärtchens könnte zum Thema des Wegwerfens von Lebensmitteln führen.

Man könnte beispielsweise schätzen lassen, wie viel Brot täglich in Österreich weggeworfen wird und

Diskussionen dazu anstellen, was dagegen gemacht werden könnte. Diese Frage könnte man auch

mit einer Recherche im Internet abschließen und die gefundenen Ergebnisse vergleichen und

diskutieren lassen. Die weiterführenden Fragen beziehen sich auf Zeit, Gewicht, Menge und Längen.

Unter anderem werden folgende Fragen gestellt: „Wie oft könnte deine Klasse zusammen

frühstücken, bis die berechnete Menge Brötchen aufgegessen ist? Wie lang wäre wohl die Schlange,

375 Cornelsen – Mathemeisterschaft 2009; Foto: Ines Petzschler 376 Vgl. Cornelsen – Mathemeisterschaft 2009 377

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte F7

Page 73: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

69

wenn man alle Brötchen hintereinander legen würde? Mit welcher Strecke könnte man die Länge

dieser Schlange vergleichen?“378 Als spezifische Kompetenz wird bei dieser Aufgabe das Rechnen mit

großen Zahlen angeführt.379 Aber auch der Umgang mit unterschiedlichen Einheiten wird geübt.

Abbildung 16: Baden gehen380

Da sich bei dieser Aufgabe unter den Fragen zum Weiterdenken auch ein Zeitungsartikel befindet,

der für die Schülerinnen und Schüler sehr reizvoll sein kann, wird hier auch die Hinterseite des

Kärtchens abgebildet:

Abbildung 17: Baden gehen (Hinterseite)381

378 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte F7 379 Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 150 380

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte G1

Page 74: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

70

Die mathematischen Kompetenzen, die mit Hilfe dieser Aufgabe gefördert und vertieft werden

können, sind zum einen die Grundvorstellungen zum Volumen und zum anderen das Rechnen mit

Flächen und Volumina sowie der Umgang mit verschiedenen Maßeinheiten. 382 Auch die

Aufforderung, sich selbst Fragen zur Situation auszudenken, kann sehr gewinnbringend für den

Unterricht sein. Die Vorteile, die der Einsatz von Zeitungsausschnitten im Mathematikunterricht mit

sich bringt, wurden bereits in Kapitel 4.2. erläutert.

Abbildung 18: Marmeladenbrote383

Die weiterführenden Fragen beziehen sich bei diesem Kärtchen darauf, wie viel man in seinem Leben

schon von bestimmten Lebensmitteln gegessen beziehungsweise getrunken hat.384 Hier ließe sich

wiederum eine Diskussion zu gesunder beziehungsweise zu einseitiger Ernährung anschließen, womit

man einen fächerübergreifenden Unterricht gewährleisten könnte. Diese Aufgabe zeigt auch, dass

sich gerade absurde Zeitungsausschnitte häufig sehr gut dazu eignen, Schülerinnen und Schüler zum

eigenständigen Arbeiten aufzufordern.

Allgemein lässt sich erkennen, dass es sich bei den mathematischen Kompetenzen, die mit Fermi-

Aufgaben gefördert und vertieft werden, vor allem um das Rechnen mit Längen, Flächeninhalten,

Volumina, Gewichten, Zeiteinheiten und Mengen sowie das Umformen in verschiedene

Maßeinheiten, das Schätzen, das Überschlagen und das Rechnen mit großen Zahlen und

Proportionalität handelt.

381

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte G1 382 Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 154 383 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte H12 384

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007: Karte H12

Page 75: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

71

4.5. Wie kann man Fermi-Aufgaben im Unterricht einsetzen?

Es gibt verschiedenste Möglichkeiten Fermi-Aufgaben im Unterricht einzusetzen. Man kann sie zum

Beispiel als Einstieg in ein neues Thema verwenden. In diesem Fall spricht man von einem

problemorientierten Einstieg. Fermi-Aufgaben eignen sich jedoch ebenso gut für das

Wiederaufgreifen von Inhalten, die bereits im Unterricht behandelt wurden. Es kann damit

festgestellt werden, inwieweit die Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, ihr Wissen, ihre

Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie im Unterricht erlernt haben sollten, flexibel einzusetzen und zur

Bearbeitung komplexer Situationen zu verwenden.385

Betrachtet man Leuders Kriterien für gute Einstiegsaufgaben in das Problemlösen, so kann man

feststellen, dass Fermi-Aufgaben durchaus dazu geeignet sind. Laut Leuders sollten geeignete

Einstiegsaufgaben für das Problemlösen folgende Kriterien erfüllen386:

Solche Aufgaben sollten - vom jeweils aktuellen Schulstoff relativ unabhängig sein - die Schüler dazu motivieren, eigene Methoden zu erfinden - verschiedene Lösungswege besitzen - die Verwendung heuristischer Methoden nahe legen - leicht verständlich und mit Alltagswissen interpretierbar sein.387

4.5.1. Einstieg in Fermi-Aufgaben

Sind die Schülerinnen und Schüler das Arbeiten mit offenen Aufgaben noch nicht gewohnt, so

müssen sie gewissermaßen auf diese Offenheit und auch auf die zu verwendende Kreativität

eingestimmt werden.388 Ebenso müssen die Selbstständigkeit und das eigenständige Denken bewusst

geübt werden, um mit offenen Fragestellungen umgehen zu können.389 Den Lernenden muss bereits

vor der Bearbeitung der ersten Fermi-Aufgaben bewusst gemacht werden, dass es nicht nur einen

einzigen richtigen Lösungsweg und auch keine eindeutige Lösung gibt.390 Um Fermi-Aufgaben

einzuführen, könnte eine erste Fermi-Aufgabe samt Lösung im Plenum besprochen werden.391 Im

Lehrerkommentar zur Fermi-Box wird davon ausgegangen, dass es sinnvoll ist, die allererste Fermi-

Aufgabe ausführlich und gemeinsam im Klassenverband zu bearbeiten, um den Schülerinnen und

Schülern das Prinzip von Fermi-Aufgaben klar zu machen und auch zu zeigen, welche Punkte bei der

Lösung einer derartigen Aufgabe bearbeitet werden sollen.392 Auch Etzold und Frantzke sind

derselben Meinung. Wichtig ist, dass bereits bei der gemeinsamen Bearbeitung der ersten Aufgabe

385

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 9f. 386

Vgl. Leuders 2001: 213 387

Leuders 2001: 213 388

Vgl. Hinrichs 2008: 150 389

Vgl. Maaß 2007a: 25 390 Vgl. Hinrichs 2008: 150 391 Vgl. Hinrichs 2008: 150 392

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 10 und 16

Page 76: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

72

darauf Wert gelegt wird, dass das Ergebnis interpretiert und validiert wird und dass es zu einer Phase

der Reflexion kommt.393

Bei fast allen Fermi-Aufgaben ist es lohnend, die Abhängigkeit des Ergebnisses von den getroffenen Annahmen zu diskutieren und so immer wieder auch das Denken in funktionalen Zusammenhängen zu schulen: „Wieso unterscheiden sich die Ergebnisse…?“, „Wie hängt das Ergebnis ab von…?“, „Was wäre wenn…?“

394

Es soll somit auch eine kritische Haltung gegenüber im Alltag vorkommenden Zahlen erreicht

werden.395 Im Anschluss an die Bearbeitung eines ersten gemeinsamen Beispiels könnte eine weitere

Aufgabe gestellt werden, die mittels des Ich-Du-Wir-Prinzips396 bearbeitet wird. Dies bedeutet, dass

zuerst jeder Einzelne für sich über die Aufgabe nachdenkt und einen möglichen Lösungsweg sucht

und diese im Anschluss daran innerhalb von Gruppen bearbeitet wird. Den Abschluss bildet eine

gemeinsame Besprechung und Reflexion im Plenum. Bei der Besprechung beziehungsweise der

Präsentation der Lösungen im Plenum sollte auch darauf Wert gelegt werden, die unterschiedlichen

Lösungswege zu vergleichen.397

Bei der Erstbehandlung von Fermi-Aufgaben sollte die Mathematik, die im Beispiel steckt, den

Schülerinnen und Schülern nicht zu große Probleme bereiten, damit nicht zu sehr vom eigentlichen

Ziel einer Fermi-Aufgabe abgelenkt wird. Es sollte vorerst hauptsächlich darum gehen, die

Schülerinnen und Schüler mit der Bearbeitung derartiger Aufgaben vertraut zu machen.398 Es ist

dabei besonders wichtig, dass sich die Lehrperson bei der Bearbeitung offener Problemstellungen

von Anfang an im Hintergrund hält, da die Schülerinnen und Schüler so eigene Ideen entwickeln und

einbringen können.399 Um Fermi-Aufgaben produktiv im Unterricht einsetzen zu können, sollte die

Lehrperson eine Moderatorenfunktion übernehmen. So können die Schülerinnen und Schüler

wirklich aktiv und selbstständig arbeiten und auch ihre eigenen Wege gehen.400 Ebenso muss gleich

zu Beginn klar gestellt werden, was mit Beispielen dieser Art erreicht werden soll und dass es bei der

Bearbeitung solcher Aufgaben durchaus erlaubt ist, Fehler zu machen,401 da Fehler nicht als

Anzeichen für Misserfolg, sondern als Begleiterscheinung des Lernprozesses, die das Verständnis

erweitern können, zu deuten sind. Fehler sind oft fruchtbar für das weitere Lernen, da sie häufig

bereits einen Kern richtigen Denkens enthalten und dazu dienen können, schlussendlich den

richtigen Weg zu finden. Wird dies im Unterricht beachtet, so kann das eigenständige Denken der

393

Vgl. Etzold; Franztke 2010: 51 394

Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 18 395

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 18 396

Siehe Kapitel 4.5.3. 397

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 10 und 16 398

Vgl. Etzold; Frantzke 2010: 52 399 Vgl. Maaß 2007a: 26 400 Vgl. Kaufmann 2006: 19 401

Vgl. Maaß 2007a: 26

Page 77: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

73

Schülerinnen und Schüler gefördert werden, da sie in einem angstfreien Klima lernen können.402 Ist

der Einstieg in den Bereich der Fermi-Aufgaben geschafft und sind die Schülerinnen und Schüler

einmal vertraut mit derartigen Aufgaben, kann man sie immer selbstständiger auch innerhalb von

Projekten, Wochenplänen und Freiarbeiten arbeiten lassen.403 In der Literatur wird immer wieder

erwähnt, dass auf die Bearbeitung einer Fermi-Aufgabe stets eine kritische Reflexion folgen soll, bei

der die angenommenen Werte nochmals überprüft werden und auch Verbesserungsvorschläge

einfließen können.404 Die Phase der Reflexion kann unter anderem auch dazu dienen, die Strategien,

die bei der Lösung des Problems verwendet wurden, zu verinnerlichen. Deshalb sollte diese Phase

bereits bei der Bearbeitung der allerersten Fermi-Aufgabe im Plenum stattfinden, da den

Schülerinnen und Schülern so bewusst gemacht werden kann, dass die Reflexion auch ein Teil des

Problemlösens ist.

Bevor jedoch überhaupt mit der Bearbeitung von Fermi-Aufgaben begonnen werden kann, muss die

Lehrperson den Einsatz offener Aufgaben im Unterricht gut überlegen und vorbereiten. Man sollte

sich fragen, ob es Begriffe gibt, die vor der Bearbeitung der Aufgabe im Plenum abgeklärt werden

sollten um sicherzustellen, dass alle Schülerinnen und Schüler die Aufgabe verstehen. Außerdem

sollte man sich klar machen, welche Ideen die Kinder bezüglich des Lösungsweges haben könnten

und welche Materialien sie dafür benötigen werden. Man sollte auch genügend Zeit für die

Bearbeitung einer offenen Aufgabe einplanen, da nicht die Anzahl der Beispiele, die im Unterricht

behandelt werden, zählt, sondern vielmehr die Qualität, mit der sie behandelt werden. Des Weiteren

ist es wichtig, sich als Lehrperson zu überlegen, wie man Lernende, die überhaupt keine Ideen haben

und auch nicht ansatzweise auf eine Lösung kommen, unterstützen könnte.405 Dieser letzte Punkt

führt bereits zum nächsten Teilkapitel, in dem es darum geht, wie man den Schülerinnen und

Schülern den Umgang mit offenen Aufgaben erleichtern kann, welche Strukturen den Lernenden bei

der Bearbeitung von Fermi-Aufgaben hilfreich sein könnten und welche Hilfen man den Lernenden

bei absoluter Ratlosigkeit anbieten könnte.

4.5.2. Schemata und Hilfestellungen für die Bearbeitung von Fermi-Aufgaben

Um den Lernenden die Bearbeitung von Fermi-Aufgaben zu erleichtern, ist es notwendig, ihnen

gewisse Strukturen vorzugeben, nach denen sie vorgehen können. Diese jeweilige, von der

Lehrperson gewählte Struktur muss den Schülerinnen und Schülern jedoch zuvor bewusst gemacht

402

Vgl. Heymann 1996: 260f.; Vgl. Törner; Zielinski 1992: 255; Vgl. Wassmaier 2009: 73ff. 403 Vgl. Bruder; Herget; Leuders; Müller 2007b: 11 404 Vgl. unter anderem Bruder; Herget; Leuders; Müller 2007b: 12 405

Vgl. Bongartz; Verboom 2007: 146ff. – nach Kira o.J. a; vgl. Walther o.J.: 25f.

Page 78: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

74

werden.406 Da bei Fermi-Aufgaben auch in gewisser Weise mathematisch modelliert, das heißt ein

Bezug zwischen der Realität und der Mathematik hergestellt wird407 , stellt der Ablauf von

Modellierungsprozessen einen guten Anhaltspunkt für eine mögliche Struktur zur Bearbeitung von

Fermi-Aufgaben dar.408 Der gesamte Modellierungsprozess lässt sich in gewisse Phasen zerlegen, die

bei jeder Modellierung durchlaufen werden sollen. Diese Phasen lassen sich innerhalb eines

Kreislaufschemas darstellen.409 Neben dem Modellierungskreislauf, der gut für Fermi-Aufgaben

genutzt werden kann, da er angibt, was bei offenen Aufgaben alles berücksichtigt werden sollte, gibt

es in der Literatur auch eine Vielzahl von Listen, in denen Anweisungen gegeben oder Fragen gestellt

werden, die bei der Bearbeitung von offenen Aufgaben helfen sollen. Hier werden vorerst zwei

Modellierungskreisläufe vorgestellt, die bei der Bearbeitung von Fermi-Aufgaben – vielleicht in

vereinfachter Form – in der Schule verwendet werden könnten. Ausgangspunkt für viele der in der

Literatur zu findenden Modellierungskreisläufe ist jener von Blum und Leiß, der relativ ausführlich,

jedoch sehr klar strukturiert ist:

Abbildung 19: Modellierungskreislauf von Blum und Leiß410

Reale Situationen können anhand von Modellen beschrieben werden. Dazu wird die Realität meist

vereinfacht dargestellt und es werden nur die für die Berechnung relevanten Aspekte

berücksichtigt.411 Die meist komplexe Realsituation wird innerhalb des Modellierungskreislaufes auf

die grundlegenden, für die Berechnung der Lösung notwendigen Merkmale reduziert.412 Es kann

nicht von richtigen und falschen Modellen gesprochen werden, sondern es sollte stets die

406

Vgl. Blum 2007: 9 407

Vgl. Etzold; Frantzke 2010: 50; vgl. Hinrichs 2008: 1 408

Vgl. Kittel; Marxer 2005: 14 409

Vgl. Hinrichs 2008: 18 410 Kira o.J. b 411 Vgl. Hinrichs 2008: 8f. 412

Vgl. Greefrath 2007: 18

Page 79: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

75

Angemessenheit des Modells hinsichtlich der Fragestellung betrachtet werden.413 Je nachdem, was

mit der Modellierung bezweckt beziehungsweise welches reale Problem damit gelöst werden soll,

wählt man ein dafür geeignetes Modell aus.414

Nun aber zum oben dargestellten Modellierungskreislauf von Blum und Leiß: Im ersten Schritt geht

es vor allem darum, die Realsituation beziehungsweise die komplexe, problemhaltige

Aufgabenstellung der Realität zu verstehen. Anschließend wird diese vereinfacht, strukturiert und

idealisiert, wodurch ein Realmodell entsteht. Dieses soll die Problemstellung möglichst gut

widerspiegeln, aber auch nicht zu kompliziert sein. Um ein solches Realmodell zu erstellen, bedarf es

einer gewissen Kreativität. In weiterer Folge wird das Realmodell mathematisiert, wodurch

schließlich das mathematische Modell entsteht. Bei der Erstellung des mathematischen Modells

muss man sich bereits fragen, welche Mittel zur Lösung des Problems zur Verfügung stehen.415 Die

beiden Phasen – das Vereinfachen und das Mathematisieren – lassen sich jedoch oft nur schwer

voneinander trennen, da es sich bereits beim Realmodell häufig um geometrische Figuren oder

Körper handelt. Das mathematische Modell wird schließlich mit Hilfe von heuristischen Strategien

und mathematischen Fähigkeiten bearbeitet, sodass man auf eine mathematische Lösung kommt.

Die mathematischen Ergebnisse müssen anschließend wieder auf die reale Situation zurückgeführt

und interpretiert werden. So erhält man das reale Resultat, welches validiert werden muss. Das

heißt, das reale Resultat muss überprüft und bewertet und die Grenzen des Modells müssen

ausgelotet werden.416 Beim Validieren geht es vor allem darum, sich zu überlegen, wie man die

Qualität der Lösung verbessern könnte, oder ob die Genauigkeit der Lösung bereits gut genug ist.417

Die Schülerinnen und Schüler sollten darauf hingewiesen werden, dass das Endergebnis stark von

den ursprünglich gewählten Daten abhängt.418 Dies kann auch anhand von Vergleichen passieren,

beziehungsweise kann darauf geachtet werden, wie sich die Ergebnisse voneinander unterscheiden,

wenn die ursprünglichen Annahmen verändert werden. Stellt sich heraus, dass die gefundene Lösung

oder auch die gewählte Vorgehensweise für das reale Problem nicht angemessen ist oder man eine

höhere Genauigkeit benötigen würde, so muss der Modellierungskreislauf erneut durchlaufen und

einzelne Teilschritte verändert werden. 419 Ist man mit dem erhaltenen Ergebnis so weit zufrieden,

sollte der gesamte, durchlaufene Modellierungskreislauf noch dargelegt und erklärt werden. Diese

Phase hat vor allem didaktische Funktion, da dadurch kommunikative und argumentative

413

Vgl. Hinrichs 2008: 8f. 414

Vgl. Holzäpfel; Streit 2009: 23; Leuders; Maaß 2005: 3 415

Vgl. Kittel; Marxer 2005: 16 416

Vgl. Büchter; Leuders 2005: 19; vgl. Hinrichs 2008: 20ff.; vgl. Maaß 2004: 20; vgl. Maaß 2007a: 14f. 417

Vgl. Marxer 2005: 25 418 Vgl. Möwes-Butschko 2009: 16 419 Vgl. Henn; Maaß 2003: 3; Vgl. Hinrichs 2008: 20ff.; vgl. Kittel; Marxer 2005: 16; vgl. Maaß 2004: 20; vgl. Maaß 2007a: 14f.

Page 80: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

76

Kompetenzen gefördert werden können.420 Es sollte auch darauf Wert gelegt werden, dass immer

wieder Phasen der Reflexion in den Unterricht eingebaut werden, da diese zum allgemeinen

Verständnis gewisser Prozesse beitragen und so den Lernprozess vorantreiben.421 Die Lernenden

sollen Verantwortung übernehmen und lernen, Lösungen kritisch zu betrachten, zu bewerten und

den eigenen Lösungsweg anderen zu beschreiben und diesen auch zu rechtfertigen.422

Den Schülerinnen und Schülern sollte eine vereinfachte Form des zuvor dargestellten

Modellierungskreislaufs näher gebracht werden, da dieser für den Einstieg in Fermi-Aufgaben zu

komplex ist. Innerhalb eines Modellierungskreislaufes für Lernende sollten die abstrakten

Schlagworte durch einfachere Begriffe, vielleicht auch durch konkrete Fragestellungen ersetzt

werden. Unter Umständen wird auch nicht zwischen dem Situationsmodell, dem Realmodell und

dem mathematischen Modell unterschieden und das Interpretieren und Validieren werden nicht

getrennt voneinander angeführt. 423 In der Literatur finden sich verschiedene vereinfachte

Modellierungskreisläufe, wobei sich das einfachste Modell rein in die Schritte Aufgabe verstehen,

rechnen und Ergebnis erklären gliedern lässt.424 Ein etwas ausführlicheres Modell, das auch sehr gut

für die Bearbeitung von und vor allem für den Einstieg in Fermi-Aufgaben verwendet werden kann,

ist folgendes:

Abbildung 20: Vereinfachter Modellierungskreislauf425

Um zu zeigen, wie dieser vereinfachte Modellierungskreislauf in Bezug auf Fermi-Aufgaben

anwendbar ist, wird eine Fermi-Aufgabe anhand dieses Kreislaufes durchexerziert. Dazu wird die

Frage, wie viele Personen wohl in einem sechs Kilometer langen Stau feststecken426, verwendet:

- Das reale Problem wird durch die Fragestellung klar. Es geht darum herauszufinden, wie viele

Personen sich in einem sechs Kilometer langen Stau befinden.

- Um ein mathematisches Modell zu erhalten, muss die reale Situation vereinfacht werden.

Außerdem müssen gewisse Annahmen getroffen werden.

420

Vgl. Hinrichs 2008: 20ff.; vgl. Maaß 2004: 20; vgl. Maaß 2007a: 14f. 421

Vgl. Peschek; Prediger; Schneider 2008: 2 und 6 422

Vgl. Marxer 2005: 31 423

Vgl. Hinrichs 2008: 31f. 424 Vgl. Reiss; Zöttl 2010: 21 425 Maaß 2007a: 30 426

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 8

Page 81: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

77

- Mathematisches Modell: Es kann beispielsweise angenommen werden, dass ein Auto eine

durchschnittliche Länge von vier Metern hat, dass es sich um eine dreispurige Autobahn

handelt, dass ungefähr jedes fünfte Fahrzeug ein LKW mit durchschnittlicher Länge von 16

Metern ist und dass der Abstand zwischen den Fahrzeugen je ungefähr 3 Meter beträgt.

- Dieses mathematische Problem wird nun mit Hilfe von mathematischen Mitteln gelöst: 6 km

= 6000 m. Man berechnet die Länge von 4 PKWs und einem LKW inklusive der Abstände: 4 ∙ 4

(PKW-Länge) + 5 ∙ 3 (Länge der Abstände) + 16 (LKW-Länge) = 47 m. Wie oft geht nun diese

Kolonne von 4 PKWs und einem LKW in die 6 km? 6000 : 47 ≈ 127 ≈ 130. Da es sich um eine

dreispurige Autobahn handelt, gilt: 130 ∙ 3 = 390 ≈ 400. Das heißt, die angenommene

Kolonne steht in der Form ungefähr 400mal innerhalb der 6 km, was wiederum bedeutet,

dass es sich um circa 400 LKWs und 400 ∙ 4 = 1600 PKWs handelt. Wir nehmen an, dass in

jedem LKW genau eine Person und in den PKWs durchschnittlich 2 Personen sitzen. Somit

erhält man: 400 ∙ 1 (Personen im LKW) + 1600 ∙ 2 (Personen im PKW) = 400 + 3200 = 3600.

- Reale Lösung: Bezieht man die mathematische Rechnung wieder zurück auf die Realität, so

bedeutet das, dass ungefähr zwischen 3000 und 4000 Personen in einem 6 Kilometer langen

Stau stecken.

- Um die reale Lösung auch auf die Richtigkeit und somit auf die Eignung für das reale Problem

zu testen, kann man eine minimale Lösung und eine maximale Lösung berechnen und

überprüfen, ob der zuvor errechnete Wert innerhalb dieses Bereiches liegt.

o Minimale Lösung: Annahme: zweispurige Autobahn, Fahrzeuglänge = 15 m, Abstand

zwischen den Fahrzeugen = 5 m und in jedem Fahrzeug befindet sich eine Person.

6000 : 20 (Fahrzeuglänge + Abstand) = 300 (Fahrzeuge). 300 ∙ 2 (Spuren) = 600. Das

heißt, ungefähr 600 Personen befinden sich im Stau.

o Maximale Lösung: Annahme: vierspurige Autobahn, Fahrzeuglänge = 4 m, Abstand

zwischen den Fahrzeugen = 1 m. Personen pro Fahrzeug = 3. Dann gilt: 6000 : 5

(Fahrzeuglänge + Abstand) = 1200. 1200 ∙ 4 (Spuren) = 4800. 4800 ∙ 3 (Personen) =

14400. Also stehen rund 14400 Personen im Stau.

Daraus lässt sich feststellen, dass das zuvor errechnete Ergebnis tatsächlich in diesem

Bereich liegt und somit durchaus möglich ist.

Der Modellierungskreislauf soll jedoch nicht nur zur Bearbeitungen von offenen Aufgaben, wie zum

Beispiel Fermi-Aufgaben, verwendet werden. Es soll auch über ihn nachgedacht werden, da dies die

Schülerinnen und Schüler dazu anregt, ihr eigenes Vorgehen zu reflektieren, was wiederum zu einem

Page 82: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

78

bewussteren und nachhaltigeren Kompetenzzuwachs führen kann.427 Dieses Nachdenken über den

Modellierungskreislauf auf Metaebene soll den Schülerinnen und Schülern das Bearbeiten offener

Aufgaben grundlegend erleichtern.428 Den Lernenden soll jedoch nicht nur der Modellierungskreislauf

als Gesamtes bewusst gemacht werden, sondern auch die einzelnen Teilschritte und die

verwendeten Strategien sollen explizit besprochen werden. 429 Das Betrachten des

Modellierungskreislaufes auf Metaebene soll die Lernenden dazu bringen, selbstständig komplexe

Problemstellungen aufzugreifen und diese zu lösen.430 Die Schülerinnen und Schüler sollen dazu

angeregt werden, kritisch über Ergebnisse nachzudenken und diese nicht bloß hinzunehmen. Die

Ergebnisse sollen auch auf die Realsituation bezogen werden. Durch Aufgaben, die anhand des

Modellierungskreislaufes bearbeitet werden, soll außerdem vermieden werden, dass die Lernenden

unreflektiert Standardverfahren anwenden, ohne sich über die Lösbarkeit des Problems Gedanken zu

machen.431

Um den Schülerinnen und Schülern das Reflektieren über den Lösungsweg und die Problemstellung

zu erleichtern, ist es hilfreich, ihnen gewisse Fragen zu stellen oder Anregungen zum gewünschten

Vorgehen zu formulieren. Hier nur eine kleine, mögliche Auswahl:

- Überprüfe das Ergebnis! - Ist das Ergebnis sinnvoll? - Wie bist du vorgegangen? - Begründe dein Vorgehen! […] - Was konnte ich lernen? […] - Was will ich nächstes Mal anders machen?432

Es kann auch durchaus interessant sein, die Lernenden nach der Bearbeitung einer offenen Aufgabe

aufzufordern, darüber nachzudenken, welche allgemeinen Tipps und Ratschläge sie anderen

Schülerinnen und Schülern geben würden, die noch nie eine offene Aufgabe bearbeitet haben.433

Die Bearbeitung offener Aufgaben kann jedoch nicht nur anhand des Modellierungskreislaufs

geschehen, sondern es gibt auch zahlreiche Fragen und Anregungen, die den Schülerinnen und

Schülern dabei helfen können, die Problemstellung besser zu verstehen und das Problem zu lösen.

Oft genügen einzelne Fragen, um den Lernenden die Bearbeitung der Aufgabe zu erleichtern:

- Worum geht es in dieser Aufgabe? - Was weiß ich schon im Zusammenhang mit diesem Problem? - Welche Methoden und Techniken stehen mir zur Verfügung?434

427

Vgl. Hinrichs 2008: 55 428

Vgl. Maaß 2005a: 21 429

Vgl. Etzold; Frantzke 2010: 51 430

Vgl. Maaß 2004: 36; vgl. Maaß 2005a: 22 431 Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 19 432 Bruder; Leuders; Büchter 2008: 90 433

Vgl. Kellermann; Wagner; Wörn 2010: 50

Page 83: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

79

Was ist jedoch zu tun, wenn man eine Fermi-Aufgabe oder ein anderes offenes Beispiel stellt und

einige Schülerinnen und Schüler bei der Bearbeitung dieser Probleme haben? Hier gilt natürlich, auch

wenn die Lernenden eigenständig arbeiten sollen, dass die Lehrperson die Möglichkeit hat,

Hilfestellungen anzubieten. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass nur geholfen werden soll,

wenn es wirklich notwendig ist und dass auch nur minimal geholfen werden soll, um die Schülerinnen

und Schüler nicht zu sehr in ihren Ideen zu beeinflussen.435 Denn wenn die Komplexität einer Aufgabe

derart durch Lösungshinweise heruntergeschraubt wird, dass eine Routineaufgabe daraus entsteht,

so verliert sie ihren Reiz, was sich wiederum negativ auf den Unterricht auswirken kann.436

Im Zweifelsfall gilt: Man sollte lieber auch mal eine einfachere Schülerlösung akzeptieren, um die Schüler ans selbstständige Denken heranzuführen, als sie durch geführte Hilfen zur Wunschlösungen zu führen. Lässt man nach einer Schülerarbeitsphase die verschiedenen Lösungen präsentieren, so erhalten auch die Schüler, die selbst einfache Lösungswege entwickelt haben, Einblicke in die komplexeren Lösungen. Vergleichende Diskussionen über die verschiedenen Lösungswege im Plenum unterstützen dies.

437

Im Buch „Mathematisches Modellieren. Aufgaben für die Sekundarstufe I“ von Katja Maaß befindet

sich eine Liste mit gestuften Hilfen, die man bei Modellierungs- und überhaupt bei offenen Aufgaben

verwenden kann. Es wird zwischen Motivationshilfen, Rückmeldungshilfen, allgemein-strategischen,

inhaltsorientierten strategischen und inhaltlichen Hilfen unterschieden. 438 Innerhalb dieser

verschiedenen Hilfen kann man sich jeweils für indirekte oder direkte Hilfen entscheiden. Bei

direkten Hilfen wird ein spezieller Schüler/eine spezielle Schülerin bezüglich einer konkreten Stelle

innerhalb der Problembearbeitung angesprochen. Indirekte Hilfen beziehen sich hingegen auf die

gesamte Klasse und sind vorwiegend allgemein gehalten.439

Nun einige Auszüge der gestuften Hilfestellungen nach Maaß:

Motivationshilfen: „Du wirst das schon schaffen!“ […]

Rückmeldungshilfen: […]„Da musst du noch mal nachrechnen“

allgemein-strategische Hilfen: „Lies dir die Aufgabe genau durch!“ […] „Welche Daten benötigst du, wie kannst du sie erhalten?“ […]

inhaltsorientierte strategische Hilfen: „Welche Werte fehlen dir? Versuche, Angaben dafür zu schätzen!“ „Welche Bedeutung hat dieser Wert für das Lösen der Aufgabe?“ […]

inhaltliche Hilfen: „Stelle einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Werten her!“440

434

Bruder; Büchter; Leuders 2008: 48 435

Vgl. Blum 2007: 9; vgl. König-Wienand; Langer; Lewe 2003: 45; vgl. Maaß 2007a: 31 436

Vgl. Walther o.J.: 25f. 437

Maaß 2007a: 33 438 Vgl. Greefrath 2010: 206; vgl. Maaß 2007a: 31f. 439 Vgl. Zech 1998: 315ff – zitiert nach Greefrath 2010: 206 440

Maaß 2007a: 31f.

Page 84: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

80

Auch Büchter und Leuders führen einige allgemein-strategische Hilfestellungen an. Darunter befindet

sich unter anderem der Hinweis, dass, wenn geschätzt wird, der kleinstmögliche und der

größtmögliche Wert und deren Auswirkungen auf das Ergebnis betrachtet werden sollen. Im

Weiteren wird darauf hingewiesen, dass das Ergebnis auf die Sinnhaftigkeit geprüft werden soll.441

Auch die Fragen von Pólya, die Leuders in „Qualität im Mathematikunterricht der Sekundarstufe I

und II“ zitiert, fallen zum Teil in den Bereich der allgemein-strategischen Hilfen. Einige Fragen sind

jedoch den inhaltsorientierten strategischen Hilfen zuzuordnen.

Pólya untergliedert den Prozess des Problemlösens in vier unterschiedliche Phasen:

- Problem verstehen: Die Lernenden sollen sich geeignete Fragen stellen und überlegen, ob

das Problem überhaupt lösbar ist.

- Lösungsplan erstellen: Es sollen bekannte Strategien genutzt und Zusammenhänge zwischen

den Daten hergestellt werden.

- Lösungsplan durchführen: Das Problem soll gelöst werden.

- Rückschau und Kontrolle: Durch die Reflexion soll den Schülerinnen und Schülern die

verwendete Methode bewusst gemacht werden, wodurch sie auch für andere, neue

Probleme anwendbar sein soll.442

In die erste Phase fallen viele, der von Maaß genannten allgemein-strategischen Hilfen. Pólya fordert

die Lernenden innerhalb der ersten Phase auch dazu auf, eine Zeichnung zum Problem anzufertigen.

In der zweiten Phase, in der es darum geht, einen Lösungsplan zu erstellen, sollen ähnliche Probleme

betrachtet, das Problem so weit wie notwendig vereinfacht und in leichter lösbare Teilprobleme

zerlegt werden. Anschließend soll versucht werden, die einzelnen Teilprobleme zu lösen. Die

Lernenden werden auch aufgefordert, die vollbrachten Schritte auf ihre Richtigkeit und Sinnhaftigkeit

zu kontrollieren. Dies fällt jedoch auch schon in die Phase der Rückschau und Kontrolle. In dieser

Phase sollen laut Pólya auch Grenz- und Spezialfälle des Problems betrachtet werden.443

Bezüglich der Hilfestellungen muss auch auf die Fermi-Box verwiesen werden, da diese eine Karte

beinhaltet, die den Schülerinnen und Schülern Hilfestellungen bei der Lösung dieser Aufgaben

anhand von Fragen bietet:

441

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 161 442 Vgl. Pólya, George (1945): How to solve it. Princeton University Press – nach Bruder; Collet 2011: 18; nach Leuders 2001: 212 und nach Rasch 2001: 43 443

Vgl. Pólya, George (1945): How to solve it. Princeton University Press - zitiert nach Leuders 2001: 212

Page 85: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

81

Abbildung 21: Antworten finden444

Diese Fragen implizieren einige Schritte des Modellierungskreislaufes. Die ersten beiden Fragen

„Worum geht es? Was will ich herausfinden?“ 445 beziehen sich auf die reale Situation. Die

darauffolgenden Fragestellungen beziehen sich zum Teil auf den Übergang von der Realsituation zum

mathematischen Modell. Schließlich wird durch die Frage „Mit welchen kleinen Schritten kann ich

mich der Lösung nähern?“ auf die mathematische Lösung des Problems Bezug genommen und

anschließend wird auch die Phase des Reflektierens und Validierens angesprochen. Grottenthaler

und Vogel haben in ihrem Artikel zu Fermi-Aufgaben ebenfalls einen Leitfaden für Schülerinnen und

Schüler zur Bearbeitung von Fermi-Aufgaben verfasst, wobei viele der Teilfragen bereits innerhalb

der zuvor genannten Konzepte angeführt wurden. In diesem Leitfaden heben sie hervor, dass es

wichtig ist, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass sie keine Angst haben sollen, Fehler zu

machen. Sie sollen kreativ sein und eigene Wege einbringen können. Sie betonen jedoch auch, dass

die eigenen Wege, die bei der Lösung der Problemstellung gegangen werden, begründet und für

andere nachvollziehbar dargestellt werden müssen. 446 Sie haben auch einen Leitfaden zur

Bearbeitung von Fermi-Aufgaben innerhalb von Gruppen erstellt, wobei sie davon ausgehen, dass

der Gruppenarbeitsphase eine Einzelarbeitsphase vorausgeht, in der sich jede/r Einzelne

selbstständig einen möglichen Lösungsweg überlegt. Innerhalb dieses Leitfadens werden die

Schülerinnen und Schüler dazu aufgefordert, sich die Lösungsvorschläge jedes/r Einzelnen anzuhören

und schlussendlich eine gemeinsame Lösung zu finden und diese wiederum Schritt für Schritt

444 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte „Antworten finden“ 445 Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007a: Karte „Antworten finden“ 446

Vgl. Grottenthaler; Vogel 2010: 11

Page 86: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

82

festzuhalten und zu erläutern. Als Hilfe für das Aufschreiben des Lösungsweges werden folgende

Fragen genannt:447

- Wie kommt die Lösung zustande? - Was habt ihr gerechnet? Warum? - Welche Werte habt ihr geschätzt? - Erläutert, wie ihr aus den drei [möglicherweise unterschiedlichen] Einzelvorschlägen zu einem

gemeinsamen gekommen seid: Welche Punkte habt ihr von wem übernommen und warum/warum nicht?448

Insgesamt kann festgehalten werden, dass in der Literatur zahlreiche unterschiedliche Möglichkeiten

geboten werden, die Bearbeitung von Fermi-Aufgaben beziehungsweise von offenen Aufgaben im

Allgemeinen anzuregen. Hierfür spielt natürlich der Modellierungskreislauf eine bedeutsame Rolle,

da er nicht nur für eine spezielle Art von Aufgaben anwendbar ist, sondern flexibel für diverse offene

Fragestellungen eingesetzt werden kann. Für die Lehrperson ist es meines Erachtens wichtig, sich

bereits vor dem Einsatz einer offenen Aufgabe im Unterricht genau zu überlegen, wie diese von den

Schülerinnen und Schülern bearbeitet werden soll und was von den Lernenden erwartet wird. Dies

soll wiederum auch an die Schülerinnen und Schüler weitergegeben werden. Außerdem sollte sich

die Lehrperson zuvor bereits eine Auswahl an gestuften Hilfestellungen zurechtlegen, damit sie nicht

Gefahr läuft, den Schülerinnen und Schülern den gesamten Lösungsweg vorzugeben, da so der Sinn

einer offenen Aufgabe verloren gehen würde. Um das Potential einer Aufgabe vollständig zu nutzen,

Modellierungskompetenzen weiter zu entwickeln und den Lernzuwachs bewusst zu machen, ist es

notwendig, Reflexionsanlässe zu bieten. Dies können Aufforderungen sein, darüber nachzudenken,

welche Methoden, Verfahren und Strategien nützlich waren, um das Problem zu lösen, oder

unterschiedliche Beispiele, deren Lösungswege miteinander verglichen und deren Unterschiede und

Gemeinsamkeiten hervorgehoben werden.449

4.5.3. Welche Unterrichtsmethoden und -formen eignen sich besonders gut für den Einsatz von

Fermi-Aufgaben?

Neben der Auswahl der Aufgaben kommt es vor allem auf den Umgang mit den Aufgaben an, um bei

den Schülerinnen und Schülern einen guten Lernerfolg zu erzielen und sie zu aktivieren. Eine gute

Auswahl von unterschiedlichen Beispielen ist eben noch keine Garantie für erfolgreiches Lernen.450

Genau in diesem Punkt kommen somit die Unterrichtsmethoden ins Spiel.

447

Vgl. Grottenthaler; Vogel 2010: 12 448 Grottenthaler; Vogel 2010: 12 449 Vgl. Bruder; Leuders; Büchter 2008: 48; vgl. Kellermann; Wagner; Wörn 2010: 48 450

Vgl. Barzel; Büchter; Leuders 2007: 7; vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 51f.

Page 87: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

83

Erfolgreiches Lernen wird ermöglicht durch eine Vielfalt von Unterrichtsmethoden, bei denen sowohl selbsttätige als auch gelenkte Lernprozesse flexibel und situationsabhängig eingesetzt werden.451

Um jedoch die Ausgangsfrage klären und schließlich auf die verschiedenen Unterrichtsmethoden, die

sich für den Einsatz von Fermi-Aufgaben eignen, eingehen zu können, muss vorerst deklariert

werden, was eigentlich unter einer Unterrichtsmethode verstanden werden kann.

Unter einer Unterrichtsmethode verstehen wir eine typische Handlungsfolge im Unterricht, die folgende Aspekte umfasst:

Sie hat allgemeinen Charakter, d.h., sie kann in ähnlicher Form flexibel in immer neuen Zusammenhängen ablaufen.

Sie ist zielorientiert, d.h., sie ist verbunden mit klar formulierten, spezifischen Funktionen, die es möglich machen, zu entscheiden, inwiefern die Methode zum Erreichen bestimmter Ziele geeignet ist.

Sie ist strukturiert, d.h., sie beschreibt, auf welche Weise die Beteiligten (im Idealfall) handeln und miteinander kommunizieren.

452

Trotz aller Vielfalt der Methoden gibt es doch ein Merkmal, das sie eint: Sie verfolgen das Ziel, Anregung für einen Mathematikunterricht zu geben, in dem die mathematische und soziale Aktivität, das Denken, Handeln und Kommunizieren, oberstes Ziel ist.

453

Gerade kooperative Lernformen können sich positiv auf das Lernen der Schülerinnen und Schüler

auswirken, da sie unter anderem zur Entwicklung des Sozialverhaltens der Lernenden beitragen

können.454 Leuders nennt verschiedene Gründe, warum man Methoden, die kooperatives Lernen

fördern, stärker in den Unterricht einbringen sollte: Durch kooperative Lernformen wird jeder

Einzelne stärker aktiviert und dazu aufgefordert, sich zu engagieren und zu beteiligen. Außerdem

werden kommunikative Kompetenzen sowie auch die Kooperations- und die

Verantwortungsbereitschaft gefördert. Die Schülerinnen und Schüler lernen gemeinsam zu arbeiten

und haben im Idealfall auch keine Angst davor, ihre Kolleginnen und Kollegen um Hilfe zu bitten.455

Kooperatives Lernen unterstützt aber vor allem auch das konstruktivistische Lernen. Insgesamt fasst

Leuders die Vorzüge kooperativer Lernformen folgendermaßen zusammen:456

Kooperative Lernformen bilden die Grundlage dafür, dass kognitives Lernen und soziales Lernen im Unterricht miteinander verbunden werden.457

Um das kooperative Lernen zu fördern, bedarf es jedoch komplexer Aufgaben, die sich auf

unterschiedlichen Niveaus und mit verschiedenen Mitteln lösen lassen. Es sollten auch Aufgaben

sein, bei denen durch die Kooperation untereinander die Bearbeitung und Lösung des Problems

451

Leuders 2001: 148 452

Barzel; Büchter; Leuders 2007: 22 453

Barzel; Büchter; Leuders 2007: 24 454

Vgl. Rasch 2001: 72 455 Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 129ff. 456 Vgl. Leuders o.J.: 1 457

Leuders o.J.: 1

Page 88: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

84

erleichtert wird.458 Dazu bieten sich somit gerade offene Aufgaben, wie zum Beispiel Fermi-Aufgaben,

an.

Anhand dieser allgemeinen Einführung zu Unterrichtsmethoden lässt sich klar erkennen, dass diesen

eine wesentliche Rolle im Mathematikunterricht zukommt. Dazu stellen sich jedoch folgende Fragen,

die innerhalb dieses Kapitels beantwortet werden sollen: Welche Methoden eignen sich besonders

gut für den Einsatz von Fermi-Aufgaben? Und mit welchen Methoden kann kooperatives Lernen

gefördert werden?

4.5.3.1. Mögliche Unterrichtsmethoden/-formen zur Bearbeitung von Fermi-Aufgaben

Gruppenarbeit: Die Gruppenarbeit spielt eine wichtige Rolle für die Förderung der sozialen und

kommunikativen Kompetenzen, da die Schülerinnen und Schüler gemeinsam Lösungen erarbeiten,

die im Anschluss daran im Plenum präsentiert werden können. Zusätzlich werden durch

Gruppenarbeiten auch Möglichkeiten zur so genannten informellen Kommunikation geschaffen. Das

heißt, die Lernenden können in einem angstfreien Klima arbeiten und diskutieren und stehen so

nicht ständig unter dem Druck, bewertet zu werden.459 So kann es bei der Bearbeitung von Fermi-

Aufgaben innerhalb von Kleingruppen auch zur Wissenskonstruktion bei leistungsschwächeren

Schülerinnen und Schülern kommen. Dies ist in Gruppen, in denen sich alle Mitglieder wohl fühlen,

leichter möglich, als in solchen, in denen sich die Lernenden untereinander nicht verstehen.

Innerhalb eines guten Klimas trauen sich auch leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler

Vermutungen zu äußern und überwinden so ihre Angst, sich zu blamieren.460 Im Weiteren fragen

Schülerinnen und Schüler, wenn sie gemeinsam mit Gleichaltrigen arbeiten, eher nach, wenn sie

etwas nicht verstanden haben.461

Maaß vertritt die Meinung, dass die Gruppenzusammensetzungen regelmäßig gewechselt werden

sollten, um so die Vorzüge jeder Variante genießen zu können. Bei leistungsheterogenen Gruppen

können beispielsweise leistungsschwächere Lernende von den stärkeren profitieren, bei

leistungshomogenen Gruppen fällt es wiederum allen Lernenden leichter, sich einzubringen. Auch

Gruppen, die per Zufallsentscheidung entstehen, können ungeahntes Potential aufbringen.462 Das

Grundprinzip einer guten Gruppenarbeit sollte sein, dass jedes Mitglied Verantwortung für die

Gruppe und somit auch für das Handeln der anderen übernimmt.463

458

Vgl. Leuders o.J.: 6; vgl. Röhr 1995: 389 459

Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 84ff. 460

Vgl. auch Peter-Koop 2003: 123ff. 461 Vgl. auch Rasch 2001: 301 462 Vgl. auch Maaß 2005a: 21 463

Vgl. auch Heymann 1996: 258

Page 89: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

85

Cohen ist der Meinung, dass Gruppenarbeiten folgende Merkmale aufweisen sollen, um

funktionieren zu können: Die Schülerinnen und Schüler sollten in gewisser Weise voneinander

abhängig sein. Es soll eine reziproke Interdependenz herrschen und es soll Wissen und Können

beansprucht werden, über das kein einziges Mitglied der Gruppe allein verfügt. Das heißt, es soll eine

Situation geschaffen werden, in der jedes Gruppenmitglied von den anderen profitieren kann.

Außerdem wird hervorgehoben, dass sich vor allem offene, unstrukturierte Aufgaben für

Gruppenarbeiten eignen, da diese den Austausch der Schülerinnen und Schüler untereinander

automatisch bedingen.464 Ferner müssen innerhalb von Gruppenarbeiten die eigenen Gedanken

verbalisiert werden, wodurch das Verstehen gefördert wird, da die Gedanken und Vorgehensweisen

strukturiert wiedergegeben werden und sich so das Wissen jedes Einzelnen durch die

Zusammenarbeit mit anderen erweitern kann.465

Bei Gruppenarbeiten sollte vor allem darauf geachtet werden, dass eine Ergebnissicherung, zum

Beispiel anhand von Präsentationen, stattfindet.466 Um sich als Lehrperson abzusichern, dass sich

während der Gruppenarbeitsphase keiner der Lernenden ausklinkt, kann beispielsweise erst am Ende

der Gruppenarbeitsphase ein Schüler/eine Schülerin bestimmt werden, der/die die Ergebnisse und

den Lösungsweg der Gruppe präsentieren soll. 467 Die Lehrperson sollte innerhalb von

Gruppenarbeitsphasen die Rolle eines Moderators annehmen und nicht mehr als Wissensvermittler

fungieren.468 Der Lehrer/die Lehrerin hat so auch die Möglichkeit auf individuelle Schwierigkeiten

Einzelner einzugehen.469 Gerade bei offenen Aufgaben (so auch bei Fermi-Aufgaben), die sich auf

unterschiedliche Art und Weise lösen lassen und bei denen unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten

sind, ist es sinnvoll, kooperative Unterrichtsformen zu verwenden, da der Austausch untereinander

den Schülerinnen und Schülern das Lösen schwieriger Aufgaben erleichtern kann. In der Gruppe

können so auch Aufgaben bearbeitet werden, die für einzelne Lernende zu schwierig sind.470 Laut

Hinrichs besteht bei Gruppenarbeiten jedoch die Gefahr, dass leistungsschwächere Schülerinnen und

Schüler nicht zum Denken und schon gar nicht zu Wort kommen, weshalb er zum Ich-Du-Wir-Prinzip

tendiert.

Ich-Du-Wir-Prinzip: Bei dieser Methode bekommt jeder Schüler/jede Schülerin die Möglichkeit, in

Ruhe über das Problem nachzudenken und wird nicht sofort mit den Ideen und Lösungsansätzen des

464

Vgl. auch Cohen 1993: 48 – zitiert nach Rasch 2001: 73 465

Vgl. auch Lamberigts; Diepenbrok 1993 – zitiert nach Rasch 2001: 74 466

Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 84ff. 467

Vgl. auch Maaß 2007a: 27 468 Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 84ff. 469 Vgl. auch Maaß 2007a: 26; vgl. auch Maaß 2005a: 21 470

Vgl. auch Hinrichs 2008: 58ff.

Page 90: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

86

Nachbarn konfrontiert.471 Durch das Ich-Du-Wir-Prinzip kann außerdem eine größere Vielfalt an

Ideen und Lösungswegen erreicht werden. Es werden soziale und kommunikative Kompetenzen

gefördert und vor allem das Begründen, Erläutern, Erklären und das Argumentieren geübt.472 Auf die

erste Phase, in der sich jeder für sich mit der Aufgabenstellung beschäftigt, folgt jene, in der in einem

geschützten Raum diskutiert werden kann und Ideen ausgetauscht werden. So dringen die

Schülerinnen und Schüler immer tiefer in das Themengebiet ein. Anschließend werden die Ideen in

der Klasse zusammengetragen, präsentiert und diskutiert.473 Für Fermi-Aufgaben ist diese Methode

besonders gut geeignet, da unterschiedliche Lösungswege gefunden und diese auch verglichen

werden können. Da Fermi-Aufgaben auf unterschiedlichen Niveaus lösbar sind, können sie auch von

leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern bearbeitet werden. Beim Besprechen und

Vergleichen der unterschiedlichen Ideen und Lösungswege profitieren die Lernenden schließlich

voneinander.474

Lawine: Die Lawine funktioniert ähnlich dem Ich-Du-Wir-Prinzip. Ein Problem wird in immer größeren

Gruppen bearbeitet – zuerst allein, dann zu zweit, zu viert, zu acht… - und zum Abschluss jeder Runde

muss sich die Gruppe auf einen gemeinsamen Lösungsweg einigen. Dieser wird wiederum einer

anderen Gruppe vorgestellt und es wird diskutiert, welcher der beiden Lösungswege

besser/schlechter ist und warum das der Fall ist. Diese Methode eignet sich natürlich ausschließlich

für offene Probleme, die auch mehrere Lösungswege und Lösungen zulassen. Vor allem

Kompetenzen wie das Argumentieren und Darstellen werden dabei geübt.475

Placemat:

Placemat (auf Deutsch „Platzdeckchen“) ist eine Methode für die kreative und zugleich kooperative Ideenfindung. Schülerinnen und Schüler sitzen dazu in Vierergruppen und haben in jeder Gruppe ein Blatt vor sich, das entsprechend aufgeteilt ist. Zu einer gestellten Aufgabe notiert nun jeder erste Ideen und Gedanken in sein Feld im Außenbereich. Dann wird das Blatt schrittweise gedreht, sodass jeder die Ideen der anderen Gruppenmitglieder lesen kann. Abschließend einigt man sich auf einen Ansatz, der in das Feld in der Mitte eingetragen wird.476

Diese Methode dient vor allem der Ideenfindung. Es sollen aber auch das schriftliche Erklären und

Argumentieren geübt werden. Grundsätzlich lässt sich Placemat in diversen Phasen des Unterrichts

einsetzen. Besonders gut eignet es sich jedoch für das Sammeln von Ideen zur Lösung offener

471

Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 118 472

Vgl. auch Hinrichs 2008: 58ff. 473

Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 118; vgl. auch Ulm 2004: 20 474 Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 122 475 Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 128f. 476

Barzel; Büchter; Leuders 2007: 152

Page 91: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

87

Probleme.477 So könnte man diese Methode beispielsweise für den Einstieg in eine Fermi-Aufgabe

verwenden.

Schreibgespräch: Grundlegendes Merkmal dieser Methode ist, dass ausschließlich schriftlich

kommuniziert wird. Dadurch entsteht eine angenehme Arbeitsatmosphäre, da gewährleistet wird,

dass alle Ideen vorgebracht werden können und sich die Lernenden nicht gegenseitig ins Wort fallen.

Zu frühe Kritik wird dadurch verhindert. Die Schülerinnen und Schüler üben sich präzise

auszudrücken und verständlich zu argumentieren. Solche Schreibgespräche können beispielsweise

bei einer offenen Fragestellung zur Findung eines gemeinsamen Lösungsweges eingesetzt werden.

Die Ansätze der Kollegen/Kolleginnen werden durchgelesen und kritisch hinterfragt. Es kann daran

weitergearbeitet werden, das Bisherige kann jedoch auch verändert und kritisch bewertet werden.

Wichtig dabei ist, dass es sich um Aufgaben handelt, die auch individuelle Sichtweisen zulassen.

Gerade die Bearbeitung von Fermi-Aufgaben bietet sich dafür also besonders gut an.478

Freiarbeit/Wochenplan: Grundsätzlich geht es bei dieser Unterrichtsform darum, dass die

Schülerinnen und Schüler frei arbeiten, das heißt, sie können im Großen und Ganzen auswählen,

welche Aufgaben sie bearbeiten, mit wem sie die Aufgaben bearbeiten und auch wie viel Zeit sie

dafür aufwenden. Da es sich um eine schülerzentrierte, materialbasierte Unterrichtsform handelt, ist

es wichtig, dass die Lernenden langsam daran gewöhnt werden, selbstständig zu arbeiten und auch

Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen. Materialbasiert bedeutet aber auch,

dass die Lehrperson im Vorhinein alles genau plant und sich überlegt, welche Aufgaben unbedingt

von jedem/jeder Lernenden innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens bearbeitet werden müssen.

Dadurch, dass individuell gearbeitet wird, hat die Lehrperson die Möglichkeit, sich um einzelne

Schülerinnen und Schüler zu kümmern und diese zu fördern. Wichtig ist jedoch, dass die Lehrperson

die Lernenden selbstständig arbeiten lässt. Gerade deshalb spielt in diesen Unterrichtsphasen das

Material, das den Schülerinnen und Schülern zur Verfügung gestellt wird, eine große Rolle.479

Die Wochenplanarbeit ist eine spezielle Unterform der Freiarbeit. Im Wochenplan kann anhand von

verpflichtenden Aufgaben klar festgelegt werden, was von jedem/jeder Lernenden unbedingt

erledigt werden muss und welche Aufgaben auf freiwilliger Basis bearbeitet werden können. In Bezug

auf Fermi-Aufgaben ließe sich relativ leicht ein Wochenplan mit Hilfe der Fermi-Box erstellen, in dem

beispielsweise auch festlegt werden kann, dass gewisse Beispiele oder eine bestimmte Anzahl an

Beispielen zur Präsentation vorbereitet werden müssen.480 Im Lehrerkommentar wird dafür der so

477

Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 152ff. 478 Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 192ff. 479 Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 76ff.; vgl. auch Büchter; Herget; Leuder; Müller 2007b: 24 480

Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 76ff.; vgl. auch Büchter; Herget; Leuder; Müller 2007b: 24

Page 92: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

88

genannte „Fermi-Laufzettel“ vorgestellt, auf dem festgehalten wird, welche Beispiele bearbeitet

werden müssen, wie viele Beispiele insgesamt bearbeitet werden sollen, ob die Beispiele in Einzel-,

Partner- oder Gruppenarbeit bearbeitet werden sollen und dass die Bearbeitung innerhalb eines

Fermi-Heftes festgehalten werden muss. Es wird auch festgelegt, welche Aufgaben für eine

Präsentation vorbereitet werden sollen und den Schülerinnen und Schülern wird eine Tabelle zur

Verfügung gestellt, in der sie aufzeichnen sollen, welche Aufgaben sie wann und mit wem bearbeitet

haben, wie viel Zeit sie dafür benötigt haben, ob die Aufgabe für sie interessant war oder nicht und

wie schwierig die Bearbeitung der Aufgabe für sie war.481

Projekt: Innerhalb von Projekten können Kompetenzen wie das Problemlösen, das Kooperieren und

das Präsentieren gezielt gefördert und geübt werden. Außerdem wird durch fächerübergreifendes

Arbeiten dazu beigetragen, dass bei den Schülerinnen und Schülern ein ausgewogenes Bild von

Mathematik entstehen kann. 482 Es werden sowohl kognitive als auch soziale Kompetenzen

berücksichtigt. Es muss Verantwortung für das gemeinsame Lernen übernommen, gemeinsam

gearbeitet und miteinander kommuniziert werden. 483 Mittels Fermi-Aufgaben kann man die

Lernenden an diese Arbeitsform gewöhnen.484 Innerhalb von Projekten können Fermi-Aufgaben aber

auch dazu dienen, gewisse inhaltliche Kompetenzen anzuwenden und zu üben, oder neue

Themenbereiche zu erarbeiten. So könnte man beispielsweise mit Hilfe der Luftballon-Aufgabe (Karte

A10) und ähnlichen Beispielen die Volumsberechnung einführen, indem sie von den Lernenden selbst

entdeckt wird.

Aufgabenkartei: Bei der Aufgabenkartei geht es grundsätzlich darum, die Schülerinnen und Schüler

selbst Aufgaben und deren Lösungen erstellen zu lassen. Diese werden auf Kärtchen geschrieben (auf

einer Seite die Frage, auf der anderen Seite die Lösung). Man erhält so eine ergiebige Sammlung von

Beispielen. Es findet auch auf natürliche Weise eine Differenzierung statt, da die Lernenden nur

solche Aufgaben erstellen, die sie selbst lösen können. Diese Methode kann sehr gewinnbringend

sein, da die Schülerinnen und Schüler meist motivierter sind, wenn sie sich mit eigenen

Problemstellungen beschäftigen können.485 In Bezug auf Fermi-Aufgaben würde es sich anbieten, nur

die jeweilige Fragestellung auf das Kärtchen zu schreiben und die Lösung innerhalb der Gruppe, die

die Frage erstellt hat, aufliegen zu lassen. So kann verhindert werden, dass sich die Schülerinnen und

Schüler auf einen einzigen Lösungsweg beschränken. Die verschiedenen Lösungen könnten

481

Vgl. auch Büchter; Herget; Leuder; Müller 2007b: 27 482

Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 174 483 Vgl. auch Leuders 2001: 60f. 484 Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 178f. 485

Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 60

Page 93: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

89

abschließend mit der Lösung der Gruppe, die die Frage erstellt hat, verglichen werden, was vor allem

die Kompetenzen Argumentieren und Kommunizieren fördern würde.

Nun zu einigen Methoden, die für die Ergebnissicherung geeignet sind:

Lerntagebuch, Forschungsheft:

In einem Lerntagebuch dokumentieren und reflektieren Schülerinnen und Schüler ihren individuellen Lernprozess in eigenen Worten. Sie halten alle Aspekte ihrer Arbeit (Ideen, Aha-Erlebnisse, Fehler, Gefühle usw.) fest. Das Lerntagebuch ist damit ein langfristiger und dauerhafter Lernbegleiter.486

In einem Lerntagebuch wird der gesamte Entdeckungs- und Lernprozess, samt Irrwegen und Fehlern,

dokumentiert. Es sollen nicht nur die Lösungswege und die Ergebnisse festgehalten werden, sondern

auch Vermutungen und Gefühle, die während der Bearbeitung aufgekommen sind. Es wird darin also

der individuelle Lernweg festgehalten. Das Lerntagebuch kann dabei helfen, den eigenen Lösungsweg

zu reflektieren, aber auch das eigene Wissen mit anderen zu teilen und auszutauschen.487 Ein

Lerntagebuch ist ebenso ein gutes Kommunikationsmittel zwischen der Lehrperson und dem/der

Lernenden, da individuelle Fragen beantwortet, aber auch Probleme erkannt werden können. Der

Lehrer/die Lehrerin hat darin auch die Möglichkeit, dem Schüler/der Schülerin Ratschläge zu

geben.488 Vorstellbar wäre, ein Lerntagebuch für die Bearbeitung von Fermi-Aufgaben anzulegen, da

so immer wieder verwendete Strategien bewusst gemacht werden können.

Bei offenen Aufgaben sollte jedoch nicht nur auf die Erarbeitung eines Lösungsweges Wert gelegt

werden, sondern es sollte auch beachtet werden, dass die unterschiedlichen Lösungen präsentiert

und anschließend auch diskutiert, verglichen und kritisch beleuchtet werden. Auch hierfür gibt es

wieder diverse Unterrichtsmethoden/-formen, die dafür brauchbar sind:

Poster: Ist zur Dokumentation des Lösungsweges und für die Ergebnissicherung einsetzbar. Dazu

müssen sich die Schülerinnen und Schüler auf die wesentlichen Punkte konzentrieren, kooperieren

und kommunizieren und schließlich klar strukturiert ihren Lösungsweg festhalten, um ihn so den

anderen Lernenden in verständlicher Weise zu vermitteln.489 Die angefertigten Poster könnten für

einen so genannten Museumsrundgang verwendet werden, da so jede/r Einzelne die Lösungen der

anderen begutachten könnte. Die Beispiele samt Bearbeitung können aber auch für den Rest der

Schule zur Schau gestellt werden.490 Bei einem Museumsrundgang könnte der Auftrag gestellt

486

Barzel; Büchter; Leuders 2007: 130 487

Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 130 488 Vgl. auch Barzel; Hußmann; Leuders 2005: 49; vgl. auch Hinrichs 2008: 61 489 Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 160ff. 490

Vgl. auch Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 18f.

Page 94: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

90

werden, dass jede/r Lernende beispielsweise mindestens zwei der dargestellten Lösungswege

schriftlich kommentieren soll.

Präsentation: Der Lösungsweg und die Ergebnisse können nicht nur schriftlich mit Hilfe eines Posters

festgehalten werden, sondern auch vor der Klasse mündlich präsentiert werden. Dies scheint für

offene Problemstellungen sehr gewinnbringend zu sein, da innerhalb einer moderierten Präsentation

die unterschiedlichen Lösungswege miteinander verglichen und kritisch betrachtet werden

können.491 Diese Methode bietet großes Potential für Diskussionen. Speziell das Argumentieren und

das Präsentieren werden dabei geübt. Außerdem versuchen die Schülerinnen und Schüler die

Lösungswege der anderen Gruppen nachzuvollziehen und beleuchten diese kritisch. Es ist wichtig,

dass bei der Präsentation der Lösungswege, nicht nur der ideale Weg, sondern auch Irrwege mit

eingebracht werden, da diese Teil des Lernens sind.492

Neben den zahlreichen, zuvor erläuterten Methoden, erweisen sich auch das selbstständige Finden,

das Verändern und das Vergleichen von Beispielen als sehr vorteilhaft, da die Schülerinnen und

Schüler dazu die vorhandenen Aufgaben erst einmal verstehen müssen. Dadurch werden die

Beispiele aus einer anderen Perspektive betrachtet. Die Schülerinnen und Schüler lernen so, den

Kern einer Aufgabe zu erfassen, was auch hilfreich für die Bearbeitung weiterer Beispiele sein

kann. 493 Das eigenständige Erfinden von Fermi-Aufgaben kann außerdem zur Steigerung der

Motivation beitragen, wodurch die Lernenden auch eher bereit sind, über die Lösbarkeit der

Probleme nachzudenken.494

491

Vgl. auch Barzel; Büchter; Leuders 2007: 166 492 Vgl. auch Maaß 2007a: 29 493 Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 50 494

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 13

Page 95: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

91

4.6. Reaktionen von Schülerinnen und Schülern auf offene Aufgaben

In der von Katja Maaß durchgeführten Studie zeigte sich, dass sich bei vielen Schülerinnen und

Schülern die Einstellung gegenüber Modellierungsaufgaben bei vermehrtem Einsatz derartiger

Aufgaben zum Positiven gewandt hat oder, sofern sie bereits von Beginn an eine positive Einstellung

hatten, gleich blieb. Es gab jedoch auch Lernende, die Modellierungsaufgaben ablehnend

gegenüberstanden und deren Einstellung sich auch im Laufe der Zeit nicht wirklich veränderte. Die

Ablehnung dieser Schülerinnen und Schüler gegenüber offenen Aufgaben begründet sich zum Teil

darin, dass für sie kein Zusammenhang mit der Mathematik erkennbar war, da ihrer Meinung nach

nicht wirklich gerechnet werden musste.495 Es wurde auch festgestellt, dass eine ablehnende Haltung

gegenüber Modellierungsaufgaben sich auch negativ auf die Leistung dieser Schülerinnen und

Schüler auswirkte. Im Speziellen war dies innerhalb der Phasen der Modellbildung und des

Validierens zu erkennen. Umgekehrt erwies sich innerhalb der Studie auch, dass Lernende, die

Modellierungsaufgaben mit einer positiven Einstellung gegenübertraten, bessere Leistungen in den

zuvor genannten Bereichen erreichen konnten.496

Zwar treten etwa gute Leistungen nicht zwingend gemeinsam mit einer positiven Einstellung gegenüber Mathematik auf, jedoch traf das für einen Großteil der Lernenden in dieser Studie zu.

497

Es konnte ebenso gezeigt werden, dass eine positive Haltung gengenüber einzelnen Beispielen und

Kontexten noch nicht unbedingt die Haltung gegenüber Modellierungsbeispielen im Allgemeinen

positiv stimmte. Dies gilt jedoch auch für negative Einstellungen gegenüber einzelnen Beispielen.498

Werden die Schülerinnen und Schüler das erste Mal mit Fermi-Aufgaben, oder offenen Aufgaben im

Allgemeinen konfrontiert, so trauen sie sich meist nicht, Abschätzungen zu treffen, da sie es nicht

gewohnt sind, dass es kein eindeutiges, exaktes Ergebnis gibt und dass sie selbstständig Lösungswege

finden sollen.499 Bei einigen Lernenden führten diese Eigenschaften von Fermi-Aufgaben zu einer

ablehnenden Haltung, da ihr Bild von Mathematik, das aussagt, dass jede Aufgabe eine eindeutige

Lösung besitzt, gestört wurde. 500 Dies trifft meist auf Schülerinnen und Schüler zu, die ein

schemaorientiertes Vorgehen im Mathematikunterricht gewohnt sind und denen es lieber ist, wenn

klar zwischen Richtig und Falsch unterschieden werden kann.501 Bei häufigerem Einsatz von offenen

Aufgaben, bei denen Daten geschätzt werden müssen, kann es jedoch bei vielen Lernenden zu einer

zunehmenden Akzeptanz der weichen Mathematik kommen.502 Viele der Lernenden reagierten

495

Vgl. Maaß 2004: 153f. 496

Vgl. Maaß 2004: 173 497

Maaß 2004: 174f. 498

Vgl. Maaß 2004: 153f. 499

Vgl. Hinrichs 2008: 67; vgl. Maaß 2007a: 16 500 Vgl. Maaß 2004: 153f.; vgl. Maaß 2007a: 16 501 Vgl. Henn; Maaß 2003: 4; vgl. Maaß 2005b: 10 502

Vgl. Maaß 2004: 153f.

Page 96: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

92

vorerst auch negativ auf die Länge der Unterrichtseinheiten, da sie es gewohnt waren, mehrere

Beispiele in einer Unterrichtsstunde zu lösen und nicht ein Beispiel über mehrere Unterrichtsstunden

hinweg zu bearbeiten.503 Die meisten Schülerinnen und Schüler, die offene Aufgaben nicht von

vornherein ablehnten, gewöhnten sich jedoch relativ schnell an die für sie neuen Eigenschaften

dieser Aufgaben. Dies konnte bei jenen, die negativ gegenüber Modellierungsbeispielen eingestellt

waren, nicht beobachtet werden.504 Auch die Einstellung gegenüber Mathematik im Allgemeinen

kann sich durch den Einsatz offener Aufgaben ändern:

Viele der Schülerinnen und Schüler, die eine eher negative Einstellung zu Mathematik hatten, fanden die Modellierungsbeispiele leichter als die üblichen Mathematikaufgaben. Sie meinten, man könne sich in diese Aufgaben besser hineinversetzen und sich die mathematischen Sachverhalte besser merken. Andere nehmen das sinnhafte mathematische Lernen mit Begeisterung auf und betonten die Notwendigkeit zu wissen, warum man etwas lernen muss.

505

Viele Schülerinnen und Schüler sahen zu Beginn der von Katja Maaß durchgeführten Studie

Mathematik als etwas Nutzloses und für die Praxis Unbrauchbares an. Manche erkannten zwar die

Bedeutung der Mathematik in gewissen Berufsfeldern, andere wiederum gaben als Bereich, in dem

Mathematik genutzt wird, nur die Situation des Einkaufens an. Nur wenige wussten vor der

Durchführung der Studie über die Bedeutung von Mathematik für die Gesellschaft und Wissenschaft

und die Notwendigkeit von Mathematik für den Alltag Bescheid.506 Diese Auffassungen des Nutzens

und der Bedeutung von Mathematik änderten sich jedoch im Laufe der Studie, in der regelmäßig

Modellierungsaufgaben bearbeitet wurden, dahingehend, dass den Schülerinnen und Schülern die

Relevanz und Nützlichkeit der Mathematik bewusst wurde und sie den Realitätsbezug zu schätzen

begannen. Laut Studie wurden diese Vorstellungen der Nützlichkeit der Mathematik jedoch nicht bei

allen Lernenden ausgeprägt.507

Grundsätzlich konnte Maaß in ihrer Studie somit zeigen, dass Schülerinnen und Schüler sehr

unterschiedlich auf Modellierungsbeispiele reagieren (von Begeisterung und Engagement bis hin zu

vollkommener Ablehnung) und ihre Reaktionen meist in einem Zusammenhang mit ihrem

mathematischen Weltbild zu sehen sind. Das heißt, die Grundeinstellung gegenüber Mathematik

spielt eine wesentliche Rolle für die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler auf offene Aufgaben.508

Aber neben der Grundeinstellung und der Motivation ist es auch wichtig, die Lernenden an die

Lösung realistischer Probleme langsam heranzuführen und ihnen so den Umgang mit offenen

Aufgaben zu erleichtern.509 Auch wenn es immer wieder Lernende gibt, die offene Aufgaben strikt

503

Vgl. Maaß 2004: 154; vgl. Maaß 2005b: 10 504

Vgl. Maaß 2004: 154 505

Maaß 2004: 154 506

Vgl. Maaß 2004: 155 507 Vgl. Maaß 2004: 155; vgl. Maaß 2005b: 10 508 Vgl. Maaß 2004: 283ff. 509

Vgl. Maaß 2007a: 16

Page 97: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

93

ablehnen, so ist jedoch festzuhalten, dass ein Großteil der Schülerinnen und Schüler den vermehrten

Einsatz offener Aufgaben und somit die Möglichkeiten, geistig aktiv zu werden und zu handeln als

positiv empfindet und auch eher bereit ist, komplexe Aufgaben zu bearbeiten, obwohl der

Mathematikunterricht dadurch anspruchsvoller und unsicherer wird. Mit der Zeit trauen sich

schließlich auch leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler zu, offene Aufgaben zu lösen.510

510

Vgl. Blum; Wiegand 2000: 55; vgl. Bruder; Komorek; Schmitz 2004: 308

Page 98: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

94

4.7. Umgang mit und Bewertung von Schülerlösungen

Damit offene Aufgaben von den Schülerinnen und Schülern ernst genommen werden, ist es wichtig,

sie auch in die Leistungsbewertung miteinzubeziehen. In der Literatur gibt es unterschiedliche

Vorstellungen zur Leistungsbewertung von offenen Aufgaben und auch zum Umgang mit

Schülerlösungen. 511 Bevor jedoch auf die Möglichkeiten der Leistungsbewertung von offenen

Aufgaben eingegangen wird, werden einige allgemeine Aspekte zur Leistungsbewertung im

Mathematikunterricht angesprochen.

4.7.1. Allgemeine Aspekte der Leistungsbewertung

Grundsätzlich ist zu beachten, dass innerhalb des Unterrichts klar zwischen den Phasen des Lernens

und jenen des Überprüfens unterschieden werden sollte, um so den Lernenden die Angst zu nehmen,

ständig bewertet und kontrolliert zu werden. Ferner muss den Lernenden offen dargelegt werden,

welche Leistungen von ihnen erwartet werden und sie müssen auch konstruktive Rückmeldung

bezüglich ihrer Leistungen erhalten, um sich weiterentwickeln zu können.512 Häufig werden bei

Beispielen nicht das grundlegende Verständnis, sondern vielmehr das Durchhaltevermögen und das

rechnerische Geschick der Schülerinnen und Schüler überprüft. Dabei wäre es viel aussagekräftiger,

Beispiele zur Leistungsüberprüfung auszuwählen, die das Verständnis und nicht das Anwenden

automatisierter Verfahren überprüfen.513 Es sollen also auch Beispiele, die Begründungen und

Erklärungen einfordern, in die Leistungserhebung miteinbezogen werden.514

Einige mögliche Kriterien für Aufgaben, die sich gut zur Leistungsbewertung eignen, werden von

Bruder, Leuders und Büchter genannt:

- Die Aufgaben sollen sich auf die Kerne der inhaltsbezogenen Kompetenzen beziehen.

- Die Kompetenzen sollen nicht durch andere Aspekte verschleiert werden, sondern klar im

Vordergrund stehen.

- Es soll klar und transparent dargelegt werden, was von den Schülerinnen und Schülern

innerhalb der Bearbeitung einer Aufgabe erwartet wird.

- Es sollen Aufgaben ausgewählt werden, die auf unterschiedlichen Niveaus bearbeitet werden

können.

- Inhaltsbezogenes Wissen soll von den Problemlösefähigkeiten getrennt werden.515

511

Vgl. Maaß 2004: 37; vgl. Maaß 2007a: 39 512

Vgl. Bruder; Leuders; Büchter 2008: 155 513 Vgl. Bruder; Leuders; Büchter 2008: 159 514 Vgl. Baptist; Raab 2007: 11 515

Vgl. Bruder; Leuders; Büchter 2008: 168ff.

Page 99: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

95

Für die Bewertung von offenen Aufgaben sollte vor allem auch die Präsentation des Lösungsweges

und der Lösung eine wichtige Rolle spielen. Außerdem können kleinere offene Aufgaben auch Teil

von Schularbeiten sein.516 Bruder, Leuders und Büchter stellen gewisse Anforderungen an Beispiele,

die sich für Schularbeiten eignen:

- Die Aufgabenstellung in Klassenarbeiten sollen wesentliche Teile mathematischer Bildung in den Blick nehmen und nicht etwa Memorierungsfähigkeiten überprüfen – oder anders ausgedrückt: Klassenarbeiten sollen fachlich valide Aufgaben enthalten.

- Leistungen sollen immer auch unter langfristiger Perspektive überprüft werden – etwa nachhaltiges Basiswissen oder übergreifende Problemlösefähigkeiten.

- Die Ergebnisse der Überprüfung sollen gehaltvolle und differenzierte Informationen über Kenntnisse, Fähigkeiten, Vorstellungen und ggf. Fehlerquellen liefern, die Aufgaben sollen also diagnostische Informationen liefern.

517

Diese hier angeführten Punkte bestätigen noch einmal, dass offene Beispiele durchaus innerhalb von

Schularbeiten und ebenso als Hausübungen eingesetzt werden können.518 Bei offenen Beispielen

geht es nicht um die oben genannte Memorierungsfähigkeit, sondern vielmehr um das selbstständige

Problemlösen innerhalb unterschiedlichster Kontexte.

4.7.2. Beurteilung von offenen Aufgaben

Da offene Aufgaben unterschiedliche Lösungswege und Lösungen zulassen, sind sie im Wesentlichen

auch anders zu beurteilen als Beispiele der exakten Mathematik, bei denen nur ein einziger

Lösungsweg möglich ist. Für die Lehrperson stellt sich somit die Frage „Wie bewerte ich die Lösungen

einer offenen Aufgabe und im Speziellen die einer Fermi-Aufgabe?“. Dazu gibt es in der Literatur

wieder unterschiedliche Anregungen, die für die Lehrperson zu beachten sind, beziehungsweise zur

Bewertung einer offenen Aufgabe herangezogen werden können. Wichtig ist, dass es sich um ein

differenziertes Schema handelt, welches unterschiedlichste Lösungen berücksichtigt, da eben eine

selbstdifferenzierende Aufgabe bewertet werden soll.519 Zur Beurteilung von Fermi-Aufgaben können

unterschiedlichste Schemata verwendet und auch je nach Zielsetzung und Bedarf kombiniert werden.

Leuders stellt beispielsweise folgendes Schema zur Bewertung offener Aufgaben vor:

Bewertungsbereiche Kreativität Korrektheit

Gestaltung interessante Darstellungsform, plastische Illustrationen

klare äußere Form, übersichtliche Struktur

Nutzung von Mathematik unerwartete Ansätze, Kombination von Ideen aus verschiedenen Bereichen, Neuschöpfungen

richtige Berechnungen, mathematische Aspekte des Themas konsequent verfolgt

516

Vgl. Maaß 2004: 37; vgl. Maaß 2007a: 39 517 Bruder; Leuders; Büchter 2008: 157 518 Vgl. Maaß 2005a: 22 519

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 113

Page 100: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

96

Sprache ausdrucksreiche und interessante Sprache, begriffliche Neuschöpfungen

sachlich richtige und schlüssige Argumentation, präzise Ausdrucksweise, korrekte Fachsprache

Gründlichkeit Sonderfälle und Probleme erkannt, Reflexion von Alternativen („Was wäre wenn…“)

Bearbeitung aller geforderten Aufgabenteile, ausführliche Rechnungen

Tabelle 3: Bewertungsschema offener Aufgaben520

Auch innerhalb der Fermi-Box gibt es eine Karte, die anhand von Fragen Hilfestellungen zur

Beurteilung von Lösungswegen offener Aufgaben gibt:

Abbildung 22: Antworten beurteilen und vergleichen521

Diese Fragen könnten mögliche Ausgangspunkte für die Beurteilung von und den Umgang mit

Schülerlösungen von Fermi-Aufgaben darstellen. Sie sind jedoch nicht als ausgereiftes, vollständiges

Konzept zu sehen. Innerhalb des Lehrerkommentars zur Fermi-Box werden einige weitere Fragen

angeführt, die der Lehrperson beim Umgang mit Lösungen von Fermi-Aufgaben helfen könnten. Es

wird neben den auf dem Kärtchen vorkommenden Fragen auch jene gestellt, ob eventuell an

gewissen Stellen Erklärungen fehlen und ob es möglich wäre, den gesamten Lösungsvorgang zu

verkürzen.522

Da Fermi-Aufgaben und offene Aufgaben im Allgemeinen meist innerhalb von Gruppen bearbeitet

werden und somit auch viele soziale und personale Kompetenzen fördern und fordern, ist es nicht

520 Leuders 2003: 304 – zitiert nach Bruder; Leuders; Büchter 2008: 126 521 Büchter; Herget; Leuders; Müller (2007a): Karte „Antworten beurteilen und vergleichen“ 522

Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 37

Page 101: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

97

nur notwendig, die abgegebenen schriftlichen Arbeiten zu bewerten, sondern auch Aspekte der

Gruppenarbeit wie die Kooperation der Schülerinnen und Schüler untereinander, die Organisation

und die Präsentation zu beurteilen. Eine mögliche, sehr ausführliche Anleitung zur Beurteilung von

Gruppenarbeiten bietet das Buch „Mathematik Methodik. Handbuch für die Sekundarstufe I und II“:

Was wird bei Gruppenarbeiten bewertet? Inhalte:

- Mathematische Zusammenhänge werden angemessen erfasst. - Die Gruppe hat weiterführende eigene Ideen. - Die Gruppe erarbeitet sich die Inhalte selbstständig. - Es werden mehrere Lösungswege berücksichtigt und evtl. verglichen.

Kooperation: - Die Gruppe arbeitet gut zusammen, keiner wird außen vorgelassen. - Alle Gruppenmitglieder werden mit ihren Fragen und Kommentaren beachtet. - Es wird darauf geachtet, dass im Regelfall alle am Bearbeitungsprozess aktiv beteiligt sind,

diesen aber zumindest nachvollziehen können. Organisation:

- Die Zeit ist sinnvoll eingeteilt und alle tragen dazu bei, dass die Planung eingehalten wird. - Die Gruppe erledigt ihre Arbeit zügig. Auch wenn „Erholungspausen“ gemacht werden, findet

die Gruppe schnell zur Arbeit zurück. - Die Gruppe trifft bei längerfristigen Gruppenarbeiten Absprachen bzgl. Hausaufgaben, um so

zügiger voranzukommen. - Anfallende Aufgaben (z.B. bei der Vorbereitung der Präsentation) sind gerecht und sinnvoll

aufgeteilt. Dokumentation:

- Aus der Dokumentation erkennt man die Kerngedanken der Arbeit. - Das Aufgeschriebene ist inhaltlich richtig. - Die Gliederung ist sinnvoll.

Präsentation: - Die Präsentation ist sachlich richtig. - Sie ist gut und übersichtlich gegliedert. - Die Visualisierung unterstützt das Gesagte. - Die Präsentation hat einen eigenen Stil/eine „eigene Handschrift“.523

Wie man sehen kann, steht hier die Gruppenarbeit als solche und nicht die Bearbeitung einer offenen

Aufgabe im Zentrum. Deshalb sollte bestenfalls nicht nur dieses Bewertungsschema verwendet

werden, sondern beispielsweise die bereits genannten, zur Beurteilung von offenen Aufgaben

anwendbaren Fragestellungen miteinbezogen und so ein kompaktes System zur Bewertung

entworfen werden.

Als Lehrperson sollte man sich bereits vor der Bearbeitung einer Fermi-Aufgabe in der Klasse ein

passendes Bewertungsschema überlegen und den Schülerinnen und Schülern offen darlegen, damit

sie wissen, was von ihnen erwartet wird.

Ein weiteres mögliches Bewertungsschema wird von Katja Maaß angeführt. Dieses bezieht sich

jedoch auf Modellierungsaufgaben. Somit könnte dieses Beurteilungsmodell genau dann verwendet

werden, wenn eine Fermi-Aufgabe anhand des Modellierungskreislaufes bearbeitet werden soll. Die

Gewichtung der Punkte könnte je nach Zielsetzung verändert und adaptiert werden.

523

Barzel; Büchter; Leuders 2007: 88

Page 102: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

98

1 Bildung des Realmodells Sind die getroffenen Annahmen sinnvoll? Ist der Grad der Vereinfachung der Problemfrage angemessen?

0-10 Punkte

2 Mathematische Bearbeitung Wurden die relevanten Größen und Beziehungen richtig mathematisiert? Wurde eine adäquate mathematische Notation gewählt? Wurden mathematisches Wissen und heuristische Strategien zur Lösung des mathematisierten Problems richtig angewendet? Ist die Lösung mathematisch korrekt?

0-15 Punkte

3 Interpretation der Lösung Wird die mathematische Lösung bezogen auf die Realität interpretiert? Ist die Interpretation korrekt?

0-5 Punkte

4 Kritische Reflexion Werden alle nötigen Aspekte berücksichtigt? Bleibt die Reflexion oberflächlich? Werden Vergleichswerte hinzugezogen?

0-10 Punkte

5 Dokumentation des Vorgehens Werden die einzelnen Schritte des Vorgehens beschrieben und erläutert

0-15 Punkte

6 Zielgerichtetes Vorgehen Geht der/die Lernende zielgerichtet beim Modellieren vor oder verliert er/sie sich in Details, ohne ein Ergebnis zu erreichen?

0-5 Punkte

max. 60 Punkte

Tabelle 4: Bewertungsschema von Modellierungsaufgaben524

Viele der Hilfsfragen für die Beurteilung von Fermi-Aufgaben finden sich in diesem Schema zur

Bewertung von Modellierungsaufgaben wieder. Dieses zuletzt genannte Bewertungsschema ließe

sich sehr gut mit jenem zur Beurteilung von Gruppenarbeiten kombinieren, um so möglichst alle

Aspekte der Bearbeitung einer Fermi-Aufgabe anhand des Modellierungskreislaufes in der Gruppe zu

erfassen und zu bewerten. Das Bewertungsschema von Modellierungsaufgaben könnte in die

Bereiche Inhalte und Dokumentation des Beurteilungsschemas für Gruppenarbeiten integriert

werden. Es sollte vielleicht auch noch der von Leuders genannte Bereich der Kreativität

miteingebracht werden, da Kreativität bei der Lösung von Fermi-Aufgaben eine nicht ganz

unwesentliche Rolle spielt und die Schülerinnen und Schüler dadurch unter Umständen mutigere

Lösungswege entwerfen. Wie schon erwähnt, könnte die Gewichtung der Punkte je nach Zielsetzung

verändert werden. Maaß führt neben den in ihrem oben dargestellten Bewertungsschema

angeführten Unterpunkten noch das Problemverständnis und das Metawissen über die Modellierung

als mögliche Aspekte einer Diagnose von ausgearbeiteten Lösungen zu Modellierungsaufgaben an.

Ihr Diagnostikbogen dient jedoch weniger der Bewertung von Schülerlösungen, als vielmehr der

Feststellung, welche Teilbereiche des Modellierungskreislaufes noch intensiver gefördert werden

müssen. 525

524 Maaß 2005a: 21 525

Vgl. Maaß 2007a: 38f.

Page 103: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

99

4.8. Was spricht gegen den Einsatz von Fermi-Aufgaben im Mathematikunterricht?

Um nicht eine einseitige Sicht auf Fermi-Aufgaben darzulegen, werden in diesem Kapitel auch einige

mögliche Probleme und Hindernisse, die sich im Laufe der Bearbeitung einer offenen Aufgabe

ergeben können, angeführt.

Werner Blum nennt unterschiedliche Hindernisse für anwendungsbezogenen Unterricht:

- Organisatorische Hindernisse: Hierzu zählt er die strenge Aufteilung des gesamten

Unterrichts in einzelne Schulstunden, die den Einsatz von offenen Aufgaben, deren

Bearbeitung häufig mehrerer Stunden bedarf, erschwert.526 Doch auch wenn Fermi-Aufgaben

relativ viel Zeit kosten, so rentieren sie sich doch, da durch sie nachhaltig gelernt und dieses

Wissen somit leichter reaktiviert werden kann.527

- Schülerbezogene Hindernisse: Offene Aufgaben sind für die Schülerinnen und Schüler oft

schwieriger als so genannte Standard-Mathematikaufgaben, da sie Kreativität sowie auch

grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten der Mathematik, wie zum Beispiel das

Modellieren, erfordern. Durch den Einsatz offener Aufgaben wird somit der

Mathematikunterricht für die Schülerinnen und Schüler anspruchsvoller. 528

- Lehrerbezogene Hindernisse: Auch für die Lehrperson wird der Mathematikunterricht

anspruchsvoller, wenn Anwendungsbezüge und offene Aufgaben eingebaut werden. Das

Unterrichtsgeschehen wird schwerer vorhersehbar und dadurch auch weniger kontrollierbar.

Die Lehrperson selbst bedarf weiterer Qualifikationen und Kenntnisse des Umfeldes der

jeweiligen offenen Aufgabe, was die Vorbereitung erschwert und so auch die

Vorbereitungszeit entsprechend verlängert. Um diese lehrerbezogenen Hindernisse

überwinden zu können, ist es notwendig, dass ein neues Lehrer-Bild definiert und auch von

den Lehrerinnen und Lehrern akzeptiert und umgesetzt wird. 529 Auch der Umgang mit den

unterschiedlichsten und vielfältigen Schülerlösungen ist nicht immer einfach und erfordert

von der Lehrperson zusätzliche methodische Anstrengungen.530

- Materialbezogene Hindernisse: Häufig wird von Lehrpersonen auch mangelndes Material als

Grund für den fehlenden Einsatz offener Aufgaben genannt. Dies sollte jedoch in der

heutigen Zeit kein Hindernis mehr sein, da es, wie in Kapitel 4.9. erläutert wird, zahlreiche

526

Vgl. Blum 1996: 29f.; vgl. Greefrath 2010: 201 527

Vgl. Vernay 2007: 13 528 Vgl. Blum 1996: 29f. 529 Vgl. Blum 1996: 29f. 530

Vgl. Blum; Wiegand 2000: 55

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100

Möglichkeiten gibt, an Materialien zu kommen. Das Problem liegt meist darin, dass diese

Quellen den Lehrerinnen und Lehrern nicht bekannt sind.531

Meines Erachtens sind die Hauptursachen für das Vermeiden des Einsatzes von offenen,

anwendungsbezogenen Aufgaben im Mathematikunterricht im Bereichen der schüler- und der

lehrerbezogenen Hindernisse zu suchen. Maaß fasst dies folgendermaßen zusammen:

Als eine zentrale Barriere gegen die feste Etablierung von Realitätsbezügen in den Unterricht werden zunehmend die Beliefs der Lernenden und der Lehrenden gesehen.

532

Sowohl für Lehrerinnen und Lehrer als auch für die Lernenden ist es angenehmer und weniger

aufwendig, wenn der Unterricht möglichst anspruchslos gehalten wird.533 Jedoch ist es für alle

Beteiligten wesentlich befriedigender, wenn anspruchsvollere, kompetenzorientierte Aufgaben

eingesetzt werden.534 Gerade zu Beginn können sich die Schülerinnen und Schüler nur schwer damit

abfinden, dass es kein eindeutiges Ergebnis gibt und dass nicht klar zwischen Richtig und Falsch

unterschieden werden kann.535 Auch wenn der Einsatz von Modellierungs- und anderen offenen

Aufgaben der Lehrperson und auch den Schülerinnen und Schülern zu Beginn Schwierigkeiten

bereitet, sollten derartige Beispiele in den Unterricht integriert werden, um die Lernenden an die

Lösung komplexer Problemsituationen zu gewöhnen.536 Das Argument des zu großen Aufwands wird

von den Lehrpersonen natürlich nicht explizit genannt. Vielmehr rechtfertigen sie sich dadurch, dass

sie den hohen Zeitanspruch, das nicht-vorhandene Material und auch die fast unmögliche

Leistungsbewertung als Gründe anführen.537 Herget und Scholz erwähnen neben den bereits

genannten Hindernissen beziehungsweise Argumenten gegen den Einsatz von offenen Aufgaben

noch die Ablenkung von der wirklichen Mathematik, was durch den meist umfangreichen Kontext

einer offenen Aufgabe bedingt ist und den Autoritätsverlust der exakten Mathematik, da bei offenen

Aufgaben klar zu Tage tritt, dass in der realen Welt häufig die weiche Mathematik vorherrschend ist.

Noch im selben Absatz erklären sie jedoch, dass sich der größte Teil der genannten Argumente, die

gegen den Einsatz offener Aufgaben im Unterricht sprechen, entkräften lässt.538 Viele Lehrpersonen

und Lernende haben Vorbehalte gegenüber Aufgaben, bei denen geschätzt wird, da sie nicht in den

Bereich der exakten Mathematik fallen und so nicht als mathematisch genug angesehen werden.539

Da offene Aufgaben häufig innerhalb von Gruppenarbeiten bearbeitet werden, sind auch der soziale

Druck, das Verstecken und die Überforderung Einzelner innerhalb der Gruppe sowie auch die

531

Vgl. Blum 1996: 29f. 532

Maaß 2004: 14 533

Vgl. Schupp 1988: 13 534

Vgl. Blum; Leiß 2005: 21 535

Vgl. Vernay 2007: 10 536

Vgl. Maaß 2007a: 9 537 Vgl. Schmidt 2009: 154 538 Vgl. Herget 1997: 67f.; Herget; Scholz 1998: 24f. 539

Vgl. Greefrath 2007: 48

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101

unterschiedlichen Lernstile, die aufeinandertreffen, mögliche Ursachen für Probleme. Deshalb

müssen Schülerinnen und Schüler langsam an kooperative Lernformen gewöhnt werden. 540

Problematisch könnte auch sein, dass innerhalb der Gruppen leistungsstärkere Lernende die Führung

übernehmen und den leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern kaum Gelegenheit gegeben

wird, mitzudenken beziehungsweise sich am Lösungsprozess zu beteiligen.541 Beim Einsatz von

Zeitungsartikeln kann es auch dahingehend zu Problemen kommen, dass die Lernenden den Text

nicht verstehen, nicht über das nötige Hintergrundwissen verfügen, oder vom Kontext des

eigentlichen Problems abgelenkt werden.542

Auch wenn immer wieder Argumente gegen den Einsatz offener Aufgaben im Mathematikunterricht

gefunden werden können, so können doch viele dieser durch Gegenargumente abgeschwächt oder

zur Gänze widerlegt und entkräftet werden. So zeigt Katja Maaß in ihrer Studie beispielsweise, dass

Modellierungsbeispiele durchaus unter den Rahmenbedingungen des üblichen Schulunterrichts (45-

Minuten-Rhythmus) eingesetzt und so die oben genannten organisatorischen Hindernisse

überwunden werden können.543 Wiegt man die Vorteile von offenen Aufgaben (siehe Kapitel 4.2.)

gegen die Nachteile auf, so wird klar, dass wesentlich mehr für als gegen den Einsatz von Fermi-

Aufgaben im Unterricht spricht.

540

Vgl. Bruder; Leuders; Büchter 2008: 129 541 Vgl. Peter-Koop 2003: 125 542 Vgl. Katzenbach; Sylvester 1996: 6 543

Vgl. Maaß 2004: 287

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102

4.9. Quellen für Fermi-Aufgaben

Um die Suche nach Fermi-Aufgaben zu erleichtern, sollen hier einige mögliche Quellen und

Methoden zur Findung dieser speziellen Aufgabenart gegeben werden. Eine der wohl wichtigsten

Quellen ist die Fermi-Box. Die Fermi-Box für die Unterstufe enthält 80 Kärtchen mit je einem

Themengebiet, zu dem wiederum einzelne Teilfragen gegeben sind. Auch die Zeitschriften „Praxis der

Mathematik in der Schule“, „Mathematik lehren“ und vor allem die Ausgaben von „Materialien für

einen realitätsbezogenen Mathematikunterricht“ liefern immer wieder Artikel zu Fermi-Aufgaben,

oder auch allgemeiner zu offenen Aufgaben. Hin und wieder lassen sich sogar ausgearbeitete

Konzepte samt Arbeitsblättern finden. Es sollen hier nur einige Beispiele genannt werden: Die

hunderterste Ausgabe von „Mathematik lehren“ enthält innerhalb der so genannten „Mathe-Welt“

mehrere Arbeitsblätter zu Fermi-Aufgaben und bietet auch mögliche Lösungen an. Passende

Aufgaben für die letzten Mathematikstunden vor Weihnachten findet man beispielsweise in der

hundertdreiundsechzigsten Ausgabe von „Mathematik lehren“. In der Zeitschrift „Praxis der

Mathematik in der Schule“ sind die Beispiele meist in Artikeln integriert. Auch im Internet lassen sich

immer wieder Anregungen und Materialien für einen offenen Unterricht finden.544 Abgesehen von

den bereits genannten Quellen werden auch immer wieder innerhalb von Zeitungsartikeln Fermi-

Fragen oder Anregungen für Fermi-Aufgaben angeboten. So wurden zu Schulbeginn folgende

Aussagen im Steiermark-Teil der Kleinen Zeitung getroffen:

- 34,6 Millionen Euro werden für den Schulbeginn in der Steiermark ausgegeben. - 3000 Meter schreibt eine Kugelschreibermine. - 2 Kilogramm an Schulheften und Blöcken verbraucht ein durchschnittlicher Volksschüler im

Jahr. - 1,67 Kilometer beträgt die durchschnittliche Schulweglänge der Grazer. - 60.000 Gläschen frischer Milchgetränke werden täglich an 500 steirische Volksschulen

geliefert.545

Diese Aussagen eignen sich besonders gut dazu, einen interessanten Einstieg ins neue Schuljahr zu

finden, da sie sich auf die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler beziehen und dadurch auch leicht

verständlich sind. Jede einzelne dieser Aussagen wird zu einer Fermi-Aufgabe, wenn man ein „Stimmt

das wirklich?“ hinzufügt. Hin und wieder lassen sich derartige Aussagen auch innerhalb von

Artikelüberschriften finden:

Die Österreicher fuhren 2010 1,8 Millionen Mal um die Erde.546

Auch hier reicht es, die Schülerinnen und Schüler zur Überprüfung der Aussage aufzufordern. Hier

ließe sich auch eine Diskussion bezüglich Umweltschutzes anschließen, wodurch diese Aussage auch

als Ausgangspunkt für fächerübergreifenden Unterricht dienen könnte. Der Einsatz von

544 Beispielsweise www.mued.de und www.kira.tu-dortmund.de 545 Pillmayr 05.09.2011: 12 546

Samec 12.11.2011: 12

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103

Zeitungsartikeln bringt auch diverse Vorteile mit sich: Die Schülerinnen und Schüler müssen genau

lesen und den Texten die notwendigen Daten entnehmen. Es handelt sich um authentische,

lebendige Situationen und es wird auch klar, wo Mathematik in der realen Welt vorkommt. Zusätzlich

kann mit Hilfe von Zeitungsartikeln das kritische Hinterfragen angeregt werden und auch die „passive

Konsumentenhaltung der Schüler“547 abgebaut werden.548

Neben den genannten Möglichkeiten sollte man auch nicht vergessen, Schulbücher aufmerksam

durchzublättern, da einige neuere Ausgaben bereits Fermi-Aufgaben enthalten. So befindet sich

beispielsweise im Schulbuch „Expedition Mathematik 2“ folgende Aufgabe:

a) Ein Stapel mit 100 Blatt Papier hat eine Höhe von 1,1 cm. Wie dick ist ein Blatt Papier?

b) Wie viele Blätter muss man aufeinanderlegen, damit der Stapel so hoch wird wie der Eiffelturm (320 m)?

c) Wie viele Blätter benötigt man für einen Stapel bis zum Mond? d) Wie viele A4-Blätter muss man nebeneinanderlegen, um am Äquator einmal um die Erde zu

kommen? e) Wie groß ist das Volumen des Papierstapels jeweils? f) Wie schwer ist der Papierstapel jeweils?549

Die ersten beiden Fragen sind noch keine wirklichen Fermi-Fragen, da alle zur Berechnungen

notwendigen Daten gegeben sind. Dies könnte jedoch leicht geändert werden, indem man die erste

Frage zur Gänze entfernt und bei der zweiten Frage die Angabe der Höhe weglässt. Um jedoch den

Schülerinnen und Schülern den Einstieg zu erleichtern, könnte die Aufgabe so, wie sie im Schulbuch

zu finden ist, gegeben werden, da die Teilaufgaben ansteigend nach Schwierigkeits- und

Öffnungsgrad geordnet sind.

Besteht gerade keine Möglichkeit auf die genannten Quellen zuzugreifen, so muss man als

Lehrperson selbst kreativ werden, um Fermi-Aufgaben zu finden. Dazu gibt es unterschiedliche

Wege: Häufig reicht es, die Welt durch die so genannte „mathematische Brille“ zu betrachten.550

Dazu können auch Fotos sehr nützlich sein, da die reale Situation immer wieder in die Berechnungen

mit einbezogen wird und die Schülerinnen und Schüler gewisse Bezugspunkte in der Realität finden

können.551 Ein Beispiel dazu:

547

Herget 1997: 60 548

Vgl. Herget 1997: 60 549 Kraker; Plattner; Preis 2008: 73/Nr. 251 550 Vgl. Büchter; Herget; Leuders; Müller 2007b: 12 551

Vgl. Herget; Klika 2003: 16ff.

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104

Abbildung 23: Transport von Paketen

Zu diesem Foto könnte man die Schülerinnen und Schüler auch selbst Fermi-Fragen entwerfen

lassen, da sie währenddessen bereits die Lösung mitbedenken müssen. Diese Art der

Aufgabenstellung kann somit zur inneren Differenzierung beitragen. 552 Es gibt auch diverse

Anregungen, die dabei helfen, selbst Fermi-Aufgaben zu finden: Es ist hilfreich, sich auf konkrete

Bereiche, wie zum Beispiel Schule, Sport, Verkehr oder Natur zu konzentrieren, in diversen

Alltagssituationen nach versteckter Mathematik zu suchen und Zeitungen aufmerksam

durchzublättern. Man könnte auch versuchen, Fragen mit Hilfe folgender Satzanfänge zu stellen553:

- Wie viele…? - Wie groß, hoch, weit, schwer, teuer…? - Wenn der/die/das … ein/eine … wäre,…? - Wenn man sich einmal vorstellt…?554

Eine weitere Möglichkeit selbst Fermi-Aufgaben zu finden ist das Heranziehen von

Schulbuchaufgaben. Diese können mit Hilfe gewisser Strategien derart verändert werden, dass

offene Aufgaben entstehen. Aufgaben können geöffnet werden, indem Informationen, oder auch

kleinschrittige Anleitungen weggelassen werden, indem Fragen, die die Reflexion anregen,

hinzugefügt werden, indem Begründungen verlangt werden oder auch, indem Fehler in die

Aufgabenstellung eingebaut werden.555 Aufgaben, die Fehler enthalten, können die Schülerinnen und

Schüler vor Übergeneralisierung bewahren und es ihnen erleichtern, auf eigene Fehler aufmerksam

552

Vgl. Hirnichs 2008: 108 553 Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 159 554 Büchter; Leuders 2005a: 160 555

Vgl. Baptist; Raab 2007: 28; vgl. Büchter; Leuders 2005a: 102; vgl. Maaß 2007a: 22

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105

zu werden.556 Um die Möglichkeit des Aufgaben-Öffnens klar zu machen, werden nun zwei Beispiele

angeführt:

Katrin sieht täglich 1 ½ Stunden fern. a) Wie viele Stunden sind dies in einer Woche zu 7 Tagen? b) Wie viele Stunden sind das in einem Monat mit 30 Tagen?

557

Hierbei handelt es sich um eine eingekleidete, geschlossene Aufgabe. Es wurde von einem

mathematischen Themengebiet (hier der Bruchrechnung) ausgegangen und versucht, dazu einen

Kontext zu finden. Es wurden auch alle zur Berechnung notwendigen Daten gegeben, wodurch die

wahre Aufgabe nur mehr darin besteht, das richtige, wahrscheinlich gerade zuvor erlernte Verfahren

anzuwenden. Eine zum Kontext passende, offene Aufgabe könnte folgendermaßen lauten:

- Wie viele Stunden siehst du in der Woche/im Monat fern?

- Wie viel Zeit hast du in deinem Leben bereits vorm Fernseher verbracht?

Ein weiteres Beispiel einer geschlossenen Schulbuch-Aufgabe:

Abbildung 24: Louvre Pyramide558

Auch hier kommt dem Kontext wiederum keine Bedeutung für die geforderten Berechnungen zu. Er

dient nur als Einkleidung des mathematischen Inhalts. Um diese Aufgabe zu öffnen, gibt es

unterschiedliche Möglichkeiten: Zum einen könnte die Frage angeschlossen werden, wie viele

Menschen innerhalb der Pyramide Platz finden könnten und zum anderen könnte den Schülerinnen

und Schülern ausschließlich die Abbildung gegeben werden. Wird die zweite Variante gewählt, so

ergeben sich wieder unterschiedliche Wege. Die Lernenden könnten entweder selbst Fragen finden,

oder es könnten folgende Fragen gestellt werden:

- Wie viele Menschen finden in der Pyramide Platz?

- Wie viele Quadratmeter Glas wurden für die Konstruktion der Pyramide verwendet?

- Wie viele aufgeblasene Luftballons würden in die Pyramide passen?

556 Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 56 557 Albrecht; Gollmann; Gutschi; Langgner; Schuster; Wiltsche 1997³: 151/Nr. 806 558

Dorfmayr; Mistlbacher; Nussbaumer 2007: 232/Nr. 1115

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106

Es kann also relativ leicht aus einer geschlossenen Schulbuchaufgabe eine Fermi-Aufgabe gemacht

werden. Auch mittels der Frage „Was wäre wenn…?“ kann der Unterricht geöffnet werden.559 Sind

die Lernenden einmal mit Fermi-Aufgaben vertraut, so kann man sie auch problemlos selbst

Aufgaben finden und über ihre Lösbarkeit nachdenken lassen. Dies kann für den Unterricht sehr

gewinnbringend sein, da selbstgefundene Probleme meist motivierender sind, als fremdgestellte.560

559 Vgl. Bruder; Büchter; Leuders 2008: 119 560

Vgl. Büchter; Leuders 2005a: 35

Page 111: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

107

5. Zusammenfassung

Abschließend soll noch einmal erwähnt werden, dass eine absolute Notwendigkeit besteht, den

Mathematikunterricht hinsichtlich einer neuen Aufgaben- und Unterrichtskultur zu öffnen, sodass ein

umfassender kompetenzorientierter Unterricht stattfinden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass

bisher übliche geschlossene Aufgaben verbannt werden sollen, sondern dass auf eine möglichst

große Bandbreite unterschiedlichster Aufgaben Wert gelegt werden soll, wobei in dieser Arbeit

speziell die Vorzüge des Einsatzes offener, selbstdifferenzierender Mathematikaufgaben, im

Speziellen aber von Fermi-Aufgaben, hervorgehoben werden sollten.

Es soll also gewährleistet werden, dass die Schülerinnen und Schüler die im Lehrplan und in den

Bildungsstandards für den Mathematikunterricht der achten Schulstufe (M8) angeführten

Fähigkeiten und Fertigkeiten erlangen können, um so möglichst gut auf die Anforderungen, die das

zukünftige Leben mit sich bringt, vorbereitet zu sein.561 Um dies zu erreichen, bedarf es einer

Unterrichts- und Aufgabenkultur, die das Lernen und nicht das Lehren ins Zentrum stellt und somit

dem Prinzip des konstruktivistischen Lernens gerecht wird. Die Schülerinnen und Schüler sollen also

mehr Spielräume erhalten, ihr Wissen und Können selbstständig anzuwenden und zu erweitern und

Beispiele ihrem Kompetenzniveau entsprechend zu bearbeiten. Daher besteht die Notwendigkeit,

offene, authentische und selbstdifferenzierende Aufgaben, bei denen der Kontext zur Berechnung

einer Lösung eine Rolle spielt und nicht nur als Einkleidung der zur Berechnung notwendigen Daten

dient, im Unterricht zu integrieren, um so die Lernenden ansprechen und motivieren und zur

Förderung der inhaltlichen, prozessbezogenen, sozialen und personalen Kompetenzen beitragen zu

können.

Gerade Fermi-Aufgaben erfüllen viele dieser Ansprüche, da sie aufgrund der offenen Fragestellung

und des Fehlens der zur Berechnung notwendigen Daten zum einen unterschiedliche Zugänge auf

verschiedenen Niveaus zulassen – also selbstdifferenzierend sind –, was in weiterer Folge zu

unterschiedlichen Lösungswegen und Lösungen führt, und zum anderen meist die Lebens-

beziehungsweise Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler ansprechen, wodurch ein besseres

Verständnis und größeres Interesse von Seiten der Lernenden gewährleistet werden kann.

Mit Hilfe von Fermi-Aufgaben können, sofern entsprechende Unterrichtsformen und -methoden bei

der Bearbeitung dieser Aufgaben eingesetzt werden, Kompetenzen diverser Bereiche – der

fachlichen, prozessbezogenen, persönlichen und sozialen Kompetenzbereiche – gefördert werden,

was jedoch nicht unbedingt bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler, die im Unterricht häufig mit

Fermi-Aufgaben konfrontiert werden, innerhalb von Standardtestungen besser abschneiden.

561 Es sei hier noch einmal betont, dass dies nicht unbedingt zu besseren Ergebnissen innerhalb der Standardtestungen führt.

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108

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Enrico Fermi ...................................................................................................................3

Abbildung 2: Kompetenzmodell ........................................................................................................ 17

Abbildung 3: Ein Modell mathematischer Kompetenzen ................................................................... 24

Abbildung 4: Schuhgröße .................................................................................................................. 59

Abbildung 5: Luftballons im Klassenraum .......................................................................................... 62

Abbildung 6: Luftballons im Klassenraum (Hinterseite) ..................................................................... 62

Abbildung 7: Luftballons im Klassenraum (Lehrerkommentar 1) ........................................................ 63

Abbildung 8: Luftballons im Klassenraum (Lehrerkommentar 2) ........................................................ 63

Abbildung 9: Luftballons im Klassenraum (Lehrerkommentar 3) ........................................................ 63

Abbildung 10: Der Kopf des Kanzlers Adenauer ................................................................................. 64

Abbildung 11: Tropfender Wasserhahn ............................................................................................. 65

Abbildung 12: Autos im Stau ............................................................................................................. 66

Abbildung 13: Von der Knolle zur Fritte ............................................................................................. 67

Abbildung 14: Kartoffel-Beispiel ........................................................................................................ 68

Abbildung 15: Frische Brötchen ........................................................................................................ 68

Abbildung 16: Baden gehen .............................................................................................................. 69

Abbildung 17: Baden gehen (Hinterseite) .......................................................................................... 69

Abbildung 18: Marmeladenbrote ...................................................................................................... 70

Abbildung 19: Modellierungskreislauf von Blum und Leiß ................................................................. 74

Abbildung 20: Vereinfachter Modellierungskreislauf ......................................................................... 76

Abbildung 21: Antworten finden ....................................................................................................... 81

Abbildung 22: Antworten beurteilen und vergleichen ....................................................................... 96

Abbildung 23: Transport von Paketen ............................................................................................. 104

Abbildung 24: Louvre Pyramide ...................................................................................................... 105

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109

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Klassifikationsschema für Offenheit ....................................................................................8

Tabelle 2: Entdecken lassen vs. Belehren .......................................................................................... 39

Tabelle 3: Bewertungsschema offener Aufgaben .............................................................................. 96

Tabelle 4: Bewertungsschema von Modellierungsaufgaben .............................................................. 98

Page 114: Die Bedeutung von Fermi-Aufgaben für kompetenzorientierten

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