68
1 Metalle Gɒnter Gottstein, Myrjam Winning; Bernhard Friedrich u. Mitarbeiter 1 Metallphysikalische Grundlagen 3 1.1 Atomistik metallischer FestkɆrper 3 1.1.1 Bindung und Kristallstruktur 3 1.1.2 Elektronenstruktur von FestkɆrpern 4 1.1.3 Interatomares Potential und Gitterschwingungen 6 1.1.4 Kristalldefekte 7 1.2 Thermische, elektrische und magnetische Eigenschaften von Metallen 8 1.2.1 WȨrmekapazitȨt 8 1.2.2 Thermische Ausdehnung 10 1.2.3 WȨrmeleitfȨhigkeit 11 1.2.4 Elektrische LeitfȨhigkeit von Metallen 12 1.2.5 Supraleitung 13 1.2.6 Magnetische Eigenschaften von Metallen 15 1.2.6.1 Dia- und Paramagnetismus 15 1.2.6.2 Ferromagnetismus 17 1.3 Mechanische Eigenschaften 19 1.3.1 ElastizitȨt 19 1.3.2 KristallplastizitȨt 20 1.3.2.1 Plastisches Fließen 20 1.3.2.2 Festigkeit 23 1.3.2.3 Andere Verformungsmechanismen 25 1.3.2.4 SuperplastizitȨt 27 2 HȨufigkeit und Vorkommen 28 3 Grundlagen metallurgischer Prozesse 31 3.1 Ƞberblick 31 3.2 RɆstung/Sinterung 34 3.2.1 RɆstung 34 3.2.2 Sintern 35 3.3 Reduktion 37 3.3.1 Pyrometallurgische Reduktion 38 1 Winnacker/Kɒchler. Chemische Technik: Prozesse und Produkte. Herausgegeben von Roland Dittmeyer, Wilhelm Keim, Gerhard Kreysa, Alfred Oberholz Band 6 a: Metalle. Copyright # 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31580-2

1 Metalle - Wiley-VCH · Fermi-EnergieinZustndeoberhalbderFermi-Energiewechseln,whrendtieferlie-gendeEnergieniveausnichtbeeinflusstwerden. 1.1.3 InteratomaresPotentialundGitterschwingungen

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1Metalle

G�nter Gottstein, Myrjam Winning; Bernhard Friedrich u. Mitarbeiter

1 Metallphysikalische Grundlagen 31.1 Atomistik metallischer Festk�rper 31.1.1 Bindung und Kristallstruktur 31.1.2 Elektronenstruktur von Festk�rpern 41.1.3 Interatomares Potential und Gitterschwingungen 61.1.4 Kristalldefekte 71.2 Thermische, elektrische und magnetische Eigenschaften von Metallen 81.2.1 W'rmekapazit't 81.2.2 Thermische Ausdehnung 101.2.3 W'rmeleitf'higkeit 111.2.4 Elektrische Leitf'higkeit von Metallen 121.2.5 Supraleitung 131.2.6 Magnetische Eigenschaften von Metallen 151.2.6.1 Dia- und Paramagnetismus 151.2.6.2 Ferromagnetismus 171.3 Mechanische Eigenschaften 191.3.1 Elastizit't 191.3.2 Kristallplastizit't 201.3.2.1 Plastisches Fließen 201.3.2.2 Festigkeit 231.3.2.3 Andere Verformungsmechanismen 251.3.2.4 Superplastizit't 27

2 H�ufigkeit und Vorkommen 28

3 Grundlagen metallurgischer Prozesse 313.1 1berblick 313.2 R�stung/Sinterung 343.2.1 R�stung 343.2.2 Sintern 353.3 Reduktion 373.3.1 Pyrometallurgische Reduktion 38

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Winnacker/K6chler. Chemische Technik: Prozesse und Produkte.Herausgegeben von Roland Dittmeyer, Wilhelm Keim, Gerhard Kreysa, Alfred OberholzBand 6a: Metalle.Copyright : 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, WeinheimISBN: 3-527-31580-2

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3.3.1.1 Reduktion durch thermische Zersetzung 393.3.1.2 Reduktion mit Wasserstoff 403.3.1.3 Carbothermische Reduktion 403.3.1.4 Metallothermische Reduktion 423.3.2 Hydrometallurgische Reduktion 433.3.2.1 Zementation 443.3.2.2 Reduktion mit Gasen 453.4 Raffination 453.4.1 Pyrometallurgische Raffination 463.4.1.1 Selektive Oxidation 463.4.1.2 Vakuumbehandlung (Entgasung/Destillation) 473.4.1.3 Sp6lgasbehandlung 483.4.1.4 Schlackenbehandlung 493.4.1.5 Seigern 503.4.1.6 Selektive Verfl6chtigung (Destillation) 513.4.1.7 Elektrolytische Raffination im Schmelzfluss 513.4.1.8 Filtration (Mechanische Raffination) 523.4.2 Hydrometallurgische Raffination (Lg/SX) 523.4.2.1 Selektive Laugung 523.4.2.2 Der Solventextraktions-Prozess 543.5 Elektrolytische Verfahren 563.5.1 Reduktionselektrolyse (Gewinnungselektrolyse) 573.5.2 Raffinationselektrolyse 593.5.3 Schmelzflusselektrolyse 60

4 R ckgewinnung 62

5 Verarbeitung 65

6 Literatur 67

2 1 Metalle

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Das Kapitel Metalle f6hrt die metallphysikalischen Grundlagen sowie die Grundla-gen der metallurgischen Prozesstechnik einschließlich der Rohstoffe, des Recy-clings und der Weiterverarbeitung zusammen.

1

Metallphysikalische Grundlagen

1.1Atomistik metallischer Festk)rper

1.1.1

Bindung und Kristallstruktur

Etwa 75% aller nat6rlich vorkommender Elemente im Periodensystem haben me-tallischen Charakter (Abb. 1), d.h. sie besitzen chemische Bindungszust'nde, diehaupts'chlich durch metallische Bindung gekennzeichnet sind. Die metallischeBindung zeichnet sich dadurch aus, dass die Bindungselektronen delokalisiert sindund man sie in einfachster N'herung durch ein freies Elektronengas beschreibenkann. Die Elektronen k�nnen sich nahezu frei zwischen den beteiligten Metall-Io-nen bewegen und geh�ren somit allen Ionen gemeinsam.Metalle sind im festen Zustand kristallin; d.h. die Atome sind in einem drei-

dimensionalen periodischen Gitter angeordnet. Sie kristallisieren mit etwa gleicherH'ufigkeit in einer der drei Kristallstrukturen, kubisch-fl'chenzentriert (kfz) (z.B.Aluminium, Kupfer, �-Eisen), kubisch-raumzentriert (krz) (z.B. �-Eisen, Wolfram,Chrom) oder hexagonal (z.B. Zink, �-Titan, Magnesium) (Abb. 2). Diese Kristall-strukturen erlauben eine hohe Raumerf6llung durch Atome, wenn man diese alsharte Kugeln ansieht.Die Besonderheit der metallischen Bindung ist die Verf6gbarkeit von freien Elek-

tronen, die eine gute elektrische und thermische Leitf'higkeit bedingt sowie die re-lativ geringe Bindungsst'rke, wodurch Bindungen leicht gel�st werden k�nnen, so-dass die Erzeugung und Bewegung von Kristalldefekten erleichtert werden, woraus

Abb. 1 Periodensystem der Elemente. Grau unterlegt sind alle Elemente mit metallischem Charakter,schraffiert sind die Halbmetalle, die sowohl metallischen als auch nichtmetallischen Charakter aufweisen

31 Metallphysikalische Grundlagen

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Abb. 2 Schematische Darstellung der drei wichtigsten Kristallstrukturen metallischer Werkstoffe(a) kubisch-raumzentriertes Gitter; (b) kubisch-fl&chenzentriertes Gitter; (c) hexagonal-dichtestgepacktes Gitter

letztlich die guten mechanischen Eigenschaften der Metalle resultieren. Aufgrundihrer Eigenschaften z'hlen Metalle zu den bedeutendsten Werkstoffen der Elektro-technik und den wichtigsten Konstruktionswerkstoffen.

1.1.2

Elektronenstruktur von Festk)rpern

In einem isolierten Atom befinden sich die Elektronen nach dem Bohrschen Atom-modell auf diskreten Schalen, die diskreten Energiezust'nden entsprechen. In ei-nem kristallinen Festk�rper werden diese diskreten Energiezust'nde zu Energie-zonen (B'nder) erweitert, zwischen denen es Bereiche gibt, die nicht von Elektro-nen besetzt werden k�nnen, die sog. verbotenen B'nder oder Energiel6cken(Abb. 3a). F6r die Eigenschaften von Festk�rpern spielen im Wesentlichen zweiB'nder eine Rolle, n'mlich das bei T = 0 K h�chste vollst'ndig mit Elektronen ge-f6llte Band (Valenzband) und das dar6ber liegende bei T = 0 K leere oder teil-weise gef6llte Band (Leitungsband). Der F6llgrad des Leitungsbandes bei T = 0 Kentscheidet dar6ber, ob ein Festk�rper ein Leiter oder ein Isolator ist (Abb. 3b).Metalle sind gute elektrische und thermische Leiter; sie haben stets ein teilweisegef6lltes Leitungsband.Elektronen unterliegen nach dem Pauli-Prinzip der Einschr'nkung, dass ein

Energiezustand (in Abwesenheit von anderen Einflussgr�ßen und abgesehen vomElektronenspin) von nur einem Elektron angenommen werden kann. Daraus folgt,dass in einem System von Elektronen, z.B. einem Festk�rper, zwecks Minimierungder Gesamtenergie die Energiezust'nde von den untersten Niveaus angefangensukzessive ansteigend l6ckenlos besetzt werden. Die Besetzungswahrscheinlichkeitf6r einen Energiezustand E wird durch die Fermi-Dirac-Verteilung (Abb. 4) be-

4 1 Metalle

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Abb. 3 (a) B&ndermodell f+r Festk-rper, Eg ist die Bandl+cke zwischen Valenz- und Leitungsband.(b)Schematische Darstellung der Besetzung der erlaubten Energieb&nder durch Elektronen bei T = 0 K ineinem Metall, Halbleiter und Isolator

schrieben. Bei T = 0 K sind alle Energiezust'nde E � "F besetzt. Die Energie "Fheißt Fermi-Energie und ist im Verh'ltnis zur thermischen Energie sehr groß.Deshalb k�nnen bei T > 0 K nur Elektronen mit Energien wenig unterhalb der

Abb. 4 Fermi-Dirac-Verteilung bei verschiedenen Temperaturen

51 Metallphysikalische Grundlagen

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Fermi-Energie in Zust'nde oberhalb der Fermi-Energie wechseln, w'hrend tieferlie-gende Energieniveaus nicht beeinflusst werden.

1.1.3

Interatomares Potential und Gitterschwingungen

Die anziehende elektronische Wechselwirkung zwischen den Atomen und die ab-stoßende Kraft infolge des Pauli-Prinzips bei zu großer Ann'herung summierensich zu einer Kraft-Abstands-Funktion, deren Integral das interatomare Potential ist(Abb. 5). Es durchl'uft ein Minimum im Gleichgewichtszustand, ist aber nicht sym-metrisch bei gr�ßeren Abweichungen vom Gleichgewicht, d.h. das Potential istasymmetrisch.Infolge thermischer Anregung schwingen Atome in einem Kristallverband um

ihre Gleichgewichtslage. Selbst bei T = 0 K befinden sich die Atome nicht v�llig inRuhe, sondern sie f6hren entsprechend der Unbestimmtheitsrelation die sog.Nullpunktsbewegung aus. Energiezufuhr beispielsweise durch Erw'rmen bewirktein Anfachen der atomaren Schwingungen, deren Amplituden mit wachsenderTemperatur zunehmen. Ein einfaches Modell des Festk�rpers vermittelt ein Ver-st'ndnis der Gitterschwingungen. Dabei sind kugelf�rmig gedachte Gitterbau-steine durch elastische Federn miteinander verbunden. Sobald einer dieser Gitter-bausteine leicht angestoßen wird, bauen sich infolge der Federkopplung Wellenauf, die sich fortpflanzen, an den Grenzfl'chen reflektiert werden und schließlichden gesamten Kristall in Schwingungen versetzen, wobei jeder Gitterbaustein indrei Richtungen schwingen kann.

Abb. 5 Potentielle Energie eines zweiatomigen Molek+ls aufgetragen +ber dem Atomabstand(schematisch). Die gestrichelte Linie stellt die Schwerpunktsverschiebung mit ansteigendenSchwingungsniveaus, d.h. mit zunehmender Temperatur dar

6 1 Metalle

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Im Gegensatz zu elastischen Federsystemen unterliegen Schwingungen aufatomarer Skala den Gesetzm'ßigkeiten der Quantenmechanik, d.h. ihre Energiezu-st'nde sind diskret. Ein Schwingungsquant wird auch als Phonon bezeichnet. ImGegensatz zu Elektronen unterliegen Phononen nicht dem Pauli-Prinzip, d.h. belie-big viele Phononen k�nnen den gleichen Energiezustand annehmen. Die Beset-zungswahrscheinlichkeit wird daher nicht durch die Fermi-Dirac-, sondern durchdie Bose-Einstein-Verteilung bestimmt.

1.1.4

Kristalldefekte

Der Zustand eines Kristalls im thermischen Gleichgewicht ist bei gegebener Tem-peratur und gegebenem Druck durch das Minimum der freien Enthalpie G ¼H � TS festgelegt. Die Erzeugung eines Kristallbaufehlers ist stets mit einer Erh�-hung der Enthalpie H verbunden, sodass am absoluten Temperaturnullpunkt, we-gen T � S ¼ 0, nur der ideale Kristall im Gleichgewicht ist. Bei Temperaturen 6berdem Nullpunkt kann es zur Bildung von Gitterst�rungen kommen, wenn der Entro-pieanteil �T�SB die Bildungsenthalpie �HB des Kristalldefektes kompensiert. DieKonzentration von atomaren Gitterst�rungen im thermischen Gleichgewicht ist ge-geben durch cA ¼ expð��GB=kT Þ. Dabei ist �GB die freie Bildungsenthalpie undsetzt sich zusammen aus der Bildungsenthalpie �HB und der Bildungsentropie�SB. Betrachtet man die Gr�ße von �GB f6r unterschiedliche Kristallbaufehler, soergeben sich nur f6r Leerstellen (Abb. 6a) gen6gend große Konzentrationen imthermischen Gleichgewicht. Sie spielen vor allem bei Diffusionsprozessen einewichtige Rolle. Die Konzentration anderer Gitterfehler (Versetzungen, Korngren-zen) ist so klein, dass sie im thermischen Gleichgewicht praktisch nicht auftreten.Dennoch sind sie Bestandteile jedes realen Kristalls, weil sie als Mechanismen desHerstellungsprozesses ben�tigt werden.Versetzungen sind linienhafte Gitterfehler. Sie entstehen durch partielle Verschie-bungen von Kristallteilen (Abb. 6b).Der Vektor der Kristallverschiebung, der Gleitvektor, wird auch als Burgers-Vektor

bezeichnet. Er 'ndert sich entlang einer Versetzungslinie nicht. Je nach Lage der

Abb. 6 (a) Punktfehler in Kristallen: Leerstelle (�) und Zwischengitteratome (�)). (b) AtomistischeAnordnung einer Versetzungslinie

71 Metallphysikalische Grundlagen

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Versetzungslinie kann sich daher entlang dieser Linie der Versetzungscharakter 'n-dern. Ist die Versetzungslinie parallel zum Burgers-Vektor, spricht man von einerSchraubenversetzung. Bei einer Stufenversetzung steht der Burgers-Vektor senk-recht zur Versetzungslinie (Abb. 6b). Die Versetzungsdichte ist definiert als dieGesamtl'nge der Versetzungslinien pro Volumeneinheit. Typischerweise enth'ltein unverformtes Metall bereits eine Versetzungsdichte von � 1010m�2, die imLaufe einer starken plastischen Verformung bis auf etwa � 1016m�2 ansteigt.W'hrend Versetzungen als Gitterst�rungen auf atomarer Skala definiert sind,

l'sst sich dennoch die Versetzungsmechanik mit der makroskopischen Ebene, aufder die plastische Verformung beobachtet wird, einfach verkn6pfen durch

_�� � d�

dt¼ bv (Orowan-Gleichung) ð1Þ

F ¼ ð�bÞ s (Peach-Koehler-Gleichung) ð2Þ

Die wichtigsten zweidimensionalen Baufehler sind die Korngrenzen, die Bereicheeines Kristalls mit unterschiedlicher kristallographischer Orientierung voneinandertrennen, und Phasengrenzen.Neben ihrer Existenz ist die wichtigste Eigenschaft der Kristalldefekte ihre Beweg-

lichkeit. Die Bewegung von Punktdefekten verursacht die Festk�rperdiffusion, dieBewegung von Versetzungen bestimmt die plastische Verformung, und die Bewe-gung von Korngrenzen kontrolliert die Entfestigung durch Vorg'nge wie Rekristalli-sation und Kornvergr�ßerung.

1.2Thermische, elektrische und magnetische Eigenschaften von Metallen

1.2.1

W�rmekapazit�t

Die innere Energie U eines Festk�rpers setzt sich aus der potentiellen und der kine-tischen Energie der Gitterbausteine zusammen. Die molare W'rmekapazit't beikonstantem Volumen cV eines Festk�rpers ist definiert als cV ¼ @U=@T und hat dieEinheit J mol—1K—1.In Abbildung 7 ist die molare W'rmekapazit't einer Reihe verschiedener Ele-

mente und Verbindungen in Abh'ngigkeit von der Temperatur gezeigt. Es f'llt auf,dass die molaren W'rmekapazit'ten der aufgef6hrten Elemente bei hohen Tempe-raturen 'hnliche Werte aufweisen, n'mlich cV � 25. Das Erreichen eines konstan-ten Wertes der W'rmekapazit't bei hohen Temperaturen wird auch Regel von Du-long-Petit genannt.Bei Legierungen (Mischungen metallischer Elemente) setzt sich nach der Neu-

mann-Koppschen Regel die molare W'rmekapazit't h'ufig additiv aus den Beitr'-gen der darin enthaltenen Elemente zusammen.Die quantitative Theorie der spezifischen W'rmekapazit't von Festk�rpern geht

davon aus, dass die innere Energie U im Wesentlichen von den quantisierten Gitter-

8 1 Metalle

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Abb. 7 Spezifische W&rme verschiedener Stoffe aufgetragen +ber der normierten Temperatur(�D Debye-Temperatur). Gestrichelt ist der konstante Wert 25,12 J mol

–1K–1 eingezeichnet, der nachDulong und Petit bei hohen Temperaturen erreicht wird (s. Gl. (3))

schwingungen (Phononen) bestimmt wird. Beim Erw'rmen werden die Gitter-schwingungen zunehmend angefacht, d.h. es werden Phononen erzeugt. Umge-kehrt schlafen die Schwingungen beim Abk6hlen nacheinander ein, wobei Phono-nen vernichtet werden, bis bei T = 0 K die W'rmekapazit't verschwindet.Mit Hilfe des Debye-Modells der inneren W'rme k�nnen die gefundenen Abh'n-

gigkeiten gut erkl'rt werden. Das Modell geht davon aus, dass die Atome in einemFestk�rper gekoppelte Schwingungen durchf6hren, sodass nicht nur eine Schwin-gungsfrequenz, sondern ein ganzes Spektrum angeregt wird. Damit ergibt sich dieinnere Energie als Produkt aus dem Schwingungsspektrum und der Verteilungs-funktion der Phononenenergie. Durch Differentiation nach der Temperatur erh'ltman die molare W'rmekapazit't

cV ¼ 9Rð(=T Þ�3Z(=T

0

ð(=T Þ4 � expð(=T Þðexpð(=T Þ � 1Þ2

dð(=T Þ ð3Þ

wobei ( ¼ h�D=k die Debye-Temperatur definiert. Die Debye-Frequenz �D ist dieh�chste Schwingungsfrequenz, in einem Festk�rper typischerweise von der Gr�-ßenordnung 1013 Hz. Der theoretische Verlauf von cV gibt die gemessenen Abh'n-gigkeiten f6r viele Festk�rper recht gut wieder (Abb. 7). Aus der Debye-Funktionfolgt f6r hohe Temperaturen der klassische Wert cV ¼ 3R. Bei tiefen Temperaturenl'sst sich die Funktion durch das Debyesche T 3-Gesetz ann'hern.Auch freie Elektronen tragen in Metallen zur spezifischen W'rme bei. Da die

Elektronenniveaus des Leitungsbandes bis zur Fermi-Energie nahezu l6ckenlos be-setzt sind, k�nnen nur Elektronenniveaus in der Umgebung von "F an einer ther-misch bewirkten Umsetzung teilnehmen. N'herungsweise erh'lt man

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Ce ¼�2

2�Nk2T

"Fð4Þ

Dieser Anteil an der spezifischen W'rmekapazit't von Metallen ist bei Raumtempe-ratur sehr klein, spielt aber bei tiefen Temperaturen eine wesentliche Rolle. In guterN'herung gilt Cgesamt ¼ CG þ Ce und der Gitteranteil CG geht bei tiefen Temperatu-ren mit T 3 gegen Null, so dass unterhalb einer bestimmten Temperatur Ce > CG

wird.

1.2.2

Thermische Ausdehnung

Wegen der Asymmetrie des interatomaren Potentials sind Gitterschwingungen an-harmonisch, d.h. die Auslenkung zu gr�ßeren Atomabst'nden ist gr�ßer als zukleineren Atomabst'nden. Das verursacht die thermische Ausdehnung kristallinerFestk�rper (Abb. 8). Mit steigender Temperatur wird die Amplitude der Schwingun-gen um die Gleichgewichtsposition gr�ßer. Die Atome halten sich dann im zeitli-chen Mittel zunehmend nach rechts verschoben auf, also weiter voneinander ent-fernt (Abb. 5). F6r eine Probe der L'nge l definiert man f6r eine L'ngen'nderung�l bei einem Temperaturanstieg �T den linearen Ausdehnungskoeffizienten�lin ¼ �l=ðl�T Þ. Der Volumenausdehnungskoeffizient betr'gt n'herungsweise� � 3�lin. Typischerweise hat der lineare Ausdehnungskoeffizient von Metallen dieGr�ßenordnung �lin � 10�5=K. Bei nicht kubischen Einkristallen ist � anisotrop,besitzt also Tensoreigenschaften. Wird die thermische Ausdehnung unterdr6ckt,entstehen hohe innere Spannungen, die Anlass f6r Risse und damit Versagen seink�nnen.

Abb. 8 Thermische Ausdehnung einiger Metalle als Funktion der auf die Debye-Temperatur normiertenTemperatur [1]

10 1 Metalle

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1.2.3

W�rmeleitf�higkeit

Besteht in einem Festk�rper ein Temperaturgradient dT/dx, so fließt durch denEinheitsquerschnitt ein W'rmestrom . ¼ ��ðdT=dxÞ. Die Stoffkennzahl � mitder Einheit Wm—1K—1, die bei Einkristallen von der Richtung abh'ngen kann,wird W'rmeleitzahl genannt. Der gleichfalls benutzte reziproke Wert w ¼ 1=�

heißt spezifischer W'rmewiderstand.Hohe Werte der W'rmeleitzahl findet man bei Metallen sowie bei einigen Iso-

latorkristallen wie Saphir (Abb. 9). Besonders bei niedrigen Temperaturen istdas W'rmeleitverm�gen stark von der Temperatur abh'ngig. Der W'rmestrom imFestk�rper kann 6ber Phononen und Elektronen transportiert werden. Man findetf6r �:

� ¼ � � cV � LP

3ð5Þ

wobei � die mittlere Teilchengeschwindigkeit, cV die spezifische W'rmekapazit'tpro Volumeneinheit und LP die mittlere freie Wegl'nge zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zusammenst�ßen eines Teilchens ist.In Metallen wird der W'rmestrom in 6berwiegendem Maße durch die Elektronen

getragen. Elektronen k�nnen dabei mit den Atomen zusammenstoßen, dabei Ener-gie aufnehmen und diese bei weiteren St�ßen wieder abgeben. Die spezifischeW'rme der Elektronen ist proportional zur Temperatur. Die Geschwindigkeit derElektronen ist temperaturunabh'ngig. Die Streuung der Elektronen an Phononenund Gitterdefekten bestimmt die mittlere freie Wegl'nge, die mit zunehmenderTemperatur sinkt. Deshalb durchl'uft � als Funktion der Temperatur ein Maxi-mum.

Abb. 9 Verlauf der W&rmeleitzahl in Abh&ngigkeit von der Temperatur f+r verschiedene Festk-rper

111 Metallphysikalische Grundlagen

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1.2.4

Elektrische Leitf�higkeit von Metallen

Nach dem Ohmschen Gesetz ist die elektrische Stromdichte j proportional zur an-gelegten elektrischen Feldst'rke E. Der Proportionalit'tskoeffizient �, der in Kris-tallen Tensorcharakter haben kann, wird als die spezifische elektrische Leitf'hig-keit bezeichnet und hat die Dimension (/m)—1. Der Kehrwert der spezifischenLeitf'higkeit wird spezifischer Widerstand genannt und hat die Dimension /m.Die elektrische Leitung wird wie die W'rmeleitf'higkeit in Metallen durch die Be-

wegung der freien Elektronen verursacht. Deshalb sind die W'rmeleitf'higkeit �

und die elektrische Leitf'higkeit � miteinander durch das Wiedemann-FranzscheGesetz �/�T=L verbunden. Die Lorenz-Zahl L ist f6r metallische Elemente nahezueine Konstante und betr'gt L = 2,5 · 10—8 V2 K—2.Metalle haben eine hohe Leitf'higkeit, insbesondere Kupfer, Gold und Silber.

Kupfer ist daher einer der wichtigsten Werkstoffe der Elektrotechnik. Der elektri-sche Widerstand h'ngt von der Temperatur ab (Abb. 10) und nimmt mit der Tempe-ratur zu. Bei nicht zu tiefen Temperaturen steigt der Widerstand linear mit der Tem-peratur an. Bei tiefen Temperaturen strebt der Widerstand einem Grenzwert zu,dem Restwiderstand 0, sodass der Gesamtwiderstand sich aus zwei Anteilen zu-sammensetzt:

¼ 0 þ ðTÞ:

Der Restwiderstand 0 ist temperaturunabh'ngig und geht auf die Wirkung vonGitterst�rungen wie Verunreinigungen oder Kristalldefekten zur6ck. Deshalb kann

Abb. 10 Theoretische Temperaturabh&ngigkeit (nach Gr neisen) des spezifischen elektrischenWiderstandes und experimentelle Werte f+r verschiedene Metalle [2]

12 1 Metalle

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Abb. 11 Elektrischer Widerstand einiger Gemenge als Funktion des Volumenanteils der beiden Phasen(@@@@@ Addition Leitf&higkeit; @ @ @ @ Addition Widerst&nde) [3]

man aus der Messung des spezifischen Widerstandes bei sehr tiefen Temperaturenquantitative Informationen 6ber das Ausmaß der Gitterst�rungen und 6ber dieReinheit von Metallen gewinnen. Ein vollst'ndig reines und defektfreies Metallh'tte bei T ¼ 0 den Widerstand Null. Der temperaturabh'ngige Anteil wird dage-gen durch die Streuung von Elektronen an den Gitterschwingungen verursacht.Nach der Matthiessenschen Regel 'ndert sich ðTÞ bei festen L�sungen (Misch-

kristallen) nicht mit der chemischen Zusammensetzung. In heterogenen Legierun-gen, d.h. bei Phasengemengen, h'ngt der Widerstand von der Anordnung der un-terschiedlich leitenden Bestandteile ab. Bei einer regellosen Verteilung einer zwei-ten Phase B in einer zusammenh'ngenden Mutterphase A wird der elektrischeWiderstand des Phasengemenges recht gut durch eine Summation der Leitf'hig-keiten beschrieben, d.h. �1 ¼ �1A þ �1B (Abb. 11). Ist ein metallischer Mischkris-tall geordnet, d.h. ordnen sich die Atome auf einem periodischen 1bergitter an,so entspricht die perfekt geordnete Legierung einem perfekten Kristallgitter. Da-mit ist eine hohe Leitf'higkeit (bzw. ein niedriger Widerstand) verbunden, wiez.B. in der geordneten Legierung Cu3Au (Abb. 12).

1.2.5

Supraleitung

Im normalleitenden Zustand wird der spezifische Widerstand bei tiefen Temperatu-ren durch den Restwiderstand bestimmt, bei Supraleitern hingegen f'llt der Wider-stand bei der sog. Sprungtemperatur Tk auf einen kaum messbaren Wert ab

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Abb. 12 Durch Einstellung von geordneten Phasen, hier Cu3Au und CuAu wird der Widerstand grund-s&tzlich verringert [4]

(Abb. 13). Magnetfelder reduzieren die Sprungtemperatur, bis der supraleitende Zu-stand ganz verschwindet. Da jeder elektrische Strom ein Magnetfeld erzeugt, ist da-mit auch eine Begrenzung des durch einen Supraleiter fließenden Stromes gege-ben. Von den metallischen Elementen ist eine große Anzahl supraleitend (sieheTabelle 1).

Abb. 13 Widerstand (in Ohm) einer Quecksilberprobe in Abh&ngigkeit von der absoluten Temperatur.Dieses Diagramm von Kamerlingh Onnes kennzeichnet die Entdeckung der Supraleitung [5]

14 1 Metalle

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Tab. 1 Sprungtemperaturen einiger metallischer Elemente

Metall Nb Tc Pb V La Ta Hg Sn In Sb Tl Re Pa

Tk (K) 9.25 7.78 7.23 5.43 4.88 4.47 4.15 3.72 3.41 2.7 2.39 1.70 1.4

Metall Th Al Ga Mo Zn Os Zr Cd Ru Ti Ir Be W

Tk (K) 1.39 1.18 1.08 0.92 0.88 0.66 0.53 0.52 0.49 0.39 0.14 0.03 0.02

Man kann im Wesentlichen zwei Arten von Supraleitern unterscheiden. Supralei-ter 1. Art, auch Meißner-Phasen genannt, sind homogen supraleitend. Bei Supralei-tern 2. Art, auch Shubnikov-Phasen genannt, gibt es normalleitende Bereiche in ei-ner supraleitenden Matrix. Oberhalb einer kritischen Feldst'rke geht die Meißner-Phase entweder in den normalleitenden Zustand 6ber, oder es entsteht die Shubni-kov-Phase. Der 1bergang erfolgt bei Supraleitern 1. Art relativ scharf. Eine Shubni-kov-Phase ben�tigt dagegen ein gr�ßeres Intervall an Temperatur bzw. Magnetfeld-st'rke, um vollst'ndig in den normalleitenden Zustand zur6ckzukehren (Abb. 14).Die atomistische Theorie der Supraleitung (BCS-Theorie, benannt nach ihren Be-

gr6ndern Bardeen, Cooper und Schrieffer) geht von der Existenz von Elektronen-paaren (Cooper-Paaren) aus. Die Elektronen im Gitter eines Festk�rpers 6ben nebender abstoßenden Coulomb-Wechselwirkung auch eine schwache Anziehungskraftdurch Polarisation aufeinander aus. Elektronenpaare, deren Gesamtimpuls geradeNull ist, erfahren eine best'ndige Bindung. Diese Cooper-Paare sind wegen ihresverschwindenden Gesamtspins keine Fermionen, sondern Bosonen und k�nnen da-her einen einzigen niedrigen Energiezustand besetzen. Es entsteht praktisch einmakroskopischer Quantenzustand.

Abb. 14 Magnetisierungskurven (a) eines Supraleiters erster Art und (b) eines Supraleiters zweiterArt [6]

1.2.6

Magnetische Eigenschaften von Metallen

1.2.6.1 Dia- und ParamagnetismusDer Zusammenhang zwischen der magnetischen Induktionsflussdichte B und dermagnetischen Feldst'rke H wird f6r einen beliebigen Stoff durch die Beziehung

151 Metallphysikalische Grundlagen

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B ¼ "0"H beschrieben. Die sog. relative Permeabilit't " ist eine Stoffkonstanteund besitzt im Allgemeinen die Eigenschaften eines Tensors, "0 ist die absolute Per-meabilit't und hat den Wert "0 ¼ 1,257 � 10�6 Vs A�1m�1. F6r einen Festk�rpergilt B ¼ "0H þM ¼ "0H þ $"0B, wobei M Magnetisierung genannt wird und $

die magnetische Suszeptibilit't des Festk�rpers ist.Die magnetische Suszeptibilit't kann sowohl positive als auch negative Werte an-

nehmen. F6r nicht ferromagnetische Metalle ist der Betrag von $ meist sehr klein(siehe Abb. 15 und Tabelle 2). Die meisten Festk�rper sind in Abwesenheit einesmagnetischen Feldes unmagnetisch.In diamagnetischen Stoffen ist die magnetische Suszeptibilit't negativ und damit

die Magnetisierung dem von außen angelegten Feld entgegengerichtet. Diamagne-tismus beruht auf Kreisstr�men, die durch das 'ußere Feld induziert werden, denenmagnetische Momente nach der Lenzschen Regel dem ausl�senden Magnetfeld ent-gegengerichtet sind.Stoffe, deren Gesamtbahn- und Spinmoment die Entstehung eines permanenten

magnetischen Moments zulassen, sind paramagnetisch (Tabelle 2). Ihre magneti-

Abb. 15 Atomare Suszeptibilit&ten in Abh&ngigkeit von der Ordnungszahl [8]

16 1 Metalle

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Tab. 2 Spezifische Suszeptibilit&t $m/ in 10–9m3kg–1 bei 20 GC, andere Temperaturen in GC

in Klammern [7]

Element Ag Al Au Cr Cu Fe d(1405)

Fe g(910)

Fe a(840)

Fe(800)

Ho K

$m/ –2,4 +7,6 –1,8 +39,8 –1,1 +480 +330 +6900 +18900 +5390 +6,7

Element Mg Mn Mo Ni(800) Ni(400) Pb Pt Ti V W Zn

$m/ +3,1 +121 +11,6 +160 +2170 –1,4 +12,2 +40 +57 +4,0 –1,8

sche Suszeptibilit't ist positiv. Durch die W'rmebewegung sind die magnetischenMomente paramagnetischer Stoffe meist regellos orientiert, sodass im Mittel keinresultierendes Moment vorhanden ist. In einem Magnetfeld sind aber die verschie-denen Einstellm�glichkeiten der magnetischen Dipole nicht mehr gleich wahr-scheinlich. Es entsteht eine Vorzugsrichtung parallel zur Richtung des Magnetfel-des.Charakteristisch f6r den Paramagnetismus ist die Temperaturabh'ngigkeit der

magnetischen Suszeptibilit't, die umgekehrt proportional mit der Temperatur ab-nimmt. Man bezeichnet die Beziehung $ ¼ C=T als das Curiesche Gesetz, wobei Ceine Materialkonstante ist.

1.2.6.2 FerromagnetismusEinige Festk�rper zeigen beim Anlegen eines Magnetfeldes eine spontane Magneti-sierung. Zu diesen sog. Ferromagnetika geh�ren die Metalle Fe, Co, Ni, Gd, Tb, Dy,Ho, Er, Tm und viele Legierungen.Charakteristisch f6r Ferromagnetika ist das Auftreten einer Hysteresekurve

(Abb. 16). Das Diagramm MðHÞ 6ber einen vollst'ndigen Magnetisierungszyklusin entgegengesetzte Richtungen bezeichnet man als Hysteresekurve. Ein Ferromag-netikum verbleibt nach Abschalten des 'ußeren Magnetfeldes im Zustand eines

Abb. 16 Hysteresekurve mit Neukurve eines ferromagnetischen Festk-rpers. Aus der Neukurve lassensich die Anfangs- sowie die maximale Suszeptibilit&t ablesen

171 Metallphysikalische Grundlagen

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makroskopischen Permanentmagneten. Die verbleibende Magnetisierung in die-sem Zustand heißt Remanenz MR. Erst bei einer relativ großen, der Magnetisie-rung entgegengerichteten magnetischen Feldst'rke, der Koerzitivfeldst'rke Hc, ge-lingt es den Festk�rper wieder zu entmagnetisieren.Weichmagnetische Festk�rper haben eine Koerzitivfeldst'rke von Hc < 2 A cm�1

und hartmagnetische Stoffe ein Hc > 500 A cm�1. Oberhalb einer charakteristi-schen Temperatur, der Curie-Temperatur, wechseln die meisten Ferromagnetika zueinem paramagnetischen Verhalten. F6r die Umwandlung gilt das Curiesche Ge-setz in der als Curie-Weiß-Gesetz bekannten Form: $ ¼ C=ðT � TcÞ.Von den ferromagnetischen Elementen haben nur die Metalle Fe, Co und Ni gr�-

ßere praktische Bedeutung erlangt. Technische Anwendung finden haupts'chlichLegierungen der Eisenmetalle untereinander oder mit anderen nichtferromagneti-schen Partnern. Es gibt auch ferromagnetische Legierungen, deren Einzelelementenicht ferromagnetisch sind, z.B. intermetallische Verbindungen wie MnAs, MnBi,Cu2AlMn und Cu2SnMn. F6r Dauermagnete benutzt man hartmagnetische Werk-stoffe mit großer Remanenz und Koerzitivfeldst'rke, z.B. Chrom- oder Wolfram-st'hle und spezielle Legierungen aus Fe, Ni, Co, Al, und Cu. Bereits in den 30er Jah-ren des vergangenen Jahrhunderts konnten mit AlNiCo-Legierungen Remanenzenvon 1 Tund Koerzitivfeldst'rken bis zu 80 kA m–1 erzielt werden. In den 1950er Jah-ren kam der Ferrit als Magnetwerkstoff mit einer dreimal h�heren Koerzitivfeld-st'rke dazu. Die h�chsten Remanenzen, bis zu 1,5 T, und Koerzitivfeldst'rken bis1600 kA m–1 lassen sich heutzutage durch gesinterte Seltenerd-Magnete wie etwaNdFeB- oder SmCo-Legierungen erzielen (siehe Produkte der Pulvermetallurgie,Bd. 6b, Abschnitt 5.7).In ferromagnetischen Kristallen h'ngt die spontane Magnetisierung in vielen F'l-

len von der Richtung ab. In einer bestimmten Richtung ist der Magnetisierungsvor-gang mit geringstem Energieaufwand m�glich (Abb. 17). Bei Eisen ist das die [100]-Richtung, bei Nickel hingegen die [111]-Richtung. Erfolgt die Magnetisierung ent-lang einer anderen Richtung, ist eine zus'tzliche Energie, die sog. Anisotropieener-gie n�tig. Weichmagnete eignen sich besonders f6r Anwendungen mit h'ufigerUmmagnetisierung, z.B. f6r Transformatorkerne.

Abb. 17 Magnetisierungsverhalten entlang unterschiedlicher Kristallrichtungen in Eisen- undNickeleinkristallen. In Fe ist die <100>-Richtung leichter zu magnetisieren als die <111>-Richtung(linke Seite der Abbildung). In Ni ist das Verhalten umgekehrt (rechte Seite der Abbildung) [9]

18 1 Metalle

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1.3Mechanische Eigenschaften

1.3.1

Elastizit�t

Unter Einwirkung einer 'ußeren Kraft 'ndert ein Festk�rper seine Gestalt. Ziehtman beispielsweise an einem Stab, so verl'ngert er sich. Wird bei Entlastung die ur-spr6ngliche Gestalt wiederhergestellt, so spricht man von elastischer Verformung.In diesem Bereich gilt das Hookesche Gesetz, das heißt die Form'nderung erfolgtproportional zur anliegenden Kraft. Im Standardversuch der mechanischen Werk-stoffpr6fung, dem Zugversuch, wird eine schlanke stabf�rmige Probe mit konstan-ter Geschwindigkeit verl'ngert. Misst man die dazu notwendige Kraft K und dieVerl'ngerung �l, so erh'lt man die technische Spannung K=q0, wobei q0 der An-fangsquerschnitt des Stabes ist, und die technische Dehnung " ¼ �l=l0, wobei l0die Ausgangsl'nge bezeichnet (Abb. 18). Das Hookesche Gesetz lautet dann

� ¼ E" ð6Þ

Die Proportionalit'tskonstante E ist der Elastizit'tsmodul oder E-Modul und � istdie Zugspannung. Wirkt die Kraft parallel zur Oberfl'che (Scherspannung oderSchubspannung), so erh'lt man eine Scherverformung. Die Scherung � (Abb. 18)ist definiert als:

� ¼ �x

d¼ tan� � � ð7Þ

und das Hookesche Gesetz lautet

( ¼ G� ð8Þ

wobei G der Schubmodul und ( die Scherspannung ist. In Kristallen sind der Elasti-zit'tsmodul und der Schubmodul von der kristallographischen Richtung abh'ngig.In seiner allgemeinen Form schreibt sich dann das Hookesche Gesetz f6r eine be-

liebige Verformung "kl

�ij ¼Xk;l

Cijkl"kl; i; j; k; l ¼ 1; . . . ; 3 ð9Þ

�ij und "kl (oder s, e) sind der Spannungs-, bzw. Dehnungstensor. Beides sindTensoren 2. Stufe, schreiben sich also als 3 W 3 Matrix. Der Tensor der elastischenKonstanten Cijkl ist ein Tensor 4. Stufe, also eine Matrix aus 3 W 3 W 3 W 3 = 81 Ele-menten. Ein metallischer Werkstoff ist gew�hnlich vielkristallin, d.h. er besteht ausvielen kleinen Kristallen, die sich durch die r'umliche Lage der Elementarzelle(Orientierung) unterscheiden. Ist die Orientierungsverteilung regellos (isotroperFall), sind die elastischen Eigenschaften von kubischen Kristallen durch zwei elasti-sche Konstanten festgelegt, beispielsweise durch den E-Modul und die Querkon-traktionszahl �. Die Querkontraktion bezeichnet die Erfahrung, dass ein Festk�rperbei einer Verl'ngerung seinen Querschnitt verringert. Erfolgt also die Verl'ngerung

191 Metallphysikalische Grundlagen

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Abb. 18 Definition von Dehnung " = �l/l0 und Scherung � = �x/d = tan �

in z-Richtung: "z ¼ �l=l0, so erh'lt man in den dazu senkrechten Richtungen x

und y: "x ¼ "y ¼ ��"z. Typischerweise hat � f6r Metalle den Wert � � 1=3.

1.3.2

Kristallplastizit�t

1.3.2.1 Plastisches FließenSteigt die technische Spannung in einem Werkst6ck 6ber einen Wert RP an, sobleibt nach der Entlastung eine bleibende Form'nderung zur6ck (Abb. 19). Manspricht dann von plastischer Verformung. Die Gr�ße RP wird als Streckgrenze be-zeichnet. Sie ist keine Materialkonstante, sondern h'ngt von den Herstellungsbe-dingungen des Werkst6cks ab.Bei einer Verformung 6ber die Streckgrenze hinaus 'ndert sich die Spannung

nicht mehr proportional zur Dehnung wie vom Hookeschen Gesetz verlangt(Abb. 19). Da es schwierig ist, den Beginn der plastischen Verformung festzulegen,definiert man typischerweise eine bleibende Dehnung von 0,2% als maßgeblicheplastische Verformung und entsprechend die Streckgrenze als RP0:2.Kristalline Festk�rper 'ndern bei der plastischen Form'nderung ihre Kristall-

struktur nicht. Eine Gestalts'nderung unter Beibehaltung der Kristallstruktur l'sstsich grunds'tzlich nur durch Verschiebung von Kristallteilen um ein ganzzahligesVielfaches des Atomabstandes bewerkstelligen (Abb. 20). Kristalle verformen sichdaher durch Scherung.Eine starre Translation ganzer Kristallteile erfordert sehr hohe Scherkr'fte, weit-

20 1 Metalle

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Abb. 19 Technisches Spannungs-Dehnungs-Diagramm mit den wichtigsten Kenngr-ßen derWerkstoffpr+fung (Ag – Gleichmaßdehnung, A – Bruchdehnung)

aus h�her als beobachtet. Die gleiche Form'nderung l'sst sich bei viel geringerenScherspannungen ( erzielen, wenn die Translation nicht entlang der gesamtenGleitebene gleichzeitig, sondern zeitlich nacheinander vorgenommen wird. Daskann durch die Erzeugung und Bewegung von Versetzungen erreicht werden.Die aufgezwungene Schergeschwindigkeit _�� (bzw. die Dehngeschwindigkeit im

Zugversuch) ist 6ber die Orowan-Gleichung (1) mit der Versetzungsdichte undder Versetzungsgeschwindigkeit � verkn6pft, der aufgezwungene Spannungszu-stand entspricht nach der Peach-Koehler-Gleichung (2) im Wesentlichen der Kraftauf eine Versetzung pro L'ngeneinheit.

Abb. 20 Plastische Verformung von Kristallen (Elementarzelle gestrichelt)(a) unter Nnderung der Kristallstruktur; (b) unter Beibehaltung der Kristallstruktur

211 Metallphysikalische Grundlagen

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Mit zunehmender plastischer Verformung nimmt die dazu notwendige Span-nung (Fließspannung) (Abb. 19) zu. Diese Beobachtung wird als Verfestigung be-zeichnet.Die Xnderung der Fließspannung korreliert mit einer Xnderung der Versetzungs-

dichte infolge der elastischen Versetzungswechselwirkungen ( ¼ �Gbffiffiffi p, wobei �

eine Konstante der Gr�ßenordnung 0,5 ist (Abb. 21). Aufgrund der Versetzungs-wechselwirkung werden Versetzungen bei der plastischen Verformung immobili-siert und als unbewegliche Versetzungen gespeichert. Zur Aufrechterhaltung deraufgezwungenen Dehngeschwindigkeit m6ssen neue bewegliche Versetzungen er-zeugt werden, die wiederum nach einem gewissen Laufweg liegen bleiben. Aufdiese Weise steigt die Versetzungsdichte an, und entsprechend nimmt die Fließ-spannung zu.Die Verfestigung ist f6r verschiedene Metalle unterschiedlich. Selbst Metalle mit

sonst sehr 'hnlichen physikalischen Eigenschaften wie Silber und Aluminium ver-halten sich sehr unterschiedlich; Silber verfestigt bedeutend mehr als Aluminium(Abb. 22). Der entscheidende Unterschied zwischen den verschiedenen Metallen ist

Abb. 21 Zusammenhang von Fließspannung und Versetzungsdichte [10]

22 1 Metalle

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Abb. 22 Verfestigungskurven gleichorientierter Einkristalle verschiedener kfz-Metalle.Pfeile: Beginn von Bereich III [11]

unter den elastischen Konstanten die Stapelfehlerenergie, die die Aufspaltungsweitedes Versetzungskerns bestimmt.In Silber sind Versetzungen weit aufgespalten (� 10b), in Aluminium praktisch

nicht (� 1b). Nur unaufgespaltene Versetzungen k�nnen ihre Gleitebene verlassenund damit Hindernisse umgehen. Sie tragen damit weniger zur Verfestigung bei.Reines Aluminium l'sst sich daher durch Verformung nur wenig verfestigen undist daher als Konstruktionswerkstoff praktisch unbrauchbar. Silber dagegen zeigt er-hebliche Verformungsverfestigung (Abb. 22).

1.3.2.2 FestigkeitPlastische Verformung ist nicht die einzige M�glichkeit, um die Festigkeit von Me-tallen zu steigern. Polykristalline Werkstoffe bestehen aus vielen Kristalliten, die inder Metallurgie auch als K�rner bezeichnet werden. Sie enthalten daher Korngren-zen, die f6r Versetzungen un6berwindliche Hindernisse darstellen. Die Streck-grenze h'ngt in Vielkristallen von der Korngr�ße (Korndurchmesser) D ab, gem'ßder Hall-Petch-Beziehung Rp ¼ �o þ kg=

ffiffiffiffiDp

.Mit abnehmender Korngr�ße nimmt daher die Festigkeit zu (Abb. 23). Typische

Korngr�ßen f6r technische Werkstoffe liegen bei 20–50 "m. Neue Entwicklungenliefern auch Werkstoffe mit Korngr�ßen unterhalb 1 "m, von denen man sich hoheFestigkeit und Formbarkeit verspricht.F6gt man zu einem Metall andere metallische Elemente hinzu, so entstehen Le-

gierungen. Sie k�nnen prinzipiell einphasig (homogen) oder mehrphasig (hetero-gen) sein. Einphasige Legierungen werden als Mischkristalle bezeichnet. Mischkris-talle haben stets eine h�here Festigkeit als die Grundmaterialien. Die Festigkeit desMischkristalls ergibt sich nicht aus der Mischung der Festigkeiten der Legierungs-bestandteile. Vielmehr beruht die Festigkeitssteigerung auf der Behinderung derVersetzungen durch die Legierungsatome. Legierungsatome reichern sich im Ver-

231 Metallphysikalische Grundlagen

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Abb. 23 Abh&ngigkeit der Streckgrenze von der Korngr-ße in einigen St&hlen

setzungskern an (Segregation) z.B. infolge unterschiedlicher Atomgr�ße. Wennsich zur plastischen Verformung eine Versetzung von den Fremdatomen l�senmuss, ist eine zus'tzliche Kraft zu 6berwinden, die sich als Erh�hung der Streck-grenze bemerkbar macht und in erster N'herung proportional der Wurzel aus derKonzentration der Legierungsatome ist (Abb. 24).

Abb. 24 Zunahme der kritischen Schubspannung mit der Wurzel der Konzentration [12]

24 1 Metalle

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Abb. 25 Verfestigungskurven von Reinstkupfer und Cu-Legierungen. In Cu–Co sind die Teilchenschneidbar, in CuBeO nicht [13]

Liegt die Legierung als Phasengemenge vor, so stellen die Partikel der Sekund'r-phase eine erhebliche Behinderung der Versetzungsbewegung dar, da die Teilchenvon den Versetzungen umgangen werden m6ssen (Dispersionsh'rtung). Je h�herder Dispersionsgrad f=r, umso gr�ßer ist die Festigkeitssteigerung. Dispersionsh'r-tung ist das effektivste Mittel zur Festigkeitssteigerung von Metallen, wenn es ge-lingt, die Partikel m�glichst fein zu verteilen (Abb. 25). Typischerweise liegen diePartikelgr�ßen dispersionsgeh'rteter Legierungen in der Gr�ßenordnung von etwa10 nm. Erst durch Dispersionsh'rtung ist es Anfang des 20. Jahrhunderts gelungen,Aluminium erheblich zu verfestigen. Dadurch wurde der Grundstein gelegt f6r diemodernen Leichtmetalllegierungen der Luft- und Raumfahrt, aber zunehmendauch f6r allgemeine Konstruktionsanwendungen, beispielsweise im Automobilbau.

1.3.2.3 Andere VerformungsmechanismenKristallographische Gleitung durch Versetzungsbewegung ist der dominante Verfor-mungsmechanismus in Metallen. Weitere Mechanismen sind mechanische Zwil-lingsbildung, martensitische Umwandlung und Diffusion.Klappt ein kristalliner Bereich in eine spiegelbildliche Anordnung um, so bleibt

das Kristallgitter erhalten (Abb. 26). Die 1berf6hrung eines Kristallgitters in seinespiegelbildliche Anordnung entspricht einer reinen Scherung. So ist in kfz-Kristal-len die Spiegelebene eine {111} Ebene und die Richtung der Scherung <112>. Diespiegelbildliche Anordnung wird als Zwilling bezeichnet. Zwillingsbildung tritt im-mer dann auf, wenn Versetzungsgleitung behindert ist, bzw. zur aufgezwungenenForm'nderung nicht ausreicht. Wichtige Beispiele sind die Verformung von hexago-

251 Metallphysikalische Grundlagen

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Abb. 26 Atomistische Anordnung in Matrix und Zwilling eines kfz-Gitters

nalen Metallen (z.B. Zn, Mg, �-Ti) und intermetallischen Phasen. Aber auch kfz-Metalle und Legierungen mit geringer Stapelfehlerenergie verformen sich speziellbei tiefen Temperaturen durch Zwillingsbildung.Viele Metalle liegen bei unterschiedlichen Temperaturen (bzw. Dr6cken) in ver-

schiedenen Kristallstrukturen vor. So ist Eisen unterhalb 909 \C kubisch-raumzent-riert (�-Eisen), zwischen 909 \C und 1388 \C kubisch-fl'chenzentriert (�-Eisen) undbei noch h�heren Temperaturen bis zum Schmelzpunkt wieder kubisch-raumzent-riert (1-Eisen). Bei Fe-C-Legierungen (Kohlenstoffstahl) ist die Xnderung der Kris-tallstruktur von � nach � mit einer Ausscheidung der Phase Fe3C verbunden. Beischneller Abk6hlung wird diese diffusionsgesteuerte Ausscheidung unterdr6ckt,aber bei tiefen Temperaturen 'ndert sich die Kristallstruktur vom fl'chenzentriertenAustenit zum raumzentrierten Ferrit. Diese diffusionslose Umwandlung wird alsmartensitische Umwandlung bezeichnet und kann durch eine reine Scherverfor-mung beschrieben werden (Umwandlungsplastizit't).Martensitische Umwandlungen sind sehr wichtig zur H'rtung von Stahl, denn

die martensitische Phase ist sehr hart, haupts'chlich durch Mischkristallh'rtungdes gel�sten Kohlenstoffs und durch Verformungsverfestigung.Es gibt aber auch andere Systeme, die martensitisch umwandeln, ohne dass da-

mit wesentliche H'rtungseffekte verbunden sind. Ein interessantes Ph'nomen alsFolge von martensitischer Umwandlung ist das Formged'chtnis (Formged'chtnis-Legierung). Der prominenteste Vertreter ist die intermetallische Phase NiTi. NiTikristallisiert bei hohen Temperaturen kubisch-raumzentriert und wandelt bei Ab-k6hlung in eine kfz-Struktur um. Diese Umwandlung erfolgt ohne Xnderung der

26 1 Metalle

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Abb. 27 Wirkungsweise des Formged&chtnis, schematisch f+r einen Einkristall

'ußeren Gestalt, weil die 'ußere Form durch eine geeignete Mischung verschiede-ner kristallographischer Varianten der kfz-Struktur erhalten bleibt (Abb. 27). Ver-formt man eine solche Struktur nun plastisch, so vollzieht sich die Form'nderungnicht durch Versetzungsbewegung, sondern durch Wachsen derjenigen martensiti-schen Varianten, die die aufgezwungene Form'nderung herstellen k�nnen. Da jededer Varianten bei der Umwandlung in die Hochtemperaturphase wieder die ur-spr6ngliche Gestalt annimmt, ist die Hochtemperaturgestalt unabh'ngig von derMischung der Varianten bei tiefer Temperatur, und durch Erw'rmen wird die ur-spr6ngliche Gestalt immer wieder hergestellt. Die unz'hligen Anwendungsm�g-lichkeiten in Technik und Medizin sind allerdings wegen des hohen Preises der Le-gierungen kaum in Produkten realisiert.Auch durch Diffusionsvorg'nge lassen sich Gestalts'nderungen hervorrufen. Die

Atome wandern von Gebieten unter Druckspannung zu Gebieten mit Zugspannun-gen, wodurch sich die Gestalt in der aufgepr'gten Weise ver'ndert. Diffusionsvor-g'nge erfordern hohe Temperaturen und sind vergleichsweise langsam. Deshalbspielt diffusionsgesteuerte Plastizit't nur bei sehr hohen Temperaturen und kleinenDehngeschwindigkeiten eine merkliche Rolle.

1.3.2.4 Superplastizit�tEine weitere Besonderheit der plastischen Verformung ist die Superplastizit't. Typi-scherweise ertragen Metalle eine Dehnung in der Gr�ßenordnung von 10%. Siewerden daher als duktil bezeichnet im Gegensatz zu den spr�den Materialien wieKeramik, bei denen die Bruchdehnung in der Gr�ßenordnung von 0,1% liegt. Un-ter geeigneten Bedingungen lassen sich manche metallische Legierungen bis zu

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Abb. 28 Unverformte und verformte Probe einer superplastischen Aluminiumbronze-Legierung(Dehnung etwa 8000%!) [14, 15]

1000% und mehr dehnen; der Rekord liegt bei 6ber 8000%. Dieses Ph'nomen be-zeichnet man als Superplastizit't (Abb. 28).Superplastische Legierungen haben eine sehr kleine Korngr�ße, typischerweise

kleiner als 10 "m und werden bei Temperaturen oberhalb der halben Schmelztem-peratur verformt. In diesem Fall wird die Verformung im Wesentlichen von denKorngrenzen getragen (Korngrenzendiffusion und Korngrenzengleitung), sodassVersetzungen nicht erzeugt und gespeichert werden. Superplastische Materialienzeichnen sich durch eine hohe Dehngeschwindigkeitsempfindlichkeit m 0,3 aus,m ¼ dðln�Þ=dðln _""Þ, d.h. die Fließspannung 'ndert sich stark mit der Dehnge-schwindigkeit.

2

H�ufigkeit und Vorkommen

Bohrungen und geophysikalische Untersuchungen geben Einblick in den Aufbauder Lithosph're. Aufgrund von Gesamtanalysen kommt man zu Sch'tzungen derH'ufigkeit der Elemente (vgl. Tabelle 3), wobei die Leichtmetalle (Al, Mg, Ti) mit ca.11% knapp doppelt so h'ufig vorkommen wie alle anderen Gebrauchsmetalle. ImAllgemeinen finden sich Metalle in Form von chemischen Verbindungen (Erzmine-ralien) als Oxide, Sulfide, Carbonate, Silicate, Halogenide u.a.. Die Edelmetalle derGruppe 10 und 11 treten z.T. in gediegener Form auf. Dies gilt insbesondere f6rGold und Platin, wobei ihre Konzentration infolge feiner Verteilung im Gestein oftnicht abbauw6rdig ist.Bergbau erfolgt im Wesentlichen in den oberen zwei Kilometern der festen Erd-

kruste, in S6dafrika teilweise bis in fast 5 km Tiefe. Er wird dort betrieben, wo diegesuchten Metalle als Haupt- oder Nebenbestandteil in Erzmineralien mit gegen-6ber den Durchschnittswerten in Tabelle 3 sehr viel h�heren Konzentrationen vor-liegen. In Tabelle 4 sind f6r wichtige Gebrauchsmetalle einige typische Roherze mitihren Hauptmineralien und Beimengungen, den Lagerst'tten sowie den durch Auf-bereitung erzeugten Konzentraten zusammengefasst. Kennzeichnend sind die rela-tiv hohen Metallkonzentrationen im Roherz der oxidischen Eisen- und Aluminium-erzlagerst'tten und die niedrigeren Metallgehalte der anderen in der Tabelle aufge-f6hrten Nichteisenmetallerze, die h'ufig als Sulfide vorkommen.Komplexen Sulfiderzen mit Hauptmineralien verschiedener Metallgehalte gilt be-

sonderes Interesse, vor allem bei zus'tzlichem Edelmetallgehalt. Erzlagerst'tten fin-

28 1 Metalle

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Tab. 3 Gehalte der Elemente in der festen Erdkruste in ppm [16]

Element Gehalt Element Gehalt Element Gehalt Element Gehalt

O 46400 Cr 100 Gd 5,4 Tm 0,48

Si 281500 Rb 90 Dy 3,0 Tl 0,45

Al 82300 Ni 75 Yb 3,0 Cd 0,2

Fe 56300 Zn 70 Hf 3 Sb 0,2

Ca 41500 Ce 60 Cs 3 Bi 0,17

Na 23600 Cu 55 Be 2,8 In 0,1

Mg 23300 Y 33 Er 2,8 Hg 0,08

K 20900 La 30 U 2,7 Ag 0,07

Ti 5700 Nd 28 Br 2,5 Se 0,05

H 1500 Co 25 Sn 2 Os 0,05

P 1050 Sc 22 Ta 2 Pd 0,013

Mn 950 Li 20 As 1,8 He 0,01

F 625 N 20 W 1,5 Pt 0,005

Ba 425 Nb 20 Mo 1,5 Ru 0,005

Sr 375 Ga 15 Ge 1,5 Au 0,004

S 260 Pb 12,5 Ho 1,2 Ir 0,001

C 200 B 10 Eu 1,2 Te 0,001

Zr 165 Th 9,6 Tb 0,9 Rh 0,001

V 135 Pr 8,2 Lu 0,5 Re 0,0007

Cl 130 Sm 6,0 I 0,5

den sich in allen Erdteilen, jedoch mit unterschiedlicher Verteilung f6r die einzel-nen Metalle. Im allgemeinen hat in L'ndern mit weit zur6ckreichender Bergbaut'-tigkeit der durchschnittliche Wertmetallgehalt der Roherze durch Ersch�pfung rei-cher Lagerst'tten abgenommen. In den USA veringerten sich z.B. die Durch-schnittsgehalte der Eisen- bzw. Kupfer-Roherze von 55% Fe bzw. 1,1% Cu (1940)auf 34% Fe bzw. 0,65% Cu (1975) [18]. Heute werden Lagerst'tten zunehmend infr6her schwer zug'nglichen Gebieten oder in solchen mit extremen Klimabedin-gungen (Permafrostzone, tropischer Regenwald) erschlossen und Bergwerke einge-richtet, wenn die Wertmetallinhalte dies �konomisch rechtfertigen. Die auf dem Bo-den des pazifischen Ozeans vorkommenden kupfer- und nickelhaltigen Mangan-oxidknollen stellen wichtige Ressourcen dieser Metalle dar. Der Zeitpunkt ihrerzuk6nftigen Nutzung h'ngt von den zu erwartenden F�rder-, Transport- und Verh6t-tungskosten im Vergleichmit denen f6r kontinentale Erze sowie vom Seerecht ab.

292 H%ufigkeit und Vorkommen

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Tab. 4 Typische Erze von Gebrauchsmetallen

Metall Erztypdurchschn.Konzentrationim Roherz

Haupt-mineral

Beimengungenund Gangart

Lagerst�tte Konzentrat

Fe H'matit

(Reicherz)

62–66% Fe

�-Fe2O3 �-FeOOH

Goethit

SiO2, Al2O3

Hamersley/Australien

(http://www.

hamersleyiron.com/)

Carjas/Brasilien (http:/

www.cvrd.com.br/)

62–64% Fe

66% Fe [17]

Fe Magnetit

60–66% Fe

bis 1,5% P

Fe3O4 Ca5[(F,OH), (PO4)3]

Apatit

SiO2, Al2O3

Kirunavaara/Schweden

(http://www.lkab.com/)

66% Fe

(Pellets mit

93% Fe2O3

Al Bauxit

29% Al

(ca. 55% Al2O3)

�-Al(OH)3Hydrargillit

�-AlOOH

B�hmit

Fe2O3, SiO2,

TiO2(Ga)

Weipa/Australien

(http://www.comalco.

com)

52% Al

(Tonerde mit

ca. 99% Al2O3)

Cu Sulfiderz

1,4% Cu

CuFeS2Kupferkies

Cu2S

Kupferglanz

Cu5FeS4Bornit

FeS2SiO2, CaO,

MgO

(Mo, As, Ag)

Chuquicamata/Chile

(http://www.codelco.

com)

42% Cu

0,2% Mo

Cu/Zn/

Pb

komplexes

Sulfiderz

5% Zn; 2,8% Cu;

0,2% Pb

ZnS

Zinkblende

CuFeS2

PbS, FeS2,

Cu5FeS4SiO2,

Al2O3(Ag)

Kidd Creek/Canada

(http://www.

falconbridge.com)

Cu-Konz.

26% Cu

5% Zn

0,04% Ag

Zn-Konz.

50% Zn

1% Pb

0,6% Cu

0,02% Ag

Pb-Konz.

12% Pb

8% Zn

7% Cu

0,14% Ag

Pb/Zn Sulfidisches

Pb/Zn-Mischerz

PbS

ZnS

FeS2, Cd, Sb, Ag,

MgO

Mt. Isa/Australien Zn-Konz.

52% Zn

8% Fe

1% Pb

Pb-Konz.

51% Pb

10% Zn

10% Fe

0,03% Ag

30 1 Metalle

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Tab. 4 Fortsetzung

Metall Erztypdurchschn.Konzentrationim Roherz

Haupt-mineral

Beimengungenund Gangart

Lagerst�tte Konzentrat

Zn Zinkblende in

Pyrit 6–9% Zn

ZnS

FeS2

PbS, SiO2 Mt. Isa/Australien 27,9% Cu

23,7% Zn

Ni/Cu Sulfidisches

Ni/Cu Mischerz

1,4% Ni, 0,9% Cu

(Fe,Ni)9S8Pentlandit

CuFeS2

Fe7S8 Magnetkies

FeAsS Arsenkies

Co, Pt-Metalle

Au, Ag, Se, Te

Sudbury und Manitoba

Kanada

(http://www.inco.com/)

Ni-Konz.

9,5% Ni, 2,5%

Cu

Cu-Konz.

29% Cu, 1,2%

Ni

Sn Seifenzinn in

Sand

0,01 bis 0,03%

Sn

SnO2Zinnstein

SiO2, Fe, W, As Bangka/Indonesien ca. 72% Sn

3

Grundlagen metallurgischer Prozesse

3.1

@berblick

Die Gewinnung der Metalle aus ihren Erzen und Recyclingrohstoffen erfolgt im All-gemeinen in drei Stufen: Anreicherung, Reduktion und Raffination [19, 20]. Diemeisten Metalle liegen in den Erzen in niedrigen Konzentrationen vor, sodass inder ersten Stufe durch eine physikalische und/oder chemische Abtrennung derGangart eine Anreicherung des Metalls zu sog. Konzentraten stattfindet (s. 2 Roh-stoffaufbereitung). Zur Vermeidung einer Verzettelung der Wertmetalle bei der fol-genden Gewinnung wird diese Anreicherung h'ufig selektiv, d.h. unter Trennungder Wertmetalle durchgef6hrt. Bei wenigen Metallen sind die Erze bereits so hochkonzentriert, dass eine Aufbereitung nicht notwendig ist. Tabelle 5 zeigt beispielhaftden Konzentrationseffekt der Aufbereitung.

Tab. 5 Metallgehalte im Erz und Konzentrat f+r ausgesuchte Metalle

Gehalt im Erz (%) Gehalt im Konzentrat (%)

Al ca. 25 Konzentrierung nicht notwendig

Cu ca. 1 ca. 30–34

Fe ca. 65 Konzentrierung nicht notwendig

Pb ca. 8–15 ca. 65–75

Zn ca. 7–10 ca. 60–65

313 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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Konzentrate und Recyclingrohstoffe vergleichsweise edler Metalle (z.B. Cu, Ni,Pb, Sn, Fe) werden zumeist in einer ersten metallurgischen Stufe in einem thermi-schen (= pyrometallurgischen) Reduktionsprozess zerlegt, wobei Rohmetalle entste-hen, die in der anschließenden pyrometallurgischen und/oder elektrolytischen Raf-fination bis zur Reinstqualit't von unerw6nschten Begleitelementen befreit werden.Die unedleren Begleitelemente werden dabei nicht reduziert und k�nnen so vomZielmetall abgetrennt werden. Im Falle vergleichsweise unedler Metalle (z.B. Zn,Al, Mg, Ti) dagegen ist der zumeist elektrochemischen Reduktion in der Regel einezus'tzliche Raffinationsstufe vorgeschaltet, in der alle edleren Begleitelemente ab-getrennt werden m6ssen. Sie w6rden sonst mit dem unedleren Zielmetall reduziertwerden und zur Verunreinigung f6hren. Diese erste Raffinationsstufe erfolgt h'ufighydrometallurgisch (etwa durch Laugung und Extraktion). In Abbildung 29 sindschematisch, ausgehend von den Konzentrationsprozessen, diese zwei prinzipiellenAbfolgen der stufenweisen Stoffumwandlung dargestellt. Der rechte Zweig giltauch f6r Gemische von Metallen mit sehr 'hnlichen Eigenschaften, bei denen die6blichen Raffinationsverfahren (z.B. selektive Oxidation, Elektrolyse) zu unspezi-fisch sind.In verfahrenstechnischer Hinsicht werden die metallurgischen Prozesse nach der

Anwendung physikalischer bzw. physikalisch-chemischer Methoden, dem Tempera-turbereich und den beteiligten Phasen insbesondere in Pyrometallurgie, Hydrome-tallurgie und Elektrolyseverfahren unterschieden. Unter dem Begriff Pyrometallur-gie versteht man zusammenfassend alle Hochtemperaturverfahren im Bereich vonetwa 200 \C bis zu 6ber 3000 \C. Ihr großer Vorteil ist die sehr große Reaktionsge-schwindigkeit, die zu großen Produktivit'ten (Raum-Zeit-Ausbeuten) f6hrt. Demstehen als Nachteile u. a. die begrenzte Selektivit't und Trennsch'rfe bei den chemi-schen Reaktionen, die z.T. notwendige Wiederholung von Prozessstufen, Abgas-und L'rmproblemen sowie ein hoher spezifischer Energieeinsatz gegen6ber. Diehervorragende Rohstoffsituation der Eisen- und Stahlerzeugung (siehe Tabelle 3) er-laubt die Anwendung der Hochtemperaturverfahren und erm�glicht dadurch

Abb. 29 Schematische Darstellung der stufenweisen Stoffumwandlung

32 1 Metalle

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h�chste Durchs'tze. Dagegen kommt der Hydrometallurgie bei der Gewinnungvon Nichteisenmetallen (NE-Metallen) nicht zuletzt aufgrund thermodynamischerBedingungen gr�ßere Bedeutung zu. Der Temperaturbereich der Hydrometallurgiereicht bei Normaldruck (offener Beh'lter) bis 100 \C und beim Arbeiten in Autokla-ven bei erh�hten Dr6cken bis etwa 300 \C. Nachteilig sind die im Vergleich mit denpyrometallurgischen Verfahren niedrigen Konzentrationen der Stoffstr�me (Wasser-ballast), die geringen Reaktionsgeschwindigkeiten bei kleinem Durchsatz pro Ein-heit, die Empfindlichkeit der Prozesse gegen gr�ßere Schwankungen der Rohstoff-zusammensetzung, die gr�ßere Zahl notwendiger Verfahrensstufen sowie Abwas-ser- und Deponieprobleme [20].Metallurgische Prozesse laufen h'ufig als heterogene Reaktionen in str�menden

Systemen ab, d.h. es sind oft mehrere Phasen (z.B. Gas, Schmelze, feste Partikel)unter turbulenten Bedingungen beteiligt. Um hohe Produktivit'ten erreichen zuk�nnen sind kontinuierliche Systeme zumeist unabdingbar, die das Erreichen desthermochemischen Gleichgewichtes jedoch in der Regel ausschließen und im Ge-gensatz zu einem Chargenbetrieb h'ufig nicht optimale Konzentrationsverh'ltnissebieten. Generell spielt der An- und Abtransport von Stoff und Energie eine wesentli-che Rolle. Die Verfahren der Metallgewinnung basieren daher nicht nur auf den imMittelpunkt stehenden chemisch-metallurgischen Reaktionen, sondern in gleicherWeise auf den die Reaktionspartner zusammenf6hrenden Methoden der optimalenStoffvermischung sowie den die Reaktionsprodukte separierenden Verfahren zurStofftrennung [19]. Die Entscheidung, welches Gewinnungsverfahren f6r ein Metallgew'hlt wird, basiert zun'chst auf den temperatur- und druckabh'ngigen Wertender freien Reaktionsenthalpien �G der beteiligten Stoffe (Oxide, Sulfide, Arsenide,Halogenide) [21, 22]. Weitere Faktoren sind chemische und physikalische Beschaf-fenheit des Ausgangsstoffes, geforderte Durchsatzleistung, Energieverf6gbarkeitund -preis, Reinheit des zu erzeugenden Metalls, gewinnbare Nebenprodukte, be-h�rdliche Auflagen f6r Luft- und Wasserreinhaltung sowie Abfallbeseitigung. DieWeiterentwicklung der metallurgischen Verfahren wird insbesondere durch dieVerbesserung der Effizienz durch eine Verminderung von Verlusten an Wertme-tallen, Energie und Kapital sowie von Maßnahmen zum Umweltschutz (s. auchIntegrierter Umweltschutz, Bd. 2) bestimmt [24–26], z.B.l Verringerung der Prozessstufenzahl, insbesondere pyrometallurgischer Verfah-ren, durch Zusammenfassen mehrerer Reaktionen in einem kompakten Reaktorhoher Durchsatzleistung als Teil einer geschlossenen umweltfreundlichen An-lage

l Verwendung von Sauerstoff anstelle von Luft bei pyrometallurgischen Verfahrenzur Erh�hung des Wirkungsgrades, d.h. Vermeidung von Stickstoffballast (Ver-ringerung der Abgasmenge)

l Vermeidung des Anfalls von nicht weiter verwendbaren bzw. zu deponierendenNebenprodukten

l kontinuierliche Arbeitsweisel Verwendung preisg6nstiger Energietr'ger sowie bessere Energienutzung durchan metallurgische Verfahren gekoppelte Energieerzeugung bzw. Abw'rmever-wertung und

333 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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l Verh6ttung neuer, komplexer Rohstoffe (insbes. des Recyclings) mit dem Ziel,alle enthaltenen Wertstoffe in hohen Ausbeuten auszubringen [23].

3.2

R)stung/Sinterung

3.2.1

R)stung

Ziel des R�stens ist die Umwandlung von sulfidischen Erzen durch Oxidation inMetalloxide oder -sulfate f6r die anschließende pyrometallurgische oder hydrometal-lurgische Verarbeitung. Weil die wichtigsten NE-Metalle in der Erdkruste zumeistin Form von Sulfiden vorliegen wie z.B. Cu2S, CuFeS2, PbS, ZnS, Sb2S3, (FeAs)S,(Fe,Ni,Cu)S, Co3S4, (Co,Ni,Fe)3S4, CuCo2S4, CoAsS, Cu2FeSn4, Pb5Sn3Sb2S14 [27, 28],ist R�sten ein wichtiger Prozessschritt in der extraktiven Metallurgie prim'rer Roh-stoffe (siehe auch Rohstoffaufbereitung, Abschnitt 3.1.1).Bei der R�stung unterscheidet man die verfl6chtigende R�stung, bei der sich Ver-

bindungen (Oxide, Chloride) mit hohem Dampfdruck bilden, und nicht verfl6chti-gende R�stung, bei der Metallverbindungen (Oxide, Chloride, Sulfate) entstehen,die den Prozess nicht 6ber den Abgasweg verlassen. Die R�stung findet bei Tempe-raturen unterhalb oder in der N'he des Schmelzpunktes der Charge statt. Man un-terscheidet in folgende R�stungsarten [19, 30]:l Teil- oder partielle R�stung (z.B. f6r das anschließende Cu-, Ni-Steinschmelzen)

MeSþ 11=2 O2 �! 1=2 MeOþ 1=2 MeSþ 1=2 SO2 ð10Þ

oder

2 ðMe1Me2ÞS2 þ 3 O2 �! 2 Me1Sþ 2 Me2Oþ 2 SO2 ð11Þ

l Vollst'ndige R�stung (»Totr�sten«) f6r anschließendes Reduzieren (Beispiel: Zn,Pb, Sn, Sb) oder Laugen (Beispiel: Cu)

2 MeSþ 3 O2�! 2 MeOþ 2 SO2 ð12Þ

l Sulfatisierende oder chlorierende R�stung f6r anschließendes Laugen oder Elek-trolyse (Beispiel: Cu, Co, Ni)

MeSþ 2 O2 �! MeSO4 ð13Þ

MeSþ Cl2 �! MeClþ 1=2 S2Cl2 ð14Þ

Das beim R�sten entstehende SO2 wird zur Produktion von Schwefels'ure verwen-det (siehe Schwefel und anorganische Schwefelverbindungen, Bd. 3, Abschnitt 4.2).Sulfidische Erze werden meist als feink�rnige Flotationskonzentrate geliefert. Daf6rgeeignete R�steinrichtungen sind:l Mehretagenofen. Diese _fen werden sowohl f6r die vollst'ndige R�stung alsauch f6r Teilr�stung und sulfatisierende oder chlorierende R�stung eingesetzt.Vorteil dieses Ofens ist, dass durch eine gut regelbare Einstellung der Ofenat-

34 1 Metalle

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Abb. 30 Wirbelschichtofen

mosph're der Grad der Abr�stung genau eingestellt werden kann und durcheine genaue Einhaltung der Temperatur (Ofen-Toleranzbereich € 10 \C [29]) eineselektive Reduktion durchgef6hrt werden kann. Allerdings weisen diese _fen et-was geringere Produktivit't auf als Wirbelschicht�fen.

l Wirbelschichtofen (Abb. 30). Der Wirbelschichtreaktor zeichnet sich durch rela-tiv leicht zu steuernde homogene Reaktionsbedingungen aus. Er erm�glichtgroße Mengen Erz in einer Einheit abzur�sten, ohne dass f6r die Bewegungder Charge mechanische Teile erforderlich sind. Die K6hlung der Wirbel-schicht zur Erhaltung der geforderten R�sttemperaturen ist hier das vorrangigeProblem. Nachteil ist, dass eine verfl6chtigende R�stung nicht m�glich ist, daein großer Produktanteil den Reaktor 6ber den Abgasweg verl'sst.

l Sinterband. Das Sinterband kommt vor allem dann in Betracht, wenn bei derAbr�stung ein St6ckigmachen (Sintern, Agglomerieren) feink�rniger Stoffe an-gestrebt wird. Bleihaltige Flotationskonzentrate werden haupts'chlich durchSinterr�stungsverfahren verarbeitet. Man kann zwischen Saugzug-Sinterungund Drucksinterung unterscheiden, wobei die letztere f6r Blei das heute allge-mein 6bliche Verfahren ist, um dem Abtropfen fl6ssiger Phasen entgegenzu-wirken.

3.2.2

Sintern

Sintern ist vorwiegend ein Vorgang des St6ckigmachens von feinen Materialien.Die Versinterung erfolgt unter erh�hten Temperaturen und basiert auf Festk�rper-

353 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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diffusion sowie teilfl6ssiger Verklebung kurzzeitig anschmelzender Materialk�rner.Zum Versintern ben�tigt man eine Energiequelle und h'ufig Sinterzus'tze.Im Bereich der Extraktionsmetallurgie werden haupts'chlich oxidische Eisenerze

und sulfidische NE-Metallerze gesintert. Das St6ckigmachen erfolgt mit demZweck, nachfolgende Prozessschritte der Gewinnung zu erleichtern. Das Sinternver'ndert mechanische Eigenschaften (r'umliche Stabilit't, Luftdurchl'ssigkeit)und die chemische Zusammensetzung (Gl6hverlust, Schwefelabbrand durch R�s-ten, Oxidationsgrad durch Vorreduktion, Elemententfernung durch Verfl6chti-gung). Die meisten gesinterten G6ter werden in einem nachgeschalteten Schacht-ofen verwertet, da dieser hohe Gasdurchl'ssigkeit und mechanische Stabilit't derBeschickungss'ule voraussetzt. Als Energiequelle wird den oxidischen Erzen Kohlebeigemischt, das Sintern der sulfidischen Erze erfolgt autogen durch die Nutzungder Schwefelverbrennung. F6r beide Arten der Energieerzeugung bedarf es einerZ6ndenergie und des Sauerstoffs. Die Z6ndtemperatur wird 6ber das Durchleitenheißer Verbrennungsabgase, 6ber die wandernde Verbrennungsfront und eingangseinmalig 6ber eine Z6ndflamme erreicht. Der Sauerstoff stammt meistens aus derLuft. Dabei kann der Luftdurchsatz durch das Ansaugen 6ber oder unter dem Sin-tergut eingestellt werden, man spricht dann entsprechend von Saugzug- und Druck-sintern. W'hrend das Saugzugsintern durch die Luftbewegungsrichtung von obennach unten die Staubentwicklung vermeidet und 6berwiegend in der Eisenmetallur-gie stattfindet, m6ssen beispielsweise Bleierze druckgesintert werden, um die Ver-dichtung der Sinterschicht oder des Sinterrostes durch fl6ssiges Blei zu vermeiden.Die chemische Ver'nderung des Sintergutes beruht im Wesentlichen auf Wasserver-dampfung, Abbrand organischer Bestandteile und, insbesondere beim R�sten, aufder Umwandlung der Sulfide zu Oxiden. Industriell wird Sintern auf einem Wan-derrost durchgef6hrt. Nach dem Sinterband wird das Sintergut gebrochen und klas-siert, der Feinanteil wird der Chargiermischung zugegeben. Ein Anteil des Sinter-gutes wird als Wanderrostvorlage im Kreis gefahren, einerseits, um zu feines Mate-rial einer Agglomeration zuzuf6hren, andererseits um eine zu hohe chemischeEnergiedichte (Sulfidgehalt) zu verd6nnen. Diese Verd6nnung wird vorteilhafter-weise zunehmend durch den Einsatz von nicht sulfidischen Recyclingmaterialien6bernommen (St'ube, Schl'mme, Schlacken, etc.).Im Bereich der Werkstofftechnik wird das Sintern insbesondere in der Pulverme-

tallurgie (Legierungsherstellung) und der Herstellung von Keramik verwendet.Hierbei wird die W'rme von Außen z.B. 6ber eine Widerstandsheizung zugef6hrt.Die Struktur des Sintergutes kann je nach Bedarf von por�s bis dicht eingestellt wer-den, insbesondere dann, wenn unter hohen 1berdrucken (HIP) gearbeitet wird.Speziell f6r Keramiken (Al2O3, ZrO2, Y2O3) ist Sintern eine wirtschaftliche Alterna-tive zu einer schmelzfl6ssigen Formgebung. Das gilt auch f6r die Verarbeitung derhochschmelzenden Metalle (W, Ta, Re), zus'tzlich er�ffnet sich die M�glichkeit desfesten Zulegierens von leichtschmelzenden oder unmischbaren Elementen. Als be-sonderer Vorteil der Pulvermetallurgie gilt auch die Einstellbarkeit der Korngr�ßedurch die Feinheit der eingesetzten Metallpulver (siehe 19 Produkte der Pulverme-tallurgie).

36 1 Metalle

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3.3Reduktion

Unter Reduktion versteht man im Bereich chemisch-metallurgischer Reaktionengenerell die Aufnahme von Elektronen und dadurch die Herabsetzung seiner Oxi-dationsstufe. Hierzu bedarf es eines Reduktionsmittels, welches seinerseits oxi-diert wird und so die Elektronen zur Verf6gung stellt oder direkt einer Elektronen-quelle, wie sie z.B. die Kathode einer elektrochemischen Zelle darstellt. In einemMetallgewinnungsprozess wird dabei die aus der vorgeschalteten Konzentrations-stufe als Feststoff oder L�sung hervorgehende Metallverbindung zerlegt, die Va-lenzstufe Null des Metalls erreicht und es als Roh- oder Reinmetall gewonnen.Prinzipiell ist ein Element dann als Reduktionsmittel geeignet, wenn dessen Affi-nit't zum Begleitelement (z.B. O, Cl, S) h�her ist als diejenige des Zielmetallsselbst. Am Beispiel der Oxide lassen sich anhand Abbildung 31 (freie Reaktions-enthalpie reiner Stoffe) Elemente als potentielle Reduktionsmittel ausw'hlen,wenn sie signifikant unter der »Oxidationslinie« des Zielmetalls liegen. Es mussan dieser Stelle aber darauf hingewiesen werden, dass zur Beurteilung metal-lurgischer Prozesse die spezifisch vorliegenden Aktivit'ten der Mischphasen/L�sun-

Abb. 31 Freie Reaktionsenthalpien �GG und Zersetzungsspannungen Uz ausgew&hlter reiner Metall-sowie Kohlenstoffoxide in Abh&ngigkeit von der Temperatur [19]

373 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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gen heranzuziehen sind und die hier dargestellte Abh'ngigkeit lediglich als Orien-tierungshilfe dienen kann.

3.3.1

Pyrometallurgische Reduktion

Der Begriff »pyrometallurgische Reduktion« umfasst Reduktionsvorg'nge, die beierh�hten oder hohen Temperaturen ablaufen. Die Vorstoffe, das Zielmetall und dieNebenprodukte k�nnen dabei sowohl in fester als auch in schmelzfl6ssiger odergasf�rmiger Form vorliegen bzw. anfallen. Das zu reduzierende Zielmetall kann pri-m'ren oder Recyclingrohstoffen entstammen und in unterschiedlichen Verbin-dungsformen vorkommen, die wichtigsten sind:l Oxide (z.B. FeO, Cu2O, ZnO)l Sulfide (z.B. Cu2S, PbS, ZnS)l Halogenide (z.B. TiCl4)

Damit eine Reduktionsreaktion ablaufen kann, muss die freie Reaktionsenthalpie�GRed der Reduktion negativ sein. Nach dem Heßschen Satz ist die freie Reakti-onsenthalpie �GRed gleich der Differenz aus den freien Bildungsenthalpien derVerbindungen, z.B. gilt allgemein f6r die Reduktion eines Metalloxides »MeO2«durch ein Reduktionsmittel »R«:

MeþO2 () MeO2 mit �GMeO2ð15Þ

RþO2 () RO2 mit �GRO2ð16Þ

�GRed ¼ �GRO2��GMeO2

ð17Þ

Durch diesen Zusammenhang l'sst sich durch den Vergleich der freien Bildungs-enthalpien von Verbindungen eine Aussage treffen, welche Stoffe als Reduktions-mittel in Betracht gezogen werden k�nnen. Da �GRed negativ sein muss und diefreie Bildungsenthalpie stabiler Verbindungen immer negativ ist, muss �GRO2

(f6rdie Oxidation des Reduktionsmittels, Gl. (16)) vom Betrag her gr�ßer sein als�GMeO2

(f6r die Oxidation des Metalls, Gl. (15)).Im Gleichgewicht kann die freie Standard-Reaktionsenthalpie �G� durch Glei-

chung (18) ausgedr6ckt werden:

�G� ¼ �H � � T ��S� ð18Þ

H �: Standard-Reaktionsenthalpie (J·mol–1); T: Temperatur (K);S�: Standard-Reaktionsentropie (J·mol–1·K)

Unter der (idealisierten) Annahme, dass �H � und �S� von der Temperatur unab-h'ngig sind, erlaubt Gleichung (18) die graphische Auftragung von �G� 6berder Temperatur als Gerade, wodurch die freien Bildungsenthalpien unterschied-licher Verbindungen verglichen werden k�nnen. F6r Oxide (Gl. (15)) ist dies z.B.im Richardson-Ellingham-Diagramm dargestellt (Abb. 31), 'hnliche Diagramme

38 1 Metalle

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wurden auch f6r Sulfide aufgestellt. Im Richardson-Ellingham-Diagramm werdenideale Bedingungen angenommen, d.h. alle fl6ssigen und festen Phasen liegen alsreine Phasen vor, sodass ihre Aktivit't eins betr'gt. Damit vereinfacht sich die freieStandardreaktionsenthalpie nach Gleichung (19) zum so genannten Sauerstoffpo-tential:

�G� ¼ �R � T � lnk ¼ �R � T � ln aMeO

aMe � pO2

¼ R � T � ln pO2ð19Þ

R: allgemeine Gaskonstante (8,314 J mol–1 K–1); T : Temperatur (K); k: Gleichge-wichtskonstante; aMeO: Aktivit't des Metalloxids; aMe: Aktivit't des Metalls; pO2

: Sau-erstoffpartialdruck

Im Richardson-Ellingham-Diagramm liegen die Kurven der edleren Metalle 6berdenen der unedleren, letztere weisen dementsprechend eine h�here Sauerstoffaffi-nit't auf und sind als Reduktionsmittel prinzipiell geeignet, w'hrend sie selbst teil-weise nur schwer zu reduzieren sind. Aus dem Richardson-Ellingham-Diagrammist abzulesen, dass eine Phasen'nderung (z.B. von festem zu fl6ssigem Metall) ei-nen großen Einfluss auf die Temperaturabh'ngigkeit des Sauerstoffpotentials hat(Phasen'nderungen f6hren zu einer ge'nderten Steigung der Geraden). Es mussaber beachtet werden, dass das Richardson-Ellingham-Diagramm ideale Bedingun-gen voraussetzt, sodass z.B. eine von eins verschiedene Aktivit't des Metalls unddes Oxids, etwa durch die Bildung von Mischphasen, zu einer Abweichung von dendargestellten Zusammenh'ngen f6hrt. Ein weiterer Nachteil ist, dass nur Aussagen6ber die theoretisch erreichbaren Gleichgewichtszust'nde m�glich sind, w'hrendder Weg und die Zeit zur Einstellung des Gleichgewichtes, d.h. der entscheidendeBereich der Reaktionskinetik, unbeachtet bleiben.Die pyrometallurgischen Reduktionsreaktionen k�nnen in Abh'ngigkeit vom Re-

duktionsmittel in verschiedene Gruppen unterteilt werden:l Reduktion durch thermische Zersetzungl Reduktion mit Wasserstoffl Carbothermische Reduktionl Metallothermische Reduktionl Sonderf'lle:– R�streaktion (im Falle der Sulfidmetallurgie )– Schmelzflusselektrolyse

R�streaktion und Schmelzflusselektrolyse sind Sonderf'lle der pyrometallurgischenReduktion und werden an anderer Stelle behandelt.

3.3.1.1 Reduktion durch thermische ZersetzungDie Zersetzung eines Metalloxids nach Gleichung (20) ist bei ausreichend hoherTemperatur theoretisch f6r jedes Metall m�glich, da die Reaktionsentropie aufgrundder gebildeten zus'tzlichen Gasphase positiv ist und die Gleichgewichtskonstantedurch Temperaturerh�hung auf die Produktseite verschoben werden kann. In die-sem Fall ist nicht mehr die Verbindung stabil, in der das Metall oxidiert vorliegt

393 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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(z.B. ein Oxid oder Sulfid), sondern das elementare Metall und die Bindungskom-ponente (z.B. Sauerstoff oder Schwefel):

MeO �! Meþ 1=2 O2 �G� � 0 ð20Þ

Bei den i.d.R. hohen erforderlichen Temperaturen liegen die meisten Metalle be-reits gasf�rmig vor, sodass eine solche Zersetzung wegen der problematischen Tren-nung von Metall und Sauerstoff nicht mehr �konomisch durchf6hrbar ist. Gr�ßereBedeutung hat die thermische Zersetzung, wenn das Zielmetall nicht als Oxid, son-dern als Hydrid oder komplexes Salz vorliegt. Platingruppenmetalle werden bei-spielsweise in der Endstufe der hydrometallurgischen Raffination als komplexeSalze des Typs (NH4)2MeCl6 gef'llt und anschließend durch thermische Zersetzungals feines Pulver gewonnen.

3.3.1.2 Reduktion mit WasserstoffEine Methode zur Reduktion von Metalloxiden oder seltener auch Metallhalogeni-den, die gerade in j6ngster Zeit infolge der zunehmenden Diskussion um CO2-Emissionen in den Vordergrund r6ckt, ist die Umsetzung mit Wasserstoff (Gl. (21)und (22)):

MeOþH2 �! MeþH2O �G� � 0 ð21Þ

MeCl2 þH2 �! Meþ 2 HCl �G� � 0 ð22Þ

Die freie Reaktionsenthalpie nimmt im Gegensatz zur carbothermischen Reduktionmit steigender Temperatur nicht signifikant zu, Reduktionsprozesse werden daherbei m�glichst niedrigen Temperaturen durchgef6hrt. Die Reduktion mit Wasser-stoff erfolgt daher h'ufig als gas/fest-Reaktion, bei der das Metalloxid oder Metall-halogenid bei Temperaturen um 1000 \C reduziert wird und als sehr feines Pulveranf'llt. Bei zu niedrigen Temperaturen neigen viele Metalle zur L�sung von Wasser-stoff und/oder zur Bildung von Hydriden (z.B. Arsen, Nickel). Dies muss bei derProzessf6hrung ber6cksichtigt werden.Typische Anwendungsgebiete sind die Reduktion von hydro- und schmelzmetal-

lurgisch schwer gewinnbaren Metallen wie etwa Molybd'n, Wolfram, Rhenium, Ar-sen, Germanium, aber auch Nickel. Eisenerzpellets werden unter einer H2/CO-At-mosph're im Drehrohr (Abb. 32) vorreduziert, um den Hochofenprozess (sieheAbschn. 3.3.1.3) zu entlasten, oder vollst'ndig zu Eisenschwamm reduziert (DRI-Verfahren). Auch das Einblasen von Erdgas als Wasserstofftr'ger in den Hochofen-prozess wird industriell eingesetzt. Unedlere Metalle wie Chrom und Vanadiumk�nnen mit Wasserstoff nicht mehr reduziert werden.

3.3.1.3 Carbothermische ReduktionDie carbothermische Reduktion ist f6r viele Metalle (u. a. Fe, Zn, Pb) die beste M�g-lichkeit, um in der Regel in einem Schachtofen (Abb. 33) mit vergleichsweise gerin-gen Kosten und beherrschbarem technischen Aufwand eine hohe Metallproduktionzu gew'hrleisten. Als Reduktionsmittel wird Kohlenstoff eingesetzt, der in Form

40 1 Metalle

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Abb. 32 Drehrohrofen

von festem elementarem Kohlenstoff oder auch als gasf�rmiges Kohlenmonoxidvorliegen kann. Die Reaktionsgleichungen der carbothermischen Reduktion lautenallgemein (hier f6r die Reduktion eines Metalloxids):

MeOþ C Ð Meþ CO ð23Þ

MeOþ CO Ð Meþ CO2 ð24Þ

Abb. 33 Schachtofenprozess

413 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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Die Reduktionstemperatur, die f6r die Reduktion eines Metalls erforderlich ist, l'sstsich beispielsweise aus dem Richardson-Ellingham-Diagramm (Abb. 31) absch't-zen. Die Reaktion des festen Kohlenstoffs ist gegen6ber der des Kohlenmonoxidsaus kinetischer Sicht ung6nstiger, da hier mit dem elementaren Kohlenstoff einePhase mehr an der Reaktion beteiligt ist. Das f6r Gleichung (24) erforderliche Koh-lenmonoxid bildet sich unter Normalbedingungen bei Temperaturen oberhalb vonca. 900 \C aus festem Kohlenstoff und dem produzierten Kohlendioxid nach derBoudouard-Reaktion:

Cþ CO2 Ð 2 CO ð25Þ

Das Gleichgewicht der Boudouard-Reaktion liegt unter Normalbedingungen abetwa 1000 \C vollst'ndig auf der CO-Seite. Bei Erniedrigung des Gesamtdrucks l'uftdie Boudouard-Reaktion schon bei niedrigeren Temperaturen ab. In carbothermi-schen Reduktionsprozessen ist das Verh'ltnis von Kohlenmonoxid zu Kohlendioxidin der Gasphase ein wichtiger Parameter, da nur durch einen ausreichend hohenKohlenmonoxidanteil reduzierende Bedingungen gew'hrleistet werden, wodurcheiner R6ckoxidation des gewonnen Metalls entgegengewirkt wird. Durch eine ge-steuerte Nachverbrennung von Kohlenmonoxid zu Kohlendioxid kann die Abgas-temperatur erh�ht und so der Stabilit'tsbereich der Metallphase trotz erh�htemSauerstoffpartialdruck eingehalten werden. Einen Sonderfall der carbothermischenReduktion stellt Gleichung (26) dar. Hierbei wird ein Mischoxid mit Kohlenstoff re-duziert und es bilden sich zwei schmelzfl6ssige Metallphasen, die je nach L�slich-keit untereinander eine Legierung bilden. Die Herstellung von Ferrolegierungen er-folgt nach dieser Art der Reduktion.

ðMeA; MeBÞOþ C Ð MeAMeB þ CO ð26Þ

3.3.1.4 Metallothermische ReduktionUnter Metallothermie versteht man die pyrometallurgische Gewinnung von Metal-len oder Legierungen durch eine in der Regel stark exotherme Umsetzung zwi-schen dem Zielmetalloxid bzw. -halogenid und einem Metall, das kosteng6nstig dar-stellbar ist und eine deutlich h�here Affinit't zu Sauerstoff bzw. Halogenen hat alsdas Zielmetall bzw. die Zielmetalllegierung (Gl. (27)):

MeOþ R �! Meþ RO �G� � 0;�H � � 0 ð27Þ

Ein quantitatives Maß f6r die Stabilit't der Oxide sind die freien Reaktionsenthal-pien (Sauerstoffpotentiale), die durch die Gleichungen (18) und (19) gegeben sind.Alle Oxide sind mit steigender Temperatur leichter zersetzbar und damit leichter zureduzieren. Die Differenz der Potentiale wird allerdings mit steigender Temperaturgeringer.Als Aluminothermie bezeichnet man metallothermische Prozesse, bei denen Alu-

minium als Reduktionsmetall eingesetzt wird. Analog verwendet man die BegriffeSiliciothermie, Calciothermie und Magnesiothermie. In der Regel wird die metal-lothermische Reduktion dann eingesetzt, wenn eine carbothermische Reduktion,

42 1 Metalle

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die wegen der geringeren Prozesskosten eigentlich zu bevorzugen ist, aufgrund fol-gender Gr6nde nicht durchf6hrbar ist:l Reaktion ist thermochemisch bei prozesstechnisch realisierbaren Temperaturennicht m�glich

l Forderung nach niedrigsten Kohlenstoffgehalten im Metall, z. B. bei der Herstel-lung von Ferrochrom und Stahlveredlern

l Vermeidung der Carbidbildung, z.B. bei der Titanherstellungl Fehlende Infrastruktur vor Ort, so werden z.B. Eisenbahnschienen mittels Ther-mitverfahren verschweißt

Die Auspr'gung metallothermischer Prozesse ist je nach Anwendung sehr unter-schiedlich. Ferrolegierungen und Refrakt'rmetalle werden in der Regel in offenenAbbrandkammern (Zustellung: arteigene Schlacke) mit oder ohne Nachchargierungbei Reaktionstemperaturen zwischen 2000 und 2200 \C mit Aluminium reduziert.Beim sogenannten Thermitverfahren zum Verschweißen von Eisenbahnschienenwerden h�here Temperaturen bis etwa 2500 \C eingestellt, da durch die freigesetzteW'rme zus'tzlich die Kontaktfl'chen der Schienenenden aufgeschmolzen werdenm6ssen. Bei aluminothermischen Reaktionen m6ssen aufgrund der Neigung desAluminiums zur Legierungsbildung fast immer entweder hohe Sauerstoffgehalteoder hohe Aluminiumgehalte im Zielmetall hingenommen werden. Die sauerstoff-affinen Metalle der Gruppe 4 (Ti, Zr, Hf) werden bei vergleichsweise niedrigen Tem-peraturen (< 1000 \C) mit Magnesium aus ihren Chloriden in Stahlretorten unterSchutzgasatmosph're reduziert und fallen als Schwamm an. In Sonderanwendun-gen werden feste, feink�rnige Metall-Keramik-Composites (z. B. TiAl-Al2O3) beiTemperaturen unterhalb des Schmelzpunktes von Metall und Schlacke gewonnen.Metallothermische Prozesse werden gegenw'rtig ausschließlich batchweise durch-

gef6hrt. Das gewonnene Metall muss in einem weiteren Verfahrensschritt raffiniertwerden. In der Regel gen6gt das erneute Einschmelzen im Vakuuminduktionsofenzur Entfernung von Schlackeneinschl6ssen. Refrakt'rmetalle werden im Elektronen-strahlofen umgeschmolzen, um Aluminiumverunreinigungen zu verdampfen. Beiden Metallen der Gruppe 4 erfolgt eine Abtrennung der Mg-/MgCl2-Reste durch Lau-gung oder zur Erzielung h�herer Reinheit durch Vakuumdestillation.

3.3.2

Hydrometallurgische Reduktion

In der Hydrometallurgie wird das zu gewinnende Metall oder seine Metallverbin-dung zuerst aus den Erzen oder Recyclingrohstoffen durch Laugen in eine w'ssrigeL�sung 6berf6hrt. Dabei k�nnen je nach Gangart verschiedene Aufschlussmittel be-nutzt werden, die die Vormaterialien in wasserl�sliche Form bringen. Die g'ngigenAufschlussmittel sind verd6nnte Schwefels'ure (H2SO4), Ammoniumhydroxid(NH4OH), Natriumlauge (NaOH), Salpeters'ure (HNO3) und Cyanide (NaCN,KCN).Nach dem Laugen erfolgt die Reduktion der Metall-Ionen, die in der L�sung vor-

liegen. Dabei werden die Ionen entweder direkt zum metallischen Zustand oder in

433 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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eine gew6nschte unl�sliche Verbindung umgewandelt. Je nach Ladungszahl neh-men die Metall-Ionen ein oder mehrere Elektronen auf. Die Elektronen werdendurch verschiedene Methoden der Reduktion zugeliefert. Dazu geh�ren die Zemen-tation, Reduktion mit Gasen, Ausf'llung und die Reduktionselektrolyse. Die elektro-chemische Spannungsreihe der Metalle ist f6r die hydrometallurgischen Redukti-onsprozesse von grunds'tzlicher Bedeutung. Die Elektrodenpotentiale E� ver'n-dern sich durch Variation der Metall-Ionen-Konzentration cMe bzw. -Aktivit't aMe,des pH-Wertes und des Gasdruckes pG.

3.3.2.1 ZementationAls Zementation bezeichnet man Reaktionen, bei denen ein unedleres Metall MeAein edleres MetallMeB aus der L�sung seiner Ionen gem'ß Gleichung (28) verdr'ngt(Standardelektrodenpotential: E� von MeA < E� von MeB) [19]. Dabei gibt das un-edlere Metall Elektronen ab, das edlere Metall nimmt diese Elektronen auf und wirdreduziert. Das Zementationsmittel darf mit anderen gel�sten Komponenten keineunl�slichen Verbindungen bilden. Beispiele hierf6r sind die Cu-Zementation mit Ei-sen und die Reinigung von Co- bzw. Zn-Laugenmittels Co- bzw. Zn-Pulver:

< Me�A > þ½MezþB �Lsg �! ½Mezþ

A �Lsgþ < Me�B > ð28Þ

Die Zementation von Kupfer mittels Eisen analog Gleichung (28) ist das 'lteste Ver-fahren f6r die Herstellung von Metallen aus der L�sung (bekannt seit 1500 Jahren).

< Fe� > þ½Cu2þ�Lsg �! ½Fe2þ�Lsgþ < Cu� > ð29Þ

Die Geschwindigkeit der Cu-Zementation wird mit der Gleichung (30) dargestellt:

� ¼ A � ½Cu2þ�1

kcþ�1

D

ð30Þ

wobei � die Reaktionsgeschwindigkeit; A die Oberfl'che; [Cu2+] die Kupfer-Ionen-Konzentration; kc der Geschwindigkeitskoeffizient; D der Diffusionskoeffizientund �1 die Dicke der Grenzschicht sind. Die Reaktionsgeschwindigkeit h'ngtvon dem Verbrauch an Eisen, der Konzentration der Cu2+-Ionen und der Mi-schung ab, ist aber unabh'ngig von der Fe2+-Konzentration. Die Abh'ngigkeit vonder Temperatur ist gering. Der Einfluss von Komplexbildnern ist hoch, weil sieden pH-Wert ver'ndern/stabilisieren k�nnen. Die Konzentration an freier S'uresoll niedrig sein, um den Verbrauch von Eisen gering zu halten.Zink wird besonders f6r die Zementation von Silber und Gold aus cyanidischen L�-

sungen angewendet (Gl. (31) und (32)). Bei der Ni-Zementation mit Eisen (Gl. (33))werden die Nickel-Ionen durch Diffusion an die Metalloberfl'che transportiert. An-schließend l'uft die elektrochemische Reaktion ab. Ob die Zementationsgeschwin-digkeit durch Diffusion oder elektrochemische Reaktion bestimmt wird, kann mitHilfe der Aktivierungsenergie vorausgesagt werden. Liegt die Aktivierungsenergieh�her als 100 kJ mol–1, so wird die Zementationsgeschwindigkeit in der Regel durch

44 1 Metalle

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die elektrochemische Reaktion bestimmt. Bei niedrigeren Werten ist die Diffusionder geschwindigkeitsbestimmende Schritt. Die Zementationsgeschwindigkeit kanndurch die Konzentration des reduzierenden Metalls, Oberfl'che des Reduktionsme-talls und Beschaffenheit des Niederschlages stark beeinflusst werden.

< 3 Zn� > þ½2 Au3þ�Lsg: �! ½3 Zn2þ�Lsg:þ < 2 Au� > ð31Þ

< Zn� > þ½2 Agþ�Lsg: �! ½Zn2þ�Lsg:þ < 2 Ag� > ð32Þ

< Fe� > þ½Ni2þ�Lsg:�! ½Fe2þ�Lsg:þ < Ni� > ð33Þ

3.3.2.2 Reduktion mit GasenBei der hydrometallurgischen Reduktion kommen verschiedenartige Gase zum Ein-satz [35]. Dazu z'hlen vorzugsweise Wasserstoff, aber auch Kohlenmonoxid undSchwefeldioxid sowie Schwefelwasserstoff. Die allgemeinen Reaktionsgleichungenk�nnen wie folgt formuliert werden:

½Me2þ�Lsg: þ fH2g �! Me� þ ½2 Hþ�Lsg: ð34Þ

½Me2þ�Lsg: þ fCOg þ H2O �! Me� þ fCO2g þ ½2 Hþ�Lsg: ð35Þ

½Me2þ�Lsg: þ fSO2g þ 2 H2O �! Me� þ ½SO2�4 �Lsg: þ ½4 Hþ�Lsg: ð36Þ

H�here pH-Werte der L�sung und ein hoher Gasdruck steigern die Reduktionskraftdes Wasserstoffs. Die Reduktion von Metall-Ionen mit Wasserstoff aus der L�sungspielt bei der industriellen Metallgewinnung eine wichtige Rolle. Die Drucklau-gungstechnologie von Sherritt-Gordon wurde erstmals in den 1950er Jahren imgroßtechnischen Maßstab in Kanada als Basis f6r die Nickel-Cobalt-Raffinerie derFirma in Fort Saskatchewan (Provinz Alberta) eingesetzt [36]. Die Anwendung die-ser Technologie hat sich international verbreitet und wurde erfolgreich zur Behand-lung verschiedener sulfidischer nickel-, cobalt- und kupferhaltiger Ausgangsmate-rialien abgewandelt. F6r die Druckreduktion mit Wasserstoff werden horizontaleAutoklaven in vielf'ltigen Ausbildungen und aus einer Vielzahl von Materialien be-nutzt. Nach dieser Methode wird Ni aus Co-haltigen ammoniakalischen L�sungenbei Temperaturen bis 200 \C und einem H2-Partialdruck von ca. 20 bar selektiv ge-f'llt. In gleicher Weise erfolgt auch die anschließende F'llung von Co mittels(NH4)2S [37].

3.4

Raffination

Da bei den pyrometallurgischen Reduktionsverfahren vergleichsweise edle Metallewie Au, Ag, Cu, Ni, Pb, Sn oder Fe meist nur auf Kosten der Reinheit in hohen Aus-beuten gewonnen werden k�nnen, ist im allgemeinen eine nachfolgende Raffina-

453 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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tion notwendig. In dieser Verfahrensstufe wird das Rohmetall zu einem marktf'hi-gen Produkt definierter Zusammensetzung und Eigenschaften verarbeitet. Bei-spiele abschließender Raffinationsverfahren sind Elektrolyse, selektive Oxidation,Vakuumdestillation oder Kristallisation. Im Falle unedlerer Metalle wie Nb, Ta, W,Zn, Al, Mg oder Ti erfolgt die Raffination in der Regel vor der Reduktion. In diesemFall ist unter Raffination die m�glichst selektive Abtrennung edlerer Elemente zuverstehen, die in diesem Fall als unerw6nschte Begleitelemente angesehen werden.Die Raffination erfolgt h'ufig 6ber mehrstufige nasschemische Verfahren. F6r be-sondere Reinheit kommen aber auch die Destillation im Anschluss an eine Chlorie-rung oder die Extraktion 6ber feste und fl6ssige Ionenaustauscher zum Einsatz.Wie bei der Reduktion (vgl. Abschnitt 3.3) entstehen neben wertmetallarmen Ab-

fallstoffen auch bei der Raffination Zwischenprodukte, die die Begleitelemente derRohmetalle aufnehmen (z.B. Raffinationsschlacke, L�sungen, Anodenschlamm, Le-gierungen, Filterreste). Durch gesonderte Verarbeitung dieser Produkte, bei denenes sich im Allgemeinen um Verbindungen der z.T. wertvollen Begleitmetalle han-delt, erh�ht sich die Wertsch�pfung und Profitabilit't der Metallurgieunternehmenh'ufig signifikant. Diese Koppelprodukt-Stoffstr�me h'ngen von den jeweils einge-setzten Erzen aber auch Recyclingrohstoffen ab, beeinflussen h'ufig die Mengen-str�me der prim'ren Prozessketten der Begleitelemente stark und m6ssen unbe-dingt bei zuk6nftigen Bedarfsanalysen f6r Metalle ber6cksichtigt werden.

3.4.1

Pyrometallurgische Raffination

Die pyrometallurgische Raffination ist ein f6r die Endeigenschaften metallischerWerkstoffe entscheidender Prozessschritt in der Metallurgie, da viele Metalle undLegierungen f6r ihre Anwendung nur geringe Gehalte von Verunreinigungen auf-weisen d6rfen. Oft werden auch unsch'dliche aber wertvolle Begleitmetalle ent-fernt, wenn die erzielbaren Erl�se h�her als die anfallenden Kosten der Abtrennungsind. Unerw6nschte Begleitelemente (Verunreinigungen) entstammen Erzen/Schrotten, Reduktionsmitteln, Zuschlagsstoffen, Reagenzien und Brennstoffen. DieRaffinationsbehandlung ist zumeist kostenintensiv, weshalb ein wirtschaftlich opti-maler Verfahrensweg gesucht werden muss. Im Laufe der Zeit wurden unz'hligeRaffinationsverfahren entwickelt. Eine Auswahl von in der Industrie g'ngigen Ver-fahren wird in den folgenden Abschnitten vorgestellt.

3.4.1.1 Selektive OxidationDie selektive Oxidation ist das klassische und zugleich ein kosteng6nstiges Verfah-ren zur Raffination von Metallen. Metalle mit einer h�heren Affinit't zu Sauerstoff(�HVerunreinigungsoxid > �HHauptmetalloxid) als das Hauptmetall reagieren selektiv zuOxiden. Der Grad der Selektivit't wird durch die jeweils vorherrschenden Aktivit'tender Metalle bestimmt, sodass die Enthalpien der reinen Phasen lediglich Anhalts-werte geben k�nnen. Oxide weisen 6berwiegend eine niedrigere Dichte als dasHauptmetall auf und k�nnen so fest oder fl6ssig von der Schmelzeoberfl'che abgezo-gen werden. Sauerstoff oder Luft wird durch Lanzen, Sp6lsteine oder Injektoren in

46 1 Metalle

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die Schmelze ein- oder aufgeblasen. Die Sauerstoff6bertragung kann in derSchmelze auch durch intermedi'r gebildetes Oxid des Hauptmetalls stattfinden. DieArt der Einbringung h'ngt auch von der gew6nschten Badbewegung ab. Lanzen ha-ben eine starke Badbewegung mit großen Blasen zur Folge, w'hrend Sp6lsteine zueiner gleichm'ßigen und leichten Badbewegungmit kleinen Blasen f6hren.Gr�ßter Anwender der selektiven Oxidation ist die Stahlindustrie. Zur Herstel-

lung von Rohstahl aus Roheisen muss der gr�ßte Teil des im fl6ssigen Roheisengel�sten Kohlenstoffs aus dem Roheisen entfernt werden. Der Kohlenstoff verl'sstdie Schmelze als CO/CO2-Gemisch. Neben Kohlenstoff werden auch unedle Ele-mente wie Aluminium und Silicium oxidiert und gehen in eine Schlackenphase6ber. Die Oxidation ist stets exotherm, sodass oft eine K6hlung notwendig ist, dieidealerweise durch Schmelzen von Schrotten durchgef6hrt wird (Stahlkonverterbzw. Kupferkonverter).Bei der Kupferherstellung wird die selektive Oxidation haupts'chlich zur Entfer-

nung von Eisen und Schwefel, aber auch Arsen, Antimon oder Zinn eingesetzt,da nach dem Steinschmelzen noch hohe Gehalte an Eisen und Schwefel in Formvon Eisen- und Kupfersulfid enthalten sind. Die Oxidation wird in einem drehba-ren Trommelkonverter (sog. Peirce-Smith-Konverter) durchgef6hrt. Zur6ck bleibtein Kupfer mit hohem Sauerstoffgehalt, das als »Blisterkupfer« oder Blasenkupferbezeichnet wird. Schwefel verl'sst die Schmelze als Schwefeldioxid, das zuSchwefels'ure weiterverarbeitet wird (s. auch Schwefel und anorganische Schwe-felverbindungen, Bd. 3). Das Eisen bildet mit Zuschl'gen und den weiteren Be-gleitelementoxiden eine Schlacke, die einen hohen Anteil an Kupferoxid enth'lt.Diese fl6ssige Schlacke wird abgezogen und nachbehandelt, um den Kupfergehaltzur6ckzugewinnen.

3.4.1.2 Vakuumbehandlung (Entgasung/Destillation)Die Vakuumbehandlung dient zum einen dem Schutz der Metallschmelze vor derAtmosph're und zum anderen zur Entfernung von Gasen und leicht fl6chtigen Be-standteilen aus Metallschmelzen. Durch das Einstellen eines Vakuums wird der Sie-depunkt abgesenkt und Metalle mit deutlich unterschiedlichen Dampfdrucken k�n-nen voneinander getrennt werden. Die Vakuummetallurgie ist kostenintensiv, daein vakuumdichter Beh'lter eingesetzt werden muss, der zumeist auch wasserge-k6hlt ist, sowie Pumpen f6r die Darstellung des Vakuums notwendig sind. Außer-dem wird f6r die Energiezufuhr zumeist elektrischer Strom in Form von Induktionoder Elektronenstrahlen oder Strahlrohre benutzt.Gase l�sen sich in Schmelzen besser als in festen Metallen, deshalb kann es in ei-

ner nicht entgasten Metallschmelze w'hrend der Erstarrung zur Bildung von Bla-sen (Porosit't) kommen, die die mechanischen Eigenschaften des Werkst6ckes ver-schlechtern. Im Allgemeinen ist Wasserstoff als sehr kritisch zu betrachten, mancheMetalle l�sen aber auch betr'chtliche Mengen Stickstoff oder Sauerstoff. So kannKupfer bei 1400 K ca. 1% Massenanteil Sauerstoff l�sen [38]. Neben der Entfernungvon gel�sten Gasen k�nnen durch eine Vakuumbehandlung auch Metalle destillativentfernt werden. So lassen sich z.B. Zink, Cadmium und Quecksilber aus fast allenMetallschmelzen entfernen. Auch ist es m�glich, Magnesium und Lithium aus Alu-

473 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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miniumschmelzen oder Aluminium aus Tantal durch den Einsatz von Vakuum-technik zu verdampfen.Vakuumbehandlungen werden z. Zt. vor allem in der Stahlindustrie f6r die Her-

stellung von rostfreiem Stahl eingesetzt (VOD-Verfahren). Außerdem werden Spe-ziallegierungen auf Cobalt-, Nickel- und Eisenbasis f6r die Medizin- und Elektro-technik, f6r Luft- und Raumfahrttechnik sowie reaktive Metalle wie Titan und Zirco-nium in vakuummetallurgischen Anlagen hergestellt.

3.4.1.3 Sp lgasbehandlungDie Sp6lgasbehandlung erfolgt entweder mit inerten Gasen, wobei in einerSchmelze gel�ste Gase entfernt werden k�nnen, oder mit reaktiven Gasen, die mitKomponenten der Schmelze reagieren und diese austragen. Zum Einleiten desSp6lgases k�nnen analog der selektiven Oxidation Lanzen, Sp6lsteine, Rotoren, In-jektoren oder auch feste, aber Gas freigebende Medien eingesetzt werden.F6r die Wasserstoff- oder Sauerstoffentfernung werden in der Regel Argon oder

Stickstoff als inerte Tr'gergase eingesetzt. Die Entgasung beruht auf der Herabset-zung des jeweiligen Partialdrucks des zu entfernenden Gases. Die Herabsetzungkann prinzipiell durch verminderten Druck (Vakuum) oder durch Einleiten vonSp6lgas in die Schmelze erfolgen. Das Gleichgewicht zwischen den gel�sten Gasenund der Umgebungs-/Blasenatmosph're wird 6blicherweise bis zum Austreten derBlase an der Oberfl'che nicht erreicht. Kontinuierlich wird durch das Einleiten vonreinem Inertgas (Partialdruck des zu entfernenden Gases ist nahezu Null) dieGleichgewichtssituation gest�rt und gel�stes Gas diffundiert in die Gasblase, welchedie Schmelze wieder verl'sst. Dadurch k�nnen sehr gute Reinigungseffekte (z.B.bis unter 1 ppm H2 in Al) erzielt werden. Neben der Entfernung von Gasen werdenfeste Partikel flotiert. Damit wird ein weiterer Raffinationseffekt erzielt (Abb. 34).

Abb. 34 Sp+lgasbehandlung metallischer Schmelzen durch Sp+lsteine (links) und rotierende Injektoren(rechts)

48 1 Metalle

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In der Aluminiumindustrie wird neben Stickstoff als Inertgas auch Chlor alsreaktives Gas eingesetzt. Das Chlor reagiert mit Alkali- und Erdalkalimetallen zuChloriden, welche in der Aluminiumschmelze unl�slich sind. Anschließend k�n-nen diese meistens als fl6ssige Schlacke abgezogen werden. Aufgrund der Chlor-gasemissionen wird versucht, diese Technik durch andere Verfahren zu ersetzen.

3.4.1.4 SchlackenbehandlungAbgesehen von der Vakuum- bzw. Schutzgasmetallurgie werden fast alle Metall-schmelzen nicht in direktem Kontakt mit der Atmosph're erschmolzen, sondern esbefindet sich auf der Oberfl'che einer Schlackenschicht. Neben dem Abdecken ge-gen Luftzutritt haben die Schlacken auch die Aufgabe, Verunreinigungen aus derSchmelze aufzunehmen, die Schmelze vor einem Ausk6hlen zu sch6tzen und festePartikeln aufzunehmen. Schlacken d6rfen die feuerfeste Ausmauerung des Ofensnicht angreifen.Typische Schlacken der Stahlindustrie basieren auf dem System Al2O3-SiO2-CaO,

f6r die Kupferindustrie werden fayalithische Schlacken auf Basis 2 FeO · SiO2 ein-gesetzt. Neben den oxidischen Schlacken werden Salzschlacken speziell f6r dieLeichtmetallindustrie, aber auch bei der Herstellung von Blei- oder Zinklegierungenverwendet. Salzschlacken haben die Eigenschaft, Oxide gut zu benetzen und diesedeshalb aufnehmen zu k�nnen, w'hrend sie Metallschmelzen nur schlecht benet-zen und sich von ihnen trennen. In der Aluminiumindustrie werden Salzschlackenspeziell zum Einschmelzen von feinteiligem Schrott eingesetzt. Die Salzschlackendurchbrechen die Oxidschicht des Aluminiums, trennen diese ab und suspendierensie. Die Koagulation der Metalltropfen wird durch diese Behandlung gef�rdert. Inder Bleiindustrie werden Salzschlacken mit selektiver Oxidationswirkung zur Raffi-nation benutzt. Sie stellen Sauerstoff zur Verf6gung und nehmen das Reaktionspro-dukt auf. In Tabelle 6 sind einige Anwendungen und Zusammensetzungen vonSalzschlacken dargestellt.Ein Sonderverfahren der Schlackebehandlung ist das Elektroschlackeumschmel-

zen (ESU). Es wird z.B. zur Entfernung von Silicium und Aluminium aus Sonder-st'hlen oder der Sauerstoffentfernung aus Titan eingesetzt. Eine Schlacke fungiertals Heizwiderstand und liefert somit W'rme zum Abschmelzen einer zu raffinie-renden Elektrode. Der Schmelzetropfen sinkt durch die Schlackenschicht ab undwird dabei raffiniert. Nichtmetallische Einschl6sse in der Elektrode werden hierbeivon der Schlacke aufgenommen. Zus'tzlich kann die Schlacke auf chemischemWege raffinierend wirken (Desoxidation, Entschwefelung), wenn entsprechende re-aktive Komponenten enthalten sind. Unterhalb der Schlackenschicht erstarrt das

Tab. 6 Anwendungen und Zusammensetzungen von Salzschlacken

Anwendungsbereich von Salzschlacken Zusammensetzung der Schlacken

Aluminiumindustrie NaCl, KCl, (CaF2, AlF3 etc.)

Magnesiumindustrie MgCl2, KCl, CaF2

Bleiindustrie NaOH, NaNO3

493 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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Metall kontrolliert in einer gek6hlten Kokille in einer f6r die Weiterverarbeitung ge-eigneten Struktur.

3.4.1.5 SeigernDas Prinzip des Seigerns basiert auf der temperaturabh'ngigen L�slichkeit von Ele-menten und Verbindungen untereinander. Im Allgemeinen nimmt die L�slichkeitmit sinkender Temperatur ab. Die Systematik folgt dem Aktivit'tsverlauf in einemZweistoffsystem. In Abbildung 35 ist ein System idealer Mischbarkeit zweier Kom-ponenten (A, B) dargestellt. Beim Abk6hlen wird bei T1 die Liquiduslinie von dereingezeichneten Legierungszusammensetzung erreicht. An diesem Punkt entstehtaus der fl6ssigen Phase eine zweite feste Phase mit einer anderen Zusammenset-zung, die mit dem Element A angereichert ist. Wird weiter abgek6hlt, folgen dieZusammensetzungen der Liquiduslinie bzw. der Soliduslinie, bis ab T2 der ver-bleibende Rest erstarrt (vgl. auch Thermische Verfahrenstechnik, Bd. 1).Das Ausseigern erfolgt nach der Dichte. Abh'ngig von der Dichte setzt sich der

Feststoff ab oder schwimmt auf und kann durch Dekantieren bzw. Absch�pfen ab-getrennt werden. Die Anwendung der Seigerraffination erfolgt vor allem in derBlei-, Zinn- und Zinkmetallurgie. In der Bleimetallurgie wird das Seigern z.B. zurKupferentfernung eingesetzt. Kupfer wird im ersten Raffinationsschritt aus Bleientfernt, indem die Schmelze auf eine Temperatur gering oberhalb der Schmelz-temperatur abgek6hlt wird. Das Kupfer seigert als Kupferschlicker aus undschwimmt auf. In einem zweiten Schritt wird Schwefel in die Schmelze gegebenund Kupfersulfid (Colcord-Verfahren) ausgeschieden.Eine andere angewandte Anwendung des Seigerns ist das Abtrennen von Titan,

Zirconium und Vanadium aus Aluminiumschmelzen. Hierzu wird Bor in dieSchmelze gegeben, mit dem sich die o. g. Elemente zu Boriden verbinden und sichvon der Schmelze absetzen. Die Aluminiumschmelze wird dann dekantiert. Einweiteres Sonderverfahren des Seigerns ist das sogenannte Zonenschmelzen. Hier-bei wird in einem l'nglichen Block aus dem zu reinigenden Material an einer lo-

Abb. 35 Phasendiagramm mit idealer Mischbarkeit

50 1 Metalle

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kalen Stelle zumeist induktiv eine Schmelzzone erzeugt. Diese Zone wird langsamdurch den Block hindurchbewegt, wobei sich die Verunreinigungen in derSchmelze ansammeln und durch den Block wandern. Im festen Zustand k�nnendiese durch Abtrennen des Kopfst6ckes entfernt werden. Das Verfahren kann hori-zontal in Tiegelschiffchen oder vertikal tiegellos durchgef6hrt werden. Durch mehr-faches Durchf6hren dieses Verfahrens k�nnen die h�chsten Reinheiten 6berhauptf6r Metalle erzielt werden. Die Hauptanwendung liegt in der Raffination von Halb-leitern, z.B. Silicium (siehe Elektronische Halbleitermaterialien, Bd. 8, Abschnitt3.1.2.3.1).

3.4.1.6 Selektive Verfl chtigung (Destillation)Die selektive Verfl6chtigung wird h'ufig auch als Destillation (ohne umgebendenUnterdruck, s. o.) bezeichnet (s. auch Thermische Verfahrenstechnik, Bd. 1). Hier-bei werden entweder Verunreinigungen oder das Hauptmetall gezielt verdampftund kondensiert. Die selektive Verfl6chtigung kann f6r einzelne Elemente oderauch f6r Verbindungen durchgef6hrt werden. Als Verbindungen werden Chloridebevorzugt, da sie h'ufig einen h�heren Dampfdruck aufweisen als die reinen Me-talle. Ein Beispiel einer Elementdestillation ist das sogenannte New-Jersey-Verfah-ren in der pyrometallurgischen Zinkraffination. Dieses Raffinationsverfahren wirdin zwei Aggregaten durchgef6hrt. Zuerst wird Zink verdampft sowie andere leichterfl6chtige Elemente wie Cadmium. In einer zweiten Destillationskolonne werden dieElemente, die leichter fl6chtig sind als Zink verdampft. Die Kolonnen sind 'hnlichdenen der Petrochemie aufgebaut. In mehreren 6bereinanderliegenden Schalenwird Zink verdampft und wieder kondensiert. Die Destillation findet bei ca. 1000 \Cstatt. Das produzierte Zink hat eine Reinheit von � 99,995% [19].Die Verfl6chtigung von Metallverbindungen wird meistens f6r Metalle mit ho-

hem Siedepunkt durchgef6hrt. Beispiele sind die Raffination von Silicium, Titanund Zirconium. Diese Elemente werden z.B. in Chloride 6berf6hrt (SiCl4, TiCl4 undZrCl4). Siliciumtetrachlorid hat einen Siedepunkt von 57,3 \C [39] und kann in Des-tillationskolonnen gereinigt werden. Auch dieser Prozess wird in zwei Stufen durch-gef6hrt, zuerst werden alle Verbindungen mit einem h�heren Dampfdruck als Sili-ciumtetrachlorid abdestilliert und in einem zweiten Schritt alle Verunreinigungenmit einem niedrigeren Dampfdruck entfernt, d.h. das SiCl4 wird verdampft. DieserProzess dient zur Vorreinigung bei der Herstellung von Halbleitersilicium f6r dieChip-Industrie. Die erreichbaren Reinheiten bei Silicium liegen bei > 9-Neuner.Im Bereich des Recyclings mit dem Ziel einer Aufkonzentration findet diese Art

der Verfl6chtigung Anwendung im sog. W'lzprozess (Drehrohr, 'hnlich Abb. 32),bei dem Zink- und Bleiverbindungen selektiv aus Flugst'uben der Stahlindustrieverdampft werden.

3.4.1.7 Elektrolytische Raffination im SchmelzflussNeben den Raffinationselektrolysen bei Raumtemperatur gibt es noch Hochtempe-raturelektrolysen, sogenannte Schmelzflusselektrolysen (siehe auch Abschnitt3.5.3). Dabei wird eine waagerechte Anordnung (Schichtung) bevorzugt, wie siez.B. bei der Dreischichtelektrolyse zur Raffination von Aluminium benutzt wird.

513 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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Geschmolzenes verunreinigtes Aluminium, das durch vergleichsweise sehr edle Le-gierungselemente (Kupfer) eine relativ hohe Dichte aufweist, wird am Boden derElektrolysezelle eingebracht. Auf der zu raffinierenden Aluminiumschmelzeschwimmt der Elektrolyt, auf dem sich wiederum das gereinigte Aluminium (Ka-thode) befindet. Die Dichte des Elektrolyten muss sehr genau eingestellt sein, damiter zwischen den beiden Aluminiumschmelzen verbleibt und kein Kurzschluss zwi-schen den beiden Schmelzen entsteht. Die erzielbaren Reinheiten liegen bei� 99,999% Al im Metall.

3.4.1.8 Filtration (Mechanische Raffination)Alle Metallschmelzen enthalten ungel�ste, feste Verunreinigungen. Diese k�nnenendogen in der Schmelze entstehen oder exogen von außen eingetragen werden,z. B. aus der Ausmauerung. Besonders kritisch hierbei sind die Leichtmetalle wieAluminium und Magnesium, da diese in Kontakt mit dem Atmosph'rensauerstoffsofort eine d6nne Oxidhaut bilden. Diese Oxidhaut weist eine 'hnliche Dichte wiedas Metall auf, was zu unvollst'ndigem Absetzen f6hrt. Deshalb werden fast alleAluminiumlegierungen vor dem Guss filtriert. In der Aluminiumindustrie kom-men verschiedene Filtertypen zum Einsatz:l Sch6ttbettfilter (Deep Bed Filter, DBF)l Keramische Schaumfilter (Ceramic Foam Filter, CFF)l R�hrenfilter (Rigid Media Tube Filter, RMF)

Keramische Schaumfilter werden durch Infiltration eines Kunststoffschaums mitkeramischem Schlicker hergestellt. Diese Mischung wird gesintert, wobei derKunststoff verfl6chtigt wird und eine Keramik mit mittlerer Porosit't zur6ckbleibt.Die R�hrenfilter bestehen aus por�s gesinterter Keramik. Die Filter werden meis-tens aus feuerfesten Materialien auf Aluminiumoxid-Basis hergestellt. Mit Sch6tt-bettfiltern k�nnen grobe Teilchen mit großem Durchsatz an Schmelze ausgefiltertwerden. Die CFF stellen einen Kompromiss aus der Entfernung von m�glichst klei-nen Teilchen bei akzeptablem Durchsatz dar, w'hrend die R�hrenfilter zur Entfer-nung kleinster Teilchen eingesetzt werden. Problematisch ist immer diejenigeSchmelze, die im Filtermedium verbleibt und einen Verlust darstellt. Auch f6r an-dere Industrien wie z.B. Eisen, Nickel und Kupfer werden zunehmend Filter vordem Gießen eingesetzt. Bie ihnen handelt es sich meistens auch um CFF aber aufSiliciumcarbid- oder Zirconiumoxid-Basis.

3.4.2

Hydrometallurgische Raffination (Lg/SX)

3.4.2.1 Selektive LaugungUnter Laugung versteht man das selektive L�sen eines Metalls aus Erzen, Konzent-raten oder anderen metallurgischen Zwischenprodukten. Mit Hilfe einer S'ure oderLauge wird das Metall aus der festen in die fl6ssige Phase 6berf6hrt. Dabei verblei-ben die st�renden Bestandteile des Ausgangsmaterials im Laugungsr6ckstand. ImAllgemeinen werden bei der Laugung unter S'ure- oder Laugeverbrauch Metalle als

52 1 Metalle

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Ionen in die fl6ssige Phase 6berf6hrt. Man unterscheidet bez6glich des geschwin-digkeitsbestimmenden Schrittes chemisch kontrollierte und diffusionsbestimmteReaktionen. Bei der Laugung ist die Laugungsgeschwindigkeit eine wichtige Gr�ße.Die Laugungsgeschwindigkeit VL kann in Anlehnung an das erste Fick’sche Ge-setz durch Gleichung (37)

VL ¼ D �A � ðCs � CLÞ=1 ð37Þ

beschrieben werden, wobei D der Diffusionskoeffizient, A die gerade aktive Ober-fl'che des Laugungsgutes, (Cs–CL) die Konzentrationsdifferenz zwischen der Kon-zentration an der Oberfl'che des Laugungsgutes (Cs) und der die Partikel umge-benden L�sung (CL) sowie 1 die Dicke der Diffusionsrandschicht bedeuten. In Ab-bildung 36 wird dies anhand eines Laugungsmodells schematisch dargestellt.Bei diesem Modell reagiert eine Partikel mit der Zeit vollst'ndig durch, jedoch bil-

den sich auch feste Reaktionsprodukte, die den unreagierten Kern umschließen.Reagenz und gel�ste Reaktionsprodukte m6ssen durch die Diffusionsschicht unddie feste Außenschicht diffundieren. Der Geschwindigkeitskoeffizient k ist eineFunktion der Konzentration in der L�sung und wird durch Gleichung (38) be-schrieben:

k � t ¼ 1� 2=3 R� ð1� RÞ2=3 ð38Þ

wobei k Geschwindigkeitskoeffizient, t Zeit, und R Metallausbringen in der L�-sung (0 < R < 1) bedeuten. Innerhalb dieser Randschicht bildet das o. a. Konzent-rationsgef'lle die treibende Kraft der Diffusion. Aufl�sungsvorg'nge, die durchDiffusion bestimmt werden, k�nnen durch ein Verkleinern der Randschicht, z.B.durch R6hren, durch Temperaturerh�hung oder Aufmahlen der Ausgangspartikel,beschleunigt werden. Die chemisch kontrollierten Reaktionen finden an der Pha-sengrenze fest/fl6ssig statt. Die gel�sten Ionen werden rasch von der Phasen-grenze wegtransportiert. Der Feststoff wird solange aus dem Gitter gel�st, wie

Abb. 36 Laugungsmodell

533 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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kein chemisches oder elektrochemisches Gleichgewicht erreicht wird. Daher nimmtdie Laugungsgeschwindigkeit bei zunehmender Ionenkonzentration in der L�sungab. Die Aufl�sungszeit eines Stoffes bei einer chemisch kontrollierten Reaktion l'sstsich anhand folgender Formel berechnen:

k � t ¼ 1� ð1�RÞ1=3 ð39Þ

Aufl�sungsvorg'nge, die durch chemische Reaktionen bestimmt werden, k�nnendurch das Angebot von großen Oberfl'chen beschleunigt werden, also durch Schaf-fung m�glichst feink�rnigen Materials. F6r die technische Laugung ist meist eineVorbereitung durch Konditionierung n�tig. Zu den Vorbereitungsverfahren z'hlendie Zerkleinerung und Flotation oder die thermischen Verfahren der oxidierenden,chlorierenden, sulfatisierenden und reduzierenden R�stung. Die Laugung wird au-ßer in offenen R6hrbehaltern h'ufig in Autoklaven durchgef6hrt. Hierbei handeltes sich um geschlossene R6hrbeh'lter, in denen die Reaktionen bei erh�htemDruck und erh�hter Temperatur durchgef6hrt werden k�nnen. Horizontale Auto-klaven werden in vielf'ltigen Ausbildungen und aus einer Vielzahl von Materialienhergestellt. Die Laugung unter Druck kann außer in horizontalen Autoklaven auchin Druckkesseln, sph'rischen Beh'ltern, Druckpachucas, Turm- und Rohrreaktorenerfolgen.

3.4.2.2 Der Solventextraktions-ProzessDie Solventextraktion (Fl6ssig/Fl6ssig-Extraktion) ist ein Trennprozess, der auf derunterschiedlichen Verteilung zweier oder mehrerer Komponenten in zwei fl6ssigenPhasen basiert (siehe 3 Thermische Verfahrenstechnik, Bd. 1, Abschnitt 4.4). DasVerfahren 'hnelt somit der Destillation, bei der es auch zu einer Trennung der Kom-ponenten in zwei Phasen kommt. Grunds'tzlich handelt es sich bei der Solventex-traktion um einen Gleichgewichtsprozess, der vomMassentransport der Komponen-ten von der ersten in die zweite fl6ssige Phase abh'ngig ist. Dabei wird eine w'ssrigePhase mit einer mit ihr nicht mischbaren, organischen Phase in Verbindung ge-bracht, sodass sehr selektiv ein 1bertragen von ausgew'hlten Ionen von der einenPhase zur anderen stattfindet. Es k�nnen sowohl Kationen als auch Anionen ausge-tauscht werden. Unter folgenden Umst'nden kann eine Extraktion erwogen werden:1. Die Konzentration des zu extrahierenden Metalls in der L�sung ist gering, eineAufkonzentration vor der Weiterverarbeitung notwendig, z.B. Uran, Kupfer.

2. Der Wert des zu extrahierenden Metalls ist hoch; dann kann auch eine Extraktionaus st'rker konzentrierten verunreinigten L�sungen erwogen werden, z.B. Gold,Platinmetalle, Wolfram, Vanadium, Zirconium-Hafnium, Niob-Tantal.

3. Eine Selektivtrennung sehr 'hnlicher Ionen soll durchgef6hrt werden, f6r diesonst keine Verfahren m�glich sind, z.B. Niob-Tantal-Trennung, Zirconium-Haf-nium-Trennung, Seltene Erden-Trennung.

Die organischen Phasen bestehen zumeist aus drei Komponenten:1. dem Reagenz, das mit dem Metall-Ion reversibel eine chemische Bindung ein-geht (ca. 5–30% Volumenanteil der organischen L�sung),

54 1 Metalle

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2. einem L�sungsvermittler (Modifier), der hilft, den entstehenden metallorgani-schen Komplex in der organischen Phase gel�st zu halten, indem er die Bildungeines unl�slichen hochviskosen Metallkomplexes in den organischen Phasen ver-hindert (ca. 1–10% Volumenanteil der organischen L�sung). Die Modifier be-stehen meist aus langkettigen Alkoholen. Da die Modifier unter bestimmten Be-dingungen selbst Metallkomplexverbindungen zu bilden verm�gen, k�nnen siein manchen F'llen die Selektivit't des Extraktionsprozesses negativ beeinflussen,

3. einem Verd6nnungsmittel, das die organische Phase so d6nnfl6ssig h'lt, dasssie sich von der w'ssrigen Phase trennen l'sst, z.B. aliphatische (Petroleum, Ke-rosin) oder aromatische Kohlenwasserstoffe (Xylol). Dieses bildet den Hauptteilder organischen Phase (ca. 65–95% Volumenanteil)

Die Extraktion l'sst sich beschreiben durch die vereinfachte Reaktionsgleichung

Cu2þ þ 2 HRorg: Ð CuR2org þ 2 Hþ ð40Þ

die zeigt, dass durch einfache pH-Wert-Xnderung die Richtung (das Gleichgewichtder Reaktion) verschoben werden kann. Die Gleichgewichtskonstante k lautet:

k ¼ aCuR2� a2

a2HR � aCu2þ

ð41Þ

wobei aCuR2, aþH, aHRorg

, und a2þCu die jeweiligen Aktivit'ten der Komponenten bedeu-

ten.Die Konstante Kd wird als Verteilungskoeffizient definiert. Sie ist eine Funktion

der Temperatur, des Drucks und der Konzentration von Metallen.

Kd ¼ corg=caq ¼ fðT; pÞ ð42Þ

mit Kd Verteilungskoeffizient, corg Konzentration des Metalls in der organischenPhase; caq Konzentration des Metalls in der w'ssrigen Phase; T Temperatur der L�-sung und p Druck. Da allerdings bei der Metall-Solventextraktion ein chemischerAustausch etwa durch Assoziation und Dissoziation unvermeidlich ist, berechnetman den Verteilungskoeffizienten formal auch in Abh'ngigkeit vom pH-Wert undden vorliegenden Konzentrationen von Metallen.

Kd ¼ corg=caq ¼ fðT; p;pH; cÞ ð43Þ

Bei der Solventextraktion k�nnen durch geeignete Wahl des Extraktionsmittels aus-gew'hlte Komponenten aus einem Multikomponentengemisch sehr selektiv abge-trennt werden. Das bekannteste Extraktionsmittel f6r Cobalt ist z.B. eine saure L�-sung von Di-(2-ethylhexyl)phosphors'ure (D2EHPA) [40]. Der Stofftransport kanninsbesondere bei kleinen Konzentrationen der 1bergangskomponente mit Hilfe ei-ner chemischen Reaktion stark beeinflusst werden [41]. Die heute existierenden Sol-ventextraktions-Apparaturen lassen sich in f6nf Gruppen einteilen: (1) Kolonnenohne Energieeintrag, (2) Kolonnen mit pulsierender Fl6ssigkeit, (3) Kolonnen miteingeschlossener Rotation, (4) Zentrifugen und (5) Mischer-Absetzer-(Mixer-Sett-

553 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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Abb. 37 Mixer-Settler [42]

ler)-Systeme. Da aufgrund der in der Metallindustrie betr'chtlichen Massenstr�menur Mixer-Settler-Systeme (Abb. 37) sinnvoll sind, wird auf eine genauere Beschrei-bung der anderen Varianten hier verzichtet (siehe Thermische Verfahrenstechnik,Bd. 1, Abschnitt 4.4.2).Die Mixer-Settler-Apparatur ist der klassische Extraktionsapparat f6r die Fl6ssig/

Fl6ssig-Extraktion. In ihm werden die beiden fl6ssigen Phasen zun'chst intensivvermischt (Mixer). Dadurch wird die Phasengrenzfl'che erh�ht und der Stoff6ber-gang beg6nstigt. Im zweiten Abschnitt, dem Absetzer (Settler) erfolgt die Phasen-trennung des Gemischs. Die leichtere und die schwerere Phase k�nnten anschlie-ßend getrennt abgezogen werden. Die Phasengrenze ist einstellbar und dient zurhydrodynamischen Regelung des Apparates. Mixer-Settler-Systeme sind simple, al-lerdings platzaufw'ndige Einrichtungen, um sowohl die Extraktion als auch dieR6ckextraktion durchzuf6hren. Die meisten Mixer-Settler sind mehrstufige Anla-gen, und die Phasen werden im Gegenstrom gef6hrt, womit der am schw'chstenbeladene w'ssrige Strom in Ber6hrung mit unbeladener organischer L�sung ge-langt. Die bis fast zur maximalen S'ttigung metallbeladene organische Phase extra-hiert dagegen den frischen anorganischen Zulauf.Da das Metall aus der organischen Phase nicht direkt zu gewinnen ist, muss eine

R6ckextraktion, dass sogenannte Stripping, durchgef6hrt werden. Die chemischen,physikalischen und verfahrenstechnischen Abl'ufe sind grunds'tzlich genau umge-kehrt zu denen der Extraktion.

3.5Elektrolytische Verfahren

Die Elektrolyse hat vor allem in der metallerzeugenden Industrie zur Gewinnungund Raffination von Metallen eine großindustrielle Anwendung gefunden. Die heu-

56 1 Metalle

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Tab. 7 Weltproduktion und Anteil der Elektrolyseverfahren bei der Metallerzeugung

Metall Weltproduktionaus Erz 2002(1000 t) [43]

Anteil der Elektrolyse ander Weltproduktion (1994)(%) [46]

Cu 26572 Raff : 85, Gewinnung: 10

Cd 16,2

Zn 9519 90

Al 25743 75

Mg 400 75

Ag 18,5 80

Pb 6606 25

Ni 1174 30

tige Bedeutung der Elektrolysetechnik f6r die Metallgewinnung, Metallraffinationund Oberfl'chenbeschichtung geht aus Tabelle 7 hervor.

3.5.1

Reduktionselektrolyse (Gewinnungselektrolyse)

Bei der Reduktionselektrolyse als Gewinnungselektrolyse ist die Anode (z.B. Blei,Titan, Graphit) unl�slich. An ihr entwickelt sich je nach Elektrolytzusammenset-zung Sauerstoff oder Chlorgas. Das Metall, das ionisiert bzw. als Verbindung in derL�sung vorliegt, scheidet sich an der Kathode ab. Die Metalle Pb, Co, Cu, Mn, Ni,Sn, Zn und die Edelmetalle k�nnen durch Elektrolyse aus w'ssrigen Salzl�sungengewonnen bzw. raffiniert werden, wobei die Elektrolytwahl derart erfolgen muss,dass das Metall in ionischer Form vorliegen kann. Dabei spielen nicht nur chemi-sche Randbedingungen, sondern auch technische (Temperatur, Expositionszeit,Elektrodenmaterial etc.) eine Rolle. So kann Blei beispielsweise nicht in einerSchwefels'urel�sung Ionen bilden, da es bei den 6blichen Temperaturen nicht inL�sung geht.F6r Metalle, deren Reduktionspotential deutlich niedriger ist als das der Wasser-

stoffreduktion, ist die w'ssrige Gewinnungselektrolyse in Allgemeinen nicht geeig-net. Allerdings ist die H2-Gas-Entwicklung infolge von Wasserstoff6berspannungenh'ufig gehemmt, wodurch auch elektronegative Metalle wie Zink (Potential –0,76 V)aus w'ssrigen L�sungen gewonnen werden k�nnen. Die ablaufenden Reaktionenund Standardpotentiale sind im Folgenden angegeben:

Kathodenreaktion:Zn2þ þ 2e� �! Zn E� ¼ �0; 76 V ð44Þ

Anodenreaktion:H2O �! Hþ þOH� �! 1=2 O2 þ 2 Hþ E� ¼ 1; 23 V ð45Þ

573 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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Gesamt:Zn2þ þ H2O �! 1=2 O2 þ 2 Hþ þ Zn E� ¼ �1; 99 V ð46Þ

Theoretisch w're eine Badspannung von ca. 2 V ausreichend, um Zink gewinnen zuk�nnen. Wie bei allen Gewinnungselektrolysen wird in der Praxis wegen Polarisa-tionen an den Elektroden, Badwiderst'nden und elektrischen Widerst'nden eine er-h�hte Spannung ben�tigt. Beim Zink kommt insbesondere die Wasserstoff6ber-spannung hinzu. In der Praxis betr'gt die Badspannung 3,3–3,5 V. Die Wasserstoff-6berspannung 'ndert sich mit den Arbeitsbedingungen, z.B. nimmt sie mitsteigender Temperatur stark ab, aus diesem Grunde w'ren niedrige Arbeitstempera-turen g6nstiger. Da aber bei tiefen Temperaturen auch die Leitf'higkeit des Badessinkt, steigt der Energieverbrauch. Schließlich ist die Wasserstoff6berspannung vonder Oberfl'chenbeschaffenheit der Kathode abh'ngig, glatte Oberfl'chen bedingeneine h�here 1berspannung als raue [19].Bei sehr elektronegativen Elementen ist die w'ssrige Elektrolyse nicht mehr m�g-

lich, es muss die Schmelzflusselektrolyse angewandt werden. Bei welchen Metallenwelche Methode zur Anwendung kommt ist in Tabelle 8 aufgef6hrt.Die Stoffportion, die in einer Elektrolyse in einer bestimmten Zeit bei einem be-

stimmten Strom abgeschieden werden kann, l'sst sich mit dem ersten Faraday-schen Gesetz berechnen:

Tab. 8 Spannungsreihe der Elemente f+r Metalle, die elektrolytisch gewonnen und/oderraffiniert werden k-nnen (SE = Schmelzflusselektrolyse, WE = w&ssrige Reduktionselektrolyse,Raff = Raffinationselektrolyse) [45]

Gleichgewichtspaar Spannung (V) Gleichgewichtspaar Spannung (V)

Li+/Li (SE) –3,01 Co2+/Co (WE) –0,28

K+/K (SE) –2,92 Ni2+/Ni (WE) –0,24

Ca2+/Ca (SE) –2,87 Sn2+/Sn (WE) –0,14

Na+/Na (SE) –2,71 Pb2+/Pb (WE) –0,13

Mg2+/Mg (SE) –2,38 2H+/H2 €0,00

Sc3+/Sc (SE) –2,08 Sn4+/Sn (WE) +0,05

Al3+/Al (SE) –1,66 Sb3+/Sb (WE) +0,24

Nb3+/Nb (SE) –1,10 Re3+/Re (WE) +0,30

Mn2+/Mn (WE) –1,05 Cu2+/Cu (WE) +0,34

Cr2+/Cr (WE) –0,91 Tc2+/Tc (WE) +0,40

Zn2+/Zn (WE) –0,76 Cu+/Cu (WE) +0,52

Cr3+/Cr (WE) –0,74 Ag+/Ag (Raff) +0,80

Cd2+/Cd (WE) –0,40 Au3+/Au (Raff) +1,42

Au+/Au (Raff) +1,70

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m ¼ M

z � F � I � t ¼ A � I � t ð47Þ

m: elektrochemisch umgesetzte Stoffportion (g); M: molare Masse (g mol–1) ; z:Ladungszahl; F: Faraday-Konstante (96 487 As mol–1); I: Zellenstrom (A); t: Expo-sitionszeit (h); A: elektrochemisches Xquivalent (g Ah–1)Bei technischen Elektrolyseverfahren erreicht man nie die nach dem Gesetz von

Faraday theoretisch errechneten Produktmengen. Daf6r gibt es mehrere Gr6nde:Die Elektrolyse verl'uft wegen Neben- und Folgereaktionen nicht quantitativ in dergew6nschten Richtung. Ein Teil des Stromes wird zur Entladung von Fremdionenverbraucht. Ein weiterer Stromanteil geht als Kriechstrom innerhalb und außerhalbder Zelle verloren, weil der Zellentrog weder gegen seine Elektroden noch gegen dieErde ideal isoliert ist. Andererseits gelingt es nicht immer, die Menge der entstande-nen Elektrolyseprodukte direkt nach Verlassen der Zelle quantitativ zu erfassen. Beinachgeschalteten Trennungs-, Reinigungs- und Isolierungsverfahren treten eben-falls Verluste auf. Daher ist es schwierig, zwischen den verschiedenen Verlustantei-len zu unterscheiden und festzustellen, welche Verlustanteile auf die Elektrolyseselbst entfallen.

Die Stromausbeute 6 ergibt sich zu:

6 ¼mtats€aachlichmFaraday

� 100 ½%� ð48Þ

Der spezifische Energieverbrauch (E) in kWh pro Kilogramm Produkt ist bei einerZellspannung U [V]:

E ¼ U � 100A � 6 ð49Þ

Im Vergleich zur pyrometallurgischen Metallerzeugung weisen die Elektrolysever-fahren z.B. folgende Vor- und Nachteile auf:l oft einzig m�gliches Gewinnungsverfahren f6r manche Metallel hohe Reinheiten durch selektive Abscheidungl wenig Emissionenl geringe Raum-Zeit-Ausbeutel hoher Metallstock im Reaktorl hohe Kosten f6r elektrische Energie

3.5.2

Raffinationselektrolyse

Die Raffinationselektrolyse unterscheidet sich dadurch von der Reduktionselektro-lyse, dass die Anoden l�slich sind. Das Hauptmetall wird anodisch aufgel�st und ka-thodisch wieder abgeschieden. Die unedlen Verunreinigungen reichern sich zu-meist im Elektrolyten, seltener als F'llprodukt im Anodenschlamm an. Die edlerenElemente bilden den Hauptteil des Anodenschlamms. Aus ihm werden durch wei-

593 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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Abb. 38 Schematische Darstellung einer Kupferraffinationselektrolyse [44]

tere Aufarbeitung Silber, Gold oder Platin gewonnen. Somit ist eine Raffinations-elektrolyse nur dann sinnvoll, wenn alle Verunreinigungen ein geringeres elektro-chemisches Potential haben oder aber im Elektrolyten unl�slich sind. Die w'ssrigeRaffinationselektrolyse wird insbesondere bei Cu, Ni, Co, den Edelmetallen und be-dingt auch beim Pb eingesetzt. Großtechnisch ist Kupfer das bedeutendste Metall,welches nach dieser Methode endraffiniert wird (siehe Abb. 38).Die Vorteile der w'ssrigen Raffinationselektrolyse liegen in der Gewinnung sehr

reiner Metalle in einem Verfahrensgang bei vergleichsweise geringem Energieauf-wand. Die elektrochemische Abscheidung ist aber ein langsamer Vorgang. Deshalbsind Platzbedarf und Anlagekosten im Vergleich zu einer pyrometallurgischen Raf-fination hoch. Wenn trotzdem viele Millionen Tonnen Metall auf diesem Wege raffi-niert werden, so ist dies durch die steigenden Reinheitsforderungen bedingt, dienur durch Elektrolyse erreichbar sind [19].

3.5.3

Schmelzflusselektrolyse

Metalle wie K, Na, Mg und Al lassen sich aufgrund ihres unedlen Charakters (Stan-dardpotential negativer als –1,0 V) nicht aus w'ssrigen L�sungen abscheiden. Indiesem Fall werden spezielle Zellen mit fl6ssigem Salz als Elektrolyt benutzt. Dieeingesetzten Schmelzsalze m6ssen eine hohe spezifische Leitf'higkeit und einehohe L�slichkeit f6r die zu reduzierende Metallverbindung haben. Meistens werdenFluoride oder Chloride benutzt und mit Additiven versetzt. Wichtige Aufgaben die-ser Additive sind u.a.:l Erniedrigung des Schmelzpunktes gegen6ber demjenigen des reinen Salzesl Reduktion der Fl6chtigkeit der Halogenidel Absenken der L�slichkeit des gewonnenen Metalls in der Salzschmelzel Verringerung der Grenzfl'chenspannung

60 1 Metalle

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l Beeinflussung der Dichtel Erh�hung der Leitf'higkeit

Die Dichtedifferenz zwischen dem abgeschiedenen fl6ssigen Metall und der Salz-schmelze muss hinreichend groß sein um im Gegenspiel zu der zwischen den bei-den fl6ssigen Phasen bestehenden Grenzfl'chenspannung eine R6ckvermischungund R6ckreaktion zu verhindern und um dadurch eine gute Stromausbeute zu er-reichen. Als unl�sliche Anode wird im allgemeinen Kohlenstoff verwendet. DieSchmelzflusselektrolyse ist wesentlich energieaufw'ndiger als die in w'ssrigerPhase und die Spannung ist wesentlich h�her als die theoretisch aufgrund derfreien Reaktionsenthalpien errechnete, da die Elektrolyse bei viel h�heren Tempera-turen abl'uft. Der Strom wird nicht nur zur Gewinnung des Metalls eingesetzt, son-dern auch zur Erhitzung des Bades durch Ohmsche W'rme.Die Schmelzflusselektrolyse zur Aluminiumherstellung aus Aluminiumoxid ist

das bedeutendste dieser Verfahren. Der Hauptbestandteil des Bades ist Kryolith, dieArbeitstemperatur liegt zwischen 940 und 985 \C. Eine Absenkung gegen6ber demSchmelzpunkt des reinen Kryoliths (1010 \C) wird durch Additive erreicht. Der Koh-lenstoff der Anoden reagiert mit dem abgeschiedenen Sauerstoff des Aluminium-oxids unter Bildung von CO und CO2-Gas. Die theoretisch ben�tigte Spannung zurTonerdezersetzung liegt bei 1,15 V, die Badspannung in der Praxis betr'gt jedochetwa 4,5 V. Eine schematische Darstellung einer Schmelzflusselektrolysezelle ist inAbbildung 39 gezeigt.Die ablaufenden Reaktionen sind im Folgenden angegeben:

Kathodenreaktion:Al3þ þ 3 e� �! Al ð50Þ

Abb. 39 Schematische Darstellung einer Schmelzflusselektrolysezelle [44]

613 Grundlagen metallurgischer Prozesse

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Anodenreaktionen:3 O2� �! 3=2 O2 þ 6 e� ð51Þ

3=2 O2 þ x C �! m CO2 þ n CO (mit m + n = x) ð52Þ

Immer gr�ßere Bedeutung gewinnen elektrochemische Verfahren weiterhin bei derErzeugung von Chlorprodukten (s. auch Chlor, Alkalien und anorganische Chlorver-bindungen, Bd. 3), der Energieumwandlung und -speicherung (s. auch Wasserstoff-Technologie, Bd. 4), der Abwasseraufbereitung sowie im Bereich der organischenSynthese.

4

R ckgewinnung

Die R6ckgewinnung bzw. das Recycling von Metallen ist seit Beginn ihrer Nutzungeine wichtige Rohstoffquelle. Der wirtschaftliche Wert metallhaltiger Abf'lle ausder Verarbeitung und aus gebrauchten Produkten hat es seit jeher lohnend ge-macht, diese im Kreislauf zu f6hren. Heute stehen neben dem wirtschaftlichen In-teresse verst'rkt �kologische Aspekte im Vordergrund. Hierzu geh�ren die Scho-nung von Ressourcen, die Verminderung von Emissionen und Abf'llen sowie dieEntlastung von Deponien [47]. Zunehmend wird das Recycling auch in die Diskus-sion um eine »Nachhaltige Entwicklung« der Metallindustrie einbezogen. Dabei istdie hervorragende Recyclingf'higkeit von Metallen das wichtigste Argument zurNutzung metallischer Werkstoffe. In den meisten F'llen k�nnen Metalle hergestelltwerden, die in ihrer Qualit't den aus Prim'rrohstoffen produzierten v�llig entspre-chen. Metallrecycling ist im Allgemeinen nicht mit einer Verschlechterung der Ei-genschaften verbunden. Dies gilt uneingeschr'nkt f6r Kupfer, Zink und Blei sowieeingeschr'nkt f6r Aluminium und Eisen (s. Tabelle 9).Im Hinblick auf die zur Prim'rerzeugung eingesetzte Energie werden Metalle

auch als Energiespeicher bezeichnet, manchmal sogar als erneuerbare Rohstoffe.Dies trifft insbesondere auf das Leichtmetall Aluminium zu, bei dem sich klare Ein-sparungen bzgl. der elektrischen und fossilen Aufwendungen f6r die Sekund'rer-zeugung im Vergleich zur prim'ren zeigen (Brennstoffbedarf: prim'r: 55,2 GJ pro

Tab. 9 Metallqualit&t bei der R+ckgewinnung der wichtigsten Gebrauchsmetalle

Metalle Raffinationsm)glichkeitim Recyclingkreislauf

Qualit�t desRecyclingmetalls

KupferBleiZink

vollst'ndigvollst'ndigvollst'ndig

wie Prim'rmetallwie Prim'rmetallwie Prim'rmetall

AluminiumEisen und Stahl

nur sehr begrenztnur begrenzt

vermindert*leicht vermindert

Ferrolegierungen Raffination nur im Ausnahmefall stark vermindert

* bei Sortenreinheit wie Prim'rmetall

62 1 Metalle

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Tonne Al, sekund'r: 11,9 GJ pro Tonne Al; Strombedarf: prim'r: 15,4 MWh proTonne Al, sekund'r: 0,47 MWh t–1 [48]). Auch politische Zielsetzungen spielen beider Umsetzung geschlossener Stoffkreisl'ufe und damit bei der R6ckgewinnungeine Rolle. So f�rdert das im Oktober 1994 verabschiedete »Gesetz zur Vermeidung,Verwertung und Beseitigung von Abf'llen« geschlossene Stoffkreisl'ufe. Insbeson-dere mit dem in Artikel 1 enthaltenen »Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz«(KrW-/AbfG) ist diese Forderung manifestiert.Das Metallrecycling kann allgemein in die drei Ebenen Erfassung, Aufbereitung

und Metallurgie unterteilt werden, deren spezifische Mengenstr�me bzw. Metallver-luste f6r Stoffstromanalysen besonders aufschlussreich sind. Die jeweiligen Arbeits-prinzipien und Verfahrensschritte sind mit denen der Prim'rmetallgewinnungmeist identisch. Teilweise werden Recyclingrohstoffe direkt in Prim'rgewinnungs-prozesse eingeschleust. Generell k�nnen in der und f6r die NE-Metallindustrie ver-wertbare Abf'lle entstehen:l innerhalb von metallurgischen Prozessketten (z.B. Salzschlacke der Aluminium-gewinnung, Stahlwerksfilterst'ube),

l innerhalb artfremder Prozessketten (z.B. Filterst'ube der Abfallverbrennung,Schl'mme/L�sungen der Abwasserreinigung) sowie

l nach der Nutzungsphase der erzeugten Produkte (z.B. Metallverbunde, Altbatte-rien, Schrotte).

Eine 1bersicht sowie eine Einordnung g'ngiger stofflich verwertbarer, metallhalti-ger Abf'lle ist nach dem in Tabelle 10 gezeigten Schema m�glich [49].F6r die R6ckgewinnung durch Verwertung metallhaltiger Abf'lle gilt generell:

saubere (metallische) Schrotte mit nur wenigen Komponenten sind wesentlich

Tab. 10 Einordnung metallhaltiger Abf&lle

Metallinhalt Stahl/Eisen NE-Metallechem. Bindung metallisch nichtmetallisch metallisch nichtmetallisch

feste Konsistenz SchrotteSp'neSchleifst'ube

WalzzunderProzessst'ube– Hochofen– Konverter– ElektroofenFormsande

SchrotteSp'neSchleifst'ube

Prozessst'ubeAschenFormsande(Salz)SchlackenKr'tzenSpeisen

Schredderschrotte ElektronikschrotteAltbatterienKatalysatoren

Verpackungsm6ll

fl�ssige Konsistenz Beizl�sungen– chloridisch– sulfatisch

Beizl�sungenWaschw'sser

past�se/thixotropeKonsistenz

Schl'mme– Gasw'sche– Entzunderung

Galvanikschl'mmeRotschlamm (Al)Jarosit-/Goethit (Zn)

634 R�ckgewinnung

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Tab. 11 Einteilung NE-metallhaltiger Recyclingrohstoffe

Herkunft Sorte, Art Verarbeitung

1. Verarbeitungsstufe Neu-/Fabrikationsschrotte,nicht verunreinigt

»internes Recycling«(Umschmelzen)

2. Verarbeitungsstufe undProduktfertigung

Neu-/ Fabrikationsschrotte,leicht verunreinigt, mitFremdmetallanhaftungen

Herstellung von»Blockmetall« sowievon handels6blichenMetallen und vonLegierungen inRecyclingh6tten

Erfassung, Sortierung undZerlegung gebrauchter G6ter

Alt- und Sammelschrott,Shredderschrott

Metallgewinnung, -be-,-verarbeitung und Verwendung

Abf'lle mit oxidischgebundenem Metallinhalt

leichter und besser zu verarbeiten als komplexe metallurgische Schlacken, St'ubeoder Schl'mme mit einer Vielzahl (nicht-)metallischer Komponenten in den ver-schiedensten Bindungsformen. Hieraus ergibt sich die Forderung, Abf'lle m�g-lichst getrennt zu sammeln und getrennt zu lagern. Zusammen mit einer verarbei-tungsspezifischen Einteilung (s. Tabelle 11) der jeweiligen Recyclingrohstoffe l'sstsich damit eine �konomisch und �kologisch sinnvolle Metallr6ckgewinnung ge-w'hrleisten [50].Die durch gezielte R6ckf6hrung erreichbare Energieeinsparung wird erheblich

sein, wenn die Recyclingrohstoffe in metallischer Form vorliegen und zu ihrer Dar-stellung nicht noch einmal Reduktionsenergie aufzubringen ist. Dies trifft generellf6r Schrotte der ersten Verarbeitungsstufe zu. Andererseits k�nnen durch Abfallver-

Tab. 12 Problematische Recyclingrohstoffe bei der Metallr+ckgewinnung

Vorstoff Problem L)sung

Al SonderlegierungenDSD-Fraktion (Duales SystemDeutschland)MVA-Asche(M6llverbrennungsanlagen)Sp'neVerbundwerkstoffeMMC (Metal Matrix Composite)Kr'tzestaub

einzelne St�relementehoher organischer Anteil

starke Vermischung

_lanhaftungunvollst'ndige Trennungfeinverteilte Einschl6sseniedriger Metallgehalt

bisher ungel�stPyrolyse

Wirbelstromscheidungund Dichtetrennung

Sp'netrocknungbisher ungel�stbisher ungel�stEinschleusung in Salz-schlackenaufarbeitung

Cu ElektronikschrottGalvanikschl'mmekunststoffummantelte KabelMVA-Asche

hohe Komplexit'tniedriger Metallgehalthoher organischer Anteilstarke Vermischung

Prim'rkonverterSchachtofenKabelzerlegungWirbelstromscheidungund Dichtetrennung

Zn Verzinkerei-AschenStahlwerksfilterst'ubeHartzink

niedriger MetallgehaltAlkali/Halogenidbelastunghoher Schmelzpunkt

Reduktion, SeigerungLaugungDestillation

64 1 Metalle

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mischung schon durch geringste Mengen Komplexmaterials erhebliche Kosten aufein Unternehmen zukommen.Trotz der unbestrittenen �konomischen und �kologischen Vorteile der Metall-

r6ckgewinnung begrenzt eine Reihe von Faktoren den Aufwand und Nutzen desRecyclings. Dies sind u.a. Mindestmetallgehalte der Recyclingrohstoffe, die Entste-hung von Abf'llen, die Vielzahl der verschiedenen Legierungstypen, eine steigendeAnzahl von Verbundwerkstoffen und die Auswirkungen anwendungsspezifischerWerkstoffbehandlungen auf die erreichbare Metallqualit't. Ungeachtet des hohenRecyclingpotenzials metallischer Werkstoffe lassen sich somit auch Grenzbereichebei der R6ckgewinnung identifizieren (s. Tabelle 12).

5

Verarbeitung

Die Verarbeitung der von den H6tten bzw. Umschmelzwerken erzeugten Metalleerfolgt h'ufig in zwei Stufen, von denen die erste zu Halbzeug (B'nder, Bleche,Rohre, Profile, Stangen, Dr'hte) und die zweite zu Fertigteilen f6hrt. Die wirt-schaftliche Herstellung von Standardhalbzeug in großen Mengen wird wie beimStahl zunehmend auch bei den anderen Gebrauchsmetallen im Verbundbetriebmit den H6tten durchgef6hrt. Im Bereich der wichtigen Nichteisenmetalle wer-den dabei vielfach mit kontinuierlichen Gieß/Walz-Verfahren Dr'hte und B'nderin großen Aderl'ngen hergestellt. Beim kontinuierlichen Stranggießen gr�ßererQuerschnitte wurden die aus dem h�heren Schmelzpunkt und anderen thermo-physikalischen Eigenschaften der St'hle herr6hrenden Schwierigkeiten 6berwun-den. Anlagen hoher Durchsatzleistung, die dem Takt der Stahl-Konverterprozesseangepasst sind, vergießen mit weiter steigender Tendenz (2002: 88,4% der Welt-rohstahlproduktion [51, 52]) fl6ssigen Stahl im Stranggussverfahren zu Bram-men sowie Block-, Kn6ppel- und Formquerschnitten. Unter Umgehung der kon-ventionellen Blockbrammenwalzung schließt sich das Warmwalzen zu Blech,Band und Draht an (s. Abb. 40). Xhnlich, jedoch mit geringeren Mengenleistun-gen, verl'uft seit langem praktisch die gesamte Fertigung von Halbzeug derwichtigsten NE-Metalle, sofern nicht Gieß/Walz-Verfahren verwendet wer-den [53].Generell l'uft die Verarbeitung zu Halbzeug 6ber das Schmelzen und Gießen

und die Warm- und Kaltumformung, letztere meist mit zwischengeschalteten Gl6h-behandlungen, ab. Einwandfreie Oberfl'chen werden durch Sandstrahlen, Fr'sen,Sch'len, Beizen und Polieren nach verschiedenen Fertigungsschritten erzeugt.Richten und Schneiden (L'ngs- oder Querteilen) f6hren zu den Fertigformaten. DieWarmumformung umfasst bei der Halbzeugfertigung das Band- und Drahtwalzen,Profilwalzen, Strangpressen und Schmieden. Die Kaltumformung umfasst im We-sentlichen das Kaltwalzen (Band, Blech, Rohre) und Ziehen (Stangen, Rohre,Draht). Die Einhaltung der geforderten Geometrie (Makro- und Fehlergeometrie)6ber Querschnitt und L'nge des Halbzeugs wird durch die Umformverfahren unterweitgehender Ber6cksichtigung der orts- und zeitabh'ngigen Xnderungen von Posi-

655 Verarbeitung

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Abb. 40 schematische Darstellung zur Prozesskettenverk+rzung durch kontinuierlicheGießverfahren [54]

tion und Gestalt der Werkzeuge erreicht und mittels zerst�rungsfreier Pr6fverfah-ren in der Fertigungslinie 6berwacht.Zum Erzielen bestimmter Eigenschaften spielen W'rmebehandlungen eine

große Rolle. Bei kontinuierlicher Halbzeugfertigung strebt man an, gesonderte W'r-mebehandlungsschritte wegen der damit verbundenen Kosten zu vermeiden undz.T. verbesserte Eigenschaften durch geeignete Kombination von z.B. Walztempera-tur, Abwalzgrad und gesteuerter Abk6hlung einzustellen. H'ufiger schließt sicheine weitere Veredelung des Halbzeugs an, z.B. eine Band- und Drahtverzinkungoder Plattierung von Stahl oder eine anodische Oxidation von Aluminium (sieheSchutz von Metalloberfl'chen, Bd. 6b, Abschnitte 6.3.1, 6.3.2.8 und 6.7).Beim Formgießen (Sandguss, Kokillenguss, Druckguss, Squeeze Casting, Thixo-

forming) und auch beim Formschmieden (besonders Gesenkschmieden) versuchtman, die fertige Gestalt eines kompliziert geformten Werkst6ckes in einem Schrittm�glichst weitgehend zu erreichen. Das Ausmaß der mechanischen Nachbearbei-tung h'ngt von der Genauigkeitsanforderung ab. Als Formgusswerkstoffe findenvorzugsweise eutektisch oder naheutektisch kristallisierende Legierungen Verwen-dung. Die Bedeutung der Pulvermetallurgie als weitere Fertigungstechnik zur direk-ten Erzeugung von Fertigteilen nimmt zu.Standardmethoden der Metallverarbeitung sind die spangebende Bearbeitung

durch Drehen, Bohren, Fr'sen, Hobeln, Honen, Schleifen, L'ppen und die spanloseUmformung wie Abkanten, Tiefziehen, Fließdr6cken sowie die Verbindungstechni-ken wie Schweißen, L�ten, Kleben und Beschichten.

66 1 Metalle

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676 Literatur

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