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Die Bestimmung der Polydispersitgt von Nitrozellulosen aus der S t r iimung sdoppelbrechuny von R. Signer und H. W. Liechti Institut fur allgemeine und spezielle organische Chemie der Unniversitat Bern Eingegangen am 19. Januar 1948 Schon bei den ersten systematischen Untersuchungen an synthetischen und natiirhhen hochpolymeren Stoffen zeigte sich, daB fast in jeder der- artigen S~ubstanz Molekule des gleichen B a u p M p s , a h von sehr ver- schiedener G r o h Morliegen'. Eine rawhe quantitative Bestimmung der Polydispersitat, besondas bei Stoffen hohen mittleren Molekulargewi&ts, ist dagegm auch h a t e no& nicht ausgearbeitet. Die Bedeutung der Poly- dispersitiitsanalyse in der wissenschaMchm Erforschung der hochmole- kuhren Stoffe uncl bd der Entwicklung von technischen Polymerisaten erklart die zahlreidmn neueren Bemuhungen ZUT Ermittlung des Molekul- bastandas z. In den letzten Jahren wurde an verschiedrenen Stellen beobachtet, dal3 Losungen, w ae zwei ganz vwsdziedene Teilchensorten mthalten, in der Strornungsdqpdboxchumg charaktenistisdre Effekte atheism s. Ch. 1 H. Staudinger, B. 69, 3019 (1926). 2 Polydispersitatsbestimmung durch Fraktionierung: G. V. Schulz, Z. physikal. Chem. B 32, 27 (1936); R. Signer und J. Liechti, Helv. 21, 530 (1938); J. Valyi, A. G. Janssen und H. Mark, J. of Physical Chem. 49, 461 (1945); R. L. Mitchell, hid. and Eng. Chem. 38, 843 (1946). Polydispersitltsbestimmung durch Sedimentation mit der Ultrazentrifuge: R. Sig- ner und H. Gross, Helv. 17, 726 (1934); N. Graldn, Diss. Uppsala 1944; P. 0. Kinell. Acta chem. Scand. 1, 335 (1947). Polydispersitatsbestirnrnung durch Diffusion: N. Graldn, Koll. Z. 95, 188 (1941). Polydispersitatsbestimrnung durch fraktionierte Diffusion oder fraktionierle Filtration: T. Svedberg und B. RLnby, Naringsliv och Kultur, Stockholm 1945. 3 Ch. Sadron und H. Mosimann untersuchten folgende Mischungen: a) Molekular und micellar dispergierte Acetylzellulosen in Cyclohexanon. b) Methylzellulose und thymonukleinsaures Natrium in Wasser. J. Phys. et le Radium 9, 384 (1938); W. Feitknecht, R. Signer und A. Berger untersuchten Nickelhydroxydsole mit sehr 267

Die bestimmung der polydispersität von nitrozellulosen aus der strömungsdoppelbrechung

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Die Bestimmung der Polydispersitgt von Nitrozellulosen aus der S t r iimung sdoppelbr echuny

von R. Signer und H. W. Liechti

Institut fur allgemeine und spezielle organische Chemie der Unniversitat Bern Eingegangen am 19. Januar 1948

Schon bei den ersten systematischen Untersuchungen an synthetischen und natiirhhen hochpolymeren Stoffen zeigte sich, daB fast in jeder der- artigen S~ubstanz Molekule des gleichen B a u p M p s , a h von sehr ver- schiedener G r o h Morliegen'. Eine rawhe quantitative Bestimmung der Polydispersitat, besondas bei Stoffen hohen mittleren Molekulargewi&ts, ist dagegm auch h a t e no& nicht ausgearbeitet. Die Bedeutung der Poly- dispersitiitsanalyse in der wissenschaMchm Erforschung der hochmole- kuhren Stoffe uncl b d der Entwicklung von technischen Polymerisaten erklart die zahlreidmn neueren Bemuhungen ZUT Ermittlung des Molekul- bastandas z.

In den letzten Jahren wurde an verschiedrenen Stellen beobachtet, dal3 Losungen, w a e zwei ganz vwsdziedene Teilchensorten mthalten, in der Strornungsdqpdboxchumg charaktenistisdre Effekte a t h e i s m s. Ch.

1 H. Staudinger, B. 69, 3019 (1926). 2 Polydispersitatsbestimmung durch Fraktionierung: G. V. Schulz, Z. physikal.

Chem. B 32, 27 (1936); R. Signer und J. Liechti, Helv. 21, 530 (1938); J. Valyi, A. G. Janssen und H. Mark, J. of Physical Chem. 49, 461 (1945); R. L. Mitchell, hid. and Eng. Chem. 38, 843 (1946).

Polydispersitltsbestimmung durch Sedimentation mit der Ultrazentrifuge: R. Sig- ner und H. Gross, Helv. 17, 726 (1934); N. Graldn, Diss. Uppsala 1944; P. 0. Kinell. Acta chem. Scand. 1, 335 (1947).

Polydispersitatsbestirnrnung durch Diffusion: N. Graldn, Koll. Z. 95, 188 (1941). Polydispersitatsbestimrnung durch fraktionierte Diffusion oder fraktionierle

Filtration: T. Svedberg und B. RLnby, Naringsliv och Kultur, Stockholm 1945.

3 Ch. Sadron und H. Mosimann untersuchten folgende Mischungen: a) Molekular und micellar dispergierte Acetylzellulosen in Cyclohexanon. b) Methylzellulose und thymonukleinsaures Natrium in Wasser. J. Phys. et le Radium 9, 384 (1938); W. Feitknecht, R. Signer und A. Berger untersuchten Nickelhydroxydsole mit sehr

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R. Signer und H. W. Liechti

Sadron stellte &n 1938 cine Theorie dm Stromungsdoppelbrechung polydispewer Losungen auf.

Vor Jahrern w d m , im hiesigen Laboratorium Nikrozellulosefraktionan v erschiedenen Molekulargewichts durch mehrfache Fraktioniemg heirge- stellt5. Mit diesen Praparaten konnte die Frage gepriift wmdm, wie ernpfindlich die Stromungsdoppelbrechung die Polydispersitiit anzeigt, wenn in &m Losung Teilchen des gleichen Bauprinzips, abm von ver- schiedener GroDe vorliogm. Hierzu stellten wir Mixhungen dm dnzehen Fraktionen her und mtmsuchten die Doppelbrechung und &n Orientienungs- winkel der Losungwz b d vaschiedenen 5tromungsgradimten G.

In Tabelle 1 slid Zusammensetzung und Viskositat von Mischungen am Fraktionen mit den mittleren Molekulargewichten 72000 und 255000 enthaltens.

Tabelle 1. Zusammensetzung von Ltisungen der Nltrozellulosen der Molekulargewiehte 72 000 und 255 000 in Butylaeetaf

Bezeichnung der Losung

g Nitruzellulose in Liter Losung TSP

M. G. 72 000 11. G . 255 000

1,s 9,G

27,o 7G,2

147,O

Figur 1 zeigt die Orientiaungswinkel der Losungen A-E dm Tabelle 1. Wenn nur eine Fraktion in der Losung enthalten ist (Losungen A und E),

tritt eine Orientiemgswinkelkurve auf, wie man sie bei fraktionierten Produkten aus Kettenmolekiilen seit langem kennt '. kleinen und micellar aggregicrten Teilchen. Koll. Z. 101, 12 (1942); H. Signer und W. Meyer untersuchlen gereifte Viskoselosungen mit molekular und micellar dispergierter Zellulose. Helv. 28, 325 (1915).

4 J. Phys. et le Radium 9, 381 (1938). 5 Diss. W. Fivian, tlber die Herstellung polyrnerhornologer Zellulosenitrate.

Bern 1930. 6 Die Molekulargewichte sind aus der Viskositiit verdiinnter Losungen unter

Verwendung cines K, = 1,4 * 10-3 berechnet. Unmitlelbar nach der Herstellung, d. h. etwa 5 Jahre vor der vorliegcnden Untersuchung, waren die Molekulargewichtc 10-50 '/a hoher.

7 H. Signer, Z. physikal. Chern. A 150, 257 (1930); R. Signer und 11. GroB, 2. physikal. Cliem. A 165, 161 (1933); Diss. A. Wissler, Bestirnmung der Form geliister Makromolekiile mit Hilfe der Stromungsdoppelbrechung. Bern 1941. Slrornungsdoppelbrechungsmessungen, ausgefiihrt in1 Laboratorium von Prof. Ch. Sadron, Strasbourg.

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nie Bestimmung d. Polydispersitat v. Nitrozellulosen a. d. Strornungsdoppelbrednulg

5000 loo00 15000 20000

Figur 1. Orienticruiigswinkcl II/ der Liisungen A-E der Tsbelle 1 in Abhiingigkeit des Slriirnungsgradienten G .

Alle Losungen mit zwei Fraktionen zeigen mit steigendem Gradient erst einen Anstieg, dann einen Abfall und nochmals einen Anstieg des Orien- tierungswinkels. Dieses Verhalten entspricht der Theorie von Sadron. Beachtenswert ist die Tatsache, daO schon eine Beimengung von 2 O o / o einer zweiten Kompoaente so ausgepragte Maxima und Minima in der Orientierungswinkelkurve zur Folge hat.

Die Doppelbrechung ny-na wird durch die Polydkpemitat weniger charakteristisch verandert als der Orientierungswinkel. Aus Figur 2 ersieht man, da(J die Losungen mit zwei Komponenten im Vergleich zu den einkomponentigen niedrige. Anisotropie aufweisen.

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Fig. 2. Doppelbrechung "7 - n n dcr LBsungen A -I< der Tabclle 1 in .$bhingigkcit des Stro~~iUngSgradienlCn G .

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Auch mit Nitromlldmefraktionen anderer Molekulargavichte wurden zwei- und dreikompnentige Mischungen hergestellt. Es a g a b sich ein analoges Bild., Jede Komponente aul3ert sich deutlich in der Orienltierungs- winkelkurve, auch wenn de in kleiner Menge einer andern Komponente beigemischt wird und auch clam, we^ die mittlmen Mdekulargewichte der Kompomten nuzt etwa 50 O / o voneinander vm&eden sind. Eine aus- fuhrlichme Beschxeibung der Ergebnisse findet sich an andmer Stellea.

Bei dm Sedimentation in der Ultrazentrifuge zeigen die Nitrozellulosen f o l g e n k Verhalteng. In sehr verdunnten Losungen von 1-2 g im Liter ist die Sedimentatiomgeschwindigkeit stark vom Molekulargewicht ab- hangig. Aber s b n in einer Konzentration von 5 g im Liter &entieren Fraktionen rnit den Mdakulargewichten 30 000 bis 600 000 nahezu gleich rasch. In dieser Konzentratim kann also das Seclimentatiomdiagramm keine Anhaltspunkte ubar die Pdyclispersitat mehr geben lo. ,Gleich konzen- trierte Losungen derselben Nitrozellulosen geben aber im Orientisrungs- winkel dm Stromungsdoppelbrechmg noch sichere Anhaltspunkte uber die Unterschiede in den MolekiilgroBen. Bei der translatorischen Bwegung von Kettenmolekulen vms&edmm Masse im Sdmentatiomversuch tritt also e h e Differenzierung der einzelnen Teilchen vie1 weniger ein als bei der Rotatiombewegung im laminaren Strijmungsfeld. Dies0 Beobachtung ver- anlal3t uns, die Polydwpersitatsbestimmung durch Stromungsdoppel- b r d u n g waiter auszubauen. Wir envarten, dal3 man a d Messungen an verdunnteren Losungen die von Sadron abgeleiteten Formeln anwenden konnw und dafl sichi dab& die Polydisperdtat qwti ta t iv bmtimmen lasse.

8 Diss. H. W. Liechti, Bern 1946; R. Signer und H. W. Liechti, J. Chim.

9 M. Mosimann, Helv. 26, 64 (1942). Physique 44, 58 (1947).

10 Ahnliche Beobachtungen aurden schon einige Jahre friiher bei der Sedimen- tation von Polystyrolen in der Ultrazentrifuge gemacht. R. Signer und H. Gross, Ilelv. 17, 59 und 726 (1934).

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