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L. Wohler ulzd Ph. Balx. Die Chioride des Ruthe.nizlms. 41 1 Die Chloride des Rutheniums. Von LOTHAR WOHLER und PH. BALZ. Mit 1 Figur im Text. Die kontinuierliche Valenzreihe eines Metalls erhalt man, wie bereits fruher erlautert wurde, wenn bei der Bildung der ersten Stufe mehr freie Energie zu gewinnen ist, als bei der zweiten usw. 1st der Unterschied gering, so bedarf es zur praparativen Darstellung der scharfen EinhaItung der schmalen Bestandigkeits-Temperaturgrenzen. Wird die fruhere Stufe aber mit weniger freier Energie erreicht als die folgende, so entsteht die erste nioht, zerfallt vielmehr, wenn sie durch gekuppelte Reaktion, Temperaturwechsel oder sonstwie sich bilden konnte, freiwillig in ihre Seitenstufen, und man hat dann die ,,springende" Valenz. Zur praparativen Darstellung der Einzelstufen von Ruthenium und Chlor durch Abbau muate die Tension des 3-Chlorids bestimmt werden. Aus Metall und Chlor durch Erhitzen entsteht nimlich - wie vorausgeschickt sei - nur Trichlorid, das JOLY~) aus 8-Oxyd und konz. Salzsaure darstellte, CLAUS~) aus Salzsaure und unreinem 4-Oxydhydrat - das er wegen dieser Reaktion irrtumlich fiir 3-Oxydhydrat hielt. - GUTBIER und TRENKNER~) gewannen es durch Eindampfen von reduzierter Chloridlosung mit Salpetersaure, nur KRAUSS4) hat es ganz kiirzlich erst auf trockenem aber umstand- Iichem Wege gewonnen, namlich aus 8-Oxyd und Chlorwasserstoff, beides trocken und in Dampfform, sowie aus 3-Oxydhydrat und Salzsauregas. Die von JOLY~) angegebene spatere Methode, unter der merkwiirdigen Zuhilfenahme von Kohlenoxyd das Metall zu 3-Chlorid zu chlorieren, ist jiingst mehrfach6) angezweifelt worden, ist aber dennoch zutreffend, wenn auch das Kohlenoxyd unnotig ist. 1) Compt. rend. 107 (1888), 994. 2, Pogg. Ann. 66 (1845), 219. 3) 8. anorg. Chem. 45 (1905), 174. 4, 8. unorg. u. allg. Chem. 136 (1924), 72. 5, Compt. rend. 114 (1892), 291. ") Z. anorg. u. allg. Chem. 137 (1924), 32; vgl. a. weiter unten.

Die Chloride des Rutheniums

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L. Wohler ulzd Ph. Balx. Die Chioride des Ruthe.nizlms. 41 1

Die Chloride des Rutheniums. Von LOTHAR WOHLER und PH. BALZ.

Mit 1 Figur im Text.

Die kontinuierliche Valenzreihe eines Metalls erhalt man, wie bereits fruher erlautert wurde, wenn bei der Bildung der ersten Stufe mehr freie Energie zu gewinnen ist, als bei der zweiten usw. 1st der Unterschied gering, so bedarf es zur praparativen Darstellung der scharfen EinhaItung der schmalen Bestandigkeits-Temperaturgrenzen. Wird die fruhere Stufe aber mit weniger freier Energie erreicht als die folgende, so entsteht die erste nioht, zerfallt vielmehr, wenn sie durch gekuppelte Reaktion, Temperaturwechsel oder sonstwie sich bilden konnte, freiwillig in ihre Seitenstufen, und man hat dann die ,,springende" Valenz.

Zur praparativen Darstellung der Einzelstufen von Ruthenium und Chlor durch Abbau muate die Tension des 3-Chlorids bestimmt werden. Aus Metall und Chlor durch Erhitzen entsteht nimlich - wie vorausgeschickt sei - nur Trichlorid, das JOLY~) aus 8-Oxyd und konz. Salzsaure darstellte, CLAUS~) aus Salzsaure und unreinem 4-Oxydhydrat - das er wegen dieser Reaktion irrtumlich fiir 3-Oxydhydrat hielt. - GUTBIER und TRENKNER~) gewannen es durch Eindampfen von reduzierter Chloridlosung mit Salpetersaure, nur KRAUSS4) hat es ganz kiirzlich erst auf t rockenem aber umstand- Iichem Wege gewonnen, namlich aus 8-Oxyd und Chlorwasserstoff, beides trocken und in Dampfform, sowie aus 3-Oxydhydrat und Salzsauregas. Die von JOLY~) angegebene spatere Methode, unter der merkwiirdigen Zuhilfenahme von Kohlenoxyd das Metall zu 3-Chlorid zu chlorieren, ist jiingst mehrfach6) angezweifelt worden, ist aber dennoch zutreffend, wenn auch das Kohlenoxyd unnotig ist.

1) Compt. rend. 107 (1888), 994. 2, Pogg. Ann. 66 (1845), 219. 3) 8. anorg. Chem. 45 (1905), 174. 4, 8. unorg. u. allg. Chem. 136 (1924), 72. 5, Compt. rend. 114 (1892), 291. ") Z. anorg. u. allg. Chem. 137 (1924), 32; vgl. a. weiter unten.

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Das komplexe und aersetdiche 4-Chlorid ist nicht beslandig und geht freiwillig in Rutheniumtrichlorid uber, selbst beim Ein- dampien in einer Chloratmosphare, so daB sein Chlordruck bei 1000 groBer als eine Atmosphare ist. Auch mit flussigem Chlor iin zu- geschmolaenen Rohr lieB sich selbst feinstverteiltes Iluthentrichlorid nicht hoher chlorieren, weder bei 50°, also bei 15 A h . , in 14 I'agen, noch bei 15O, also 5 Atm., in 2 Monaten. Niedere Chloride 2- und I-wertigen Rutheniums entstehen bei direkter Chlorierung des Metalls nicht.

Nur bis 752O hinauf konnte der Chlordruck - von 529 mm - aniiahernd von uns bestimmt werden, da die Sublimation des 3-Chlorids mit steigender Temperatur so stark wachst, daB die Ilisso- aiationstension getriibt, ihre p/t-Kurve in logarithmischer Darstellung daher statt der erwarteten Geraden einer Hyperbel ahnlich wird. Sie entsteht durch Kombination der beiden Geraden als logarith- mischem Ausdruck zweier verschiedener Vorgange, der Dissoziation nnd der Sublimation, welch letztere erst bei hoherer Temperatur in Erscheinung tritt. Je nach dem Verteilungsgrade wird aber auch die Geschwindigkeit der Sublimation wachsen, so clal3 man auch wechselnde Werte bei den hoheren Temperaturen erhalten kann, und uberhaupt nur unterhalb etwa 700° die gefundenen Zahlen ein- deutig sind. Durch Extrapolation der Druckkurve ergibt sich dem- gemais schon bei etwa 770° als Gesamtdruck 1 Atmosphare, wahrend im schnell stromenden Chlorgase einer Atmosphare begreiflioher- weise erst oberhalb, namlich bei 842O die Chlorierungsgrenm er- scheint. Die Methode und Apparatur der statischen Messungen war im allgemeinen die von L. WOHLER und GRUNZWEIG~) beschriebene Puffermethode mit einem Phosphorsaurefaden als Druckindikator. Einselheiten der Stromungsmethode finden sich in der Dissert a t' ion des einen von uns.2) Das Chlor aus dem Stahlzylinder muB frei yon Sauerstoff sein, da, wie jiingst von uns beschrieben, 3-Chlorid mit Sauerstoff leicht und quantitativ schon oberhalb 300° in 4-0xyd iibergeht .

Bestimmt wurde das Chlor im Chlorid durch Reduktion beim Erhitzen in Wasserstoff, der kalt durch Kohlendioxyd vor der Wagung wieder verdrangt wurde. Der entwickelte Chlorwasser- stoff wurde zur Kontrolle in vorgelegter Natronlauge absorbiert und als Chlorsilber bestimmt. Berechnet wurde stets nur auf die

l) Ber. d. deutschen. Chem. Ges. 46 (1913), 1587. *) PH. BALZ, Darmstadt 1923, Manuskript S . 3ff.

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Summe von Chlor und reinem Metall, und nur Wasser oder etwaige Verunreinigungen wurden auf die angewandte Substanz bezogen.

Das aus 8-Oxyd und konz. Salzsaure durch Eindampfen erhaltene braune Kornplexchlorid wird beim Trocknen unter Wasser- und Salzsaureabspaltung blaugriin bis schwarz, bleibt aber hygroskopisch und wird an feuchter Luft wieder griin, schlieBlich braun. Es ist komplexes 3-Chlorid : gefunden 48,54O/,, berechnet fiir RuC1, 48,850/, Ruthenium. GroRere Mengen Salzsaure enthalt es aber nicht. Bis SOOO hinauf gibt es im Chlorstrom kein Chlor ab. Seine Fliichtigkeit beginnt aber schon bei 500O; bei 700° gingen von 'I2 g 200/o in 30 Mi- nuten fluchtig. Bei 865O war es zersetzt, und nach 3 Minuten war so vie1 Chlor abgegeben, daB etwaiges 1-Chlorid sogar schon teilweise aer- setzt sein muate; die Halite der Substanz war aber in der kurzen Zeit sublimiert. Angewandt 0,1660 g; im Ruckstande war Chlor 0,0276 g, Ruthenium 0,1384 g, d. i. 83,40/, Ruthenium, ber. fur RuCl : 74,7°/0.

Hiernach 1aRt sich im Einklang mit der Erfahrung noch bei SOOO reines 3-Chlorid im Chlorstrorn gewinnen aus feinverteiltem, samtschwarzem Metall, das man aus Natriunlrutheniumchloridl) durch Reduktion im Wasserstoff bei 4000 und Auswaschen erhalt. Ist das Metall nicht rein, so muB es auf dem Wege uber 6-Oxydsalz und durch Sublimation des erhaltenen 8-Osyds gereinigt werden. Mehrmaliges abwechselndes Chlorieren und Reduzieren vergrOBert die Feinverteilung des Metalls, wie schon von L. WOHLER und STREICHER 2, an den Iridiumchloriden gezeigt worden ist. Schon bei 400° war in 5 Minuten g des fein verteilten Metalls nahezu vollig chloriert. Auch nicht gerade sehr fein verteiltes Metall wird bei 700--800° in weniger als einer halben Stunde quantitativ chloriert, ohne daB der Chlorgehalt selbst nach 16 Stunden noch weiter ver- sndert wurde. Viele Analysen sind in der Dissertation BALZ angegeben.

Bei 840° wird im geschlossenen Rohr, wie an der Druckverminde- rung beobachtet wird, noch Chlor aufgenommen, nicht mehr bei 845O. Um die Chloraufnahme bei der Abkuhlung infolge Versuchs- unterbrechung zu vermeiden, wurde das Produkt im Tetrachlor- kohlenstoff abgeschreckt. Wasser zersetzt das hei5e Chlorid unter Oxydbildung. Damit wurde festgestellt, da5 bei 840° 3-Chlorid im Chlorstrorn noch kein Chlor verliert, bei S450 aber schon in 20 Mi- nuten seinen Chlorgehaft bis auf 501, vermindert hatte. Metall hin-

1 ) aus Metall und Natriumchlorid bei 7000 im Chlorstrom damtellbar. 2, Ber. d. deutschen Chem. CTes. 46 (1913), 1577.

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gegen chlorierte sich bei 840, in 20 Minuten bis zum Gehalt von 42,4O/, C1 (RuC1,: 51,1°/,), bei 845, wurden nur noch 5,5O/, sauf- genommen, wohl infolge ungenugenden Abschreckens.

Die bestimmten Druckpnnkte des Dissoziationsversuchs sind in der folgenden Tabelle aufgefuhrt. Es versteht sich, daB bei samtlichen Tem-

Fig. 1. Tension von Ru-3-chlorid.

peraturen Gleichgemicht festgestellt ist, das aber, wie erwahnt, oberhalb etwa 700, nicht mehr eindeutig ist, so daB den Drucken hoherer Tempe- raturen nach dieser Methode keinerlei Bedeutung zukommt. Auch kann man leicht andere niedere Drucke irrtumlich dadurch erhalten, daB das 3-Chlorid zu schnell und vollig fortsublimiert an Stellen niederer Temperaturen, denen dann die beobachteten Tensioneri zu- zuschreiben sind. In dem angefugten Schaubild Fig. 1 sind sie zu

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einer Kurve angeordnet und gleichzeitig die Logarithmen der Drucke in Abhangiglieit von der Temperatur, welche normalerweise eine Gerade darstellen so1lten.l) Die Temperaturen wurden wegen des angreifenden Chlors auBerhalb des Reaktionsrohres gemessen zwischen Porzellanrohr und Heizrohr des Heraeus-Ofens.

Produkt 1 und 4 waren schwarzes kristallisiertes, bei 600° aus Metal1 im Chlorstrom gewonnenes 3-Chlorid mit 47,5 bzw. 49,6O/, C1 (ber. fur RuC1, 51,1°/,); Produkt 3 war nach Vorschrift von HOWE, HOWE und OGBURN~) durch 25 Minuten langes Chlorieren unter Zusatz kleiner Mengen Kohlenoxyd bei 4000 erhalten, hatte 46,l O/,, C1 und keinen Kohlenstoffgehalt, war aber im Gegensatz zu 1 und 4 in 50°/,igem Alkohol mit blauer Farbe ziemlich stark loslich. Es war amorph und von braunschwarzer Farbe. Produkt 2 war ebenfalls amorph braunschwarz mit einem Stich ins Grune und wurde wie Produkt 3 auch bei 400, durch kurzzeitiges Chlorieren, aber ohne Zusatz von Kohlenoxyd erhalten. Es hatte nur 35,5O/, C1 und war in 50°/,igem Alkohol gleichfalls teilweise mit blauer Farbe loslich.

DaB die Dissoziationsdrucke aller vier Produkte auf einer und derselben Kurve liegen, zeigt mit groBer Wahrscheinlichkeit ihre Identitat, so daB auch das mit Kohlenoxydzusatz erhaltene Produkt 3 vermutlich ebenfalls 3-Chlorid, nicht etwa 2-Chlorid ist.

Wenn aber 2-Chlorid und l-Chlorid bestandig sein sollten, so ist ihr Gebiet auf zusamnien 5" beschrankt, und daher ihre Ilar- stellung aus den Komponenten zurzeit unmoglich.3) Der vollstandige statische Abbau, der ihren Nachweis ermoglichen wurde, verbietet sich durch die grol3e Fluchtigkeit des 3-Chlorids. Es ist aber wenigstens in einem weiteren statischen Versuch feinverteiltes Metal1 in einem

Vgl. z. B. WORLER und GUNTITER, 2. Elektrodem. 29 (1923), 276.

In der w.cil3rigen blauen Losung ist ein 2-Chlorid noch fragliclier Zusammen- setzung von REMY (2. nnorg. u.. allg. Chem. 113 (1920), 229) mit groRer Wahr- scheinlichkeit nachgewiesen und seine Wertigkeitsstufe jungst auch von HOWE, HOWE a. OGBURX (1. c.) bestatigt.

2, Journ. Americ. Chern. Soc. 46 (1924), 335.

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zweiten Schiffchen neben 3-Chlorid erhitzt worden, urn durch einen fes t zustellenden Druckriickgang infolge Bildung etwaiger niederer Chloride deren Existenz zu erweisen. Nach 24 Stunden war aber bei 700° der Druck vollig konstant geblieben und identisch mit dem Druck des metallfreien 3-Chlorids. Auch bei der verminderten Temperatur von 460° und erneuter Steigerung auf 760° war in 24 Stunden kein anderer Druck als der des 3-Chlorids zu beob- achten. Nun sind die beobachteten Drucke allerdings, wie erwahnt, nicht eindeutige Chlordrucke. Das geb l i ebene Metall war aber auch unverandert, nur hatte es sich zum Teil verfliichtigt, das Schiffohen mit dem 3-Chlorid aber zeigte neben schwarzem Chlorid etwas Metall, das infolge des hohen Sublimationsdruckes und der dadurch bedingten Unterschreitung des Zersetzungsdrucks bei der Hochsttemperatur von 760° entstanden war. Das Verhaltnis des Chlors des im Schiffchen zuruckgebliebenen 3 - Chlorids zum Gesamtrnetall war schliel3lich annahernd das von Ruthenium-1-Chlorid geworden, ohne daB aber der Gesamtdruck des 3-Chlorids, wie erwahnt, verandert war.

Auch wenn man in der mit Chlor gefullten Apparatur die 3fache Nenge feinverteilten Ruthenium reagieren liel3, als zur Bildung von 3-Chlorid erforderlich war, war dennoch der hier eindeutige C hlor- druck bei 530° nach 12 Stunden nur auf den des 3-Chlorids gesunken, nicht etwa auf einen niedrigeren, und das chlorierte I?rodukt neben unversndertem Metall war homogen.

Jiingst haben nun HOWE, HOWE und OGBURN (1. c.) angenommen, dsB in dem unter Kohlenoxydzusatz bei 400° nach JOLY~) ohlo- rierten Produkt aus Metall das 2-Chlorid als solches vorhanden ist, das sie in dem blauen Auszug des Produktes mit verdiirintem Alkohol auch nachgewiesen haben. Es ist aber schon vermerkt worden, dai3 sus dem kurzzeitigen Chlorierungsprodukt bei 400° auch ohne Ko hlen- oxydzusatz sich durch verdunnten Alkohol ein Teil mit blauer E‘arbe uusziehen l&Bt, andererseits aber aus Metall und Chlor bei dieser Temperatur nur 3-Chlorid entsteht, das etwaige Existenzgebiet von 2- und I-Chlorid, wenigstens in stromendem Ohlor, so klein ist, daI3 es pmktisch nicht faBbar wird. So liegt es nahe, die Bildung von blauer 2-ChloridlGsung auf die reduzierende Wirkung des Alkohols zuruckzufuhren, und in der Tat hat KRAURS (1. c.) jiingst nach- gewiesen, daD gelostes 3-Chlorid durch Alkohol zur blauen Lbsung reduziert wird.

Freilich haben wir festgestellt, daB bei 600° chloriertes kristalli- Conipt. mad. 112 (1892), 291.

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sierles 3-C'hlorid in verd. Alkohol nicht loslich ist und ebensowenig cias bei G O o im Vakuum soweit dissoziierte 3-Chlorid, daB es seiner Zusammensetzung nach - n i t 43,9% C1 (ber. fur RuC1,: 41,1°/0) - schon wesentlich 2-Chlorid war. Bei 400°, der Darstellungstemperatur nach HOWE, HOWE und OGBURN, 1aBt sich 3-Chlorid wegen zu ge- ringen Chlordrucks noch nicht dissoziieren. Es wurde daher versucht, die Chloridreduktion durch den Alkohol quantitativ zu verfolgen, nachdem der Geruch von Aldehyd bei der Extraktion des bei 400° erhaltenen Chlorierungsproduktes - ob mit oder ohne Kohlenoxyd - subjektiv nachgewiesen war.

Ein aus Metal1 bei 385O in reinem Chlor erhaltenes Chlorid n i t 40,5O/, C1 verlor beim Ausziehen mit 50°/,igem Alkohol in einem Tage 3,3% Chlor, was einer Reduktion von des gesamten 3-Chlorids zu 2- Chlorid entspricht. Das einfache Herauslosen ursprunglichen 2-Chlorids durch Alkohol hatte aber im Gegenteil eine Erhohung des Chlorgehaltes im Ruckstand erkennen lassen mussen. Als ein anderer Teil der gleichen Substane mit dem Alkohol 1 Stunde lang im Kohlendioxyd- strom am RuckfluBkuhler erhitzt wurde, lieB sich der entweichende Aldehyd durch Fuchsin- Schwefligsaure deutlich nachweisen. Der Ruckstand unter der blauen Losung hatte 2,9% Chlor eingebiiBt, nach 6 Stunden aber war unter Entfarbung der Losung der Chlor- gehalt von 40,5 auf 12,7% heruntergegangen, und Aldehyd wax in stark wachsender Menge entstanden.

Es ist daher sehr wenig wahrsoheinlich, daB das Chlorierungs- produkt des Rutheniums, das unter Zusatz von Kohlenoxyd er- halten wird, Ruthenium-2-Chlorid enthalt, das vielmehr erst bei der Behandlung mit verd. Alkohol daraus entsteht.

Phosgen chloriert ubrigens metall. Ruthenium bei 400° zu einem kohlenstofffreien Chlorid, das mit verd. Alkohol zum Teil eine blaue Losung gibt und daher vermutlich ebenfalls nichts anderes ist als oberfliichenreiches und daher reaktionsfahiges 3-Chlorid.

Wahrend der Niederschrift des Manuskripts erschien die Ab- handlung von H. RE MY^), Thermischer Abbau des Ruthentrichlorids und des Ruthendioxyds. Soweit in vorstehendem der gleiche Gegen- stand behandelt ist, sind die belegenden Versuche in der oben zitierten Dissertation BALZ aus dem Jahre 1923 zu finden. Da sie die Beob- achtungen REMPS zum Teil erganzen und aufklaren, so mogen sie trotz des gleichen Endergebnisses, daB 3-Chlorid direkt zu Metall dissoziiert, wegen des Zusammenhangs mit meinen fruheren IJnter-

l) Z. anorg. PL. wllg. Chem. 187 (1924), 365.

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suchungen uber die Chloride anderer Platinnietalle in Kurze ebenfalls hier PIatz finden.

Herr Dr. Ing. METZ hat inanche der vorstehenden Vermche, insbesondere die uber das vermeintliche a-chlorid, mit groBer Sach- lienntnis und versuchlichem' Geschick wiederholt und erganzt.

Zneammenfassung. 1. Aus fein verteiltem Ruthenium und Chlor von einer fitmo-

sphgre entsteht zwischen 300 und 840° Ruthenium-3-Chlorid. Ober- halb 845O chloriert sich Rutheniuni nicht mehr. Oberhalb 600° ist die Verfluchtigung von Belang.

2. Die Chlordruckkurve von Ruthenium-3-Chlorid wurde be- stimmt ; infolge des hohen und zahlenmaBig unbekannten t3ubli- mationsdruckes sind die Zahlen oberhalb 700° aber ohne Bedeutung.

3. Ruthenium-2- und -1-Chlorid eiitstehen weder im stromendeii Chlor aus Metall, noch bei der Dissoziation des 5-Chlorids als Zwislohen- chloride. Ihr Existenzgebiet ist daher, wofern sie uberliaupt existenz- fa,hig sind, hochstens auf 5 Temperaturgrade beschrgnkt.

4. Das mit einem Zusatz von Kohlenoxyd durch Metallchlorierung gebildete angebliche a-Chlorid, blauloslich in verd. Alkohol, das durch Chlorieren bei 400° erhalten wird, zeigt dureh den gleichen Chlor- druck, da13 es vermutlich 3-Chlorid ist. Die Oxydierbarkeit des Alkohols durch das bei gleicher Temperatur gewonnene amorphe 3-Chlorid unter Bildung blauer 2-Chloridlosung bestarkt diese Ver- mutung.

5. Wasser- und salzsaurefreies 4-Chlorid konnte weder aus dem bekannten H,RuCl, durch Zersetzung, noch aus 3-Chlorid durch Chlorierung erhalten werden.

Darmstadt, Chemisches Insititzct der Technischelz Hochschzcb.

Bei der Redaktioa eingegangen am 14. August 1924.