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S. Hirzel Verlag Die deutsche wasserhölle Author(s): Dietrich Source: Zeitschrift für deutsches Alterthum, 9. Bd. (1853), pp. 175-186 Published by: S. Hirzel Verlag Stable URL: http://www.jstor.org/stable/20648191 . Accessed: 24/05/2014 02:17 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . S. Hirzel Verlag and Franz Steiner Verlag are collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Zeitschrift für deutsches Alterthum. http://www.jstor.org This content downloaded from 194.29.185.104 on Sat, 24 May 2014 02:17:05 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Die deutsche wasserhölle

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S. Hirzel Verlag

Die deutsche wasserhölleAuthor(s): DietrichSource: Zeitschrift für deutsches Alterthum, 9. Bd. (1853), pp. 175-186Published by: S. Hirzel VerlagStable URL: http://www.jstor.org/stable/20648191 .

Accessed: 24/05/2014 02:17

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DIE DEUTSCHE WASSERH?LLE. 175

schlufs bl. 25b Nun wolt ich das alle hawsdiern hetten

A?n solichen Sin vnd auch also tetten

Wen sy die puben vnd die lappen Altzeit also woiten belappen Das sy in also konten schern So belib maniche diem bei Ern Die sust tzuschanden wirt den leuten Nicht mer wil ich euch bedeuten Das haist der Spiegel mit dem pech Herr? Got kain s?nde an vnser Sele gerech

hierunter setzt der Schreiber der hs. in rother schrift nur

noch Ain sch?ner spruch von aym Studenten zu Brag etc, ohne das gedieht selbst mitzutheilen, erm?det scheint er

andeuten zu wollen, dafs in der hs., welche seiner Samm

lung zu gr?nde liegt, dies und noch anderes folge, er

aber f?r jetzt abschlief se. WE1GAND.

DIE DEUTSCHE WASSERH?LLE.

Zwiefache zust?nde der abgeschiedenen sind nach den

Zeugnissen der ?lteren Edda f?r das nordische heidenthum nicht zu leugnen, eiu ausschliefsliches strafleben ist die d?s tere wohnung bei Hei durchaus nicht; sie hat an ihren th?

lern, bergen und manigfaltigen str?men in der tiefe viel fried liche St?tten f?r menschen, zwerge und riesen, und zu ihr

gelangen ja alle die in ruhigem alter verschieden und die

durch krankheit oder sonst wehrlos dahingerafft sind, eben so sicher aber ist es alte, nicht erst durch das christenthum

aufgetragene ansieht, dafs es da unten auch qualorte gebe f?r die b?sesten der ?belth?ter. diese erwartet nach den

ausspr?chen der Vaia in den n?rdlichsten tiefen ein schlan

gensaal, ebenda der drache Nidh?ggr und der wolf, ?stlich

aber in den giftth?lern der mit schl?mm und Schwertern fliefsende str?m S?pr, der ohne zwei fei gemeint oder doch

begriffen ist unter den schweren str?men, die jene Ver

brecher waten m?fsen. in einem der heldensaglichen lieder

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176 DIE DEUTSCHE WASSERH?LLE.

heifst der peinliche flufs Vadgelmir, in der j?ngeren Edda f?hrt der schlimmste den namen Hvergelmir, es m?gen im

merhin mehrere straffl?fse gedacht worden sein ; am st?rk

sten hat der name Slipr selbst in der spr?che wurzel ge

schlagen, wie schon angedeutet ist bei dem fr?her gegebenen beweis, dafs die wafserstrafen der nordischen unterweit nicht

erst durch christlichen einflufs hinein gekommen seien*).

Fraglich kann nur sein, ob irgend etwas davon auch

deutsche Vorstellung gewesen sei, um so mehr da die so

manche erinnerungen aus dem heidenthum aufbewahrenden

sagen und m?hrchen, wo sie von den tiefen der brunnen und seen aus einige weitere blicke in die unterweit er?ffnen, nur

gr?ne lachende wiesen, reiche s?le und andre friedliche und

freundliche wohnst?tten zeigen, sehr befremden k?nnte gleich wohl ein fr?her Untergang des gedankens an einen finstern

flufs des abgrunds eben nicht, da man es als eine erste an

gelegenheit der einf?hrer des christenthums betrachten mufs, vor allem in himmel und h?lle reinen haush?lt zu machen ; und wirklich wurde das mittelalter hindurch kaum eine lehre

mehr getrieben als die vom gericht und der feuerh?lle.

hielten sich aber spuren unterweltlicher grauen in alter form, so darf man sie wohl nicht gerade dem m?hrchen abverlangen, welches ?berhaupt nur besonders die heiteren erinnerungen aus der alten weit in seine kreise schlofs. der verfafser die ser zeilen unternahm es jene spuren in der alten spr?che, wie sie schon angedeutet sind, weiter zu verfolgen und solche in

den Schriften von und ?ber mittelalterliche vision?re aufzu suchen , deren eingebungen immer aus bereits im volk vor

handnen biblischen oder paganen volksm?fsigen ideen zu er

kl?ren siud. Erwarten liefs sich dafs auch unsere heidnischen Vor

v?ter slrafzust?nde, sei es nun nah oder fern nach dem tode,

gegen?ber den lohnzust?nden angenommen haben, da dies

*) zeitschr. 7, 305 ? 314. die j?ngere Edda hat giftfl?fse, in

denen die eidbr?chigen und Meuchelm?rder waten m?fsen, entspringend vom scblaogeosaal, s. 75 ; es kann ihr schweigen vom Slithr an dieser

stelle, wo es im Hvergelmir am schlimmsten genannt wird, nichts ver

schlagen, da sie h?chst ungenau combiniert, wie s. 4 zeigt, und da sie

den Slitbr doch dort unter den Ahlsen der unterweit namhaft macht.

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DIE DEUTSCHE WASSERH?LLE. 177

auf einem ethischen trieb beruht, der nur einem ganz rohen, nur blinde naturm?chte, noch nicht zugleich geistige g?ller verehrenden heidenthum, oder einem solchen das das sein in

der unterweit ?berhaupt nicht weiter ausdenkt, w?rde von

vorn herein abzusprechen sein, nun haben aber die gothi schen uud s?chsischen V?lkerschaften ganz sicher, wohl auch

die mehrzahl der hochdeutschen St?mme, jene zweite stufe

des polytheismus erreicht, die in der ankunft V?daus, Thu

nars, Baldars und andrer der Ansen sich mythisch ausge

sprochen hat; dabei wird der ?berall wenn auch nicht grund b?se doch gegens?tzliche Loki mit dem gefolge seiner ver

derblichen unterweltlichen m?chte nicht gefehlt haben. V?l

ker die zu V?dan beteten, und um das fortleben und fort

k?mpfen der helden als einer auswahl von treuen im k?mpfe w?sten, werden auch das wifsen um endliche ahndung der

untreue an den meineidigen und mordw?lfen gehabt haben,

auch der im deutschen heidenthum schon stark ausgebildete rechtssinn f?hrt auf diese ann?hme, die verbrechen, denen

jener nordische my thus sichere strafe im endgeschick zu

spricht, sind nur solche welche ihrer natur nach h?chst selten

mit vollen beweisen zur abb?fsung oder vor menschliches ge richt zur strafe gezogen werden k?nnen; ein volksbewust sein welches sonst so gr?ndlich den zur?ckfall der b?sen that auf den urheber wollte, kann ihn f?r diese schwersten rechtsbr?che selbst im fall der bufsabfindung mit den men

schen noch schwerer erwartet haben, auch die nordische form der ahndung, eiue wafserslrafe, lag deutschen St?mmen

nahe genug von der oberweit auf die unterweit zu ?ber

tragen, da von anfang an f?r das ?ufserste von unw?rdig kcit nach Tacitus die sumpftavche einheimisch war, und da, wie Grimm gezeigt hat, als b?rgerliche strafarten bei den Deutschen nicht nur einfaches inswafserwerfen, sondern auch

ausgesuchtere strafeu im wafser, wie in Sachsen das s?cken, zum theil sehr lange fort bestanden, dafs nun das an sich wahrscheinliche bei ihnen wirklich vorhanden war, daf?r wird sich das folgende geltend machen lafsen.

Zun?chst bietet sich die auffallende sprachliche erschei

nung dar, dafs wie von dem namen des nordischen straf

flufses Slipr ein altes sehr bald aufgegebenes beiwort s/ipr, Z. F. D. A. IX. 12

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178 DIE DEUTSCHE WASSERH?LLE.

sliprug, sliprlega f?r schauerlich, gr?fslich oder h?llisch ent

stand, so im gothischen und in den sachsischen dialecten fr?h

untergegangene adjecliva desselben Stamms, nur ohne die ab

leitung mit R, vorhanden sind, welche keinen weiteren sprofs der wurzel neben sich haben woraus sie k?nnten erkl?rt

werden, welche aber an derselben ?bertragenen bedeutung theil haben: das goth. siripis, das ags. slip e und slipen, das alts, slipi (und s lidi) lafsen auf einen Slipi goth. Strips in der unterweit schliefsen, wie slipr und sliprug auf Slipr,

wie e auf 2 hinweist. *) der gleiche gebrauch jener adjectiva f?r das schauerliche und grausige kann nicht verkannt werden : wie die ausf?hrungen der r?che am eignen fleisch und Mut in der Edda hefndir sliprar ok sdrar heifsen, so sind von Ulphilas die schauervollen j?hre der letzten Zei ten sleidjai 2 Tim. 3, 1 genannt, und wird von Cynevulf an

des heilands t?dtung erinnert mit ort pa s Up an lid El. 856, und an den ersten Ursprung des b?sen und des ?bels mit on

pa slipnan lid Cod. Ex. 161, 27; wie im nordischen ein

grausiger m?rderischer k?mpf senna sliprfenglig?st hiefs, so ist das sverdbealo slipen B. 2287 und gedenkt man slidra

geslt/hta 4791; slipra sdcce C. Ex. 384, 14; so ist der m?rderische Her?des slidm?d, slidwurdi im Heliand; wie im altnordischen der eber als sliprugtanni erschien, so den Angel sachsen als slipherde deor C. Ex. 344, 22. einmal steht es im gothischen auch als beschreibung der d?monischen

Matth. 8, 28 f?r gef?hrlich. Ebenfalls gleich ist das fr?he erl?schen des Wortes, wo

es das h?llisch grausende bedeutete und somit heidnischen

geruch hatte, im altnordischen habe ich es aufser der ?ltern Edda nur in der stelle eines ungenannten alten Skalden siglur sliprdukadar Sn. E. 161 und bei dem noch im heidenlhum

gebildeten Thiodolf von Hvin gefunden, der Haustl. 2, 6 vom riesen sagt, er habe slidrlega geschlungen; sp?tere dichter und die gesammte prosa brauchen es so wenig

? ein com

positum sliprhugar hat noch Amor um 1046 einmal Sn. E. 95 ? dafs es Bi?rn Halderson nicht einmal in sein lexicon aufnahm, fr?her abstract geworden war es im gothischen,

*) im hocbd. w?re slidi zu erwarten gewesen, ein slithic findet sieb nur noch in glossen, den reichenbachischen und keronischen.

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wo auch ein Substantiv und ein verbum daraus entstand, alles f?r Ulphilas unanst?fsig. die Angelsachsen, soweit ich sehe, haben es nur bis ins 8e jahrhundert; es findet sieh aul'ser dem Beov. nur im Exeterbuch, besouders bei Cynevulf, und im alliterierenden theil der psalmen, der weit ?lter ist als der prosaische, und einmal im C?dmon*); dagegen bei Altred nicht mehr, noch weniger bei Alfric. im alts, ist es nur noch im 9n jahrhundert nachweislich. der verfafser des Heliand gebraucht das wort nur von bestimmten besonders

strafw?rdigen Sinnesarten und handlungen, namentlich von

mordlust; den kinderm?rder Her?des nennt er stets sliduur dean kuning 16, 20, oder slidm?d 19, 7. 21 , 13. ebenso die Juden, die nach des herr?n blut d?rsten 113, 8. 130, 10.

136, 17. 169, 22, ihre herzen sind stipi hugi 169, 10; am

tage des Weltgerichts wird jeder gern m?nes t?mig, slidero sacono 80, 7 sein wollen, mit m?n aber steht sonst mord werk 82, 24 zusammen ; den stein gegen die ehebrecherin soll aufheben wer von ihren anklagern ano slidearo sundeon ist 118, 15. in keinem dialect gibt es ein gleichstammiges verbum daneben, womit auf eine sinnliche bedeutung zu kom men w?re, das ags. slidan, sl?d, s?iden, was wie das

engl, to slide, schnell gleiten, entgleiten, fallen bedeutet

hat, mufs fern gehalten werden, so passend es auch f?r einen flufsnamen w?re, da bei aller Schwankung des inlautenden [> in d, doch im n. pr. und adjectiv die Schreibung mit [> die herschende ist. es kommt auch hier nur darauf an, das Ver h?ltnis der beiden zu bestimmen, nun ist nicht anzunehmen, dafs der flufs Slipr von dem angef?hrten adj. der grausame

gr?fsliche benannt worden ; solche abstr?ete benennung w?re

gegen alle analogie ebensowohl der unterirdischen als der oberweltlichen flufsnamen, die vielmehr eine sinnliche eigen schaft des flufses oder das fliefsen, gehen, rinnen, wallen, rauschen selbst bezeichnen; man hat nur die w?hl eine bei den als unabh?ngigen ableitungen gemeinsame sinnliche grund bedeulung anzunehmen, wozu man durchaus keinen anh?lt

hat, oder zu gestehen, die abslraclen bedeutungen sind von der unterweltlichen ?rtlichkeit entsprungen, wie e ,

sty gius und unser als adv. schon nur steigernd gewordenes *) eine Zusammenstellung in Bouterweks glossar s. *250.

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h?llisch, und wie auf sehr vielen punclen innerhalb des ger manischen appellative bedeutungen aus mylhischen eigen namen hervorgegangen sind, der name Slipr selbst enth?lt wohl zwei mittel der ableitung, so dais nur sii aus slihan oder slivan wurzelhaft ist; in diesem fall ist ahd. sl?o, sie wcs ags. sl?t) nord, sli?r (langsam, stumpf) zur erkl?rung zu

ziehen, denn dafs dies wort, was goth. slaivs heifsen w?rde, auch auf stumpfen langsamen flufs ?bertragen wurde, beweist s/i-m (schleim): schwerlich hat es wirklich ein nord, s?chs.

slip an, ship gegeben; daf?r liefse sich sicher nicht das nord. slictra ( langsamkeit, tr?gheit*) anf?hren: von dorther aber

gelangt man zu einer grundanschauung die vortrefflich zu der art des sumpfigen schlammigen langsam fliefsenden mythi schen Dulses stimmt, nicht aber zu den abstracten bedeutun

gen gr?fslich, grauenhaft, m?rderisch, sch?dlich, strafe.**) ob sich nicht irgendwo noch ein flufs oder eine an einein wafser gelegene Stadt mit dem namen jenes dunkeln wafsers der unterweit finden sollte? kann das durch den geschicht schreiber Sleidanus ber?hmte Schleiden an der Oleff in der Eifel verglichen werden ? die Schlei bei Schleswig hiefs sonst

Sl?a; die bedeutung ist mir unbekannt, wenigstens in der wurzel verwandt mit Sli-par scheint das in ags. Urkunden nicht seltene sloh f?r lache, Schlund oder sumpf, entsprechend dem heutigen slough . b. pat f?le sloh Dipl. m, 406 auch 382. genug jener flufsname ist ohne sinnlicher anschauung zu erkl?ren, und sein Vorhandensein auch stets da wahr scheinlich wo das abstracterc adjectiv war.

Dazu kommen nun bilder und ausdr?cke in nords?chsi schen alten Schriften, welche an den eddischen strafflufs zum

*) dieses ist, wie B. Halderson richtig angiebt, die gew?hnliche abweichuog f?r slinnra (stint href* ; slinni ist ein tr?ger; slindrulegr wie

slidhntlegr steht f?r langsam, trag. ? ein andres im nord, sehr ge

w?hnliches wort sltdhtir f. pl. scheide, mit den zusstzgen sl?dhra v?ndr sltdhrlogi der scheide Hamme Kr?k. 12 sUdhra thorn cb. 7 kann nicht hierher gezogen werden ?, der pl. weist auf die in der- scheide verbundenen zwei st?cke hin, und bedeutet auch streifen, bi?lter, platten, also das gegl?ttete st?ck, sei es leder oder metall, geh?rt so mit zu slidan gleiten.

**) eine ableitung des slid he aus dem indischen s. bei Boulerwek a. a. o.

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theii hell und deutlich erinnern, und deren Zeugnis man bei dem langern haften heidnischer erinnerungeu im norden nicht

brechen kann durch den einwand dafs sie aus christlichen

jahrhunderten sind, niedergeschrieben von christen. Das merkw?rdigste Zeugnis ist die visio Godeschalci in

Leibnitz script, rerum Brunsvic., welche ich hier, um ihr

gewicht aufzuweisen, so weit vorf?hre als sie Leibnitz aus

seiner handschrift ausgezogen hat; es ist zu bedauern dafs er meist nur ?berschriften der einzelnen abschnitte, nicht die

ganze ausf?hrung gegeben hat. als Heinrich der l?we nach kurzem aufenthalt in England 1188 aus seiner Verbannung zur?ckkehrte um das n?rdliche Sachsen wieder einzunehmen, und die bewohner Holsteins aufgefordert wurden ihm beizu

stehn, kam gezwungen auch Godskalk, ein bauer aus Hor chen , eine meile von Neum?nster, angewiesen zu arbeiten bei der belagerung des schlofses Segeberg, er wurde krank und gerieth in einen f?nf tage an hallenden ekstatischen zu

stand, w?hrend dessen er seinen leib f?r todt erkl?rte, nur

seine seele lebe und schaue ?bersinnliche dinge, das gesiebt stellt gute und b?se auf einer Wanderung dar, bei der die letzten besonders viererlei strafleiden treffen bis sie zu den

feuerstrafen gelangen, die erste anschauuug Godskalks ist eine linde voll schuhe, f?r die welche durch das verderben unverletzt hindurch gehen sollen, ein engel auf der linde theilt sie aus (c. 3). er selbst mufs mit hundert und zwanzig andern deu ersten strafort durchwandern, eiue gegend voll dornen und disteln, die seine blofsen f?fse ganz durchstechen

(c. 7), ein engel geht zur linde und bringt ihm schuhe (c. 8), dann eine collatio iustorum et miserorum (c. 9), hierauf folgt c. 10 de poena aquae et duplici periculo eius. fluvius erat,

ferr?is aciebus repietus, quem transir? oportebat; e. 11 de consola tione et ratioue consolalionis iustorum. ligna natati t?a

spoiite ad litus appulsa eos recipiebant, atque inter eos Go descalcum ; c. 12 de poena iniquorum. l?os flumen transi turos acies illae conscindebant et carne privabant; c. 13 de

restauratone et separatone punitorum et de processione par tis utriusque; e. 14 de trivio c. 15 de poeua aeris foetidi et baratro viae ad sinistram ; c. 16 de via dextra ad collem

elevata; c. 20 de poena ignis: hier nun brennt den dieben

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die hand, dea schwelgern der bauch, einigen der ganze leib,

ganz nach der sonstigen ausmahlung der h?llischen feuer strafen, aufgezeichnet ist das zwar von einem geistlichen, dem pfarrer von Neum?nster, der Godskalk 1190 vernahm, da dieser in seine parochie geh?rte, doch wird niemand im ernst behaupten, der pfarrer habe die wafserstrafen aus der Edda Saemunds (f 1133) erst hineingetragen, oder gar dafs der kr?nkliche bauer seine anschauungen aus fr?her gelese nen b?chern und zwar aus bekanntschaft mit den gegenwar

tigen schriftlichen eddaliedern erhalten habe, die bis ins

16e jahrh. niemand gekannt hat. das volksm?fsige der vi

sion, bei welcher sich offenbar christliche und heidnische an

schauungen und erinnerungen gemischt haben, springt in die

?ugen, die Wanderung f?ngt von der linde an; die linde, die dornige distelheide, das waten durch den flufs, die sich selbst nach dem ufer lenkenden fl?fse, der kreuzweg endlich, wo gut und b?s auseinandergeht, das sind echt deutsche

z?ge, durchaus nicht der christlichen ?berlieferung ange schiofsene; die schuhe f?r die Wanderschaft nach den unter welllichen gegenden erinnern an den todtenschuh (helsk?) womit die Nordl?nder den abgeschiedenen versahen, der flufs endlich mit den eisernen spitzen oder Schwertern (aeies), welche den b?sen, die ihn durchwaten m?fsen, den leib zer

fleischen, gleicht v?llig dem Sl?f>r, der nach dem Kopenh. cod. der Vol. 33 saurorn ok sverdom flofs, wof?r der Stock holmer die unmythische verflachung giebt saurom ok sver

du?n, mit rasenst?cken. schon Finn Magnusen hat richtig den strafflufs Indiens der mit schmutz und schwerlern fliefst, im lex. mythol. verglichen; der nordische zug von dem stin kenden koth des wafsers ist in unsrer darstellung nur ver

sprengt in die poena aeris foetidi, und diesen h?llengeruch der infernalen m?chte kennen unsere volkssagen noch voll kommen.

Waren nun solche Vorstellungen von wafserstrafen der

unterweit dem nords?chsichen volke noch neben den christ lichen gangbar, so darf man hier auch erinnerungen daran in

ausdr?cken annehmen die zun?chst eine andere anwendung haben, solche finde ich bei dem unter allen bibeldichtem am meisten in volksm?fsiger darstellung sich haltenden dichter

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des H?ljand; er hat nicht nur feuerstrafe, sondern auch

wafserstrafe in alliterierenden zum theil sehr alten formein. so in dem von Noahs flut gebrauchten ausdruck ina nerida

god . . wid pes fl?des farm 133, 9, ein wort das sonst nur

von der h?llenstrafe vorkommt: fard kiosan an fares farm 75, 10. wie diese nun herschend helliwiti oder einfach witi

heifst, so findet sich auch wateres loiti und zwar in einer

stelle wo man nicht wie bei der flut eine christliche straf

vorstellung darin finden kann : Petrus der auf den wellen

gehen soll, gerufen vom herrn, f?rchtet das wafser, tho

sprac imu en. pero manno angegin obar bord scipes, bar

wir dig gamo, Petras pe godo, ni weide pine ?wlon ana tares

uu?ti: ef pu it waldand is . . . 90, man darf in solchen alli terierenden formein um so wahrscheinlicher reste von heid nischen erinnerungen sehen, da im Heljand bei Schilderung der unterweit noch mehr des alten begegnet, namentlich die ddstern thaler 65, 9, das tiefe tha? des todes 157, 22 im

vergleich mit den neun nachte zeit kostenden dunkeln und tiefen th?lern durch die Hermodr zur unterweit reitet nach Snorras edda, und die zorngesinnungen die die b?sen da mit zahnen beifsen, thar sie iro torn manag tandon bitad

65, 10, wobei die eddischen Schreckbilder, nidh?ggr und

wolf, noch nicht ganz der sinnlichen Iebendigkeit entkleidet, ins innere versetzt sind.

Man sieht leicht wie, nachdem die unterweit ganz zu einem strafori geworden war, in der christlichen anschauung von der eigentlichen h?lle kein r?um mehr f?r einen unter irdischen flufs bleiben konnte, da dem h?llischen feuer kein

tropfen beiwohnen durfte (Matth. 16, 24); daher r?ckte das wafser entweder in eine vorholle, wie in Godskalks vision, oder, das kommt auch vor, es wird namentlich ein tr?bes, vielleicht ?bel dunstendes wafser, wie es in h?hlen, w?ldern und moorlandern nicht selten ist, als eingang zur unterweit

(feuerh?lle) vorgestellt; auch in solchen fallen darf man fort wirkendes heidenthum annehmen, von belegen dazu sind mir n?chst einer italienischen sage auch einige isl?ndische, englische und deutsche zur hand, bei Puteoli ist ein see mit dunkelm verderblichem wafser. ein bischof Johannes von

Puteoli, so erz?hlt Gervasius Tilberiensis in seinen Otia im

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periaiia*), h?rte einst in der gegend viele kl?gliche stimmen ; er machte das wafser durch darauf ausgegossenes feines ?l

ganz durchsichtig, da sah er unter dem wafser eherne thore

und riegel und erkannte daran die pforteu der unterweit. ?

eine aus dem ersten christlichen Jahrhundert Islands herr?h

rende sage erz?hlt dafs in der Brianschlacht 1014 ein schon

zweimal seiner s?ndeu wegen in Rom gewesner gefolgsmann des orkadischen jarls, Hrafn der rothe, in einen flufs gedr?ngt wird, der ?brigens nicht n?her beschrieben wird; da schien er

sich die h?llischen qu?len (helwitis kvalar i nidri) in der tiefe zu sehen und wie die teufel ihn zu sich reifsen wollten; er ruft

den h. Petrus an, gelobt eine dritte romfahrt und kommt

gl?cklich hin?ber, so die Nialsaga c. 148, die im anfang des 12n jh. aufgezeichnet ist. an der s?dlichen seile des

jetzt erloschenen und sehr eingesunknen vulkanischen Krabla

in der n?he von Myvatn, so erz?hlt Eggert Olafson**), lie

gen zwei stinkende seen, die ihn nicht unbekannt werden

lafsen; diese seen nennt man vite, abgek?rzt aus helvite, welches die h?lle bedeutet, woran ohne zweifei ein alter

aberglaube schuld ist.

Viel trugen sich mit Visionen vom fegefeuer oder viel

mehr vom reinigungsort, denn nicht allemal ist nur feuer

darin, und von der h?lle die Angelsachsen, in den schon

von Beda erz?hlten gesichlen des than Drihthelm, der nach

seiner im Scheintod empfangenen Offenbarung ins kloster

Mailros gieng, hat der vorort cin einem breiten tiefen thale*

feuer zur einen und hagel und k?lte zur andern seite, die

feuerkugelu aus der h?lle selbst steigen wie aus einem tiefen

brunnen auf. ? sichtbar f?r alle sich ernstlich vorbereiten

den zu sehen war dergleichen in dem sogenannten purgat? rium sancii Patricii in Irland ; den namen und den bericht dar

?ber gebe ich aus Ranulph Higdeu***). auf einer der bei

den inseln des sees Ultonia in Irland, die den anl?ufen des

teufels ausgesetzt ist, ist ein wafser worin schon verschie

*) Leibnitz script. 1, 966. ei* spricht vom Averner see, wo schon

nach Virgil unterweit war. ?ber die mehrfachen Acheron auf der

oberweit handelt Nitzsch zu Od. x, 511, vergi, , 184.

**) Reise in Island. Kop. u. Leipz. 1775. 2, 58.

*") Bei Gale script. 1, 183.

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DIE DEUTSCHE WASSERH?LLE. 185

dene die anfange der h?llenstrafcn gesehn und empfunden ha

ben, es ist ein runder Miber dunkler teich, der bald mit

einer mauer eingefafst und von den r?umlichkeiten eines

klosters umgeben wurde. rwenn jemand* fahrt der chronist fort cdie qu?len als aufgelegte bufse aush?lt, wird er, auch wenn er zuletzt unbufsfertig ist, die h?llenstrafen nicht zu

leiden haben/ merkw?rdig noch ist die vision eiues Solda ten von der Patrikh?hle bei Mattheus Parisiensis s. 84 ff. er sah, und zwar unter den Vorstrafen, nach den feuer

qualen, wobei die glieder mit eisernen feurigen nageln bis

auf die erde durchstochen wurden einen kalten und stinke?i

den flu/s, in welchen alle und mit ihnen der soldat geworfen und von teufein untergetaucht wurden, dann erst die flamme

mit Schwefelgeruch die aus einem brunnen aufstieg und f?r

den eingang der h?lle erkl?rt wurde. ? man sieht, wie auch

die dunstigen fl?fse und seen, die man in grofsen h?hlen an

trifft, zur Vorstellung unterweltlicher strafwafser f?hrten, eine

anschauung die gewiss der heidnischen zeit nicht ferner lag als der christlichen.

Aus Deutschland scheinen derartige halbheidnische fest

baltungen des wafsers fr?her verschwunden zu sein; doch lafsen sie sich aus namen erschlie?en, ich denke an den

Muschwillensee, von dem Kuhn erz?hlte*); manche seen

m?gen dann den namen teufelsee gef?hrt haben, wie der

bairische, dessen Arnpekhs chronicum ?oiariorum gedenkt: die verworfene seele Arnolds des herzogs der Noriker, die 937 vom k?rper schied, zogen die teufel in einen schilfsee nahe beim Castrum Schirense, wo die leute nachher oft heu len h?rten, daher der lacus Schirensis allgemein teufelsee

hiefs**). Othlo aus Freisingen, der 1032 monachus Augien sis ward, und 1062 nach Fulda kam, sah in geistiger ent

z?ckung sehr viele feuerbrunnen furchtbare flammen aus

speiend , und die seelen der elenden in gestalt schwarzer

v?gel durch die flamme flatternd und heulend, dann auch einen flufs mit Jeuer und pech, wor?ber ein balken als eine art br?cke gelegt war zur reiuigung der nur etwas s?udigen

*) Norddeutsche sagen und m?hrcheu. Leipz. 1848. s. 255. 501.

'*) Pez thes. t. I. p. III p. 142.

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Page 13: Die deutsche wasserhölle

186 UNTERGEGANGENE HS.

seelen*). die anschauungen der seelen als v?gel und von

der schwippe ?ber den fluls, woran offenbar die seelen sich

anhaltend, im feuer hangend, k?rzere gelindere qu?len lei

den, sind durchaus volksm?fsig, die erslere heidnisch; der

?ufs geht nun nach christlicher Vorstellung mit feuer, kann

aber als solcher nicht dem einfluls biblischer ausdr?cke zu

geschrieben werden, denn einzig in der apocalypse gab es et was ?hnliches ; der feurige pfuhl, wie Luther stets hat, heifst

immer apocal. 20, 10. 14. 15, niemals flu?s,

noch bei Bartholomaeus Ringwald sagt eine seele in der h?lle, obwohl nun keine spur mehr von wafser ist 'derhalben ist auch

billig ietz was seichter in verdamnis sitz* tr. Eckh. 70. viel

leicht lafsen sich auch die Zusammensetzungen ungl?ckspjuhl,

ungl?cksflufs, Ungl?cksschlamm, die ich bei dem Hamburger Brockes h?ufig gefunden habe, als unbewuste verdunkelte reste

der erinnerung vom schlammigen strafflufs in der deutschen

unterweit betrachten.

Will man also hier wie sonst f?r die bei uns unter

gegangenen mythen die nachkl?nge in der spr?che und in den

einzelnen z?gen der sage als beweise gelten lafsen, so wird der t?rbidas hic coeno vastag?? voragine gurges mit den

hier daran angekn?pften anfangen der Vergeltungslehre von

den nordischen stammen auch auf die deutschen zu er

strecken sein.

MARBURG. DIETRICH.

?) Visiones c. 19. Pez III, I!, 597.

UNTERGEGANGENE HS. VON WOLFRAMS WILLEHALM.

Durch kr geh. archivar Baur zu Darmstadt, wel

cher mir das in dem gr?flichen archive zu Erbach im

Odenwalde aufbewahrte, aus 27 papierbl?ttern in kleinstem octav bestehende erste Copiai-Buch, ?nthallend Abschriften von den Stift- und Schenkungsbriefen zur Capelle in der

Stadt Erbach gestiftet von Schenck Eberhard und Designa tion der st?ndigen G?lten und Zinnfsen d: a: 1370 usque

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