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Jenaer Schriften zum Recht SEIFERT Die Entwicklung des Gütegedankens im arbeits- gerichtlichen Verfahren 45

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Die Entwicklung desG�tegedankens imarbeitsgerichtlichen Verfahren

Christian Seifert

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek x Die Deut-sche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet �berwww.dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-415-04741-9

� 2011 Richard Boorberg Verlag

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich gesch�tzt.Jede Verwertung, die nicht ausdr�cklich vom Urheberrechtsgesetz zuge-lassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt ins-besondere f�r Vervielf�ltigungen, Bearbeitungen, �bersetzungen, Mikro-verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischenSystemen.

Satz: Thomas Sch�fer, www.schaefer-buchsatz.de x Druck und Bindung:e. kurz + co druck und medientechnik gmbh, Kernerstraße 5, 70182 Stuttgart

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG x Scharrstraße 2 x 70563 StuttgartStuttgart x M�nchen x Hannover x Berlin x Weimar x Dresdenwww.boorberg.de

ISBN 978-3-415-04 -699 3E -

Vorwort

Auf die Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen G�teverfahrens wurde icherstmals im Rahmen des Schwerpunktbereichsstudiums aufmerksam. Vorallem der G�tegedanke an sich weckte mein Interesse. Nachdem die Media-tion im Arbeitsrecht immer weiter in den Blickpunkt von Wissenschaft undPraxis r�ckte, dr�ngten sich mir verschiedene Ber�hrungspunkte beiderauf, deren genauere Betrachtung mir aus mehreren Gr�nden sehr lohnens-wert erschien. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist die vorliegende Arbeit,welche von der Rechtswissenschaftlichen Fakult�t der Friedrich-Schiller-Universit�t Jena im Wintersemester 2010/11 als Dissertation angenommenwurde.

Mein besonderer Dank gilt zun�chst Herrn Prof. Dr. Jacob Joussen, derdiese Arbeit stets mit hilfreichen Anregungen betreute, mir w�hrend mei-ner T�tigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl dennçtigen Freiraum f�r meine Forschung gew�hrte und schließlich die Begut-achtung der Arbeit z�gig durchf�hrte. Danken mçchte ich f�r die ebenfallsz�gige Erstellung des Zweitgutachtens auch Frau Prof. Dr. Elisabeth Koch.

Ebenfalls besonderer Dank gilt Frau Ramona Bornschein, der „gutenSeele des Lehrstuhls“, f�r ihre immer herzliche Unterst�tzung w�hrendmeiner gesamten Zeit als Hochschulmitarbeiter und dar�ber hinaus. Fach-licher Beistand wurde mir dankbarerweise durch Herrn Karl Kotzian-Marg-graf, Pr�sident des Th�ringer Landesarbeitsgerichts, und die zahlreichenRichterinnen und Richter der Th�ringer Arbeitsgerichte zuteil, die mir aufseine Vermittlung hin einen �beraus hilfreichen Einblick in die Praxis desArbeitsgerichtsverfahrens gew�hrten.

Das mir vonseiten der Jenaer Graduiertenakademie und des Landes Th�-ringen gew�hrte Promotionsstipendium verschaffte mir schließlich in be-sonderem Maße den zeitlichen und finanziellen Freiraum zur Anfertigungmeiner Arbeit. Auch dies weiß ich besonders zu sch�tzen. In diesemZusammenhang sei auch Herrn Prof. Dr. Christian Fischer gedankt, da mirnicht zuletzt auch seine Empfehlung den Erhalt des Stipendiums ermçg-lichte.

Mein herzlicher Dank gilt schließlich auch Christiane Beck f�r ihreaußerordentlich hilfreiche Unterst�tzung insbesondere bei der Schluss-redaktion der Arbeit.

5

Meiner Familie habe ich es indes zu verdanken, Studium und Promotion�berhaupt erfolgreich abgeschlossen zu haben. Dies nat�rlich schon auf-grund der großz�gigen finanziellen Unterst�tzung durch meine Eltern undGroßeltern, jedoch auch und besonders aufgrund des famili�ren R�ckhaltsinsgesamt. Widmen mçchte ich diese Arbeit daher meinen Eltern, Uwe undElke Seifert.

Berlin, im April 2011 Christian Seifert

6

Vorwort

Meinen Eltern

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

B. Der G�tegedanke in der Gegenwart . . . . . . . . . . . . . . . . . 19I. Das G�teverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192. Verh�ltnis zum G�teverfahren der ZPO . . . . . . . . . . . . 213. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

a) § 54 Abs. 1 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22b) § 54 Abs. 2 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23c) § 54 Abs. 3 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24d) § 54 Abs. 4 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24e) § 54 Abs. 5 ArbGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

4. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25II. Mediation im Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

1. Mediation im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28b) Grunds�tze der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

aa) Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit . . . . 28bb) Neutralit�t des Mediators . . . . . . . . . . . . . . 29cc) Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

c) Der Mediator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29d) Vorteile gegen�ber der Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . 30e) Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

2. Arbeitsrechtliche Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31a) Privatautonome Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . 31b) Gerichtsinterne Mediation – Modellversuche . . . . . . 33

3. Das (gerichtsinterne) Mediationsverfahren . . . . . . . . . . 364. Der Referenten-Entwurf f�r das „Gesetz zur Fçrderung der

Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichenStreitbeilegung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

III. Mediative Elemente im G�teverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 41

C. Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43I. These 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43II. These 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44III. These 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44IV. These 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

9

D. Historisches zum G�tegedanken im Arbeitsrecht . . . . . . . . . 45I. Die franzçsischen Wurzeln – Conseils de Prud’hommes . . . . . . 45

1. Zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452. Zusammensetzung und Aufgabenbereich . . . . . . . . . . . 473. Der G�tegedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484. Parallelen zu mediativen Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . 515. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

II. Deutsche Kodifikationen in der Mittedes 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531. Zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532. Die Preußische „Allgemeine Gewerbeordnung“ vom

17. Januar 1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553. Die „Verordnung �ber die Errichtung von Gewerbegerichten“

vom 9. Februar 1849 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57a) Zusammensetzung und Aufgabenbereich der Gewer-

begerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57b) Der G�tegedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59c) Parallelen zu mediativen Prinzipien . . . . . . . . . . . 61

4. Die „Gewerbeordnung f�r den Norddeutschen Bund“ vom21. Juni 1869 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63III. Das „Gesetz, betreffend die Gewerbegerichte“

vom 29. Juli 1890 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641. Zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642. Die Organisation der Gewerbegerichte . . . . . . . . . . . . . 67

a) Gesetz vom 29. Juli 1890 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67aa) Errichtung und Aufgabenbereich . . . . . . . . . . 67bb) Zusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69cc) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

b) Gesetz vom 29. September 1901 . . . . . . . . . . . . . . 723. Der G�tegedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

a) Das G�teverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73aa) § 39 GewGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73bb) Der erste Termin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79cc) Die Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

b) Das Einigungsamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 824. Parallelen zu mediativen Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . 865. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

IV. Das „Gesetz, betreffend Kaufmannsgerichte“ vom 6. Juli 1904 . . 911. Zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912. Die Kaufmannsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

V. Die Weltkriegsjahre 1914 – 1918 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 941. Zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

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Inhaltsverzeichnis

2. Der G�tegedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97a) Die Gewerbe- und Kaufmannsgerichte . . . . . . . . . . 97

aa) Das G�teverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97bb) Das Einigungsamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

b) Die Schlichtungskommissionen . . . . . . . . . . . . . . 100aa) Ihr Wirken bis 1916 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100bb) Das „Gesetz �ber den vaterl�ndischen Hilfsdienst“

vom 5. Dezember 1916 . . . . . . . . . . . . . . . . 101(1) Allgemeiner inhaltlicher �berblick . . . . . . 101(2) Die Schlichtungsaussch�sse, § 9 Abs. 2 HDG 104

c) Parallelen zu mediativen Prinzipien . . . . . . . . . . . 105d) Exkurs: Die Forderung nach einem allgemeinen G�te-

verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1063. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

VI. Die Weimarer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1091. Zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1092. Die „Verordnung �ber Tarifvertr�ge, Arbeiter- und Angestell-

tenaussch�sse und Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten“vom 23. Dezember 1918 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

3. Das „Betriebsr�tegesetz“ vom 4. Februar 1920 . . . . . . . . . 1144. Die „Verordnung �ber das Schlichtungswesen“ vom

30. Oktober 1923 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1155. Das „Arbeitsgerichtsgesetz“ vom 23. Dezember 1926 . . . . . 116

a) Von den Gewerbe- und Kaufmannsgerichten zu denArbeitsgerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

b) Die Organisation der Arbeitsgerichte . . . . . . . . . . . 118aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118bb) Zust�ndigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118cc) Aufbau und Besetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 119dd) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

(1) Urteilsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 120(2) Beschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 121

ee) Vereinbarter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit 121ff) Vereinbarte Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 121

c) Der G�tegedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122aa) § 54 ArbGG 1926 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122bb) Der S�hneversuch in der Streitverhandlung . . . . 129cc) Die Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130dd) Der G�tevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

d) Parallelen zu mediativen Prinzipien . . . . . . . . . . . 1336. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

VII. Die Zeit des Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1371. Zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

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Inhaltsverzeichnis

2. Das „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ vom20. Januar 1934 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

3. Das „Arbeitsgerichtsgesetz“ vom 10. April 1934 . . . . . . . 1494. Der G�tegedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

a) G�tliche Einigung außerhalb der Arbeitsgerichtsbarkeit 152aa) Die Rechtsberatungsstellen der DAF . . . . . . . . 152bb) G�tliche Einigung auf betrieblicher Ebene . . . . . 154

b) G�tliche Einigung nach dem ArbGG in Literatur undRechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

c) Zwang zur G�te . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1585. Parallelen zu mediativen Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . 1596. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

VIII. Die Nachkriegszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1611. Zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1612. Das Kontrollratsgesetz Nr. 35 vom 20. August 1946 . . . . . . 1643. Das „Arbeitsgerichtsgesetz“ vom 6. Dezember 1946 . . . . . 166

IX. Die Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . 1671. Zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1672. Das „Arbeitsgerichtsgesetz“ vom 3. September 1953 . . . . . 168

a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168b) Der G�tegedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

3. Das „Gesetz zur Beschleunigung und Bereinigung desarbeitsgerichtlichen Verfahrens“ vom 21. Mai 1979 . . . . . . 170a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170b) Der G�tegedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

4. Das „Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung desarbeitsgerichtlichen Verfahrens (Arbeitsgerichtsbeschleuni-gungsgesetz)“ vom 30. M�rz 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . 173a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173b) Der G�tegedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

5. Exkurs: Die Arbeitsgerichtsbarkeit der DeutschenDemokratischen Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177b) Die Konfliktkommissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 177c) Das „Gesetz �ber die Errichtung und das Verfahren der

Schiedsstellen f�r Arbeitsrecht“ vom 29. Juni 1990 . . . 179X. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

E. Verifizierung der aufgestellten Thesen . . . . . . . . . . . . . . . 183I. Zu These 1 – Die gesamte Entwicklungsgeschichte der deutschen

Arbeitsgerichtsbarkeit weist Parallelen zu den Prinzipien derMediation auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

12

Inhaltsverzeichnis

II. Zu These 2 – Bewusste und begr�ndete Abkehr von Elementen,die sich auch in der Mediation wiederfinden . . . . . . . . . . . . 1861. Formalisierung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186b) Der Justizgew�hranspruch als Maßstab der j�ngeren

Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1882. Das Einigungsamt des GewGG 1890 . . . . . . . . . . . . . . 1933. Der G�tevertrag des ArbGG 1926 . . . . . . . . . . . . . . . . 1944. Die außergerichtlichen Schlichtungseinrichtungen . . . . . . 195

III. Zu These 3 – Arbeitsgerichtsinterne Mediation ist als Alternativezum G�teverfahren bereits ungeeignet . . . . . . . . . . . . . . . . 1961. G�tliche Erledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1982. Zweck des G�teverfahrens und klassische Prozesszwecke . . 198

a) Verfahrensbeschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 198b) Vorbereitung der streitigen Verhandlung . . . . . . . . . 201c) Klassische Prozesszwecke des Zivilprozessrechts . . . . 203

aa) Schutz subjektiver Rechte . . . . . . . . . . . . . . 203bb) Rechtsklarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203cc) Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203dd) Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

3. Realistischer Ansatz – Praxistauglichkeit . . . . . . . . . . . 205a) Erledigungsquote und allgemeine Inanspruchnahme . . 206b) Zeitfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207c) Kostenfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209IV. Zu These 4 – Der G�tegedanke der Zukunft sollte durch eine

behutsame Modifikation des G�teverfahrens gepr�gt sein . . . . . 2101. Rahmen der G�teverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

a) Ort der G�teverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212b) Personelle Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

2. Inhalt der G�teverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214a) Einzelgespr�che mit dem Vorsitzenden . . . . . . . . . 214b) Vertraulichkeitsschutz im Verh�ltnis zum Vorsitzenden 217c) Vertraulichkeitsschutz im Verh�ltnis der Parteien . . . 219d) Gesetzliche Widerrufsfrist f�r den Vergleichsschluss . . 221e) Zwingendes persçnliches Erscheinen . . . . . . . . . . 222f) Ausschluss der �ffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 223g) Unterbrechung der G�teverhandlung . . . . . . . . . . . 224h) Gesetzliche Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

3. Vorteile gegen�ber gerichtsinterner Mediation . . . . . . . . 225a) Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

13

Inhaltsverzeichnis

b) Unabh�ngigkeit von der Mediationsproblematik . . . . 225c) Wahrung von Verfassungsrecht und einfachem Geset-

zesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225d) Win-win-Situation f�r Gerichtsverfahren und Mediation 226

F. Fazit – Der G�tegedanke in der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . 227

G. Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

14

Inhaltsverzeichnis

A.Einleitung

Die Untersuchung der „Entwicklung des G�tegedankens im arbeitsgericht-lichen Verfahren“ verdient in mehrfacher Hinsicht besondere Aufmerksam-keit.

Dies zum einen schon aufgrund der Bedeutung des G�tegedankens alssolchem. Schließlich misst man ihm im Rechtsleben bereits seit Generatio-nen eine besondere Wertigkeit bei. So formulierte Klein im Jahre 1926: „DasRecht bedarf, um wahres Recht zu sein, der G�te.“1. Vor dem Hintergrunddes Rechtsfriedengedankens nahm er die G�te als die Zwillingsschwesterdes Rechts wahr und machte ihre Berechtigung auch in der Unf�higkeitdes Menschen aus, wirkliches Recht und wirkliche Wahrheit restlos zu fin-den.2

Zum anderen verleiht die G�teidee dem deutschen Prozessalltag – ins-besondere in Arbeitssachen – eine besondere Pr�gung, deren Betrachtungimmer wieder lohnt. Das G�teverfahren gem�ß § 54 ArbGG kann mit Rechtals ein, wenn nicht sogar das „Kernst�ck des Arbeitsgerichtsprozesses“3

betrachtet werden. Diverse Unterschiede etwa zum zivilprozessualen G�te-verfahren machen es einzigartig. Gemein sind den G�teverfahren indes ver-schiedene Vorteile. Neumann f�hrte insoweit bereits 1916 aus, dass eineg�tliche Streitbeilegung bei ungewissem Ausgang des Rechtsstreits nichtzuletzt das Auflaufen unkalkulierbarer Kosten vermeiden kçnne. �berdiesseien einvernehmliche Lçsungen oftmals die gerechtesten, schon weil strei-tige Urteile etwaige Unbilligkeiten nicht ausschließen kçnnten. Letztlichermçgliche die g�tliche Erledigung die Beachtung der Einzelinteressenund die W�rdigung der Umst�nde des Einzelfalls am besten, wodurch diebilligste und realistischste Individualisierung der Rechtss�tze auf den Ein-zelfall erreicht werde.4 Nordhausen f�gte hinzu, dass der Schnelligkeit, derKostenersparnis und der schnellen Vollstreckbarkeit f�r den Sieger keineerdr�ckende neue Last f�r den Verlierer gegen�berstehe, sodass dieserauch weniger „bockbeinig“ werde. Außerdem n�here sich die Gerichtsbar-keit durch den Verzicht auf bestimmte Formalit�ten dem Volksideal an.5

Dies galt umso mehr, als dass ein großer Teil der Streitigkeiten ohnehin

15

1 Klein, Der G�tegedanke im Recht, S. 3.2 Klein, Der G�tegedanke im Recht, S. 5, 10.3 Schuldt, AuR 1959, 139.4 Insgesamt Neumann, in: Deinhardt, Rechtsfriede, S. 172 (175ff.).5 Nordhausen, in: Deinhardt, Rechtsfriede, S. 186 (190).

keine Rechtsstreitigkeiten waren6. Gemessen an diesen Attributen verwun-dert es auch nicht, dass das G�teverfahren als „Einrichtung zur Gesundungdes rechtlichen Lebens“7verstanden wurde.

Diese Gedanken aus vergangener Zeit lassen erahnen, auf welch span-nende Art und Weise die Herausbildung der G�teidee – insbesondere desG�teverfahrens – die Entwicklung der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeitpr�gte. Die Darstellung dieser speziellen Entstehungsgeschichte soll einenwesentlichen Anteil an der gesamten Untersuchung haben. Diese wird sichhierin jedoch nicht erschçpfen, denn betrachtet man einen Entwicklungs-prozess, ermçglicht dies nicht lediglich einen Blick zur�ck, sondernumfasst das Hier und Jetzt ebenso wie das k�nftige Entwicklungspotenzial.Letzterem wird man sich selbstverst�ndlich allenfalls prognostisch ann�-hern kçnnen.

Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildet die gegenw�rtige Aus-gestaltung des arbeitsgerichtlichen G�teverfahrens. Erg�nzt werden dieseAusf�hrungen durch einen Abriss zur Mediation, welche auch in der Juris-prudenz mehr und mehr an Bedeutung gewinnt und in ihrer arbeits-gerichtsinternen Anwendung durchaus als Ansatz einer neuen Auspr�gungdes arbeitsgerichtlichen G�tegedankens begriffen werden kann. Die sichanschließende historische Untersuchung geht der Frage nach, inwieweitdie Arbeitsgerichtsbarkeit schon fr�her durch �hnlichkeiten zu mediativenElementen gepr�gt wurde. Die vorhergehende knappe Auseinandersetzungmit dem Wesen der Mediation wird hierf�r die Grundlage bieten. AndereMçglichkeiten zur g�tlichen Streitbeilegung, wie etwa die Schlichtungs-aussch�sse gem�ß § 111 Abs. 2 ArbGG, bleiben indes weitestgehend außerBetracht.

Die historische Untersuchung befasst sich vordergr�ndig mit den ein-schl�gigen Kodifikationen, welche den G�tegedanken beeinflussten. Inso-weit erfolgt eine jeweils kurze Darstellung des wesentlichen Inhalts deruntersuchten Gesetze im Allgemeinen sowie der in ihnen niedergelegtenVerfahren. Eine detaillierte Aufzeichnung der Entwicklungsgeschichte dergesamten Arbeitsgerichtsbarkeit wird nicht intendiert, zumal eine solchedurch andere Autoren bereits ausf�hrlich erstellt wurde. Ein jeweilsknapper allgemeingeschichtlicher �berblick soll hingegen dem Gesamtver-st�ndnis dienen. Der Chronologie entsprechend werden auch einzelneGesetzeswerke außerhalb der Arbeitsgerichtsbarkeit beleuchtet, und zwarinsbesondere dann, wenn diese mit Umbr�chen im Bereich des Arbeits-rechts und der Arbeitsgerichtsbarkeit einhergingen, oder es die Wechselwir-kung zwischen der Entwicklung der Gerichtsbarkeit und der des materiel-

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A. Einleitung

6 Bovensiepen, in: Deinhardt, Rechtsfriede, S. 114ff.; Jacobsen, G�teproblem, S. 1.7 Wolzendorff, in: Deinhardt, Rechtsfriede, S. 41.

len Rechts8 erforderlich erscheinen l�sst. Insgesamt gilt es schließlich nicht,das bisweilen �beraus umfangreiche Schrifttum sowie die Rechtsprechungwiederzugeben. Es geht vielmehr darum, die f�r den G�tegedanken rele-vanten Neuerungen und Entwicklungen herauszuarbeiten. Der ersteSchwerpunkt in der historischen Untersuchung betrifft folglich die reingeschichtliche Aufarbeitung der Entwicklung der arbeitsrechtlichen undarbeitsgerichtlichen G�teidee. Das zweite Hauptaugenmerk, die Unter-suchung hinsichtlich der Parallelen zu mediativen Elementen, ist als ver-gleichend und wertend zu begreifen. Dass dabei kaum mit vollst�ndigen�bereinstimmungen zu rechnen ist, liegt auf der Hand.

Nachdem Gegenwart und Vergangenheit des arbeitsgerichtlichen G�te-gedankens untersucht wurden, gilt es, auch unter der gedanklichen �ber-schrift „Ein Blick zur�ck nach vorn“9, der k�nftig mçglichen Entwicklungdes G�tegedankens nachzugehen. Unter anderem auf der Grundlage derErkenntnisse aus der historischen Untersuchung soll insbesondere gekl�rtwerden, welche Bedeutung der gerichtsinternen Mediation im Arbeits-gericht der Zukunft zukommen kann oder mçglicherweise sogar zukommenmuss und welche parallelen oder alternativen Entwicklungen k�nftig pr�-gend sein kçnnten.

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A. Einleitung

8 Vgl. Kissel, DB 1987, 1485.9 Opolony, NZA 2004, 519.

B.Der G�tegedanke in der Gegenwart

I. Das G�teverfahren

Das Kernst�ck des G�tegedankens im arbeitsgerichtlichen Verfahren bildetdas G�teverfahren gem�ß § 54 ArbGG. Die Norm lautet:

„(1) Die m�ndliche Verhandlung beginnt mit einer Verhandlung vor demVorsitzenden zum Zwecke der g�tlichen Einigung der Parteien (G�tever-handlung). Der Vorsitzende hat zu diesem Zwecke das gesamte Streitver-h�ltnis mit den Parteien unter freier W�rdigung aller Umst�nde zu erçrtern.Zur Aufkl�rung des Sachverhalts kann er alle Handlungen vornehmen, diesofort erfolgen kçnnen. Eidliche Vernehmungen sind jedoch ausgeschlos-sen. Der Vorsitzende kann die G�teverhandlung mit Zustimmung der Par-teien in einem weiteren Termin, der alsbald stattzufinden hat, fortsetzen.

(2) Die Klage kann bis zum Stellen der Antr�ge ohne Einwilligung desBeklagten zur�ckgenommen werden. In der G�teverhandlung erkl�rtegerichtliche Gest�ndnisse nach § 288 der Zivilprozessordnung haben nurdann bindende Wirkung, wenn sie zu Protokoll erkl�rt worden sind. § 39Satz 1 und § 282 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung sind nicht anzu-wenden.

(3) Das Ergebnis der G�teverhandlung, insbesondere der Abschluss einesVergleichs, ist in die Niederschrift aufzunehmen.

(4) Erscheint eine Partei in der G�teverhandlung nicht oder ist die G�tever-handlung erfolglos, schließt sich die weitere Verhandlung unmittelbar anoder es ist, falls der weiteren Verhandlung Hinderungsgr�nde entgegenste-hen, Termin zur streitigen Verhandlung zu bestimmen; diese hat alsbaldstattzufinden.

(5) Erscheinen oder verhandeln beide Parteien in der G�teverhandlungnicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Auf Antrag einer Parteiist Termin zur streitigen Verhandlung zu bestimmen. Dieser Antrag kannnur innerhalb von sechs Monaten nach der G�teverhandlung gestellt wer-den. Nach Ablauf der Frist ist § 269 Abs. 3 bis 5 der Zivilprozessordnungentsprechend anzuwenden.“

1. AllgemeinesDas G�teverfahren gem�ß § 54 ArbGG ist Teil der m�ndlichen Verhandlungim arbeitsgerichtlichen Verfahren, ihr aber als besonderer Verfahrens-

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abschnitt vorangestellt.10 Soweit es erstinstanzliche Urteilsverfahren (§§ 2,46 ArbGG) betrifft, handelt es sich um ein obligatorisches Verfahren.11 ImBeschlussverfahren (§§ 2a, 80 ArbGG) hat der Vorsitzende zumindest dieMçglichkeit, ein G�teverfahren anzusetzen, § 80 Abs. 2 Satz 2 ArbGG.

Das grunds�tzliche Erfordernis der G�teverhandlung besteht auch inBerufsausbildungssachen, im Zuge derer bereits ein Schlichtungsverfahrengem�ß § 111 Abs. 2 ArbGG durchgef�hrt wurde12. Ferner kçnnen die Par-teien weder selbst auf das G�teverfahren verzichten noch kann das Arbeits-gericht von seiner Durchf�hrung wegen offenkundiger Aussichtslosigkeitabsehen.13 Die Durchf�hrung des G�teverfahrens kann jedoch durch Nicht-erscheinen oder Nichtverhandeln der Parteien verhindert werden.14

Schließlich existieren auch besondere Prozesskonstellationen, die denG�teversuch entbehrlich machen.15

Das G�teverfahren findet ausschließlich vor dem Vorsitzenden statt, eineBeteiligung der ehrenamtlichen Richter auf der Richterbank ist nicht zul�s-sig.16 Seine Aufgabe ist es, das gesamte Streitverh�ltnis mit den Parteienunter freier W�rdigung der Umst�nde zu erçrtern, § 54 Abs. 1 Satz 2ArbGG. Neben der Aufkl�rung des Sachverhalts17 sind gem�ß § 139 ZPOauch die Rechtslage und die Prozessrisiken aufzuzeigen18. Ferner kçnnenauch wirtschaftliche, soziale und sonstige Erw�gungen, insbesondere auchBilligkeitserw�gungen, mit einbezogen werden.19 Zwar soll, wie sich aus§ 54 Abs. 1 Satz 1 ArbGG und § 57 Abs. 2 ArbGG ergibt, stets auf eine g�tli-

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B. Der G�tegedanke in der Gegenwart

10 D�well/Lipke/Kloppenburg/Ziemann, ArbGG, § 54 Rn. 1; ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 1;Germelmann/Matthes/ M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 1, 11.

11 Bader/Creutzfeldt/Friedrich/Creutzfeldt, ArbGG, § 54 Rn. 1; D�well/Lipke/Kloppenburg/Zie-mann, ArbGG, § 54 Rn. 1; Hauck/Helml/Helml, ArbGG, § 54 Rn. 2, 3.

12 Bader/Creutzfeldt/Friedrich/Creutzfeldt, ArbGG, § 54 Rn. 1; Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 7; Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG,§ 54 Rn. 1.

13 D�well/Lipke/Kloppenburg/Ziemann, ArbGG, § 54 Rn. 6; Hauck/Helml/Helml, ArbGG, § 54Rn. 2; Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 1; a. A. Venrooy, ZfA 1984, 337(342–346).

14 Hauck/Helml/Helml, ArbGG, § 54 Rn. 2; Kramer, G�teverhandlung, S. 118.15 Vgl. die Ausf�hrungen bei Bader/Creutzfeldt/Friedrich/Creutzfeldt, ArbGG, § 54 Rn. 1; Erf-

Komm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 2; Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann,ArbGG, § 54 Rn. 7.

16 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 4; D�well/Lipke/Kloppenburg/Ziemann, ArbGG, § 54 Rn. 5;Hauck/Helml/Helml, ArbGG, § 54 Rn. 7; Ostrowicz/K�nzl/Scholz/K�nzl, Handbuch, Rn. 213.

17 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 4.18 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 4; Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 9; zur

richterlichen Aufkl�rungspflicht vgl. Schm�dicke, NZA 2007, 1029.19 Francken, NJW 2006, 1103 (1105); Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germel-

mann, ArbGG, § 54 Rn. 23; Hauck/Helml/Helml, ArbGG, § 54 Rn. 10; Schwab/Weth/Ber-scheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 9.

che Einigung hingewirkt werden, ein �berm�ßiges Dr�ngen auf eine Verfah-rensbeendigung hat jedoch zu unterbleiben.20

2. Verh�ltnis zum G�teverfahren der ZPO§§ 278, 279 ZPO, welche die G�teverhandlung im zivilprozessualen Verfah-ren regeln, sind neben den Regelungen zum arbeitsgerichtlichen G�tever-fahren nicht vollst�ndig anwendbar. Dies leuchtet auch ein, schließlichlehnt sich gerade § 278 ZPO an die Regelungen zum arbeitsgerichtlichenG�teverfahren an, tr�gt sogleich aber den zivilprozessualen BesonderheitenRechnung21. § 57 Abs. 2 ArbGG, wonach die g�tliche Erledigung desRechtsstreits w�hrend des ganzen Verfahrens angestrebt werden soll, geht§ 278 Abs. 1 Satz 1 ZPO als Sonderregelung vor. Dar�ber hinaus wird § 278Abs. 3 ZPO durch § 51 Abs. 1 ArbGG verdr�ngt. § 54 Abs. 1 bis 3 ArbGGverdr�ngt § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO22. Demgegen�ber sollen § 278 Abs. 5S�tze 2 und 3 sowie § 278 Abs. 6 ZPO23 mangels vergleichbarer Regelungenin § 54 ArbGG anwendbar sein.24 Nach anderer Ansicht darf die außerge-richtliche Streitschlichtung indes nicht in jeder Lage des Verfahrens an-geregt werden. Der Beschleunigungsgrundsatz gem�ß § 9 Abs. 1 ArbGGverbiete die Anwendung des § 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO. Lediglich einegemeinschaftskonforme Auslegung der sogenannten „Mediationsrichtlinie“(RL 2008/52/EG) kann f�r den grenz�berschreitenden Verkehr Abweichen-des zulassen.25

Mit Blick darauf, dass die Durchf�hrung des arbeitsgerichtlichen G�te-verfahrens obligatorisch ist und �berdies im gesamten Verfahren auf eineg�tliche Einigung hingewirkt werden soll, § 57 Abs. 2 ArbGG, l�sst sichdie grunds�tzliche Unanwendbarkeit des § 278 Abs. 5 Satz 2 gut vertreten.Dem G�tegedanken wird durch die zwingende G�teverhandlung und dasweitere Streben nach einer g�tlichen Erledigung im Kammertermin hinrei-chend Rechnung getragen. Dies macht die Anregung einer außergericht-lichen Streitschlichtung im Grundsatz entbehrlich. Die Bedeutung desBeschleunigungsgrundsatzes tritt somit weiter in den Vordergrund. Dieserkçnnte durch eine ausufernde außergerichtliche Schlichtung jedenfallsdann empfindlich gestçrt werden, wenn sich diese als erfolglos erweist.Zwar darf nicht vergessen werden, dass eine außergerichtliche Streit-schlichtung gegen�ber einer gerichtlichen beispielsweise psychologische

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I. Das G�teverfahren

20 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 4; Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 10.21 Vgl. die Einzelbegr�ndung zum „Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses“, BT-

Drs. 14/4722, S. 83.22 Vgl. hierzu auch Busemann, ZTR 2009, 11 (12) m. w. N.23 Ausf�hrlich hierzu Nungeßer, NZA 2005, 1027.24 Vgl. insgesamt Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54

Rn. 2ff.25 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 1.

Vorteile beinhalten kann, die letztlich wiederum dem G�tegedanken zugute-k�men. In Anbetracht dessen, dass die außergerichtliche Streitschlichtungvielgestaltig mçglich ist und neben anderen Defiziten eine einheitlicheQualit�tssicherung bislang nicht gew�hrt werden kann, bleibt die Gefahreiner Verfahrensverzçgerung ohne nennenswerte Vorteile f�r eine g�tlicheErledigung jedoch betr�chtlich.

3. Inhalt

a) § 54 Abs. 1 ArbGG§ 54 Abs. 1 Satz 1 ArbGG benennt als Zweck des G�teverfahrens die g�tli-che Einigung der Parteien. Was jedoch jene „g�tliche Einigung“ beinhaltet,bleibt offen. Streng grammatisch betrachtet m�sste �ber den betreffendenStreitpunkt ein Konsens zwischen den Parteien erzielt werden.26 Nach all-gemeiner Ansicht kçnnen jedoch auch Klager�cknahme (vgl. § 54 Abs. 2Satz 1 ArbGG), Verzicht (§ 306 ZPO), Anerkenntnis (§ 307 ZPO) und beider-seitige Erledigungserkl�rungen eine „g�tliche Einigung“ im Sinne der Vor-schrift sein.27 Ein Konsens zwischen den Parteien ist f�r diese Modalit�tenindes nicht zwingend kennzeichnend. Das Gesetz, dessen Wortlaut daherungenau anmutet, muss insoweit davon ausgehen, dass das erzielte Ergeb-nis das G�teverfahren bereits rechtfertigt28, welches „lediglich“ in besonde-rem Maße der Herbeif�hrung einer g�tlichen Einigung dient29. Die Hervor-hebung der g�tlichen Einigung im Gesetzestext ist dann letztlich nurAusdruck des in § 57 Abs. 2 ArbGG enthaltenen Grundsatzes, wonach eineg�tliche Erledigung in jeder Lage des Rechtsstreits angestrebt werden soll.30

Allerdings kçnnen die oben dargestellten Modalit�ten selbst eine „g�tli-che Einigung“ beider Parteien zur Grundlage haben. Insoweit kann demGesetzeswortlaut also durchaus entsprochen werden.

Die Erçrterung des Sachverhalts unter freier W�rdigung aller Umst�ndedurch den Vorsitzenden, § 54 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, ist eingangs bereits n�herbeleuchtet worden. Nachzutragen sei insoweit, dass diese Erçrterung soumfassend vorzunehmen ist, dass einer nicht rechtskundig vertretenen Par-

22

B. Der G�tegedanke in der Gegenwart

26 Gift/Baur/Baur, Teil E Rn. 577; Venrooy, ZfA 1984, 337 (339).27 Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 1; Lansnicker/

Lansnicker, Prozesse in Arbeitssachen, § 2 Rn. 136; Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG,§ 54 Rn. 14; Venrooy, ZfA 1984, 337 (339).

28 Venrooy, ZfA 1984, 337 (339).29 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 1.30 D�well/Lipke/Kloppenburg/Ziemann, ArbGG, § 54 Rn. 1; Germelmann/Matthes/M�ller-

Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 1; �hnlich Henssler/Willemsen/Kalb/Ziemann,Arbeitsrecht, § 54 ArbGG Rn. 1.

tei ermçglicht wird, die streitige Verhandlung vor der Kammer, gegebenen-falls unter Beachtung der vom Gericht erteilten Auflagen, vorzubereiten.31

Was die Sachverhaltsaufkl�rung gem�ß § 54 Abs. 1 Satz 3 ArbGG betrifft,so ist der Vorsitzende in seinen Mitteln beschr�nkt. Eidliche Vernehmun-gen werden bereits durch § 54 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ausgeschlossen. Diesl�sst jedoch nicht darauf r�ckschließen, uneidliche Vernehmungen seienzul�ssig!32 Informelle Anhçrungen von Zeugen, Sachverst�ndigen und Par-teien sind im �brigen statthaft.33 Die Durchf�hrung einer Beweisaufnahmeist hingegen grunds�tzlich unzul�ssig.34

Die G�teverhandlung ist grunds�tzlich in einem Termin durchzuf�hren.Laut § 54 Abs. 1 Satz 5 ArbGG ist es jedoch zul�ssig, im ausdr�cklicherkl�rten Einverst�ndnis aller Beteiligten eine zweite G�teverhandlung35

durchzuf�hren, die allerdings alsbald, das heißt regelm�ßig binnen zweiWochen, stattfinden muss.36 Schon die Begr�ndung zum Entwurf des soge-nannten „Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetzes“ aus dem Jahr 200037

stellte explizit klar, dass es sich nur um einen weiteren Termin handelnsoll. Der Gedanke, dass die Parteien aufgrund des Ergebnisses der G�tever-handlung und der dabei erçrterten Rechtsfragen geneigt sein kçnnen, dochnoch eine g�tliche Einigung anzustreben38, kann in einem zweiten Terminunmittelbar die Fr�chte des ersten Termins tragen und somit von besonde-rem Nutzen sein. Eine Ausdehnung dieses Gedankens auf weitere Terminew�rde nicht nur diese Unmittelbarkeit verw�ssern, sondern ist schon mitBlick auf § 57 Abs. 2 ArbGG vçllig unnçtig. Außerdem w�re eine solcheAusdehnung dem Beschleunigungsgrundsatz des § 9 Abs. 1 ArbGGschlechtweg abtr�glich.

b) § 54 Abs. 2 ArbGGNach § 54 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ist die Klager�cknahme bis zum Stellen derAntr�ge ohne Einwilligung des Beklagten mçglich. Hieraus ist zum einenrichtigerweise zu folgern, dass eine Klager�cknahme statthaft ist. Zumanderen kçnnte man meinen, dass die Stellung von Antr�gen durch die Par-

23

I. Das G�teverfahren

31 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 4; LAG Niedersachsen, Urt. v. 12. 12. 1989 – 6 Sa 357/89,LAGE ArbGG 1979 § 56 Nr. 2.

32 Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 11.33 Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 24 m. w. N.;

Schwab/Weth/Berscheid/ Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 11.34 Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 26; Gift/Baur/

Baur, Teil E Rn. 611.35 Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 35; Lembke,

Mediation, S. 141 m. w. N.36 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 4 geht entgegen der herrschenden Ansicht indes davon aus,

dass auch „(. . .) eine zweite oder weitere G�teverhandlungen (. . .)“ zul�ssig sind.37 BGBl. I 2000, S. 333.38 BT-Drs. 14/626, S. 9.

teien ein Bestandteil des G�teverfahrens sei. Dies ist jedoch, ebenso wie dieFormulierung dieser Vorschrift, verfehlt. Es soll n�mlich lediglich klar-gestellt werden, dass Klageantr�ge erst zu Beginn der streitigen Verhand-lung gestellt werden.39 Eine Antragstellung schon w�hrend des G�tever-fahrens w�re mit seinen Besonderheiten, n�mlich der ungehindertenErçrterung des Rechtsstreits und der g�tlichen Beendigung des Verfahrens,nicht zu vereinbaren40 und wird folgerichtig allgemein abgelehnt41.

Gem�ß § 54 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ist das in der G�teverhandlung erkl�rtegerichtliche Gest�ndnis nur wirksam und hat Bindungswirkung, wenn eszu Protokoll genommen worden ist. Prozesshindernde Einreden bleibennach § 54 Abs. 2 Satz 3 ArbGG erhalten, auch wenn sie in der G�teverhand-lung nicht vorgebracht werden.42 Auch dies ist dem Umstand geschuldet,dass eine mçglichst unbefangene Erçrterung des Streitverh�ltnisses letzt-lich die Chance zur g�tlichen Einigung erhçhen soll.

c) § 54 Abs. 3 ArbGGWelche Resultate im Rahmen der G�teverhandlung nach allgemeinerAnsicht mçglich sind, wurde bereits angedeutet. Der Wortlaut des § 54Abs. 3 ArbGG macht jedoch deutlich, dass dem Abschluss eines Vergleichsinsoweit besondere Bedeutung zukommt. Gemeint ist ein Prozessvergleichgem�ß § 794 ZPO. Diesem kommt eine rechtliche Doppelnatur zu, ist erdoch einerseits eine Prozesshandlung und andererseits ein privatrecht-licher Vertrag.43 In der Praxis ist er das am h�ufigsten anzutreffende Ergeb-nis der G�teverhandlung.44 Die Protokollierungspflicht ergibt sich bereitsaus § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Ferner ist § 162 Abs. 1 ZPO zu beachten.45

d) § 54 Abs. 4 ArbGGDem Nichterscheinen einer Partei gem�ß § 54 Abs. 4 ArbGG steht ihr Nicht-verhandeln, vgl. §§ 333, 334 ZPO, gleich.46 Die Voraussetzungen, unterdenen dann ein Vers�umnisurteil erlassen werden kann, richten sich nach

24

B. Der G�tegedanke in der Gegenwart

39 D�tz, RdA 1980, 81 (85); Gift/Baur/Baur, Teil E Rn. 596.40 Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 37 m. w. N.;

Gift/Baur/Baur, Teil E Rn. 594; Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 11.41 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 4; Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germel-

mann, ArbGG, § 54 Rn. 37; Gift/Baur/Baur, Teil E Rn. 594; LAG M�nchen, NZA 1989, 863;Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 11.

42 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 4.43 BAG, Urt. v. 20. 04. 1983 – 4 AZR 497/80, AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II; BAG, Urt. v. 05. 08. 1982 –

2 AZR 199/80, AP Nr. 31 zu § 794 ZPO; Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germel-mann, ArbGG, § 12 Rn. 22.

44 Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 15.45 Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 24.46 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 10; Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germel-

mann, ArbGG, § 54 Rn. 58; Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 15.

den §§ 330ff. ZPO.47 Zun�chst muss die entsprechende Partei jedoch ord-nungsgem�ß geladen worden sein.48 Die sich dann nach § 54 Abs. 4 Halb-satz 1 ArbGG unmittelbar anschließende Verhandlung ist eine streitige Ver-handlung vor dem Vorsitzenden allein, vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG.

„Erfolglos“ ist die G�teverhandlung dann, wenn in ihr keine Verfahrens-beendigung erreicht worden ist. Erfolglosigkeit ist auch bei Anerkenntnisund Verzicht zu verzeichnen, weil dann noch nicht unmittelbar eine ver-fahrensbeendigende Wirkung eintritt. Dies ist erst durch Anerkenntnis-oder Verzichtsurteil mçglich, welche aber erst in der sich anschließendenstreitigen Verhandlung ergehen kçnnen.49

e) § 54 Abs. 5 ArbGGNach § 54 Abs. 5 Satz 1 ArbGG ist bei Nichterscheinen oder Nichtverhan-deln beider Parteien das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Das Gesetzr�umt insoweit kein Ermessen ein. Stellt sodann eine Partei den Antragauf Anberaumung eines neuen Termins, muss dem nachgekommen werden,§ 54 Abs. 5 Satz 2 ArbGG. Hierf�r ist eine Frist von 6 Monaten nach derG�teverhandlung vorgesehen, § 54 Abs. 5 Satz 3 ArbGG. Bei Vers�umungdieser Frist greift Absatz 5 Satz 4. Danach gilt die Klage mit der Kostenfolgedes § 269 Abs. 3–5 ZPO als zur�ckgenommen.50 Es handelt sich insoweitalso um eine Fiktion.51 Voraussetzung ist aber auch hier, dass dem eine ord-nungsgem�ße Terminansetzung vorangegangen war.52

Im �brigen findet die Vorschrift nur Anwendung, wenn das Ruhen imRahmen der G�teverhandlung angeordnet worden ist.53

4. ZweckDie Frage nach dem Zweck des arbeitsgerichtlichen G�teverfahrens l�sstsich insbesondere mit Blick auf den Wortlaut von § 54 Abs. 1 Satz 1 ArbGGleicht beantworten:

„Die m�ndliche Verhandlung beginnt mit einer Verhandlung vor dem Vor-sitzenden zum Zwecke der g�tlichen Einigung der Parteien (G�teverhand-lung).“

25

I. Das G�teverfahren

47 Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 57.48 Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 56.49 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 7; vgl. insgesamt Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�t-

ting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 49.50 Vgl. LAG D�sseldorf, Beschl. v. 31. 3. 1982 – 7 Ta 52/82, LAGE ArbGG 1979 § 54 Nr. 1.51 Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 42.52 ErfKomm/Koch, § 54 ArbGG Rn. 10; LAG D�sseldorf, Beschl. v. 24. 7. 1986 – 7 Ta 218/86,

LAGE ArbGG 1979 § 54 Nr. 3.53 Schwab/Weth/Berscheid/Korinth, ArbGG, § 54 Rn. 42.

Dieser Zweck besteht laut Gesetzgeber folglich jedenfalls in der g�tlichenEinigung der Parteien.54 Teile des Schrifttums formulieren weitergehend,dass zwar die Befriedung der Parteien bezweckt wird, im Falle des Schei-terns dieses Unterfangens aber die Vorbereitung der streitigen Verhandlungin den Mittelpunkt des Interesses r�cke.55

Dass der Gesetzestext selbst die g�tliche Einigung bereits als (Haupt-)-Zweck benennt, bedeutet jedenfalls nicht, dass das G�teverfahren keineweiteren Ziele verfolgt.56 An dieser Stelle machen sich besagte sprachlicheDefizite der Legaldefinition des § 54 Abs. 1 Satz 1 ArbGG nochmals be-merkbar. Geht man n�mlich mit der allgemeinen Ansicht konform, dassauch Klager�cknahme, Verzicht, Anerkenntnis und beiderseitige Erledi-gungserkl�rungen als Ergebnis im Sinne des G�teverfahrens anerkannt wer-den57, liegt gemessen am allgemeinen Sprachempfinden regelm�ßig geradekeine „g�tliche Einigung“ vor.

Im �brigen wird auf die klassischen Prozesszwecklehren des Zivilpro-zessrechts verwiesen, namentlich den Schutz subjektiver Rechte, dieBew�hrung objektiven Rechts, Rechtsfrieden und Rechtsgewissheit.58

Abschließend verbleibt die Prozessçkonomie zu erw�hnen. Zwar stehtdie einvernehmliche Streitbew�ltigung im Vordergrund, jedoch kann undsoll diese auch dazu dienen, die Konfliktlçsung zu beschleunigen und diestaatlichen Gerichte zu entlasten.59 § 57 Abs. 2 ArbGG, der den Grund-gedanken von § 54 Abs. 1 ArbGG aufnimmt60, entspricht § 278 Abs. 1ZPO61. F�r § 278 ZPO wurde indes ausdr�cklich klargestellt, dass dieserauch der Prozesswirtschaftlichkeit dient.62 Dementsprechend muss auch§ 54 ArbGG im Lichte der Prozessçkonomie betrachtet werden, wenn auchnur untergeordnet. Dies ergibt sich ferner auch aus dem Beschleunigungs-grundsatz.

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B. Der G�tegedanke in der Gegenwart

54 So auch Lansnicker/Lansnicker, Prozesse in Arbeitssachen, § 2 Rn. 134; Wieser, Arbeits-gerichtsverfahren, Rn. 144.

55 Bader/Creutzfeldt/Friedrich/Creutzfeldt, ArbGG, § 54 Rn. 2; D�well/Lipke/Kloppenburg/Ziemann, ArbGG, § 54 Rn. 1; Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann,ArbGG, § 54 Rn. 1; Hauck/Helml/Helml, ArbGG, § 54 Rn. 4; Kramer, G�teverhandlung, S. 91,94.

56 Germelmann/Matthes/M�ller-Glçge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 1; Venrooy, ZfA1984, 337 (339 ff.).

57 Vgl. oben B. III. 1.58 Kramer, G�teverhandlung, S. 94.59 BVerfG, Beschl. v. 14. 02. 2007 – 1 BvR 1351/01, NJW-RR 2007, 1073 (1074).60 D�well/Lipke/Kloppenburg/Ziemann, ArbGG, § 54 Rn. 1; Germelmann/Matthes/M�ller-Glç-

ge/Pr�tting/Germelmann, ArbGG, § 54 Rn. 1; § 57 Rn. 23.61 D�well/Lipke/Kloppenburg/Ziemann, ArbGG, § 57 Rn. 24; Hauck/Helml/Helml, ArbGG, § 57

Rn. 1.62 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann/Hartmann, ZPO, § 278 Rn. 6; Zçller/Greger, ZPO,

§ 278 Rn. 1, 7.

II. Mediation im Arbeitsrecht

Bevor sich die Betrachtung der Thematik „Mediation im Arbeitsrecht“ endetail annimmt, erscheint ein knapper �berblick �ber die Mediation imAllgemeinen f�r die folgenden Untersuchungen Verst�ndnis fçrdernd undsomit außerordentlich hilfreich, obschon sich bereits zahlreiche andereAutoren mit diesem Thema in aller Ausf�hrlichkeit befasst haben63.

1. Mediation im AllgemeinenMediation ist eine Konfliktlçsungsmethode, die sich in den letzten f�nfJahrzehnten zun�chst in den USA, sp�ter auch in europ�ischen Staatenwie Großbritannien, Irland und den Niederlanden etablierte und seit denAchtzigerjahren auch in Deutschland zunehmend Beachtung findet.64

Mediation l�sst sich im Wesentlichen als ein freiwilliges nichtçffent-liches Verfahren zur g�tlichen Streitbeilegung beschreiben, welches anbesonderen Prinzipien ausgerichtet ist sowie vor einem neutralen Vermitt-ler (Mediator) stattfindet. Dieser verf�gt zwar �ber keinerlei Entscheidungs-kompetenz, er ist jedoch besonders zur Vermittlung bef�higt und soll dieParteien bei der einvernehmlichen Lçsung ihres Konflikts unterst�tzen,welche abschließend vertraglich zu fixieren ist.65

Neben der Freiwilligkeit und der Nichtçffentlichkeit des Mediationsver-fahrens besteht ein weiterer wesentlicher Unterschied zu Gerichtsverfahrendarin, dass diese traditionell vergangenheitsbezogen sind, w�hrend sich dieMediation f�r ihre Konfliktlçsung (auch) an der Zukunft orientiert66. Esgeht also nicht nur darum, einen bestehenden Streit jeweils interessenge-recht zu lçsen, sondern auch um die Vermeidung von Spannungen im k�nf-tigen Miteinander der Parteien.

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II. Mediation im Arbeitsrecht

63 Vgl. z. B. Albrecht, Mediation, Frankfurt a.M. u. a. 2001; Breidenbach, Mediation, Kçln 1995;Breidenbach/Peres, SchiedsVZ 2010, 125 ff. Homfeld, Mediation, Univ. Diss., Bonn 2006;Lembke, Mediation, Heidelberg 2001; Lenz, Mediation, Wien 2008; Montada/Kals, Mediation,2. Aufl., Weinheim, Basel 2007; Zartmann, Mediation, Univ. Diss., Kçln 2003.

64 Hoyningen-Huene, JuS 1997, 352; zur gleichwohl noch relativ bescheidenen Inanspruch-nahme in Deutschland vgl. Tçgel, in: Greger/Unberath, S. 30; Trenczek, SchiedsVZ 2008, 135und 139f.

65 Albrecht, Mediation, S. 25; Gottwald, WM 1998, 1257 (1260); ausf�hrlich zur Vertraulich-keits-Problematik Casper/Risse, ZIP 2000, 437 (438); Dendorfer/Krebs, MittBayNot 2008, 86 f.;Eckardt/Dendorfer, MDR 2001, 786; Groth/Bubnoff, NJW 2001, 338; Lembke, Mediation, S. 41;M�hler/M�hler, NJW 1997, 1262 (1263); Nistler, JuS 2010, 685ff.; R�ssel, NJW 2000, 2800(2801f.); Schçpflin, JA 2000, 157 (163); Thau/Pusch, AuA 1997, 343; Trenczek, ZRP 2008,186 (187) anschaulich zur Abgrenzung von der Schlichtung; ders., SchiedsVZ 2008, 135(136); Bargen, EuR 2008, 200 (203); zu psychologischen Aspekten der Mediation vgl. Ittner,in: Joussen/Unberath, S. 27ff. sowie Montada, in: Greger/Unberath, S. 5 ff.; Montada/Kals,Mediation, 2. Aufl., Weinheim, Basel 2007.

66 M�hler/M�hler, NJW 1997, 1262 (1264); Risse, NJW 2000, 1614f.; Bargen, EuR 2008, 200 (203).