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Die erstarrte Gesellschaft Zum Verlust des Gemeinsinns?

Die erstarrte Gesellschaft Zum Verlust des Gemeinsinns? · Jean-Luc Nancy –Französischer Philosoph: Wir sind nie „außer Gemeinschaft“ Konzept in Deutschland kaum verbreitet

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Die erstarrte

Gesellschaft –Zum

Verlust des

Gemeinsinns?

Wer hat den Begriff Soziale

Arbeit/Sozialpädagogik

geprägt?

Soziale Arbeit/Sozialpädagogik

Zwei frühe Ansätze: Karl Wilhelm Eduard Mager (1795-1866) im Jahre1844 evtl. Karl Hermann Scheidler (1795-1866)

Oder :

A. Diesterweg ((1799-1860) im Jahre 1854,

(Quelle: Engelke/Spatscheck/Borrmann 2009)

Den Aspekt Gemeinschaft rückt

Natorp in den Blickpunkt

Paul Natorps Werk: „Gesammelte

Abhandlungen zur Sozialpädagogik“

(Stuttgart 1907)

Definition

„Die [..] notwendige Wechselbeziehung der

Begriffe Bildung [des Einzelnen] und

Gemeinschaft in Erinnerung zu halten soll der

Ausdruck „Sozialpädagogik“ uns dienen“

(Natorp 1907: 1).

Paradigmen der Sozialen Arbeit

Begriff ausformuliert von

Thomas Kuhn:

„Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“

(Frankfurt a.M. 2009)

Paradigmen sind:

Theorien, Konzepte, Modelle, die Gültigkeit

beanspruchen und erklären wollen.

Sie sind im übertragenen Sinn Landkarten zur

Orientierung.

Schreiben Sie bitte ein zentrales Paradigma der

Sozialen Arbeit auf eine Karte

Theoretische Ansätze nach Thole

-Lebenswelt, (Thiersch)

-Hilfe, (Hillebrandt)

-Soziale Probleme/Menschenrechte, (Staub-

Bernasconi)

-Bildung, (Sünker)

-Reflexive Sozialpädagogik, (Dewe/Otto)

-Lebensbewältigung und

-Capability(ies) (Fähigkeitsansatz) (Ziegler/Oelkers)

-Sozialarbeitswissenschaft (Scherr/Engelke)

-(Agency wäre zu ergänzen, (Homfeldt/Schroer/Schweppe)

Quelle: W. Thole (Hg.) (2011), Grundriss Soziale Arbeit .Wiesbaden

Disziplin

Abgrenzbarer Bereich ( Ausschnitt: Sozialer Probleme nach Mollenhauer)

Wissenschaftliche Methoden/Forschung

Theorien und Paradigmen

Geschichte

Was ist eine Profession?

Aufgabenbereiche in einer spezifischen Praxis

Handlungskönnen (Anwendung spezifischer

Methoden)

Berufliche Standards:

Ethos, beruflicher Habitus

Berufliche Organisation

Thole: in: „Grundriss Soziale

Arbeit“

Es gibt nicht die theoretische Perspektive,

Das handelnde Subjekt ?

Neuere Ansätze betonen die

Handlungsbefähigung und -wunsch (capability):

(the various things a person may value being and

doing (Sen, 1999:75)

Und die agency ( Fähigkeit to act upon the own

world ) (Homfeldt/Schröer/Schweppe 2008)

Leitthema:

Wird der Gemeinschaftsbezug vernachlässigt?

Gesellschaftstheorie(n)

Gesellschaft im

Wandel

Gesellschaftliche

Entwicklung voller

Widersprüche

Moderne/Postmoderne

nicht mit Modernität zu

verwechseln

Reflexive Modernisierung

Meint nicht nur Selbstreflexion, sondern

Unsicherheit

Polarisierung

Vertrauen und Risiko

Menschen werden aus Bindungen herausgelöst

(Beck, Giddens, Lash)

Beck schreibt:

„Es geht um die unbeabsichtigten Nebenfolgen

der Moderne“

„Große Erzählungen“

Giddens: Entbettung der Menschen

Beck: Individualisierung und Pluralisierung

Castells: Networksociety (in or out)

Huntington: Kampf der Kulturen

Bauman: Modernisierung führt zur Exklusion

Rosa: Zeit als zentrale Kategorie

Gemeinschaft

Paul Natorp

Ferdinand Tönnies (Soziologe)

Beide fragen schon um 1900 nach dem

Stellenwert von Gemeinschaften

Gemeinschaft versus Gesellschaft?

Was kennzeichnet Sie?

Bitte auf je ein Karte notieren

F. Tönnies

Tönnies 1887:

Gemeinschaft: Das Gefühlhafte, Organismus,

Hilfsbereitschaft

Gesellschaft: Maschine, Abstrakte, Formelle

P.Natorp (1908)

Gemeinschaft:

Wesentliche geistige Inhalte des Daseins,

Gemeinschaft ist Lebensauffassung und

Lebensarbeit.

Konzeption einer Sozialhilfe zur

Wiederherstellung und Festigung von

Gemeinschaft – Gestaltung des

Gemeinschaftslebens

„Der Mensch bildet sich zum Menschen in

Zum Missbrauch des Begriffs:

Gemeinschaftsfähige und Auszumerzende

Gemeinschaftserziehung als Lagerpädagogik und

Ausgrenzung (Moringen/Uckermark:

„Jugendschutzlager“)

R. Hitzler (2008)

Gemeinschaft:

- Abgrenzung gegenüber einem Nicht-Wir,

-Gefühl der Zusammengehörigkeit

-geteiltes Interesse

-anerkannte Wertsetzung

-gemeinsame Interaktions(zeit)räume

Die Kommunitaristen

A. Etzioni, amerikanischer Soziologe, die

„Verantwortungsgesellschaft“

Charles Taylor, kanadischer Philosoph. Moral

map. („Sozialmoralische Landkarten“)

Jean-Luc Nancy – Französischer Philosoph:

Wir sind nie „außer Gemeinschaft“

Konzept in Deutschland kaum verbreitet

Überblicke zur Gemeinschaft

H. Rosa u.a. : Gemeinschaft ( Kritischer Blick)

R. Hitzler u.a.: „Posttraditionale

Gemeinschaften“

Jutta Spitta: „Zur Renaissance eines Begriffs“-

Es geht um das Gemeinsame, hier als Gemein-

Begriff definiert – alles umfassend

Elinor Ostrom „Was mehr wird, wenn wir

teilen“ – Zur Nutzung gemeinsamer Ressourcen

Der Blick auf den Einzelnen

These:

Bildungsinstitutionen sind derzeit primär an der

Förderung und Unterstützung des Einzelnen

orientiert!

Veränderungen innerhalb der

Gesellschaft?Deutschland „älteste“ Gesellschaft in Europa

Geburtenziffer konstant niedrig

Entmischung Land/Stadt

Schwindet der gesell. Konsens?

Alt gegen Jung – Der Methusalemkonflikt fällt

aus

Armut nimmt zu: Jeder 10. trotz Arbeit arm

(IL0, zitiert nach SZ v.19.5.: 23)

Arm-Reich

Stiglitz: 1% versus 99%

Schirrmacher:

Ökonomie überlagert

alles

Soziale Milieus lösen

sich auf

Es gibt kaum mehr klar abgrenzbare

Schichten

Lebenslagen: Entgrenzt,

individualisiert und

verdichtet

G. Schulze, „Die

Erlebnisgesellschaft“5 Milieus:

Integrationsmilieu,

Harmoniemilieu

Selbstverwirklichungsmilieu

Unterhaltungsmilieu und

Niveaumilieu (bürgerl.)

(Sinusstudien unterscheiden 10 Milieus)

S. Lessenich

Das Soziale wird „neu“ erfunden:

Umgestaltung des Sozialen, der Mensch muss

das Soziale selbst gestalten, die „Wohlfahrt“

schwindet, das Risiko trägt der Einzelne

Vergemeinschaftung des Subjekts:

Selbstmanagement und Aktivierung der Lebensführung

Beschleunigung der

Lebensprozesse ist das

Stichwort der ModerneHier Analysen von Hartmut Rosa

wegweisend

Pädagogik/Soziale Arbeit folgt dem

- Vorschulbereich: Gezielte Kenntnisvermittlung

- Private Kindertagesstätten für Gutverdienende

- Prozess: Verden Jobzenter (HAZ v. 24.5.16)

Auswirkung der Verdichtung

Vielfalt steigt (Soziale Arbeit im Kern der

Gesellschaft)

Aushandeln schwindet, der Dialog geht verloren

Zunahme externer und interner

Controlingverfahren – Beispiel Verden

Verantwortung nimmt zu

Drei Aspekte der

Sozialarbeitsentwicklung:

Mitglied im Orchester der Verdichter (Mitwirkungspflicht und Sanktionen) - Jobbörse

Wellnesscombo ( Soziale Arbeit als Kompensation für Leistung),

Exklusionskapelle (Bootcamps), geschlossene Unterbringung

(Mike Seckinger, Verdichtung der Jugendphase in: SOS-Dialog, Jugendliche zwischen Aufbruch und Anpassung. Fachmagazin des SOS-Kinderdorfes e.V. 2007)

Prognose:

Uneindeutigkeit moderner Gesellschaften

wächst,

Exklusion schreitet mit Modernisierung einher

Ist der Exklusionsbegriff noch zutreffend –oder

sind tendenziell alle exkludiert?

Z. Bauman

„Wir alle sind Spieler“

4 Typen: - Pilger

- Spieler

- Tourist

- Ausgeschlossene/Vagabunden

Ambivalenz ist das Stichwort

Simmel entwirft schon 1890 das Konzept der Ambivalenz:

Entwicklung die „Zwiespältigkeit“ erzeugt und ständig neu produziert

Dennoch:

Der Blick nicht nur auf das Trennende!

Förderung des Gemeinsinns

Wie lässt sich Gemeinsinn fördern?

Bildungs- und Erziehungspartnerschaften als

ein Ansatz?

Umgestaltung der Schule? Glück als Fach?

Was bedeutet würdiges Leben?

(Capability-Approach, „Nudgen“)

Neuere Gesellschaftstheorie sieht die

Entwicklung eher problematisch

Doch in der Gesellschaft gibt es vielfältige

soziale Bezüge (Ehrenamt etc.)

Soziale Aktivierung:

Gemeinschaft im Wandel

verändernde Formen von Gemeinschaften:

Projektorientiert, zeitlich begrenzt, zielorientiert,

fluide und offener -Zeitungsberichte

Bürgerschaftl. Engagement (Ost-West) (Beetz

et.al. 2014)): Statusorientiert/Mitreden vs.

Mitmachen

Soziale Arbeit und (Stadtteil)Initiativen

Ehrenamt und Beruf

Fazit:

Der Blick auf Gemeinschaft(en) wichtig:

Entideologisieren,

Natorp adaptieren,

Dahrendorf: Der Mensch lässt sich im Schatten

der Gesellschaft nieder!

Auch der Eremit ist Teil einer Gesellschaft!

Forschungslücke

Perspektiven

Was ist aus Ihrer Sicht das zentrale Leitbild der

Sozialen Arbeit?

Bitte auf Karte schreiben!

Soziale Arbeit soll dazu beitragen, ……………