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TREFFPUNKT FORSCHUNG | Zur Identifizierung und Quantifi- zierung der polymorphen Allele wur- den die entsprechenden Gen- abschnitte zunächst mit Hilfe der Po- lymerasekettenreaktion vervielfältigt. Die unterschiedlichen Allele wurden anschließend durch eine Primer-Ex- tension-Reaktion differenziert (Abb. 3) und mittels Massenspektroskopie analysiert. Bei der Analyse des Plasmas von 57 Schwangeren mit karyotypisch normalen Föten und 10 Schwan- geren, deren Föten Trisomie 21 auf- wiesen, konnte die Trisomie in 90 % der positiven Fälle nachgewiesen und in 96,5 % der normalen Fälle ausgeschlossen werden. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass diese noch rein experi- mentellen Untersuchugen auf der Analyse eines einzigen Polymorphis- mus beruhen und die Präzision durch weitere Optimierung sowie durch zusätzliche Marker-RNAs bzw. Polymorphismen gesteigert werden kann. Auch die Einschränkung der Me- thode auf Fälle, in denen der Fötus heterozygot für den entsprechenden Polymorphismus ist (in dem unter- suchten Fall ca. 50 %), kann durch die Identifizierung und Analyse wei- terer Marker weitgehend aufgehoben werden. Aber auch mit diesen Einschrän- kungen hat der Test bereits das Potential, die Zahl der erforderlichen invasiven Tests stark einzuschränken. Ferner ist die Methode prinzipiell auch zur pränatalen Identifizierung anderer Trisomieformen anwendbar. Auch die Analyse anderer Zelltypen, die RNA ins Plasma abgeben, wie z. B. Krebszellen, ist denkbar. Die Vorteile gegenüber den der- zeitig verfügbaren Tests lassen sich wie folgt zusammenfassen: Der Test ist eine routinemäßig an- wendbare und eine nicht-invasive Methode zur Analyse von zahlen- mäßigen Chromosomenstörungen. Ein einziger Test erreicht bereits die gleiche Präzision wie die Kom- bination herkömmlicher nicht-in- vasiver Testmethoden. Der Test ist unabhängig vom Zeit- punkt der Schwangerschaft. Testergebnisse können in kurzer Zeit erhalten werden. [1] Lo YM, Tsui NB, Chiu RW, Lau TK, Leung TN, Heung MM, Gerovassili A, Jin Y, Nicolai- des KH, Cantor CR, Ding C: Plasma placen- tal RNA allelic ratio permits noninvasive prenatal chromosomal aneuploidy detec- tion. Nat Med 13 (2007), 218-223. [2] Ng EK, Tsui NB, Lau TK, Leung TN, Chiu RW, Panesar NS, Lit LC, Chan KW, Lo YM: mRNA of placental origin is readily detec- table in maternal plasma. Proc Natl Acad Sci USA 100 (2003),4748-4753. [3] Tsui NB, Chim SS, Chiu RW, Lau TK, Ng EK, Leung TN, Tong YK, Chan KC, Lo YM: Syste- matic micro-array based identification of placental mRNA in maternal plasma: towards non-invasive prenatal gene expression pro- filing. J Med Genet 41 (2004), 461-467.s Annette Nicke, Frankfurt 172 | Pharm. Unserer Zeit | 3/2007 (36) www.pharmuz.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim MEDIZIN | Die Früchte der Postgenom-Analyse: Identifizierung von Risikogenen für Morbus Crohn und Typ-2-Diabetes In zwei großen Genomstudien wurden Mutationen in Genen entdeckt, die an der Prädisposition bzw. Pathogenese von Morbus Crohn und Typ- 2-Diabetes beteiligt sind. Beispiel Morbus Crohn Morbus Crohn ist eine chronische, schubweise verlaufende Entzündung aller Schichten der Darmwand. Die Krankheit betrifft meist den letzten Teil des Dünndarms, kann jedoch auch andere Bereiche des gesamten Magen-Darm-Traktes befallen. Über die Pathogenese des Morbus Crohn ist nach wie vor wenig be- kannt. Es wird angenommen, dass Bakterien der normalen Darmflora ei- ne andauernde und überschießende Immunreaktion in der Darmmukosa verursachen, die letztlich zur Schädi- gung des Gewebes führt. Zweifellos spielen auch genetische Komponen- ten bei der Entstehung des Morbus Crohn eine Rolle. Häufig findet man in so genannten Assoziationsstudien eine relative Häu- fung „prädisponierender“ Mutationen in bestimmten Genen von Familien- mitgliedern, die von einer Krankheit betroffen sind. Bei komplexen Krank- heiten können in verschiedenen Familien durchaus unterschiedliche Gene als mit der Krankheit assoziiert auffallen. Obwohl die genetische Komponente die Wahrscheinlichkeit einer Manifestation einer Krankheit stark mitbestimmt, haben auch Um- weltfaktoren einen zum Teil starken Einfluss darauf, ob eine Krankheit trotz des Vorliegens bestimmter prä- disponierender Genvarianten (Alle- le) ausbricht oder nicht. Dies ist ins- besondere auch bei Morbus Crohn der Fall. Prädisposition bedeutet also, dass man ein Allel besitzt, das an einer bestimmten Krankheit beteiligt ist, jedoch sagt das Vorhandensein dieses Allels noch nichts darüber aus, ob die Krankheit ausbrechen wird oder nicht. Im allgemeinen findet man in As- soziationsstudien mutierte Allele, die die Wahrscheinlichkeit für das Auf- treten einer Krankheit erhöhen. In einer Studie von Duerr et al. [1] wur- de interessanterweise das Gegenteil gefunden: Eine seltene Mutation im Gen für den Rezeptor des Cytokins IL-23 scheint vor dem Auftreten von Morbus Crohn zu schützen. Die Ergebnisse von Duerr et al. [1] können als direkte Folge des in- ternationalen HapMap-Projektes an- gesehen werden. In diesem Projekt wird versucht, durch systematische Erfassung von Einzelbasen-Polymor- phismen (Single nucleotide polymor-

Die Früchte der Postgenom-Analyse: Identifizierung von Risikogenen für Morbus Crohn und Typ-2-Diabetes

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T R E F F P U N K T FO R SC H U N G |

Zur Identifizierung und Quantifi-zierung der polymorphen Allele wur-den die entsprechenden Gen-abschnitte zunächst mit Hilfe der Po-lymerasekettenreaktion vervielfältigt.Die unterschiedlichen Allele wurdenanschließend durch eine Primer-Ex-tension-Reaktion differenziert (Abb.3) und mittels Massenspektroskopieanalysiert.

Bei der Analyse des Plasmas von57 Schwangeren mit karyotypischnormalen Föten und 10 Schwan-geren, deren Föten Trisomie 21 auf-wiesen, konnte die Trisomie in 90 %der positiven Fälle nachgewiesenund in 96,5 % der normalen Fälleausgeschlossen werden.

Dabei muss jedoch berücksichtigtwerden, dass diese noch rein experi-mentellen Untersuchugen auf derAnalyse eines einzigen Polymorphis-mus beruhen und die Präzisiondurch weitere Optimierung sowiedurch zusätzliche Marker-RNAs bzw.Polymorphismen gesteigert werdenkann.

Auch die Einschränkung der Me-thode auf Fälle, in denen der Fötusheterozygot für den entsprechendenPolymorphismus ist (in dem unter-suchten Fall ca. 50 %), kann durchdie Identifizierung und Analyse wei-terer Marker weitgehend aufgehobenwerden.

Aber auch mit diesen Einschrän-kungen hat der Test bereits dasPotential, die Zahl der erforderlicheninvasiven Tests stark einzuschränken.

Ferner ist die Methode prinzipiellauch zur pränatalen Identifizierunganderer Trisomieformen anwendbar.Auch die Analyse anderer Zelltypen,die RNA ins Plasma abgeben, wie z. B. Krebszellen, ist denkbar.

Die Vorteile gegenüber den der-zeitig verfügbaren Tests lassen sichwie folgt zusammenfassen:• Der Test ist eine routinemäßig an-

wendbare und eine nicht-invasiveMethode zur Analyse von zahlen-mäßigen Chromosomenstörungen.

• Ein einziger Test erreicht bereitsdie gleiche Präzision wie die Kom-bination herkömmlicher nicht-in-vasiver Testmethoden.

• Der Test ist unabhängig vom Zeit-punkt der Schwangerschaft.

• Testergebnisse können in kurzerZeit erhalten werden.

[1] Lo YM, Tsui NB, Chiu RW, Lau TK, LeungTN, Heung MM, Gerovassili A, Jin Y, Nicolai-des KH, Cantor CR, Ding C: Plasma placen-tal RNA allelic ratio permits noninvasiveprenatal chromosomal aneuploidy detec-tion. Nat Med 13 (2007), 218-223.

[2] Ng EK, Tsui NB, Lau TK, Leung TN, ChiuRW, Panesar NS, Lit LC, Chan KW, Lo YM:mRNA of placental origin is readily detec-table in maternal plasma. Proc Natl AcadSci USA 100 (2003),4748-4753.

[3] Tsui NB, Chim SS, Chiu RW, Lau TK, Ng EK,Leung TN, Tong YK, Chan KC, Lo YM: Syste-matic micro-array based identification ofplacental mRNA in maternal plasma: towardsnon-invasive prenatal gene expression pro-filing. J Med Genet 41 (2004), 461-467.s

Annette Nicke, Frankfurt

172 | Pharm. Unserer Zeit | 3/2007 (36) www.pharmuz.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

M E D IZ I N |Die Früchte der Postgenom-Analyse:Identifizierung von Risikogenen für Morbus Crohn und Typ-2-DiabetesIn zwei großen Genomstudien wurden Mutationen in Genen entdeckt,die an der Prädisposition bzw. Pathogenese von Morbus Crohn und Typ-2-Diabetes beteiligt sind.

Beispiel Morbus CrohnMorbus Crohn ist eine chronische,schubweise verlaufende Entzündungaller Schichten der Darmwand. DieKrankheit betrifft meist den letztenTeil des Dünndarms, kann jedochauch andere Bereiche des gesamtenMagen-Darm-Traktes befallen.Über die Pathogenese des MorbusCrohn ist nach wie vor wenig be-kannt. Es wird angenommen, dassBakterien der normalen Darmflora ei-ne andauernde und überschießendeImmunreaktion in der Darmmukosaverursachen, die letztlich zur Schädi-gung des Gewebes führt. Zweifellosspielen auch genetische Komponen-ten bei der Entstehung des MorbusCrohn eine Rolle. Häufig findet man in so genanntenAssoziationsstudien eine relative Häu-fung „prädisponierender“ Mutationenin bestimmten Genen von Familien-mitgliedern, die von einer Krankheitbetroffen sind. Bei komplexen Krank-heiten können in verschiedenen Familien durchaus unterschiedlicheGene als mit der Krankheit assoziiertauffallen. Obwohl die genetischeKomponente die Wahrscheinlichkeiteiner Manifestation einer Krankheit

stark mitbestimmt, haben auch Um-weltfaktoren einen zum Teil starkenEinfluss darauf, ob eine Krankheittrotz des Vorliegens bestimmter prä-disponierender Genvarianten (Alle-le) ausbricht oder nicht. Dies ist ins-besondere auch bei Morbus Crohnder Fall. Prädisposition bedeutet also,dass man ein Allel besitzt, das an einer bestimmten Krankheit beteiligtist, jedoch sagt das Vorhandenseindieses Allels noch nichts darüber aus,ob die Krankheit ausbrechen wirdoder nicht.

Im allgemeinen findet man in As-soziationsstudien mutierte Allele, diedie Wahrscheinlichkeit für das Auf-treten einer Krankheit erhöhen. Ineiner Studie von Duerr et al. [1] wur-de interessanterweise das Gegenteilgefunden: Eine seltene Mutation imGen für den Rezeptor des CytokinsIL-23 scheint vor dem Auftreten vonMorbus Crohn zu schützen.

Die Ergebnisse von Duerr et al.[1] können als direkte Folge des in-ternationalen HapMap-Projektes an-gesehen werden. In diesem Projektwird versucht, durch systematischeErfassung von Einzelbasen-Polymor-phismen (Single nucleotide polymor-

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phisms, SNPs) Haplotypen zu erstel-len, die die Identifizierung von mitbestimmten Krankheiten assoziiertenGenen erleichtern. Der Begriff Hap-lotyp bezeichnet dabei eine Samm-lung von Mutationen, die signifikanthäufiger gemeinsam vererbt werdenals statistisch zu erwarten wäre.

Als Ergebnis des HapMap-Projek-tes kann man heute mit kommer-ziellen Systemen wie dem Sentrix®

HumanHap300 Genotyping BeadChip, der 317.000 SNPs auf einem DNA-Microarray abdeckt, genomweit nach Unterschieden zwischen Individuen in bestimmtenMutationen suchen. Duerr et al. [1]haben 567 an Morbus Crohn erkrank-te Patienten mit 571 gesunden Pro-banden verglichen. Sie fanden ein ca.100-fach häufigeres Auftreten einesbestimmten SNPs in der Kontroll-gruppe. Der SNP befindet sich indem Gen für eine der beiden Unter-einheiten des IL-23-Rezeptors (IL-23R). Es handelt sich um eine Mutati-on, die an einer Position des Rezep-torproteins ein Arginin für ein Gluta-min austauscht (R381Q). Die Signifi-kanz dieser Mutation für die Morbus-Crohn-Pathogenese wurde dadurchweiter untermauert, dass neun weite-re Mutationen in dem IL-23R-Gen alsmit der Kontrollgruppe assoziiertidentifiziert wurden. Die R381Q-Mu-tation kommt bei Morbus-Crohn-Pati-enten wesentlich seltener vor (1,9 %)als bei gesunden Vergleichspersonen(7,0 %).

IL-23 ist ein proinflammatorischesCytokin, das aus zwei Untereinheitenbesteht. Die Untereinheit p40 hat IL-23 mit IL-12 gemeinsam, währenddie Untereinheit p19 (Abb. 1) spezi-fisch für IL-23 ist. Transgene Mäuse,die die p19-Untereinheit von IL-23überexprimierten, erlitten schweresystemische Entzündungen, die sichauch auf den Darmbereich ausbreite-ten. Andererseits entwickeltenKnock-out-Mäuse des IL-23-Rezeptorsweniger schwere Symptome chro-nisch-entzündlicher Darmerkran-kungen und Autoimmunkrankheitenwie der Multiplen Sklerose.

IL-23 bewirkt die Differenzierungnaiver CD4-positiver T-Zellen in einespezielle, erst kürzlich entdeckte T-Zellpopulation (TH17), die u.a. IL-17,IL-6 und TNF-α produziert und nachneueren Erkenntnissen hauptverant-wortlich für die gewebeschädigendeImmunreaktionen bei Autoimmun-krankheiten und Infektionen seinkönnte [2].

Die Blockade der IL-23-vermittel-ten Immunmodulation könnte alsoeinen therapeutischen Ansatz beichronisch-entzündlichen Darmer-krankungen darstellen. Ein Antikör-per, der die gemeinsame p40-Unter-einheit von IL-12 und IL-23 bindet,befindet sich in klinischer Prüfungbei Patienten mit aktivem MorbusCrohn (zitiert in [1]).

Allerdings hat IL-23 vielfältigeimmunmodulatorische Aktivitätenund wird beispielsweise für eine ef-fektive Bekämpfung von Infektionenmit Darmbakterien benötigt. Esbleibt also abzuwarten, ob der IL-23-Signalweg ein gutes Wirkstoff-Targetdarstellt. Auf jeden Fall zeigt die Stu-die von Duerr et al. [1] einen neuenAspekt in der Pathogenese entzünd-licher Darmerkrankungen auf.

Beispiel Typ-2-DiabetesEin weiteres beeindruckendes Bei-piel für die Nutzung von Postgenom-Technologien zur Identifizierung vonPrädispositionsgenen zeigen Sladeket al. in einer Online-Vorabpublika-tion in Nature [3].

In der Studie hatte sich ein inter-nationales Forscherkonsortium zumZiel gesetzt, durch genomweite Ana-lyse von SNPs (single nucleotide po-lymorphisms) Mutationen zu identifi-zieren, die mit dem Auftreten einesTyp-2-Diabetes assoziiert sind. Ähnlich wie in der zuvor diskutiertenStudie zu Morbus Crohn wurden Genotypen für ca. 390.000 SNPs aufDNA-Microarrays getestet. In einerersten Phase des Projektes wurdenGenotypen von 661 Typ-2-Diabetes-Patienten und 614 Kontrollpersonengewonnen. Dabei wurden 59 SNPsidentifiziert, die den von den Auto-

ren gewählten Signifikanz-Kriteriengenügten.

In einer zweiten Phase des Pro-jektes wurden speziell die 59 zuvoridentifizierten SNPs nochmals an ei-ner größeren Zahl Probanden über-prüft. In diesem Screening wurden2.617 Typ-2-Diabetes-Patienten und2.894 Kontrollpersonen eingeschlos-sen. Die Ergebnisse waren interes-sant: Es wurden SNPs in vier Genenidentifiziert, die in der Diabetes-Gruppe eine signifikante Häufungzeigten. Die Relevanz der Ergebnissewird eindrucksvoll dadurch gezeigt,dass alle vier identifizierten Gene of-fensichtlich einen Bezug zur Krank-heit haben. Zunächst wurde in derStudie ein früherer Befund bestätigt,nach dem ein Polymorphismus indem Gen für den Transkriptionsfak-tor TCF7L2 mit einem erhöhten Risi-ko für Typ-2-Diabetes assoziiert ist.

Das zweite identifizierte Gen ent-hält einen nicht-konservativen Aus-tausch der Aminosäure Arginin-325zu Tryptophan in einem Zinktrans-porter, der ausschließlich in den sekretorischen Vesikeln der β-Zellenexprimiert wird. Es ist plausibel, dasseine Mutation in dem Transporter die Speicherung und Freisetzung vonInsulin beeinträchtigen könnte.

Das dritte und das vierte Kandi-datengen befinden sich in einer ge-meinsamen Region des „Kopplungs-ungleichgewichtes“. Es handelt sicheinerseits um ein so genanntes Ho-meobox-Protein, das essentielle regu-latorische Funktionen bei der Ent-wicklung der Leber und des Pankreashat, und andererseits um ein Gen,

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A B B . 1 Struk-tur der IL-23-Untereinheit p19.

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das ein Insulin-degradierendes Pro-tein enthält. Insbsondere die letztenbeiden Gene müssen hinsichtlich ihrer Beteiligung noch überprüftwerden.

Beide Studien [1, 3] zeigen beein-druckend die „Power“ der postgeno-mischen Suche nach Kandidatenge-nen für Krankheiten mit komplexergenetischer Komponente. Wir kön-nen erwarten, dass solche Studien inZukunft häufiger von sich reden machen werden.

[1] Duerr, R. H., et al.: A genome-wide asso-ciation srudy indentifies IL23 R as an in-flammatory bowel disease gene. Science314 (2006), 1461-1463.

[2] Steinmann, L.: A brief history of TH17, thefirst mayor revision in the TH1/TH2 hypo-thesis of T cell-mediated tissue damage.Nat. Med. 13 (2007)139-145.

[3] Sladek et al.: A genome-wide associationstudy identifies novel risk loci for type 2diabetes Nature (2007), Online-Vorab-publikation (doi:10.1038/nature05616).

Thomas Winckler, Jena

Schlaf & Traum schon immer unter-worfen waren.

Eine Welt ohne Schlaf?In der modernen Gesellschaft hatsich das alltägliche Schlafverhaltenvieler Menschen stark verändert.Denn die Globalisierung hat nichtnur die Arbeitswelt revolutioniert.Auch der menschliche Biorhythmuskommt aus dem Tritt, wenn räum-liche Mobilität und zeitlicher Flexi-bilität zur Norm werden. Wird dieBefriedigung des Grundbedürfnissesnach einem gesunden und ausrei-chenden Schlaf zu einem Luxusgut?Wovon träumen die Menschen in ei-ner vernetzten Welt, in der es jeder-zeit und überall Tag und Nacht zu-gleich ist?

Auf rund 800 Quadratmetern prä-sentiert die Ausstellung über 300 Ob-jekte internationaler Leihgeber. Do-kumente und Filme aus der Welt derWissenschaft sowie kulturgeschicht-liche Exponate begleiten die Ausstel-lungsbesucher auf einer anregendenReise durch die Geheimnisse derNacht. Neben zahlreichen Kunstwer-ken aus dem 16. bis ins frühe 20. Jahrhundert setzt die Ausstellungeinen starken Akzent auf zeitgenössi-sche Kunst mit Arbeiten von z.B. Jane Gifford, Rodney Graham, Katha-rina Fritsch, Ron Mueck, RaffaelRheinsberg, Mark Wallinger oder Krzysztof Wodiczko. Die Kunstwerketreten in einen spannungsreichenDialog mit den Ausstellungsthemenund bilden gemeinsam eine subjektiveingefärbte Erzählung des Themas„Schlaf & Traum“. Der wissenschaft-liche Blick wird in seinen Gewiss-heiten hinterfragt, kommentiert oderauch spielerisch unterlaufen.

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AU SS T E L LU N G |SCHLAF & TRAUMEine Ausstellung des Deutschen Hygiene-Museums in Zusammenarbeitmit der Wellcome Collection, London

Etwa ein Drittel unseres Lebens ver-schlafen und verträumen wir. KeinWunder also, dass sich die Fantasiender Menschen zu allen Zeiten mitden Phänomenen Schlaf & Traum be-schäftigt haben. Künstler, Literatenund Wissenschaftler waren und sindvon der rätselhaften Nachtseite der

menschlichen Existenz fasziniert. Da-bei ist unser Verhältnis zu Schlaf &Traum von großer Widersprüchlich-keit geprägt: Die bizarren Traumwel-ten erleben wir als ebenso anziehendwie beängstigend, und der Schlafwird seit alters her mit dem Tod –Schlafes Bruder – in Verbindung ge-bracht.

Warum schlafen, warum träumen wir?Was wissen wir aber wirklich vondiesem eigentümlichen Zustand, dersich regelmäßig zwischen unserWachbewusstsein schiebt? Die Wahr-heit ist: Selbst die scheinbar einfa-chen Fragen „Warum schlafen wir?“oder „Wozu träumen wir?“ könnenbis heute nicht wissenschaftlich ex-akt beantwortet werden. Die interdis-ziplinäre Ausstellung „Schlaf &Traum“ bietet überraschende Ein-blicke in dieses Zwischenreich dermenschlichen Existenz. Sie befasstsich einerseits mit den biomedizi-nischen und neurologischen Vor-gängen in unserem schlafenden Kör-per und Gehirn. Andererseits be-trachtet sie die Wechselwirkungenzwischen den wissenschaftlichen Er-kenntnissen und den gesellschaftlich-kulturellen Veränderungen, denen

Dresden: 31. März bis 3. Oktober 2007London: 30. November 2007 bis März 2008

KKuurraattoorr:: Dr. Michael Dorrmann, Berlin

Deutsches Hygiene-MuseumLingnerplatz 1, 01069 Dresdenhttp://www.dhmd.de