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Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene Prof. Dr. Dr. André Gessner 06.04.2016 Trends und Herausforderungen in der Infektionsdiagnostik: Resistenzerkennung und Mikrobiomanalyse

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Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene Prof. Dr. Dr. André Gessner

06.04.2016

Trends und Herausforderungen in der Infektionsdiagnostik: Resistenzerkennung und Mikrobiomanalyse

2

6.05.2014

3

Resistenzentwicklung MRSA

Die Resistenzsituation in Europa ist bereits kritisch. In den nächsten Jahren ist eine weitere Zunahme von Resistenzen zu erwarten.

4

EARSS 2012 De Kraker, PLoS Medicine 2011

Multiresistente Bakterien

ESKAPE-Bakterien:

Enterococcus faecium

Staphylococcus aureus

Klebsiella pneumoniae

Acinetobacter baumannii

Pseudomonas aeruginosa

Enterobacter species

WHO: Antibiotikaresistenz = eines der 3 größten Gesundheitsprobleme weltweit!

MRGN

1983-1987 1988-1992 1993-1997 1998-2002 2003-20040

2

4

6

8

10

12

14

16

Immer weniger neue Antibiotika

Neuzulassungen durch die FDA

10 x 20-Initiative (IDSA) gestartet aber im internationalen Studienregister derzeit nur 9 i. v. Substanzen in Phase 2 – 3 keine mit befriedigenden Spektrum !!

6

Vorführender
Präsentationsnotizen
10 x 20 = 10 neue Antibiotika bis zum Jahr 2020! Wird nicht gelingen. Diesen Niedergang in der Entwicklung neuer Substanzen dokumentiert auch diese Statistik der durch die FDA zugelassenen neuer Antibiotika. Die meisten Pharmafirmen, die traditionellerweise das Feld bearbeitet haben, haben aufgrund ökonomischer Erwägungen die Antibiotikaforschung und –entwicklung eingestellt.

• Gene „schon immer da“, sehr vielfältig

und oft primär unbekannt: Phänotypie!!

• „moderne“ Selektionsprozesse

• nicht sachgemäßer Antibiotika-Einsatz in

Humanmedizin

• Ausbreitung durch Hygienemängel

• Tierzucht / Landwirtschaft

MIKROBIOM-Verschiebungen

Ursachen von Resistenzzunahmen

Antony van Leeuwenhoek 1632–1723

Wir sind nicht allein….

„….that the people living in our United Netherland are not as many as the living animals that I carry in my own mouth this very day.“

1677, Royal British Society

10 x mehr bakterielle als humane Zellen!

„Normalflora“ – Mikrobiota - Mikrobiom

10

100 x mehr bakterielle als humane Gene!

Universitätsklinikum Regensburg

„Publikationsflut“ Mikrobiom

N > 31.000

Universitätsklinikum Regensburg

Das Mikrobiom: mehr als „nur“ Bakterien Bakterien

Viren Pilze

Einzeller/Archaeen

Mikrobiom

Human Microbiome Project (HMP)

2007 initiiert durch das NIH, EU: MetaHit-Konsortium

ca. 80 % der Bakterien bis jetzt nicht angezüchtet

Hochdurchsatz-Sequenzierung der 16s-rRNA-Gene

300 Probanden, je 15-18 Körperstellen, 2-3 Visisten

> 1500 Bakterienspezies, derzeit 419 Genome komplett (GI) und 1366 Genome gesamt

140 Mio. 29 Mio. US$

Human Microbiome Project (HMP)

Interindividuelle Unterschiede: O.1 % humanes Genom, 50 % Microbiome

Ähnlichkeiten: Individuum > eineiige Zwillinge > Familie > reg. Kohorte

Plastizität: Einfluß von Nahrung, Antibiotika, Infektionen (!)……..

Cho and Blaser, Nature Reviews Genetics April 2012

Wirt + Mikrobiom = „Superorganismus“

Modifiziert nach Reid et al., Nature Reviews Microbiology 2011

Frühe Besiedelung mit Mikroorganismen

Haut: Geburtskanal Umgebung

Oronasopharyngeal: Nahrung Migration von der Haut Umgebung

GI-Trakt: Nahrung Umgebung

Urogenital-Trakt: Geburtskanal Migration von Haut und GI-Trakt Umgebung

Darmmikrobiom

Unser „vergessenes Organ“

Totale Masse ca. 1,5 kg Mikroben im Darm = > 10000 x Menschen auf der Erde 30 % des fäkalen Volumens Synthese von Vitaminen, Aminosäuren.. Die meisten Plasma-Metabolite sind bakteriell Schutz vor Krankheitserregern

Das Darmmikrobiom hat bei vielen Erkrankungen größeren Einfluß als das Patientengenom

Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene

Individuelle Mikrobiom-Stabilität

David et al., Genome Biology, 2014

Mikrobiom und Übergewicht / Fettleibigkeit

Risiko für: Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Krebserkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates………

Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene

Keimfreie Mäuse „Germ free mice“

Mikrobiom Analyse: Von der Korrelation zur Kausalität

> 1500 Zitationen

Bacterioidetes Firmicutes mehr Enzym-Gene für Abbau sonst unverdaulicher Kohlenhydrate

ob/ob Leptin -/- Microbiom

Transplantation

Das Darmmikrobiom beeinflußt die Nahrungsverwertung, Fettleibigkeit

Mikrobiom-Verschiebung: mögliche Mechanismen

Wachstums-förderung

Warum ?

Abnahme von Pathogenen Weniger mikrobielle „Antimetabolite“ Geringerer mikrobieller Nährstoffverbrauch Verbesserte Nahrungsresorption

Antibiotika im Tierfutter

Modifiziert n. Brüssow, 2015

Antibiotika in der Tiermast

Antibiotika fördern die Gewichtszunahme in der Tiermast durch Mikrobiom-Verschiebungen!

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Vorführender
Präsentationsnotizen
(häufig unterdosierte) Antibiotika im Tierfutter sind Wachstumsförderer (-> dies war zunächst eine rein empirische Beobachtung!) Grund: Mikrobiom-Verschiebung durch Antibiotika schaffen Platz für Mikroben, die ggf. Nährstoffe noch besser verstoffwechseln können Antibiotika-Einsatz zum Zweck der Tiermast: verboten! Dieses Verbot wird jedoch in der Realität ständig unterlaufen ( Gewinnmaximierung steht im Vordergrund)

April 2011

Mikrobiom und Kardiovaskuläre Erkrankungen

Das Darmmikrobiom beeinflußt kardiovalskuläre Erkrankungen

Starke Zunahme immunologisch bedingter Erkrankungen

1950

100

60

40

20

0

80

1980 1960 1970 1990 2000

Asthma

Typ 1 Diabetes

Multiple Sklerose Morbus

Crohn

400

300

200

100

Inzidenz d. Imm

unkrankheiten (%)

Bach J-F, N Engl J Med 2002; 347: 911-920

Mikrobiom & Immunsystem

Koshravi et al., Nature 2012

Nature, Online 26. Oktober 2011

Mögliche Rolle des Mikrobioms bei multipler Sklerose

Keimfreie Mäuse sind geschützt

Das Darmmikrobiom beeinflußt Autoimmunerkrankungen des ZNS

Brandtzaeg et al., Muc. Immunol. 2008

duodenal mucosa

Keimfreie Tiere: Reduktion von Keimzentren

Plasmazellen, sIgA, regulatorischen T Zellen,……..

Mikrobiom-Mukosales Immunsystem

Eat Dirt but the right one…

Mikrobiom und Krebs

Mikrobiom Zielstrukturen und Strategien für die Krebsprävention

Schwabe and Jobin, Nature Rev. Cancer, Nov. 2013

Mikrobiom und Krebs

Das Mikrobiom beeinflusst entscheidend den Erfolg moderner Krebstherapien

Schwabe and Jobin, Science, Nov. 2015

Checkpoint inhibitors

Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene

Bidirektionale Kommunikation Mikrobiom -Nervensystem

Das Darmmikrobiom beinflußt unsere Psyche und umgekehrt

Psychosoziale Stressoren (Katecholamine)

Angstverhalten Autismus (Corticoide, BDNF)

S.M. Collins et al. 2012 Neurotransmitter von Darmbakterien

Universitätsklinikum Regensburg

Mikrobiomtransplantation als Therapie

Universitätsklinikum Regensburg

• Atherosklerose • ITP

• Typ2 Diabetes

• C. difficile Infektion • Reizdarmsyndrom • M. Crohn, Colitis ulcerosa

• Fettleibigkeit

• Fettleber

• Multiple Sklerose • Chron. Müdigkeitssyndrom

Mikrobiomtranplantation als Therapieoption

Universitätsklinikum Regensburg

Technischer Durchbruch: Mikrobiomanalyse mittels Next Generation Sequencing

(NGS)

Über 80 % der Bakterien des Mikrobioms sind im Labor bislang nicht anzüchtbar!

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Vorführender
Präsentationsnotizen
Richtig untersucht/erforscht werden konnte das Mikrobiom erst seitdem die Kosten für diese Analysen dramatisch gesunken sind. Methodik: Robotisierte Maschinen sequenzieren das Mikrobiom vollständig -> Hochdurchsatz-Sequenzierung der 16s rRNA; sequenziert werden alle Bakterien, egal ob diese im Labor anzüchtbar sind oder nicht!; -> anschließend erfolgt die bioinformatische Auswertung.

Mikrobiomanalyse mittels Next Generation Sequencing (NGS) Stuhlprobe

Darminhalt

DNA-Isolierung aus Coloninhalt mit Stuhl-Kit zur Vermeidung

von PCR-Inhibition

PCR-Amplifikation mit bakterienspezifischen Primern

mit End-Tags für Genomsequencer

Erfolgskontrolle mit Agarosegel oder

Bioanalyzer

Aufreinigung der Amplicons mit Ampure magnetic Beads

Qualitätskontrolle mit dem Bioanalyzer und Quantifizierung

mit Pico-Green, Library-Präparation

Emulsions-PCR Aufbereitung der Emulsions-PCR, Anreicherung von DNA-

haltigen Beads

Sequenzierungslauf PicoTiterPlate beladen

Datenanalyse

Bakterielle Resistenzen: Nukleinsäure-basierte

in Kombination mit phänotypischen Tests

Mikrobiom: Individuell veränderbar

größer als wir

Krankheitsassoziationen: Allgemein- bis Zahnmedizin

Anwendungsreife therapeutische Optionen für Prophylaxe und Therapie

Molekulare Diagnostik durch NGS

(Qualitätssicherung!)

Zusammenfassung

Vielen Dank!

Vielen Dank !

Nicole Bezold Sigrid Bülow Joachim Gläsner Andreas Hiergeist Christine Irtenkauf Holger Melzl Udo Reischl Rainer Spang Frank Stämmler

Ernst Holler Daniela Sporrer Peter Oefner