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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Die Hydrolyse einiger Borsäureester unter Base-Einfluß in nichtwäßrigen Lösungsmitteln* The Hydrolysis of Some Tris(organyloxy)boranes under Alkaline Influence in Non-aqueous Solvents G. H ELLER und H. Ross** Institut für Anorganische Chemie der Freien Universität Berlin (Z. Naturforsch. 31b, 714-720 [1976]; eingegangen am 26. Januar/5. März 1976) Reaction Mechanism, Hydrolysis, Tris(organyloxy)boranes, Potassium Polyborates The hydrolysis of tris(organyloxy)boranes (boric acid esters) in organic solvents in the presence of KOH leading to potassium polyborates (free from water of crystallization) is studied as to the influences of (a) the reaction medium (ethanol or ligroine/ethanol), (b) the concentration of water, (c) the organyl group of the boric acid ester (methyl, isopropyl, or phenyl), (d) the time of stay of the precipitated insoluble polyborates under the mother liquor (15 to 61850 s), and (e) the temperature during precipitation and the time of stay (—18 to + 60 °C). In the first stage of the reaction, during precipitation time, ester hydrolysis is followed by condensation, while aggregation and desorption processes occur between the time of precipitation and filtration. Einleitung Die Borsäureester sind entsprechend dem elektro- philen Charakter des Zentralatoms Bor mit den Carbonsäureestern verwandt. Bei der Hydrolyse der Borsäureester nach B(OR) 3 + 3 H 2 0 ^ B(OH) 3 + 3 R O H (1) ersetzt das nucleophile Reagens Wasser in drei immer schneller aufeinanderfolgenden Schritten je- weils eine Alkoxy- bzw. Aryloxy-Gruppe: diese Acyl-Sauerstoff-Spaltung, die bei Estern anderer anorganischer Säuren nicht beobachtet wird, zeigt wieder die Ähnlichkeit der Borester mit den Carbon- säureestern. Folgende Faktoren beeinflussen die Hydrolyse- geschwindigkeit : * Herrn Prof. Dr. WEBNER SCHULZE zum 65. Geburts- tag gewidmet. ** Teil der Dissertation am Fachbereich Chemie der Freien Universität Berlin, 1975; jetzige Anschrift: Umweltbundesamt, Berlin. Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. GERT HELLER, Institut für Anorganische Chemie der Freien Universität Berlin, Fabeckstraße 34-36, D-1000 Berlin 33. a) Die Größe der Alkyl- oder Aryl-Gruppen: je größer der Alkoholrest des Esters, desto lang- samer ist aus sterischen Gründen im allgemeinen die Hydrolyse 1 . b) Die Temperatur, die die Hydrolyse beschleunigt 1 . c) Die Polarität des Lösungsmittels; der erste Hydrolyse-Schritt, die Bildung des polaren Übergangskomplexes, wird durch polare Lösungsmittel unterstützt 2 . Während die Borsäureester-Hydrolyse zur Bor- säure führt, resultieren im wäßrigen alkahschen Medium Borsäure und Tetrahydroxoborationen [B(OH) 4 ]- in - je nach dem pH-Wert - unterschied- lichen Verhältnissen. Das Tetrahydroxoboration er- gibt sich aus der Aufrechterhaltung des vierbindigen Bor-Grundzustands nach der ersten Anlagerung einer OH _ -Gruppe an den Ester. Die drei Substitu- tionsschritte müßten dann jeweils über einen fünf- fach koordinierten Übergangszustand des Bors er- folgen 3 , der für den ersten Schritt folgendermaßen zu formulieren ist:

Die Hydrolyse einiger Borsäureester The Hydrolysis of Some

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Die Hydrolyse einiger Borsäureester unter Base-Einfluß in nichtwäßrigen Lösungsmitteln*

The Hydrolysis of Some Tris(organyloxy)boranes under Alkaline Influence in Non-aqueous Solvents

G. H E L L E R und H . Ross**

Institut für Anorganische Chemie der Freien Universität Berlin

(Z. Naturforsch. 31b, 714-720 [1976]; eingegangen am 26. Januar/5. März 1976)

Reaction Mechanism, Hydrolysis, Tris(organyloxy)boranes, Potassium Polyborates

The hydrolysis of tris(organyloxy)boranes (boric acid esters) in organic solvents in the presence of KOH leading to potassium polyborates (free from water of crystallization) is studied as to the influences of (a) the reaction medium (ethanol or ligroine/ethanol), (b) the concentration of water, (c) the organyl group of the boric acid ester (methyl, isopropyl, or phenyl), (d) the time of stay of the precipitated insoluble polyborates under the mother liquor (15 to 61850 s), and (e) the temperature during precipitation and the time of stay (—18 to + 60 °C).

In the first stage of the reaction, during precipitation time, ester hydrolysis is followed by condensation, while aggregation and desorption processes occur between the time of precipitation and filtration.

Einleitung

Die Borsäureester sind entsprechend dem elektro-philen Charakter des Zentralatoms Bor mit den Carbonsäureestern verwandt.

Bei der Hydrolyse der Borsäureester nach

B(OR) 3 + 3 H 2 0 ^ B(OH) 3 + 3 R O H (1)

ersetzt das nucleophile Reagens Wasser in drei immer schneller aufeinanderfolgenden Schritten je-weils eine Alkoxy- bzw. Aryloxy-Gruppe: diese Acyl-Sauerstoff-Spaltung, die bei Estern anderer anorganischer Säuren nicht beobachtet wird, zeigt wieder die Ähnlichkeit der Borester mit den Carbon-säureestern.

Folgende Faktoren beeinflussen die Hydrolyse-geschwindigkeit :

* Herrn Prof. Dr. W E B N E R SCHULZE zum 65. Geburts-tag gewidmet.

** Teil der Dissertation am Fachbereich Chemie der Freien Universität Berlin, 1975; jetzige Anschrift: Umweltbundesamt, Berlin.

Sonderdruckanforderungen an Prof . Dr . GERT HELLER, Institut für Anorganische Chemie der Freien Universität Berlin, Fabeckstraße 34-36, D-1000 Berlin 33.

a) Die Größe der Alkyl- oder Aryl-Gruppen: je größer der Alkoholrest des Esters, desto lang-samer ist aus sterischen Gründen im allgemeinen die Hydrolyse1 .

b) Die Temperatur, die die Hydrolyse beschleunigt1.

c) Die Polarität des Lösungsmittels; der erste Hydrolyse-Schritt, die Bildung des polaren Übergangskomplexes,

wird durch polare Lösungsmittel unterstützt2.

Während die Borsäureester-Hydrolyse zur Bor-säure führt, resultieren im wäßrigen alkahschen Medium Borsäure und Tetrahydroxoborationen [B(OH) 4 ] - in - je nach dem pH-Wert - unterschied-lichen Verhältnissen. Das Tetrahydroxoboration er-gibt sich aus der Aufrechterhaltung des vierbindigen Bor-Grundzustands nach der ersten Anlagerung einer OH _ -Gruppe an den Ester. Die drei Substitu-tionsschritte müßten dann jeweils über einen fünf-fach koordinierten Übergangszustand des Bors er-folgen3 , der für den ersten Schritt folgendermaßen zu formulieren ist:

G. HELLER-H. ROSS • BORSÄUREESTER-HYDROLYSE IN BASISCHEN MEDIEN 715

Ist die Gesamt-Borkonzentration groß genug, dann bilden sich aus den beiden Endprodukten der Bor-säureesterhydrolyse, B(OH)3 und [B(OH)4]_ , in Kondensationsreaktionen Polyborate4:

(x—a) B(OH)3 + a[B(OH)4 ] -[B«Oy(OH),]a_ + y H2O,

V = y (a + 3x—z). (2)

x — ist der Kondensationsgrad der Salze.

Die eigenthche Hydrolyse mit ihrem Wasserver-brauch wird also überlagert von der Kondensation unter Wasserbildung.

Die Isopolyborate können im gelösten Zustand, aber auch in fester Form auftreten. Als kristalline Substanzen können sie zusätzlich zu dem Struktur-oder Konstitutionswasser (in Form der Hydroxyl-gruppen) echtes Kristallwasser enthalten. Eine Methode zur Darstellung kristallwasserfreier Poly-borate ist die hier angewandte Esterhydrolyse in einem nicht wäßrigen Lösungsmittel unter Base-EinWirkung: Die Hydrolyse verläuft bei einem Unterschuß von Wasser gegenüber Ester und Base quantitativ5, und das gebildete Isopolyborat ist in diesem Medium schwerlöshch.

In einer früheren Arbeit6 wurde ein erstes Mecha-nismusmodell für diese basische Esterhydrolyse ent-worfen. Geschwindigkeitsbestimmend für die Ge-samtreaktion ist die Hydrolyse des jeweihgen Bor-säureesters, die je nach seiner alkohohschen Gruppe mehr oder weniger schnell zur Borsäure führt. Darauf folgt mit konstanter Geschwindigkeit die Kondensa-tion unter Basezutritt.

Demnach sollten schnellhydrolysierende Ester, Reaktionsmedien mit großer Dielektrizitätskon-stante, hohe Ester- und/oder Wasser-Konzentration und hohe Temperatur zu Salzen mit großen Kon-densationsgraden führen.

Im folgenden wird dieses einfache Modell anhand der Ergebnisse umfassenderer Untersuchungen mo-difiziert und erweitert.

Experimentelles 1. Allgemeines

Die Borsäureesterhydrolyse wurde unter Feuch-tigkeits- und C02-Ausschluß in einer von J A H R und F U C H S 5 entwickelten Apparatur wie folgt durchge-

führt: die vorgelegte Lösung eines Borsäureesters in einem absoluten organischen Lösungsmittel wurde mit einer äthanolischen Lösung versetzt, welche die Base und das Wasser enthält. Dabei fiel ein Polyborat aus.

Eingesetzt wurden der Methyl-, der Isopropyl-und der Phenylester, gelöst in Ligroin bzw. Äthanol. Als Base diente Kaliumhydroxid, das zusammen mit wenig Wasser in Äthanol gelöst war. Jeweils 10 ml der Base-Wasser-Lösung in Äthanol wurden zu 10 ml der vorgelegten Esterlösung (in Ligroin oder Äthanol) hinzugefügt. Die im Teil „Ergebnisse und Diskussion" genannten Konzentrationsangaben für die drei Reaktanten Ester, Base und Wasser be-ziehen sich auf die gesamte Reaktionsmischung von 20 ml.

2. Bereitung der Reagenzien und Lösungen Äthanol wurde, ausgehend von 94,7-proz. ver-

gälltem Alkohol, mit CaO 7 und anschließend nach L U N D und B J E R R U M 8 in zwei Schritten absolutiert. Brechungsindex wD20 = 1,3615; pH-Wert = 7,3 (gemessen mit einer Glaselektrode).

Ligroin (Siedebereich 90-100 °C) wurde über Natriumdraht getrocknet. Borsäuretrimethylester (Hersteller Schuchardt, München) wurde nach BRAUER9getrocknet: Sdp. 68-69 °C, Borsäuretriiso-propylester (Hersteller Schuchardt) wurde fraktio-niert : Sdp. 139-140 °C. Borsäuretriphenylester wurde nach C O L C L O U G H et al.10, Schmp. 93-94 ° C , erhalten.

Der Methyl- und der Isopropylester wurden mit dem getrockneten Ligroin bzw. Äthanol vermischt. Der Phenylester löst sich nur in Äthanol; unterhalb von — 5 °C beginnt er aus der Lösimg auszukristalli-sieren.

Die Esterlösungen mit Bor-Konzentrationen von 2,8 mol/1 zeigen folgende pH-Werte: Methylester-Lösung: 4,5; Isopropylester-Lösung: 5,6; Phenyl-ester-Lösung: 2,1.

Für die Base-Wasser-Lösungen wurde eine nicht genau gewogene Menge Kahum (mehr als benötigt) in abs. Äthanol gelöst; der Gehalt dieser Lösung ließ sich potentiometrisch bestimmen und durch Verdünnen mit weiterem abs. Äthanol auf den ge-wünschten Wert bringen. Anschließend wurde die berechnete Menge Wasser zugesetzt; dabei hydro-lysiert das ursprünglich gebildete Kaliumäthylat vollständig. Bei einer KOH-Konzentration von 0,125 mol/1 und einer Wasser-Konzentration von 3,25 mol/1 ergab sich für die Base-Wasser-Lösung ein pH-Wert von 14,8.

3. Fällungsvorgang In der mit trockener und C02-freier Luft gefüllten

Apparatur wurde die vorgelegte Esterlösung wäh-rend der Zugabe der Base-Wasser-Lösung mit Hilfe eines Magnetrührers gerührt. Das schnellste Zu-laufenlassen der Base-Wasser-Lösung dauerte 15 s; 650 s sind bei einer Zutropfgeschwindigkeit von 1 Tropfen (=0 ,015 ml) in der Sekunde nötig.

716 G. H E L L E R - H . ROSS • BORSÄUREESTER-HYDROLYSE I N BASISCHEN MEDIEN 716

In Ligroin-Lösung kam es schon mit den ersten Tropfen der Base- Wassel -Lösung zu bleibenden weißen, voluminösen Niederschlägen. I m Gegensatz dazu zeigte sich im rein äthanolischen Medium der erste bleibende Niederschlag erst nach Zugabe von ungefähr 4 ml Base-Wasser-Lösung. Offensichtlich ist die Löslichkeit der Polyborate in Äthanol größer als im ligroinhaltigen Medium. An die Fällungszeit schloß sich die eigentliche Verweilzeit an, während derer die Niederschläge in der Mutterlauge lagen. Folgende Verweilzeiten wurden vorgegeben: 0 s, 10 min, 30 min, 1 h, 17 h.

Nach der Filtration wurden die Polyborate auf der Fritte des Reaktionsgefäßes mindestens dreimal mit dem Lösungsmittel des Esters gewaschen und schließlich bei 80 °C im ö lpumpenvakuum in Gegen-wart von P4O10 vorgetrocknet, dann pulverisiert, wobei sie sich stark aufluden, und weiter im Vakuumtrockenschrank getrocknet. Danach wurden sie im Exsikkator über P4O10 aufbewahrt, weil sie sehr hygroskopisch sind.

4. Analytik Die Ermittlung der Zusammensetzung der Ka -

liumpolyborate, d .h . die Bestimmung des Kalium-und Borgehaltes, des Kondensationsgrades x und des Konstitutionswassergehaltes z, erfolgte nach Auf lösung in Wasser konduktometrisch6-1 1 bzw. später ausschließlich potentiometrisch mit dem Potentiographen E 436 der Firma Metrohm. In ver-dünnten wäßrigen Lösungen von Polyboraten liegen Borsäure und B(OH)4~ vor ; nach der Titration der konjugierten Base B(OH)4 _ mit Salzsäure wird die Borsäure mittels Mannit azidifiziert und mit Kah-lauge titriert.

Man erhält so den Kaliumgeh alt CK und den Bor-gehalt CB des jeweiligen Kaliumpolyborats, ausge-drückt in Gewichtsprozenten. Der Kondensations-grad x des Polyborats errechnet sich dann nach x — 3,6168 • CB/CK- Der stöchiometrische Indexe/ des Gerüst-Sauerstoffs in der Polyborat-Formel K[BJ ;02 / (0H)2] und das molare Verhältnis z des Konstitutionswassers zu K2O stehen im folgenden gegenseitigen Zusammenhang: y — 1/2 (3a; + 1 — z ) .

Mehrfachfällungen unter gleichen Reaktionsbe-dingungen ergaben sowohl für die Kaliumgehalte als auch für die Borgehalte Abweichungen von den jeweiligen Mittelwerten in Höhe von durchschnitt-lich ± 1 , 8 % (relativ). Daraus folgt für den Konden-sationsgrad x ein mittlerer relativer Fehler von ± 2 , 5 % .

Ergebnisse und Diskussion

Die Einflüsse der Reaktionsparameter (Reaktions-medium, Wasserkonzentration, alkoholische Gruppe des Esters, Verweilzeit zwischen Fällung und Filtra-tion, Temperatur während Fällung und Verweilzeit) auf die Zusammensetzung der Salze lassen sich zur Aufstellung eines Mechanismusmodells für die Bil-

dung von Polyboraten unter den gegebenen Ver-suchsbedingungen heranziehen. Die Tatsache, daß während der Verweilzeit zwischen Fällung und Filtration der Kondensationsgrad x der Salze mcht konstant bleibt (Abb. 1), läßt eine Unterteilung des gesamten Reaktionsablaufs in eine Fällungsphase und eine Umbildungsphase während der Verweilzeit gerechtfertigt erscheinen.

Aufschluß über einen Aspekt des Fällungsvor-gangs kann man aus den pH-Messungen gewinnen, die während der Zugabe der äthanolischen Base-WTasser-Lösung zur Ester-Lösung durchgeführt wurden (Abb. 2). Während der ersten Tropfen Base-Wasser-Lösung den pH-Wert in die Höhe schnellen läßt, tragen die nächsten Tropfen nicht mehr so stark zur pH-Vergrößerung bei, und der pH-Wert sinkt bald wieder. Offensichtlich wird das im Unter-schuß vorhandene und dann auch nur teilweise dissoziierte Kaliumhydroxid von vornherein zur Hydrolyse herangezogen.

Abb. 1. Kondensationsgrad x der aus drei Borsäure-estern (O — Methylester, x = Isopropylester, A = Phe-nylester) entstandenen Kaliumpolyborate in Abhängig-keit vom Logarithmus der Verweilzeit zwischen Fällung und Filtration (t in [s]). Reaktionsparameter: Medium Äthanol; Ester:Base:Wasser (molar) = 11,2:1:26;

« K O H = 2 , 5 m m o l , T = R a u m t e m p e r a t u r .

pH K

12 4 1

10 l -

H 8 V 6 -

\ 1 1 \ 1 2 Abb. 2. pH-Wert von ursprünglich je 10 ml (a) abs. Äthanol, (b) der Borsäuremethylester-Lösung in Ab-hängigkeit vom Volumen der zugesetzten Base-Wasser-

Lösung; Zutropfgeschwindigkeit = 1 Tropfen/s. Reaktionsparameter: Medium Äthanol; Ester:Base: Wasser (molar) = 11,2:1:26; «KOH = 2,5 mmol,

T = Raumtemperatur.

G. H E L L E R - H . ROSS • B O R S Ä U R E E S T E R - H Y D R O L Y S E IN BASISCHEN MEDIEN 717

Die vorgelegten Esterlösungen sind, wie im ex-perimentellen Teil unter 2 beschrieben, von vorn-herein schon recht sauer. Das beruht auf der teil-weisen Bildimg der entsprechenden gemischten Alkoxo- und Aryloxoborsäuren1 2 , beispielsweise nach der Gleichung

B(OR) 3 + C2H5OH ^ H[B(OR) 3 (OC 2H 5 ) ] . (3)

Die jeweilige Acidität zeigt, wie weit der Gleich-gewichtszustand dieser Reaktion nach rechts ver-schoben ist, und steht im Einklang mit der elektro-philen Kraft des betreffenden Esters; einen An-haltspunkt dafür bietet der pK-Wert des korrespon-dierenden Alkohols: p K (Methanol) = 16; p K (Isopropanol) = 19; p K (Phenol) = 10 (alle Werte 13 bei 25 °C). Je niedriger der pK-Wert des Alkohols ist, u m so größer ist die Elektrophilie des zugehörigen Esters und desto saurer die alkoholische Esterlösung.

Primär werden die schnellen hydrolytischen K o n -kurrenzreaktionen

B(OR) 3 + 3 H 2 0 - > B(OH) 3 + 3 R O H (4)

B (OR) 3 + 3 H 2 0 + K O H - > K[B(OH) 4 ] + 3 R O H (5)

H[B(OR) 3 (OC 2 H 5 ) ] + 3 HsO B(OH)3 + 3 ROH + C2H5OH (6)

H[B(OR) 3 (OC 2 H 5 ) ] + 3 H 2 0 + K O H - > K[B(OH)4] + 3 ROH + C2H5OH (7)

ablaufen. I m anschließenden langsameren Kondensations-

schritt wird noch während der Fällungszeit das Polysalz gebildet:

[x— 1) B(OH) 3 + K[B(OH) 4 ] K [ B x 0 J , ( 0 H y + 2 / H 2 0 (8)

wobei z = 3x — 2y -f- 1 ist. Entsprechend dem KOH-Unterschuß bei der Fäl-

lung wird mehr dreibindiges Bor (in Form von B(OH) 3 ) als vierbindiges (in Form von [B(OH) 4 ] - ) entstanden sein; die sauren pH-Werte am Ende der Fällungen zeigen es an. Dementsprechend sind die Kondensationsgrade x der Salze immer größer als 2 ; dieser Wert würde ein aus gleichen Anteilen drei-und vierbindigen Bors bestehendes Salz bezeichnen, denn der Ausdruck ( x — 1) /1 gibt das Verhältnis des dreibindigen Bors zum vierbindigen in einem Salz an. IR-spektroskopisch ließ sich zeigen, daß mit steigendem x-Wert die Intensitäten der Banden des

vierbindigen Bors abnehmen und gleichzeitig die Banden des dreibindigen Bors zunehmen.

In dem langsamen Kondensationsschritt resul-tiert außer dem Polyborat auch Wasser; je struktur-wasserärmer das Salz wird, desto mehr Wasser ent-steht durch Kondensation. Damit kann weiterer Ester zur Borsäure hydrolysieren, und die so ge-bildete Borsäure kann sich in der Verweilzeit zwi-schen Fällung und Filtration an ursprünglich niedrig kondensierte Anionen anlagern.

Auf diese Weise können Kondensationsgrade Zustandekommen, die nicht ganzzahhg sind und die außerdem über das formal Möghche hinausgehen: als Beispiel diene die Hydrolyse mit dem molaren Ver-hältnis B(OCH 3 ) 3 : Base:Wasser = 11,2:1:7,8. Das Medium war Äthanol/Ligroin, wkoh = 2,5 mmol, T = Raumtemperatur, Verweilzeit t — 17 h. Aus den hydrolytischen Konkurrenzreaktionen lassen sich drei- und vierbindiges Bor im Verhältnis 1,6:1 er-warten, woraus x = 2,6 folgt. In den resultierenden Salzen ist aber vermittels zusätzhch angelagerter Borsäure x = 3,6. Solche Anlagerungen von Borsäure oder der Gruppe - 0 - B ( 0 H ) 2 kennt man aus neueren Röntgenstrukturuntersuchungen an Polyboraten, z .B . dem natürlichen Mineral Veatchit,

Sr2[B508 (0H)]2 • B(OH) 3 • H 2 0 Daß der Borsäureisopropylester unter sonst glei-

chen Umständen Salze mit x = 2,9 bildet, kann darauf zurückgeführt werden, daß das im Vergleich zum Methanol sperrige und hydrophobe Isopropanol die Anlagerung der Borsäure offensichtlich in größe-rem Ausmaße verhindert als das Methanol.

Der Umfang der Wasserbildung durch Kondensa-tion und damit der endgültig resultierende Konden-sationsgrad x lassen sich nicht vorhersagen.

In anderen Fällen (z.B. Methylesterhydrolyse, Medium Äthanol, molares Ester: Base: Wasser-Ver-hältnis = 11,2:1 :26, wkoh = 2,5 mmol, T = Raum-temperatur, t = 17 h) bleibt der Kondensationsgrad weit unter dem formal möglichen Wert, der für das genannte Beispiel statt zu x = 8,67 zu x — 2,8 ge-funden wurde. Daß nicht alles vorhandene Bor sich zu polymeren Anionen zusammenschließt, scheint daran zu hegen, daß niedrigere Kondensationsgrade bevorzugt sind. Demzufolge treten in der Brutto-gleichung als zusätzliche Reaktionsprodukte Bor-säuie und unreagierter Borester auf, z . B . :

11 B (OR) 3 + K O H + 26 H 2 0 K [ B 3 0 4 ( 0 H ) 2 ] + 7 B(OH) 3 + B(OR) 3 + 30 R O H .

( 9 )

G. H E L L E R - H . ROSS • BORSÄUREESTER-HYDROLYSE IN BASISCHEN MEDIEN 718

Die Berechnung der relativen Ausbeuten (bezogen auf das eingesetzte Kalium) ergab, daß die Poly-borate nur selten quantitativ gewonnen wurden. Angesichts der relativ hohen Borkonzentration in der Mutterlauge (zwischen 1 und 2 mol/1) ist anzu-nehmen, daß der nicht ausgefallene Anteil eines Salzes mit einem der festen Substanz ähnlichen Kondensationsgrad in Lösung vor Hegt. Auch die Borsäure selbst kann bei solchen Borkonzentra-tionen Polyborsäuren bilden15 , beispielweise

3 B ( O H ) 3 ^ H5B3O7 + 2 H 2 0 . ( 1 0 )

Die Triborsäure und das in Gleichung (9) ange-führte KaHumtriborat haben als Molekül-Grund-gerüst den gleichen stabilen sechsgHedrigen Boroxin-Ring.

Die verschiedenen Reaktionsmedien wirken sich folgerichtig im Sinne des Konkurrenzreaktionen-Modells aus: das weniger polare Reaktionsmedium (Ligroin/Äthanol im Vergleich zum reinen Äthanol) bewirkt einen höheren Kondensationsgrad x, denn das K O H ist in diesem Medium weniger stark dissoznert: bei gleichen molaren Konzentrations-verhältnissen (Ester: Base: Wasser = 11 ,2 :1 :17 ; W K O H = 2,5 mmol) und gleichen Reaktionsbedin-gungen (T = Raumtemperatur; t = 17 h) entstan-den aus dem Methylester in Ligroin/Äthanol Salze des Kondensationsgrades 4,5 und in Äthanol 2,6.

Auch die Vergrößerung des Kondensationsgrades mit steigender Wasser-Konzentration folgt zwanglos aus dem bisher Gesagten (siehe Abb. 3). Der ver-mutete Einfluß der Organylgruppen der Ester auf die Hydrolysegeschwindigkeit und damit auf den Kondensationsgrad der Salze Heß sich nicht be-

C ¥ [ m o l / l ]

Abb. 3. Kondensationsgrad x der aus dem Borsäure-methylester entstandenen Kaliumpolyborate in Ab-hängigkeit vom Wassergehalt der Reaktionsmischung. Reaktionsparameter: Medium Äthanol; Boresterkon-zentration = 1,4 mol/1; KOH-Konzentration = 0,125 mol/1; T=Raumtemperatur; Verweilzeit t= 17 h.

stätigen. In Erweiterung des ursprünghchen ein-fachen Modells war angenommen worden, daß mit zunehmender ElektrophiHe der Ester (Isopro-pyl < Methyl < Phenyl) die Reaktion mit dem nukleophilen Hydroxid - Ion bevorzugt neben der Reaktion mit dem Wasser ablaufen würde und so zu einem zugunsten des vier bindigen Bors verscho-benen Verhältnis des dreibindigen Bors zum vier-bindigen im Salz, mithin zu einem niedrigeren Kondensationsgrad, führen würde. TatsächHch He-fern Methyl- und Isopropylester meist Salze, die in Anbetracht der Fehlergrenzen identisch sind. Offen-sichtlich sind die Unterschiede in den Hydrolyse-geschwindigkeiten zu klein. LedigHch bei Tempera-turen unterhalb der Raumtemperatur, desgleichen in Ligroin-Äthanol, entstehen aus dem Methylester Salze mit geringerem Kondensationsgrad als aus dem Isopropylester. Bei Raumtemperatur und kleinen Wasserkonzentrationen sorgt aber in Ligroin-Äthanol der weiter oben geschilderte wasser-abschirmende Effekt des Isopropanols für kleinere Kondensationsgrade der Salze aus dem Isopropyl-ester. Der besonders elektrophile Phenylester läßt Salze mit den höchsten aller unter vergleichbaren Bedingungen auftretenden Kondensationsgraden entstehen. Hier muß man den Einfluß der stark sauren Reaktionsmischung berücksichtigen; der pH-Wert der Esterlösimg vor der Fällung beträgt 2,1, und nach der Fällung zeigt das Filtrat einen pH-Wert v o n 3,0. Je saurer eine Lösung ist, desto geringer ist auch ihr Gehalt an vierbindigem Bor in Gestalt der [B(OH)4]~-Ionen und desto größer ist der Kondensationsgrad der daraus fallenden Salze.

Das Stehen der frischgefällten Salze in der Mutter-lauge während der Verweilzeit führt bei allen Salzen zu einer Veränderung der analytischen Daten (Abb. 1).

Beim Methyl- und Isopropylester nehmen mit zu-nehmender Dauer der Verweilzeit die Kaliumgehalte der Salze ab, die Borgehalte, Kondensationsgrade, Wassergehalte und Ausbeuten steigen; x wächst von 2,3 bis 2,8. OffensichtHch wird das Triborat-Anion [Bs04(0H)2]~ mit seinem stabilen Boroxin-Ring angestrebt. Das kann nur durch Ankondensa-tion von B(OH)3 und K[B(OH)4] an die ursprüng-lichen Reaktionsprodukte erfolgen:

K[Ba;0 y (0H) 2 ] + ? B ( O H ) 3 + fcK[B(OH)4] - > (k+l) K[BX' Oy' ( O H ) / ] + p H 2 0 . (11)

Dabei gelten folgende Beziehungen:

720 G. H E L L E R - H . ROSS • BORSÄUREESTER-HYDROLYSE IN BASISCHEN MEDIEN 719

1 2 <x <x' < 4 — > x—1.

k

Der Phenylester verhält sich anders: bei längerer Verweilzeit nehmen sowohl die Kalium- als auch die Bor-Gehalte zu, doch die ersteren stärker, so daß die Kondensationsgrade abnehmen. Auch der Kon-stitutionswassergehalt sinkt. Hier ist also eine Tendenz des Überganges von x = 6,3 zum bekann-ten14 Spiroborat-Anion [B50e(0H)4]_ vorhanden, das aber nicht ganz erreicht wird. Dabei wird die Aus-beute geringer, offensichtlich durch Abgabe von B(OH)3 und K[B(OH)4]:

K[B,0, (0H)J + v H2O -> (1—k) KtB*' 0 / (OH)/] + j B(OH)3 + k K[B(OH)4]. (12)

Hier gilt: j

x > x' > 4 — > x — 1. k

Der Einfluß der Temperatur auf die Esterhydro-lyse läßt sich wie folgt beschreiben: steigende Tem-peraturen bewirken ein Absinken der Kalium-Gehalte nach einem Maximum und einen Anstieg der Bor-Gehalte, Kondensationsgrade und Konsti-tutionswasser-Gehalte nach jeweiligen Minima (siehe Abb. 4).

Zwischen 20 und 30 °C sollten sich in den Tem-peraturreihen bei den einzelnen Estern diejenigen Kondensationsgrade wiederfinden, die bei den läng-sten Verweilzeiten auftreten. Tatsächhch findet man in der Gegend von 30 °C quahtativ dieselbe Ab-stufung der Kondensationsgrade.

Während die Bor-Gehalte der Salze sich über den gesamten Temperaturbereich nicht signifikant än-dern, sind die Kahum-Gehalte stark temperatur-abhängig und für den Gang des Kondensations-grades verantwortlich. Das oben erwähnte Maxi-mum des Kalium-Gehalts hegt für jeden der unter-suchten Ester bei einer anderen Temperatur: im

1 H . S T E I N B E R G u n d D . L . H U N T E R , I n d . E n g . C h e m . 49, 174 [1957].

2 C. K. INGOLD, „Structure and Mechanism in Organic Chemistry", S. 346, Cornell University Press, Ithaca, New York 1953.

3 D . W . TANNER und T . C. BRUICE, J. Amer. Chem. Soc. 89, 6954 [1967].

4 a) C. L. CHRIST, Amer. Mineralogist 45, 334 [I960], b) J. O. EDWARDS und V. Ross, J. Inorg. Nucl. Chem. 15, 329 [I960].

5 K . F . J A H R u n d J . F U C H S , a) Z. Anal. Chem. 176, 269 [I960]; b) Ber. 96, 2457 [1963]; 2463 [1963].

8

7

6

5

4

3

2

Abb. 4. Kondensationsgrad x der aus drei Borsäure-estern

(O = Methylester, x =Isopropylester, A = Phenyl-ester) entstandenen Kaliumpolyborate in Abhängig-keit von der Temperatur T während Fällung und Ver-

weilzeit. Reaktionsparameter: Medium Äthanol; Ester:Base: Wasser (molar) = 11,2:1:26; BKOH = 2,5 mmol, Ver-

weilzeit t = 17 h.

Falle des Methylesters bei 40 °C, für den Isopropyl-ester bei 30 °C und für den Phenylester bei 20 °C. Die zu diesen Temperaturen gehörigen Kondensa-tionsgrade bilden natürlich die Minima in den x = i(T)-Diagrammen (Abb. 4). Zwischen 30 und 40 °C findet man Polyanionen mit ganzzahhgen Kondensationsgraden; beim Methyl- und Isopropyl-ester ist x — 3 (Triborat), beim Phenylester ist x = 5 (Pentaborat). Die Abweichung der Kondensations-grade von der Ganzzahligkeit bei Temperaturen oberhalb 40 °C läßt sich nur mit einem Verweilzeit-effekt erklären: hier scheint der Kondensationsgrad x = 4 der einzig stabile und daher angestrebte zu sein. Dazu muß bei den aus dem Methyl- und dem Isopropylester entstandenen Salzen Borsäure an die vorhandenen Anionen ankondensieren, während aus den vom Phenylester gebildeten Salzen Borsäure freigesetzt wird.

Dem Fonds der Chemischen Industrie sei für die Bereitstellung von zusätzlichen Forschungsmitteln herzlich gedankt.

6 H. Ross, Diplomarbeit, Freie Universität Berlin 1970. 7 HOUBEN-WEYL, „Methoden der organischen Che-

mie", Band 1/2, S. 795, Georg Thieme-Verlag, Stutt-gart 1959.

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X

I 1 1 I 1 ! 1 L •20 -10 0 10 20 30 40 50 ,60

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