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B R A N D S C H U T Z F O R U M A U S T R I A 60 ELFR OSR UNIV.-LEKTOR DR. OTTO WIDETSCHEK Die neue TRVB 104: Feuer- und Heißarbeiten

Die neue TRVB 104: ELFR OSR Feuer- und Heißarbeiten UNIV

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B R A N D S C H U T Z F O R U M A U S T R I A60

ELFR OSR UNIV.-LEKTOR

DR. OTTO WIDETSCHEK

Die neue TRVB 104: Feuer- und Heißarbeiten

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Die neue TRVB 104: Feuer- und HeißarbeitenEin brandheißes Thema unter der Lupe

ine der gefährlichsten Zündquellen in der Praxis stellen Feuer-(Heiß-)Arbeiten dar. Man versteht darunter Tätigkeiten, die mit hohen Temperaturen verbunden sind und bei welchen durch mechanische oder thermische Arbeit eine Brand- oder sogar Explosionsgefahr entsteht. Diese kann durch Erhitzen

des Werkstückes, der unmittelbaren Umgebung oder durch Funkenflug auftreten. Das ist der Grund, warum Feuer- und Heißarbeiten so gefährlich sind, und deswe-gen wurde auch zu diesem Themenkreis eine neue, vorerst provisorische Technische Richtlinie Vorbeugender Brandschutz – die prTRVB 104 O – geschaffen.

Die größte Gefahr bei Feuer- und Heißarbeiten stellt der sorglose Mensch dar! (Cartoon: O. Meisenberger, Graz).

WIDETSCHEK

B R A N D S C H U T Z F O R U M A U S T R I A 61

E

„Weil sie mit so hohen Temperaturen arbeiten,gelten die Schweißer als die größten „Brandstifter“ aller Zeiten!

Owid.

Bild 01: Die provisorische Richtlinie prTRVB 104 O.

Bild 02: Feuer- und Heißarbeiten sind gefährlich!

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B R A N D S C H U T Z F O R U M A U S T R I A62

WIDETSCHEK

DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND

HEISSARBEITEN

1. Allgemeines

Im Zentrum der neuen TRVB 104 steht das so genannte Freigabeverfahren für brandge-fährliche Arbeiten. Dieses wurde mit der vorliegenden Richtlinie systematisiert und auf einen verbesserten Sicherheitsstandard gestellt. Grundlage ist dabei eine allgemein anerkannte Regel der Technik, die besagt, dass vor Aufnahme von Feuer- und Heißarbeiten die ausführende Fachkraft eine Freigabe durch den Auftraggeber oder dessen Beauftragten erhalten muss! Und dies geschieht mit Hilfe eines Freigabescheins.

1.1 Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Aufgrund von feuerpolizeilichen Vorschriften, der relevanten Arbeitnehmerschutz-bestimmungen und schließlich aus den Versicherungsbedingungen der Feuerversicherer besteht im Betrieb nicht nur für jedermann die grundsätzliche Verpflichtung zur Verhinderung einer Brandentstehung sowie der Verhinderung bzw. Verzögerung einer Brandausbreitung. Vor allem wird jedoch der Arbeitgeber in diesem Zusammenhang gefordert, dem – vor allem bei feuergefährlichen Arbeiten – eine entsprechende Fürsorgepflicht zukommt. Dies betrifft u. a. die Verpflichtung zur Unterweisung und Information der Arbeitnehmer und jener Personen, die im Betrieb tätig werden.

1.2 Brandschutzorgane

In Betrieben mit Brandschutzorganen (Brandschutzbeauftragte, Brandschutzwarte, Brandschutzgruppen und Betriebsfeuerwehren) sind diese Fachkräfte bereits vor Beginn von Feuer- und Heißarbeiten in das Freigabeverfahren einzubinden. Dies gilt vor allem auch dann, wenn diese Arbeiten durch Fremdfirmen durchgeführt werden.

Wenn keine Brandschutzorgane vorhanden sind, liegt die Verantwortung für die mög-lichst gefahrenfreie Durchführung der Feuer- und Heißarbeiten bei der hierfür gewer-berechtlich befugten Fachfirma. Auf Baustellen hat grundsätzlich der für den Bau Verantwortliche für einen funktionierenden organisatorischen Brandschutz und damit auch für die Organisation und Durchführung der Freigabe von Feuer- und Heißarbeiten zu sorgen.

Bild 03: Verantwortungs-

verhältnisse bei feuergefährlichen

Arbeiten.

Wer ist verantwortlich?Wer ist verantwortlich?Arbeitgeber (Geschäftsführer) nach ASchG

Betrieb mit Betrieb ohne Brandschutz-Organisation

Brandschutz-Organisation

Baustelle

BrandschutzorganeBaustellen-

Verantwortlicher,Brandschutzorgane(BSB, BSW) Befugte Fachfirma

Verantwortlicher,Befugte Fachfirma

owid

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WIDETSCHEK

DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND HEISSARBEITEN

B R A N D S C H U T Z F O R U M A U S T R I A 63

1.3 Brandschutzmanagement

Im Sinne einer optimalen Umsetzung des organisatorischen Brandschutzes im Betrieb und der immer wichtiger werdenden Qualitätssicherung ist nach Möglichkeit ein Brandschutz-Managementsystem zu implementieren. Dabei sollte der Brandschutz im Sinne des Marketings auch nach außen angeboten, also für alle sichtbar werden. Als Informationsträger stehen dabei klassische Brandschutz-Informationstafeln, Roll-ups und elektronische Anzeigetafeln (Displays) zur optischen Signalisierung und anderes mehr zur Verfügung.

Im Zusammenhang mit dem hier interessierenden Freigabeverfahren wird in der TRVB 104 im Anhang 4 ein entsprechender Aushang empfohlen, der bei Bedarf bei Hauptzugängen im Betrieb angebracht und auch auf Info-Tafeln eingesetzt werden kann. Über www.brandschutzforum.at/shop steht ein derartiges Plakat allen Interessierten zur Verfügung.

Bild 04: Aushang Freigabe-verfahrenAushang FreigabeverfahrenAushang Freigabeverfahreng gg g

BRANDSCHUTZ-INFOTAFEL

Feuer- und Heißarbeiten(Arbeiten mit offener Flamme, wie Flämmen,

Löten, Schweißen etc., sowie Tätigkeiten, bei denen Funken entstehen, insb. Arbeiten

mit Winkelschleifmaschinen etc.)dürfen in diesem Objekt nur

nach Freigabe durch den Brandschutzbeauftragten

vorgenommen werden.BSB:  ……………………….  Tel.: ……………………..

Brandschutz-ordnung

Feuer- und Heißarbeiten(Arbeiten mit offener Flamme, wie Flämmen,

BSB-Stv.: …………………… Tel.: …………………..BSB-Stv.: …………………… Tel.: …………………..

www.brandschutzforum.at

SchulungÜbung

Prüfungs-termine

Löten, Schweißen etc., sowie Tätigkeiten, bei denen Funken entstehen, insb. Arbeiten

mit Winkelschleifmaschinen etc.)dürfen in diesem Objekt nur dürfen in diesem Objekt nur

nach Freigabe durch den Brandschutzbeauftragten

dAushang auf der

B d h t I f t f l b i vorgenommen werden.BSB:  ……………………….  Tel.: ……………………..BSB-Stv.: …………………… Tel.: …………………..BSB Stv : Tel :

Brandschutz-Infotafel bzw. imBereich der Hauptzugänge

G bä d (F dfi )owid

BSB-Stv.: …………………… Tel.: …………………..

www.brandschutzforum.at

zum Gebäude (Fremdfirmen)

1.4 Ausbildung

Personen, welche Feuer- und Heißarbeiten freigeben oder ausführen, können sich frei-willig einer Ausbildung gemäß TRVB 104 unterziehen. Sie ist über einen Zeitraum von mind. 360 Minuten vorgesehen und umfasst nicht nur theoretische Inhalte, sondern auch einen mindestens einstündigen Praxisblock. Diese Schulung schließt mit einer schriftlichen Erfolgskontrolle ab und ist von einer gemäß TRVB 117 anerkannten Ausbildungsstätte durchzuführen.

Neben dieser Ausbildung ist für Personen, welche im Rahmen des so genannten „Vereinfachten Freigabeverfahrens“ feuergefährliche Arbeiten in einem bestimmten Betrieb durchführen, eine reduzierte Schulung in der Dauer von mind. 240 Minuten vor-gesehen. Sie muss auch auf die betriebsspezifischen Brandgefahren eingehen.

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DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND

HEISSARBEITEN

Gesetzliche Grundlagen

Die Gefahren durch Feuer- und Heißarbeiten sowie die erforderlichen Schutzmaßnahmen werden in einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen behan-delt. Sie finden vor allem ihren Niederschlag in den Arbeitnehmerschutz-bestimmungen, den Feuerpolizeigesetzen der Länder und in bestimmten Bundesverordnungen (AM-VO, VEXAT, VbF etc.). Im Folgenden werden nur die wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen zitiert.

Allgemeine Arbeitnehmerschutz-Verordnung (AAV 2014)

§ 74 Brandschutzmaßnahmen – Rauchverbot, Verbot der Verwendung von offe-nem Feuer und Licht

(3) Schweiß-, Schneide- und Lötarbeiten sind so durchzuführen, dass durch heiße Metallteile, insbesondere durch Schweißperlen, brennbare oder entzündliche Materialien nicht entzündet werden.

§ 76 Feuerlöschmittel, Feuerlöschgeräte, Feuerlöschanlagen

(8) Bei Schweiß-, Schneide- und Lötarbeiten sowie bei Arbeiten mit Trennschleifmaschinen in der Nähe von brennbaren oder entzündlichen Materialien müssen geeignete Handfeuerlöscher bereitgestellt sein.

Arbeitsmittelverordnung (AM-VO 2014)

Diese Bundesverordnung regelt im § 26 vor allem den Umgang mit Geräten für autogenes Schweißen, Schneiden und verwandte Verfahren.

Verordnung explosionsfähige Atmosphären (VEXAT 2004)

Die VEXAT beschäftigt sich im Zusammenhang mit Feuer- und Heißarbeiten vor allem mit den Gefahren und Gegenmaßnahmen bei Arbeiten an Betriebseinrichtungen, in welchen brennbare Arbeitsstoffe vorhanden sind und sich eine explosionsfähige Atmosphäre bilden kann. Steiermärkisches Feuer- und Gefahrenpolizeigesetz (StFGPG 2012)(exemplarisch für die Steiermark, da die Feuerpolizeigesetzgebung in allen Bun-desländern unterschiedlich geregelt wird)

§ 10 Feuerarbeiten und Erwärmung brennbarer Stoffe

(1) Feuerarbeiten, insbesondere solche mit Schneidbrennern, Trennschleif-, Schweiß- oder Lötgeräten, sowie Erwärmungen brennbarer Stoffe, wie Teer oder Bitumen, dürfen nur durchgeführt werden, wenn

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DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND HEISSARBEITEN

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1. die Arbeitsgeräte auf ihre Betriebssicherheit überprüft werden,

2. geeignete Löschmittel in ausreichender Menge bereitgestellt werden,

3. brennbare Gegenstände aus dem Gefahrenbereich entfernt oder, sofern dies nicht möglich ist, diese mittels nicht brennbarer Stoffe abgedeckt und vor Hitzeeinwirkung ausreichend geschützt werden und

4. in Gebäuden ab der Gebäudeklasse 3 eine Freigabe mittels eines Freigabescheines erfolgt ist.

Bei Arbeiten an Rohrleitungen und Behältern sind zusätzlich ausreichende brandschutztech-nische Maßnahmen zu treffen.

(2) Nach Durchführung von Feuerarbeiten ist umgehend zu prüfen, ob auf Grund der beson-deren örtlichen Verhältnisse noch eine Brandgefahr besteht. Erforderlichenfalls sind Nachkontrollen durchzuführen.

(3) Feuerarbeiten dürfen in Räumen, in denen leicht entzündbare, leicht entflammbare oder explosive Stoffe hergestellt, verarbeitet oder gelagert werden oder in denen explosive Gase, brennbare Dämpfe oder Staub-Luft-Gemische auftreten können, nicht durchgeführt werden.

2. Was sind Feuer- und Heißarbeiten?

Als Feuer- und Heißarbeiten gelten beispielsweise Tätigkeiten mit Schweißapparaten, Lötlampen, Flämmgeräten und Winkelschleifern. Diese sind bei vielen Schlosser-, Spengler-, Dachdecker- und Installationsarbeiten erforderlich. Aber auch im Zuge der Verpackung mittels Schrumpffolien, bei Auftauarbeiten und vielen anderen Tätigkeiten ergeben sich durch die hohen Arbeitstemperaturen große Brandgefahren.

Bild 05: Feuer- und Heißarbeiten, exemplarisch dargestellt.

Feuer- und HeißarbeitenFeuer- und HeißarbeitenTätigkeiten mit hohen Temperaturen. Beispiele:

Schweißen,Schweißen,LötenLöten

AuftauenAuftauen(offene(offene FFlamme)lamme)LötenLöten (offene(offene FFlamme)lamme)

FolienFolien--FlämmenFlämmen FolienFolien--schrumpfenschrumpfen

SchleifenSchleifen HeißluftHeißluft--

owid

SchleifenSchleifen techniktechnik

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DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND

HEISSARBEITEN

2.1 Hohe Temperaturen

Wir haben schon festgestellt, dass bei Feuer- und Heißarbeiten in der Regel hohe Temperaturen auftreten. Diese liegen weit über der Entzündungstemperatur brennbarer Stoffe. Die Zündpunkte der wichtigsten Substanzen, welche bei derartigen betrieblichen Tätigkeiten in Brand gesetzt werden können, betragen einige hundert Grad Celsius. Die Temperaturen bei feuergefährlichen Arbeiten variieren jedoch zwischen etwa 1.000 °C bei Schweiß-, Schneid- und Schleiffunken und über 3.200 °C beim autogenen Schweißen. Damit ist klar, dass eine eminente Brand- und Explosionsgefahr besteht.

TemperaturenTemperaturenppElektrischer Lichtbogen

(ca 4 000 °C)4.000

Offene Schweißflamme

(ca. 4.000 C)

°C

Lötlampenflamme

O e e Sc e ß a e(ca. 3.200 °C)3.000

Lötlampenflamme(ca. 1.800-2.800 °C)

2.000S h iß l ( bt f d

Schweiß- Schneid- und

Schweißperlen (abtropfendesglühendes Metall (ca. 1.500 °C)

Beginn der Brandgefahr (ca 100 °C)

1.000

100

Schweiß-, Schneid- undSchleiffunken (1.200 °C)Nicht

maßstabs-t

owid

Beginn der Brandgefahr (ca. 100 C)00getreu

Quelle: VdS 2008: Feuergefährliche Arbeiten, 2009

SchweißperlenSchweißperlenpp

BRAND2 m BRAND

10 m

owid

Bild 06: Einige wichtige Temperaturen bei Heißarbeiten.

Bild 07: Große Gefahren durch Schweißarbeiten.

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DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND HEISSARBEITEN

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GefährdungsbereicheGefährdungsbereicheggFeuerarbeit Radius (R) Abstand (A)Löt Kl b 2 2Löten, Kleben 2 m 2 mTrennschleifen 6 m 3,5 m

Schweißen 7 5 m 4 mSchweißen 7,5 m 4 mBrennschneiden 10 m 4 m

AHeiße TeilchenGefährdungs-

bereich

H

A

R

H kleiner

owid

als 2 m

Quelle: OTTE M.: s+s Report, 1998.

Bild 08: Gefährdungs-bereiche in Abhängigkeit von jeweiligen Verfahren (nach Otte).

Bild 09: Gefahrenbereiche in Abhängigkeit von der Arbeitshöhe (Quelle: TRVB 104).

2.2 Gefährdungsbereiche

Wir haben schon gesehen: Die bei Schweiß- und auch bei Schneidearbeiten entstehenden heißen Funken besitzen Temperaturen von bis zu 1.200 °C. Abtropfende Schweißperlen (glühende, flüssige Metallkügelchen mit Temperaturen bis 1.500 °C) können bis zu 10 m vom Arbeitsplatz wegspringen. Es ergeben sich daher – je nach Tätigkeit – Gefähr-dungsbereiche zwischen 2 und 10 m (siehe Abbildung). Achtung: Deren Ausbreitung ist nicht nur in der Horizontalen zu beachten, sondern in allen Richtungen!

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DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND

HEISSARBEITEN

2.3 Großbrände durch Feuer- und Heißarbeiten

In der Vergangenheit gab es immer wieder Brandkatastrophen, welche durch feuerge-fährliche Tätigkeiten ausgelöst wurden. Gravierende Beispiele dafür sind:

• Der Brand in der Papierfabrik Ortmann im Jahre 1971 in Niederösterreich (Schweißperlen), bei welchem fünf Feuerwehrmänner ums Leben kamen.

• Der Großbrand im Kaufhaus Gerngroß im Jahre 1979 in Wien, der ebenfalls bei Schweißarbeiten, an einer hölzernen Rolltreppe, entstand.

• Der Milliardenbrand (in Schilling) bei der Firma Kaindl in Salzburg durch Schweißarbeiten (1989).

• Die Vernichtung des RIGIPS-Werkes in Bad Aussee, Steiermark, durch Schweißarbeiten an einer Rohrleitung für Wärmeträgeröl (1990). Dabei ist auch eine Acetylengasflasche explodiert.

• Der Brand in der Elektroanlage der Firma Leykam in Gratkorn im Jahre 1994, nördlich von Graz, welcher durch Flämmarbeiten im Dachbereich ausgelöst wurde.

• Die Vernichtung der historischen Sofiensäle im Jahre 2001 in Wien durch Flämmarbeiten am Dach.

• Das in der Papierfabrik Neusiedler in Ulmerfeld-Hausmening, NÖ, neu errichtete automatische Palettenlager wurde im Jahre 2001 bei Verpackungsarbeiten (Schrumpffolientechnik) durch einen Brand vernichtet.

• Der Zerknall eines Stahlkessels mit Brüdenkondensat im Jahre 2006 in Linz durch Schneidearbeiten. Bei diesem Ereignis waren zwei Tote zu beklagen.

• Der bis dato größte Brandschaden in Österreich (ca. 80 Millionen Euro) wurde in der Firma Leykam im Jahre 2006 in Neudörfl an der Leitha, Burgenland, durch Schneidearbeiten ausgelöst.

• Zwei Baustellen-Dachbrände in der neuen Wirtschaftsuniversität Wien (2012) und im Grazer Kaufhaus Leiner (2013) durch Flämmarbeiten, wobei große Mengen von Dämmstoffen (Styropor) verbrannten und Gasflaschen explodierten.

Bild 10:Der größte

Brandschaden Österreichs wurde in der Firma Leykam in Neudörfl a.d. Leitha

durch Schneidearbeiten

ausgelöst.

Bild 11: Kesselexplosion mit zwei Toten im Jahre 2006 in Linz, ausgelöst durch Schneidearbeiten.

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3. Die Brand- und Explosionsgefahren

Wir haben schon festgestellt, dass Brände (in Sonderfällen auch Explosionen) bei Feuer- und Heißarbeiten vor allem durch die dabei verwendeten, hohen Temperaturen möglich sind. Dabei müssen im Wesentlichen unterschieden werden:

• Brände durch die unmittelbare Einwirkung von Schweißbrenner- und Lötlampenflammen.

• Brände durch Wärmeleitung an Rohrleitungen und anderen Metallteilen.• Brände durch Schweiß- bzw. Lötperlen und Funkenflug.

Mit diesen Brandgefahren haben also jene Personen, die Feuer- und Heißarbeiten durch-führen, stets zu rechnen.

3.1 Schweißbrennerflammen

Immer wieder werden Brände dadurch verursacht, dass Schweißer die Temperaturen der Brennerflamme und deren unsichtbare Verbrennungsgase unterschätzen. Im Folgenden zeigen wir die Temperaturverteilung einer Schweißbrennerflamme in Abhängigkeit von der Brennerstellung (Quelle: BAM – Berliner Material Prüfanstalt). Dabei zeigt sich, dass 80 cm oberhalb, 60 cm waagrecht und 40 cm unter dem Brennermundstück noch eine Temperatur von 200 °C auftritt. Ähnliche Verhältnisse zeigen Lötlampenflammen, welche noch in waagrechtem und senkrechtem Abstand von der Brennermündung Temperaturen von 200 °C zeigen.

Bild 13: Temperaturfeld bei Lötlampenflammen.

© by OSR Dr. Otto Widetschek, BD a. D. owid

LötlampenflammenLötlampenflammen

100 20 30 40 cm

40 cm

100 °C1.000 °C

600 °C

400 °C

300 °C

200 °C30

20

10

Bild 12: Temperaturfeld bei Schweißbrennerflammen (Quelle: BAM).

3.2 Gefahren in Hohlräumen

Die Erfahrungen bei einschlägigen Bränden haben gezeigt, dass selbst durch enge Spalten und Ritzen, z. B. um ein durch eine Wand hindurch führendes Heizungsrohr, zündfähige Flammen und Abgase des Brenners schlagen und – unbemerkt durch den Schweißer – Zündungen verursachen. Bei Schweißarbeiten muss daher auf diesen wei-ten Gefahrenbereich der Brennerflamme Bedacht genommen und untersucht werden, ob in ihm zündfähiges Material vorhanden ist.

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DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND

HEISSARBEITEN

3.3 Brände durch Wärmeleitung und Sekundärflammen

Brände können auch dadurch entstehen, dass durch Schweiß- oder Lötarbeiten erhitzte Metallteile, wie Rohre, Träger usw., als gute Wärmeleiter die Hitze von der bearbeiteten Stelle weiterleiten und die anliegenden brennbaren Stoffe und Bauteile entzünden.

Eine besondere Brandgefahr besteht vor allem bei Schweißarbeiten an nicht verschlosse-nen Rohrleitungen: Hier können aus den offenen Rohrenden, oft mehrere Meter vom Arbeitsplatz entfernt, gefährliche Sekundärflammen austreten, die von nicht verbrann-ten Gasen der Brennerflamme gespeist werden.

3.4 Schweißen und Schneiden an Behältern

Ein großes Gefahrenmoment kann auch beim Schweißen und Schneiden an Behältern erfolgen, welche entzündbare Substanzen enthalten. Dies können Fässer, Rohrleitungen und Behälter sein, in welchen sich aus unterschiedlichen Gründen ein zündfähiges Gemisch gebildet hat. Leider gibt es immer wieder tödliche Ereignisse bei derartigen Behälterexplosionen. Wie ein tragischer Unfall aus dem Jahre 2006 in Linz zeigt, können auch Stahlbehälter, welche lediglich mit Wasser gefüllt sind, unter bestimmten Umständen zerknallen. Es bildet sich durch eine chemische Reaktion dabei nämlich Wasserstoffgas. Beim Schweißen und Schneiden müssen daher Behälter stets mit Wasser oder einem Schutzgas gefüllt werden.

Bild 14: Temperaturfeld in Kanälen und Hohlräumen (exemplarisch).

Bild 15: Die Funkenbildung

bei Schneide-arbeiten kann

gefährlich werden (Quelle:

Sicherheitsinstitut, Zürich).

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DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND HEISSARBEITEN

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4. Schutzmaßnahmen und Freigabeverfahren

Um die erforderlichen Schutzmaßnahmen ermitteln zu können, muss eine Risikobewertung der feuergefährlichen Arbeiten gemäß TRVB 119 O erfolgen. Dies bezieht sich vor allem auf die notwendige Beaufsichtigung der Feuer- und Heißarbeiten, wobei nach Pkt. 7.4 eine Einstufung in drei Kategorien (geringes, mittleres und hohes Risiko) vorgenommen wird.

4.1 Zielsetzung

Danach soll mit Hilfe der Risikoeinstufung durch das nach TRVB 104 (Pkt. 6.4) festge-legte Freigabeverfahren sichergestellt werden, dass

• die zwangsläufig bei Feuer- und Heißarbeiten verbundenen Brandgefahren mini-miert werden,

• ein allfällig auftretender Entstehungsbrand zeitgerecht entdeckt wird und• die erfolgreiche Brandbekämpfung mit den Mitteln der Ersten Löschhilfe sicher-

gestellt ist.

4.2 Einteilungskriterien

Die wesentlichen Einteilungskriterien, ob geringes, mittleres oder hohes Brandrisiko bei einem Bauwerk vorliegt, sind dabei:

• Brandabschnittsfläche,• Lage und Exposition,• Nutzung der baulichen Anlage,• verwendete Bauprodukte und• besondere Substanzen bzw. Ausbreitungsgefahr.

Bild 16: Sicherheitsmaßnahmen durch Verwendung eines Schutzgases (Kohlendioxid).

Risiko & ÜberwachungRisiko & Überwachunggg Erste Löschhilfe Erste Löschhilfe

ist ausreichend! Ausbildung zum

BSW

Geringes Brandrisiko:1 Überwacher (BSW) BSW

Erweiterte Lösch- Erweiterte Lösch-hilfe notwendig!

Ausbildung ge-mäß TRVB 104

Mittleres Brandrisiko:Brandsicherheitswache

mäß TRVB 104.

Einsat bereite EinsatzbereiteLöschgeräte!

Verstärkte Nach-kontrollen

Hohes Brandrisiko:Zuständige Feuerwehr

owid

kontrollen.Bild 17: Einteilung des Risikos

exemplarisch.

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B R A N D S C H U T Z F O R U M A U S T R I A72

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DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND

HEISSARBEITEN

RisikostufenRisikostufenDreistufenkonzeptDreistufenkonzept

Geringes Risiko Mittleres Risiko Hohes Risiko g(z.B. ausge-

räumte Halle)(z.B. Fahrzeug-

halle)(z.B. Hochregal-

lager)

owid

) ) g )

Bild 18: Das Risiko und die Überwachung bei feu-ergefährlichen Arbeiten.

4.3 Allgemeine Voraussetzungen für eine Freigabe

Für die Freigabe von Feuer- und Heißarbeiten sind folgende grundsätzliche Vorausset-zungen erforderlich:

• Zeitgerechte Mitteilung Die geplanten feuergefährlichen Arbeiten müssen zeitgerecht angemeldet wer-

den, damit die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen noch vor Aufnahme der Arbeiten durchgeführt werden können.

• Fachkenntnisse Die beauftragten Personen müssen die Gefahren, welche von dem freizugeben-

den Arbeitsprozess ausgehen, sowie die örtlichen Gegebenheiten kennen.• Ortsaugenschein Der vorgesehene Arbeitsbereich ist unmittelbar vor den freizugebenden Arbeiten

zu besichtigen.• Freigabeschein Er muss die Zuständigkeiten, die erforderlichen Maßnahmen, den genauen

Arbeitsbereich und das Ende der Freigabe enthalten.

Der Freigabeschein

Der Freigabeschein ist das Herzstück im Rahmen der Maßnahmen zur Freigabe feu-ergefährlicher Arbeiten. Er stellt die formulare Umsetzung des Freigabeverfahrens für Feuer- und Heißarbeiten dar und bietet die Möglichkeit,

• die vor, während und nach den Arbeiten bzw.• bei einem auftretenden Brand

erforderlichen Maßnahmen schriftlich festzulegen.

Darüber hinaus bietet das Formular die Möglichkeit,

• den Arbeitsbereich und die Arbeitszeit einzugrenzen,• die verantwortlichen Personen festzulegen und• den Umfang der Nachkontrollen

zu definieren.

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DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND HEISSARBEITEN

B R A N D S C H U T Z F O R U M A U S T R I A 73

FREIGABESCHEIN für brandgefährliche Tätigkeiten (gemäß TRVB 104 O) Nr.: ………….Feuer- und Heißarbeiten,wie Schweißen, Schneiden, Löten, Farbbrennen, Auftauen, Flämmen, Trennschleifen, Folienschrumpfen

Auftraggeber (Ort der Tätigkeit): ………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………..Arbeitsbereich: …………………………………………………………………………………………………………………………...Art der Arbeit: ……………………………………………………………………………………………………………………………..Vorgesehener Zeitraum:Beginn am: ………………………. von ………………….Uhr bis ………………………Uhr. Ende am: ……………………………………

□ ausführende Fachfirma: ………………………………………….. □ betriebseigener Dienstnehmer: ……………………………. Name(n) des/der Durchführenden: …………………………………………………………………………………………………….

BRANDRISIKO und Maßnahmen zur Beaufsichtigung (gemäß TRVB 119 O)□ geringes Brandrisiko: Aufsicht (ein Überwachungsorgan, z. B. BSW)□ mittleres Brandrisiko: Aufsicht (geeignete Brandsicherheitswache, z. B. Ausbildung gemäß TRVB 104)□ hohes Brandrisiko: Aufsicht (zuständige Feuerwehr)

FREIGABE„Achtung! Die Freigabe ist im Zuge einer Besichtigung vor Ort zu erteilen“

Freigabe gilt bis: Datum: …………………………………………………………… Uhr …………………………………………….Besondere Vorkehrungen: …………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………….Melder/Bedienungsgruppen ………………………………………………………. der Brandmeldeanlage abschalten lassen.Name: ……………………………………………………………………….. Telefonnummer: …………………………………………..Datum: ………………………………………………………………… Unterschrift: …………………………………………………..

ÜBERNAHMEBESTÄTIGUNGVerantwortlicher Durchführender vor Ort: ………………………………………………………………………………………………...Ich verpflichte mich für die Einhaltung der oben angeführten besonderen und umseitigen BRANDVERHÜTUNGSVORKEHRUNGEN zu sorgen und bestätige den Empfang dieses Freigabescheines.

Datum: ………………………………….. Unterschrift: ……………………………..…………………..Kontrollorgan erforderlich: □ ja □ nein Name des Kontrollorganes: ……………………………………………………………….Melder/Bedienungsgruppen wieder eingeschaltet:Datum: …………………………………………………………………… Uhrzeit: ………………………………………………………..Name: ……………………………………………………………………. Unterschrift: ……………………………………..…………..

NACHKONTROLLEN (Verantwortliche)Dauer der Nachkontrollen ab Beendigung der Arbeiten: ……. Stunden.(Liste erforderlichenfalls mit Beiblatt erweitern).

Datum Uhrzeit Name Unterschrift1234Verteiler (Name):□ ………………………………… □ ………………………………… □ ……………………………….. □ AUSHANG

Ausführender BSB/BSW zur Ablage GF zur Info Arbeitsort/stelle

www.brandschutzforum.at ♦ www.brandschutzforum.at ♦ www.brandschutzforum.at ♦ www.brandschutzforum.at

In der TRVB 104 wird ein standardisierter Freigabeschein vorgeschlagen, es können jedoch auch andere betriebsspezifische Formulare verwendet werden, wenn diese dem Inhalt dieser Vorlage entsprechen.

In dieser Veröffentlichung wird ein durch die nach TRVB 119 definierten Risikokategorien erweiterter Freigabeschein vorgestellt. Er kann unter www.brand-schutzforum.at/shop kostenlos heruntergeladen werden. Anmerkung: Zu beachten ist die Rückseite des Freigabescheins, wo die wichtigsten Maßnahmen bei feuerge-fährlichen Arbeiten (siehe Kap. 5) angeführt werden!

Bild 19: Freigabeschein unter Berücksichtigung der Risikoklassen.

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WIDETSCHEK

DIE NEUE TRVB 104: FEUER- UND

HEISSARBEITEN

4.4 Besondere Freigabeverfahren

Bei den besonderen Freigabeverfahren unterscheidet man gemäß TRVB 104 O

• Freigabeverfahren über einen längeren Zeitraum und• vereinfachte Freigabeverfahren.

4.4.1 Freigabeverfahren über einen längeren Zeitraum

Die feuergefährlichen Arbeiten können sich dabei über mehr als 24 Stunden bis zu einem Monat erstrecken. Dies wird vor allem bei der Montage, Instandhaltung oder Demontage einer technischen Anlage bzw. bei Umbauvorhaben notwendig sein. Es darf dabei jedoch zu keiner wesentlichen Erhöhung der Brandgefahr aufgrund eines sich ändernden Umfeldes kommen. Die Arbeiten sind ausschließlich von Personen durchzu-führen, die am Freigabeverfahren beteiligt waren bzw. denen das Ergebnis des Freigabeverfahrens nachträglich vollinhaltlich und nachweislich vor Beginn der Tätigkeiten zur Kenntnis gebracht wurde.

Die täglich erforderlichen organisatorischen Maßnahmen (z. B. Aus- und Einschalten von Brandmeldern, Anforderung und Sicherstellung des notwendigen Überwachungs- und Kontrollpersonals) sind im Zuge des Freigabeverfahrens nicht nur festzulegen, son-dern die Personen sind auch namentlich zu nennen. Die Kommunikation zwischen Ausführenden und Verantwortlichen im Betrieb ist jederzeit sicherzustellen.

Die täglichen Freigabezeiten sowie das Ende der Gültigkeit des Freigabescheins sind schriftlich festzuhalten und am Arbeitsort gut sichtbar und dauerhaft anzuschlagen. Auf diesem Anschlag sind auch wichtige Verhaltensregeln (siehe Plakat des BFA) anzu-führen.

Bild 20: Anschlag bei feu-

ergefährlichen Arbeiten über

einen längeren Zeitraum (Plakat

des BFA, www.brandschutzfo-

rum.at/shop).

Feuer- und HeißarbeitenF i bFreigegeben

bis einschließlich:………..…………

(Datum)(Datum)

Die Arbeiten sind täglich

von ……... Uhr bis ……… Uhrausgenommen folgender Arbeitspausen

………………………….freigegeben.

Durch diese Arbeiten besteht erhöhte Brandgefahr!Es ist daher das Lagern und Zwischenlagern von brennbaren Materialien,

insbesondere auch von Verpackungsmaterialien, im Gefahrenbereich verboten!Die freigegebenen Arbeiten dürfen nur durch das für diese konkrete Tätigkeit im

Freigebungsverfahren instruierte Personal durchgeführt werden

…………………..                      ………………………………... Datum der Freigabe Der Brandschutzbeauftragte

www.brandschutzforum.at

4.4.2 Vereinfachtes Freigabeverfahren

Das vereinfachte Freigabeverfahren gilt vor allem für Betriebe mit geringer Brandaktivierungs- und Brandausbreitungsgefahr. Seine Anwendung ist grundsätzlich verboten für

• Hochregallager,• Brandabschnitte größer 1.800 m²,• Räume, in denen das Hantieren mit offe-

nem Licht und Feuer verboten ist,• Anlagenteile, Behälter und Leitungen für

brennbare Flüssigkeiten und Gase sowie• Bereiche mit eingeschränkten Fluchtwegen.

Anmerkung: Das Verbot gilt auch für nur tempo-rär im Betrieb anwesende Fremdfirmen. Ausgenommen sind jedoch Mitarbeiter von stän-dig anwesenden Fremdfirmen am Firmenstandort (ausgelagerte Tätigkeiten = Outsourcing).

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4.4.2.1 Voraussetzungen

Beim vereinfachten Freigabeverfahren wird von der unmittelbaren Einbindung des Brandschutzbeauftragten abgewichen. Es ist in diesem Fall also eine eigenständige Freigabe durch die ausführenden, betriebseigenen und geschulten Personen gemeinsam mit dem Arbeitsstättenverantwortlichen möglich. Die nachweisliche und dokumentierte Schulung hat dabei mindestens 240 Minuten zu umfassen und muss auch auf die beson-deren Brandgefahren im eigenen Unternehmen eingehen. Sie ist durch eine autorisierte Ausbildungsstelle gemäß TRVB 117 O sowie vom Brandschutzbeauftragten durchzu-führen. Anmerkung: Der Brandschutzbeauftragte muss jedoch auch beim vereinfachten Freigabeverfahren vor Beginn der feuergefährlichen Arbeiten zumindest telefonisch verständigt werden und nach dem Ende die Freigabescheine sammeln und archivieren.

4.4.2.2 Freigabeschein

Im Anhang 2 der TRVB 104 wird ein Freigabeschein für vereinfachte Freigabeverfahren dargestellt. Dabei wird folgende Checkliste (die auch als allgemeines Hilfsmittel bei feu-ergefährlichen Arbeiten verwendet werden kann) für die notwendigen Sicherheits-vorkehrungen im brandgefährdeten Bereich angegeben, welche vom Ausführenden auszufüllen und einzuhalten ist:

Vorkehrungen

Schutzkleidung verwenden □Arbeitsmittel auf einwandfreie Funktion und sicheren Standort prüfen □Umgebung säubern, Staubfreiheit herstellen □Brennbare Verkleidungen entfernen □Brennbares Material entfernen □Nicht entfernbare brennbare Stoffe mit geeigneter Plane abdichten □Hohlräume, Spalten, Fugen, Ritzen abdichten □Gefahr durch Wärmefortleitung prüfen □Durchbrüche dicht abdecken (z. B. Brandschutzpölster, Steinwolle …) □Kanal/Schacht ausräumen und säubern □Nasshalten brennbarer Gegenstände □Wassergefüllten Kübel bereitstellen □Tragbare Feuerlöscher bereitstellen □Löschdecken bereitstellen □C-Schlauch mit Strahlrohr betriebsbereit auslegen □Schaumdecke auflegen □Automatische Brandmelder im Arbeitsbereich abschalten lassen □Weitere Maßnahmen □

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5. Maßnahmen bei feuergefährlichen Arbeiten

Auf der Rückseite des Freigabescheins gemäß TRVB 104 sind chronologisch die Maßnahmen

• vor der Arbeit,• während der Arbeit und• nach der Arbeit sowie• im Brandfall

angegeben worden.

5.1 Maßnahmen vor der Arbeit

Vor Beginn der Arbeiten ist unbedingt eine schriftliche Genehmigung des Betriebsleiters oder des mit Brandschutzfragen befassten Vertreters (z. B. Brandschutzbeauftragter) ein-zuholen.

Die Präventivmaßnahmen beginnen dabei bereits vor den geplanten feuergefährlichen Arbeiten und können wie folgt zusammengefasst werden:

• Entfernen sämtlicher beweglicher brennbarer Gegenstände und Stoffe (auch Staubablagerungen) aus der Gefahrenzone. Auch potentiell gefährdete Nachbarräume sind einzubeziehen!

• Gasflaschen sind außerhalb der Gefahrenzone zu bringen!• Abdecken der nicht beweglichen brennbaren Gegenstände, die im Gefahrenbereich

vorhanden sind (z.B. Holzbalken, Holzwände und Fußböden, Maschinen und Kunststoffteile). Dabei können Decken und Platten aus Mineralfaser und ähnliche unbrennbare Abdeckmittel verwendet werden.

• Abdichten der Öffnungen, Fugen, Ritzen, Rohrdurchführungen und offenen Rohrleitungen, die von der Arbeitsstelle in andere Räume führen, mit nicht brennbaren Stoffen. Geeignet sind z.B. Gips, Mörtel, feuchte Erde oder Lehm.

Putztücher, Papier oder andere brennbare Stoffe dürfen nicht verwendet werden.

• Entfernen von Umkleidungen und Isolierungen aus dem Gefahrenbereich bei Arbeiten an Rohrleitungen, Kesseln und Behältern.

• Behälter auf den früheren Inhalt überprüfen! Haben sie brennbare oder explosi-onsfähige Stoffe enthalten oder ist der frühere Inhalt nicht mehr feststellbar, sind die Behälter vor Beginn der Arbeiten zu reinigen und während der Arbeit mit Wasser gefüllt zu halten. Ist dies nicht möglich, ist ein Schutzgas, z.B. Stickstoff oder Kohlendioxid, zu verwenden.

• Befinden sich im gefährdeten Bereich (etwa 10 Meter im Umkreis) brennbare Stoffe, so ist für die Arbeitsstelle und ihre Umgebung eine Brandwache mit geeig-netem Löschgerät bereitzuhalten. Geeignete Löschgeräte sind z. B. wassergefüllte Kübel, tragbare Feuerlöscher oder ein angeschlossener, unter Druck stehender Schlauch eines Wandhydranten.

• Bei vorhandenen automatischen Brandmeldeanlagen ist die Abschaltung der Melderbereiche bzw. Meldergruppen im Bereich der Feuer- und Heißarbeiten zu veranlassen. Die übrigen Teile der Brandmeldeanlage bleiben in Betrieb.

• Der Standort des nächstgelegenen Brandmelders und/oder Telefons und die zur Alarmierung erforderliche Rufnummer müssen den Arbeitern und der Brandwache bekannt sein.

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Bild 21: Wichtige Maßnahmen vor den brandge-fährlichen Arbeiten exem-plarisch.

Vor den Arbeiten…Vor den Arbeiten…EntfernenEntfernen

EX-Schutz bei EX Schutz bei Arbeiten an Behältern

Abdecken Abdichten

Behältern

Abdecken Abdichten

owid

5.2 Maßnahmen während der Arbeit

Während der Feuerarbeiten sind folgende Regeln einzuhalten:

• Darauf achten, dass keine brennbaren Gegenstände und Stoffe durch Flammen, Funken, Schmelztropfen, heiße Gase oder Wärmeleitung gefährdet oder gar ent-zündet werden!

• Die Arbeitsstelle sowie die neben, darüber und darunter liegenden Räume sind auf mögliche Brandherde laufend zu kontrollieren.

• Durch Wärmeleitung gefährdete Bauteile sind mit Wasser zu kühlen.• Im Brandfall ist die Arbeit sofort einzustellen und die Feuerwehr zu alarmieren.

Löschmaßnahmen sind unmittelbar einzuleiten!

5.3 Maßnahmen nach der Arbeit

Nach Beendigung der Arbeiten sind erhitzte Bauteile noch einmal mit Wasser zu küh-len. Die Aufbewahrung von Acetylen-, Sauerstoff- und Flüssiggasflaschen über Nacht in Technik- oder Nutzerebenen in der Betriebsanlage ist nicht zulässig, es ist eine Rückführung in die Werkstätte oder geeignete Flaschen-Lagerräume erforderlich.

Bild 22: Maßnahmen bei Feuer- und Heißarbeiten (Quelle: Sicherheits-institut, Zürich).

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Durchbrüche bei Brandabschnitten sind zumindest provisorisch mit Brandschutzpölstern, Steinwolle etc. zu verschließen. Die Brandmeldeanlage ist wieder in vollem Umfang einzuschalten.

5.3.1 Kontrollen

Eine Tatsache darf in diesem Zusammenhang nie vergessen werden: Viele Brände durch Schweiß-, Schneid- und ähnliche Arbeiten brechen erfahrungsgemäß erst mehrere Stunden nach Beendigung der Tätigkeiten aus. Deshalb ist die mehrmalige nachträgli-che gewissenhafte Kontrolle besonders wichtig! Diese Kontrollen müssen über mindes-tens zwei Stunden nach Beendigung der Arbeiten durchgeführt werden, wobei jeweils eine Kontrolle bei Beendigung der Tätigkeit, nach einer halben Stunde und nach zwei Stunden erforderlich ist! Dies sind Mindestanforderungen. Abhängig von den tatsächli-chen Gegebenheiten (Lagerungen, bauliche Situation etc.) können auch wesentlich län-gere Kontrollzeiten und kürzere Zyklen notwendig sein!

Was dabei zu beachten ist:

• Die Umgebung der Arbeitsstelle einschließlich der benachbarten Räume sorgfäl-tig auf Brandgeruch, verdächtige Erwärmung, Glimmstellen und Glutnester kont-rollieren! Diese Kontrolle kann für mehrere Stunden und in kurzen Zeitabständen erforderlich sein.

• Kontrolle im Zweifelsfall so lange durchführen, bis die Entstehung eines Brandes nicht mehr wahrscheinlich ist.

Bild 23: Kontrolle ist besser!

Mindestanforderungen für die Sicherheit.

Kontrolle ist besser!Kontrolle ist besser!Nach Ende der feuergefährlichen Arbeiten:

Sofortige Kontrolle0

Nach Ende der feuergefährlichen Arbeiten:Sofortige Kontrolle

1 Nachkontrolle ½ h

0

1. Nachkontrolle ½ h

Mindest-1 h

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Mindest-anforderung!

Zeit

owid2 h 2. Nachkontrolle

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5.4 Maßnahmen im Brandfall

Im Falle eines Brandes ist nach der so genannten KARL-Regel vorzugehen:

• Keine Panik! Überlegt und ohne Hast handeln!• Alarmieren Druckknopfmelder betätigen oder über Telefon Nr. 122 den Brand melden!• Retten Menschen unter Beachtung des Eigenschutzes in Sicherheit bringen und gefähr-

dete Personen warnen!• Löschen Wenn möglich, Brandbekämpfung vornehmen und Feuerwehr einweisen.

6. Literaturhinweise

AAV: Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl. Nr. 218/1983 i.d.F. 2014; RIS.

AStV: Arbeitsstättenverordnung, BGBl. II Nr. 368/1998 i.d.F. 2014, RIS.

AM-VO: Arbeitsmittelverordnung, BGBl. II Nr. 164/2000 i.d.F. 2014; RIS.

OTTE M.: Gefährdungsbereiche bei feuergefährlichen Arbeiten; s + s Report Nr. 4, August 1998.

prTRVB 104 O – Brandgefahren bei Feuer- und Heißarbeiten, 2014.

StFGPG: Steiermärkisches Feuer- und Gefahrenpolizeigesetz, LGBl. Nr. 12/2012 i.d.F. 2014; RIS.

VERBAND DER SACHVERSICHERER: Feuergefährliche Arbeiten – Richtlinien für den Brandschutz; VdS-Richtlinie 2008; 2002.

WIDETSCHEK O.: Großdruckerei durch Brand vernichtet – Leykam let´s burn; BLAULICHT, Heft 12/2006.

VEXAT: Verordnung explosionsfähige Atmosphären, BGBl. II Nr. 309/2004; RIS.

WIDETSCHEK O.: Explosion im Laugenbehälter; BLAULICHT, Heft 5/2007.

WIDETSCHEK O.: Spektakulärer Großbrand in einem Grazer Kaufhaus; 14. Internationales Aprilsymposion, Edition Brandschutzforum, 2013.

WIDETSCHEK O.: Dachbrand an der Wirtschaftsuniversität Wien (Styropor); 15. nternationales Aprilsymposion, Edition Brandschutzforum, 2014.

Univ.-Lektor OSR ELFR Dr. Otto Widetschek [email protected]

Präsident des Brandschutzforums Austria