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87 (Aus dem physiologischen Institut der Universit~t Khnigsberg i. Pr.) Die optisehe Projektion der Netzhautmeridiane aur einer zur Primgtrlage tier Gesichtslinie senkreehten Ebene. Von L. llermann. (Mit 4 Textfiguren.) Bekanntlich projizirt sich das ~Nachbild eines rechtwinkligen Kreuzes, de,sen Kreuzungspunkt bei Primarlage der Gesichtslinie fixirt war, im Allgemeinen schiefwinklig auf einer zu dieser Lage senkrechten Ebene, sobald die Gesichtslinie in eine Sekundarlage iibergegangen ~st. Wir wollen diese Projektionsebene kurz als Frontalebene bezeichnen~ indem wit annehmen, dass die Gesichts- linie bei ihrer Prim~rlage horizontal und sagittal gerichtet ist; diese Annahme thut der Allgemeinheit unserer Betrachtung selbstversthnd- lich keinen Eintrag. Besteht das fixirte Kreuz aus einer horizon- talen und einer vertikalen Linie, so gibt das in Fig. 1 reproduzirte Hyperbelsystem, welches H el m h o 1t z in seiner physiologischen Optik abbildet 1), die Richtung der schiefwinkligen Projektion far die Se- kundarlagen erschhpfend an. Vor Kurzem wurde mir yon einem im hiesigen Institut arbeiten- den auslhndischen Physiologen die Frage gestellt, welche Beziehung die schiefen Winkel dieser Projektionen zu den sog. R ad- drehungswinkeln haben. Das Helmholtz'sche Werk gibt iiber diese interessante Frage keinen direkten Aufschluss; in einer Musse- zeit fern vom Institut habe ich reich mit derselben beschaftigt. u Interesse ist sie u. A. deswegen, weil die :Nachbildprojektion auf der fr0ntalen Wand das gebrauchlichste Mittel ist~ alas L i s tin g'sche Gesetz auf seine Richtigkeit zu prafen. Ist P alas in tier Prim~rlage aus 1) 1. Aufl. S. 465, 2. Aufl. S. 622.

Die optische Projektion der Netzhautmeridiane auf einer zur Primärlage der Gesichtslinie senkrechten Ebene

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Page 1: Die optische Projektion der Netzhautmeridiane auf einer zur Primärlage der Gesichtslinie senkrechten Ebene

87

(Aus dem physiologischen Institut der Universit~t Khnigsberg i. Pr.)

D i e o p t i s e h e P r o j e k t i o n d e r N e t z h a u t m e r i d i a n e

a u r e i n e r z u r P r i m g t r l a g e t i e r G e s i c h t s l i n i e

s e n k r e e h t e n E b e n e .

Von

L . l l e r m a n n .

(Mit 4 Textfiguren.)

Bekanntlich projizirt sich das ~Nachbild eines rechtwinkligen Kreuzes, de,sen Kreuzungspunkt bei Primarlage der Gesichtslinie fixirt war, im Allgemeinen schiefwinklig auf einer zu dieser Lage senkrechten Ebene, sobald die Gesichtslinie in eine Sekundarlage

iibergegangen ~st. Wir wollen diese Projektionsebene kurz als Frontalebene bezeichnen~ indem wit annehmen, dass die Gesichts- linie bei ihrer Prim~rlage horizontal und sagittal gerichtet ist; diese Annahme thut der Allgemeinheit unserer Betrachtung selbstversthnd- lich keinen Eintrag. Besteht das fixirte Kreuz aus einer horizon- talen und einer vertikalen Linie, so gibt das in Fig. 1 reproduzirte Hyperbelsystem, welches H el m h o 1 t z in seiner physiologischen Optik abbildet 1), die Richtung der schiefwinkligen Projektion far die Se- kundarlagen erschhpfend an.

Vor Kurzem wurde mir yon einem im hiesigen Institut arbeiten- den auslhndischen Physiologen die Frage gestellt, welche Beziehung die schiefen Winkel dieser Projektionen zu den sog. R ad- d r e h u n g s w i n k e l n haben. Das Helmholtz 'sche Werk gibt iiber diese interessante Frage keinen direkten Aufschluss; in einer Musse- zeit fern vom Institut habe ich reich mit derselben beschaftigt. u Interesse ist sie u. A. deswegen, weil die :Nachbildprojektion auf der fr0ntalen Wand das gebrauchlichste Mittel ist~ alas L i s tin g'sche Gesetz auf seine Richtigkeit zu prafen. Ist P alas in tier Prim~rlage aus

1) 1. Aufl. S. 465, 2. Aufl. S. 622.

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88 L. Hermann:

tier Entfernung A B fixirte Kreuz und S sein in einer Sel(unditrlage projizirtes schiefwinkliges Nachbild, so geht die vorliegende Frage dahin~ welche Beziehung die (ira hllgemeinen yon einander ver- schiedenen) Winkel ~/ und ~ zwischen den schiefen Kreuzschenkeln und der horizontalen, resp. vertikalen Richtung zu dem Raddrehungs- winkel fiir die Sekundarstellung S besitzen.

D'

A, '~ Fig. 1.

Mit H e 1 m h o 1 t z bezeiehnen wir als Raddrehungswinkel den Winkel zwisehen Visirebene und Netzhauthorizont. Die Sekund~r- lage S definiren wir dabin, dass zunachst die Gesichtslinie und mit ihr die Visirebene aus der Prim~rlage um den Erhebungswinkel a auf- oder abw~rts gedreht werde (Hebung positiv, Senkung negativ genommen), und dass dann die Gesiebtslinie in der neuen Laoe der u einw~rts (positiv) oder ausw~rts (negativ) um den Seiten- wendungswinkel fl gedreht werde; die nunmehrige Lage der Gesichts- linie ist die Sekund~rlage S.

Der ihr entspreehende Raddrehungswinkel 7 ist von t t e l m - h o l tz am Schlusse einer analytischen Behandlung der Augen-

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Die optische Projektion d. Netzhautmeridiane auf einer zur Prim~trlage etc. 89

drehungen auf gebe zuni~chst Winkels 7 auf

Der Kreis

etwas verwickeltem Wege abgeleitet worden. Ich eine direktere und sehr einfache Ableitung des

dem Wege der sphiirischen Trigonometrie. der Fig. 2 stelle die yon vorn gesehene Augenkugel

dar, so dass P die zu einem Punkte verkiirzte Primirlage der Ge- sichtslinie ist, und F G die zu einer Linie verkilrzte Primi~rlage der u Es wird nun zunachst die Visirebene um den Winkel . P G A = a nach oben gedreht und schneider also die Kugeloberfli~che in dem grSssten Kreise F A G . Dann wird die Gesichtslinie aus der neuen Lage A um den Winkel AS- - - - f l

in der Visirebene einwiirts gedreht, so dass der Vertikalmeridian H A K

in die Stellung H S K gelangt; die Gesichtslinie hat also jetzt die Se- kund~trlage S erreicht.

/ /

U

T 6

K Fig. 2.

bTach dem Lis t ing ' schen Gesetz erfolgt nun der wirkliche Uebergang der Gesichtslinie aus der Primiirlage P in die Sekundiir- lage S dutch Drehung der Kugel um eine zu beiden Lagen senk- rechte Axe, so dass ihr vorderes Ende sich liings des Bogens 1)8 eines gr0ssten Kreises P S T bewegt. Nennen wir diesen Bogen q~, so ist offenbar

cos qD : cos a cos fl . . . . . . . 1)

Bei dieser Drehung muss nun der Netzhauthorizont, welcher anfangs die Lage F G hatte, stets den gleichen Winkel mit dem Bogen P S T

beibehalten, und gelangt also nach Erreichung der Sekundi~rlage S in die Lage BU, wobei

T S U =- ~ T_PG -~- r

Der Raddrehungswinkel far die Stellung S, d. h. der Winkel zwischen der neuen Lage S U des b:etzhauthorizontes und der gehobenen u S G ist also

G S U ~ - 7.

Der Winkel 7 ist nun leicht zu berechnen. In dem bei A recht- winkligen sphirischen Dreieck A S P ist namlich der Winkel A S P

(als Scheitelwinkel yon G S T ) = 7 + Q. Es ist also

t g a - ~ t g ( 7 + e ) s i n ~ . . . . . . . 2)

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90 L. Hermann:

Ferner ist in dem spbarisehen Dreieek _PGS, dessert Seite P G ~ 90 o ist, ~ P G S --=- c~ ~ G]PS - ~ e, und die Seite G S = 90 o _ fl, also

s in a cotg e -~- tg fi . . . . . . . g)

Aus 2) und 3) folgt tg a sin a

tg(7+e)-- tg 9' und hieraus ergiebt sieh, in Uebereinstimmung mit dem Resultat yon

H e l m h o l t z ~ ) , da t g T = t ( J [ ( 7 + Z ) - - Z ] ,

_ s i n a s i n [ 1 . . . . . . . 4) tg 7 cos a + cos fl

wofiir H e l m h o l t z noch die logarithmisch bequemere Form angibt:

Wit leiten hieraus noeh sofort ab:

s in a s in fl cos ~ + cos ~ 5) s in y -~- 1 + cos a cos fi ' cos 7 = I + cos a cos [t "

Gehen wir nun zu unsrer eigentliehen Aufgabe t~ber. Um die Projektion der Netzhautmeridiane auf eine Frontalebene zu verdeut-

lichen, diene die perspektivische Fig. 3.

C V* E ",,,/\

D X,\ I \ " ,

t ~ ,

K B Fig. 3.

A

0 sei der Augendrehpunkt, O P die hori- zontal und sagittal angenommene Prim~tr- lage tier Gesiehtslinie, O A B P die Primi~r- lage der Visirebene und der Ebene dee horizontalen Netzhautmeridians (Netz- hauthorizont), O C D P die Primt~rlage der Ebene des "~ertikalen Netzhaut-'" meridians. O S ist eine Sekund~rlage der Gesiehtslinie, welehe wieder wie vorher folgendermassen definirt ist. Zu- erst ist die Visirebene um den Winkel P O D - = - a nach oben gedreht, also in die Lage O D S A gelangt, und die Ge-

sichtslinie naeh O D . Dann ist die Gesiehtslinie in tier jetzigen Visirebene yon O D um den Winkel D O S - - = [1 naeh O S gelangt. Es

1) Bei Helmholtz erscheint der Raddrehungswinkel, resp. seine Tangente, mit negativem u (S. 467, 2. Aufl. S. 624), dagegen in anderer Ableitung (S. 497~ 2. &ufi. S. 656), wie bei uns mit positivem; dies hangt yon Richtungs~ definitionen ab, auf welche bier nicht eingegangen zu werden braucht.

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Die optische Proiektion d. Netzhautmeridiane auf einer zur Primi~rl~ge etc. 91

soll die Projektion der Netzhautmeridiane auf die Frontalebene P.BSD far die Sekundarlage S bestimmt werden.

Die neue Lage der Ebene des horizontalen Meridians, welche natiirlich durch OS geht, sei durch das Dreieck OSH (vollstandiger durch OH*SH) dargestellt; diese Ebene bildet mit der Visirebene OSD den bereits bestimmten Raddrehungswinkel 7- Sie schneidet die Frontalebene in der Linie SH; der eine der zu bestimmenden Winkel ist also . D S H ~ 2 (vgl. auch Fig. 1).

Die neue Lage der Ebene des vertikalen Meridians, welche eben- falls durch OS gehen muss, sei durch das Dreieek OSV (vollsti~ndiger durch OV*SF) dargestellt. Die Ebene OSV steht senkrecht zur Ebene OSH. Sie schneider die Frontalebene in der Linie SV; der zweite der zu bestimmenden Winkel ist also .BSV--~ ~ (vgl. Fig. 1).

Endlieh wollen wir die Ebene OCS.B, welehe durch OS geht und zur Horizontalebene OA.BP senkrecht steht, als die ,,Standebene" bezeichnen. Den Winkel zwischen ihr und tier Ebene OSV des Vertikalmeridians nennen wir &

Die Bereehnung der gesuchten Winkel ~ und ~ erfolgt nun wieder am leichtesten auf dem Wege der sphi~rischen Trigonometrie ; nattlrlich ft]hrt die ana]ytische Behandlung zu gleichen Ergebnissen.

In der Raumecke bei S schneiden sich 1) die drei zu einander senkrechten Orientirungsebenen:

SBPD (Frontalebene) SDCE (Horizontalebene) 3.BAE (Sagittalebene),

2) die 4 durch die Gesichtslinie OS gehenden Ebenen: OSD (Visirebene) OSH (Ebene des horizonta]en Netzhautmeridians) o s g ( ,, , vertikalen ,, ) OSB (Standebene),

welehe mit einander folgende Winkel bilden: 7 zwisehen OSD und OSH, 90o ,, OSH ,, OSV,

,, OSV ,, OSB. Diese 4 Ebenen werden yon der Frontalebene geschnitten in

den Linien SD, S_g, SV, SB,

und zwar liegen die gesuchten Winkel (vgl. auch Fig. 1):

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92 L. Hermann:

zwischen SD und SH, ~ ,, s v ,, sB.

Denkt man sich nun um S als Mittelpunkt eine Kugelfli~che mit beliebigem Radius beschrieben, so wird dieselbe yon allen 7 Ebenen in grSssten Kreisen geschnitten, welche das in Fig. 4 dargestellte

E t'

9 0 ~ ~

B"

90 ~

Fig. 4.

System sphi~rischer Dreiecke bilden. Die mit Strichen ver- sehenen Buchstaben bezeich- nen, mittels der entsprechen- den Buchstaben in Fig. 3 leicht versti~ndlich ~ die Ebenen, denen die Seiten der Dreiecke entsprechen. So ist .B'D' -~- 90 o der

Schnitt der Kugelfiache mit tier Frontalebene .BSD, O' der Durchgangspunkt der Ge- sichtslinie, O'D' der Schnitt der Kugelfii~che mit der Visir- ebene OSD u. s. w. Die Win- kel 7 und 6 zwischen den

Ebenen bilden Winkel spharischer Dreiecke, und die gesuchten Winkel ~] und ~ die ihnen gegeniiberliegenden Seiten derselben.

In dem sphi~rischen Dreieck O'D'H' entspricht nun, wie man leicht sieht, die Seite O'D' dem Winkel OSD der Fig. 3, und ist also ~ 90 o --ft . Ferner ist der Winkel O'D'H' gleich dem Winkel zwischen der Visirebene OASD und der Frontalebene PBSD (Fig. 3), und ist also ~ 9 0 0 - a. Wit bezeichnen ferner in Fig. 4 die Seite O'H' mite und den Winkel O'H'V' mit #. Aus den 3 auf einander

folgenden bekannten Stftcken 7, 90~ 9 0 ~ des Dreiecks O'D'H' lassen sich die ~brigen berechnen, und zwar ergibt sich

zun~chst cotg ~ ~-- Mn a sin fi j - cos a cotg 7 ;

CO8 [~

setzt man mittels 4) den Werth yon cotg 7 eiil, so findet man, nach

geeigneter Umformung sin a sin fi cos fl . . . . 6)

sin ~ (1 q- cos a cos fl) -I / 1 - - sin ~ a eols~ fl

oder auch

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Die optische Projektion d. ~Netzhantmeridiane auf einer zur Primi~rlage etc. 93

sin 7 cos fi . . . . . . . 7) s in ~ - ~ 1/~ _ sin~ " a cos ~ fl

Far die Seite e findet man ferner C08 Ct C08

sin e = ~ l~ _s~n~ a_cos~- ~ . . . . . . s )

und fiir den Winkel ,9

�9 s in ~ - : ~ 1 - - - s in ~ a cos 2 fl, cos ~ : s in a cos fi 9} In dem bei O' rechtwinkligen spharischen Dreieck H ' O ' V ' sind

e und 0 soeben ermittelt, und die Seite H 'V ' ist ~ 9 0 ~ ~ _ ~.

Folglieh gilt die Gleichung cotg (90 o__ ~__ ~) : cotg e. cos 8 ,

woraus folgt tg (7 + ~-) = tg a s in fi,

und hieraus~ in Verbindung mit 6) sin a s in

tg ~ = cos a + cos fi . . . . . . 10)

Durch Vergleichung yon 4) und 10) ergibt sich also

Weiter finder man in dem Dreieck H ' O ' V ' leicht Seite O' V' = 90 o _ a,

Winkel O' V ' H ' ~ 90 o _ ft. In dem sph/~rischen Dreieck O'V' .B ' sind also nun ebenfalls 3 auf einander folgende Stticke bekannt, namlich der Winkel O ' V ' . B '

---: 90 0 -+-fl, und die anliegenden Seiten O ' V ' - ~ 9 0 ~ und V ' B '

~ - ~ = 7. Ft~r die t~brigen Stiicke ergibt sich hieraus:

sin a sin fi cos fl

sin ~ (1 + cos a cos fi) ]/1 - - s i n ~ a cos '~ fl 11)

d. h. (vgl. 6) 3 ~ r~;

ferner sin O ' B ' ~ ]/1 - - s i n 2 a cos ~ fl . . . . . 12) d. h. O ' B ' ,~ ;

co8 ~ c o s endlich sin O' .B ' V ' - ~ . . . . 13)

~/~- ~ i ~ ~ cos~ fl d. h. (vgl. 8) ~ O 'B 'V ' -~ -~ e.

(Dies ]etztere findet man auch direkt aus Fig. 3; der Winkel O'B 'V ' , d. h. der Winkel zwischen Stand- und Frontalebene, ist namlich offenbar der Winkel OB.P tier Fig. 3, und sein Sinus, da O P B ~ 9 0 0 , ist O/~/OB. Setzt man nun in Fig. 3 0 S ~ 1 , so ist . P . B ~ . D S ~ - s i n fl , D O - ~ c o s fl, 0 t ) - = cos a cos fl , O B ~ -

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9~ L. Hermann:

~/-sin~-[iLf--cos2-a-cos~ ~ ' = ~/'1 - - sin ~ a cos ~ ~I, folglich hat sin O.BP

den in 13) angegebenen Werth.) Man bemerkt sofort, dass in jedem der beiden in eiuander ge-

schobenen sph~rischen Dreiecke O ' D ' W und O'H'B ' die Winkel den gegentiberliegenden Seiten entweder gleich oder supplementg~r sind (gleiehe Sinus haben)~ dies letztere gilt fi~r ~ D ' O ' V ' ~ 90 0 + 7 und Seite D' V' - - 90 o _ ~ _ 90 o _ 7, und ebenso for <)C H ' 0 ' B ' 9 0 ~ 1 7 6 und Seite H ' B ' ~ 9 0 ~ Ferner sind in den Dreiecken D ' O ' H ' und O ' V ' B ' die Winkel des einen den Seiten des anderen gleich oder supplementar.

Unsere Aufgabe ist hiermit gelSst. Das Ergebniss ist: 1. Der Raddrehungswinkel 7, d. h. der Winkel zwischen der

Ebene des H o r i z o n t a l m e r i d i a n s und der V i s i r e b e n e , ist gleich dem Wink@ welchen der v e r t i k a l e Kreuzsehenkel in seiner Pro- jektion auf die Frontalebene mit der absolut u bildet; d .h .

(Fig. 1) --= 7. 2 . Der Winkel ~ zwischen der Ebene des V e r t i k a l m e r i -

d i a n s und der S t a n d e b e n e ist gleich dem Winkel, welchen der h o r i z o n t a l e Kreuzschenkel in seiner Projektion auf die Frontal- ebene mit der absolut Horizontalen bildet, d. h. ~ (Fig. 1) ~ 8.

Bei dem bekannten Versuche, das L i s t i n g ' sche Gesetz mittels der Nachbildprojektion auf eine frontale Wand zu verifiziren, darf also nicht, wie man bei oberflachlicher Betrachtung geneigt sein k~nnte, die Abweichung des horizontalen Kreuzschenkels mit dem Raddrehungswinkel identifizirt werden, obwohl sie dessen Sinn an- gibt, sondern im Gegentheil ist die Abweichung des vertikalen Schenkels der GrSsse nach mit dem Raddrehungswinkel identisch~).

Beide Abweichungen, d. h. die Winkel *: und ~, also auch 7 und ~, werden nati~rlich einander gleich far Blickrichtungen~ welche in eine Diagonale wie DD' in Fig. 1 fallen. Die Bemerkung dtirfte nicht tiberfliissig sein, dass es falsch w~re~ anzunehmen, filr die Punkte der Diagonale D D ' seien Erhebungs- und Seitenwendungs- winkel einander gleich, also a ~ ft. Sollen Erhebung and Seiten-

1) Mittels des yon mir angegebenen Blemmatotrops (dies Archly Bd. 8 S. 305, 187~) and einer vor demselben frontal aufgestellten Glaspl~tte l~ssen sich diese Ergebnisse sehr gut veranschaullchen. Das Blemm~totrop ist naeh meinem Weggang yon Zi~rich yore dortigen Meehaniker mehrfach in verhnderter, fehler- hafter Construction geliefert worden. Brauehb~re Apparate liefert jetzt der hiesige Mechaniker Wippreeht.

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Die optische Projektion d. Netzhautmeridiane auf einer zur Prim~irlage etc. 95

wendung symmetrisch bestimmt werden, so dass sie ftir diagonale

Punkte einander gleich werden, so muss far die Seitenwendung statt

fi ein anderer Winkel eingefi~hrt werden 1), der wie a yon der Pri- mi~rlage aus zi~hlt, d. h. der Winkel Z Fig. 2. Die Sekundgtrlage S

ist dann definirt als Durchschnitt zweier grSsster Kreise F A G und

H S h , ersterer um a yon der Horizontalrichtung, letzterer um )~ yon

der Sagittalrichtung abweichend. Zwischen )~ und fl besteht, wie

man aus dem rechtwinkligen spharischen Dreieck H A S Fig. 2 er-

sieht, die Beziehung

cos a ~g Z ---- tg ft.

Fiibrt man s statt fl in unsere Gleichungen ein, so ergibt sich fiir

die Raddrehung (aus Gleichung 5, resp. 10)

s i n a cos a s i n s in 7 - ~ s i n ~ --~ - -

cos a cos )~ + ~ 1 - - sin~ a s i n 2 )~

und fiir den Winkel 6 =~2 (aus Gleichung 6, resp. l l )

s i n ~ cos ~ s i n a s i n 6 ~ s i n ~i - -

cos a cos Z + ~ 1 - - s i n 2 a s i n ~ Z"

Ffir Punkte der Diagonale ist Z ~ a , und, wie man sieht, 7 = 6

oder ~ ~ ~].

Von Interesse ist es schliesslich noch, die beiden Winkel ~]

(-~- 6) und ~ ( ~ 7), welche die schief projizirten Kreuzschenkel mit

der absolut horizontalen, resp. vertikalen Richtung bilden, durch die

reehtwinkligen Koordinaten des Punktes S in Fig. 1 unmittelbar aus-

zudrclcken. Wir legen den Nullpunkt in die Mitre nach P und

nennen die horizontale Koordinate x , die vertikale y.

In Fig. 3 entspricht offenbar die Frontalebene S B P D der Ebene

der Fig. 1. Die Lange OP, d. h. den Abstand der Projektionsebene

yore Augendrehpunkt, setzen wir ---~ k. Fiir den Punkt S ist dann

x ~ P B ~ - D S und y ~ P D ~--- B S , und ferner

P D y tg a - - P O k '

J~8 x

Mittels dieser Ausdracke kann man die Winkel a und fl aus dell Gleichungen far ~ ~ - 7 und ~ ~ 6 herausschaffen und erh~lt, wenn

man zur Abkiirzung

1) Ueber die verschiedenen Arten, die Drehungsbetr~ge zu messen, vgl. Helmhol tz , a. a. O. S. 496, 2. Aufl. S. 655.

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96 L. H e r m a n n : Die optische Projektion der Netzhautmeridiane etc.

V ke -l- x e + y2 __~ r

setzt (es ist dies der gradlinige Abstand des Punktes S vom Augen- drehpunkt O, also die Li~nge OS in Fig. 3):

x y tg ~ = tg 7 --~ 7~ (k + r) + y2 ,

tg ~-~- tq 8~-- x y k (k + r) + x 2'

oder x y

sin = sin . / -= (k + !/ + v

sin ~]- sin ~ - x y

Hier erkennt mail am leichtesten, dass 1. die Raddrehung 7 und die Abweichungen ~] und ~ verschwinden far x ~--- 0 oder y = 0, d. h. far blosse Seitenwendung oder blosse Erhebung aus der Primarlage; 2. beide Winkel ~i und ~ einander gleich werden far Punkte tier Diagonale DD'; 3. beide Winkel ihre Werthe tauschen bei Ver- tauschung yon x und y, also z. B. in den Punkten S und T, Fig. 1 in diesen beiden Punkten sind also keineswegs die Raddrehungen

gleich. Da tg~] offenbar gleich dem Differentialquotienten dy.dx der

Querkurven in Fi~. 1 sein muss, und ebenso tg ~ = ~ dx/dy far die Hi)henkurven, so sind bei Einsetzung dieser Werthe die obigen beiden Gleichungen zugleich Differentialgleichungen tier H e 1 m h o I t z ' schen Direktionskurven-Systeme, was die Rechnung besti~tigt.

Nachtrag zu Seite 89 und 90.

Die Ableitung des Raddrehungswinkels 7 aus meiner Figur 2 lhsst sich, wie der Volontiir-Assistent Herr Dr. reed. C ~ i l d e m e i s t e r bei tier Revision der Korrektur bemerkte, noch einfacher gestalten. In dem sphiirischen Dreieek /)AS sind ni~mlich die Winkel: bei A 90 0 , bei S 7~-,o, bei /) 90~ ihre Summe also 1 8 0 ~ Der sog. s p h a r i s c h e E x c e s s des Dreiecks ist also 7, woraus sicla nach einer bekannten Formel unmittelbar Gleiehung 4 a) ergiebt.