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726 3. Die Polar4satdom galvan4seher Elemente be4 Gegenwart vom festewa Salx; von W. Jaeger. (Mitteiluog aus der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt.) Fur den Gebrauch von Normalelementen zu genauen Yessungen ist die Kenntnis der Polarisationserscheinungen von wesentlicher Bedeutung; es ist notwendig zu wissen , wie die elektromotorische Kraft der Elemente durch einen Strom von bestimmter Starke beeinflu& wird , oder auch, welcher Strom ihnen zugemutet werden kann, ohne daB die h d e r u n g der elektromotorischen Kraft eine vorgeschriebene Gr65e iiber- schreitet, ferner wie die durch den Strom entstandene Polari- sation wieder verschwindet oder wie schnell das Element sich wieder erholt. Uber diese Erschei~iungen lassen sich theoretische Be- trachtungen , die auch mit den tatsachlichen Vorgangen im Einklang zu sein scheinen, nnstellen, wenn man von der Vor- aussetzung ausgeht , daB die Polarisation eines Elementes in erster Linie auf Konzentrationsanderungen im Elektrolyt be- ruhen und Polarisation durch Gasentwickelung ausgesclilossen ist. In der Tat mussen ja beim Stromdurchgang infolge der Elektrolyse Konzentrationsanderungen an den Elektroden ent- stehen , die eine der entstandenen Konzentrationskette ent- sprechende elektromotorische Gegenkraft eszeugen. Diese elektrolytische Polarisation - und zwar sowohl der zeitliche Verlauf ihres Entstehens , wie auch ihr eventueller definitiver Wert im Gleichgewichtszustand und ihr Verschwinden nach dem Aufhoren des polarisierenden Stromes - wird, wie man ohne weiteres einsieht , verschieden ausfallen miissen, je nachdem der Elektrolyt einen festen Bodenkorper enthalt oder nicht. Die vorliegenden Betrachtungen beziehen sich hauptsach-

Die Polarisation galvanischer Elemente bei Gegenwart von festem Salz

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3. D i e Polar4satdom galvan4seher Elemente be4 Gegenwart vom festewa Salx;

von W. J a e g e r . (Mitteiluog aus der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt.)

Fur den Gebrauch von Normalelementen zu genauen Yessungen ist die Kenntnis der Polarisationserscheinungen von wesentlicher Bedeutung; es ist notwendig zu wissen , wie die elektromotorische Kraft der Elemente durch einen Strom von bestimmter Starke beeinflu& wird , oder auch, welcher Strom ihnen zugemutet werden kann, ohne daB die h d e r u n g der elektromotorischen Kraft eine vorgeschriebene Gr65e iiber- schreitet, ferner wie die durch den Strom entstandene Polari- sation wieder verschwindet oder wie schnell das Element sich wieder erholt.

Uber diese Erschei~iungen lassen sich theoretische Be- trachtungen , die auch mit den tatsachlichen Vorgangen im Einklang zu sein scheinen, nnstellen, wenn man von der Vor- aussetzung ausgeht , daB die Polarisation eines Elementes in erster Linie auf Konzentrationsanderungen im Elektrolyt be- ruhen und Polarisation durch Gasentwickelung ausgesclilossen ist. In der Tat mussen ja beim Stromdurchgang infolge der Elektrolyse Konzentrationsanderungen an den Elektroden ent- stehen , die eine der entstandenen Konzentrationskette ent- sprechende elektromotorische Gegenkraft eszeugen.

Diese elektrolytische Polarisation - und zwar sowohl der zeitliche Verlauf ihres Entstehens , wie auch ihr eventueller definitiver Wert im Gleichgewichtszustand und ihr Verschwinden nach dem Aufhoren des polarisierenden Stromes - wird, wie man ohne weiteres einsieht , verschieden ausfallen miissen, j e nachdem der Elektrolyt einen festen Bodenkorper enthalt oder nicht.

Die vorliegenden Betrachtungen beziehen sich hauptsach-

Polarisation yalvanischer Elemente etc. 727

lich auf die Polarisation in Gegenwart eines festen Boden- korpers. l)

Im allgemeinen wird ein Teil der Konzentrationsande- rungen durch Konvektionsstrbme im Elektrolyt beseitigt werden ; fur die theoretischen Betrachtungen muB man diesen zufalligen Faktor naturlich ausschlieben, ebenso mu6 man auch bei Messungen der elektrolytischen Polarisation, die eine dlgemeine Geltung haben sollen, die Verhaltnisse so gestalten, daI3 keine Konvektion stattfindet.

Es hleibt dann im Fall der Abwesenheit festen Salzes nur die Diffusion iibrig, die der Konzentrierung bez. Verdiinnung der Flussigkeit entgegenwirkt ; bei Gegenwart festen Salzes wird sich auI3erdem von dem festen Bodenkorper losen, wenn der Elektrolyt durch den Strom verdiinnt wird , andererseits wird Salz auskristnllisieren , wenn die Konzentration der Losung iiber den Sattigungspunkt steigt.

Bei einem galvanischen Element hat man es mit mehreren elektrolytischen Vorgangen zu tun. Die Gesamtpolarisation ist die Summe mehrerer Einzelpolarisationen; z. B. ist beim Kadmiumelement die Polarisation in der Hauptsache die Diffe- renz der Polarisation am Kadmium- Amalgampol infolge Konzen- trationsanderung der KadmiumsulfatlSsung und der Polarisation am Quecksilberpol durch Konzentrationsanderng der Merkuro- sulfatlosung. Hierzu kommen eventuell noch die auch als elektrolytische Polarisation aufzufassenden Konzentrationsande- rungen der Pole selbst.

Experimentelles.

Die vorliegenden Betrachtungen wurden angeregt durch Versuche uber Polarisation, die vor langerer Zeit Verfasser gemeinsam mit Hrn. L i n deck an Kadmium-Normalelementen mit festem Kadmiumsulfat angestellt hat , die aber nicht ab- geschlossen und deshalb nicht naher mitgeteilt wurden.7 Zum

1) Die Polarisation von Konzentrationselementen ohne festen Boden- korper ist fur bestimmte Fiille zwecks Ermittelung der Diffusionekonstante eingeheod behandelt bei H. F. Weber , Wied. Ann. 7. p. 469 u. 536.1879; Henry J. S. S a n d , Zeitschr. f. phys. Chem. 35. p. 641. 1900 (auch Phys. SOC. 11. Juli 1900); vgl. auch W. S e i t z , Wied. Ann. 64. p. 759. 1398.

2) Tittigkeitsber. d. Phys. -Techn. Reichsanstalt, Zeitschr. f. Instru- mcntenk. 23. p. 119. 1903 und Zeitechr. f. Elektrochemie S. p. 486. 1902.

728 W . Jaeger.

besseren Verstiindnis der folgenden theoretischen Betrachtungen mochte ich im Einvernehmen mit Hrn. L i n d e c k zunachst diese Versuche in ihren Hauptergebnissen kurz referieren.

Am bemerkenswertesten ist das Resultat, dal3 fur die Ge- samtpolarisation der erwahnten Elemente in erster Linie die Polarisation am Kadmiumamalgampol in Betracht kommt, wiihrend die Polarisation am Quecksilberpol von geringem Eiri- fluB ist und rasch verschwindet. Die Elemente wurden bei den Messungen durch einen konstanten kleinen S trom polari- siert und dann der Ablauf der Polarisation an den einzelnen Polen mittels eines Kompensationsapparates bestimmt, nach- dem der entsprechende Pol eines unpolarisierten Elementes, der als Normalpol diente, entgegengeschaltet war.

Man erhielt dann fur den Ablauf der Polarisation Kurven nach Art der Fig. 1, welche fiir ein Kadmium-Normalelement

I

, - 10 20 30 +o 50 60 70 80 Afuz

Fig. 1.

von gebrauchlicher GroBe mit festem Bodenkorper beobachtet wurde, nachdem dasselbe vorher 10 Min. lang durch einen konstanten Strom von 0,8 Milliamp. polarisiert worden war. I n dieser Figur ist als Abszisse die Zeit in Minuten aufge- tragen , als Ordinate die Polarisation (Differenz gegen den Normalpol) in 10- Volt. Der Gesamtpolarisation entspricht die ausgezogene Kurve , der Polarisation des Hg - Poles die

Polarisation galvanischer Elemente etc. 729

punktierte Kurve ; die Anfangspol arisation beim Unterbrechen des Stromes war nicht gemessen worden; die Polarisation durch Konzentrationsiinderung in den Elektroden selbst scheint sehr klein zu sein. Aus den zahlreichen Versuchen ging hervor, da6 bei demselben Element einer bestimmten Stromstarke eine bestimmto Maximalpolarisation entsprach, die in relativ kurzer Zeit erreicht wurde und in der angegebenen Weise entsprechend rasch wieder verschwand. l)

Wenn keine festen Salze im Elektrolyt vorhanden siud, so folgt aus den Diffusionsgesetzen (vgl. die zitierten Arbeiten von W e b e r etc.), dal3 die Polarisation sich theoretisch schlieB- lich der GroSe der polarisierenden elektromotorischen Kraft nahert und nach dem Unterbrechen des Stromes durch Diffusion wieder verschwindet , was unter Umstanden sehr lange Zeit in Anspruch nimmt.

Das Verhalten der Elemente bei Gegenwart fester Salze ist also ganz verschieden von demjenigen bei bloSer Diffusion.

Fur die theoretischen Betrachtungen ist es zunachst aus- reichend , die Polarisation eines einheitlichen Elektrolyts mit zwei gleichartigen umkehrbaren Polen (ofter auch als ,,un- polarisierbare" Pole bezeichnet) zu untersuchen.

Differentialgleichung fEr die Konzentrationeanderung.

Um die Vorstellung zu fixieren, sei fur die folgenden Betrachtungen angenommen, daB der zu polarisierende Elektrolyt in eine zylindrische, sehr lange (praktisch unendlich lange) Glasrohre vom Querschnitt g eingeschlossen sei , die gleich- mafiig mit gleich grogen Kornern des fein zerteilten festen Salzes ausgefiillt ist (Fig. 2) .3 An beiden Enden A und B befinden sich die aus dem Metal1 des Salzes bez. dem Amalgam bestehenden Elektroden, ebenfalh vom Querschnitt g ; z. B. Kad- miurnamalgam bei einem Elektrolyt aus gesiittigter Kadmium- sulfatlosung mit fein zerteilten Kristallen von CdSO,, H,O.

1) Ahnliche Polarisationskurven sind auch neuerdings von anderer Seite beobachtet worden; vgl. S. J. Barnett, Phps. Rev. 18. p. 104. 1904.

2) Fiir die Anstellung der Versuche wird die Rohre zur Vermeidung von Konvektionsstromen besser senkrecht zu stellen sein.

730 K Jaeger.

Wird die RGhre in der Pfeilrichtung vom positiven Strom durchflossen, so wird die Losung an der Kathode A also ver- diinnter, an der Anode B konzentrierter, als dem Sattigungs- zustand entspricht, indem bei d fortwahrend eine der Strom- starke aquivalente Menge des Metalls niedergeschlagen, bei B auf- gelost wird. Die bei A in jedem Zeitmoment verschwindende

~ ~ O l & 9 Auld?

Fig. 2.

und bei B hinzukommende Salzmenge ist durch die Strom- starke und die Ionengeschwindigkeiten in bekannter Weise definiert. Dadurch sind die Bedingungon filr die Grenzschichten gegeben. I)

Nach Ablauf einer bestimmten Zeit t nach dem SchlieBen des als Ronstant angenommenen Stromes erhalt man eine he- stimmte Konzentrationsverteilung im Rohre. Es moge nun zur Zeit t eine unendlich diinne Schicht an der Stelle x des Rohres (von A aus gerechnet) betrachtet werden; dieselbe sei als homogen erfiillt angesehen von den feinen Kristallen des festen Salzes. An dieser Stelle sei die Konzentration der Losung in diesem Zeitmoment gleich c (Masse Salz in der Volumeneinheit der Losung), wahrend die Sattigungskonzen- tration bei der betreffenden Temperatur gleich co sei. Das Konzentrationsgefalle ist dann d c / 6' x. Infolge der Diffusion andert sich daher die Konzentration in der Zeiteinheit um D wenn B die Diffusionskonstante bedeutet. Anderer- seits aber andert sich die Konzentration c noch dadurch, daB sich von dem in der Schicht x befindlichen Salz eine gewisse Menge in der Zeiteinheit lost, falls sich x in der Nahe der Elektrode A befindet, anderenfalls wenn es sich in der Nahe von B befindet, wo die Losung ubersattigt ist, daB sich Salz mit einer gewissen Geschwindigkeit ausscheidet. Fiir diesen Vorgang kann die Konzentration innerhalb der Schicht von der Dicke d x als gleich gro5 betrachtet werden.

ax2

. 1) Vgl. hierzu die Ausfuhrungen von H. F. Weber, 1. c. p. 540.

Polarisation galvanischer Elemente etc. 731

Die Geschwindigkeit, mit der sich ein Kristall in eincr Losung auflost, bez. mit der sich Salz auf ihm niederschlagt, hangt offenbar von dem Konzentrationsunterschied (c - co) ab.

Eine gleichmaBige Auflosungsgeschwindigkeit derart , wie sie hier in Betracht kommt, kann man sich etwa dadurch realisiert denken, daB man einen kleinen Kristall in einer groBen Menge der betreffenden Losung fortwahrend so rasch bewegt, daU die Umgebung stets dieselbe Konzentration behalt. Die in der Zeiteinheit von der Oberflacheneinheit geloste Salz- menge wird dann konstant sein; dasselbe darf man wohl auch fur die Ausscheidung des Salzes annehmen. Es moge nun angenommen werden, daB fur kleine Konzentrationsdifferenzen diese Geschwindigkeit proportional der Diflerenz (co - c) sei, in analoger Weise, wie bei der augeren Warmeleitung nach dem Newtonschen Gesetz die Ahkuhlungsgeschwindigkeit der Temperaturdifferenz proportional gesetzt wird. Bezeichnet also a eine von der OberflachengroBe der Kristalle in der Volumeneinheit der Losung und von der Natur des Salzes abhangige GroBe, so ist die Konzentrationsanderung im Quer- schnitt x in der Zeiteinheit gleich a (c,-c), wo a verschiedene Werte hat (a, und a2), je nachdem sich Salz lost oder ab- scheidet.

Fur die Gesamtanderung der Konzentration erhalt man also eine gauz analoge Differentialgleichung, wie bei der Warme- leitung in einem zylindrischen Stabe , wenn auBere Warme- leitung vorhanden ist. Die Differentialgleichung lautet somit

a 2 c -- a e - - a ( c - co) + Bd;, a t

Hierzu kommen zwei Grenzbedingungen, eine far t = 0 und eine fur x = 0.

Die Grenzbedingungen sind verschieden, je nachdem man die Entstehung der Polarisation, ihren Gleichgewichtszustad, oder den Ablauf der Polarisation nach Aufhoren des polari- sierenden Stromes betrachtet.

Diese drei Falle seien im folgenden zunachst rtllgemein, d. h. fur eine beliebige Stelle 2 der Rohre behandelt, die Vor- gange an den Grenzflachen ergeben sich dann als Spezialfalle fur z = 0.

732 W. Jaeyer.

Die Konstante a hat die Dimension (i/t) und bedeutet die Konzentrationsanderung in der Zeiteinheit, wenn der Kon- zentrationsunterschied 1 ist. Die Diffusionskonstnnte B (Di- mension (P / t ) ) ist, wie gewghnlich, definiert als die Menge des Salzes, welche in der Zeiteinheit durch die Flacheneinheit geht, wenn das Konzentrationsgefalle 1 ist.

Allgemeine LGaung. 1. Entstehung der Polarisat ion.

Fur die folgenden Betrachtungen sei die Rahre (Fig. 2) als unendlich lang angenommen, so da6 nur die Elektrode an der Begrenzung x = 0 in Betracht kommt. Bei dem in der Figur angegebenen Fall ist die Stelle z = 0 die Kethode, durch Umkehren des Stromes wird sie zur Anode; die Be- trachtungen sind fur beide Falle im allgemeinen dieselben, nur die Konstanten werden zum Teil andere.

Fur die Grenzbedingung an der Stelle x = O hat man das Konzentrationsgef5.lle an dieser Stelle (a c/t3 x)z=o einzufuhren ; die durch Diffusion zugefiihrte Salzmenge ist also in der Zeit- einheit D q (t3 c/d x ) ~ , ~ , wo Q den Querschnitt bedeutet (p. 729). Diese Menge ist gleich der durch den (konstanten) Strom J fortgeschafften Menge, also im Fall, da6 x = 0 die Kathode darstellt, gleich J A - 5- , wenn A das elektrochemische Aqui- valent des betrelfenden Salzes, u und v die Geschwindigkeiten des Kations und Anions bedeuten. Man erbalt also die Grenz-

U + V

bedingung a c J A ~ = - - c, . as q D u + v

Wird die Grenzflache zur Anode gemacht, so erbalt man in analoger Weise J A u

q D u + v I m folgenden werden beide Falle gemeinsam betrachtet , und allgemein 6’ cl6’ x = C gesetzt. Zur Zeit t = 0 ist uberall c= c o , also 6’ c / a z = 0. Wir erhalten somit die Grenzbedingungen

c,=--.-.

. a c fur x = 0 1st - = C, a x

. a e t = 0 1st - = 0 , ,, a x wobei C die angegebenen Werte hat.

Polarisatio7i galvanischer Elemente etc. 733

Die Differentialgleichung (1) p. 731 kann man durch Ein- fiihrung der GrWe z = c e - a t bekanntlich auf die einfachere Form d z / d t = 3 . @ z / a x2 zuruckfuhren, fur welche die Inte- grale unter Berucksichtigung der entstehenden Grenzbedingungen aus den bekannten Warmeleitungspro blemen abgeleitet werden konnen.

Das Integral lautet im vorliegenden Fall 0

V Z DaB dies Integral den Grenzbedingungen geniigt, sieht

man, wenn man in den Ausdruck fur d c / d x einsetzt

man erhalt dann OD

(4)

Fur x = 0 wird dies gleich C, da

ist; fur t = 0 wird ferner d c / d x = 0. Fur z = oc) erhillt man aus (3) c = c,,.

2. Stat ionher Zustand.

F u r t =oo erhalt man aus (3) ein bestimmtes Integral, das dem stationgren Zustand entspricht, der asymptotisch er- reicht wird.

Es ist dann

734 8'. Jaeger.

Andererseits erhalt man aus der Differentialgleichung, wenn a c l d t = 0 gesetzt wird:

- -%* (6) c - co = - c j;. e

Beide Ausdriicke sind. wie man nachweisen kann, identisch, Von dem Faktor g - v m ~ , also von dem Verbaltnis a / B

hangt es ab, wie tief die Konzentrationsanderung in das Innere des Elektrolyts sich erstreckt. J e feiner zerteilt urid je zahl- reicher die Kristalle sind, also je grol3er a ist, desto steiler wird die e-Funktion abfallen.

'3. Ablauf der Polarisation.

,419 Grenzbedingung zur Zeit t = 0, d. h. bei der Unter- brechung des Stromes, hat zu gelten, da8 die Konzentrations- verteilung dem stationaren Zustand (unter 2) entspricht, d. h. es muB sein fur t = 0:

Der Vorgang fur x = 0 sol1 gefunden werden, kann also nicht als Grenzbedingung eingefuhrt werden. Dagegen muB fur 2 =a stets c = co sein.

Diesen Bedingungen , sowie der Differentialgleichung ge- nugt eine dem Integral (3) analoge Losung; es ist

cc

VZ Fur t =a wird c auch an der Grenzflache (x=O) wieder

gleich co, d. h. der ursprungliche Zustand, bei dem in der ganzen Rohre c = c,, ist, wird schlieBlich wieder erreicht.

4. Spezia l fa l l ; Abwesenhei t f e s t e n Salzes .

Wenn kein festes Salz zugegen ist, hat man a = 0, mit Ausnahme des Falles, daB an der Anode bereits eine gesattigte Losung vorhanden ist , die keine U bersattigung zula8t. Bei vielen Salzen, wie z. B. Kadmiumsulfat, tritt leicht Ubersiitti- gung ein, so dab auch in diesem Fall dann a = 0 zu setzen

Polarisation galvanischer Blemente etc. 736

ware. Die der Entstehung der Polarisation entsprechende Konzentrationsiinderung geht dann nach der Formel

.a

~ ' d u - L v z t e - -dot (8) F

2

vor sich. An der Grenflache x = 0 erhalt man

Die Konzentrationsdifferenz wachst also bei konstantem Strom fortwahrend mit v;.

Konzentrationshderung an den Elektroden.

F u r die Polarisation kommt nur die Konzentrationsanderung an der Grenzflache x = 0 in Betracht, die man aus den Formeln (3), (6), (7), (8) durch Nullsetzen von x erhalt.

Es ergibt sich d a m : 1. bei der Entstehvng der Polarisation

0

2. im stationaren Zustand (vgl. p. 732):

.- fur die Kathode c--L'=-c dF- - - J A q - j l G u + v 0

fiir die Anode, + -=.- J A u

q1 /Ua , u + v

3. beim Ablauf der Polarisation:

736 W. Jaeger.

Der Endzustand der Polarisation hangt also von B a ab, wiihrend der zeitliche Verlauf derselben durch a allein be- stimmt ist. Fur a ist a, oder a, zu setzen, je nachdem die Anode oder Kathode in Betracht kommt.

Fur die Entstehung und das Verschwinden der Kon- zentrationsanderung ist maBgebend das Integral:

V Z dessen Werte aus Tafeln entnommen werden konnen.')

Fur t = 0 ist das Integral bekanntlich gleich 1, und ent- spricht dann dem Maximalwert der Konzentrationsanderung (Gleichung (1 0)).

Der Differentialquotient ist gleich - e- a t / f z und wird fur t = O gleich - co. Im ersten Augenblick geht also die Konzentrationsanderung sowohl bei der Entstehung, wie beim Verschwinden der Polarisation unendlich rasch vor sich.

Fur groSe Werte von a t ist das Integral angenahert e - a t / fnat und nahert sich asymptotisch der Null.

In der folgenden Tabelle sind einige den erwahnten Tafeln entnommene zusammengehorige Werte von z = a t und

zusammengestellt , die in Fig. 3 graphisch aufgetragen sind.

1) Andre Warkoff, Table des Valeurs de l'inthggrale m

J e - '* d t , Petersburg 1888 (Leipzig, Voss' Sortirnent); ferner Tafeln fur

von Jos. Burgess , Trans. of the Roy. SOC. of Edinburgh 39. p. 257. 1900. 2) Mit umgekehrtem Vorzeichen, um den Vergleich des Kurven-

verlaufes mit Fig. 1 zu erleicbtern.

Polarisation gahanischer Elemente etc. 731

Die Kurve stellt also den zeitlichen Verlauf der Kon- zentrationsanderung an der Grenzflache dar. Um daraus die GrijBe der galvanischen Polarisation zu erhalten, mu8 man noch die Abhangigkeit der elektromotorischen Kraft von der Konzentration der Losung kennen.

Fur s e k verdunnte Losungen ist bekanntlich die elektro- motorische Kraft proportional der GrSBe log nat c / c o . Fur

Annalen der Physik. IV. Folge. 14. 48

738 W. Jneger.

kleine Konzentrationsanderungen kann man dann log (1 + s) = 6 setzen; in diesem Falle ist der Verlsuf der elektrolytischen Polarisation selbst proportional dem obigen Integral und die Kurve stellt dann auch den Verlauf der Polarisation selbst dar; man kann diese dann mit Hilfe der Nernstschen Formel aus der Konzentrationsdifferenz berechnen. Bei groBeren Kon- zentrationen gilt dies nur noch angenahert.

Fur verdunnte Losungen ist die maximale Polarisation somit proportional der Stromdichte J/ q und ulngekehrt pro- portional 1; zu setzen, wobei a eine Funktion der Oberflache der Kristallkorner in der Volumeneinheit ist. Aus der Beob- achtung der mnximalen Polarisation bei gegebener Stromdichte und der Kurve fur ihre Eiitstehung bez. ihren Ablauf, die durch das Integral dargestellt werden, konnen dann die Kon- stanten D und a direkt berechnet werden, wiihrend fur kon- zentriertere Losung hierzu noch die Abhangigkeit der elektro- motorischen Kraft von der Konzentration der Losung bez. die Dampfspannungskurve der Salzlosung bekannt sein muS.

Polarisation von Elementen.

Die Polarisation der Elemente ist, wie erwahnt, in der Hauptsache gleich der Uifferenz der Polarisationen, die infolge der Konzentrationsanderungen am positiven und negativen Pol entstehen.

Nach den vorhergehenden Betrachtungen sind nun die in Fig. 1 dargestellten Polarisationsvorgange wohl erklarlich ; qualitativ zeigen die Kurven einen ahnlichen Verlauf, wie die theoretisch gefundene. Quantitative Bestimmungen miissen vorbehalten bleiben. Die Losung des Merkurosulfats ist so verdunnt, daB fur dieses die Nernstsche Formel direkt in Anwendung kommen kann. DaB die Polarisation im Queck- silberpol relativ so klein ist und vor allem so rasch ablauft, ist wohl in erster Linie eine Folge davon, daB die Kristalle des Merkurosulfats so auBerordentlich klein sind (die einzelnen Kristalle haben etwa die GroBenordnung von p); dadurch ist a, selbst wenn die Losungsgeschwindigkeit pro Fliicheneinheit relativ klein ware, sehr groB und das Integral nimmt schon far kleine Zeiten sehr kleine Werte an; andererseits wird dadurch auch die vor dem Integral stehende Konstante klein. Die Polari-

Polarisation galvanischer Elemente etc. 739

sation des Kadmiumpoles ist also iiberwiegend und stellt fast allein die Gesamtpolarisation dar ; ahnlich liegen die Verhtlt- nisse beim Clarkschen Element. Da die Eadmiumsulfatkristalle sehr verschieden gro6 sind, so erklart es sich, daB die Polari- sation der verschiedenen Elemente bei derselben Stromdichte verschiedene Werte annimmt und verschieden schnell ablauft.

Bei Abwesenheit fester Salze muB die Polarisation sich stetig andern und erreicht bei konstantem Strom und bei Aus- schluB von Konvektionsstromen kein dynamisches Gleichgewicht.

Die Vorgiinge an den Polen selbst sind ebenfalls durch Konzentrationsanderungen bedingte Polarisationserscheinungen, die auch, je nachdem feste Phasen zugegen sind oder nicht, verschieden verlaufen werden; das erstere findet z. B. statt bei dem gewohnlich angewandten (1 2-13 proz.) Kadmiumamalgam, das eine gesattigte Losung mit festen Kristallen einer be- stimmten Verbindung von Quecksilber und Kadmium darstellt. Beim Quecksilberpol, der als sehr verdiinntes Kadmiumamalgam aufgefaBt werden kann, fehlt die feste Phase. Die Polarisations- vorgiinge an den Polen werden die anderen Polarisationsvor- gange zum Teil verschleiern, lassen sich aber wohl durch ge- eignete Beobachtungsmethoden von diesen trennen. Die Er- scheinung, daB in Fig. 1 beim Ablauf der Polarisation die Kurve fur den Hg-Pol uber die Abszissenachse hinausgeht, diirfte vielleicht auf die Polarisation des Poles selbst zuruck- zufuhren sein.

Zueammenfaseung.

Die galvanische Polarisation infolge der Konzentrations- Onderung des Elektrolytes beim Durchgang eines konstanten Stromes erreicht bei Qegenwart der festen Phase ein dynamisches Gleichgewicht , fir welches neben der Diffusionskonstante die Auflosungs- bez. Kristallisationsgeschwindigkeit u1 bez. aB des betreffenden Salzes mitbestimmend ist. Die Entstehung der Polarisation und das Verschmjnden derselben geht in ganz analoger Weise vor sich; beide werden bedingt durch das Integral

P(at ) = ~ fLh v; vz

(vgl. Kurve und Tabelle p. 737). 48 *

740 W. Jaeger.

Bezeichnet K die dem dynamischen Gleichgewicht (dc/dt= 0) entsprechende maximale Konzentrationsdifferenz der jeweiligen Konzentration c gegen diejenige c,, des Sattigungszustandes, so ist das Konzentrationsverhaltnis c/co zur Zeit t gegeben durch

c - = 1 - K{1 - P(.t)f

: = 1 - KP(ut)

CO

fiir die Entstehung der Polarisation und durch

CO

fir den Ablauf der Polarisation nach Erreichung des dyna- mischen Gleichgewichtes. Die Funktion P(a t) ist fur t = 0 Eins, fur t = co Null.

Fur sebr verdunnte Liisungen kann man mittels der Nernstschen Formel die GroBe der Polarisation aus den obigen Formeln fur das Konzentrationsverhitnis berechnen; in anderen Fiilleu mu6 die Beziehung zwischen der elektromotorischen Kraft und der Konzentration experimentell bestimmt oder aus der Dampfspannungskurve nach der Helmholtzschen Formel berechnet werden, um die GrbBe der Polarisation aus der Konzentrationsdifferenz abzuleiten oder umgekehrt.

Die Konstante K, welche die maximale Konzentrations- differenz e - co im dynamischen Qleichgewichtszustand darstellt, ist zu setzen:

J - A 4 V fiir die Kathode g=+--.-

eov/D-a, 0 b f - V

und J - A

fur die Anode. K = - - - . . - . - - 4 u

C O V G u + v

Die Verteilung der Konzentrationsiinderung innerhalb des Elementes im dynamischen Gleichgewicht ist gegeben durch

Die allgemeinen Formeln, durch die c als f ( 3 , t) gegeben ist, sind die Gleichung (3), p. 733, und Gleichung ( 7 ) , p. 734; wegen der Definition der verschiedenen QriiSen vgl. p. 730 u. 732.

Polarisation yalvanischer Elemente etc. 741

Durch experimentelle Bestimmung des zeitlichen Verlaufes der Polarisation an der Grenzflache, ausgehend von einem Gleichgewichtszustand (c = co bez. co - c = c,, K ) , kann mittels des Integrales P ( a t ) die GroBe a , also die Losungs- bez. Kristztllisationskonstante des betreffenden Salzes bestimmt werden, durch Beobachtung der maximalen Polarisation im dynamischen Gleichgewicht fiir eine bestimmte Stromdichte auch die Diffusions- konstante B.

Es konnen so alle Daten ermittelt werden, um die Polari- sation eines Elementes mit Bodenkorpern und den zeitlichen Verlauf derselben beim Entstehen und Verschwinden fur eine gegebene Stromstarke zu berechnen.

Fur den Gebrauch der Elemente folgt aus den vorstehenden Betrachtungen, daB die Gefahr der Polarisation von Normal- elementen mit festem Bodenkorper im allgemeinen wohl Uber- schatzt wird, da die Polarisation ebenso rasch wieder abkuft, wie sie entstanden ist. J e feiner das Salz verteilt ist, desto geringer muS die Polarisation sein, wahrend beim vollstiindigen Fehlen des festen Salzes gsnz andere Verhaltnisse Platz greifen, bei denen allein die Diffusion bestimmend ist.

(Eingegangen 1. Juni 1904.)