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Einleitung Läsionen von Sehnen können zu erheb- lichen funktionellen Defiziten an der unteren Extremität führen. Zu den am häufigsten verletzten Sehnen zählt die Achillessehne. Aber auch Rupturen der Patellarsehne, Quadrizepssehne oder der Peronealsehnen kommen vor. Werden diese Verletzungen übersehen, können Defekte entstehen, die eine Rekonstruk- tion mit einem autologen Sehnentrans- plantat erforderlich machen. In der Kreuzbandchirurgie haben sich als auto- loge Sehnentransplantate die Semitendi- nosus- und Gracilissehne etabliert [6, 7]. Diese Sehnen eignen sich auch als Trans- plantate für den Ersatz großer Sehnen wie z.B. der Achillessehne und der Patel- larsehne [2, 5, 9]. Auch der Ersatz der Pe- roneussehne [8], der Ersatz der Syndes- mose [3, 4] oder der fibulotalaren Bänder [1] sind mit diesen Transplantaten mög- lich. Ziel dieses Beitrags ist es, die Entnahme- technik der Semitendinosussehne und Gracilissehne sowie deren Einsatz als Transplantat zum Ersatz großer Sehnen oder Bänder zu beschreiben. Entnahme der Semitendinosus- oder der Gracilissehne Die Ansatzsehnen des M. semitendino- sus und des M. gracilis gehören funktio- nell zu den Beugern des Kniegelenks und sie bilden zusammen mit dem M. sarto- rius den Pes anserinus superficialis. Sie inserieren ca. 5 cm unterhalb des Ge- lenkspalts medial der Tuberositas tibiae. Zur Sehnenentnahme wird ein ca. 3 cm langer Hautschnitt medial der Tuberosi- tas tibiae angelegt (Abb. 1 und 2). Danach wird die Sartoriusfaszie längs gespalten [6, 7]. Nach Spaltung der Sartoriusfaszie wer- den die Ansatzsehnen der Mm. semiten- dinosus und gracilis sichtbar. Die kaudal gelegene Ansatzsehne des M. semitendi- nosus wird mit einer Overholt-Klemme unterfahren und mit einer Fadenschlaufe umschlungen. Danach werden die Ver- bindungen der Semitendinosussehne zum M. gastrocnemius getrennt. Dabei wird die Sehne an der Fadenschlaufe ge- halten. Anschließend wird die Sehne mithilfe der Fadenschlaufe in ein rundes Sehnenmesser (Sehnenstripper, z. B. Karl Storz, Tuttlingen) geführt und die Sehne durch langsames Vorschieben pa- rallel zur Oberschenkelachse entnom- men. Dabei wird die Sehne mit einer feuchten Kompresse gehalten. Die Ansatzsehne des M. gracilis kann auf gleiche Weise entnommen werden. Wel- che der beiden Sehnen entnommen wird, richtet sich nach der Größe des zu rekonstruierenden Defekts. Die Länge der Semitendinosussehne variiert zwi- schen 26 und 34 cm, die der Gracilisseh- ne zwischen 22 und 28 cm. Um die Sehne durch das Restgewebe der zu rekonstruierenden Sehne führen zu können, müssen die Sehnenenden mit resorbierbarem Fadenmaterial armiert werden. Ersatz der Achillessehne Die Achillessehne ist die kräftigste Sehne des menschlichen Körpers. Sie setzt sich zusammen aus den Ansatzsehnen der Mm. gastrocnemii und der Ansatzsehne des M. soleus. Die einzelnen Anteile der Achillessehne verlaufen jedoch nicht pa- rallel. Die Ansatzsehne des M. gastrocne- mius medialis inseriert im lateralen An- teil der Insertionszone am Kalkaneus, die Ansatzsehne des M. gastrocnemius lateralis inseriert medial und die Ansatz- sehne des M. soleus inseriert im poste- Zusammenfassung Die Ansatzsehnen des M. semitendi- nosus und des M. gracilis gehören funktionell zu den Beugern des Knie- gelenks und sie bilden zusammen mit dem M. sartorius den Pes anserinus superficialis. In der Kreuzbandchirur- gie haben sich diese Sehnen als auto- loge Transplantate etabliert. Sie eignen sich aber auch als Transplantate für den Ersatz großer Sehnen wie z. B. der Achillessehne und der Patellarsehne. Auch der Ersatz der Peroneussehne, der Ersatz der Syndesmose oder der fi- bulotalaren Bänder sind mit diesen Transplantaten möglich. Die Indikation zum Sehneninterponat besteht bei längerstreckigen Defekten, die durch Verschiebetechniken oder Z-Plastiken nicht mehr rekonstruierbar sind. The Semitendinosus and Gracilis Tendons as Autologous Tendon Grafts for Tendon and Ligament Reconstruction The tendons of the semitendinosus and gracilis muscles are flexors of the knee. Along with the sartorius muscle, they make up the superficial pes anserinus. In cruciate ligament surgery, these ten- dons are well established autologous grafts. They can also be used as a ten- don graft for the reconstruction of large tendons such as the Achilles or patellar tendon, for reconstruction of the pero- neus brevis tendon, replacement of the distal syndesmosis and reconstruction of the talofibular ligaments. The indica- tion for a tendon interposition graft is given in case of a large defect when reconstruction with a sliding flap or a Z-plasty is not possible. Die Semitendinosus- und Gracilissehne als autologes Transplantat zur Sehnen- und Bandrekonstruktion & n Wolf Petersen, Ute Petersen, Cara Winter OP-JOURNAL 2015; 31: 182187 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0041-109446 182 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

Die Semitendinosus- und Gracilissehne als autologes ... · rioren Anteil. Auf diese Weise entsteht eine Torquierung der einzelnen Sehnen-anteile. ZurRekonstruktionderAchillessehneer-folgtein

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wird die Sartoriusfaszie längs gespalten[6,7].

Nach Spaltung der Sartoriusfaszie wer-den die Ansatzsehnen der Mm. semiten-dinosus und gracilis sichtbar. Die kaudalgelegene Ansatzsehne des M. semitendi-nosus wird mit einer Overholt-Klemmeunterfahren undmit einer Fadenschlaufeumschlungen. Danach werden die Ver-bindungen der Semitendinosussehnezum M. gastrocnemius getrennt. Dabeiwird die Sehne an der Fadenschlaufe ge-halten. Anschließend wird die Sehnemithilfe der Fadenschlaufe in ein rundesSehnenmesser („Sehnenstripper“, z.B.Karl Storz, Tuttlingen) geführt und dieSehne durch langsames Vorschieben pa-rallel zur Oberschenkelachse entnom-men. Dabei wird die Sehne mit einerfeuchten Kompresse gehalten.

Die Semitendinosus- und Gracilissehne als autologesTransplantat zur Sehnen- und Bandrekonstruktion

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Zusammenfassung

Die Ansatzsehnen des M. semitendi-nosus und des M. gracilis gehörenfunktionell zu den Beugern des Knie-gelenks und sie bilden zusammen mitdem M. sartorius den Pes anserinussuperficialis. In der Kreuzbandchirur-gie haben sich diese Sehnen als auto-loge Transplantate etabliert. Sie eignensich aber auch als Transplantate fürden Ersatz großer Sehnen wie z.B. derAchillessehne und der Patellarsehne.Auch der Ersatz der Peroneussehne,der Ersatz der Syndesmose oder der fi-bulotalaren Bänder sind mit diesenTransplantatenmöglich. Die Indikationzum Sehneninterponat besteht beilängerstreckigen Defekten, die durchVerschiebetechniken oder Z-Plastikennicht mehr rekonstruierbar sind.

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sionen von Sehnen können zu erheb-hen funktionellen Defiziten an derteren Extremität führen. Zu den amufigsten verletzten Sehnen zählt diechillessehne. Aber auch Rupturen dertellarsehne, Quadrizepssehne oder derronealsehnen kommen vor. Werdenese Verletzungen übersehen, könnenefekte entstehen, die eine Rekonstruk-on mit einem autologen Sehnentrans-antat erforderlich machen. In derreuzbandchirurgie haben sich als auto-ge Sehnentransplantate die Semitendi-sus- und Gracilissehne etabliert [6,7].iese Sehnen eignen sich auch als Trans-antate für den Ersatz großer Sehnenie z.B. der Achillessehne und der Patel-rsehne [2,5,9]. Auch der Ersatz der Pe-

Die Ansatzsehne des M. gracilis kann auf

-JOURNAL 2015; 31: 182–187Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkI http://dx.doi.org/10.1055/s-0041-109446

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The Semitendinosus and GracilisTendons as Autologous TendonGrafts for Tendon and LigamentReconstruction

The tendons of the semitendinosus andgracilis muscles are flexors of the knee.Along with the sartorius muscle, theymake up the superficial pes anserinus.In cruciate ligament surgery, these ten-dons are well established autologousgrafts. They can also be used as a ten-dongraft for the reconstructionof largetendons such as the Achilles or patellartendon, for reconstruction of the pero-neus brevis tendon, replacement of thedistal syndesmosis and reconstructionof the talofibular ligaments. The indica-tion for a tendon interposition graft isgiven in case of a large defect whenreconstruction with a sliding flap or aZ-plasty is not possible.

roneussehne [8], der Ersatz der Syndes-mose [3,4] oder der fibulotalaren Bänder[1] sind mit diesen Transplantaten mög-lich.

Ziel dieses Beitrags ist es, die Entnahme-technik der Semitendinosussehne undGracilissehne sowie deren Einsatz alsTransplantat zum Ersatz großer Sehnenoder Bänder zu beschreiben.

Entnahme der Semitendinosus-oder der Gracilissehne

Die Ansatzsehnen des M. semitendino-sus und des M. gracilis gehören funktio-nell zu den Beugern des Kniegelenks undsie bilden zusammen mit dem M. sarto-rius den Pes anserinus superficialis. Sieinserieren ca. 5 cm unterhalb des Ge-lenkspalts medial der Tuberositas tibiae.Zur Sehnenentnahme wird ein ca. 3 cmlanger Hautschnitt medial der Tuberosi-tas tibiae angelegt (Abb. 1 und 2). Danach

gleicheWeise entnommenwerden. Wel-che der beiden Sehnen entnommenwird, richtet sich nach der Größe des zurekonstruierenden Defekts. Die Längeder Semitendinosussehne variiert zwi-schen 26 und 34 cm, die der Gracilisseh-ne zwischen 22 und 28 cm.

Um die Sehne durch das Restgewebe derzu rekonstruierenden Sehne führen zukönnen, müssen die Sehnenenden mitresorbierbarem Fadenmaterial armiertwerden.

Ersatz der Achillessehne

Die Achillessehne ist die kräftigste Sehnedes menschlichen Körpers. Sie setzt sichzusammen aus den Ansatzsehnen derMm. gastrocnemii und der Ansatzsehnedes M. soleus. Die einzelnen Anteile derAchillessehne verlaufen jedoch nicht pa-rallel. Die Ansatzsehne desM. gastrocne-mius medialis inseriert im lateralen An-teil der Insertionszone am Kalkaneus,die Ansatzsehne des M. gastrocnemiuslateralis inseriert medial und die Ansatz-sehne des M. soleus inseriert im poste-

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rioren Anteil. Auf diese Weise entstehteine Torquierung der einzelnen Sehnen-anteile.

Zur Rekonstruktion der Achillessehne er-folgt ein ca. 15–20 cm langer Hautschnittmedial der Achillessehne. Die medialeSchnittführung ist zur Schonung desN. suralis und zur Vermeidung vonWundheilungskomplikationen erforder-lich.

Danach wird das Paratenon eröffnet, umdas restliche Sehnengewebe darzustel-len. Die Sehnenstümpfe werden débri-diert und es wird überprüft, ob eine Re-konstruktion durch eine lokale Verschie-beplastik erfolgen kann (z.B. VY-Plastik).

Bei Defektlängen von mehr als 5 cmwirdmeist ein autologes Sehnentransplantatbenötigt. Infrage kommen die Ansatz-sehne des M. flexor hallucis longus oderdes M. peroneus brevis. Nachteil der Pe-roneus-brevis-Sehne ist das Risiko funk-tioneller OSG-Instabilitäten (OSG: obe-res Sprunggelenk). Die Flexor-hallucis-

Sehne kann sehr dünn ausfallen. Dahersind die Semitendinosussehne oder dieGracilissehne eine gute Alternative alsSehnentranplantat [2].

Das Sehnentransplantat wird mit einerOverholt-Klemme quer durch den dis-talen Stumpf gezogen. Danach wird derFuß in Plantarflexion gebracht und dasSehnentransplantat mit dem proximalenStumpf vernäht (PDS, Stärke 3–0.). DasSehnentransplantat kann nach der Fixa-tion noch durch eine PDS-Kordel (Stärke0,7mm) gesichert werden (Abb. 3). Istdistal kein ausreichender Stumpf mehrvorhanden, kann die Sehne auch durcheinen Bohrkanal im Kalkaneus gezogenwerden.

Danach wird das Paratenon genäht (PDS,Stärke 3–0), die Haut spannungsfrei ver-schlossen und der Patient mit einemKompressionsverband versorgt. Noch imOP-Saal wird dem Patienten eine ante-riore Gipsschale in Spitzfußstellung an-gelegt.

Postoperative Behandlung

Für 2 Wochen wird der Patient bis zurWundheilung mit der anterioren Gips-schale behandelt. In dieser Zeit steht dieWundheilung im Vordergrund: Hoch-lagerung und Lymphdrainage. Danachwird dem Patienten eine Orthese, dieden Fuß in Spitzfußstellung hält, ange-passt (z.B. Vacoped). Die Spitzfußstel-lung wird alle 2 Wochen reduziert (30°,15°, 0°). In dieser Zeit wird mit 20 kgTeilkörpergewicht belastet.

Ersatz der Patellarsehne

Die Patellarsehne wird im Schrifttumauch als Lig. patellae bezeichnet, da siedie Verbindung zwischen Kniescheibeund Tuberositas tibiae ist. Funktionell istsie aber als Sehne zu sehen, da die Patellaals Sesambein in den Streckapparat ein-gelagert ist. Daher wird die Streckungdurch eine Sehnenruptur erheblich be-einträchtigt.

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Abb. 1a bis f Entnahme der Semitendinosussehne. a Der 3 cm lange Hautschnitt befindet sich medial der Tuberositas tibiae. b Die Sehnen kön-nen unter der Sartoriusfaszie palpiert werden. Die obere Sehne ist die Gracilissehne. Die untere Sehne ist die Semitendinosussehne. c Mit demSkalpell wird die Sartoriusfaszie zwischen den Sehnen gespalten. d Die Semitendinosussehne wird mit der Overholt-Klemme unterfahren und miteinem Faden (Stärke 1) angeschlungen. e Mit einem Skalpell wird die Sehne an der Insertion abgelöst. f Mit einer Präparierschere werden die Ver-bindungen der Semitendinosussehne zum Gastrocnemiuskopf getrennt.

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Als Schädigungsmechanismus für dieSpontanruptur wird meist eine forcierteexzentrische Bewegung (z.B. beimTreppabgehen) angegeben. Beim altenPatienten ist eine Schädigung durch einHochrasanztrauma mit Knieluxation sel-ten, aber durchaus möglich.

Therapie

Die Therapie der Patellarsehnenrupturist die primäre offene Sehnenrekon-struktion. Diese sollte zeitnah innerhalbder ersten 1–2 Wochen nach Verletzungerfolgen.

Operationstechnik bei veralteter Rupturmit Defekt

Der Zugang und die Darstellung der Seh-ne erfolgt ebenfalls über einen anterio-ren Längsschnitt. Liegt ein Sehnendefektvor, kann die Sehne mit einem autologenSehnentransplantat rekonstruiert wer-den [5,9]. Als Sehnentransplantat eignetsich die Ansatzsehne des M. semitendi-nosus (Abb. 4).

Zunächst sollte die korrekte Patellahöhemit einer Rahmen-Cerclage eingestellt

werden. Diese wird in einem 1. Opera-tionsschritt platziert. Als Material eignetsich entweder eine 1,3-mm-Fadenkordel(PDS oder Fiberwire) oder ein Draht mit1,2–1,5mm Durchmesser. Die Cerclagewird durch ein Bohrloch im Bereich derPatella und im Bereich der Tuberositas ti-biae geführt. Die Einstellung der exaktenHöhe ist nicht einfach. Der Einsatz einesBildwandlers kann hilfreich sein (Insall-Salvati-Index oder Caton-Index). DieSehnenrekonstruktion sollte eine Knie-beugung bis 90° zulassen. Daher mussdas Bein auch unbedingt beweglich ab-gedeckt werden.

Das Sehnentransplantat sollte durch jeein transversales Bohrloch durch die Tu-berositas tibiae sowie durch die Patellagezogen werden. Es reichen meist Bohr-löcher mit einem Durchmesser von 4,5–5mm (Kreuzbandinstrumentarium). Da-nach werden die beiden Sehnentrans-plantate miteinander vernäht, nachdemdie richtige Höhe der Patella eingestelltwurde.

Postoperative Behandlung

Obwohl die Draht-Cerclage intraoperativeinen stabilen Eindruck vermittelt, emp-fehlen wir eine 6-wöchige Teilbelastung.Je nach Zuverlässigkeit oder motorischenFähigkeiten wird der Patient entwederfür 6 Wochen mit einem Tutor oder miteiner beweglichen Knieorthese (0–0–302 Wochen, 0–0–60 weitere 2 Wochenund 0–0–90weitere 2Wochen) versorgt.In dieser Zeit wird mit 20 kg Teilkörper-gewicht belastet. Aus dem Tutor herauskönnen passive Bewegungsübungen aufeiner CPM-Schiene erfolgen. Die Draht-Cerclage sollte nach 8–10 Wochen ent-fernt werden.

Ersatz der Peroneus-brevis-Sehne

Die Peronealsehnen unterstützen diePlantarflexionund siewirkenals funktio-nelle Stabilisatoren des oberen Sprung-gelenks. Das bedeutet umgekehrt, dasschronische Instabilitäten des OSG zuÜberlastungsschäden dieser Sehnen füh-ren können. Liegt eine Kombination ausInstabilität und Peronealsehnentendino-se vor, sollte immer auch die OSG-Insta-bilität therapiert werden.

Die Schädigung dieser Sehnen erfolgt na-hezu immer ohne akutes Trauma alschronischer Überlastungsschaden. ReineTendinosen werden zunächst konser-vativ behandelt. Bei Längsrissen kommtauch eine operative Intervention mitSehnennaht in Betracht. Bei langstrecki-gen Defekten der Peronealsehnen kannder Ersatz der Peroneus-brevis-Sehnemit einem Gracilissehneninterponantindiziert sein [8]. Symptome bei Defek-tender Peronealsehnenkönnen schmerz-hafte motorische Defizite sein (Beein-trächtigung der Fußaußenrandhebung).

OP-Technik

Die Exposition der Peroneus-brevis-Seh-ne erfolgt über eine bogenförmige Inzi-sion, die von der Außenköchelhinterkan-te bis zur MT-5-Basis (MT: Metatarsale)reicht (Abb. 5). Danach wird die Sehnen-scheide komplett geöffnet und der De-fekt dargestellt. Wenn der Defekt füreine lokale Verschiebeplastik zu groß ist,kann eine Rekonstruktion mit einemSehneninterponat indiziert sein. Als In-terponat eignet sich die Gracilissehne.

Zunächst erfolgt eine Seit-zu-Seit-Nahtmit dem proximalen Stumpf der Pero-neus-brevis-Sehne. Distal erfolgt entwe-der eine Seit-zu-Seit-Naht mit dem dis-

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Abb. 2a bis c Entnahme der Semitendinosussehne. a Mit einem Sehnenstripper wird die Se-mitendinosussehne entnommen. b Der Sehnenstripper muss parallel zum Femur geführt wer-den. c Auf einem speziellen Präparationsbrett kann die Sehne präpariert werden.

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talen Stumpf oder der Einzug in einBohrloch in der MT-5-Basis. Die Fixationim Knochentunnel kann entweder miteiner kleinen Interferenzschraube odermit einem extrakortikalen Kippanker er-folgen. Die Reste der Peroneus-longus-Sehne können auf das Interponat aufge-näht werden.

Postoperative Behandlung

Postoperativ wird der Fuß in einer festenOSG-Orthese (z.B. Walker, Vacoped) für8 Wochen immobilisiert.

In dieser Zeit wird mit 20 kg Teilkörper-gewicht belastet.

Ersatzplastik der Außenbänderbei chronischer OSG-Instabilität

Chronische Instabilitäten des OSG kön-nen zu deutlichen funktionellen Beein-trächtigungen führen. Bessern sich dieInstabilitäten durch neuromuskuläresTraining nicht, kann eine Bandplastik in-diziert sein.

Wenn noch Bandreste vorhanden sind,kann eine Raffung des Lig. fibulotalareanterius (LFTA) und fibulocalcaneare(LFC) sinnvoll sein (Broström-OP). Wennkein Bandmaterial mehr vorhanden ist,sollten die Bänder durch ein Sehnen-transplantat ersetzt werden [1]. Dabeiwerden anatomische Techniken vonnicht anatomischen Techniken unter-schieden. Nicht anatomische Technikenunter Verwendung der Peroneus-brevis-Sehne haben den Nachteil, dass dieseSehnen funktionelle Stabilisatoren desOSG sind. Als Transplantat für den ana-tomischen Bandersatz kommen die Se-mitendinosus- oder die Gracilissehne inBetracht.

OP-Technik

Die Exposition des lateralen Bandappa-rats erfolgt über eine bogenförmige Inzi-sion entlang der Außenknöchelvorder-kante, die ca. 6 cm oberhalb der Fibula-spitze beginnt (Abb. 6). Danach werdendie Insertionen von LFC und LFTA dar-gestellt.

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Abb. 3a bis d Rekonstruktion der Achillessehne. a Intraoperativer Si-tus mit einer Defektlänge von 6 cm. b Das Sehnentransplantat wirdmit einer Overholt-Klemme quer durch den distalen Stumpf gezogen.d In Plantarflexion wird das Sehnentransplantat in den proximalenStumpf gezogen und vernäht (PDS, Stärke 3–0.). Das Sehnentransplan-tat kann nach der Fixation noch durch eine PDS-Kordel (Stärke 0,7mm)gesichert werden.

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Abb. 4a bis c Rekonstruktion der Patellarsehne. a Transversale Bohrlöcher in der Tuberositastibiae und im distalen Drittel der Patella (Durchmesser 4,5–5mm). b Das Sehnentransplantatwird sowohl durch das transversale Bohrloch in der Tuberositas tibiae als auch das der Patellagezogen. Danach werden die beiden Sehnentransplantate miteinander vernäht, nachdem dierichtige Höhe der Patella eingestellt wurde. c Durch eine Cerclage (Draht, PDS oder Fiberwire-Kordel) wird das Sehnentransplantat gesichert.

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Die gemeinsame Insertion von LFC undLFTA befindet sich ca. 10–15mm ober-halb der Fibulaspitze am anteriorenRand des Außenknöchels. Das LFTA ver-läuft von da aus horizontal und inserierthinter der Knorpel-Knochen-Grenze ca.17mm proximal des Apex processus la-teralis tali. Das LFC verläuft schräg nachdistal und posterior. Zum Aufsuchen derLFC-Insertion am Kalkaneus eignet sichder Bildverstärker (ca. 15mm unterhalbder proximalsten Spitze des Kalkaneus).Im Bereich der Insertionen werden dannBohrlöcher angefertigt und das Sehnen-transplantat eingezogen. Zur Fixationeignen sich entweder Interferenzschrau-ben mit kleinem Durchmesser oderKippanker.

Postoperative Behandlung

Postoperativ wird der Fuß in einer funk-tionellen OSG-Orthese (z.B. Malleotri-step) für 6 Wochen phasenadaptiert re-habilitiert. In dieser Zeit wird mit 20 kgTeilkörpergewicht belastet.

Ersatzplastik der Syndesmosebei chronischer Instabilität

Die Syndesmose besteht aus einem vor-deren fibulotibialen Band (LTFA), einemhinteren fibulotibialen Band (LTFP) undeinem interossären Band. Sie sichert dieFibula in ihrer Inzisur an der Tibia.

Chronische Instabilitäten der Syndes-mose zwischen distaler Fibula und Tibiakönnen zu deutlichen funktionellen Be-einträchtigungen führen. In diesen Fäl-

len, kann eine Bandplastik indiziert sein.Als Transplantat für den anatomischenErsatz aller 3 Bänder eignet sich dieSemitendinosussehne [3,4].

OP-Technik

Die Exposition der Syndesmose des OSGerfolgt über eine bogenförmige Inzisionentlang der Außenknöchelvorderkante,

die ca. 5 cm oberhalb der Fibulaspitzebeginnt (Abb. 7).

Dann werden im Bereich der Insertionenvon LTFP und LTFA Bohrlöcher in die Ti-bia gebohrt, die bis über die mediale Kor-tikalis reichen. Ein 3. Bohrloch wirdknapp oberhalb des Gelenkspalts durchFibula und Tibia gebohrt. Dann wird dasSehnentransplantat mit einem Endedurch den anterioren Kanal und mit

Abb. 5 Intraoperativer Situs bei Rekonstruk-tion der Peroneus-brevis-Sehne.

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Abb. 6a und b Rekonstruktion des lateralen Bandapparats des OSG. a Die gemeinsame Inser-tion von LFC und LFTA befindet sich ca. 10–15mm oberhalb der Fibulaspitze am anterioren Randdes Außenknöchels. Das LFTA inseriert hinter der Knorpel-Knochen-Grenze am Talus ca. 17mmproximal des Apex processus lateralis tali. Das LFC verläuft schräg nach distal und posterior.b Die Fixation erfolgt mit Interferenzschrauben.

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Abb. 7a bis c Rekonstruktion der Syndesmose des OSG. a Es werden Bohrlöcher im Bereich derInsertionen von LTFP und LTFA in die Tibia gebohrt. Ein 3. Bohrloch führt durch Fibula und Tibia.b Das Sehnentransplantat wird mit einem Ende durch den anterioren Kanal und mit dem ande-ren Ende durch den posterioren Kanal gezogen. c Die Transplantatenden werden gemeinsamdurch den mittleren Tunnel wieder nach medial ausgeleitet und gespannt. Zur Fixation eignetsich eine Interferenzschraube (Durchmesser ca. 6mm). Die Bandplastik wird anschließend miteiner Stellschraube gesichert, die ca. 2–3 cm proximal der Knochentunnel eingebracht wird.

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demanderenEndedurchdenposteriorenKanal gezogen. Die Transplantatendenwerden gemeinsam durch den mittlerenTunnel wieder nach medial ausgeleitetund gespannt. Zur Fixation eignet sicheine Interferenzschraube (Durchmesserca. 6mm). Die Bandplastik wird an-schließend mit einer Stellschraube gesi-chert, die ca. 2–3 cm proximal der Kno-chentunnel eingebracht wird.

Postoperative Behandlung

Postoperativ wird der Fuß in einer festenOSG-Orthese (z.B. Walker, Vacoped) für6 Wochen immobilisiert. In dieser Zeitwird mit 20 kg Teilkörpergewicht belas-tet.

Zusammenfassung

Zusammenfassend eignen sich die Se-mitendinosus- und die Gracilissehne gutals autologe Transplantate zum Ersatzgroßer Sehnen und Bänder an der unte-ren Extremität.

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Prof. Dr. med. W. PetersenChefarztDr. med. Ute PetersenFachärztinDr. med. Cara WinterOberärztin

Klinik für Orthopädie undUnfallchirurgieMartin-Luther-Krankenhaus, Berlin,GrunewaldCaspar-Theyβ-Straße 27–3114193 Berlin

[email protected]

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