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Pfliigers Archly, Bd. 262, S. 368--376 (1956) Aus dem Zoologischen Ins~itut der Universit~ Graz Die Substanz P aus cholinergen Neuronen als mutmalllicher Bestandteil des Proacetylcholins ~ Von KARI~UMRATH (Eingegangen am 20. Yebruar 1956) Einleitung Mein Befund, da]~ sich die Substanz .P aus sensiblen Rfickemnarks- wurzeln durch ein Ferment in die Erregungssubs~anz der sensiblen l~Ierven verwandien 1~, legte die l~rage n~ch der Beziehung yon Sub- stanz P aus cholinergen l~leuronen zum Proace~ylcholin nahe. Alle meine Versuche, aus Substanz P cholinerger l~eurone Ace~ylcholin ~bzusloalten, w~ren erfolglos. Es zeig~e sich abet, dal3 die P-Wirkungen der Ex~rak~e aus cholinergen, ventr~len Rfickenm~rkswurzeln dieselben w~ren wie die dermit dem Ferment behandelten Ex~r~k?~e ~us sensiblen Wurzeln. In diesen Ex~rak~en ist dutch das Fermen?G die Erregungssubstanz der sensiblen I~lerven freigese~zt und die P-Wirkung verringer~ bzw. ver- ~nder~. Fal~ man diese P-Wirkung nach EULE~ als die eines Poly- peptides auf, so ]ieg~ es nahe, d~s P aus cholinergen Neuronen ~ls ein solches Polypep~id aufzuf~ssen, an dem vor der Extrak~ion Ace~ylcholin verankert w~r. Ich bringe im ersten Abschnit~ Ergebnisse, die zeigen, d~l~ die Sub- si~nzen P in Ex~rak~en aus ventrMen und in Ex%rak~en aus dorsalen Riickenmarkswurzeln quali%ativ verschieden sind, und im zweiten Abschnitte F~lle, in denen die beiden Subs~anzen gleich wirken, wohl indem das Polypeptid wirkt~, gleichgfiltig ob an ihm eine Erregungs- subsi~anz verankea4 ist oder niche. Methodik Die P-h~l?dgen Extr~k~e warden im Schlaeh~haus dutch kurzes Kochen yon ven~ralen und yon dorsalen Riiekenmarkswurzeln yore Rind in der 3fachen Menge einer LSsung yon 0,65% NaC1 und 0,01~o CaC12herges~ell~. Sie wurden naeh e~w~ 4 S~d dekantiert, durch kurzes l~ochen sterilisiert und im Kfihlschrank aufbewahrt. Wenn nich~ ~nders angegeben erfolgte die Tes~ung an isolier~en stricken des Ileum yon Meerschweinehen in lu£~durehperlter TyrodelSsung bei 39° C und p~ 7,4 mi$ A~ropin 2,10-7oder mehr und mitunter mi~ l~eoan~ergan 10 -6. ]:)as Verh~ltnis der Wirksamkei¢en yon 2 Ex~r~kten wurde als der reziproke Wert des Verhgl~nisses derjenigen ~engen der Ex~rakte bestimm~, die gleich hohe DarmkonCrak~ionen aus16s~en. * Herrn Professor K ~ L vo~ Fl~xsc~ zum 70. Geburtst~ag gewidme$.

Die Substanz P aus cholinergen Neuronen als mutmaßlicher Bestandteil des Proacetylcholins

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Pfliigers Archly, Bd. 262, S. 368--376 (1956)

Aus dem Zoologischen Ins~itut der Universit~ Graz

Die Substanz P aus cholinergen Neuronen als mutmalllicher Bestandteil des Proacetylcholins ~

Von KARI~ UMRATH

(Eingegangen am 20. Yebruar 1956)

Einleitung

Mein Befund, da]~ sich die Substanz .P aus sensiblen Rfickemnarks- wurzeln durch ein Ferment in die Erregungssubs~anz der sensiblen l~Ierven verwandien 1 ~ , legte die l~rage n~ch der Beziehung yon Sub- stanz P aus cholinergen l~leuronen zum Proace~ylcholin nahe. Alle meine Versuche, aus Substanz P cholinerger l~eurone Ace~ylcholin ~bzusloalten, w~ren erfolglos. Es zeig~e sich abet, dal3 die P-Wirkungen der Ex~rak~e aus cholinergen, ventr~len Rfickenm~rkswurzeln dieselben w~ren wie die d e r m i t dem Ferment behandelten Ex~r~k?~e ~us sensiblen Wurzeln. In diesen Ex~rak~en ist dutch das Fermen?G die Erregungssubstanz der sensiblen I~lerven freigese~zt und die P-Wirkung verringer~ bzw. ver- ~nder~. Fal~ man diese P-Wirkung nach EULE~ als die eines Poly- peptides auf, so ]ieg~ es nahe, d~s P aus cholinergen Neuronen ~ls ein solches Polypep~id aufzuf~ssen, an dem vor der Extrak~ion Ace~ylcholin verankert w~r.

Ich bringe im ersten Abschnit~ Ergebnisse, die zeigen, d~l~ die Sub- si~nzen P in Ex~rak~en aus ventrMen und in Ex%rak~en aus dorsalen Riickenmarkswurzeln quali%ativ verschieden sind, und im zweiten Abschnitte F~lle, in denen die beiden Subs~anzen gleich wirken, wohl indem das Polypeptid wirkt~, gleichgfiltig ob an ihm eine Erregungs- subsi~anz verankea4 ist oder niche.

Methodik Die P-h~l?dgen Extr~k~e warden im Schlaeh~haus dutch kurzes Kochen yon

ven~ralen und yon dorsalen Riiekenmarkswurzeln yore Rind in der 3fachen Menge einer LSsung yon 0,65% NaC1 und 0,01~o CaC12 herges~ell~. Sie wurden naeh e~w~ 4 S~d dekantiert, durch kurzes l~ochen sterilisiert und im Kfihlschrank aufbewahrt.

Wenn nich~ ~nders angegeben erfolgte die Tes~ung an isolier~en stricken des Ileum yon Meerschweinehen in lu£~durehperlter TyrodelSsung bei 39 ° C und p~ 7,4 mi$ A~ropin 2,10-7oder mehr und mitunter mi~ l~eoan~ergan 10 -6.

]:)as Verh~ltnis der Wirksamkei¢en yon 2 Ex~r~kten wurde als der reziproke Wert des Verhgl~nisses derjenigen ~engen der Ex~rakte bestimm~, die gleich hohe DarmkonCrak~ionen aus16s~en.

* Herrn Professor K~L vo~ Fl~xsc~ zum 70. Geburtst~ag gewidme$.

Die Substanz P aus cholinergen I%uronen usw. 369

Ergebnisse Fdlle von verschiedenem Verhalte~ yon Substanz P aus ventralen

und vou Substanz P aus dorsalen Ri~cke~ma@swurzeln

Ein/tu[3 yon Atropin verschiedener Konzentratiou. Als niedrige Atropin- konzentration, dureh welche die Acetylcholinwirkung der Ext r~kte aus ventralen Rfiekenmarkswurzeln noch sieher unterdrfiekt wird, habe ieh 2 . 1 0 -~ bis 5" 10 -~ gew~hlt, als hShere 10 -5. Beim LTbergang zu dieser hSheren Atropinkonzentrat ion im Darmbad wird oft zuniichst die Wirkung der beiderlei Ex t rak te stark vermindert , die des Extraktes aus ventralen Wurzehl abet in deutlich hSherem MaIL Nach etw~ ~ Std haben die Ex t rak te aus dorsalen Wurzeln ungef~hr ihre alte Wirksamkeit wieder- erlangt. Wie Tab. 1 zeigt , bleib~ die Wirksamkeit der Ext rak te aus ventralen Wurzeln im Verh/~ltnis zu der der Ex t rak te aus dorsalen herabgesetzt, prozentual um so mehr, je geringer der Wirksamkeits- untersehied vorher war. Diese Atropinwirkung seheint reversibel zu sein.

I m ersten, letzten und viertletzten Versueh der Tab. 1 wurde Aeetyl- eholin, in hSherer Konzentrat ion als es in Ex t rak ten aus ventralen Wur- zehl enthal~en ist, zu Ex t rak ten aus dorsalen Wurzeln zugesetzt und hat deren Wirksamkeit nicht erhSht. I m ersten Versueh der Tab. 1 habe ieh aui~erdem eine Probe des Extraktes aus ventraten Wurzelu 10 rain bei einem p a fiber 8 gekoeht und dabei das Acetylcholin zerstSrt, ohne die WirksamkeR des Extraktes hierdureh nennenswert zu vermindern.

Ein/lufi yon Neoantergan. I m Gegensatz zu seiner sofortigen Anti- histaminwirkung beeinfluf~t Neoantergan die P-Wirkung nieht sofort, sehw~eht abet mit der ZeR die Wirkung yon Ext rak ten aus ventralen Rfiekenmarkswurzeln ab. Ein Vergleieh yon Tab. 2 mit Tab. I zeigt, da$ Neoantergan 10 -6 i~hnlich wirkt wie Atropin 10 -5 und dab neben Atropin 10 -5 zusi~tzliches Neoantergan kaum mehr wirkt. Bei Antistin in Kon- zentrationen, welehe die Histamlnwirkung bloekieren, land ieh einen solehen Einflul~ nieht. I m Gegensatz zur Wirkung hSherer Atropin- konzentrationen scheint die Neoanterganwirkung irreversibel zu sein.

FermentwVkunge~ au] Substanz P verschiedener Herkun/t. Das yon mir besehriebene Ferment, das die Substanz P aus sensiblen Wurzeba sehr raseh spaltet und dabei die Erregungssubstanz der sensiblen Nerven freisetzt, habe ieh jetzt meist hergestellt, indem ieh Reibextrakte aus Lumbalmark vom Rind 1 : 100 verdfinnte und etwa 16 Std bei 34 ° C inkubierte. I m Kiihlsehrank aufbewahr~e FermentlSsungen waren 39 und 50 Tage naeh der Herstellung noeh gut wirksam, aber nieht mehr naeh 57 Tagen. Die FermentlSsung wirkte auf die abzubauenden Ex- t rakte bei Zimmertemperatur ein und wurde ihnen 1 : 10 zugesetzt, so da$ die Verdiinnung bezogen auf das Riiekenmark als Ausgangssubstanz 1 :1000 war.

370 K. U ~ a ~ :

Die Wirksamkei t der E x t r a k t e aus dorsalen Wurze ln wurde durch das inkub ie r t gewesene F e r m e n t aus Ri ickenm~rk in 5 - - 1 0 rain au f e inen Bruchtefl herabgesetz t u n d dieser Restwer~ blieb d a n n bis zum Versuchs- ende, d . h . meis t weitere 20 - -30 rain, nahezu erhal ten. I n 11 yon 16 solchen Versuchen war diese Endwi rksamke i t gleich der Wirksamkei t

Tabelle I

Geringe Atropinkonzentration

Darmwirksamkeit eines Extraktes aus ventralen ~iickenmarks- wurzeln bezogen auf die eines Extrak~es aus dorsalen Wurzeln

bei geringer, in Spalte i Atropin-Konzen~ration I0 -5 angegeb ener At ropinkonzentration

2.10-7 2.10-7 2.10-~ 2.10-~ 2.10 -~ 3.10-~ 3.10-~ 5.10-~ 5.10-~ 5.10-~ 5.10-~ 5.10-~

0,88 0,55 0,83 0,43 0,35 0,42 0,20 0,39 0,33 0,72 0,29 0,67 0,33 1,00 0,40 0,57 0,43 0,50 0,42 0,50 0,35 0,38 0,25

Tabelle 2

Atropinkonzen~ration Darmwirksamkeit eines Extrak~es aus ventralen Rfickenmarks- wta.zeln bezogen auf die eines Extrak~es aus dorsalen Wuxzeln

ohneNeoantergan mi~ l~eoantergan 10 -6

5.10 -7 0,50 0,35 10 -6 0,67 0,43 10 -6 0,56 0,45 10 -6 0,50 0,25 10 -6 0,45 0,40 10 -~ 0,43 0,33 10 -6 0,43 0,30 10 -6 0,40 0,30 10 -~ 0,27 0,27 10 -5 0,35 0,35 10 -5 0,33 0,33 10 -5 0,20 0,16

eines Ex t rak te s aus ven t ra l en l%fickenmarkswurzeln; in 4 F~llen war sie etwas grSBer, in e inem Fal l etwas kleiner. I n 4 yon den 11 e rs tgen~nnten F~llen wurde much dem E x t r a k t aus ven t r a l en Wurze ln F e r me n t zu- gesetzt, ohne dab innerha lb 30 rain eine merkliehe Wirksamkei ts- a b n a h m e e in t ra t .

Die Substanz P aus cholinergen Neuronen usw. 371

Die Gleichheit der Wirkung des ferment~tiv abgebauten Extraktes aus dorsalen Wurzeln mit dem aus ventralen blieb auch bei Zusatz yon Neoantergan 10 -~ (3 Versuche) und bei l)bergang zu Atropin 10 -5 (2 Versuche) erhalten, obzwar die Wirkung der beiden Ext rak te im Ver- gleich zu der des nicht abgebauten Extraktes aus dorsalen Wurzeln ab- n a h m .

Von ~hnlich hergestellten, nicht zu alten FermentlSsungen aus Gehirn, I~iere und Milz yon Meerschweinchen haben die aus Gehirn hergestellten FermentlSsungen die Ext rak te aus dorsalen Wurzeln ebenso rasch ab- gebaut wie FermentlSsungen aus l~iickenmark; die beiden anderen wirkten schwacher, und alle haben in 30 min such Ext rakte ~us ventralen Wurzeln, wenn auch noch schw~cher, abgebaut. Die geringe Wirksamkeit von FermentlSsungen aus Leber babe ich schon seinerzeit erw~hnt. Eine jetzt dutch Inkubat ion yon Meerschweinchenleber hergestellte Ferment- 15sung hat die Wirksamkeit eines Extraktes aus dorsalen Wurzeln nur sehr langsam vermindert, die eines Extrakbes aus ventralen Wurzeln geringfiigig erhSht.

Bei Einwirkungen yon Trypsin 10 -8 und 10 -4 auf Ext rak te aus ven- tralen und auf solche aus dorsalen Wurzeln habe ich Wirksamkeits- zunahmen gesehen, die Sehr betr~chtlich sein konnten. Wahrscheinlich werden aus Proteinen darmwirksame Polypeptide herausgespalten. Es ist mir schon l~nge anfgefallen, da~ durch Inkubat ion gewonnene FermentlSsungen aus Gehirn die Darm~irksamkei t yon Ext rak ten aus Gehirn oder aus dorsalen t~fickenmarkswurze]n in den ersten 1--3 rain stark vermindern und dann wieder etwas erhShen; offenbar entstehen auch hierbei dutch proteolytische Fermente darmwirksame Polypeptide.

l~ach diesen Befunden wirken proteolytische Fermente auf nicht gereinigte Ext rak te ~us ventra]en Wurzeln in zweierlei Weise. Erstens kSnnen sie aus Proteinen darmwirksame Polypeptide entstehen lassen, und zwei~ens bauen sie die Subst~nz P und diese neu entstandenen Po]y- peptide zu nicht mehr darmwirksamen Stoffen ab. ]V[eine durch Inkubat ion gewonnenen FermentlSsungen bedingen i n Ext rak ten aus dors~len l~fickenmarkswurzeln vor a]lem eine Verwandlung ihrer st~.rker wirk- samen Substanz P in eine schw~cher wirksame, wie sie auch in Ext rak ten aus ventralen Wurzeln vorkommt, nebenbei entha]ten sie aber auch noch mehr oder weniger proteolytische Fermente, und diese wirken auf E x - t rakte aus dorsalen und auf so]che aus ventralen Wurze]n in gleicher Weise. Besonders wenig proteolytisch wirksam sind die durch Inkubat ion yon Rfickenmark gewonnenen FermentlSsungen, aber bei stundenlanger Einwirkung vermindern auch sie die Darmwirksamkeit Yon Extr~kten aus ventra]en Wurzeln etwas.

Die folgenden Fermentversuche wurden durch einen Austausch von Erfahrungen mit I-Ierrn Dozenten LEMBECK und Herrn Dr. EBEI~ sehr

Pfliigers Arch., Bd. 262 26

372 K. U~ATU:

gefSrdert und ich bin diesen Herrn auch ffir die Uberlassung yon Ferment- 15sungen und yon P-Pr~para ten dankbar. Sie daehten an die MSgliehkeit, dab bei meinen FermentlSsungen Bakterienfermente eine Rolle spielen, und dutch ihre Vermitt lung untersuchte Frl. Dr. DOLGA~ einige meiner FermentlSsungen auf ihren Bakteriengehalt. Es zeigte sich, dab in meinem ffir steriles Arbeiten nicht eingerichteten Laborator ium unter mSgliehst sterilen Bedingungen hergestellte Fermentext rakte aus Rficken- mark Bakterien enthielten, aber doch wesentlich weniger, als w e n n auf Sterilit~t nicht geachtet wurde. Die Fermentwirkung war aber dei den m5glichst steril hergestellten Ex t rak ten keineswegs schlechter. Die nur wenig wirksamen FermentlSsungen aus anderen Organen hat ten dieselbe Bakterienflora wie gut wirksame FermentlSsungen. Kammerwasser der vorderen Augenkammer und Liquor cerebrospinalis ha t ten nach In- kubat ion keine Wirkung auf Ext rak te aus dorsalen Wurzeln, t rotz einer, wenn aueh etwas anders zusammengesetzten, Bakterienitora. Wenn also einerseits keine Parallelit~t zwisehen Fermentwirkung und Bakterien- gehalt der LSsungen besteht, so habe ieh doch andererseitsbeiAnwendung bactericider Mittel w~hrend der Inkubat ion hie wirksame Ferment- 15sungen erhalten. Ich glaube daher, dal~ d~s fragliche Ferment beim Abbau des Gewebes durch Bakterien freigesetzt wird.

Ieh habe sehliel~lieh frische Fermentextrakte , die E B ~ u. LElVIBECK aus lqiere nnd Leber yon Meersehweinchen dutch Zerreiben und Auf- schwemmen in RingerlSsung 1 : 1 0 hergestellt batten, Ex t rak ten aus dorsalen und solchen aus ventralen Wurzeln im Verh~ltnis 1 : 10 zu- gesetzt. Die Ext rak te aus dorsalen Wurzeln wurden starker abgebaut als die aus ventralen, so dal~ n~ch 30 min beide gleieh wirksam waren und schwacher wirks~m als ein nieht abgebauter Ext r~kt aus ventralen Wurzeln. ~hnlich verhielt sieh ein yon EBE~ u. LE~ECK aUS einer Bakterienkultur auf Agar hergestellter Fermentextrakt .

Von P .Pr~para ten aus Darm liel~ sieh eines yon P ~ o w mit 700 Einh. pro mg mit meinem inkubiert gewesenen Ferment aus Rfickenmark auf 1/s seiner nrsprfinglichen Wirks~mkeit abbauen. ~hnlich verhielt sieh sein Pr~parat yon 4 Einh. pro mg auch jetzt nach fiber 2 Jahren Lager- zeit. Von 4 yon EBER U. LEMBECK hergestellten Prapar~ten waren 2, mit 3,6 und 4,9 Einh. pro rag, durch das inkubiert gewesene Ferment spaltbar, 2 andere, bei Normaldruck eingeengte, mit 1,5 und 0,6 Einh. pro rag, nieht.

Fglle von gleichem Verhalten yon Substanz P verschiedener Herlcun/t

Der Darm in saurer LSsung. In 3 Versuehen am I lenm des Meer- schweinchens habe ich aul]er der normalen TyrodelSsung yon p~ 7,4 auch eine suure yon p~ 5,2 verwendet. In 2 Versuehen verschwand in saurer LSsung der Wirksamkeitsunterschied des Extraktes aus dorsalen Wurzeln vor und n~ch der Beh~ndlung mit meinem inkubiert gewesenen Ferment,

Die Substanz P ~us eholinergen l~euronen usw. 373

und der zwischen Extrakt aus dors~len nnd Extrakt aus ventralen Wurzeln wurde sehr gering, beide waren vorher und nachher bei pit 7,4 grof~. Im 3. Versuch nahmen diese Wirksamkeitsunterschiede bei pg 5,2 nur ganz geringffigig ab.

4 Versuche habe ieh am Duodenum des Kaninchens ausgefiihrt. Bei p~ 7,4 war der Extrakt aus dorsalen Wurzeln deutlieh wirksamer als der aus ventralen, und seine Wirksamkeit wurde dureh mein inkubier~ ge- wesenes Ferment auf die des Extraktes aus ventralen Wurzeln herab- gedrfiekt. In 3 Versuchen zeigte sich bei px 5,2 der Extrakt aus dorsalen Wnrzeln mit dem aus ventralen fast wirkungsgleich. Im 4. Versueh waren bei PB 6,6 der Extrakt aus dorsalen Wurzeln vor und naeh dem Abbau mit dem inkubiert gewesenen Ferment und der Extrakt aus ven- tralen Wnrzeln fast wirkungsgleich. Die spontanen rhythmischen Darm- bewegungen waren bei pg 6,6 nieht ver/~ndert, bei pg 5,2 in Frequenz und Ausma$ herabgesetzt.

Die Harnblase der Krdte. Die Harnblase yon Bu]o vulgaris reagiert auf Extrakte aus dorsalen und auf solehe aus ventralen Wurzeln in gleieher Weise mit langsamer, stufenweiser Kontraktion, und keine dieser Wir- kungen ~ r d dutch mein inJ~ubiert gewesenes Ferment merklich veri~ndert,

Die Melamophoren des _Fisches Macropodus opercularis nach Versuchen yon Frl. Dr. LOTTE RE~D~GE~. Die Methodik war ~hnlich wie bei REIDI~GE~ U. U~- ~AT~. Die Fische warden etwa 10 rain auf dunlden Grund gestellt und dann dekapi- tiert. Die Schuppen wurden zu 5--6 in flachen SehMchen mit Ringer-LSsung untersueht, in der das Pigment expandiert bleibt, w~hrend es in Leitungswasser geballt wird.

P-haltige LSsungen ffihrten zu einer Pigmentballung, ~hnlich wie Adrenalin oder Noradrenalin, welche beide bis zur Verdfirmung 3 • 10 -s wirksam sind.

Ein P-Pr~parat von P]~R~OW mit 10 Einh. pro mg hatte in Ringer- LSsung mit 40 Einh. pro cm a eine stark ballende Wirkung, bei 10 Einh.

• pro cm a war die Wirkung noch deutlich aber gering. 25 rain Einwirkung meines inkubiert gewesenen Fermentes, setzte die Wirkung am 1Vfeer- sehweinchendarm auf 1/s der ursprfingliehen herab, ver/~nderte aber die an den Fisch-Melanophoren nicht.

Extrakte aus dorsalen Wurzeln bedingten eine geringe, aber sicher erkennbare Ballung des Melanins. Behandlung mit meinem inl~ubiert

• gewesenen Ferment ver~nderte die Wirkung nicht. Kochen bei alkalischer Reaktion, so dab die Wirkung am Meerschweinchendarm zerstSrt wurde, zerstSrte aueh die Wirkung an den Melanophoren, sowohlim gewShnlichen Extrakt als auch in dem nach Fermenteinwirkung. Der nur einmal ge- prtifte Extrakt aus ventr~len Wurzeln wlrkte so wie der aus dorsalen und verlor seine Wirkung ebenfalls dureh Kochen bei all~alischer Reaktion.

Die Wirlcung von FLo~Ys Falctor E am Streclcreceptor des Krebses als gleiche Wirlcung von Substanz P verscheidener Herlcun]t. Die Steigerung

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374 K. UMgATH :

der P-Wirlcung dutch Strychnin. FLOn]~¥ hat aus I~ervensystem yon Wirbeltieren einen Fak to r E gewonnen, der die Impulsfrequenz des Streckreceptors des Krebses Cambarus clarlcii erhSht und in dorsalen und ventralen Rfickenmarkswurzeln in etwa gleieher Menge vorkommt. Er hat an die Identifier seines Faktors E m i t Substanz P gedaeht, hielb aber damals die dorsalen Rfickenmarkswurzeln ffir wesentlich P-reicher als die ventralen. /qach meiner jetzigen Auffassung haben die dorsalen Wurzeln Bin anderes P a l s die ventralen aber in derselben Menge und an manehen Objekten yon gleicher Wirksamkeit .

Da Fno~EY ffir seinen Fak tor E bei p~-Werten fiber 7,0 eine Wirksam- keitszunahme am Streckreceptor des Krebses durch Stryehnin 2- 10 -4 bis 5 • 10 -5 land, habe ich nach einem StrychnineinfluB auf die P-Wirkung am Darm gesueht. Ich h~be meine Ext rak te durch l~aHCO~ auf p~ 7,2 bis 7,4 gebracht und der TyrodelSsung yon PH 7,4 Stryehninsulfat zu- gesetzt. In den Verdiinnungen 2 • 10 -5 und 4 . 1 0 -5 steigerte es die Wir- kung yon Ex t rak ten aus Rfiekenmarkswurzeln, hShere Konzentrat ionen setzten nach einer solchen Anfangswirkung die Darmempfindlichkeit herab, auf das Absetzen des Stryehnins konnte eine betr~ehtliche Steigerung der P-Wirkung folgen.

Stryehnin fSrdert die verschiedenen P-Wirkungen in gleicher Weise. Die Mengen yon Ext rak ten aus dorsalen Wurzeln, nieht abgebaut und fermentat iv abgebaut, aus ventralen Wurzeln und aus Darm, die vorher gleiche Kontrakt ionen ausgelSst hatten, bedingten auch bei Strychnin- einwirkung gleiche, aber wesentlich grSl~ere Kontraktionen. DieWirkungen yon 5-Oxytryptamin und yon His tamin wurden durch Strychnin nicht merklich gesteigert, die yon Acetylcholin weniger als die P-halt iger Ex- trakte.

Das Pr~parat yon P E ~ o w mit 4 Einh. pro nag zeigte dieWirksamkeits- steigerung dureh Strychnin nicht und zeigte, ebenfalls im Gegensatz zu meinen Extrakten , eine st~rke Wirksamkei tsabnahme bei p~-Werten unter 7,0. Diese beruht offenbar auf Begleitstoffen; denn ein gleichzeitig geprfiftes Pri~parat yon P ~ N o w mit 700 Einh. pro mg zeigte sie nicht. Es gibt versehiedene bei saurer Reakt ion hemmende Stoffe; nieht nur der F~ktor I yon FLOREr, sondern z. B. auch Aneurin hemmt am Darm bei s~urer Reakt ion viel starker als bei alkalischer. Diese Besonderheiten des P ~ o w s c h e n Pr~parates mi t 4 Einh . pro mg sind offenbar der Grund daffir, dab F L o ~ Y die Substanz P unter PH 7,0 ffir unwirksam hielt und dab er den Strychnineffekt bei Substanz P nicht land.

Besprechung der Ergebnisse

Die bisherigen Angaben fiber den P-Gehal t verschiedener Teile des Nervensystems hgngen stark davon ab, ob die betreffenden Autoren Neoantergan als Antihistamin verwendet haben, r f i r den P , Gehalt der

Die Substanz Paus cholinergen Neuronen usw. 375

ventrMen, eholinergen Rfiekenmarkswurzeln, bezogen auf den dorsMen, sensiblen fanden mit Neo~ntergan Lw~BnCK beim Rind 1/lO, A ~ , C~AWrO~D u. GA])I)v~ beim t Iund 1/7 , mit Antergan P n ~ o w beim Hund ~ und mit Antistin HWLLAVn~ beim Rind Werte bis um 1. Bei der Untersuchung des Zentrainervensystems wandten Z~TLE~ u. SCmhOSSE~, K o P E ~ u. LAZARINI sowie AMIN, CRAWFORD U. GADDLEg Neoantergan an und fanden den P-Gehalt der meisten Teile ihrem Gehalt an nieht cholinergen bzw. an im chemischen Sinn sensiblen Neuronen parallel. PE~:~OW, der Antergan anwandte, land diese Parallele nicht in dem Mal3e. All das stimmt zu meinen Befunden, da~ man aus sensiblen Neuronen im allgemeinen eine starker darmwirksame Substanz P ex- trahieren kann als aus eholinergen und dai~ der Wirksamkeitsuntersehied dureh Neoantergan versti~rkt wird.

Meiner Vorstellung nach ist d~s wirksamere P der sensiblen Neurone ihre Proerregungssubstanz, ein Polypeptid, an dem ihre Erregungs- substanz verankert ist, w~hrend das Proacetylcholin der eholinergen Neurone bei der Extrakt ion in Acetylcholin und in das weniger darm- wirksame Polypeptid zerf~llt. Einen solchen Zerfall der Proerregungs- substanz bei der Extrakt ion mul~ man aueh beim Nervus options an- nehmen. Er enth~lt nach UMRATH U. t tE~AVE~ ebensoviel Erregungs- substanz der sensiblen Nerven wie die dorsalen Rfickenmarkswurzeln, an Substanz P land ich in ihm abet nur ~hnlich viol odor weniger als in den ventralen Wurzeln, und dieses P wurde yon dem inkubiert gewesenen Ferment nicht odor kaum abgebaut.

Eine hoehmolekulare Tr~germolekel mit einer wirksamen Seitenkette, wie ieh sie fiir die Proerregungssubstanzen annehme, wird aueh yon C~LISLE, DV~OET-RAABE u. KNOWLES fiir Vorstufen der Farbwechsel- hormone yon Crustaceen angenommen,

Zusammenfassung Die Substanz P a u s cholinergen, ventralen Rfickenmarkswurze]n ist

yon der aus sensiblen, dorsalen verschieden; denn das Wirksamkeits- verh~ltnis beider am Ileum des Meersehweinchens wird durch Atropin 10 -5 und durch Neoantergan 10 -6 verringert. Welter gibt es ein Ferment, das yon den beiden Substanzen P nut die aus sensiblen Wurzeln spaltet, wobei eine Restwirkung zurfiekbleibt, die ungefi~hr der Wirkung yon Substanz P a u s eholinergen Wurzeln gleieh kommt.

Nach meinen seinerzeitigen Befunden ist die Substanz P a u s sensiblen Wurzeln als ein Polypeptid aufzufassen, an dem, fermentativ abspaltbar, die Erregungssubstanz der sensiblen Nerven verankert ist; analog kann man die Substanz P der eholinergen Wurzein als Polypeptid auffassen, das ursprfinglich, vor der Extraktion, Acetylcholin als Seitenkette trug.

376 K. UMRATH: Die Substanz P aus eholinergen Neuronen usw.

Die an m~nchen Objek ten gleiehen W i r k u n g e n der beiden Subs tanzen P f~sse ieh ~ls W i r k u n g e n des Polypept ides auf, bei denen es gleichgfiltig ist, ob es noch eine Er regungssubs tanz tr~g~ oder nieht . Sie k o m m e n an der Harnb lase der KrSte vor, ~n den ~Ielanophoren des Fisches Macro. podus opercularis, deren P igmen t gebal l t wird, m i t u n t e r am Darm, be- senders in saurer LSsung, u n d wahrscheinlich ist aueh die Wi r kung yon FLOWErs F a k t o r E auf die von ihm un t e r sueh t en Streckreeeptoren des

Krebses eine solche P -Wi rkung . S t ryehn in steigert bei alkalischer Re- ak t ion die P - W i r k u n g am I l eum des Meersehweinehens ebenso wie naeh FLO~E¥ die seines Fak to r s E am Streckreceptor.

Literatur

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Prof. Dr. KArL UYmAT~, Zoologisehes Institut der Univ. Graz, Universit~tsplatz 2 (Osterreieh)