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Protoplasma 82, 283--287 (1974) by Springer-Verlag 1974 Die Vermehrung der Chloroplasten von Acetabularia im Rot- und Blaulicht Kurze Mitteilung R. SCHMID und H. CLAUSS Institut fiir Pflanzenphysiologie und Zeilbiologie der Freien Universit~it Berlin Mit 2 Abbildungen Eingegangen am 9. Juli 1974 Summary Multiplication of Chloroplasts in Acetabularia under Red and Blue Light In Acetabularia mediterranea and in Acetabularia cliftonii the protein content, the chloro- phyll content and the number of chloroplasts is influenced by red and blue light. Under red light conditions protein, chlorophyll, and chloroplast number per cell increases much less than in blue light treated ceils of the same age. The chloroplasts do not differ in protein and chlorophyll content under red and blue light conditions. Growth of Acetabularia mediterranea is reduced under red light, while the stalk of Acetabularia ciiftonii is growing normally. Zusammenfassung Bei Acetabularia mediterranea und Acetabularia cliftonii werden der Proteingehalt, der Chlorophyllgehalt und die Chloroplastenzahl dutch Rot- und Blaulicht beeinfluf~t. Protein, Chlorophyll und die Cbloroplastenzahl pro Zelle zeigen unter Rotlichtbestrahlung eine viel geringere Zunahme als mit Blaulicht behandelte Zellen gleichen Alters. Die Chloroplasten unters&eiden sich beziigiich ihres Protein- und Chlorophyllgehalts im Rot- und Blaulicht nicht. Das Stielwachstum yon Acetabularia mediterranea ist im Rotlicht reduziert, w~ihrend Acetabularia cliftonii normales Stielwa&stum zeigt. Die einzellige Grtinalge Acetabularia entwickelt sich nur dann normal, wenn sie wenigstens geringe Mengen an Blaulicht (k < 520 nm) erh~lt (RIcHTeR 1962, CLAUSS 1963, T~RBORGH 1965). Werden die Zellen nur mit Rotlicht 0~590nm) bestrahlt, kommt es im Normalfall nicht zur Hutbildung (Reproduktionsorgan). Bezfiglich des Einflusses yon Rotlicht auf das StM- wachstum unterscheiden si& die Arten (CLAuss 1973). Acetabularia medi- terranea and A. crenulata stellen im Rotlicht nach einiger Zeit das Wachstum ein (CLAuSS 1963, T~RBORGI-I 1965). Die Farbe der Zellen bleibt intensiv Protoplasma 8213 19

Die Vermehrung der Chloroplasten vonAcetabularia im Rot- und Blaulicht

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Protoplasma 82, 283--287 (1974)

�9 by Springer-Verlag 1974

Die Vermehrung der Chloroplasten von Acetabularia i m Rot- und Blaul icht

Kurze Mitteilung

R. SCHMID und H. CLAUSS

Institut fiir Pflanzenphysiologie und Zeilbiologie der Freien Universit~it Berlin

Mit 2 Abbildungen

Eingegangen am 9. Juli 1974

Su mmar y Mult ip l i ca t i on of C h l o r o p l a s t s in A c e t a b u l a r i a u n d e r Red and B lue Light

In Acetabularia mediterranea and in Acetabularia cliftonii the protein content, the chloro- phyll content and the number of chloroplasts is influenced by red and blue light. Under red light conditions protein, chlorophyll, and chloroplast number per cell increases much less than in blue light treated ceils of the same age. The chloroplasts do not differ in protein and chlorophyll content under red and blue light conditions. Growth of Acetabularia mediterranea is reduced under red light, while the stalk of Acetabularia ciiftonii is growing normally.

Zusammenfassung Bei Acetabularia mediterranea und Acetabularia cliftonii werden der Proteingehalt, der Chlorophyllgehalt und die Chloroplastenzahl dutch Rot- und Blaulicht beeinfluf~t. Protein, Chlorophyll und die Cbloroplastenzahl pro Zelle zeigen unter Rotlichtbestrahlung eine viel geringere Zunahme als mit Blaulicht behandelte Zellen gleichen Alters. Die Chloroplasten unters&eiden sich beziigiich ihres Protein- und Chlorophyllgehalts im Rot- und Blaulicht nicht. Das Stielwachstum yon Acetabularia mediterranea ist im Rotlicht reduziert, w~ihrend Acetabularia cliftonii normales Stielwa&stum zeigt.

Die einzellige Grtinalge Acetabularia entwickelt sich nur dann normal, wenn sie wenigstens geringe Mengen an Blaulicht (k < 520 nm) erh~lt (RIcHTeR 1962, CLAUSS 1963, T~RBORGH 1965). Werden die Zellen nur mit Rotlicht 0 ~ 5 9 0 n m ) bestrahlt, kommt es im Normalfall nicht zur Hutbildung (Reproduktionsorgan). Bezfiglich des Einflusses yon Rotlicht auf das StM- wachstum unterscheiden si& die Arten (CLAuss 1973). Acetabularia medi- terranea and A. crenulata stellen im Rotlicht nach einiger Zeit das Wachstum ein (CLAuSS 1963, T~RBORGI-I 1965). Die Farbe der Zellen bleibt intensiv Protoplasma 8213 19

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m m , ug ,tag S t i e l l S n g e P r o t e i n / Z e l l e C h l o r o p h y l l / Z e l l e

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x 1 0 6 j u g X 1 0 - 7 ) J g x 1 0 . 7 P l e s t i d e n / Z e l l e P r o t e i n / P l o s t i d O h l o r o p h y l l / P l o s t i d

E F

Abb. 1. Acetabularia mediterranea. Einflut~ yon Rot- und Blaulicht auf Stielwachstum, Protein-, Chlorophyllgehalt und die Chloroplastenzahl. Auf 5 mm Stiell~inge zur~ick- geschnittene Zellen wurden 3 Wochen mit Rot- bzw. Blaulicht gleicher Quantenstromdichte bestrahlt und anschliei~end die Stiell~inge, der Proteingehalt und CMorophyllgehait, sowie die Chloroplastenzahi bestimmt. A Stiell~inge in ram; B Proteingehalt pro Ze]le in gg; C Chlorophy]lgehalt pro Zelle in ~tg; D Plastidenzahl pro Zelle; E Proteingehalt pro Plastid in ~tg; F Chlorophyllgeha]t pro Plastid in Fg- I I Werte bei Versuchsbeginn; V;i;:7;;;:4 Werte nach dreiwSchiger Bestrahiung mit Rotlicht; ~ Werte nach dreiw~Schiger Bestrahlung mit Blaulicht

grin. A. cliftonii dagegen zeigt auch im Rotlicht ein gutes Liingenwachstum. Auff~llig ist jedoch die ~uf~erst blal~gr~ne Farbe der Zellen. Auf Grund dieser Tatsache vermuteten wir einen Einflui~ der Lichtqualit~it auf die Chloro- plasten, wie er yon MOHR (1956) und BERGF~LD (1963) f~ir die Prothallien yon Dryopterix filix-mas beschrieben wurde. In unserer Untersuchung soll die Art Acetabularia mediterranea (A. med.), die im Rotlicht stark vermindertes Wachstum zeigt, mit der Art Acetabularia cliftonii (A. clift.), deren Stielwachstum im Rotlicht ,,normal" ist, gegenLiber- gestellt werden. A. rned. und A. clift, wurden unter Standard-Kulturbedingungen (H~MMER- LiNG 1963) angezogen. Vor Versuchsbeginn wurden die ca. 40mm langen Zellen auf 5 mm Stiell~nge zur~ckgeschnitten und anschlief~end zur Regene- ration zwei Tage stehen gelassen. Die so vorbereiteten Pflanzen bildeten

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15 F

Abb. 2..dcetabularia clif'tonii. Einflut~ yon Rot- und Blaulicht auf Stielwachstum, Protein-, Chlorophyllgehalt und die Chloroplastenzahl. Die weiteren Angaben entsprechen denen yon Abb. 1

das Ausgangsmaterial flit die Versuche (0-Wert). Bestrahlt wurde mit Rotlicht (MoHI~ et aI. 1964) bzw. mit Blaulicht. Das Blaulicht erhielten wir durch Kombination blauer Leuchtstoffr/Shren (Philips TL/03) mit blauem Signal- glas (Emissionsmaximum 410 nm). Im Rot- und Blaulicht herrschte gleiche Quantenstromdichte yon etwa 1,6 X 10 -9 Einstein. cm-2-sec-1. Die Zellen wurden 3 Wochen mit Dauerlicht bestrahlt. Die Stiell~inge wurde auf Millimeterpapier gemessen. Der Protein-N-Gehalt der Zellen wurde nach F~illung der Proteine mit 10prozentiger TCA und anschliet~ender Extraktion der Pigmente mit Methanol nach Kjeldahl. (CLEGHORN und JENDRASSIK 1934) bestimmt und der Proteingehalt durch Multiplikation des Protein-N mit dem Faktor 6,25 berechnet. Die Chloro- phyllbestimmung erfolgte nach ARNON (1949) im l~berstand eines Homoge- nats yon 50 Zellen in 80prozentigem Aceton. Zur Ermittlung der Plastiden- zahl pro Zelle wurde eine Chloroplastensuspension hergestellt. Isolierungs- methoden und Zusammensetzung des Puffers (ohne Albumin) sind bei BIDWELL et aI. (1969) beschrieben. Aus aliquoten Teilen dieser Suspension wurde die Chloroplastenzahl pro ml [zum Z~/hlvorgang siehe CLAUSS et al.

(1971)] und der Chlorophyllgehalt pro ml bestimmt. Ein weiteres Aliquot 19.

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wurde zur Bestimmung des Proteingehaltes der Chloroplastensuspension ver- wendet. Die Anzahl der Chloroplasten pro Zelle wurde giber den Chlorophyll- gehalt ganzer Zellen berechnet. Die mit Blaulicht bestrahlten Zellen von A. rned. und A. clift, verhalten sich wie die im Weit~licht kultivierten Zellen. Beide Arten zeigen im Versuchs- zeitraum (3 Wochen) gutes Stielwachstum (Abb. 1 A und 2 A). Entsprechend nimmt auch der Protein- (Abb. 1 B und 2 B) und der Chlorophyllgehalt (Abb. 1 C und 2 C) im Versuchszeitraum gegeniiber dem Ausgangswert (0) um ein Mehrfaches zu. Dasselbe gilt auch erwartungsgemiif~ f~ir die Zahl der Chloroplasten pro Zelle (Abb. 1 D und 2 D). Nach drei Wochen ent- halten die Zellen yon A. reed. etwa dreimal soviel, die yon A. cli]t, etwa zehnmal soviel Chloroplasten wie zu Beginn der Bestrahlung. Der Protein- gehalt und Chlorophyllgehalt pro Chloroplast hat sich dagegen w~ihrend des Versuchszeitraumes nicht wesentlich veriindert (Abb. 1 E und F und 2 E und F). (Bei diesen Angaben handelt es sich um Durchschnittswerte aus der Gesamtheit aller Chloroplasten einer Zelle.) Die Stiell~ingen der mit Rotlicht bestrahlten Zellen yon A. reed. sind stark reduziert (Abb. 1 A), nicht dagegen diejenigen yon A. clift., die etwa die gleiche L~inge erreichen, wie die mit Blaulicht bestrahlten Zellen (Abb. 2 A). Beide Arten stimmen jedoch darin iiberein, daf~ im Rotlicht sowohl der Proteingehalt (Abb. 1 B und 2 B) als auch der Chlorophyllgehalt (Abb. 1 C und 2 C) nur relativ wenig zugenommen haben. Wie der Gehalt an Protein und Chlorophyll ist im Rotlicht auch die Zahi der Chloroplasten pro Zelle nur wenig angestiegen (Abb. 1 D und 2 D). Die Chloroplastenzahl yon A. reed. hat w~ihrend der dreiwSchigen Bestrahlungszeit urn das 1,6fache, die yon A. clift, um das 2,9fache des Anfangswertes zugenommen. Besonders hervorzuheben ist das Verhalten yon A. clift. Trotz etwa gleicher Stiell~inge der Zellen in Rot- und Blaulicht betrligt die Zahl der Chloroplasten nach dreiwSchiger Bestrahlung in Rotlichtzellen nur etwa 25~ des fiir Blaulicht- zellen gemessenen Wertes. Dasselbe gilt auch fiir den Chlorophyllgehalt. Entgegen unseren Vermutungen - die Blaulichtplastiden seien grSfler als die Rotli&tchloroplasten - - ergab sich im Protein (Abb. 1 E und 2 E) und Chlorophyllgehalt pro Chloroplast (Abb. i F und 2 F) kein wesentlicher Unterschied zu Blaulicht- und Weitglichtchloroplasten. (Die Angaben tiber Protein- und Chlorophyllgehalt pro Plastid der Anfangswerte in Abb. 1 E und F und 2 E und F repr~isentieren die entsprechenden Werte fiir Weii~licht- chloroplasten.) Dies bedeutet demnach fiir den Chlorophyllgehalt der Zellen, dai~ er allein yon der Anzahl der in der Zelle vorhandenen Plastiden ab- h~ingt. Die Vermehrung der Plastiden ist im Rotlicht stark gehemmt. Auf~erlich sichtbar ist dies nur bei A. clift., wo sich im Rotlicht die geringe Anzahl Chloroplasten auf den langen Stiel verteilt, also ,,verdiinnt" vorliegt. Ob diese Stagnation der Plastidenteilungen auf die mangelnde Proteinsynthese,

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eventuell bedingt durch einen Lichteinflut~ auf die RNA-Synthese, oder auf andere dutch Rotlicht induzierte Faktoren zurii&geftihrt werden kann, l~ifgt sich im Moment noch ni&t ents&eiden.

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Anschrift der Verfasser: Prof. Dr. HEINZ CLAiJss, Institut ffir Pflanzenphysiologie und ZeI1- biologie der Freien Universit~it Berlin, KSnigin-Luise-Straf~e 12--16 a, D-1000 Berlin 33.

tterausgeber, Eigentfimer und Verleger: Springer-Verlag, M6Ikerbastei 5, A-1011 Wien. - - Ftir den Textteil verantwortlich: Dr. Wilhelm Sehwabt, M61kerbastei 5, A-101I Wien. - - Fiir den Anzeigenteil verantwortlieh: Bruno Schweder, SchweizertalstraBe 8-10, A-I130 Wien Druek: Adolf Itolzhausens Nfg., Kandlgasse 19-21, A-1070 Wien

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