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Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 142, S. 436 ~ (1956) Aus dem Tuberk-ulose-Forschungsinstitut Borstel, Institut f'tir experim. Biologic und Medizin (Direktor: Prof. Dr. Dr. E. FREERKSEN) Die Vermehrung isoniacidresistenter Yarianten des Tuberkelbacteriums in Gegenwart yon Metallkomplexverbindungen des Chlorophyllins Yon RUDOLF BONI(~KE Mit 1 Textabbfldung (Eingegangen am 19. Januar 1956) Seitdem FISHIER I, a berichtet hat, dab isoniacidresistente Varianten humaner und boviner Tb-Bakterienst/imme sich nur dann in syntheti- schen, asparaginhaltigen N/~hrmedien vermehren kSnnen, wenn diesen Medien Serum, Rinderalbumin oder H~tmin zugesetzt wird, haben die besonderen Anforderungen dieser Varianten an die Zusammensetzung des N/~hrmediums erhShtes Interesse gefunden. FISHERS Beobachtungen wurden in der Folgezeit bestKtigt und erweitert (KNox, BSNICKE 2 U. a.). COH:N, KOVITZ, ODA U. MIDDLEBI~OOK konl~ten zeigen, da$ rdcht nur Rinderalbumin und tt~min Wachstumsfaktoreneigensehaften besitzen, sondern im gleichen Mafle auch kristalline Rinderleberkatalase und ~.- Ketosaurcn. Nun ist diesen Stoffen die F/~higkeit zur H202-Spaltung gemein. Da isoniaeidresistente Varianten des Tuberkelbaeteriums im Gegensatz zu den sensiblen Ausgangsst/s nicht imstande sind, Katalase zu bilden (MIDDLEBROOK), lag es nahe, einen unmittelbaren Zusammenhang zwisehen diesem UnvermSgen und den besonderen N~hr- bodenanspriiehen der Varianten zu sehen und die Waehstumsfaktoren- wirkung der genannten Stoffe auf ihre H202-spaltenden Eigenschaften zuriickzuffihren. 0b diese verallgemeinernde Interpretierung der bisher vorliegenden experimen~ellen Befunde wirklich zul/issig ist, laBt sieh allerdings erst eindeutig entscheiden, wenn die Wachstumsfaktoren- wirkung auch bei anderen Substanzen mit katalatischer Wirksamkeit naehgewiesen worden ist. Wir prfiften daher verschiedene Metall- komplexverbindungen des Chlorophyllins, unter denen wir wegen ihrer nahen chemischen Verwandtschaft zu den Porphyrinen katalasewirksame vermuteten. Dariiber hinaus interessierte die Frage, ob die gegeniiber der tuberculostatischen Aktivit/s des Isoniacids bestehende antagonisti- sehe Wirkung des HKmins auch ffr die Chlorophylline nachweisbar ist. Methodiseher Teil Fiir die Versuche wurden der Stamm H 37 Rv des Myobact. tuberculosis var. hominis und seine durch Passagen auf isoniacidhaltigen N~hrsubstraten erhaltene

Die Vermehrung isoniacidresistenter Varianten des Tuberkelbacteriums in Gegenwart von Metallkomplexverbindungen des Chlorophyllins

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Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 142, S. 436 ~ (1956)

Aus dem Tuberk-ulose-Forschungsinstitut Borstel, Institut f'tir experim. Biologic und Medizin (Direktor: Prof. Dr. Dr. E. FREERKSEN)

Die Vermehrung isoniacidresistenter Yarianten des Tuberkelbacteriums in Gegenwart

yon Metallkomplexverbindungen des Chlorophyllins Yon

RUDOLF BONI(~KE

Mit 1 Textabbfldung

(Eingegangen am 19. Januar 1956)

Seitdem FISHIER I, a berichtet hat, dab isoniacidresistente Varianten humaner und boviner Tb-Bakterienst / imme sich nur dann in syntheti- schen, asparaginhaltigen N/~hrmedien vermehren kSnnen, wenn diesen Medien Serum, Rinderalbumin oder H~tmin zugesetzt wird, haben die besonderen Anforderungen dieser Varianten an die Zusammensetzung des N/~hrmediums erhShtes Interesse gefunden. FISHERS Beobachtungen wurden in der Folgezeit bestKtigt und erweitert (KNox, BSNICKE 2 U. a.). COH:N, KOVITZ, ODA U. MIDDLEBI~OOK konl~ten zeigen, da$ rdcht nur Rinderalbumin und t t~min Wachstumsfaktoreneigensehaften besitzen, sondern im gleichen Mafle auch kristalline Rinderleberkatalase und ~.- Ketosaurcn. Nun ist diesen Stoffen die F/~higkeit zur H202-Spaltung gemein. Da isoniaeidresistente Varianten des Tuberkelbaeteriums im Gegensatz zu den sensiblen Ausgangsst/s nicht imstande sind, Kata lase zu bilden (MIDDLEBROOK), lag es nahe, einen unmit te lbaren Zusammenhang zwisehen diesem UnvermSgen und den besonderen N~hr- bodenanspriiehen der Varianten zu sehen und die Waehstumsfaktoren- wirkung der genannten Stoffe auf ihre H202-spaltenden Eigenschaften zuriickzuffihren. 0 b diese verallgemeinernde Interpret ierung der bisher vorliegenden experimen~ellen Befunde wirklich zul/issig ist, laBt sieh allerdings erst eindeutig entscheiden, wenn die Wachstumsfaktoren- wirkung auch bei anderen Substanzen mit katalat ischer Wirksamkeit naehgewiesen worden ist. Wir prfiften daher verschiedene Metall- komplexverbindungen des Chlorophyllins, unter denen wir wegen ihrer nahen chemischen Verwandtschaft zu den Porphyrinen katalasewirksame vermuteten. Dariiber hinaus interessierte die Frage, ob die gegeniiber der tuberculostatischen Aktivit/s des Isoniacids bestehende antagonisti- sehe Wirkung des HKmins auch f f r die Chlorophylline nachweisbar ist.

Methodiseher Teil Fiir die Versuche wurden der Stamm H 37 Rv des Myobact. tuberculosis var.

hominis und seine durch Passagen auf isoniacidhaltigen N~hrsubstraten erhaltene

Die Vermehrung isoniacidresistenter Varianten des Tuherkelbacteriums 437

isoniacidresistente Variante H 37 Rv Ix verwendet. Diese Variante w~chst noch bei einem Isoniacidgehalt des N/ihmubstrates yon 1000 y/m] und zeigt keine Katalase. aktivit~it, auch dann nicht, wenn sie auf h/~minhaltigen N&hrmedien geziichtet wird. Die Vorzucht der Sts erfotgte auf Eierns naeh PETRA(~A~X. Naeh einer Kultivierungszeit yon 21 Tagen wurden die Bakterienkolonien mit einem sterilen Spatel vorsiehtig yore Ni~hrboden abgehoben, im MSrser zerrieben und zweimal in der Zentrffuge mit [physiol.] NaCI gewasehen, Als N/~hmubstrat fiir die Wachstums- und Hemmversuche verwendeten wit das eiweififreie, synthetisehe N~hrmedium fiir Tuberkelbakterien nach LOOKEr, ANN mit folgender Zusammen- setzung: 0,5% Asparagin, 0,3~ NaHeP04, 0,25% Na-Citrat, 0,4% KH2PO 4, 0,25% MgS04, 0,001% Ferriammonsulfat und 2,5% Glycerin. Fiir die Vermehrung der isoniacidresistenten, katalasenegativen Variante H 37 Rv Ir ist dieses Medium extrem ungiinstig. Nur bei verhMtnism/~llig grolten Einsaatmengen tr i t t eine gexingftigige Vermehrung ein, wahrend bei verminderter Einsaat siehtbares Wachs- turn auch nach langer Kultivierungszeit ausbleibt. Es wurden daher fiir den Nach- weis der Waehstumsfaktorenwirkung der gepriiften Substanzen abgestufte Be- impfungsmengen gew/ihlt, die sich jeweils um eine Zehnerpotenz untersehieden.

F o l g e n d e M e t a l l k o m p l e x v e r b i n d u n g e n des Chlorophyl l ins* wurden auf ihre W a c h s t u m s f a k t o r e n w i r k u n g gepr i i f t :

1. Fe-Chlorophyl l in , 2. Co-Chlorophyl l in , 3. Cu-Chlorophyl l in , 4. Zn-Chlorophy! l in , 5. Komplexme ta l l f r e i e s Chlorophyl l in .

Das Chlorophyllin ist aus dem griinen Blattfarbstoff, dam Chlorophyll dar- stellbar. Dureh Behandlung mit Alkalien wird Chlorophyll in die Alkohole Phytol und Methanol, sowie in das saure Chlorophyllin verseift. Mit den Porphyrinen besteht eine enge chemische Verwandtschaft. Dem Chlorophyllin fehlt zwisehen den Kohlenstoffatomen 7 und 8 die Doppelbindung, aul~erdem befindet sieh in 2-Stellung ein Vinylrest, w~thrend Porphyrine mit Ausnahme der Vinylporphyrine in 2-Stellung eine Athylgruppe besitzen (FIscHER U. ST~Er~).

H s C : ..:CH:CH~ HsC'~: ~ C ~ H 5

HC H H CH

H3C \ ! I [ i ..... CH3

H / ~ H , i COONa i COONa i

CH2

t COONa

komplexmetallfreies Chlorophyllin

* Herrn Priv.-Doz. Dr. M. STRELL, Organ.-ehem. Institut der Teehn. Hoeh- schule Miinchen, sei f~r die Zurverftigungstellung der Chlorophylline gedankt.

Z. Hyg., Bd. 142 29

438 R. Bb~rteK~:

Als Vergleichssubstanzen wurden H~min, Protoporphyrin, Hamatoporphyrin (Nordmark-Werke, Uetersen) und Na-Pyruvat (Merck, Darmstad$) in die Versuche einbezogen.

:Die Messung der Katalasewirkung dieser Substanzen erfolgte dureh mano: metrische Bestimmung der 02-Bildung mit Hilfe der WA~B~mo-Apparatur.

Versuchsergebn i s se

1. Die katalatische Wirkung der Metallkomplexverbindungen des Chlorophyllins

Die diesbezf igl ichen Versuchsergebnisse s ind in Tab. 1 zusammen- gestel l t . E ine nenncnswer te I-I~Oe-sp~ltende W i r k u n g is t nur bei Fe- Chlorophyl l in u n d Co-Chlorophyl l in vo rhanden , wi~hrend d~s komplex - metMlfreie Chlorophyl l in , sowie die Cu- und Z n - K o m p l e x v e r b i n d u n g in dem gepr i i f t en Konzen t r a t i onsbe re i ch ke ine e indeu t ig mef~bare kata.- la t i sehe Wf i ' k samke i t e rkennen lassen. Die ka t a l a t i s c he Aktivi t i~t des Fe- u n d Co-Chlorophyl l ins is t j edoch erhebl ich ger inger als die des H/~mins. Zur E rz i ehmg des gle ichen k a t a l a t i s c h e n Effekts is t e twa die 20fache K o n z e n t r a t i o n der be iden Chlorophyl l ine erforder l ich.

Tabelle 1. Katalaseaktivitiit verschiede:ner MetalZkomptexsalze dee Chlorophyllins Messung der H202-Spaltung manometrisch in der WARBVRG-Apparatur. H202- Konzentration: 0,01 m; Reaktionstemperatur: 37 ~ C; Schiittelfrequenz: 80U/rain

Chlorophyl l in

metallfxeies Chlorophyllin

Chlorophyllin- Vcrdfinnung

1 : 1 0 0 0 1 :5000 1:20000

Fe- 1 : 1 0 0 0 Chlorophyllin 1 : 5000

1 : 20 000

Co- 1 : 1 0 0 0 Chlorophynin 1 : 5 0 0 0

1 : 20 000

Zn- 1 : 1000 Chlorophyllin 1 : 5000

1:20000

Cu- 1 : 1000 Chlorophyl]in I : 5000

1:20000

l:[amin 1 : 20 000

18 6

33 10 2

1 2 2

3 1

54

O~-Bildung in cm a

~ m w i ~ u n ~ z e i t e n ~ rain 10 20 30 40

2 2 2 2

93 97 ~ - ~ 9 - 20 21 22

6 7 7

43 53 60 69 76 12 16 18 19 20 3 4 4 5 5

3 3 3 3 3 3 3 3

2 2

92 100 I 103 d 105

50 60

2 2

100 100 22 22

7 7

80 20

6

2 3 3

3 2

106

I n einer f r i iheren A r b e i t k o n n t e bere i t s m i tge t e i l t werden (B6NICKE 3), daft d ie K a t a l a s e a k t i v i t a t des H a m i n s in Gegenwar t von I son iac id s t a rk reduz ie r t wird. Die gleiche reduz ie rende W i r k u n g bes i t z t das I son iac id

Die Vermehrung isoniacidresistenter Varianten des Tuberkelbacteriums 439

auch gegeniiber der Katalaseaktivit~t des Co-Chlorophyllins, withrend die des Fe-Chlorophyllins in Gegenwart der gleichen Isoniaeid-Konzen- tration eindeutig erhSht is~ (Abb. 1). Es mul3 angenommen werden, daft sich das Isoniacid an dig 2 freien Koordinationsstellen des Chlorophyllin- eisens bzw. -kobalts anlagert undVerbindungen entstehen, die man analog den Hiimo- bzw. H~michromogenen (Pa- rah~matine) je nach Wertig- keit des komplex gebundenen Metalls als. ChlorophyUo-bzw. Chlorophylliehromogene be- zeiehnen kSnnte. Nach unse- ren bisherigen Kenntnissen sind Parah~imatine im allge- meinen aktivere Katalysa- toren als dig einfachen H~- mine (LANOENBECK). Das trifft ebenfalls ffir die Kata- lasewirkung des Isoniacid- Fe - Chlorophylloehromogens zu, night dagegen fiir die des Isoniaeid - tt~michromogens und des Isoniaeid-Co-Chloro- phyllochromogens.

Fe-Chloroph. + [NH 120 I ~--

P 706 ~ ~ ~loroph. __

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/ Co-Chloroph. 4. INH 20 ~ "~ """---

o 7o go 30 ~ 5 0 rain 6O Zeit

Abb. I. Katalaseaktlvit~it yon Eisen- und Kobal t - Chlorophyllin in Gegenwart yon Isonicotins~iurehydracid (INIt) . H=O=-Konz.: 0,01 m ; Phosphatpuffer nach SORENSENm/15, p ] t 7 , 2 ; Reakt[ons tempera tur : 37~ Schiittelfrequenz: 80U/min . ; Fe-Chlorophyllin-Konz.: 0,1% ; Co-Chlorophyllin-Konz.: 0,1% ; INH-Konz. : 0,1%

2. Die Wachstums/aktorenwirkung der ChlorophyUine Die Ergebnisse unserer Versuche, die ffir den Stamm H 37 Rv Ir

sehlechten Waehs~umseigensehaften des verwencleten N~hrmediums durch Zusatz der aufgefiihrten Chlorophylline, Porphyrine bzw. cr s~turen zu verbessern, sind in Tab. 2 zusammengestellt. Die bekannte Wachstumsfaktorenwirkung des H~mins und Na-Pyruvats findet darin ihre Besti~tigung. Die gleichen optimalen Wachstumseigenschaften erh~lt das Substrat, wenn das katalasewirksame Fe-Chlorophyllin zugesetzt wird, w~hrend alle gepriiften Chlorophylline und Porphyrine mit fehlender Katalasewirkung wie Zn-Chlorophyllin, Cu-Chlorophyllin, komplexme~allfreies Chlorophyllin, Hi~matoporphyrin nnd Protopor- phyrin die Waehstumseigenschaften des Mediums nieht oder nur un- wesentlich (Cu-Chlorophyllin) verbessern. Das katalatisch wirksame Co- Chlorophyllin zeigt wider Erwarten keine Wachstumsfaktorenwirkung. DiG Wachstumseigenschaften des Niihrmediums werden durch diese Verbindung eher versehlechtert als verbessert. Ursache ist die tuberculo- statische Wirksamkeit der Verbindung in dem gepriiften Konzentrations-

29*

N~ihrsubstrat

Tabelle 2. Wachstum yon Myobact. tuberculosis vat. horn. H 37 Rv Ir (isoniacid- resistente Variante des Stammes H 37 Rv) in Gegenwart verschiedener Metallkomplex-

salze des ChlorophyUins. (Kultivierungszeit: 35 Tage)

LOCKEMANN

+ Fe- Chlorophyllin

LOOKEMANN +Co- ChlorophyUin

LOCKEMANN

+ Cu- Chlorophyllin

LOCKEMANN + Zn- Chlorophyllin

I: 4000 1: 8000 1 :16000 1:32000

LOCKEYL~NN + Chlorophyllin (metallfrei)

T~OCKEMANI~

+ H~min

LOOKEMANN + Hi~mato- porphyrin

LOCKEMANN + Proto- porphyrin

LOCKEMANN + Na-Pyruvat

LOCKEMANN

C~orophyllin- Verdfinnung

1.: 4000 1: 8000 1:16000 1 : 3 2 0 0 0

I: 4000 1: 8000 1:16000 1:32000

1: 4000 I: 8000 I: 16000 1 :32000

1 : 4 0 0 0

1- 8000 1:16000 1:32000

1:30000 1:60000 1 : 120000 1 : 240000

1 : 30000 1 :60000 1 : 120000

1 : 30000 1 : 60000 1:120000

1: 2000 1 : 4 0 0 0

10 o

Wachstum des Testbactericums (H 37 Rv Ir) Beimpfungsmenge

10-" I lO-S 1 I0 * I0-' 1

o. Zusatz

I 0 -~ I 10 -6

(+) +

F

440 R. B6NICKE :

++ (+}

(+) (+}

bereieh, die sehr wahrscheinl ich durch das komplex gebundene K o b a l t

der Verb indung ve ru r sach t wird. Wie aus Tab. 4 hervorgeht , bes teh t eine

v e r m e h r u n g s h e m m e n d e Wi rksamke i t auch gegenfiber dem isoniacid-

sensiblen Ausgangss t amm H 37 Rv . Die ~rotz vo rhandene r Ka~alase-

aktiviti~t fehlende Wachs tums fak to r enwi rkung des Co-Chlorophyll ins

b rauch t daher n ieh t im Widerspruch zu s tehen zu der e inle i tend formu-

Die Vermehrung isoniacidresistenter Varianten des Tuberkelbacterlums 441

lierten Auffassung, dab Substanzen mit katalatischer Wirksamkeit die bei isoniacidresistenten Varianten des Tuberkelbaeteriums fehlende Katalase zu ersetzen vermSgen und somit eine Vermehrung in synthetischen Ni~hr- medien ermSglichen. Die Wachstumsfaktorenwirkung kann allerdings nut wirksam werden, wenn die katalatiseh wirksamen Substanzen frei sind yon tuberculostatisehen Potenzen. Dabei is~ zu beaehten, datl die Emp- findlichkeit versehiedener Stiimme einer Bakterienspecies gegenfiber der gleiehen Substanz sehr unterschiedlich sein kann. Das gilt auch, wie wit festgestelIt haben, fiir die Empfindlichkeit isoniacidresistenter Varianten des Tb-Baeteriums gegeniiber den katalasewirksamen Substanzen. Selbs~ Hi~min wird lficht yon allen Sti~mmen in gleicher Weise toleriert. Unter den zahlreichen yon uns gepriiften isoniacidresistenten Stiimmen fanden wit einige wenige, die gegeniiber ttiimin hoch empfindlich waren. 5~, Hi~- min/ml Nithrsubstrat geniigten, u m b e i diesen Sti~mmen eine totale Ver- mehrungshemmung zu erzielen. Die bei allen anderen Sti~mmen feststell- bare WachsSumsfaktorenwirkung des H/~mins blieb bei diesen St/immen aus. MSglicherweise sind aueh die yon BARRY, CO~A:.TY, D~NN~Y, GAFF- ~V.:Z U. WINDER mitgeteilten Ergebnisse, wonach Hi~min bei 2 yon insge- saint 8 gepriiften isoniaeidresistenten Tb-Bakterienst/~mmen keine Wachs- tumsfaktorenwirkung erkennen liel~, auf eine gegen diese beiden Stiimme bestehende waehstumshemmende Wirkung des Hi~mins zuriiekzufiihren.

3. Die tuberculostatische Wirksamkeit des Isoniacids in Gegenwart der Chloroph ylline

Die tuberculostatische Wirksamkeit des Isoniacids wird in Gegenwart yon t t~min stark reduziert (FISHER2). Dieser Antagonismus und die Waehstumsfaktorenwirkung des His bei isoniacidresistenten Varian- ten des Tb-Baeteriums veranlaBten F:s•v.R 3, die Hemmung der H~min- synthese als Ursache fiir die tuberculostatisehe Wirksamkeit des Isoni- acids anzusehen. BSNICKE a konnte jedoch zeigen, dab der Antagonismus Isoniacid/H/~min entgegen der Auffassung FisheRs afif einer im N~ihr- substrat, also aul~erhalb der Bakterienzelle ~blaufenden chemisehen Reaktion beruht, der zufolge Isoniacid im wesentlichen zu Isonicotin- si~ure oxydier~ wird. ()ber den Chemismus der Inaktivierung haben KRt?GER-TH:v.~]~R sowie K~cox u. Mi~arb. berichtet. Danach entstehb als Spaltprodukt au$er Isonicotinsi~ure Di-Isonicotinoylhydracin. K_~ox u. Mitarb. nehmen an, dal~ das sich bildende Isoniaeid-Hi~mochromogen der eigentliche Katalysator der Oxydation des Isoniacids ist.

Aueh in Gegenwart yon Co-Chlorophyllin und Fe-Chlorophyllin wird Isoniacid inaktivier~. Wie aus Tab. 3 hervorgeht, wird Isoniaeid unter den gewi~hlten Versuchsbedingungen nach einer Kontak~zeit yon 15 Tagen durch Co-Chlorophyllin zu mehr als 95% inaktiviert, dureh Fe- Chlorophyllin zu etwa 94~/o. Etwas langsamer erfolgt die Inaktivierung in

442 R. BSNICKE :

Tabelle 3. Instabilitiit des Isoniacid, s in Gegenwart verschiedener Chlorophylline Isoniacidkonzentration 100 7/ml, gelSsb in LOCKE~A~-N~hrmedium. Isoniacid-

~achweis: miI~robiologisch nach B6~ICKE (1)

Chlorophyllin

Chlorophyllin (metallfrei) . . Fe-Chorophyllin . . . . . . Co-ChlorophyIlin . . . . . . Zn-Chlorophyllin . . . . . . Cu-Chlorophyllin . . . . . . Nahrsubstrat o. Chlorophyllin

Chlorophyllin- Verdiinnung

o 4

100 100 100 100 100 100

1:5000 1:5000 1:5000 1:5000 1:5000

Isoniacidkon zent rat ion in ~,/ml N~hrsubstrat

:Einwirkungszeit in Tagen 8 15

> 52 35 18 6 30 11 < 5

> 30 60 55

Gegenwar~ yon Zn-Chlorophyllin, w~hrend Cu-Chlorophy]lin und das komplexmetallfreie Chlorophyllin keine meBbare inaktivierende Wirkung erkennen lassen. Der Chemismus der Isoniacidinaktivierung dfirfte der gleiche sein wie der, den KROGwR-THIEMER sowie K n o x u. Mitarb. ftir die durch H~min katalysierte Isoniacidinaktivierung angegeben haben.

Die tuberculosta~ische Wirksamkeit des Isoniacids wird in Gegenwart der Chlorophylline entsprechend dem AusmaB der Isoniacidinaktivierung reduzierfi. Unsere diesbeziiglichen Versuchsergebnisse sind in Tab. 4 zusammengefaBt. Besonders ausgepr~gt ist die Wirksamkeitsminderung in Gegenwart yon Co-Chlorophyllin und Fe-Chlorophyllin, etwas geringer in Gegenwart yon Zn-Chlorophyllin, wEhrend Cu-Chlorophyllin und vor allem das komplexmetallfreie Chlorophyllin die tuberculostatische Aktivi tgt des Isoniacids unbeeilffiuBt lassen. Die ungef~hre Uberein- s t immung der AktivitEtsminderung in den tuberculostatischen Versuchs- ansgtzen mit dem Ausma~ der durch die gepr/if~en Chlorophylline be- wirkten Isoniacidinaktivierung macht wahrscheinlich, dab die hier mit- geteil~en An~agonismen ausschlieBlich aus der durch die Chlorophylline katalysierben Isoniacidinaktivierung resul~ieren.

Z u s a m m e n f a s s u n g der V e r s u c h s e r g e b n i s s e

4 Metallkomplexverbindungen des Chlorophyllins und das komplex- metallfreie Chlorophyllin werden auf ihre H202-spaltenden Eigen- schaften und auf ihre Wachstumsfaktorenwirkung gegeniiber der isoni- acidresistenten Variante H 37 R v I r des humanen Tuberkelbakterien- s tammes H 37 R v gepriift.

Ohne Katalasewirkung sind Cu-Chlorophyllin, Zn-Chlorophyllin sowie das komplexmetallfreie Chlorophyllin. Die f~r die Vermehrung des Stammes H 3 7 R v I r ung/instigen Eigenschaften des verwendeten synthetischen N~hrsubstrates werden durch diese Chlorophylline nicht oder nur unwesentlich verbessert. Eine Verbesserung des N~hrsubstrates ist auch nicht durch Zusatz des katalasewirksamen Co-Chlorophyllins

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444 BS~cxE: Vermehrung isoniacidresistenter Varianten des Tuberkelbacteriums

eiTeichbar. Ursache ist die tuberoulos ta t ische Wirks~mkei t der Ver- b indung . E ine eindeut ige Wachs tumsfak to renwi rkung besitz~ Fe- Chlorophyll in. Sie en tspr ich t etwa der des H~mins u n d des ~ a - P y r u v a t s .

Die tuberculos ta t i sche Wirksamke i t des Isoniacids wh'd in Gegen- war t yon Co-Chlorophyllin u n d Fe-Chlorophyl l in s tark reduziert , etwas weniger in Gegenwart yon Zn-Chlorophyll in, ohne antagonis t i sche Wi rkung s ind Cu- u n d das komplexmetal l f re ie Chlorophyll in. Die Minderung der tubercu los ta t i schen Wi rksamke i t en tspr ich t dem Ausmai~ der dureh die Chlorophyll ine ka ta lys ie r ten I soniac id inakt iv ie rung .

Die mi tge te i l t en Versuchsergebnisse stfi tzen die Auffassung, da~ kata lasewirksame Subs tanzen , soweit sie n icht tuberculos ta t i sch wirksam sind, die bei i soniacidres is tenten Var i an ten des Tb-Bac te r iums fehlende Ka ta lase ersetzen kSnnen u n d dadurch eine Vermehrung der V a r i a n t e n in syn the t i schen l ~ h r m e d i e n ermSgliehen.

Li tera tur BARRY, V. C., M. L. CONALT~r, J. M. DONNEN~r, E. E. GA]rFNEr and F. WIN-

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Dr. R. BS~rIeKE, Borstel fiber Bad Oldesloe, Tuberkulose-Forschungsinstitut