Die Willensbildung in der ARD - ein kritische Darstellung ... · PDF fileMitgliederversammlungen ein Problem mit welcher Kompetenz zur Entschei-dung zu behandeln hat. Beispiel: Vor

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  • Reinhard Grtz

    Die Willensbildung in der ARD -

    ein kritische Darstellung

    vorlufige Fassung, bitte nicht zitieren

    Kopierexemplar

    Reihe Arbeitspapiere

    des Instituts fr Rundfunkkonomie an der Universitt zu Kln

    Heft 37/1995

    Kln, im Juni 1995

  • Direktoren: Prof. Dr. K. - H. Hansmeyer, Prof. Dr. G. Sieben

    Hohenstaufenring 57aD-50674 Kln

    Telefon: (0221) 23 35 36Telefax: (0221) 24 11 34

    ISSN 0945-8999ISBN 3-930788-26-8

    Preis: 5,-- DM

  • Reinhard Grtz

    Die Willensbildung in der ARD.Eine kritische Darstellung

    1. ARD - ein Zweckbndnis.................................................................................1

    2. Aktuelle Beschluvorgaben...........................................................................2

    3. Federfhrungen.................................................................................................3

    4. Verfahren der Willensbildungen -ein Konfliktfeld aus Gremiensicht................................................................3

    5. Vorbereitung der Beschlsse........................................................................6

    6. Beteiligung der Anstalts-Gremien .............................................................7

    6.1. Beteiligung am Europischen Kulturkanal ARTE.................................7

    6.2. Der Fall Bundesliga.................................................................................10

    7. Exemplarisch Das ERSTE.........................................................................12

    7.1. Handlungsgrundlagen.............................................................................12

    7.2. Programmorganisation ...........................................................................13

    8. ARD-Einrichtungen .......................................................................................15

    9. Bewertungen....................................................................................................16

    Literatur .............................................................................................................20

  • 1. ARD - ein Zweckbndnis*

    Ein historischer Rckblick lehrt uns, da die ARD als arbeitsorganisatorischesund strategisches Zweckbndnis angelegt war. Bereits 1947 gingen vomNWDR unter Beteiligung von Gremienmitgliedern erste Impulse zur Grndungeiner Arbeitsgemeinschaft aus. Als Ziele wurden genannt gemeinsame Interes-senvertretung gegenber inlndischen und auslndischen Organisationen undKrperschaften, die auf dem Gebiet des Rundfunks ttig sind, zum Beispiel denVerwertungsgesellschaften fr Urheberrecht, der Schallplattenindustrie, derPost, ferner Programmaustausch, Programmabstimmung, Gemeinschaftssen-dungen, wechselseitige Unterrichtung und Zusammenarbeit auf den Gebietender Technik und des Rechts sowie des Finanzgebarens und schlielich dieGrndung eines gemeinsamen Archivs.1 Diese Aufgaben sind im Prinzip inetwas anderer Formulierung in 2 diu im Juni 1950 verabschiedete Satzungbernommen worden.

    Nicht nur die Bewltigung gemeinsamer Probleme spielte eine Rolle in dendamaligen Zusammenknften; 1949 fanden immerhin schon vier Intendanten-tagungen statt. Frdernd wirkten auch intensive Bemhungen des Bundes,Rundfunkkompetenzen zu bernehmen. Im Juni 1950 erzielten Gremienvorsit-zende, Gremienmitglieder, Intendanten und leitende Mitarbeiter der damaligensechs Rundfunkanstalten in den Westzonen (NWDR, BR, HR SDR, SWF undRB) Einvernehmen ber die Errichtung einer Arbeitsgemeinschaft und ber dieAusgestaltung der Satzung. Konsens bestand, da die Rundfunkanstalten inder Arbeitsgemeinschaft durch die Intendanten vertreten werden, jedoch solltengemeinsame Beratungen mit den Gremienvorsitzenden beibehalten werden.Die erste Satzung verlangte ausdrcklich einstimmige Beschlsse. Der Vorsitzwar auf ein halbes Jahr begrenzt. Stimmfhrerschaften und Vormachtstellungensollten gar nicht erst entstehen, denn Dezentralisierung war eine dergrundlegenden Vorgaben der Alliierten fr die Neuordnung der Rundfunkland-schaft im Nachkriegsdeutschland. Ab 1953 waren auch Mehrheitsbeschlssezulssig, um (siehe Seidel 1985) die vom Bundesgesetzgeber drohende Ein-schrnkung der fderalen Souvernitt abzuwehren. 1953 wurde im Bundestagein Gesetzentwurf debattiert, der darauf abzielte, den Landesrundfunkanstaltendas Fernsehen zu entziehen, wofr eine eigene ffentlich-rechtliche AnstaltDer deutsche Rundfunk mit Sitz in Dsseldorf zustndig sein sollte, die auer-

    * Geringfgig vernderte Fassung eines Vortrags, den der Verfasser, Vorsitzender des

    Rundfunkrates des WDR, am 12. Juni 1995 auf dem "rundfunkkonomischen Kolloquium"des Instituts fr Rundfunkkonomie an der Universitt Kln gehalten hat. Der Beitrag er-scheint in Krze zusammen mit den anderen Referaten dieses Kolloquiums in ManfredKops/Gnter Sieben (Hrsg.): Zur Notwendigkeit einer Strukturreform des ffentlich-rechtli-chen Rundfunks, Berlin, Vistas Verlag 1995.

    1 Vgl. HERRMANN 1994, Seite 71.

  • 2 Grtz: Eine kritische Darstellung der Willensbildung in der ARD

    dem noch Auslandsrundfunk veranstalten sollte. Bis 1959 waren frMehrheitsbeschlsse unterschiedliche Stimmen je nach Anstaltsgre verein-bart. Die nach dem Gebhrenaufkommen groen Rundfunkanstalten (BR,NDR und WDR) verfgten ber zwei Stimmen, die mittleren und kleinerenRundfunkanstalten ber eine Stimme. 2

    2. Aktuelle Beschluvorgaben

    Diese dem Bundesrat nachempfundene Stimmengewichtung gibt es in deraktuellen Fassung der ARD-Satzung vom 1.1.1992 nicht mehr. 4 legt dieunterschiedlichen Quoren fest. Danach werden Beschlsse mit einfacherMehrheit gefat, wenn die ARD gemeinsame Interessen der Rundfunkanstaltenbei der Ausbung von Hoheitsrechten auf dem Gebiet des Rundfunks wahr-nimmt ( 2 Satz 1 a) und die geschftsfhrende Anstalt fr die Dauer eines Jah-res gewhlt bzw. wiedergewhlt wird ( 3 Abs. 1). Mit der Wahl zur geschfts-fhrenden Anstalt sind erweiterte Kompetenzen und Handlungsvollmachten imGesamtinteresse der ARD verbunden. Einfache Mehrheit reicht aus, wenn essich um Angelegenheiten handelt, die von den Intendanten im Rahmen ihrergesetzlichen Befugnisse entschieden werden knnen, soweit dieSelbstndigkeit der Rundfunkanstalten in Programmangelegenheiten nichtbeeintrchtigt wird, und wenn die Aufsichtsorgane die Intendanten ermchti-gen, sich Mehrheitsbeschlssen zu unterwerfen. Einer Dreiviertel-Mehrheit derabgegebenen Stimmen bedrfen Beschlsse, die eine finanzielle Verpflichtungder Anstalten nach sich ziehen ( 4 Abs 1). Das Grundprinzip ergibt sich aus 4 Abs. 2, der lautet: Im brigen bedrfen die Beschlsse der Einstimmigkeit,es sei denn, da die Mitglieder fr die Regelung eines bestimmten Aufgaben-kreises einstimmig die Geltung von Mehrheitsbeschlssen vereinbaren. Beisolchen Mehrheitsbeschlssen hat jede Anstalt eine Stimme ( 4 Abs. 3). Wennin den Fllen, die bei einigen Landesrundfunkanstalten eine Genehmigung derAufsichtsorgane erfordern, sieben Rundfunkanstalten (siehe 4 Abs. 4) mitGenehmigung ihrer Aufsichtsorgane fr einen Beschlu stimmen, knnen siedie Angelegenheit als Gemeinschaftsaufgabe der Arbeitsgemeinschaft durch-fhren. Die nicht zustimmenden Rundfunkanstalten drfen in diesen Fllen nichtzu einer Mitfinanzierung herangezogen werden (Abs. 4).

    Einstimmigkeit ist gngige Praxis in der ARD, obwohl Varianten mglich sind.Diese Selbstverpflichtung zum Konsens unterstreicht den Charakter der ARDals einen nicht rechtsfhigen Verbund von ffentlich-rechtlichen Rundfunkan-stalten. Jede deutsche Rundfunkanstalt mit Sitz in der Bundesrepublik Deutsch-land ist eintrittsberechtigt, wovon das 1961 gegrndete ZDF keinen Gebrauchgemacht hat, wohl aber die nach der Vereinigung gegrndetenRundfunkanstalten MDR und ORB.

    2 Siehe ebenda, Seite 385.

  • Grtz: Eine kritische Darstellung der Willensbildung in der ARD 3

    Die in der Satzung festgelegte Willensbildung respektiert die publizistischeund organisatorische Selbstndigkeit aller Huser, unabhngig von der Greihres Sendegebietes und des darin aufgebrachten Gebhrenaufkommens. Inder Praxis wird angestrebt, regelmig Einstimmigkeit zu erzielen, als ein StckSolidaritt, die Vormachtstellungen und Beherrschungen verhindern kann, nichtaber Leistungsfhigkeit, wie zum Beispiel die des WDR.

    3. Federfhrungen

    Als weiteres Handlungsinstrument nennt die Satzung Federfhrungen ( 3Abs. 2): Fr bestimmt umrissene Aufgaben und zur Vorbereitung von Be-schlssen der Mitglieder kann einer Rundfunkanstalt bzw. dem Intendanten dieFederfhrung bertragen werden. Mit Ermchtigung der Mitgliederversamm-lung vertreten die federfhrenden Rundfunkanstalten die ARD nach auen. DieBestimmung einer Geschftsfhrung und die Zuweisung von Federfhrungenmachen die ARD handlungsfhiger. Aus der Vielzahl von Federfhrungen seienfolgende genannt:3

    Koordinierung der Beschaffung/SWF

    Zusammenarbeit mit der Filmwirtschaft/WDR

    ARD-Design/WDR

    Entwicklungslnder/WDR

    ARTE/SWF

    3sat/SWF

    Mittelfristige Finanzplanung/BR

    Verhandlungen mit Nachrichtenagenturen/NDR

    Verhandlungen mit Sportverbnden fr Fernsehbertragungsrechte/BR

    Deutscher Musikrat/HR

    Weiterhin gibt es Schwerpunktaufgaben. Beispiele: Der BR produziert undfinanziert federfhrend fr die ARD gemeinsam mit dem ZDF das Mittagsma-gazin, der SFB das gemeinsame Vormittagsprogramm, der WDR das Morgen-magazin (Frhstcksfernsehen); beim NDR ist ARD-aktuell angesiedelt. DerWDR verantwortet und finanziert mit seinem Studio Bonn (noch) die Regie-rungs- und Parlamentsberichterstattung.

    4. Verfahren der Willensbildungen - ein Konfliktfeld aus Gremiensicht

    Nach 5 knnen die Beschlsse auf Mitgliederversammlungen oder schriftlichgefat werden (Abs. 1).