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6 2015 Hilfsbereit seit 1945 www.die-wirtschaft.at facebook.com/diewirtschaft P.b.b. Zul.-Nr. GZ 02Z030737 M Österr. Wirtschaſtsverlag, Grünbergstr. 15, 1120 Wien, Retouren an PF 555, 1008 Wien, Postnummer 4 Wie KMU den passenden Berater finden + Bill Gates im Interview + Schwerpunkt E-Mobilität Hilfe benötigt? 91050 / UNITED ARCHIVES / PICTUREDESK.COM

Die Wirtschaft 06/15

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Die Wirtschaft, Wirtschaftsverlag, Stefan Strzyzowski, Daniel Nutz

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6 2015

Hilfsbereit seit 1945 � www.die-wirtschaft.at � facebook.com/diewirtschaftwww.die-wirtschaft.at � facebook.com/diewirtschaft� www.die-wirtschaft.at facebook.com/diewirtschaft

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Wie KMU den passenden Berater fi nden

+ Bill Gates im Interview

+ Schwerpunkt E-Mobilität

Hilfe benötigt?

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Es war einmal ein Schäfer, der in einer einsamen Gegend seine Schafe hütete. Plötzlich tauchte ein Sportwagen auf der Heide auf, aus dem ein junger Mann in Anzug steigt und fragt: „Wenn ich erra-te, wie viele Schafe Sie haben, bekomme ich dann eines?“ Der Schä-fer schaut den Mann an, dann seine riesige Herde – und willigt ein. Der junge Mann verbindet sein Notebook mit dem Handy, geht auf eine Nasa-Seite, scannt die Gegend mithilfe seines GPS-Satelliten-navigationssystems, öffnet eine Datenbank mit Unmengen an For-meln. Er macht Kalkulationen, rechnet, dann dreht er sich zu dem Schäfer um und sagt: „Sie haben hier exakt 9.246 Schafe.“ – „Das ist richtig, nehmen Sie sich eines“, sagt der Schäfer. Der junge Mann nimmt ein Tier und lädt es in sein Auto. Der Schäfer schaut ihm zu und sagt: „Wenn ich Ihren Beruf errate, geben Sie mir das Schaf dann zurück?“ Der junge Mann ist einverstanden. Der Schäfer sagt: „Sie müssen Consultant einer Unternehmensberatung sein.“ – „Das ist richtig, woher wissen Sie das?“, will der junge Mann wissen.

„Ganz einfach“, erklärt der Schäfer. „Erstens: Sie kommen hier-her, obwohl Sie niemand gerufen hat. Zweitens: Sie wollen ein Schaf als Bezahlung dafür, dass Sie mir etwas sagen, was ich ohne-hin weiß. Drittens: Sie haben keine Ahnung von dem, was ich tue! Und jetzt geben Sie mir meinen Schäferhund zurück!“

Zugegeben, der Witz hat wirklich einen Bart. Aber er bringt ein paar der gängigsten Vorurteile auf den Punkt, die Unternehmensbe-rater auf Schritt und Tritt begleiten. Zu Unrecht? In der Mehrzahl der Fälle bestimmt. Dennoch ist die Auswahl des Beraters heikel. Zumal Unternehmer in einer komplexer werdenden Wirtschafts-welt immer häufiger auf gute Berater angewiesen sind. Wie viel Skepsis wirklich angebracht ist und wie KMU den richtigen Bera-ter finden, erzählt unsere Coverstory – damit Sie nicht doch an ein schwarzes Schaf geraten oder gar an einen Schäferhund.

Auf den Hund gekommen

Stephan Strzyzowski, chefredakteur

s.strzyzowski@wirtschaft sverlag.at

„Ratschläge sind immer auch Schläge.“ ¶Johannes Rau, ehemaliger deutscher Bundespräsident

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die wirtschaft Nr. 6 | J '154

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Wie KMU den passenden Berater finden

30IntervIew

Microsoftgründer Bill Gates erklärt,

warum er vier Milliarden Dollar im Jahr verschenkt porträt

Eine Silbermanufaktur aus Wien punktet in der Nische zwischen klassischem und zeitgenössischem Design

DIskussIon

Wie Elektroautos die Mobilitätswende forcieren sollen

12

06

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Kolumnist Harald Koisser über die Einsamkeit an der Spitze

11Der Spagat der Auto-branche zwischen Eigen-ständigkeit und Synergien

16Eine Testfahrt mit dem Audi TT euphorisierte unseren Autor

18

Der Trend Unter- nehmensaufstellung im Praxistest

20Vorzeigeunternehmen in Sachen Nachhaltig- keit

22Wie man effizientes Marketing mit kleiner Brieftasche betreibt

28Klare Worte zum Thema Bestechung

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IMPRESSUM: Seite 32

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Warum es oft nicht mehr ohne Berater geht, wie man den richtigen findet und wieso der Bauch das letzte Wort haben sollte.

text: Gertraud eibl, IllustratIon: amelie loy

In schicken Anzügen stehen sie in der Tür, ihre Sprache ist Denglisch, und wenn sie von

Benchmarking, Restructuring und Entry Strate-gies sprechen, ist klar: Kein Stein bleibt auf dem anderen, sobald sie loslegen, und billig wird die Nummer auch nicht. Vorurteil oder Wirklichkeit? Wir haben bei Unternehmen und Experten nach-gefragt, wie KMU den geeigneten Berater finden und wie viel Skepsis angebracht ist.

Die einen schätzen, die anderen verteufeln sie: Kaum ein Berufsstand polarisiert derart wie jener des Beraters. In Konzernen geht schon lang nichts mehr ohne. Aber auch der Mittelstand ist zunehmend mit Themen konfrontiert, die sei-ne Kernkompetenzen sprengen: Überbordende Bürokratie, steigende Anforderungen im Mar-keting und in der IT sowie komplizierte rechtli-che Rahmenbedingungen zwingen immer mehr klein- und mittelständische Unternehmen, sich Rat von außen zu holen. Als Elektroinstallateur nur technisch gut zu sein reicht nicht mehr. Er muss Ahnung von Social Media, Lieferkettenma-nagement sowie unzähligen Vorschriften haben. Und ohne ausgefeilte Strategie, Philosophie und Storytelling läuft erst recht nichts. Die logische Konsequenz: Expertise von außen holen. Schließ-lich kann nicht für jeden Bereich ein eigener Mit-arbeiter eingestellt werden. Doch hier beginnt schon die Krux. Wer passt zum Unternehmen? Mit welchen Kosten muss man rechnen? Und wie viel ist an den Vorurteilen rund um teure, aber ahnungslose Berater dran?

Dass viele Berater keinen Tau von der Bran-che haben, aber trotzdem nach Schema F los-legen, sei ein gern zitiertes Vorurteil gegen die breitgefächerte Branche, sagt Alfred Harl, selbst Unternehmensberater und Chef des UBIT, des

Fachverbands Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT in der Wirtschaftskammer. Ebenso, dass Unternehmen große namhafte Häuser für viel Geld beauftragen, dann aber einen unerfahrenen Uni-Absolventen geschickt bekommen. Harl winkt ab. Die Bran-

Hilfe gesucht?

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„Ein guter Unternehmens- berater ist wie ein guter Arzt: Bei Beschwerden sucht er nach der Ursache und verschreibt nicht einfach Tabletten.“ ¶ Alfred Harl, Unternehmensberater und UBIT-Obmann

che sei weit besser als ihr Ruf. Zudem kenne er keinen Klein- und Mittelständler in Österreich, der jemals Größen wie McKinsey oder PwC engagiert hätte. Da gebe es doch Unterschiede zwi-schen Mittelständlern und Kon-zernen – sowohl im Bedarf als auch im Budget.

extern, neutral und un-abhängigDurch seine Mehrfachrolle kennt Alfred Harl viele Seiten des Geschäfts. Und obwohl er die guten Berater von den schlechten zu trennen weiß, verwehrt er sich gegen Vorurteile wie jenem, dass Unternehmer ihren Berater häufig erst einmal das Business erklä-ren müssen und nicht umgekehrt. Schlecht wäre übrigens beides – denn ein Berater soll ein Begleiter sein und seinem Kunden nicht die Geschäftsführung abnehmen.

Generell gilt: Der Berater muss Vordenker sein, nicht Entschei-der. Mit einer Mischung aus Theorie und Praxiswissen soll er dem Kunden ein Service bieten. Er begleitet das Unternehmen, zeigt unterschiedliche Szenarien auf und überlässt dem Kunden – der sein Geschäft am besten kennt – die Entscheidung. Die Arbeit des professionellen Beraters fußt auf drei Prinzipien: Externalität, Neu-tralität und Unabhängigkeit.

klare rollenverteilungApropos Unabhängigkeit: Bei diesem Thema scheiden sich die Geister und Geschmäcker. Ob der Berater wirklich vom Fach sein muss, ist Ansichtssache. Was es bestimmt braucht, ist ein Mindest-maß an Branchen-Know-how. UBIT-Obmann Harl dazu: „Wenn sich ein Berater um einen Auftrag bewirbt, kommt Branchenkennt-nis meist gut an.” Umso wichtiger sei es dann aber, dass die Krite-rien Neutralität und Externalität gewahrt bleiben. Denn zu schnell kommt der Berater in Versuchung, dem Kunden eine Entscheidung aufzudrängen, weil er zu tief im Business drinnensteckt und sich mit der Kundenrolle identifiziert.

Anders sieht das Alfred Schärf vom gleichnamigen Kaffee-imperium. In zweiter Generation führt er das Familienunterneh-

men, das einerseits die Kaffeeerzeugung von der Bohne bis zur Tasse begleitet und andererseits mit der Coffeeshop Com-pany als Franchisingkonzept in 30 Län-dern vertreten ist. Schärf lebt die Philo-sophie vom Wissensaustausch zwischen Geschäftspartnern. So sieht er sich selbst nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Berater (siehe auch Interview auf Seite 8).

Beratung ja – aber wofür?Nun stellt sich die Frage, wo die meisten Unternehmen überhaupt Beratungsbedarf

orten. Ein Streifzug durch die KMU-Landschaft ergibt, dass es die strategische Ausrichtung ist, um die es zuallererst geht – auch in der Beratung. So basal das alles klingt, so schwierig ist die präzi-se Definition der Richtung, in die das Unternehmen steuern soll. Dabei könnten sich viele Unternehmer mit einer klaren Richtungs-weisung schlaflose Nächte ersparen. Sie beginnen mit einer sprü-henden Idee und vergessen den Blick für das Ganze. Es ist aber unverzichtbar, den Markt abzuklopfen, sich den Mitbewerb und die neuesten Entwicklungen genau anzuschauen und eine gute Planrechnung zu machen. Ein Vorgang, bei dem externe Speziali-sten mit freiem Blick und ohne Emotionen einen wesentlichen Bei-trag leisten können.

Frühe Investitionen tragen FrüchteAuf diesen Schritten bauen Positionierung und Strategie auf. Je früher ein Unternehmen also in einen externen Berater investiert und sich bei der Strategieentwicklung und der Umsetzung unter-stützen lässt, desto erfolgversprechender das Unternehmenskon-zept. So die Theorie. Gerade KMU können in diesem Punkt laut Harl profitieren, da viele von ihnen keine Zeit im täglichen Ringen um Eigenkapital zu verlieren haben. Viele Betriebe sind so tief im Alltagsgeschäft verstrickt, dass sie fortschreiben, was schon immer gemacht wurde. Wenig verwunderlich, aber dennoch alles andere als ideal. Lohnt sich doch Strategiearbeit wirklich – längerfristig und auch im Hinblick auf alle nachfolgenden Herausforderungen: Umstrukturierungen, Innovationsstrategien und CSR, Finanzie-rungsfragen, Beantragung von Fördermitteln, Nachfolgeregelun-

„Bei gegenseitiger Förderung profitieren alle Beteiligten. Beratung aus dem Netzwerk, das ist unser Credo.“ ¶ Reinhold Schärf, Schärf-Gruppe

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gen etc. etc. Allesamt Bereiche, die an Bedeutung stetig zunehmen, gut durchdacht und individuell geplant sein wollen – sei es mit oder ohne Berater.

Gerhard Pelikan hat sich für die externe Expertise entschieden. Er führt drei Elektroinstallationsunternehmen in Wien und hat für die geplante Firmenzusammenlegung einen Berater herangezogen. Der hat gleich mehrere Baustellen angepackt: eine ISO-Zertifizie-rung, für die es im Unternehmen an notwendigem Know-how fehl-te. Und schließlich die Aufgabe, das dritte und bei der Übernahme konkursfähige Unternehmen gewinnbringend zu machen. Pelikan war vollauf zufrieden. Der Berater habe ihm Szenarien skizziert und das Rüstzeug für eigene Entscheidungen gegeben, ihm diese aber nie aus der Hand zu nehmen versucht. Ein Beispiel, wie Bera-tung funktionieren kann.

Beratung im FamilienunternehmenEin Unternehmer, der sich von solchen Erfolgsbeispielen nicht überzeugen lassen will, ist der Foto-, Optik- und Elektroniklöwe Robert Hartlauer. Mit strategischer Unternehmensberatung im eigenen Haus hatte er noch nie was am Hut. Das habe nicht zuletzt mit der familiengeführten Struktur zu tun. In einem Familienun-ternehmen könne man freier und schneller entscheiden als etwa im börsennotierten Konzern. „In großen Unternehmen werden Berater oft herangezogen, um Entscheidungen abzusichern, die ohnehin feststehen“, ist Hartlauer überzeugt. Abgesehen davon lässt sich der Unternehmer von keinem externen Berater ins Kern-business pfuschen. Akzeptanz, Legitimation und Loyalität müsse er sich nicht mit Analysen erkaufen. Das heiße aber nicht, dass er gar keine Spezialisten engagiert, etwa im IT-Bereich. Als unver-zichtbar ortet Hartlauer außerdem den guten Steuerberater und Anwalt. „Aber ich lasse mir keine Studien schreiben. Und meine strategische Ausrichtung muss ich auch selber festlegen.“ Neben Fakten und Wissen sei außerdem das Bauchgefühl wesentlich, aber „warum soll ich mich auf einen anderen Bauch verlassen, wenn ich selber einen hab?“, so der Unternehmer. Er möchte die Firmen- und Mitarbeiterkultur eigenständig prägen und Entscheidungen rasch treffen. Das sei in Konzernen nicht möglich, da gehe es um gute Zahlen und die Reputation des Managers in der eigenen Wir-kungsperiode – Nachhaltigkeit hin oder her. Um aufs Bauchgefühl

Reinhold Schärf führt die Schärf-Gruppe in zweiter Generation und gilt als Visionär im Kaff ee- und Kaff eemaschinensektor. Auf Innovation setzt er auch beim Thema Beratung.

herr schärf, sie führen ein Unternehmen, das mit 320 shops in 30 ländern vertreten ist. welche rolle spielt Beratung für Ihren erfolg?Uns war es immer wichtig, beste Qualität anzubieten. Das gelingt nur, wenn wir die gesamte Wertschöpfungsket-te durchdenken und begleiten. Als Visionäre entstammen unsere Ideen unseren eigenen Köpfen, nicht jenen von Bera-tern. Die Idee der Coffeeshops haben wir in Österreich umge-setzt, schon bevor Starbucks kam. Wir wollten schneller sein und waren es auch. Unser Geschäftsfeld haben wir so auf-gebaut, dass wir nicht nur Beratung in Anspruch nehmen, sondern auch selbst Berater sind. So haben wir an unserem Stammsitz in Neusiedl am See auf 4.000 m2 Fläche eine Kaf-feeakademie aufgebaut. Dort vermitteln wir gesamtheitli-ches Denken und schulen unser Know-how in der Branche.

welche Beratungsdienstleistungen nehmen sie selbst in anspruch?Unsere Steuer- und Wirtschaftskanzlei nehmen wir stärker in strategischen Belangen in Anspruch als in steuerrechtli-chen. Da wir global aufgestellt sind, brauchen wir eine gute Rechtsberatung. Als Franchise-Unternehmen setzen wir auch Franchise-Berater ein. Abgesehen davon engagieren wir keine klassischen Unternehmensberater. Wir setzen ganz bewusst auf unser Netzwerk. Die beste Beratung erhält man heute durch ein ehrenwertes Miteinander. Bei gegenseitiger Förde-rung profitieren alle Beteiligten. Beratung aus dem direkten Netzwerk – das war schon immer unser Credo. Vergleichbar mit einer Ehe, in der man Höhen und Tiefen durchlebt.

wie sieht dieses Beratungsnetzwerk aus?Wir haben ein langlebiges Verhältnis zu Lieferanten, mit denen wir uns intensiv austauschen. Wo immer möglich, machen wir Geschäfte mit Klein- und Mittelständlern. Einen guten Rat erhält man dann, wenn der Berater sein Handwerk selber gut beherrscht. Darum lasse ich mich gerne von Men-schen beraten, die im direkten Wirtschaftsleben stehen, Ver-antwortung für etwas tragen, ihr Wissen aber auch anderen zuteilwerden lassen.

„Die beste Beratung erfährt man im ehren-werten Miteinander“

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zurückzukommen: Darauf könne sich ein Manager nach einer Fehl-entscheidung schlecht berufen – wohl aber auf die Analyse des Unternehmensberaters.

achtung vor dem tausendsassaIst ein Berater erst einmal im Haus, tauchen plötzlich auf wunder-same Weise an allen Ecken Baustellen auf, und das Unternehmen wird vom ambulanten Patienten zum stationären Dauerfall. Mit-tendrin der Berater, samt tickender Uhr. Ein Szenario, vor dem es vielen Unternehmern graut. Zu Unrecht, wie Harl findet. Das Ent-decken von Lücken und Optimierungspotenzial sei gut und sogar erwünscht. In dieser Hinsicht vergleicht er den Unternehmens-berater mit einem guten Arzt, der bei akuten Beschwerden auch nicht bloß Tabletten verschreibt, sondern die Ursachen sucht. Ob und wie die Baustellen letztlich angegangen würden, liege aber in der Entscheidung des Unternehmers. Sie zu erkennen sei hingegen Aufgabe des Beraters. Das trifft sicher auf den ethisch korrekten Berater zu. Vorsicht geboten ist beim Berater, der als Tausendsassa auftritt und überall Verbesserungsbedarf ortet – auch dort, wo es keinen gibt.

Kritisch wird es außerdem, wenn der Berater zu wenig Gespür für das Tagesgeschäft des Kunden hat. So erlebt von Stefan Probst. Der ehemalige Radprofi hat 2008 die Rennrad- und Triathlonmar-ke Airstreeem gegründet. Seiner Erfahrung nach haben vor allem Berater und sogenannte Businessangels aus großen Unternehmen oft wenig Einblick in den Alltag kleiner und mittelständischer Unternehmen. „Wir haben schon mit externen Beratern aus der Vorstandsebene zusammengearbeitet, die unser Geschäft und die Ressource Manpower völlig falsch eingeschätzt haben. Die erar-beiteten Strategien und Konzepte konnten wir nicht umsetzen, weil der Berater einfach zu wenig auf unsere Bedürfnisse einge-gangen ist“, resümiert Probst. Wäre die Zielsetzung auf Basis des Beraterkonzepts weiterverfolgt worden, hätte das Unternehmen wirtschaftliche Schwierigkeiten bekommen. „Ich kann jedem Unternehmer den Tipp geben, sich nicht blenden zu lassen, son-dern letztlich selbst zu entscheiden“, sagt der Salzburger Firmen-gründer. Und: Oft seien es Berater ohne klingende Referenzli-ste, die einen optimal begleiten und in der Folge auch zum Ziel führen.

Gute und schlechte BeraterDie Frage, wie man den passenden Berater findet, ist demgemäß ein wenig heikel. Kundenreferenzen bieten hier eine Orientierungshil-fe: Schließlich werden namhafte Kunden gern mit Beraterqualitä-ten gleichgesetzt. Doch hier ist Vorsicht geboten! Erstens darf ein Berater Kundenreferenzen nur nach Absprache nennen, zweitens sagt eine Referenzliste nichts über Projektinhalt, Kundenzufrieden-

„Warum soll ich mich auf das Bauchgefühl eines Beraters verlassen, wenn ich selber einen Bauch habe?“ ¶ Robert Hartlauer, Hartlauer HandelsGesmbH

„Hätt en wir das Konzept des Beraters weiter verfolgt, wäre unserem Unterneh-men ein wirtschaft licher Schaden entstanden.“ ¶ Stefan Probst, Airstreeem

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heit und Beratungsqualität aus – wie auch das Beispiel Airstreeem zeigt. Denn leider werden immer wieder Referenzen ohne vorherige Genehmigung genannt, klagt Harl über schwarze Schafe.

Wie also entscheiden? Am besten im persönlichen Gespräch. Bei einem Erst- und auch Zweitgespräch sollten Unternehmer auf Kriterien wie Stringenz in der Argumentation, fachliche Qualifi-kation und Hilfe beim Netzwerkaufbau achten. Ein simpler, aber guter Rat ist erneut das Bauchgefühl: Stimmt die Chemie zwischen Unter-nehmer und Berater? Geht der Berater auf Fragen und Wünsche ein? Nimmt er die Ziele ernst beziehungsweise hilft er dabei, klare Ziele zu formulieren? Tritt er als Moderator auf oder versucht er, das Ruder in die Hand zu nehmen? All dies sind Fragen, die logisch erscheinen, aber im Erstgespräch kritisch und vor allem bewusst verfolgt sein wollen. Themen wie Verschwiegenheit und Vertrauen sind obligatorisch. Aber auch dafür braucht es das Bauchgefühl. Zu einer ersten Vor selektion kann die WKO-Website dienen. Auf ihr kann nach Schlüsselbegriffen wie Themen, Unternehmensgröße und Region gesucht werden.

Ideenverliebte GründerIhr Faible für kanadische Holzblockhäuser mit der Leidenschaft für das Western- und Wanderreiten zu vereinen – das war lange ein Traum von Barbara Reinisch. Das eigene Urlaubsglück wollte sie auch anderen Menschen vermitteln. Am besten den Reitern, und das in kanadischen Holzblockhäusern. Keinesfalls Standard sollte es sein, vielmehr ein privates Hideaway. Ihre Projektverliebtheit

hat Reinisch zu einem Berater geführt – der mit neutralem, exter-nem Blick den Businessplan unter die Lupe genommen und „viele kritische Fragen gestellt hat“, wie sich die Unternehmerin erinnert. Soll tatsächlich nur der Western- und Wanderreiter angespro-chen werden, oder täte so ein magischer Zufluchtsort auch Füh-rungskräften und Wellnessliebhabern gut? Weil die kanadischen Blockhäuser dem steirischen Behördengeschmack nicht so recht

entsprachen, sind es dann Landhäuser und Luxuschalets geworden, in denen Reinisch ihre Gäste willkommen heißt. Obwohl sie selbst aus dem Consulting-bereich kommt, hat die Unternehmerin einen Berater herangezogen. Denn „der persönlichen Leidenschaft war auch mei-ne Blindheit geschuldet“, so Reinisch. Das Zusammenwirken der Consulting-firma, einer Marketing- und Presseagen-tur habe aus der Ideenverliebtheit eine Strategie und daraus ein nachhaltiges

Gesamtkonzept für Reinischs Golden Hill Country Chalets & Suites gemacht.

Der eine oder andere Berater wird vermutlich auch in Reinischs Urlaubs imperium absteigen. Vielleicht wird er Zahlen und Prozes-se analysieren, bevor er auch gedanklich urlaubt. Denn eines ist gewiss: So ein Beratungsprozess ist nicht nur für das Unternehmen fordernd, sondern auch für einen Berater, der sich in das Umfeld und das Business des Kunden hineindenken muss. Am Ende des Prozesses soll schließlich messbar sein, inwieweit die Arbeit Wir-kung gezeigt hat. Bestenfalls profitiert der Kunde von einer Wert-steigerung – und vom guten Bauchgefühl, dass die Richtung ganz sicher nachhaltig stimmt.

„Meiner persönlichen Leidenschaft für die Geschäftsidee war meine Blindheit geschuldet.“ ¶ Barbara Reinisch, Golden Hill Country Chalets & Suites

DaS SaGEN DiE LESEr voN „DiE WirtSchaft“.

21 % ja

79 % nein

haben Sie in den

vergangenen 12 Monaten

einen externen Unter-

nehmensberater in

anspruch genommen?

42 % wichtiger geworden

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Beratung ist in den

vergangenen zehn

Jahren ...?

8 % weniger wichtig geworden

37 % gleich

geblieben

13 % weiß nicht

43 % persön- liche em- pfehlung

33 % eigen- recherche

6 % sonstige

18 % weiß nicht

Wie finden Sie

ihre externen Berater?

GfK Austria hat 208 Leser und Leserinnen von „die wirtschaft“ befragt. Fehlende Werte auf 100 Prozent: „keine Angabe“ und „weiß nicht“

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FOLGE 41

Was tun gegen die Einsamkeit an der Spitze eines Unternehmens? Manchmal helfen ein paar Flaschen Bordeaux.

Jeder braucht Beratung dann und wann. Weil wir soziale Wesen sind, die Entscheidungen gern mit anderen abglei-

chen. Weil wir Komplexität reduzieren wollen. Weil wir wissen, dass wir nicht so viel wissen, wie wir glauben. Weil wir an der Spitze eines Unternehmens, egal wie groß es ist, meist sehr einsam sind. „It’s lonely at the top“, sang einst Randy Newman. Die Einsamkeit an der Spitze will Beratung und nähert sich ihr zugleich sehr zaghaft. Wer einsam ist und Beratung braucht, muss zuerst einmal wissen, welche Art von Beratung. Man trifft bei der Auswahl der Beratung eine A-priori-Annahme bezüglich der Lösung des Problems, muss also schon irgend-eine Ahnung von der Lösung haben. Hat man aber oft nicht, sonst würde man ja nicht fragen.

Wenn irgendetwas unrund läuft, sagen wir einmal, dass eine Produktgruppe sich nicht toll verkauft, können Sie einen Unternehmensberater, einen Werbeberater, einen Personalma-nager und Ihre Astrologin fragen. Und jede dieser Personen wird sagen, dass sie genau die richtige Ansprechperson für dieses Problem ist. Der Unternehmensberater wird mit Kenn-zahlen argumentieren und einiges hin- und herschieben, bis das Problem „gelöst“ ist. Der Werbemensch wird eine Werbe-kampagne vorschlagen, der Personalmanager wird feststellen, dass man anderes Personal für diese Produktgruppe braucht, und die Astrologin wird bemerken, dass sie die Produktgrup-pe eingeführt haben, als gerade der Mond den Mars konjugiert hat – oder so. Und alle haben recht.

Ich habe einmal ein interessantes Experiment gemacht und eine A-priori-Beratungsgruppe eingerichtet, die dazu die-nen sollte, das Wesen des Problems zu erfassen und dann die

richtige Beratung auszuwählen. Von jedem unternehmerischen Bereich habe ich eine Fachkraft gehabt. Wir sind gemeinsam an einem Tisch gesessen, der Unternehmer mit seinem Pro-blem ebenso, und dann haben wir einen Abend lang gegessen und getrunken und nur über das Problem des Unternehmers diskutiert. Der Erfolg war unglaublich. In entspannter Atmo-sphäre unter Ausschaltung der Einzelegoismen aller Berater wurden Wege, Optionen und Lösungsansätze diskutiert. Ganz ohne Präsentationen, Meetings, dafür unter Einsatz von ein paar Flaschen Bordeaux. Trotz des unbestreitbaren Erfolgs die-ses Beratungstools habe ich das irgendwann wieder eingestellt. So viele wichtige Experten an einen Tisch zu bekommen war doch ein logistisches Problem. Und der Leber wären allzu viele solcher Beratungsabende auch nicht dienlich gewesen.

Ich erzähle davon, weil wir Beratung wahrscheinlich gene-rell neu denken dürfen. Die Zeiten der Experten, die dem Unter-nehmer die Welt erklären, sind vorbei. Und ich habe das Gefühl, dass auch die nachfolgende Zeit des Coachings gerade abdankt und eine neue, gesündere Beratungsära beginnt, wo es keine Beratung mehr gibt, sondern Begleitung. Der Experte hat Ant-worten, der Coach hat Fragen. Und der Begleiter? Er begleitet einen Prozess, ist da mit voller Präsenz seines Wesens und sei-nes Know-hows, hält den Raum und Rahmen. Der Begleiter ist wohl so eine Art Klon aus Unternehmensberater, Therapeut und Ritualmeister. Solange dieser Klon-Vorgang nicht abgeschlos-sen ist und solche Begleiter nicht vorhanden sind, machen Sie es wie ein befreundeter Manager: „Wenn ich in der Firma ein Problem habe, frage ich einen Freund. Der ist für mich da und sagt es mir wenigstens, wenn er keine Ahnung hat.“

DEr aUtor:

harald Koisser schreibt philosophische Bücher und ist herausgeber des Mutmacher-Magazins „wirks“.

www.wirks.at, www.koisser.at

It’s lonely at the top

Barb

ara

Köhl

er

HARALD KOISSER MACHT MUT

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die wirtschaft Nr. 6 | J '1512

BeI der UmsetzUng der eU-KlImazIele spIelt das thema VerKehr eIne wIchtIge rolle. welchen BeItrag Kann e-moBIlItät dafür leIsten?markus gansterer: Die Forcierung von E-Mobilität ist ein wichtiger Schritt. Die Vorteile, was Luftqualität und Energieeffizienz anbelangt, sind unbestritten. Zur Erreichung der Klimaziele muss der Verkehr einen Beitrag leisten. Die Elektrisierung des Verkehrs muss dabei aber ganzheitlich betrachtet werden. Es geht auch um die Forcie-rung von öffentlichem Verkehr und um Zweiräder, vom E-Bike über E-Motorrädern bis zu neuen Fahrzeugkonzepten. Die Umstellung auf E-Motoren löst allerdings nicht alle Verkehrsprobleme. Sie ist ein Hebel, ein Baustein im Gesamtsystem, aber keine Patentlösung. heimo aichmaier: Um die Klima-Zielvorgaben der EU zu errei-chen, braucht es eine nachhaltige Mobilität von Personen und Gütern. Und das ist nur mit E-Mobilität erreichbar. Ich leite dar-aus einen klaren Auftrag zur Förderung elektrifizierter Fahrzeuge ab. Wir haben jetzt die Chance, eine Mobilitätswende einzuleiten. Dazu gibt es eigentlich auch einen Umsetzungsplan der Bundesre-gierung, der einfach nur stringent verfolgt werden muss. Und zwar gemäß den drei Säulen der E-Mobilität ‚Fahrzeuge‘, ‚Infrastruktur‘ und ‚Services‘. Die Substitution von konventionellen Fahrzeugen ist dabei auch ein Punkt. Hinsichtlich dieser Verlagerung und im Punkt Effizienzsteigerungen kann E-Mobilität viel beitragen. Dazu braucht es aber auch klare Zeichen. Nur über ambitionierte

Smart-City-Strategien und Steuerreformpläne sind diese Ziele er- reichbar.

Uwe hochgeschurtz: Es geht dann, wenn das Elektroauto vom Konsumenten angenommen wird. Unsere Erfahrungen zeigen: Die Kunden sind damit zufriedener als Kunden mit thermischen Autos. Die Hürde, ein E-Auto zu kaufen, ist derzeit noch relativ hoch. Doch die vielen überzeugten Kunden multiplizieren momen-tan die Nachfrage, was wir an steigenden Absatzzahlen beobach-ten können. Die Rahmenbedingungen spielen dabei natürlich eine Rolle. Österreich hat durchaus das Potenzial, eine Vorreiterrolle zu spielen, da hier der Strom großteils aus erneuerbaren Quellen kommt. Neben der CO2-Bilanz gibt es noch andere Umwelteffekte – wie zum Beispiel den Wegfall von gesundheitsschädlichen Parti-keln, weniger Lärm oder die Unabhängigkeit von fossilen Energie- trägern.

peter Koch: Das stimmt. Meine Grundidee war, vom Erdöl weg-zukommen. Der verschwenderische Umgang mit der seltenen und wertvollen Ressource Erdöl ist gegenüber den Folgegenerationen einfach nicht zu verantworten. Österreich importiert derzeit ver-kehrsbedingt Rohöl im Wert von sechs Milliarden Euro. Das Geld könnte man doch besser verwenden. Hinzu kam bei mir der Gedan-ke, unabhängig zu sein. Ich erzeuge den Strom für meine Flotte per Solaranlage selbst. Letztlich hat der Umstieg auf eine E-Flotte für mich noch andere Vorteile. Ich könnte mit konventionellen Diesel-

Elektrische Fahrzeuge sind mittlerweile ein interessantes Thema für den Fuhrpark. Eine Diskussion über smarte Lösungen, fehlende politische Unterstützung und darüber, wann sich eine E-Flotte für ein KMU rechnet.

IntervIew: daniel nutz, Fotos: richard tanzer

E-Mobilität ist praxistauglich“

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die wirtschaft Nr. 6 | J 15 13

motoren in unserem Innenhof nicht um 6 Uhr in der Früh laden – weil es dort Anrainerbeschwerden gäbe. Mit unseren E-Mobilen ist das kein Problem. Ich sage aus eigener Erfahrung: Ja, die E-Mobili-tät ist praxistauglich.

aUf heImIschen strassen sInd derzeIt 3.800 BatterIeBetrIeBene fahrzeUge Unter-wegs. welche InfrastrUKtUr BraUcht es, damIt dIe e-dIchte erhöht wIrd?

heimo aichmaier: Wir brauchen die Infrastruktur dort, wo die Fahrzeuge ohnehin geparkt sind und das Laden nebenbei vonstat-tengeht. Wir gehen davon aus, dass 80 Prozent der Ladetätigkeit zu Hause oder am Arbeitsplatz stattfinden und nur 20 Prozent im

öffentlichen Raum. Der Nutzer muss je nach Anwendungsfall jene Ladetechnologie bekommen, die er braucht. So werden wir auch an einer Grundversorgung an Schnellladestationen im öffentlichen Raum nicht umhinkommen. Wer in der Stadt ökologischen Ver-kehr haben möchte, muss auch ganzheitlich durchdachte Konzepte umsetzen. Geschäftsleute benötigen eine öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur, mit der sie in kurzer Zeit die benötigten Energi-einhalte bekommen. Derzeit wird viel gesprochen, wir müssen nun vom Reden zum Tun kommen. Es braucht in den Städten das klare Bekenntnis zur Smart City.

Koch: Mir wird zu viel über Ladestationen im öffentlichen Bereich gesprochen. Dabei sind diese doch uninteressant. Um ein E-Auto

uwe HocHGescHurtz

ist Generaldirektor von renault Österreich. Sein Konzern ist in der Part-nerschaft mit nissan der weltweit führende hersteller von elektroautos, sowohl im Pkw- als auch im nutzfahr-zeugsegment.

Markus Gansterer

ist e-mobilitätsexperte bei vcÖ – Mobilität mit zukunft. in einer aktuellen Studie untersuchte er die Potenziale des elektrischen individualverkehrs für eine mobilitätswende.

HeIMo aIcHMaIer

ist Geschäftsführer von austrian Mobile power. die Plattform vernetzt die Wirtschaft und will gemein-same ideen generieren, um elektromobilität in Öster-reich voranzutreiben.

peter kocH

der Geschäftsführer der gleichnamigen spengle-rei in wien und betreibt einen Fuhrpark mit sieben e-mobilen. er betreibt fünf ladestationen und erzeugt den Strom für seinen Fuhr-park über eine Solaranlage selbst.

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die wirtschaft Nr. 6 | J '1514

zu betreiben, brauche ich sowieso einen Parkplatz mit Steckdose. In meiner Praxis habe ich erkannt, dass bei der Umstellung auf E-Mobile bei meinen Mitarbeiten nur etwa zu 15 Prozent techni-sche Faktoren eine Rolle spielen. Der Rest ist rein emotional. Wir müssen die Leute dazu bringen, dass sie auch daran denken, dass es ein Fahrrad oder den öffentlichen Verkehr gibt. Viele brauch-ten doch gar kein eigenes Auto. Im betrieblichen Umfeld ist das anders. Ich glaube, bei KMU gibt es viel mehr Kapazitäten als bei Privaten. Wir fahren mit jedem Fahrzeug 10.000 bis 15.000 Kilome-ter im Jahr und haben für sieben Autos fünf Ladestationen im Hof. Interessant wäre für mich, wenn die Mitarbeiter mit dem Auto von ihrem Zuhause wegfahren könnten. Da wäre es von Vorteil, wenn im Umkreis öffentliche Stationen wären und man auch weiß, wann eine frei ist.

gansterer: Herr Koch hat recht, es geht sich von den Reichweiten schon jetzt fast immer aus. Für den Fall, dass der Akku einmal nicht reicht, braucht es einige Schnellladestationen. In der Personenmo-bilität sehen wir einen Wandel vom Autoverkauf hin zu Mobilitäts-dienstleistungen. Da geht es um die komfortable Vernetzung des Individualverkehrs mit dem öffentlichen Verkehr und Carsharing. Das größte Potenzial bei der reinen Elektrifizierung der Fahrzeu-ge liegt tatsächlich im gewerblichen Bereich, wo der Einsatzradius gezielt geplant werden kann. Schnellladestationen an Taxiständen und an Hotspots für Lieferverkehr und Handwerker wären von Vor-teil.

hochgeschurtz: Ich sehe drei Nutzergruppen, die unterschiedli-che Bedürfnisse haben. Es gibt erstens jene, die jetzt sofort ohne Probleme auf E-Mobilität umsteigen können: Nämlich alle, die nicht mehr als 160 Kilometer am Tag fahren. Die zweite Grup-pe ist gedanklich noch nicht so weit. Da muss man die Verhal-tensmuster ändern. Man stellt fest, dass man weniger fährt, weil man weniger fahren kann. Vielfach steigert man sogar die Effizi-enz, wenn man weniger fährt. Da braucht es Rahmenbedingun-gen, die den Umschwung erleichtern. Als dritte Gruppe sehe ich jene, die tatsächlich Nutzungsansprüche haben, die ein E-Auto derzeit nicht erfüllen kann. Diese Gruppe ist aber die kleinste. Insgesamt brauchen wir neue Investitionen in die gesamte Stra-ßeninfrastruktur – diese sorgen letztlich für Wirtschaftswachs- tum.

gansterer: Individuell mobil sind wir, wenn wir die Wahlfreiheit haben, auf diverse Verkehrsmittel zurückzugreifen. Das Ziel muss mehr Mobilität und weniger Verkehr sein.

Koch: In einer Stadt wie Wien haben wir als Firma leider öffentlich viel längere Anfahrtswege. Ich behaupte, das Privatauto ist in Städ-ten noch immer viel zu günstig. Als Firma werden wir aber mit den Privaten in den gleichen Topf geworfen: Unser Problem ist, dass wir den Kunden bis zu eineinhalb Stunden mehr verrechnen müs-sen, weil wir mancherorts nicht zufahren dürfen. Hier fehlen die Anreize für E-Autos.

welche KonKreten VerBesserUngen BraUcht es?

aichmaier: Derzeit haben wir das Problem, dass man bis zu acht Monate braucht, um eine Bewilligung für die Installation einer Ladestation zu bekommen. Um diese Ladestation noch anderen zur Verfügung zu stellen, braucht man noch weitere Genehmigungen. Wenn man den Verkehr ökologisieren möchte, muss man bei der Umstellung von Verwaltungsvorschriften beginnen. Es wäre eine gute Lösung, wenn beispielsweise in Herrn Kochs Firma tagsüber andere laden könnten und dafür zahlen. Die betreiberübergreifen-de Zugänglichkeit zu den Ladestationen muss verbessert werden. Wir fahren derzeit noch mit sechs Kundenkarten durch die Gegend. Wir brauchen ein Roaming. Andere Länder machen das schon und zeigen, dass es geht.

gansterer: Bei klassischen Gewerbekunden fehlt oft das Wissen, dass sich E-Mobilität lohnt. Einerseits finanziell. Andererseits wer-den die konkreten Vorteile, die Herr Koch erwähnt, noch wichtiger werden. Die Anrainer akzeptieren den Verkehrslärm und auch die Abgasbelastung immer weniger. Ich glaube, man wird mit E-Autos künftig auch dort zufahren können, wo man mit einem Diesel nicht zufahren darf.

aichmaier: Kurier- und Expressdiensten könnte man so einen Anreiz geben, indem man das Querparken von kleineren E-Fahr-zeugen wie den Renault Twizy erlaubt. Das macht den Verkehr sau-berer und nutzt die immer weniger werdenden Parkflächen effizi-ent. Elektrische Autos sollten gekennzeichnet werden und dadurch diese ökologisch und stadtplanerisch sinnvollen Vorteile genie- ßen.

status: elektro- FaHrzeuGe In ÖsterreIcH

neuzulassungen 2014: 3.644 (e-autos, inkl. hybrid)

anteil an Gesamtneuzulassungen 2014: 1,2 Prozent

Verfügbare zweispurige modelle: ca. 150

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Koch: Jeder Handwerker in Wien würde darüber nachdenken, auf E-Mobilität umzusteigen, wenn das Parkpickerl wegfallen wür-de. Ich glaube, dass das der Elektromobilität einen großen Schub geben würde. Da ist politisch aber kein Wille da.

der gewerBlIche eInsatz Von e-moBIlItät gIlt als optImales pIonIerfeld. wIe hoch sInd dIe Kosten, Und wann rechnet sIch eIne e-flotte für den Unternehmer?

hochgeschurtz: Für die meisten Gewerbetreibenden ist E-Mobili-tät jetzt schon kostengünstiger. Es braucht aber jedenfalls Rahmen-bedingungen, die fair sind und langfristig gelten. Wenn man nicht weiß, was morgen kommt, wird es für Unternehmen schwierig, den Schritt in die Elektromobilität zu setzen.

Koch: Ich habe mir das konkret ausgerechnet. Die Ersparnis bei einer Jahresleistung von 10.000 Kilometern liegt gegenüber dem Dieselfahrzeug bei etwa 930 Euro im Jahr. Die Differenz beim Kauf beträgt rund 4.600 Euro. Ohne Förderungen amortisiert sich die Investition nach spätestens fünf Jahren. Mit der derzeitigen Förde-rung von 4.000 Euro bin ich nach etwas mehr als 1,5 Jahren bereits im Plus. Da sind die geringeren Wartungen noch nicht berücksich-tig. Jeder Kilometer, der mehr gefahren wird, ist eine noch größere Ersparnis.

hochgeschurtz: Neben den internen Kosten müssen auch die externen Kosten wie die Umweltverschmutzung, die sanitäre Lage oder die Abhängigkeit von Erdöl betrachtet werden. Das alles muss man bewerten, wenn man über die Kostenwahrheit von E-Mobilität redet. Das muss auch der Gesetzgeber einberechnen. Umweltschutz ist eben nicht umsonst.

welche entwIcKlUng werden e-fahrzeUge nehmen, Und wIe sIeht dIe langfrIstIge perspeKtIVe Von e-moBIlItät aUs?

hochgeschurtz: Die Technologien werden noch mehr weiterent-wickelt. Wir sind mitten in einer Evolution. Ich kann sagen, dass die E-Fahrzeuge im Vergleich zu thermischen Fahrzeugen immer günstiger werden, weil es hier einfach noch mehr Verbesserungs-potenziale gibt. Es wird auch neue Modellalternativen geben. Es wird Überlegungen geben, die Fahrzeuge viel leichter zu machen.

Das Potenzial ist enorm. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, können die Hersteller günstigere und attraktivere Fahrzeuge auf den Markt bringen.

aichmaier: Wir benötigen eine clevere Begleitung des Markthoch-laufs, sprich die richtigen Anreize, und diese müssen unbedingt technologieneutral sein: Der Nutzer muss auswählen können, ob ein rein elektrisches Fahrzeug oder etwa ein Plug-in-Hybrid bes-ser zu ihm passt. Ich stimme zu, dass wir sichere Rahmenbedin-gungen brauchen. Es muss festgelegt werden, wie lange diverse steuerliche oder andere Anreize für E-Mobilität gelten. Der Kun-de braucht Sicherheit für seine Kaufentscheidung. Wir benötigen eine technologieneutrale Vorsteuerabzugsberechtigung und Sach-bezugsbefreiung sowie eine Legistik, die u. a. im urbanen Raum das Errichten und Betreiben von Ladeinfrastrukturen ganz einfach macht.

gansterer: Mobilität wird vielfältiger und vernetzter. Menschen nützen zunehmend unterschiedliche Verkehrsmittel. Auch beim Kaufverhalten ändert sich viel. Es werden passende, effiziente Fahrzeuge gekauft. Den gewerblichen Verkehr wird das Thema Luftqualität immer mehr betreffen. In der Stadt kommen rund ein Viertel des CO2 und mehr als ein Drittel der Luftschadstoffe vom Wirtschaftsverkehr. E-Mobilität hat bei diesen Fahrzeugen also einen großen Hebel.

Koch: Unternehmer sind grundsätzlich sehr zurückhaltend und überdenken meist die Rahmenbedingungen zweimal. Deshalb sind viele beim Thema E-Auto auch noch zögernd. Wer aber ein-mal mit einem E-Auto fährt, weiß, worum es geht. Ich kenne niemanden, den eine Fahrt kaltgelassen hat. Der Umstieg wird kommen. Die Frage lautet, wie lange es dauert. Die derzeitige Pro-duktpalette ist gut. Aber ich kann mir noch nicht die Batterieka-pazität aussuchen. Im Fuhrpark würde mir diese Diversifizierung helfen. Das Thema Range-Extansion wird von E-Puritanern zwar abgelehnt, ist aber ein System, das wir vielleicht noch länger brau-chen: Die Rahmenbedingungen sind leider noch auf die Dieselge-neration ausgerichtet. Eine massive Anpassung der Gesetze wäre nötig. Für eine Betriebsanlagengenehmigung für E-Fahrzeuge muss ich derzeit noch mit zig Bürokraten diskutieren, das behin- dert.

IMpulse zur ForcIerunG von e-MoBIlItät

befreiung von noVa und motor- bezogener Versicherungssteuer

Förderung von klimaaktiv: 2.000 euro für Firmenwagen, bei reiner nutzung von Ökostrom: 4.000 euro

Preis einer Vollladung: 2–3 euro

MÖGlIcHe weItere IMpulse

Vorsteuerabzugsfähigkeit und be- freiung alle elektrischen Fahrzeuge

Vereinfachung von Vorschriften und Gesetzen zur e-mobilitäts- infrastruktur

Schaffung von marktstimulie- renden maßnahmen (Querparken, reduzierte Parkpickerl, etc.)

national einheitliche, technologie- neutrale Kriterien bei ankaufs- förderungen

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In der Autobranche pflegt jede Marke ihr Image, beschwört Traditionen und pocht auf ihre Eigenständigkeit. Dabei schmückt man sich sehr oft mit Federn von Verwandten.

text: rené bachl und Gerhard brunnbauer

generell ist es nicht verwerflich, Synergien zu suchen. Keiner kann alles perfekt, und wenn sich ein Hersteller in einem spe-

ziellen Bereich besonders hervortut, ist es sinnvoll, sich mit die-sem partiell zu verbünden. Freilich gäbe es auch die Option, gleich den gesamten Betrieb aufzukaufen – die Geschichte der Automo-bilbranche kennt solche Fälle nur zu gut. Das Unterfangen kann gutgehen, kann aber auch eine Marke vom Antlitz der Erde fegen – siehe Saab als mahnendes Beispiel.

Will man die Automobilwelt beherrschen, läuft es heutzutage meist auf eine semifreundliche Übernahme hinaus. Kleinere Her-steller mit geringeren Ambitionen werden sich eher im Rosinen-picken versuchen, Big Player schnappen sich dagegen den ganzen Kuchen. Egal, was die Bosse entscheiden, der Hauptgewinner ist fast immer der Kunde – Saab-Liebhaber mal ausgenommen. Das Spannende daran: Uns ist das zumeist gar nicht bewusst. Wir wis-sen oft gar nicht, dass der eigene Toyota GT86 eigentlich ein Subaru BRZ ist oder warum der neue Renault Twingo plötzlich so „Smart“ dreinschaut. Jetzt kann einem das natürlich völlig egal sein, solan-ge das Auto den Erwartungen entspricht. Vielleicht weckt es aber auch unsere Neugier. Wir blicken daher hinter die Kulissen.

Modelle wie aus dem legokastenUngeschlagener König der Synergien ist der VW-Konzern. Modula-rer Querbaukasten (MQB) – klingt nach Matador oder Lego und ist dabei ähnlich genial. MQB ist schlicht und einfach das VW-Bauka-stensystem für Modelle mit quer eingebauten Motoren und Getrie-ben. Dabei geht es nicht um schnödes Badge-Engineering, sondern um die gesamte, fast beliebig skalierbare Fahrzeugstruktur. Ein

Audi A3 ist ein Seat Leon ist ein Škoda Octavia ist ein VW Golf, lautet das Schema. Und diese Denkweise zieht sich bis zum neuen Škoda Superb mit VW-Passat-Technik hinauf oder wieder eine Stu-fe hinunter zum Golf und dem Škoda Fabia. Mehr als 40 Fahrzeuge hat VW bis dato auf Basis des MQB auf den Markt gebracht.

Grund der Übung sind niedrigere Produktionskosten und ein Mindergewicht von bis zu 60 Kilo gegenüber den Vorgängermo-dellen. Ein weiterer Vorteil des MQB ist der Einsatz von vielfälti-gen neuen Assistenzsystemen und technischen Innovationen. Und zwar in allen Fahrzeugklassen. Verkehrszeichenerkennung, Müdigkeitssensor, Abstandsradar, Spurhaltesystem, Multikollisi-onsbremse und Progressivlenkung sind nur einige der zahlreichen Features, die man für ein MQB-Fahrzeug aus dem V W-Konzern bestellen kann. Das Bemerkenswerte daran ist, dass es der V W-Konzern schafft, jedem einzelnen dieser Fahrzeuge seinen eigenen Markencharakter aufzudrücken. Da fährt sich ein Golf durchaus anders als ein sportlicher Seat Leon, und auch der Octavia fühlt sich wie ein echter Škoda an.

zweckehenManche Partnerschaften in der Automobilbranche erinnern aber eher an Versorgungsehen. Nehmen wir das Paar BMW und Toyota als Beispiel. Sportlicher Premiumanspruch steht in Metall gepres-ster Langeweile mit Hybridantrieb gegenüber. Gegensätze ziehen sich hier aber tatsächlich an, und die Japaner bedienen sich gern der Motorenkompetenz der Bayern. Im Toyota Verso D-4D arbei-tet ein waschechter BMW-Dieselmotor, der durch satten Antritt bei kräftigem Durchzug und niedrigem Verbrauch überzeugt. Der

Es bleibt ja in der Familie

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Bonus für Toyota liegt auf der Hand, auch wenn das Beste im eige-nen Auto eigentlich gar nicht von einem selbst kommt. Und BMW? Nun, die Marke baut mittlerweile Family-Vans und Dreizylinder, eine Erwähnung in Toyota-Testberichten scheint, neben den finan-ziellen Anreizen, dem neuen Familienimage durchaus zuträglich zu sein. Denn Image ist bekanntlich alles.

Wird der Kunde also an der Nase herumgeführt? Mag sein. Fakt ist, dass heutzutage jede Nische in der Nische besetzt ist und es für jedes noch so kleine Bedürfnis das passende Auto geben muss. Das übersteigt die Kapazitäten der meisten Hersteller und zwingt sie fast schon zur Zusammenarbeit. Zum Wohle der Konsumenten? Okay, das ist vielleicht ein bisschen dick aufgetragen. Doch sollte jemand das Positive daran anzweifeln, empfehlen wir einen Blick gen September 2015, wo der neue Mazda MX-5 in der völlig verwai-sten Nische der leistbaren Roadster sein Debüt feiert. Um wenig später als Fiat Spider seine zweite Markteinführung zu erleben. Wenn das nicht schön ist.

FunktIonIerenDe kooperatIonen

subaru-toyota: Subaru erweitert sein Försterimage, und toyota zelebriert sportliche Kompetenz über den hybridsektor hinaus.

vw-konzern: Weil jede marke trotz Gleichteile ihren ganz eigenen charakter hat. Kannibalisierung ist allerdings vorpro-grammiert.

BMw-toyota: Weil beide ein unterschiedliches Klientel ansprechen. ein m-Verso ist unvorstellbar, genau so ein bmW – na ja, da scheint derzeit alles möglich.

Mercedes-renault: Smart und twingo sind emotional besetzte autos. insofern sind wir bei dieser Kooperation mit der Win-win-Garantie nicht ganz sicher.

Mazda-Fiat: Weil der mX-5 als ikone unantastbar ist und Fiat vor allem im heimatland frischen Wind braucht.

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IM TEST: AUDI TT – 2015

Ich gebe zu: Der Titel nimmt schon einiges vorweg. Ich ver-zichte mal darauf, einen Spannungsbogen aufzubauen.

Denn dieser Test reiht sich unter meine persönlichen Top 3 unter den rund 100 Autos, die ich inzwischen gefahren bin. Gut, ich versuche meine Emotion auf eine sachliche Ebene zu bringen.

Er ist ein Sportauto. Doch Sportlichkeit ist bekanntlich wie Sparsamkeit ein Attribut, das zirka zwei Drittel aller Autower-bungen für sich beanspruchen. Irgendwie kann man das immer hindrehen. Solange es die Leute glauben, kann man noch ein hübsches Adjektiv draufsetzen. Es scheint grundsätzlich dem Zeitgeist hirnverbrannter Marketingstrategien zu entsprechen, mehr zu versprechen, als da ist. Immer hemmungsloser. Und diese Show beherrscht nicht bloß die Autoindustrie.

Die traditionelle Steinofenpizza von Luigi – tiefgekühlt im Supermarkt – ist so ein Beispiel. Oder der freche Metzger von der Ecke – der ganze Supermarktketten ausstattet. Das echte Kürbiskernöl vom kleinen Bauern – Million-Liter-fach verfüg-bar. Die nachhaltige Fairtrade-Bekleidung – zum Diskontpreis. Der individuelle Abenteuerurlaub – im abgeschirmten Ressort der globalen Hotelkette. Ja eh. Mit Sehnsüchten kann man immer gutes Geld verdienen. Das geht, weil die Konsumenten es selbst glauben wollen und dabei den Betrug verdrängen. Kognitive Dissonanz nennt sich das im Fachsprech. Erstaun-lich, dass der TT aus diesem Muster fällt.

Da steht er also. Der Audi TT. Beworben mit dem Verspre-chen, Dynamik und Charakterstärke zu besitzen. Noch sportli-cher, noch konsequenter zu sein ist die Ansage. Ich stieg also ein, war optimistisch, aber zugleich skeptisch. Doch meine Skepsis löste sich so schnell wie die gedachten Limits von Kur-vengeschwindigkeiten. Denn der Wagen ist tatsächlich konse-quent sportlich. Die Fahrdynamik ist am besten mit dem Wort

„unfassbar“ zu beschreiben. Deshalb, weil es sich hier noch immer um einen normalen Vier-Zylinder-Motor mit 230 PS handelt. Doch was rauskommt, ist faszinierend: von null auf 100 km/h in 5,3 Sekunden und die Fähigkeit, um „die Ecke“ zu fahren.

Meine ausgiebige Teststrecke über die kurvenreichen Süd-tiroler Bergpässe wurde somit zum Feuerwerk der Fahrfreude. Stabilität ohne Ende, Kraft und eine Eigenschaft, die den Buben im Mann zum freudvollen Schluchzen bringt: Das sportliche Auspuff-Sounddesign der Kategorie „Ich will nie mehr damit aufhören“. Wenn dann noch der Heckflügel ausfährt, gibt es kein Halten mehr.

Das, was außen beginnt, wird innen ebenso konsequent weitergeführt. Das beste Cockpitdesign, das ich je gese-hen habe. Konsequent, durchdacht, innovativ. Das ist selten geworden, in einer Zeit, wo alle auf jede noch so unnötige, lineare Weiterentwicklung das Wort „innovativ“ pinseln. Man bekommt mehr, als suggeriert wird. Das ist irritierend, heut-zutage.

Audi ist mit dem TT zweifellos ein großer Wurf gelungen. In mir drängt sich gar Vergleich zum Porsche 911 auf. Verspro-chen wurde kein Supersportwagen, aber ein echter Sportwa-gen. Versprechen gehalten. Dankeschön.

aUDi tt coUPÉ 2.0 tfSi quattro

v4 abgasturbolader | 169 kW (230 PS)370 Nm | 0–100 km/h in 5,3 sec6,4 l (kombiniert) | 149 g/km (co2)www.audi.at

DEr aUtor:

hannes off enbacher ist Unternehmer und Neudenker. Er bloggt auf www.bessergehtsimmer.at

Tieffl ugorgasmus

OFFENBACHERS CHEFPARKPLATZ

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die wirtschaft Nr. 6 | J 15 19

nah, schnell, kompetent – raiffeisen für die wiener wirtschaft„Gemeinsam mit ihnen wollen wir ihr Unternehmen wettbewerbsfähig halten und wirtschaftliches Wachstum ermöglichen!“ – für Stadtdirektor Gaston Giefing und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht der Erfolg des Kunden an erster Stelle.

das team von raiffeisen handel und Gewerbe zeichnet sich durch individuellen und umfassenden Service aus. erfah-rungen von Kunden aus unterschiedlichen branchen bestä-tigen den Weg. bereits 40 Prozent aller kleinen und mittleren unternehmen in Wien haben eine Geschäftsbeziehung mit raiffeisen.

ein partner, der die Gastronomie verstehtmaria Fuchs ist eine starke unternehmerische Persönlich-keit. „Pizza mari’“ heißt ihr lokal im Karmeliterviertel und „disco Volante“ jenes in Gumpendorf, rezepte und Pizzakö-che sind direkt aus neapel importiert.

Fuchs hat während ihres Studiums an der Wirtschafts-universität ein auslandssemester in neapel verbracht. das war der entscheidende impuls, in Wien ein lokalkonzept umzusetzen mit zwei wesentlichen eckpunkten: die beste Pizza und ein ambiente, das diesem Produkt den absoluten Vorrang gibt und auf (fast) jede ausstattungsspielerei ver-zichtet.

nach dem erfolgreichen Start mit „Pizza mari’“ 2008 war es 2013 so weit, mit „disco Volante“ das angebot der besten Pizza der Stadt zu verdoppeln. die raiffeisen-Grätzelmillion hat das zweite lokal möglich gemacht „eine bank, die ver-steht, was wir machen“, so beschreibt maria Fuchs ihre er-wartungshaltung an den Partner in Finanzangelegenheiten. raiffeisen in Wien hat sie erfüllt.

Für Fuchs „ist der bankberater auch ein coaching-Part-ner, er hat einen anderen blickwinkel und macht auf neue aspekte aufmerksam“, beschreibt sie und macht damit klar: „Konditionen allein sind noch nicht entscheidend!“ www.disco-volante.at

zuverlässig, schnell, punktgenauVergolden, versilbern, verchromen – wenn es um die oberflächen von metal-len geht, ist das Familienunternehmen Kudrna-chromdesign im 15. bezirk der zuverlässige Partner – für Großkunden, aber auch für den Privathaushalt. zu-verlässigkeit ist für anton und Günther Kudrna, die Geschäftsführer, auch der Grund für die entscheidung, raiffeisen in Wien als hausbank zu haben. „Wenn wir ihn brauchen, ist er da!“, sagen sie über ihren berater.

Seit vielen Jahren gibt es eine trag-fähige basis für alle Finanzfragen – vom zahlungsverkehr bis zu Finanzierung. begonnen hat es in einer schwierigen Situation für das unternehmen, als die

damalige hausbank enttäuschte. „die haben uns im Stich gelassen“, erinnern sich die brüder. raiffeisen hat durch individuellen Service und punktgenaue beratung geholfen. die jüngste Finanzierung einer abwasseranlage über die Grätzelmillion hat schnell und unkompliziert funktioniert, so wie es sich der unternehmer wünscht. www.chromdesign.at

Die Grätzelmillion – günstigste Finanzierung für wiener klein- und Mittelbetriebe • einmalkredit von mindestens 15.000 euro, maximal 150.000 euro pro betrieb• Für investitionen in die barrierefreiheit (z. b. behinderten-aufzug, treppenlifte, behindertenstellplatz etc.) gibt es die Grätzelmillion bereits ab 7.500 euro.• Variable Verzinsung nach drei-monats-euribor plus 0,95 Prozent Fixmarge. in jedem Fall beträgt der Sollzinssatz min-destens 0,95 % p. a. • laufzeit 5 oder 10 JahreÜberzeugen sie sich von den vorteilen• die günstigste investitionsfinanzierung für Wiener Kmu• Grundsatzfinanzierungsentscheidung innerhalb von drei Werktagen ab Vorliegen aller unterlagendetails unter www.raiffeisenbank.at/hug

unser ziel ist es, unsere Kunden durch kompetente be-ratung, die auf den Werten regionalität, Sicherheit und nachhaltigkeit aufbaut, zu begeistern. rufen sie uns an: Stadtdirektor Gaston Giefing, mbat +43-5-1700-67070, e [email protected] 0664-885 473 30

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Raiffeisen-Unternehmerberater Winfried Fiebiger mit Unternehmerin Maria Fuchs in der Pizzeria Disco Volante.

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Unternehmensaufstellungen wurden vor wenigen Jahren noch als Esoterik-Hokuspokus belächelt. Mittlerweile erfreuen sie sich aber steigender Beliebtheit. Wir machten den Praxistest und nahmen an einer Sitzung teil.

text: SonJa tautermann

der „Mitinhaber“ fixiert mit seinen Augen die Worte „langfri-stige Nachhaltigkeit“. Bewegungslos ruht sein starrer Blick

auf dem Flipchart, die Beteiligten um ihn herum nimmt er kaum wahr. Die „Firma“ und die „Marke“ stehen dicht aneinander, doch den „Kunden“ hat er den Rücken zugewandt. Und zwar nicht nur bildlich, denn sie stehen wirklich hinter ihm. Für den Außenste-henden mag das komisch wirken, er mag sich fragen: Was ist hier los? Wir befinden uns mitten in einer Organisationsaufstellung zum Thema Unternehmensübergabe.

effiziente Ist-analyse eines unternehmensDas Prinzip dahinter ist ähnlich wie bei den seit den 1990er-Jahren populären Familienaufstellungen. Dabei werden Personen stellver-tretend für Familienmitglieder im Raum aufgestellt, um Muster innerhalb des Systems erkennen zu können. Nun werden sie auch im Wirtschaftsbereich immer gefragter: „Aufstellen lässt sich viel, von Positionierung und Marketing bis hin zu Change-Prozessen“, sagt Peter Klein, der seit 20 Jahren als Coach und Berater Unter-nehmen bei Transformationsprozessen begleitet. So eine Aufstel-lung hilft beispielsweise dabei, die „schick gemachte Braut“ zu entlarven, noch bevor ein Unternehmen aufgekauft wird. Oder das „Greenwashing“ des Mitbewerbs zu enthüllen. „Es ist die billigste und schnellste Form, eine Ist-Analyse über ein Unternehmen zu bekommen. Ich kenne keine andere Methode, mit der das so effizi-ent geht“, sagt Klein.

Heute geht es um Karl-Heinz Bauer*. Er wurde vor ein paar Jahren ins Unternehmen geholt und ist heute Miteigentümer. Eine Nachfolgeregelung wurde zwar nie fix vereinbart, zeichnet sich aber altersbedingt ab. Bauer soll das Unternehmen überneh- men.

Kopfzerbrechen bereitet ihm dabei die Frage, ob der Unterneh-mensname, der mittlerweile zur Marke in der Branche geworden ist, bestehen bleiben soll: „Soll ich jetzt mit meinen 50 Jahren einen neuen Namen aufbauen, wo die Firma doch 30 Jahre in die Mar-ke investiert hat? Andererseits lag meine Stärke immer im Aufbau

neuer Marken, was dafür sprechen würde.“ Die Unternehmensauf-stellung soll ihm dabei helfen.

Aus den Anwesenden hat er nun für die „Firma“, die „Marke“, die „Kunden“ und auch für sich selbst jeweils einen Repräsentan-ten ausgewählt und intuitiv im Raum platziert. Da die Aufstellung in den Räumlichkeiten der Wiener Jelinek-Akademie stattfindet, wo Klein einen Organisationsaufstellungslehrgang leitet, sind die 15 Frauen und Männer im Raum vorwiegend Coaches, Lebens-berater oder Führungskräfte. Das sei gut, denn die Stellvertreter sollten möglichst neutral sein, weshalb er seine Schüler auch zu Aufstellungen in Firmen mitnehme, meint Klein. Bald zeigen sich die ersten Erkenntnisse. Dass die „Marke“ und die „Firma“ hinter ihrem Rücken positioniert sind, passt den „Kunden“ gar nicht: Die Repräsentantin verspürt den Wunsch, sich zu ihnen umzudrehen. „Dort hinten ist doch nichts, ich möchte weiterkommen, bin aufge-regt“, sagt sie und wendet den Blick der Firma zu. Die ist sichtlich erleichtert. „Es war für mich dramatisch, als die Kunden von mir weggeführt wurden. Ich freue mich, dass sich die Kunden umge-stellt haben“, sagt der Repräsentant der Firma.

nur teilweise wissenschaftlich erklärbarWas hier passiert, ist in der Aufstellungsarbeit als „Aufstellungs-phänomen“ bekannt: Obwohl die aufgestellten Repräsentanten die handelnden Personen oder Unternehmen gar nicht kennen, rea-gieren sie mit Gefühlen, Bewegungen oder sogar Schmerzen, die vorhandene Beziehungsdynamiken ans Tageslicht bringen sollen. Dieses sogenannte „wissende Feld“ lässt Kritiker die Nase rümpfen – denn wie und warum das Ganze funktioniert, ist nur teilweise wissenschaftlich erklärt. Nach einer wissenschaftlichen Klärung, ob Aufstellungen funktionieren, sucht man derzeit an der Univer-sität Bremen im Rahmen eines Forschungsprojekts. Erklärungsan-sätze kommen etwa aus der Quantenphysik.

Bauers Zerrissenheit hinsichtlich des Markennamens spiegelt sich in der Aufstellung wider. Sein Repräsentant äußert schlechtes Gewissen, weil er sich der „Marke“ gegenüber verantwortlich fühlt.

Am Ende stirbt die Marke

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Auch dem Vertreter der „Marke“ geht es nicht gut. „Ich fühle eine Schwere, es zieht mich runter, und ich habe Schmerzen.“ Das küm-mert die „Kunden“ nicht: „Mit der Marke fange ich nicht viel an, die kommt mir so alt vor.“ Der „Mitinhaber“ ist hingegen „immer noch erstarrt und orientierungslos“. Wie soll es für ihn weiterge-hen? Sein „nächster Schritt“ wird in Person eines Repräsentanten ins Spiel geholt, und der verändert die Dynamik im Raum.

Als sich der „Mitinhaber“ dem „nächsten Schritt“ und den „Kunden“ zuwendet, sagt er: „Ich bin begeistert. Hier spüre ich mich wieder. Jetzt kann ich etwas bewegen.“ Bauer, der als Zuseher das Geschehen im Raum mitverfolgt, ist erfreut: „Es tut mir gut, dass die Kunden so begeistert sind von unserer Firma. Meine Wahr-nehmung, dass die Kunden uns gar nicht sehen, kommt offenbar von mir. Ich freue mich, dass die Kunden zwischen der Firma und der Marke unterscheiden.“

Die Marke wird begrabenDie „Marke“ scheint in der Zwischenzeit gestorben zu sein, deren Repräsentantin verspürt nämlich den Wunsch, sich auf den Boden zu legen, und tut dies auch: „Hier fühle ich mich wohl.“ Als sich der „Mitinhaber“ der „Marke“ zuwendet, gefällt das den „Kunden“ gar nicht, sie drehen sich einfach um: „Das Gerede interessiert mich nicht. Wenn das so weitergeht, bin ich weg.“ Das stört wiederum den „Mitinhaber“: „Wenn du nur auf die Marke schaust, rennen die Kunden weg!“

Mit diesem Abschlussbild löst der Aufstellungsleiter die Auf-stellung auf, alle Repräsentanten schlüpfen wieder aus ihren Rol-len. Es gehe nicht darum, Dinge so aufzulösen, dass sich jeder wohlfühle, sagt Klein. Im Fokus stehe der Auftraggeber. Und auf die Marke bezogen: „Man muss oft Dinge beerdigen, damit Neu-es entstehen kann.“ Für Bauer hat die Aufstellung ein Ergebnis gebracht, aber die Arbeit geht weiter. Denn eine Aufstellung stehe niemals für sich allein, sondern sei immer Teil eines Coachings- oder Beratungsprozesses, so Klein.* Name von der redaktion geändert

unterneHMensauFstellunGen

orGanIsatIonsauFstellunGen: eine organisationsaufstellung bringt dynamiken in einem System ans tages-licht. dabei werden Personen stellver-tretend für mitglieder eines Systems im raum aufgestellt. es ist eine Weiterent-wicklung der ursprünglichen methode der Familienaufstellung, die durch bert hellinger große bekanntheit erlangte.

krItIk: Wissenschaftlich nicht erklärbar und nachweisbar, aufgestellte relationen sind willkürlich, Stellvertreter nehmen nicht repräsentativ wahr, unseriös und minimalistisch als unternehmensbera-tung.

anBIeter: das internationale Forum für System-aufstellungen (infosyon) setzt sich für Qualitätsstandards in organisati-onen und arbeitskontexten ein und listet zertifizierte aufsteller. Von 24.–26. Juli 2015 findet in Wien ein internationaler organisationsaufstellungskongress statt – www.infosyon.com

„Es war für mich dramatisch,

als die Kunden von

mir weggeführt wurden.

Ich freue mich, dass sich

die Kunden umgestellt haben.“

„Ich fühle eine Schwere, es zieht mich runter, und

ich habe Schmerzen.“

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Über Nachhaltigkeit kann man lang und breit philosophieren – oder etwas Konkretes tun. Wir haben drei Machern über die Schulter geschaut.

text: StePhan StrzyzoWSKi

Schatzdorfer GerätebauMitarbeiter – Der Mensch im Mittelpunkt

CSR ist für Gertrude Schatzdorfer eine Haltung, die über ein-zelne Projekte hinausgeht. „Es ist die Einstellung, wie man mit Menschen umgeht“, erklärt die Chefin des Gerätebauun-ternehmens. Doch wie äußert sie sich im konkreten Unter-nehmensalltag? Zum Beispiel durch Aktionen, die ihren Mitarbeitern zugutekommen. So wird das Thema Diversität großgeschrieben, mit dem Ergebnis, dass heute Mitarbeiter aus zehn Nationen im Unternehmen Seite an Seite arbeiten. Ausländische Mitarbeiter werden aktiv gesucht und erhal-ten auch Unterstützung bei Wohnungssuche und anderen Hürden. Die Message: Vielfalt ist keine Gefahr, sondern eine Chance. Schatzdorfer fördert aber nicht nur das Miteinander unterschiedlicher Herkunftsländer, sondern auch jenes von Frauen und Männern. So wurde 2006 das Projekt „Gemein-sam.Erfolg.Reich“ gestartet. Nun gibt es einen Frauenanteil von 24 Prozent im Unternehmen. Erleichtert wird den Frau-en etwa der Wiedereinstieg nach der Karenz. Die Aktionen wirken: Bei den Lehrlingen sind stolze 35 Prozent Mädchen. Konkrete Aktionen setzt die Unternehmerin auch, damit Alt und Jung voneinander lernen. Sie bemüht sich, ältere Mitarbeiter zu halten und nimmt auch gern seniore Per-sönlichkeiten auf. Das Engagement für die Mitarbeiter wird abgerundet durch Erste-Hilfe-Kurse, Ernährungsworkshops, Prämien, Vergünstigungen und Feste. Schatzdorfers Spirit endet übrigens nicht am Firmentor. Mit einem Team unter-stützt sie auch das Asylantenheim in ihrem Ort. Ihr Glau-benssatz: „Wir sind dafür verantwortlich, was wir tun, aber auch dafür, was wir nicht tun!“ziel: Für Zufriedene Mitarbeiter sorgen

CSR im Praxischeck

EVVARessourcen – Sauber produzieren

Für das Familienunternehmen Evva gehört CSR zur Unter-nehmenspolitik. „Darunter verstehen wir ein Handeln, das den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht und die Möglichkeiten nachfolgender Generationen nicht gefährdet. Es geht darum, Werte nicht nur festzulegen, sondern auch zu leben“, erklärt Geschäftsführer Stefan Ehr-lich-Adám. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei der Bereich Umwelt ein. Als größtes konkretes Projekt benennt man bei Evva stolz den Start in eine ölfreie Fertigung. Bei der Metallbearbeitung wird normalerweise flüssiges Öl verwendet, um die Bearbeitungswerkzeuge zu schmieren und zu kühlen. Evva hat nun Maschinen entwickelt, die kein Öl mehr für die Fertigung benötigen. Rund 50 Prozent der derzeitigen Fertigung in Wien erfolgt bereits ölfrei. Auch das anschließende Waschen und Entölen mit chemi-schen Mitteln entfällt dadurch – und somit auch unnötiger Wasserverbrauch sowie gefährliche Abfälle. Hauptakteur bei der sogenannten Clean Production ist eine im Haus geplante und konstruierte Maschine, die auf den Namen „Nike-Valerie“ getauft wurde. Sie fertigt die Zylinderker-ne für die Schließsysteme in einem Achtel der Zeit und kommt ohne Öl und Schmierstoffe aus. Neben der Scho-nung der Umwelt schlagen auch enorme Einsparungen zu Buche. Bei Einkauf und Entsorgung betragen diese mittler-weile 140.000 Euro pro Jahr. ziel: Mit der öl- und wasserfreien Produktion Ressourcen und Geld sparen

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Wir tun was – seit sieben Jahren.

Die Raiffeisen Klimaschutz-Initiative, Plattform und Impuls-geber der Raiffeisen Organisationen steht für Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Energieeffizienz, erneuerbare Ressourcen und Corporate Responsibility. Die 23 Mitglieder setzen aktiv Initiativen und stehen ihren Kunden für Umweltfinanzierungen mit professionellen An-sprechpartnern und konkreten Lösungen zur Seite.www.raiffeisen-klimaschutz.at, www.oekoenergieblog.at

Verantwortung

für die Zukunft.

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Murauer BierUmwelt: CO2-neutral Bier brauen

Die Brauerei Murau verfolgt eine Unternehmensphilosophie, die das Thema Umweltbewusstsein ins Zentrum der Produk-tion stellt. Das erklärte Ziel lautete deshalb, eine CO2-neutrale

Brauerei zu werden. Um das zu erreichen, produziert die Genos-senschaftsbrauerei ihr Bier zu 100 Prozent mit Wärme aus dem Biomasse-Heizkraftwerk der Murauer Stadtwerke.

Aus diesem Grund müssen in der Brauerei keine fossi-len Brennstoffe mehr zur Bierherstellung verbrannt werden. Zudem nützt Murauer Energieeinsparmöglichkeiten im Brau-prozess unter Einsatz von „Niedertemperatur-Prozesswärme“. Denn durch die Einführung neuer Technologien konnten die zum Brauen notwendigen Temperaturen stark gesenkt werden. Nun wird die gesamte Energie, die zum Maischen benötigt wird, aus der Energierückgewinnung zwischen der Kochung und Kühlung bereitgestellt. Um das erreichen zu können, hat Murauer in modernste Anlagen investiert. Nun spart das Unternehmen dafür jede Menge Energie und schont gleichzei-tig die Umwelt.ziel: Durch moderne Technik CO2-neutral produzieren

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Silber gilt als antiquiert. Zu Unrecht, wie die Wiener Silber Manufactur beweist. Neben Klassikern werden aktuelle Designs von Künstlern wie Erwin Wurm, Zaha Hadid und Wolfgang Joop realisiert.

text: aleXandra rotter, Foto: richard tanzer

m it dem Jahr 2008 verbinden viele vor allem die Krise. Georg Stradiot denkt vermutlich auch an eine Krise, aber eher an

eine überwundene Krise. 2008 kam das Team der Wiener Silber Manufactur, deren Geschichte bis in die 1880er-Jahre zurückreicht, auf den Unternehmer zu. Der Traditionsbetrieb steckte in Schwie-rigkeiten – in so großen, dass der Betrieb fast eingestellt werden musste. Stradiot kam zu Hilfe und investierte in ein Handwerk, das vom Aussterben bedroht ist.

„Vor 150 Jahren gab es in Wien zirka 170 Silbermanufakturen. Heute gibt es nur mehr zwei“, erzählt der Kunst- und Architek-turliebhaber. Die gehobene Tafelkultur, zu der Silberobjekte und -besteck gehören, ist fast schon in Vergessenheit geraten und findet sich nur mehr in wenigen Haushalten. Qualitätvolles Tafelsilber ist nicht nur teuer, sondern braucht auch Pflege. Es scheint fast, als hätte Silber eine Seele: Es möch-te beachtet werden. „Silber muss man verwenden, sonst ärgert es sich schwarz“, sagt Stradiot. Er und seine Frau essen täglich vom Besteck „135“, das der österreichische Architekt und Designer Josef Hoffmann 1902 ent-worfen hat, ein Jahr, bevor er die Wie-ner Werkstätte mitbegründete. Das Design wirkt extrem modern. „Hoffmann hat damals einen revolutionären Durchbruch geschaf-fen“, schwärmt Stradiot.

Die alten Stanzen, die zur Produktion des Bestecks notwendig sind, gehören zum Schatz des Unternehmens und befinden sich nach einer Übersiedlung der Produktion im niederösterreichischen Weigelsdorf. Außerdem umfasst das Archiv rund 11.000 Original-entwürfe, unter anderem von Hoffmann, Koloman Moser und Otto Prutscher. Diese sind die Voraussetzung, um Bestecke und Silberge-schirr bzw. die sogenannte Korpusware wie Krüge, Vasen, Kannen oder Schüsseln heute noch nach alten Designs anzufertigen.

kein nachwuchsproblemIn der Produktionshalle in Weigelsdorf sind 15 Mitarbeiter beschäf-tigt, darunter eine junge Frau, die eine Lehre absolviert. Das Team ist generell auffallend jung. Selbst der Meister, Antonio Uma-ni, der aus Deutschland hierher gekommen ist, ist erst Mitte 30. Georg Stradiot legt viel Wert auf die Ausbildung des Nachwuchses.

Daher wurde auch mit den Mitarbeitern, die bei der Übernahme kurz vor der Pensionierung standen, eine Vereinbarung getroffen: „Sie haben sich verpflichtet, ihr Wissen an eine junge Garde an Silberschmieden weiterzugeben.“ Am Tag der Eröffnung des Ver-kaufslokals in der Wiener Innenstadt wurde zum ersten Mal nach vielen Jahren mit Umani wieder ein Silberschmiedemeister von der Wirtschaftskammer gekürt. Heute steht ein weiterer Geselle kurz vor der Meisterprüfung. Die Zukunft ist, jedenfalls was das Perso-nal betrifft, damit sichergestellt.

Dass die Zukunft auch wirtschaftlich gesichert ist, dafür sorgt vor allem eine neue Strategie: Das Unternehmen setzt auf zeitge-nössische Designs. Unter anderem konnten der deutsche Mode-designer Wolfgang Joop, die aus dem Irak stammende Architek-tin Zaha Hadid und der österreichische Künstler Erwin Wurm als

Silberdesigner gewonnen werden. Barbara Kamler-Wild, Artdirektorin der Silber Manufactur, sprach Joop 2011 in Mailand an, als er mit gro-ßem Gefolge durch die Designmesse rauschte: „Alle haben auf ihn einge-redet. Ich habe mich ihm in den Weg gestellt und gesagt: ‚Herr Joop, wollen

Sie unser Silber kennenlernen?‘ Zu meinem Erstaunen hat er Ja gesagt, und ich habe ihm unser Hoffmann-Geschirr gezeigt. Er hat es gekauft, in zwölffacher Ausführung.“ Joop rauschte weiter, doch Kamler-Wild hatte keine Kontaktdaten. Ein Mann im Gefolge ver-sicherte ihr, dass der Kauf zustande komme – und so war es auch. Später entwarf Joop den Tafelaufsatz „Magic Mushrooms“, dessen Pilze zum Beispiel als Gewürzbehälter verwendet werden können.

Hohes risiko„Heute ist es umgekehrt: Die besten Designer kommen auf uns zu“, erzählt Kamler-Wild. Der Künstler Erwin Wurm etwa klopfte an, um sein Fat Car – das im wahrsten Sinn des Wortes fette Auto, das für die aufgeblasene Gesellschaft steht – aus Silber herstellen zu las-sen. Er selbst war unsicher, ob das in ausreichender Qualität mög-lich wäre. Es war möglich, und heute steht eine Fat-Car-Zuccherie-ra im Wiener Museum für angewandte Kunst. Auch Zaha Hadid stellte für ihre Vasenentwürfe „Loa“ und „Vesu“ höchste Ansprüche an die Silberschmiede. Mit der Produktion einer Vase ist ein Mitar-

Das Ringen um die beste Qualität

„Silber muss man verwenden, sonst ärgert es sich schwarz.“ ¶ Georg Stradiot

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beiter – und zwar der Meister – drei Monate beschäftigt. Das Risiko ist dabei enorm: Macht er nach zweieinhalb Monaten einen Fehler, war alles umsonst, und er muss von vorn beginnen. „Das ist keine Routinearbeit“, betont Georg Stradiot, sondern „eine Herausforde-rung und ein Ringen um eine Lösung und um die beste Qualität.“ Zum Vergleich: Um einen Löffel herzustellen, braucht es – sofern die Stanzen dafür vorhanden sind – eine Stunde.

Zur Marktstrategie der neuen Wiener Silber Manufactur gehört auch der weltweite Vertrieb. So stehen regelmäßige Messebesu-che, unter anderem in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Russ land oder in den USA, auf dem Programm. Manche Produk-te werden sogar für einen bestimmten Markt entworfen, etwa das Ensemble „Ikra Ice“ von Thomas Bastide, das besonders russische Kundschaft anzieht. Es besteht aus einem großen schüsselartigen Behälter, in dessen Mitte sich eine Form für Kaviar sowie sechs Becher befinden, die für Wodka vorgesehen sind. In den Behälter kann Eis gefüllt werden, sodass alles gekühlt bleibt. Dazu gehört

eine Wodkaflasche und Kaviarlöffel. Andere Produkte wie etwa Edward Tuttles Eiskühler „Ball“ sprechen besonders die asiatische Klientel an.

Georg Stradiot hat mit seiner zeitgenössischen Schiene eine Nische erschlossen. Seine Hoffnung beruht darauf, dass sich die Schiene weiter etabliert und somit zu einem echten Standbein für die Zukunft wird. Denn Schließlich ist der Mäzen auch Unter-nehmer. Das Logo der Silber Manufactur, das es auch in Form von Schlüsselanhängern, Armbändern oder als Anhänger für Halsket-ten zu kaufen gibt, würde jedenfalls für eine blühende Zukunft sprechen: Es besteht aus vier Herzen, die ein vierblättriges Klee-blatt bilden.

Wir MachEN’S trotzDEM: Erfolgreiche Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf den ersten Blick überholt oder abwegig erscheinen mag, finden sich in dieser Serie wieder. anregungen an: [email protected]

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Wie kann man dutzende oder gar hunderte Mitarbeiter in kurzer Zeit schulen? Am besten mit Multiplikatoren.

text: Karin unGer

scheinbar endlos feilte und tüftelte der Handelskonzern X an seiner Webplattform für Händler. Millionen investierte er in

deren Entwicklung. Und nun ist die Plattform endlich installiert. Und der Verkaufsleiter? Er wartet gespannt, was geschieht. Nichts! Weiterhin übermitteln die Händler ihre Bestellungen per Telefon und E-Mail, so als existiere die Plattform nicht. Denn die Händ-ler wurden zwar über die Existenz der neuen Plattform informiert, aber nicht in deren Nutzung geschult. Ähnlich verhält es sich beim Maschinenbauer Y. In mühevoller Kleinarbeit organisierte er seine

Produktion um. Neue Techniken wurden eingeführt und die Prozesse neu struktu-riert. Doch die Mitarbeiter arbeiten wie gewohnt weiter. Man könnte diese Liste der fiktiven Beispiele beliebig fortführen. Denn der Umgang mit neuer Technologie läuft in vielen Unternehmen nicht rei-bungslos ab.

Fiktion: Das kommt von alleinWarum? Weil zum Beispiel die Mitarbei-ter den Umgang mit der neuen techni-schen Lösung noch nicht gewohnt sind, erscheint ihnen diese zunächst schwieri-ger, umständlicher und weniger effizient. „Das taugt nichts“, ist dann schnell bei den Gesprächen im Raucherhof zu hören. Selbiges gilt freilich auch, wenn es dar-um geht, neue Techniken, Strategien oder Abläufe in ein Unternehmen einzuführen.

Wo liegt das Problem? Ganz einfach: Wie erfolgreich die Einführung einer neuen Lösung verläuft, hängt davon ab, inwieweit das Unternehmen seinen Mit-arbeitern oder Partnern die nötige Kom-petenz vermittelt, diese effektiv zu nut-zen. Eines ist dabei wichtig zu wissen: Die Zeitspanne, in der das Unternehmen den „Anwendern“ die erforderlichen Skills ver-mitteln kann, ist meist recht kurz. Zuwei-len beträgt sie nur wenige Tage. Dann ent-

scheidet sich, ob diese angenommen werden oder nicht.Um dorthin zu kommen, gibt es gemeinhin drei Wege: Das

Unternehmen trainiert alle Mitarbeiter, man überträgt die Schu-lungsaufgabe einem externen Trainingsanbieter, oder man bildet firmenintern sogenannte „Multiplikatoren“ aus. Das heißt: Es lässt ausgewählten Mitarbeitern zunächst durch Weiterbildungsprofis in der eigenen Organisation oder durch externe Spezialisten das nötige Know-how und die erforderliche Kompetenz zum Schulen anderer Personen vermitteln. Danach trainieren diese wiederum

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ihre Kollegen oder die Kunden des Unternehmens. Durch ein solch mehrstufiges Vorgehen lässt sich die für das Schulen großer Perso-nengruppen benötigte Zeit erheblich verkürzen.

Die Vorteile liegen auf der Hand: „Trainer“ stehen weiterhin als Ansprechpartner zur Verfügung, und außerdem erhöht sich deren Kompetenz, ihre Mitarbeiter im Arbeitsalltag anzuleiten und zu coachen.

eigene Mitarbeiter als „trainer“ qualifizierenWie eine solche Ausbildung konzipiert sein kann, zeigt das Bei-spiel der Voss+Partner Trainergrundbildung in Hamburg. Mitar-beiter von Unternehmen bekommen hier binnen vier Tagen das erforderliche Basiswissen zum Schulen von Mitarbeitern, Kollegen oder Kunden vermittelt. In dieser Aus-bildung wird den Teilnehmern weit-gehend das Know-how weitergegeben, das auch im Programm der klassischen Trainerausbildungen steht – in kompri-mierter Form. So werden in der Ausbil-dung zum Beispiel Themen behandelt wie „Mein Selbstverständnis als Trai-ner“, „Menschliche Wahrnehmung und Kommunikation“, „Lernprozesse pla-nen und steuern“, „Kreative Lernmetho-den“ und „Professioneller Umgang mit den Trainings- und Präsentationsme-dien“ – Themen, die man auch in den Programmen der klassischen Trainer-ausbildungen, die sich über ein, zwei

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das unternehmen trainiert alle mitar-beiter (beziehungsweise händler und user) mit eigenem Schulungspersonal. das scheitert oft daran, dass den betrieben zu wenige Weiterbildungsprofis zur Verfü-gung stehen.

das unternehmen überträgt die Schu-lungsaufgabe einem externen trainings-anbieter. hier entstehen meist erhebliche Kosten.

das unternehmen bildet firmenintern, bevor es die neuerung einführt, sogenann-te „multiplikatoren“ aus.

Jahre erstrecken, findet.Gestrichen wurden aus dem Programm auch alle Elemente, die sich im weitesten Sinn mit der Frage befassen: Wie vermarkte ich als Trainer mich und meine Leistun-gen? Also alles, was nur für hauptberufliche Trainer interessant wäre.

steigende nachfrage von unternehmenGemäß der Maxime „Was ist für die Zielgruppe interessant und relevant?“ muss also, wenn es um das Ausbilden von firmeninter-nen „Trainern“ oder „Wissensvermittlern“ geht, das Programm der klassischen Trainerausbildungen so „entschlackt“ werden, dass der Stoff in maximal einer Woche vermittelbar wird.

Solche „abgespeckten“ beziehungsweise auf den Firmenbe-darf zugespitzten Trainerausbildun-gen stoßen bei den Unternehmen seit einigen Jahren auf eine immer größe-re Resonanz. Aus einem ganz einfa-chen Grund: Neben dem Marktumfeld ändern sich in den Unternehmen auch in immer kürzeren Zeitabständen die Strategien, Abläufe sowie die genutz-ten Verfahren. Also steigt auch der Schulungsbedarf. Folglich brauchen die Unternehmen auch mehr Mitarbei-ter, die über die erforderliche Kompe-tenz verfügen, Kollegen oder Kunden zu schulen – und zwar nicht irgend-wann und irgendwo, sondern zeit- und arbeitsplatznah.

WAS KÖNNEN UNTERNEHMER VON WELTMARKTFÜHRERN LERNEN?

Termin: 14. bis 15. Oktober 2015Ort: Tagungszentrum Schloss Schönbrunn

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Marketing aus dem Hinterhalt

Zu wenige Kunden und kein Geld? Dann probieren Sie Guerilla-Marketing: Hier vier Anregungen.text: mara leicht

1. draUssen Vor der tür: aUssen- Und poInt-of-sale- werBUngWarum bloß kommt niemand ins Geschäft? Vielleicht, weil es nie-mandem auffällt. Ein Schuhhändler saß auf einem Haufen übrig gebliebener Ladenhüter der letzten Saison. Dann kam ihm die Idee, sie einfach auf den Gehsteig zu kleben. Einen Schuh nach dem anderen, den ganzen Weg von der nahegelegenen U-Bahn-Station bis zum Laden. Die Passanten wurden neugierig, folgten den Schu-hen, landeten im Laden, fanden die Idee witzig – und kauften. Zu diesem Beispiel sei vermerkt, dass korrekterweise vorab die Geneh-migung der Stadtverwaltung eingeholt werden muss.

Ein anderes Beispiel: Am Flughafen litt ein Sushi-Restaurant unter magerer Frequenz. Kurzerhand funktionierte der Chef den Handlauf einer nahegelegenen Rolltreppe zum „Running-Sushi“ um: mit runden Aufklebern, die wie Sushi-Teller aussahen, dazwi-schen das Logo des Restaurants und ein paar „Lust auf Sushi?“-Sprüche. Die Aktion kostete gerade mal 100 Euro und verdreifachte die Frequenz. Bei einer anderen Filiale derselben Kette floppte sie jedoch. Der Grund: Im ersten Fall mündete die Rolltreppe direkt vor dem Restaurant und spülte die Kunden regelrecht hinein. Im zweiten Fall war die Entfernung zwischen Rolltreppe und Restau-rant zu groß. Die Passanten „vergaßen“ die Werbung, sobald sie

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die Rolltreppe wieder verlassen hatten. Das Guerilla-Kochrezept ist einfach und immer dasselbe. Frage 1: Wer ist Ihre Zielgruppe und wo hält sie sich auf? Frage 2: Wie können Sie Ihr Produkt umfunk-tionieren, sodass es die Zielgruppe zum Schmunzeln bringt und ins Geschäft lockt? Falls Sie mit Ihrer Werbeagentur darüber reden: Der Fachbegriff für Guerilla-Außenwerbung heißt Ambient-Marketing.

2. empfehlUngsmarKetIng, Im echten leBen Und Im weBGuerilla-Techniken werden oft mit viralen Web-Kampagnen gleichgesetzt. Auch in der realen Welt funktionieren bezahlte oder freiwillige Fürsprecher, die Ihr Produkt empfehlen. Ein Fotohänd-ler wollte eine neue Kamera pushen, deren Vorzüge sich jedoch erst beim Anwenden zeigen. In seinem Geschäft konnte er sie den Kun-den in die Hand drücken, dem Hobbyfotografen draußen auf der Straße aber nicht? Der findige Mann engagierte deshalb Studenten, die mit diesen Kameras auf Fotoausstellungen gingen. Dort spra-chen sie Besucher mit der Bitte an, doch ein Erinnerungsfoto von ihnen zu schießen – mit eben jener Kamera, von der die Studenten so begeistert schwärmten. Zufällig hatten sie auch die Visitenkarte des Händlers dabei. Diese Guerilla-Spielart heißt Buzz-Marketing. Dabei vertreiben angeheuerte Agenten die frohe Botschaft persön-lich, telefonisch, per E-Mail oder SMS. Manchmal genügt es, net-te Studentinnen ins Café zu setzen und sie demonstrativ den mit Spannung erwarteten neuen Bestseller lesen zu lassen – schon wer-den die Buchhandlungen gestürmt.

EPU und Kleinunternehmen können auch über Online-Akquise nachdenken. In XING und LinkedIn ein Kontaktnetz aufzubauen kann funktionieren (muss aber nicht). Wer an B2B-Kunden heran-kommen will, muss lange in Vertrauen und Glaubwürdigkeit inve-stieren. Erst wenn er den Status eines seriösen Experten hat, darf er erstmals vorsichtig nach konkretem Kaufinteresse anklopfen. Die Regel lautet: Wer mit der Tür ins Haus fällt, wird oftmals verbannt.

Anders ist das beim Direktvertrieb schnelldrehender Konsum-artikel mit hoher Alltagsbegehrlichkeit (Tupperware, Amway & Co). Hier verzeiht die Community auch den unverblümten Ver-kaufsrundruf auf Facebook.

3. trIttBrettfahrenEin Kleiner kann sich nicht leisten, was ein Großer kann. Aber er kann dessen Schwäche ausnutzen. Lässt ein großes Möbelhaus sei-ne Kunden beim Aufbau der Möbel allein, kann ein kleiner Her-steller genau diesen Service herausstreichen. Der treffende Name dieser Guerilla-Variante lautet Moskito-Marketing.

Trittbrettfahren funktioniert auch, wenn Sie sich kein teures Sponsoring leisten können oder wollen. So wie Nike beim Berlin-Marathon 2006. Dort stach Nike die offiziellen Sponsoren mit einer Web-Kampagne rund um einen betagten Läufer aus („GoHeinrich-Go“) und hinterließ dabei den Eindruck, Sponsor zu sein – ohne das je behauptet zu haben. Konkurrent Puma ließ einen Sportler bei einer Olympia-Pressekonferenz farbige Kontaktlinsen mit dem

Puma-Logo tragen. Die Medien stürzten sich auf die ungewöhnli-chen Bilder und übertrugen sie viel öfter als die langweiligen der offiziellen Sponsoren. Die niederländische Brauerei Bavaria wie-derum verteilte beim WM-Finale 2010 Niederlande gegen Spanien 36 Models auf den Rängen, die in der Firmenfarbe Orange geklei-det waren. Der offizielle Sponsor witterte unlautere Werbung und ließ die Mädels medienwirksam vom Platz führen. Keine Frage, auf wessen Seite die Sympathien waren. Im Fachjargon wird diese Sponsoring-Spielart übrigens Ambush-Marketing genannt.

Ein juristischer Hinweis: Klopfen Sie Ihre Ideen immer auf mögliche Rechteverletzung ab (Urheber-, Marken-, Persönlich-keits-, Wettbewerbs- und Hausrechte). So witzig sie auch sein mögen, sie können Ihre Marke schädigen – Stichwort: irreführen-de, umweltverschmutzende, geschmacks- oder verantwortungslose Werbung – etwa lebensgefährliche Stunts bei Flashmobs.

4. recrUItIng aUs dem hInterhaltStellenaushänge auf schwarzen Brettern sind ein alter Hut. Wenn schon, dann bitte auf WC-Türen in Lokalen, Fahrradständern und auf dem Autodach. Nett sind auch „Wanted“-Angebote im Western-stil, die mit Pfeilen in Baumstämme gebohrt sind, oder „Auf dem Weg nach oben?“-Aufkleber auf der Rolltreppe. Noch kreativer ist die Botschaft auf Werbeträgern und Orten, wo sie die Zielgruppe nicht erwartet: auf Bierdeckeln in Kneipe und Mensa (Manpower) oder auf Flaschenetiketten im Regal (Innocent). Wer bedruckbare Produkte hat, findet leicht eine passende Idee.

Das Internet ist voll mit viel geklickten Beispielen, wie Wer-beagenturen im Konkurrenzteich fischen. Die Agentur Scholz & Friends wusste, dass Kreative gern den Pizzadienst in Anspruch nehmen. Fortan wurde der Mitbewerb mit Pizzas beglückt, auf denen mit einer Schablone ein QR-Code aus Tomatensauce aufge-backen war. Wer ihn einscannte, gelangte zum Jobangebot. Ogilvy wiederum kannte die Leidenschaft von Webdesignern für illegale Downloads. Die Agentur verstecke Ihre Stellenanzeige hinter einer Datei mit dem Titel „Photoshop Download“ – inklusive dem Ver-sprechen, alle Designprogramme gratis zur Verfügung zu stellen. Sie müssen keine Kreativagentur sein, um Guerilla-Recruiting zu betreiben. Eine Firma wollte Buchhalter von der Konkurrenz abwer-ben und überwies an deren Arbeitgeber je einen Euro. Begleittext zur Buchung: „Wir suchen Buchhalter, die genau hinsehen.“ Eine Security-Firma adressierte das Sicherheitspersonal auf Flughäfen, indem sie Passagiere überredete, Metallplatten mit der Aufschrift „Gelangweilt? Bewerben Sie sich bei uns“ ins Gepäck zu stecken.

Der Trick funktioniert auch andersrum. Es sind meist junge Bewerber, die selbstgedrehte Videos verschicken, in denen sie ori-ginell ihre Stärken ausloben. Wer etwas tiefer in die Tasche greift, lässt ein Plakat vor dem Fenster des Traumchefs affichieren.

Zuletzt eine Warnung: Kopieren Sie nie eins zu eins Ideen aus dem Internet. Statt Bewunderung für Ihre Kreativität ernten Sie aus der Community nur Spott und Häme. Lassen Sie sich lieber etwas Eigenes einfallen. Die Anregung dazu gibt Ihnen Ihr Produkt.

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Microsoftgründer Bill Gates erklärt, warum er vier Milliarden Dollar im Jahr verschenkt – und warum es eigentlich einer Weltregierung bedürfte.

IntervIew: michael bauchmüller und SteFan braun

Um neun Milliarden Dollar ist Bill Gates 2014 reicher gewor-den. Spricht man den reichsten Mann der Welt darauf an,

zuckt er mit den Schultern und nippt an seiner Cola light. Seit eini-gen Jahren hat er sich aufs Geldausgeben verlegt – für den Kampf gegen Aids, Kindersterblichkeit, Armut. Oder er gibt mal eben 1,5 Milliarden Dollar für die Impfallianz Gavi.

herr gates, wie ist das, der reichste mann der welt zu sein?Ich gebe rund vier Milliarden US-Dollar im Jahr für meine Stif-tung aus. Und ich gebe zu: Es freut mich sehr, dass ich mit meinem Vermögen Gutes tun kann, um in Impfstoffe, Medikamente gegen Malaria, HIV, Kinderlähmung, und in die Forschung und Entwick-lung von Medizin zu investieren. Je mehr Forschung wir betreiben, desto mehr Leben können wir retten.

was ist mit Ihnen passiert? wie konnte aus dem geschäfts-mann gates der entwicklungshelfer gates werden?Schon in meinen Zwanzigern habe ich Bücher über Rockefeller und Carnegie gelesen. Mich hat interessiert, wie sie gelebt und was sie mit ihrem Geld gemacht haben. Folgen hatte das nicht. Ich habe aber schon damals gewusst, dass ich nicht ewig mit Microsoft arbeiten wollte. Ich wusste, dass ich danach noch etwas anderes machen würde. Aber ich dachte, dass das vielleicht mit 60 sein würde, nicht früher.

andere machen eine weltreise und lassen es sich gutgehen.Als ich Melinda geheiratet habe waren wir uns schnell einig, dass wir unbedingt etwas gemeinsam verändern wollten. Dann erfuh-ren wir in den Neunzigern das erste Mal etwas über den Rota-Virus, die Durchfallkrankheit, die Kinder tötete. Wir wurden neugierig, wir lernten etwas über Malaria und stellten fest, dass es dazu fast keine Forschung gab. Da wurde klar, dass wir genau an der Stelle ansetzen wollten. Ich war 45, als ich 20 Milliarden Dollar in die Stiftung investierte. So fing es für mich an.

hat sie das glücklich gemacht?Ehrlich gesagt, es war sehr aufregend und spannend, weil wir erst mal entscheiden mussten, wo wir anfangen. Und es war traurig, weil uns bewusst wurde, wie wenig bis dahin erreicht worden war, auch gegen weit verbreitete Krankheiten wie Polio, Malaria und HIV. Umso mehr tat es gut, jetzt etwas zu tun. Wir merkten schnell, dass

auch etwas verändert werden kann, wenn es mehr Forschung gibt, mehr Einsatz, mehr Aufmerksamkeit. Von einem Vollzeit-Geschäfts-mann zu einem Vollzeit-Stifter bin ich erst 2008 geworden.

hat es eine rolle gespielt, dass sie Vater geworden waren?Es hat eine sehr große Rolle gespielt, dass ich nicht mehr zwanzig, sondern fünfzig war. Mitte zwanzig war ich ein Single, voller Ehr-geiz, der keinen Urlaub brauchte und stolz war, dass er zwei Näch-te am Stück durcharbeiten konnte; der kein Wochenende kannte und seine Mitarbeiter antrieb; der also vor allem an sich dachte. Mit fünfzig denkst Du mehr darüber nach, wie Du anderen helfen kannst, Du fährst außerdem auch mal in den Urlaub, Du fragst Dich, wie es den Menschen um Dich herum geht. Du wirst ein sozi-alerer Mensch. Melinda zu heiraten, war da der größte Meilenstein. Und das Alter. Ich muss es so sagen: Altern führt einen in diese Richtung. Außerdem sind Kinder natürlich auch eine gigantische Sache. Wir reisten durch die Welt und sahen plötzlich die Armut, wir sahen Slums ohne jede sanitäre Einrichtung. Wir lernten, dass 20 Prozent aller Kinder starben, bevor sie fünf waren. Wir merkten, wir müssen etwas ändern.

gibt es reiche, die Ihnen böse sind? Ihr Beispiel setzt sie ja unter druck.Keine Frage, es gibt Menschen, die sagen, dass der Kapitalismus diese enormen Einkommen erst möglich macht. Also soll derjenige auch etwas zurückgeben. Aber ich käme nie auf die Idee, jeman-den, auch wenn er noch so reich ist, zu etwas zu verpflichten. Das muss freiwillig geschehen. Ich denke nur, dass Menschen, die über einen gewissen Reichtum verfügen, wissen sollen, wie befriedi-gend und berührend es sein kann, diese Möglichkeiten zu nutzen. Auch wenn ich sagen muss, dass es am Anfang unglaublich schwer war zu entscheiden, wofür und wie ich das Geld am besten anlegen soll. Es gibt so viel Not, so viele Bedürftige. Man muss das, was man unterstützt, aus vollem Herzen verteidigen können. Du darfst keine Zweifel haben, wenn Du so viel Geld einsetzt.

In Ihrem jährlichen stiftungsbrief schreiben sie, bis 2030 werde sich das leben der ärmsten schneller und stärker ver-bessern denn je. woher der optimismus?Ich glaube, dass den Menschen heute nicht klar ist, wie sehr sich die Lage für die Armen schon verbessert hat. Natürlich ist es an vie-

„Du darfst keine Zweifel haben“

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len Stellen noch lange nicht genug. Aber Millionen Kindern geht es heute besser als früher. Millionen sterben heute nicht mehr und wären vor nicht allzu langer Zeit noch gestorben. Diese Opfer der Armut wurden aber lange kaum wahrgenomen. Ein Kind starb an Polio, das nächste an Malaria, das dritte am Rota-Virus, jedes an einem anderen Ort. Wir nehmen wahr, wenn ein Flugzeug abstürzt, ein Krieg tötet oder ein Tsunami seine zerstörerische Kraft entfal-tet. Den täglichen Tod nehmen wir nicht wahr. Deshalb sind uns auch die enormen Fortschritte entgangen.

welche zum Beispiel?Früher starben 13 Millionen Kinder vor ihrem fünften Geburtstag, heute sind es noch sechs Millionen. Damals war es jedes zehn-te Kind, heute ist es jedes Zwanzigste. Wir wollen erreichen, dass es nur noch jedes vierzigste Kind ist. Nicht anders ist es bei HIV. Außerdem sehe ich, was es in den nächsten Jahren an Geld und Forschung geben wird. Und ich sehe, dass es inzwischen Länder gibt, die einfach gute Arbeit machen. Länder wie Äthiopien zum Beispiel. Trotzdem waren 2014 so viele Menschen auf der Flucht wie seit 1945 nicht mehr. Und es war weltweit so warm wie nie.Der Kampf gegen Klimawandel geht jeden etwas an, auch ich inve-stiere da viel. Ich sehe, was hier geschieht. Und ich bin noch kei-neswegs zufrieden. Wir brauchen erneuerbare Energien und neue Transportsysteme, wir brauchen Mittel für die Forschung. Es geht alles zu langsam. Es ist absurd, dass die reichen Länder das Pro-blem erzeugt haben – und von den Folgen bis heute am wenigsten abbekommen. Vor- und Nachteile sind einfach ungerecht verteilt.

aber nicht nur beim Klima.Das stimmt. Nehmen Sie die Landwirtschaft. In Afrika leben 70 Prozent der Menschen von der Landwirtschaft, in den USA sind es zwei Prozent. Trotzdem liefern die Amerikaner Lebensmittel nach Afrika. Afrika kauft überall in der Welt Essen, jährlich für 50 Milliarden Dollar. Selbst dann bekommen sie nicht genügend. Das ist verrückt. Was, wenn es Afrika gelänge, selbst zu produzieren? Effektiver, mit besserem Saatgut, mit besserer Schulung der Bau-ern – es würde das Einkommen erhöhen, es würde der Verwüstung entgegenwirken, es würde die Sterblichkeitsrate senken.

ärgert es sie, dass sie letztlich die aufgabe von staaten erle-digen müssen?

So sehe ich das nicht. Es gibt Bereiche, da braucht es Philan-thropie, um zum Beispiel einfach einmal zu einer renommierten Universität wie dem MIT zu gehen und zu sagen: Kommt Wis-senschaftler, unterstützt uns. Wenn es darum geht, den richtigen Aids-Impfstoff zu finden, sind Politiker nicht unbedingt richtig ausgebildet. Wenn man dagegen die weltweite Entwicklungshil-fe nimmt, also rund 130 Milliarden Dollar, sieht man, dass die Staaten schon sehr viel machen. Wir geben rund vier Milliar-den Dollar jährlich aus, das mag nach viel klingen. Aber vergli-chen mit den Budgets der Staaten ist es wenig. Die USA investie-ren rund 30 Milliarden Dollar, Deutschland rund 14 Milliarden Dollar.

trotzdem reicht es noch lange nicht.Weil wir die Welt nicht hypereffizient managen. Nehmen Sie den Klimawandel – da fehlt eine Art globale Regierungsführung. Man kann sich darüber lustig machen, aber in Wahrheit war es traurig, wie die Konferenz in Kopenhagen verlaufen ist, wie einzelne sich verhalten haben, wie das UN-System versagte. Bislang gibt es kei-nen perfekten Rahmen.

wir brauchen eine weltregierung?Wir haben globale Fragen, da wäre sie bitter nötig. Nehmen Sie die UN, sie ist vor allem für die Sicherheit auf der Welt geschaffen wor-den. Für den Krieg sind wir bereit, da haben wir alle Vorkehrungen getroffen. Wir haben die Nato, wir haben Divisionen, Jeeps, trai-nierte Leute. Aber was ist mit Seuchen? Wie viele Ärzte haben wir dafür, wie viel Flugzeuge, Zelte, was für Wissenschaftler? Gäbe es so etwas wie eine Weltregierung, wären wir besser vorbereitet.

haben sie schon mal ganz spontan jemandem geholfen? der richtig in not war?Rational gesehen würde ich sagen: Ich arbeite auf Großhandels-Niveau. Wenn ich auf eine Konferenz gehe und für Gavi werbe, sage ich: Wir haben sechs Millionen Leben gerettet. Das ist unfassbar! Was aber Menschen wirklich berührt, ist der Einzelfall. Was also wäre, wenn ich nicht von den sechs Millionen sprechen würde, sondern sechs Bilder mitbrächte? Von Jane, Joe, Sally, Jim. Das würde die Menschen wahrscheinlich mehr berühren. Das geht mir genauso. Wenn mir früher einer sagte: Wir haben 50 Millionen mal Windows verkauft, dann habe ich geantwortet: Sicher?

IMPRESSUMMedieninhaber, Herausgeber, Verleger, Redaktion: Österreichischer Wirtschaftsverlag GmbH, Grünbergstraße 15/1, A-1120 Wien, T (+43 1) 546 64-0, F (+43 1) 546 64-711, www.wirtschaftsverlag.at, Geschäftsführer: Thomas Zembacher, DVR-NR.: 0368491, Chefredaktion Österreichischer Wirtschaftsverlag Gesamtleitung: Stefan Böck, (sb), T (01) 546 64 – 380, E [email protected], Chefredakteur: Stephan Strzyzowski, (str), T (01) 546 64-381, E [email protected], stv. Chefredakteur: Daniel Nutz (dn), T (01) 546 64-388, E [email protected], Autoren: Mara Leicht, Sonja Tautermann, Gertraud Eibl, Alexandra Rotter, Karin Unger, Harald Koisser, Hannes Offenbacher, René Bachl, Ger-hard Brunnbauer, Michael Bauchmüller, Stefan Braun, Fotos: Thinkstock, Richard Tanzer, Anzeigenverkauf: Erhard Witty, T (01) 546 64–283, Anzeigenservice: Renate Weber, T (01) 546 64-482, E [email protected], Grafik Design: Antonia Stanek, Illustration: Barbara Köhler, Joscha Sauer, Hersteller: Druckerei Ferdinand Berger & Söhne GmbH, 3580 Horn, Wiener Straße 80, Aboservice: Aboservice Österr. Wirtschaftsverlag, T +43/1/361 70 70-570,F +43/1/361 70 70-9570, E [email protected] • www.die-wirtschaft.at • http://www.facebook.com/diewirtschaft • Aus Gründen der Textökonomie verzichten wir auf geschlechtsspezifische Formulierungen. Die Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz ist unter http://www.wirtschaftsverlag.at/offenlegung ständig abrufbar.

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die wirtschaft nr. 6 | J 15 33die wirtschaft nr. 6 | J 15

Ein Besuch in der Anwalts kanzlei CMS in Wien. Wir fragen den Compliance-Experten Rainer Wachter ganz direkt: Kommt man in manchen Ländern ohne Korruption überhaupt zum Abschluss? IntervIew: daniel nutz

oft wird behauptet, Bakschisch gehört in manchen Län-dern dazu, um Geschäftsabschlüsse zu machen. Ich sehe

aus meiner langjährigen Praxis aber deutlich, dass es hier eine Trendwende gibt. Es gibt beispielsweise in den vormals berüchtigten Ländern des Balkans oder Bulgarien mittlerweile immer weniger die Erwartungen, dass vor dem Abschluss Geld fließt. Das hat sich auch in anderen einschlägigen Ländern geändert. Ein Beispiel: War es vor zehn Jahren noch selbst bei großen Aufträgen üblich, an staatliche Stellen eine sogenann-te Provision zu zahlen, hat sich diese Praxis in vielen Ländern aufgehört. Zu diesem Umdenken haben sehr stark die Korrup-tionsfälle von Daimler und Siemens beigetragen. Beide Kon-zerne fahren seither eine Zero-Tolerance-Politik. Und es zeigt sich: Sie sind damit erfolgreich.“

„Viele Unternehmen haben Korruption lange als Kavaliersde-likt angesehen. Fakt ist aber, dass Bestechung ein strafrechtli-ches Vergehen ist. Dass im schlimmsten Fall Gefängnis droht, verdrängen viele aber. Wichtig ist, sich vor Augen zu führen, dass auch widerrechtliche Handlungen im Ausland Strafen nach sich ziehen. Bei vielen KMU ist ein weiteres unterschätz-

tes Risiko, dass der Geschäftsführer persönlich haftet, wenn es zu finanziellen Schäden für das Unternehmen kommt – neben den arbeitsrechtlichen Konsequenzen.“

„Compliance ist ein Thema, mit dem sich auch KMU befassen müssen. Einerseits hilft ein Compliance-System, das Unter-nehmen von etwaigen Korruptionsvergehen – die Mitarbeiter oft ohne das Wissen der Geschäftsführung begehen – zu schüt-zen. Andererseits ist Compliance ein Wettbewerbsvorteil. Bei Kooperationen und Partnerschaften fordern Großkonzerne von Mittelständlern in der Regel ein, sich den vorhandenen Compliance-Regeln zu unterwerfen.“

„Natürlich ist es wichtig, die richtige Compliance-Strategie für das jeweilige Unternehmen zu finden. Was für einen Konzern wie Siemens gut ist, wird für ein mittelständisches Beratungs-unternehmen klarerweise zu viel sein. Wie kommt man zum rechten Maß? Unternehmen müssen zunächst eine maßge-schneiderte Risikoanalyse anstellen. Darauf lässt sich dann ein entsprechendes Compliance-System aufsetzen.“

Diesmal zum Thema: Bestechung

KLARE WORTE

rainer Wachter ist Partner in der internationalen anwaltssozietät cMS ...

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... und auf compliance spezialisiert.

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die wirtschaft nr. 6 | J '1534 die wirtschaft nr. 6 | J '15

Unsere Aufdeckerjournalisten haben wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Uns liegen E-Mails mit Auft rägen für teure Beratungs-

leistungen vor, die nicht nur die Verschwendung von Steuergeld, sondern auch die Inkompetenz der heimischen Politprominenz belegen.

DEr aUtor:

Stefan Böck ist chefredakteur des Österreichischen Wirtschaft sverlags und

nimmt sich kraft seines amtes heraus, die letzte Seite mit seinen verqueren Gedanken zu füllen.

Schreiben Sie ihm: s.boeck@wirtschaft sverlag.at

Schlechter Rat ist auch nicht billig

BÖCK MACHT SCHLUSS

Sehr geehrter herr Kickl,gerne bestätigen wir den auft rag über das Wochenendseminar „Poesie für anfänger – reimen und dichten“ zum angebotenen Preis von 6.000 euro exkl. Spesen. Wie besprochen kommen wir dazu gerne in die Parteizentrale. Wir benötigen ein Flipchart und einen beamer.liebe Grüße,eugen & roth beratungs- und textagenturPS: den Kurs „deutsche rechtschreibung für inländer“ können wir vor dem Sommer leider nicht mehr anbieten. herr Strache möge bitte einen herbsttermin vorschlagen, danke.+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

liebe maria, danke für den auft rag, wieder wie letztes Jahr. Same Price :-) geht leider nicht, weißt eh, es wird alles teurer. also wir machen 5.000,– gradaus für das „lastenradfahren mit Kindern“ und nochmal 5.000,– gradaus für den Veganen-burger-Kurs im Grünen haus. Passt? Wir können auch wieder die t-Shirts bringen, und Fotos machen wir auch selber. bitte um okay, liebe & Kraft , Sabine+++++++++++++++++

Sehr geehrter herr Juraczka,wir freuen uns, dass Sie unser Programm überzeugt hat, und sind sicher, dass es für ihre weitere zukunft sehr hilfreich sein wird. Wir haben das Setting nun im detail auf Sie abgestimmt und beginnen bereits am Freitag zu mittag mit dem Sinnsuche-block. am Samstag starten wir nach etwas yoga in den Selbstfi ndungstag (details siehe anhang), und der Sonntag steht dann ganz im zeichen des ideen-workshops. rhetorik würde ich an einem eigenen termin machen, da sind wir ja erst ganz am anfang. bitte um bestätigung des KV ebenfalls im anhang.herzliche Grüße, Sepp Forcher++++++++++++++++++++++++

lieber Präsident, anbei sende ich dir einen ersten rohent-wurf für die Konzeptstudie „reform der reform der reform“. bitte um Feedback. an den einzelnen Wordings muss man sicher noch feilen, das hauptziel, den unternehmern die Krot schmackhaft zu machen, kommen wir damit aber sicher recht nahe, besser kann man das nicht verkaufen (danke für die brillanten inputs aus dem briefi ng) und muss man auch nicht, weil, wie du richtig sagtest, die werden dann schon mitziehen (auch wenn wir die letzte Folie mit dem roten Gespenst vielleicht doch noch entschärfen sollten?). Freu mich! by the way: ich hab jetzt auch die Kosten mit 14 k gedeckelt, handout inklusive. bitte um okay. liebe Grüße, heidi+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

lieber robert, das Weinseminar müssen wir wegen der depperten Wahl heuer absagen! ich weiß, du hast alles vorbereitet. Wenn die Kosten entstanden sind, sag es, die übernehmen wir. 30 waren geplant, mach mir ein angebot. der chateau Petrus wird ja nicht schlecht. :-) Gruß, michael+++++++++++

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Eine Initiative der gewerblichen

Immobilienwirtschaft

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Österreichs Gesamtverkehrsplan verfolgt zwei zentrale Ziele: Mobilität für Menschen möglichst frei und angenehm zu gestalten. Und die negativen Folgen des Verkehrs hintanzuhalten.

Hier bringt Siemens-Technik das Land entscheidend voran. So stammen sämtliche U-Bahnzüge der Wiener Linien mit Ausnahme der U6 aus dem Siemens-Werk in Wien-Simmering. Durch den hohen Grad an Digitalisierung setzen diese Fahrzeuge in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe bei der Energieeffizienz. Etwa bei der Bremsenergie-Rückgewin-nung: über ein Drittel der beim Bremsen anfallenden

siemens.at/gemeinsam

Energie wird wieder ins Netz zurück gespeist. Aber auch im ÖBB railjet braust österreichisches Know-how durch das Land. Und das mit bis zu 230 km/h! Eine echte Wirtschaftslokomotive für den Standort Österreich.

Um die Attraktivität, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Verkehrsmittel weiter zu steigern, setzt Siemens stark auf Digitalisierung und treibt die Verbindung von virtueller und realer Welt voran. Gemeinsam mit seinen Kunden elektrifiziert, automatisiert und digitalisiert Siemens die Welt, in der wir leben – und verwirklicht das, worauf es ankommt.

Bitte einsteigen: Know-how aus Österreich fährt ein!Mit unseren Kunden verwirklichen wir, worauf es ankommt.Gemeinsam bringen wir Österreichs Mobilität voran.

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