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82 Die XXV. Versammlung deutscher Forstmänner zu Stuttgart. bei ber Preisbestimmung keine entfcheibenbe Rolle spielen. Daß aber hierin eine Änberung eintreten werbe, ist bei ber gewaltigen Zunahme von eisernen Schienen an Stelle von Holztragbalken nicht wohl wahr- schemlich. D a s Gewicht v o l l e n b s ist entweber bem Käufer gleichgilttg ober sogar ein lästiger Faktor, ben er bmch verschiebene Matzregeln möglichst zu verringern sucht. Nach biesen Gesichtspunkten beurteilen a l l e Holzkäufer bie Güte bes Bau- unb Schnittholzes, bestimmen sie den Preis bes Materials, ent- fcheiben sie Über bie Rentabilität ber Walbungen; baraus ergeben sich von selbst auch bie Gesichtspunkte, nach benen ber Forstmann seinen Walb bewirtschaften muß, um bie höchste Rente zu gewinnen, nämlich: aus gegebener Fläche in kurzer Zeit möglichst viel, möglichst gerabschaftigeS, vollholziges, a s t r e i n e s N u t z m a t e r i a l zu erziehen; nebensächlich ist, ob bas Holz babei auch brück- ober tragfester, ob es schwerer oder leichter wirb. II. MMetwnge«. Die XXV. Versammlung deutscher Forstmänner zu Stuttgart am 30. August bis 3. September W 7 . I m Laufe bes 30. August fanb sich allmählich eine stattliche Anzahl von Grünröcken zusammen, ba bereits am selben Tage bie Forststerbekasse unb ber neu zu grünbenbe Reichsforstverein Versammlungen abhielten. Am 31. August vormittags 8 Uhr eröffnet Oberforstrat Dr. Fürst als Präsibent ber vorjährigen Versammlung bie heurige XXV. mit ben besten Wünschen für guten Verlauf. Der Vorstanb fetzte sich zusammen aus Lanbforstmeifter Dr. Danckelmann als erften unb Präsibent v. Dorrer als zweiten Vorsitzenben, zu Schriftführern werben berufen Oberförster Romberg-Hohenheim unb Forstmeister vr.Kahl-Metz. Zuvörberst bringt Dr. Danckelmann nach altem guten Brauch auf bie beiben Schirmgewalten von Reich unb Lanb ein bonnerndes Hoch aus. Präsibent v. Dorr er heißt bie Versammlung im Namen Sr. Majestät bes Königs unb beffen Regierung in Württemberg unb speziell in beffen Resibenz unb Hauptstadt herzlich willkommen unb nennt jene mit Recht eine Iubiläumsversammlung. Da in Württemberg z. Z. eine neue Organisation ber Staatsforstbehörben im Werke ist, so hat man bavon Abftanb genommen, bie ber Wilbbaber

Die XXV. Versammlung deutscher Forstmänner zu Stuttgart am 30. August bis 3. September 1897

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82 Die XXV. Versammlung deutscher Forstmänner zu Stuttgart.

bei ber Preisbestimmung keine entfcheibenbe Rolle spielen. Daß aber hierin eine Änberung eintreten werbe, ist bei ber gewaltigen Zunahme von eisernen Schienen an Stelle von Holztragbalken nicht wohl wahr-schemlich.

D a s Gewicht vol lenbs ist entweber bem Käufer gleichgilttg ober sogar ein lästiger Faktor, ben er bmch verschiebene Matzregeln möglichst zu verringern sucht.

Nach biesen Gesichtspunkten beurteilen al le Holzkäufer bie Güte bes Bau- unb Schnittholzes, bestimmen sie den Preis bes Materials, ent-fcheiben sie Über bie R e n t a b i l i t ä t ber Walbungen; ba raus ergeben sich von selbst auch bie Gesichtspunkte, nach benen ber Forstmann seinen Walb bewirtschaften muß, um bie höchste Rente zu gewinnen, nämlich: aus gegebener Fläche in kurzer Zeit möglichst viel , möglichst gerabschaftigeS, vo l lho lz iges , astreines Nutzmaterial zu erziehen; nebensächlich ist, ob bas Holz babei auch brück- ober tragfester, ob es schwerer oder leichter wirb.

II. MMetwnge«.

Die XXV. Versammlung deutscher Forstmänner zu Stuttgart am 30. August bis 3. September W 7 .

Im Laufe bes 30. August fanb sich allmählich eine stattliche Anzahl von Grünröcken zusammen, ba bereits am selben Tage bie Forststerbekasse unb ber neu zu grünbenbe Reichsforstverein Versammlungen abhielten.

Am 31. August vormittags 8 V« Uhr eröffnet Oberforstrat Dr. Fürst als Präsibent ber vorjährigen Versammlung bie heurige XXV. mit ben besten Wünschen für guten Verlauf. Der Vorstanb fetzte sich zusammen aus Lanbforstmeifter Dr. Danckelmann als erften unb Präsibent v. Dor re r als zweiten Vorsitzenben, zu Schriftführern werben berufen Oberförster Romberg-Hohenheim unb Forstmeister vr.Kahl-Metz. Zuvörberst bringt Dr. Danckelmann nach altem guten Brauch auf bie beiben Schirmgewalten von Reich unb Lanb ein bonnerndes Hoch aus. Präsibent v. Dorr er heißt bie Versammlung im Namen Sr. Majestät bes Königs unb beffen Regierung in Württemberg unb speziell in beffen Resibenz unb Hauptstadt herzlich willkommen unb nennt jene mit Recht eine Iubiläumsversammlung. Da in Württemberg z. Z. eine neue Organisation ber Staatsforstbehörben im Werke ist, so hat man bavon Abftanb genommen, bie ber Wilbbaber

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Forstverfammlung vom Jahre 1880 gewibmete Festschrift „Die forstlichen Verhältnisse Württembergs" in 2. Auflage zu bearbeiten, bagegen über-reicht ber Chef bei Forftverwaltung ben Teilnehmern einige wertvolle Einzelschriften, u. a. eine ber gewanbten Feber bes Oberforstrats Dr. G r a n e r entftammenbe forstliche Beschreibung des Schwarzwalbes, einen Aufsatz bes Baurats Raible-Siut tgart über Wasserbefchäbigungen unb Maßregeln zu bereu Vorbeugung, auch einen Wirtfchaftsplan für bas Revier Beben-Hausen. Ferner ist bem Programm bankenswerterweise eine Chronik über bie seitherigen 24 beutschen Forftversammlungen beigegeben worben.

Nachbem Dr. Danckelmann für die frcunbliche Begrüßung gedankt hatte, erhält Professor Dr. B ü h l er-Tübingen bas Wort zur Einleitung des I. Themas: „ I n welcher Weife ist der reine Buchenhochwalb auf Stanborten, welche der Eiche nicht zusagen, in einen Rutzholzhochwalb umzuwandeln?"

Der Referent schildert in ber Einleitung bas Vorkommen der Buche in Deutschland auf 2032619 Im ober etwa 15 pCt. ber gesamten Waldfläche. Fast sämtliche geologische Formationen sind im Buchengebiete vertreten; die vertikale Verbreitung erstreckt sich von der Meeresküste bis auf 1600 in in den Alpen. Die jährlichen Regenmengen schwanken zwischen 500 wm im Norden und Osten und 2200 mm im Hochgebirge. Unter dicht ge-schlossenem Krunendach erhält daher der Buchenaufschlag im Südwesten doppelt so viel Regen, als bie Kahlschlagfläche im Norbosten.

Auch bie volkswirtschaftlichen Verhältnisse weichen im Buchengebiete sehr voneinander ab; hier dichtbevölkerte Gegenben mit bis 240 Menschen auf dem Quadratkilometer, mit reich entwickelter Industrie, blühenbem Handel und Gewerbe, engmaschigem Eisenbahnnetz und mit hohen Holz-preisen; dort spärlich besiedelte Gebirgsländer mit 10—20 Menschen auf dem Quadratkilometer, mit ärmlichen Dörfern, Holzüberfluß und daher schlechten Absatzverhältnissen; und dazwischen mannigfaltige Übergänge. Dr, B ü h l e r behauptet, daß 1 im haubarer Buchenbestand bei Zürich über 6 mal so viel wert ist. als ein solcher in Ostpreußen. All' biefe Ver-schiebenheiten sind bei der Wirtschaft in Betracht zu ziehen.

Redner fcheidet bei der weiteren Behandlung die für die Eiche sich eignenben Stanborte innerhalb bes jetzigen Buchengebietes, mit ca. % ber Fläche wohl reichlich hoch geschätzt, aus; so daß die Erörterung der Behandlung der mittleren unb schlechteren Buchenbonitätm nach seiner Ansicht sich auf etwa 500000 ha erstreckt.

Dr. B ü h l e r wirft zunächst die Frage auf, ob denn unsere reinen Buchenbestänbe bie Bezeichnung Nutzholzhochwalb nicht verbienen. That-sächlich gehen beren Nutzholzprozente im ganzen selten über 10 pCt., bleiben

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also gegen bie ber Eiche mit 50—60 pCt. oder gar gegen bie bei Nadel-Hölzer erheblich zurück. Es kommt bies baher, weil ber Buche seither die Nutzholzverwenbung in g r o ß e n M a s s e n gefehlt hat. Rebner spricht inbes die Hoffnung aus, daß die neueren Untersuchungen des Eifenbühnbetriebsbirektors Schmibt-Straßburg, welche eine Haltbarkeit der imprägnierten Buchenschwelle von über 20 Jahren ergeben haben, eine viel weitergehende Heranziehung von Buchenholz zu Schwellen zur Folge haben werden; ebenso glaubt er, daß die Parkett- und die Essigfabrikation größere Nachfrage nach Buchenholz hervorrufen werden.

Referent verlangt aber, daß, um der Nutzholzverwertung entgegen-zukommen, Buchenstarkholzzucht getrieben werden muß, baß alfo im 100jährigen Alter Stämme von 50--60 cm Brusthöhendurchmesser er­zogen werden müssen. Dies kann nur bei allmählicher Beschränkung ber Stammzahl auf 300—400 Stück pro Hektar erreicht werben. Dr. Bühler befürwortet, bei ber ersten Durchforstung alle schlechtwüchsigen, also nutz-holzuntüchtigen Inbivibuen auszumerzen unb die Durchforftungen nicht auf die Entnahme der absterbenden und unterdrückten Stämme zu be-schränken; er will zur Stärkenzuwachsförberung auch bie beherrschten und einen Teil der mitherrschenben Stämme beiziehen, schreckt sogar nach Er-reichung des Haupthöhenwuchfes bezw. eines astreinen Schaftes von minbeftens 13 rn vor bem Aushieb herrschender Stämme zu gunsten be-sonders schöner Nachbarn nicht zurück. Die gegen so starke Durch-forftungen geltenb gemachten Bedenken, z. B. den Vorwurf nicht uer-bleibender Astreinheit, oder von IuwachSausfällen sucht er zu entkräften. Jene verändere sich vom 60. Jahre an nicht viel mehr; was die Zu-wachsveranderung anlangt, so haben die Aufnahmen numerierter Ver-suchsflächen ergeben, daß die stärksten Stämme den größten Teil des Zu-wachses liefern. Insbesondere hat der sogenannte D-Grad noch eine Steigerung der absoluten Größe des Zuwachses bewirkt.

Referent befürwortet die Borggreve'fche Plenterdurchforstung lediglich als Notwendigkeit infolge verspäteter oder ungenügender Durchforstungen und bezweifelt die Durchführbarkeit der fogenannten 6claircie par le haut in reinen Buchenbestänben auf größeren Flächen, weil die Entfernung des Materials in jungen Beständen zu schwierig sei. I n jetzt bereits 80—100jährigen Buchenbeständen sollen um alle gutbekronten Stämme die Nachbarstämme durchforftungsweise entfernt werden, um den Stärke-zuwachs zu fördern.

Die aus der Litteratur bekannten Verfahren: Wagner's Lichtwuchs-betrieb, Seebach's Lichtungshieb, H artig 's Konservationshieb, welche ihren Ursprung im Mangel an haubarem Holz haben, decken sich nach Ansicht

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des Referenten nicht mit der Starkholzzucht, sondern bezwecken die Er­höhung des Ertrages überhaupt.

Dr. B ü h l e r bespricht nunmehr den Buchenmischwald und erwähnt auf Grund seiner Beobachtungen, bah ganz reine Buchenbestänbe auf größeren Flächen, namentlich in Süddeutschland selten sind; ferner daß die Mischung in Junghölzern reichlicher ist, als in Althölzern. Alle be-kannterm Holzarten finden sich als Mischhölzer vor; mit Ausnahme von Tanne und Eiche vertragen diese nicht so viel Schatten, als bie Buche. Diese ist zwar anfänglich von langsamem Wuchs, holt aber bald alle Holzarten außer der Fichte ein und bedrängt jene.

Die Folge dieser Umstände ist, daß die Lichtholzarten wahrend der Verjüngungsperiobe in den dunkel gehaltenen Schlägen meist wieder ein-gehen, oder doch in der Entwickelung sehr zurückbleiben. Bei den darauf-folgenden Läuterungshieben und später bei den Durchforftungen ist seither auf die sogenannten fremden Holzarten viel zu wenig Rücksicht genommen worden; überhaupt hat man letztere Hiebe zu schwach geführt, um genügend Licht in die Bestände zu bringen. Die Lichthölzer verschwanden daher massenhaft.

Referent schildert sodann bie künstliche Anzucht von Nutzholzarten im Buchenbestänbe, welche unter Berücksichtigung der Bobmbonitäten zu er-folgen hat. Mit Ausnahme bei Birke, Erle, Lärche, Kiefer, bei welchen er die Saat für zulässig erklärt, spricht er sich für Pflanzung im un-regelmäßigen Verbände aus, je nach Vorhandensein von Buchenaufschlag. Auf Bonität I—III werden die Laubhölzer neben den Nadelhölzern, auf Bonität IV unb V fast ausschließlich Nadelhölzer beigemischt.

Auf bem ausbeuteten Wege werben nach Ansicht bes Referenten künftig anbere Sortimente im Buchenwalbe erzogen werben; er wagt indes über die Massenerträge kein Urteil abzugeben und schließt mit folgenden Kernsatzen, mit denen sich bie Versammlung wohl fast ein-stimmig einverstanden erklärte:

„Auf IV. unb V. Bonität soll ber reine Buchenhochwalb verlassen werden. Durch Einmischung von Nadelholz soll der Ertrag gesteigert und die Buche teils unter- teils zwischenständig erhalten werden.

Auf I., II . und auch III. Bonität bleibt der Buchenhochwalb er-halten. I m reinen Bestände wird durch Starkholzzucht die Erhöhung des Nutzholzertrages angestrebt. Wo das Laub- und Nadelholz von Natur bereits eingemischt ist, wird es wegen des Nutzholzertrages be-günstigt, wo es fehlt, auf künstlichem Wege eingebracht.

Gestatten Sie, meine Herren, zum Schlüsse noch einem Gefühle Aus-druck zu geben. Mancher Fachgenosse kann sich nicht mit dem Gedanken

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vertraut machen, baß bie herrlichen Buchenwälber verschwinden und das Schicksal der reinen Eichenwälder teilen sollen. Auf den geringen Bonitäten hat der reine Buchenwald allerdings keine Stelle mehr. Auf den besseren Bonitäten dagegen wird er erhalten bleiben. Auch wenn ihm andere Holzarten beigemischt sind, wird für das Auge die helle Buche doch aus-fchlaggebend wirken!

Auch unsere Nachkommen werden ihn also noch schauen können — den unvergleichlich schönen Buchmwalb!"

Lebhaftes Bravo lohnte dem beredten Berichterstatter für feinen lichtvollen Vortrag.

Korreferent Forstmeister Dr. Kienitz-Chorin hat sich mit Dr. Bühler dahin geeinigt, daß er vorwiegend die nord- und nordostdeutschen Buchen-gebiete behandeln will. Er ist der Ansicht, man solle die Eiche der Buche nur auf den besten Standorten beimischen, letztere aber selbst auf ge-ringeren nicht ohne Not aufgeben; viele Standorte, auf denen dies zu gunften des Nabelholzes geschehen ist, sollen für die Buche teilweise zu-rückerobert werden. Dr. Kienitz schließt sich nämlich der hoffnungsvollen Auffassung des Referenten über die Vuchennutzholzverwertung an. Er legt unter den für bie Beimengung im Buchenhochwalde geeigneten Holz-arten besonderen Wert auf die nutzholztüchtige Aspe und widerrät der Mischung von Buche und Fichte; jene und die lichtbebürftige Kiefer uer-trügen sich besser.

Für die Rückumwandlung der in Norddeutfchland häufig auf guten Böden stockenden Kiefernbestände in folche mit Buchenbeimengung giebt er verschiedene Methoben an: 1. Unterbau reiner Kiefernstangenholzer mit Buche, welche erstere meist burch Saat, früher auch auf bem Wege natürlicher Kiefernbesamung (Streurechen, Vieheintrieb machte ben Boden wund!) entstauben sind; 2. horftweife Vorverjüngung ber Buche unb Ab-säumung. Umgeben der Buchenjungwuchsränber mit einem Fichtengürtel unb Anbau der Kiefer auf der Restfläche; 3. in gemischten Beständen von Kiefernstarkholz mit unterständigen Buchen Auszug der ersteren, Stellung eines lichten Samen- und Schirmschlages, Einbau ber Kiefer zwischen bem erscheinenben Buchenaufschlag, und zwar am besten durch Saat auf er-höhten Plätzen; Hege gegen Wild durch Eingatterung nötig.

Die nach der Frühstückspause stattfindende Debatte eröffnet Ober-forftrat «. Speidel mit einem allgemeinen Überblick über den Stand ber Buchmftage. Rebner verlangt Nutzholzerzeugung als Hauptziel ber Forstwirtschaft; jedoch müsse bie Nutzholzwirtschaft waldbaulich auf gutem Bobm stehen. Nun fehlt allerdings der Buche bis jetzt bie Massen-verwenbung als Nutzholz, indes ist auch Spe ide l der Zuversicht, daß

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diese wohl noch kommen werde; mit Rücksicht hierauf und die anerkannt bodenbessernden Einwirkungen der Buche dürfe die Verdrängung derselben nicht zu weit gehen, jedenfalls nicht weiter, als es die Sicherheit des Be-triebes gestattet. Dem Zuge der Zeit auf Begründung von Nadelholz-beständen solle man nicht zu sehr folgen und nicht allzuviel auf eine Karte fetzen; fei auch die herrschende Stellung der Buche zu beseitigen, so müsse man dieser doch die dienende Rolle belassen.

Anlangend die Art der Mischung, so bemerkt er den Anhängern der Horstverjüngung, baß später wegen Verschiedenheit im Haubarkeitsalter hieraus Unzuträglichkeiten entstehen, er zieht die waldbaulich mehr leistende Einzelmischung vor. Die von den Vorrednern verworfene Mischung von Fichte und Buche will er doch nicht von der Hand abweisen; eine Bei-mengung von 20 pCt. Buchen würde den Bruttogeldertrag höchstens um 5 pCt. schädigen, dagegen bedeutende Vorteile für den Bodenzustand im Gefolge haben.

Forstrat Nehring-Walkemied bemerkt auf Grund seiner Kenntnis vom Harzer Buchengebiet, baß die beiden Referenten die Bedeutung des Buchenlichtungsbetriebes und der zweihiebigen Betriebe «Verschätzt haben; aus denselben sind recht wertvolle Buchenbestänbe hervorgegangen; im Harz werben Buchennutzholzpreise von bis 24 Ji pro Feftmeter gezahlt:

Oberförster Erdmann-Neubruchhausen (Provinz Hannover) berichtet aus Norbwestbeutschland, daß dort selten wertvolle Kiefernstarkhölzer er-wachsen; diese Holzart wird meist sperrig; bie Fichte gedeiht schon besser; beide aber leiden in ganz bedenklicher Weise am Wurzelpilz Agarieas rnelleus. Dagegen rühmt er der Tanne unb der Lärche, auch der Weymouthskiefer als Nutzhölzer in den Buchenverjüngungen bei Seltenheit von Gpätftüften recht gutes Gebeihen nach und befürwortet deren weiteren Anbau; den der Lärche einzelständig und in klemm Gruppen.

Oberförster Bargmann-Hüsseren-Wesserling (Oberelfaß) hat beim Referenten Dr. B ü h l e r bei Besprechung ber Durchforstungsgrabe dm Einfluß auf dm Boden vermißt; bie stärkeren derselben können Boden-Verwilderung und Aushagerung im Gefolge haben, was doch vermieden werden muß.

Da Referent und Korreferent auf ein Schlußwort verzichten, faßt Dr. Danckelmann bas Ergebnis ber lebhaften Debatte in folgenben Sätzen zusammen: M e h r Licht in ben re inen Buchenhochwalb! Mehr.Nutzholzarten bei ber Ver jüngung! Mehr Nutzholzpflege im Buchenmischwalbe!

An bie 1. Sitzung schloß sich ein heiteres Frühstück, welches von der einen Hälfte der Teilnehmer in der Restauration der Liederhalle, von der

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anberen in Degerloch eingenommen würbe, von wo man Nachmittags bie Exkursion ins Revier Hohenheim antrat. Dieses war ehebem Lehrrevier der dortigen Akademie. Gs wurden zunächst einige Buchen- Eichenmisch-bestaube durchgangen, welche eine Illustration zur Notwendigkeit häufiger Kronenfreihiebe zu gunften der tichtbedüiftigen Eiche darboten. Dann wurden mehrere 33—45jährige Nadelholzbestände besichtigt, welche nach und während Walbfelbbau entstanben waren. Die gewählte reihenweise abwechfelnbe Holzartenmifchung hat sich als burchaus verfehlt erwiesen; in der Hauptsache hat Fichte, teilweise auch Lärche die alleinige Ober-Hand bekommen und namentlich erstere hat ihre Nachbarn fast ganz unter-drückt. Da die Fichte schon jetzt an Rotfäule und Schneedruck gelitten hat und lückig geworden ist, so ist der gesamte Kulturerfolg kein er-freulicher; man hat die lichteren Stellen mit Tanne unterbaut.

Am Abend des 31. August folgten die Teilnehmer, nachdem sich der Regen glücklicherweise verzogen, einer freundlichen Einlabung der Stadt Stuttgart zu einem Feste im prächtig illuminierten Stadtgarten. Bei dieser Gelegenheit hieß Oberbürgermeister v. R ü m e l i n die Versammlung herzlich willkommen; der erste Vorsitzende dankte für den uns gewordenen freunbltchen Empfang.

Die Anzahl ber Teilnehmer war inzwifchen auf der ansehnlichen Ziffer 448 angelangt.

Am 2. Sitzungstage, dem 1. September, kam zunächst das II. Thema: „Welche Gestaltung der Eisendahnfrachttarife für Holz ist vom Stand-punkte ber Waldwirtschaft anzustreben?" zur Verhandlung. Der Referent Professor Dr. Endres-München entledigte sich feiner Aufgabe in überaus geschickter Weise und gab auch dem minder mit der Sache vertrauten Zuhörer ein anschauliches Bilb von der hohen Bedeutung der Eisen« bahntanfpoliiik.

Derselbe führt aus, daß in Deutschland jährlich etwa 4 Millionen Festmeter Holz auf dem Wasserwege und etwa 1 Million Festmeter auf dem Landwege mittelst der Eisenbahn (meist aus Österreich-Ungarn) ein-geführt werden. Hiervon sind nur 28 pCt. Schnittwaren, der Rest mit 72 pCt. ist Rohholz; das Rundholz wird größtenteils geflößt.

I n Deutschland selbst steht der Wassertransport zurück; vorhanden find rund 46000 im Eisenbahnen und nur 14000 lim schiffbare Wasser-strecken. Von der deutschen Gesamtholzproduktion von 50 Millionen und obiger Einfuhr cukulieren nach Abzug des auf der Wagenachse birekt nach dem Konfumtionsort verbrachten Holzes jährlich etwa 1? Millionen Feftmeter auf Eisenbahnen und 7 Millionen Festmeter auf bem Wasser.

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I m allgemeinen gilt ber Grundsatz, daß je billiger das Holz ver-fruchtet werden kann, es desto bessere Preise erzielt; jener erleidet aber Ausnahmen durch den verschiedenartigen Holzausgleich zwischen holz-ausführenden Ländern (Süddeutfchland und das östliche Preußen) und holzeinführenden (Sachsen, das westliche Preußen). Auch bie seitherige Preishühe im Walbe spricht mit; Ostpreußen hatte von jeher schlechte, Sachsen hohe Holzpreise. Bei bem Holzausgleich spielen bie Fracht-tarife eine gewichtige Rolle, eine größere, als die Holzzölle, welche nur wenige Prozente vom Holzwerte absorbieren und auf größere Eni-fernungen gegenüber ben Frachtspesen fast ohne Bedeutung find.

Für die Tarifierung des Holzes kommen seit Einführung bes deutschen Eisenbahngütertarifs vom Jahre 1879 in der Regel die brei billigeren Svezialtarife in Betracht, von denen I, der höchste, alles Holz umfaßt, welches in Deutschland nicht Gegenstand betriebsmäßigen Einschlags ist, also tropische Hölzer. Die Fassung für I ist nicht präzis; so entsteht z. B. bei Einfuhr amerikanischen Eichen- auch Nabelholzes oft die Frage, ob bie betreffende amerikanische Spezies nach Spezialtarif I teurer, oder als zu einem unserer einheimischen Genera gehörig nach dem billigeren Tarif I I verfrachtet werden soll. Zu I I gehören alle Hölzer, welche nicht bei III untergebracht sind, vor allem bie Runb- und Schnitthölzer, zu III, bem billigsten Tarif, die minderwertigen Hölzer, also Brenn-, Gruben-, Schwellen- und Schleifholz.

Bilden diese Spezialtarife die Grundlage für bie Holzgruppierung, so weichen die Tarifsätze für bie Einheit bei den einzelnen Bahn-Verwaltungen ab. Jene setzen sich überhaupt zusammen aus einer Ab-fertigungsgebühr, pro Tonne (20 Ctr.) 70—220 «P, und dem Streckenfatz pro Tonnenkilometer. Auf die Tonne gehen durchschnittlich etwa l2 /3 trn Laubholz und 2 km Nadelholz.

Referent zieht zunächst einen Vergleich zwischen der Tarifierung von Rund- und Schn i t tho lz ; während letzteres in ganz Deutschland nach Spezialtarif II zu 3 3$ pro Tonnenkilometer verfrachtet wird, genießt ersteres seitens einiger Bahnverwaltungen etwas billigere Sätze. ̂ Trotzdem hat Schnittholz vor dem Rundholz bedeutende Vorteile voraus, da jenes das Maximalladegewicht besser ausnutzen kann; es ist spezifisch leichter und setzt sich besser zusammen. Auf 1 Wagen gehen 14—15 Im Kiefern-bez. 16—17 im Fichtenrundholz, dagegen 20 odm Schnittholz und 25 bis 30odm gehobelte Ware. Da ferner 5 Im Rundholz infolge der Abfälle nur 3 cfam Schnittholz ergeben, so kommt dies letzterem weiter zu gut.

Dr. Gndres spricht sich daher für Verbilligung der Rundholztarife aus, damit die am Walde wohnenden Sägemühlbesttzer das Holz nicht

F°rftwilftn<ch»fMche« SetrttatfcJatt. 1898, 7

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dort zurückhalten und den Holzhandel monopolisieren, sondern damit das Rundholz möglichst billig auf den maßgebenden rheinischen Holzmarkt verbracht werben kann.

Referent berichtet weiter über die erheblichen Abweichungen in der Tar i fhöhe für die m i n d e r w e r t i g e n Hölzer des S p e z i a l t a r i f s M und erwähnt vor allem, daß Preußen durch Einführung eines noch billigeren Rohftofftarifs die Hölzer seiner östlichen Provinzen so beweglich machen wollte, daß sie zum Rhein vorbringen unb bort den süddeutschen Hölzern Konkurrenz machen können. Dieses Vorgehen Preußens hat Bayern dazu gezwungen, seinerseits Verbilligungen für das Gruben- und Schleifholz zuzugestehen.

Jedenfalls liegt es im Interesse flotter Verwertung dieser gering-wertigen Hölzer, wenn diese billig verfrachtet werden; der Prioatwaldbesitz hat namentlich hieran günstigen Anteil, weil er bei meist niedrigen Um-trieben gerade solche Hölzer vorwiegend erzeugt. Die nahezu 600 Holz-schleifereien konsumieren z. Z. jährlich 1% Millionen Festmeter, ein recht ansehnliches Quantum, welches den Brennholzmarkt in erwünschter Weise zu entlasten geeignet ist.

An dritter Stelle berührt Dr. Endres die S t a f f e l t a r i f e für Holz, b. h. solche, bie bei größeren Entfernungen bie Einheitssätze pro Tonnenkilometer ermäßigen. Seiner Ansicht nach würbe bie Wirkung solcher in Deutschland eine sehr verschiedene sein; wie schon eben bei Besprechung des preußischen Rohstofftarifs angedeutet, würde ostpreußisches Holz weit billiger als bisher an den Rhein gelangen; obschon die Eni-femung Vromberg-Köln 900, bie von Passau nach Köln 684 km beträgt, so ist boch zu bedenken, daß selbst Nutzholz in den östlichen Provinzen Preußens seither sehr geringe Preise erzielte; es sei daher ein Preisdruck für süddeutsche Hölzer unausbleiblich. Diese Befürchtung sei um so ernster zu nehmen, als die Staffeltarife auch die Zufuhr russischen Holzes erleichtern und erhöhen werden, welches im Walde nicht einmal 0,50 Ji pro Festmeter und bis an die Grenze gebracht nur 4 °F kostet. Die zur Femhaltung ausländischen Holzes in Vorschlag gebrachten Gegen-mittel, wie Erhöhung der Holzzölle und Ausschluß der Staffeltarife für ersteres könnten vor Ablauf der Handelsverträge (1904) nicht in Frage kommen.

Dr. E n d r e s erklärt sich daher gegen eine einheitliche Gestaltung ber Staffeltarife, meint aber, daß wenn Preußen diese annehme, Süd-deutschland wohl oder übel folgen müsse. Jedenfalls würde die Main-kanalifierung durch Bauern und von da bis nach Frankfurt der Ver­frachtung süddeutschen Holzes ungemein zu statten kommen.

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An Stelle bes am Erscheinen verhinberten Kommeizienrats H a a s zu Walbhof bei Mannheim übernimmt Lanbfoistmeister Dr. Danckel­mann bas Korreferat und vertritt hierbei einen grundsätzlich anderen Standpunkt. Er wirft dem Referent vor, daß er zu sehr Partikularist sei, daß er ben bayrischen Standpunkt, nicht einmal den süddeutschen, allzusehr vorgekehrt habe und behauptet: Deutschland soll ein Wirt-schastsgebiet sein mit einheitlicher Gisenbahn ta r i s spo l i t ik ; diese wiederum soll.national sein; nicht regional zu gunsten einzelner Strecken und nicht international zu Ungunsten des ganzen Inlandes; Korreferent ist für Freihanbel im Innern unb für Schutzzoll nach außen.

Die Tarifpolitik foll im Dienste ber Gesamtheit stehen, nicht streng eisenbahnfiskalifch fein; sie foll sich in ben Rahmen ber Gefarntpolitik einfügen. Gleichwohl foll sie bie Eigenart ber Forftwirtfchaft nach Mög-lichkeit berücksichtigen, also in Betracht ziehen, bah jene verhältnismäßig geringwertige Massengüter erzeugt, bie nur bei geringen Tarifsätzen weit verfrachtet werben können. Dr. Danckelmann weist ferner auf bie Un-gleichheit in der räumlichen Verteilung des Waldes hin, aus welcher feines Erachtens folgt, daß Überfluß und Mangel sich ausgleichen müssen, Gegenwärtig sind wegen Erfchwerung des Ausgleichs durch hohe Tarife die Holzpreise unb Reinerträge in Deutschland sehr verschieben; bie oft-preußischen Walbungen bringen 6 J4 Reinerlös pro Hektar, bie sächsischen 40 Ji.

Korreferent gelangt auf Grund vorstehenber und anberweitiger Er-wägungen zu den nachfolgenden 6 Thefen:

1. Die Tarif-Klassifikation für Holz in dem deutschen Eisenbahn-Gütertarife von 1879 entspricht im allgemeinen den Interessen ber Walbwirtfchaft.

2. Die amerikanischen Hölzer sinb in Spez i a l t a r i f I zu be-lassen. Ieboch sinb zur Verdeutlichung der Fassung des Spezialtarifs I für Holz diejenigen ausländischen, im Deutschen Reiche naturalisierten Holzarten zu benennen, welche jeweilig als Gegenstände betriebsgemäßen Ginschlags in der mitteleuropäischen Forst- unb Lanbwirtschaft zu gelten haben.

3. Zu erwägen ist, ob sich bie Versetzung von Ziffer 1 bes Spezial-tanfs I I für Holz:

„Stamm- unb Stangenholz (auch roh behauen, gespalten ober gerissen) sowie Scheit- (Kloben-) unb Knüppel- (Prügel-) Holz über 2,5 rn lang"

in Spezialtarif III empfiehlt. 4. Die balbige Einführung von Staffeltarifen mit absteigenber

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Staffel für Holz, am besten in ber Form von allgemeinen Güter-Staffel-tarifen unter thunlichster Beseitigung von Ausnahmetarifen, erscheint dringend wünschenswert. Am dringendsten sind Holz-Staffeltarife für Spezialtarif III.

5. Die auf den deutschen Hauptbahnen noch bestehenden Ungleich-heilen in den Normaltariffätzen für Holz sind thunlichst zu beseitigen.

6. Um die Interessen der Forstwirtschaft bei der Fortbildung des Eifenbahn-Tarifwefens gebührend zu wahren, ist es unerläßlich, daß in den für das Eisenbahn-Tarifwesen eingesetzten beratenden Körperschaften des Reichs (Ausschuh der Verkehrs-Interessenten) und der Ginzelstaaten (Eisenbahnräte) die Forstwirtschaft durch Berufsforstmänner regelmäßige und ausreichende Vertretung findet.

Dr. Danckelmann will also nach Nr. 2 den amerikanischen Kon-kurrenzhölzern die Vergünstigung billigerer Tarife versagen und in Nr. 3 in Übereinstimmung mit dem Referenten das Rundholz bevorzugen. Zu Nr. 4 bemerkt er, daß Bayern bis zum Rhein immer noch einen be-deutenden Vorsprung vor Ostpreußen behalten werde; er glaubt, daß man die Staffeltarife fo werde handhaben können, daß die ausländische Holz­abfuhr keine Begünstigung erfährt. Übrigens wird nach feiner Ansicht der von Süddeutschland so gefürchtete Staffeltarif unausbleiblich kommen, kommen, sobald wir den Mittelkanal haben werden.

Schließlich fügt er zu Nr. 6 hinzu: „Dem Eisenbahntarif ist es ge-lungen, die Schlüsselgewalt über die wirtschaftlichen Marktverhältnisse zu erlangen. Die Lanbwirtschaft hat jetzt baran Teil erhalten, bie Forstwirt-schast noch nicht, sie muh banach streben, baß auch sie den ihr gebühren-den Anteil an dieser Gewalt erringe." (Beifall.)

Im Laufe der Debatte führt Forstmeister Dr. Ientsch- Münden aus, daß der Interessengegensatz innerhalb Preußens zwischen Ost und West ebenso lebhaft ist, als der zwischen Nord und Süd innerhalb Deutschlands. Gleichwohl hält er Staffeltarife mit dem Interesse Westdeutschlands nicht für unverträglich; mit Rücksicht auf die Stellung des westdeutschen Holz-absatzes, vor al lem der schwerfälligen Buche, fei jede Verbilligung der Frachtsätze zu begrüßen. Herrn Dr. E n d r e s erwibert er, baß Bayern schon jetzt ohne Staffeltarife ben Abfatz nach den Niederlanden infolge der überseeischen Konkurrenz verloren habe und nur dabei gewinnen könne, wenn es dank solcher Tarife sein Holz recht billig auf den rheinischen Holzmarkt zu verbringen in der Lage ist.

Forstrat Wagener-Coburg erklärt als langjähriges Mitglied der stänbigen Tarifkommission, bah er bei ben gepflogenen Verhanblungen stets von ben Ginheitsgebanken Dr. Danckelmann's ausgegangen, aber

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in den konkreten Fällen oft zur individualisierenden Auffassung des Referenten Dr. Endres gelangt fei. Wagener spricht sich allerdings für Bewilligung der Rundhölzer aus, namentlich gegenüber Schnittholzern, warnt aber vor zuweitgehender Herabsetzung, sonst würden selbst für Ost-Preußen die Vorteile geringer sein, als die Nachteile durch Mehr Import. Aus demselben Grunde ist er gegen weitere Bewilligung der Schnittholz­tarife, wogegen er eine folche zu gunften ber Cellulosehölzer lebhaft be-fürwortet; bie burch bie auslänbische Konkurrenz schwer bebrohte beutsche Cellulosefabrikation verdiene in unserem eigenen Interesse Begünstigung.

Während der nun solgenben Frühstückspause erfolgt eine weitere münd-liche Auseinanderfetzung zwifchen beiden Berichterstattern: Dr. Danckel-mann verzichtet auf eine Abstimmung über seine Thesen und stellt fest, daß über die Thesen 1—3 und 6 in den Hauptpunkten Einigkeit vor-hanben ist. nicht so über Punkt 4 unb 8, wegen beren grunbsätzliche Ab-Weichungen bestehen bleiben; im Laufe ber Zeit werbe sich bas Richtige herausstellen. I n feinem Schlußwort hält Dr. EnbrcS an feinem Grunb-satz fest: „Keine Zentralisation im Inneren bei größter Einigkeit nach auheu" unb betont, baß bie sübbeutschen Forstleute bei Verwirklichung bes beutfchen Einheitsgebankens vor ben norbbeutschen nicht zurückstehen wollen.

Hierüber äußert Dr. Danckelmann seine Freube, bleibt aber bei seiner Ansicht stehen, daß Nord- und Süddeutschland auch tarispolitifch nicht getrennt marschieren sollten, um erst im Augenblicke der Not vereint zu schlagen.

Auf Vorschlag des Obmanns ber Ortswahlkommission Oberforstrats Schuberg wirb für 1898 Breslau enbgiltig als Verfarnrnlungsort be-stimmt und für 1899 Schwerin in Aussicht genommen. In 'Breslau follen folgende Themata erörtert werben:

1. Gegenwärtige Verhältnisse und Zukunft des Eichenschälwaldes. 2. Ein schlesifches Waldbauthema. 3. Interessante Mitteilungen wie immer. Hierauf folgt die heurige Behandlung diefes letzten Themas, eröffnet

durch einen Vortrag des Oberforstrats Dr. Graner über die vom bürger-lichen Gesetzbuch der Landesgesetzgebung vorbehaltenen Aufgaben. Redner giebt zunächst eine geschichtliche Entwickelung des Iagdrechts und weift auf die fehr verschiedene Gestaltung der einschlägigen gesetzlichen Be-stimmungen in den einzelnen Staaten hin, u. a. aus das sehr abweichende Mindestmaß selbständiger Iagbbezirke, auf bie verschiebenartige Behand­lung ber Iagb auf Enklaven unb bie fchwankenbe Auslegung ber Frage „Was ist jagdbar"; sogar die Schonzeiten sind ungleichartiger, als in

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ber Natur ber Sache begründet. Mit Recht fordert Dr. G r a n er auf diesen Gebieten größere Annäherung. Er berichtet ferner, daß das bürger-liche Gesetzbuch nur den Wildschadenersatz als privatrechtliche Materie in seinen Bereich gezogen hat; dies geschah erst infolge eines Beschlusses der Kommission in der 2. Lesung, nachdem von der Mehrheit betont worden war, daß heutzutage dem Grundbesitzer die Ausübung des ihm nach alten RechtSbegriffen auf eigenem Grund und Boden zustehenden Iagdrechis meist entzogen sei, er sich also selbst nicht schützen könne. Redner drückt seine Befriebigung barüber aus, bah bie Schabensersatzpflicht nicht auf Hasenschaden ausgedehnt worden ist. was eine ansehnliche Zahl von Reichstagsabgeordneten in letzter Stunde noch durchzusetzen versuchte und beinahe das ganze B- G> zum Scheitern gebracht hätte; ebenso sei der Wegfall der Regreßpflicht vom Standpunkte des Forst- unb Weidmanns zu begrüßen; beide Bestimmungen hätten zu großen Beweisschwierigkeiten und endlosen- Chicanen geführt. Die Eingatterung wäre eine lästige Folge davon gewesen.

Landforstmeister Dr. Danckelmann, welcher als Mitglied der Kom-Mission die forstlichen and jagdlichen Interessen in anerkennenswerter Weise vertreten hat, tritt den Ausführungen des Vorredners bei unb giebt noch einige weitere interessante Aufklärungen.

Hierauf berichtet der indische Generalforftinspektor a. D. Sir B r a n d t s in höchst anziehender Weise über die dortigen forstlichen Verhältnisse, ins-besondere über die Anzucht des Teakholzes, welcher Baum in 22 Jahren 30 rn hoch wird und als Nutzholz sehr geschätzt und exportfähig ist.

Der Vertreter der bekannten Firma Dominikus & Söhne zu Remscheid-Vieiinghausen, welcher wiederum im Vorfaale eine umfangreiche Aus­stellung forstlicher Werkzeuge veranstaltet hatte, empfiehlt Versuche mit der nach Gayer ' s Angaben gefertigten Normalsäge.

Die Besprechung eines Antrags des Fürsten I fenburg-Birs te in , die Reichsregierung möge bei Erneuerung des Handelsvertrages mit England und bei Festsetzung des amerikanischen Zolltarifs die Interessen der deutschen Waldbesitzer wahren, stößt bei der vorangeschrittenen Zeit auf Widerspruch, welchem Dr. Endres mit Erfolg Ausdruck verleiht.

Nach einigen weiteren Mitteilungen wird die II. und letzte Sitzung unter Ausspruch des Dankes an die Vorstands- unb Geschäftsführung^ Mitglieder geschlossen.

Das bald darauf beginnende Festmahl in dem prächtig geschmückten Saale ber Liederhalle verlief zu allgemeinster Befriedigung, getragen-von froher Begeisterung; dm am Sedantage zu Würzburg vereinigten Majestäten dem deutschen Kaiser und dem Konig von Württemberg wurden Huldigung«-

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ielegramme entsandt. Oberforstrat Dr. Fürst ließ die württembergische Forstverwaltung Hnd deren Präsident v. Dorrer hochleben, Oberforstrat Schuberg die gastliche Stadt Stuttgart.

Abends begaben sich die Mitglieder ins Hoftheater, welches an diesem Tage mit der Oper Oberon eröffnet wurde.

Am 2. September früh 7% Uhr dampfte ber Sonderzug vom Stuttgarter Hauptbahnhofe ab, um bie zahlreichen Exkursionsteilnehmer burchs fchüne Schwabenlanb in den Schwarzwald zu entführen; gegen 10 Uhr erfolgte die Ankunft im bekannten Luftkurort Freudenstadt, wo-selbst alsbald eine herz- unb magenerquickende Erfrischung unserer wartete. Nachher begaben wir uns auf fchmalem Wiesenpfade, die Villenvorstadt rechts liegen lassend, in die ertragsreichen 2447 ha großen Stabtwaldungen von Freubenstabt, welche bei einem Abnutzungssatz von 6,34 km Derb-holz an Hauptnutzung unb 0,35 km Vornutzung pro Hektar eine Brutto-gelbeinnahme von X/i Million Mark abwerfen Allerdings, ist nahezu die Hälfte der Betriebsfläche über 100 jährig.

Die Waldungen stocken auf Bundfandstein und fetzen sich zu 59 pCt. aus Fichte, zu 30 pCt. aus Tanne, zu 10 pCt. aus Kiefer und nur zu 1 pCt. aus Buche zusammen. I m Forstort Palmenwald gingen wir,zu-nächst auf 700 m Meereshöhe durch einen vollständig auf Tanne und Fichte natürlich verjüngten Lichtfchlag mit noch 120—140 dbm in folchen Mutterbäumen; obfchon die Iungwuchshorste fast durchweg schon über Mannshöhe gediehen sind, hat man den Auszug des Altholzes aus waldästhetischen Rücksichten sehr verlangsamt und sich mit Aufästung des ersteren begnügt. Das nunmehrige Fällen und Ausrücken wird geschickte Holzhauer verlangen. Allmählich stiegen wir in die höheren Lagen des Palm- und Steinwaldes bis zu 820 rn und kamen durch eine Reihe von Tannen- Fichten-Iungbeständen, welche nach der 1864er Revier-befchreibung noch in Dunkel- und Lichtschlag standen; die damaligen Wirtschaftsdispositionen lauteten auf „alsbaldigen Aushieb aller kranken und zuwachslofen Stämme, Ausästen der stehenbleibenden Stämme; soweit nötig Ansaat derjenigen Schlagpartiem, auf welchen natürliche Befamung in Bälde nicht zu erwarten ist, mit Fichten und Tannen, Nachbesserung der übrigen Schlaglücken an Orten, wo bereits Nachwuchs vorhanden, mit Pflanzen." Jene sind im allgemeinen befolgt worden; Lücken-auspflanzungen mit Fichte haben in großem Umfange stattgefunden; leider hat diese Holzart wiederholt durch Schneedruck gelitten.

Wir betraten sodann den ähnlich bestandenen nur 1619 im großen Staatswald des Reviers Freudenstadt, welcher ungefähr zu gleichen Hälften aus Tanne und Fichte besteht und nur etwas Kiefer, ganz wenig

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96 Die Vorschriften über den Waffengebrauch je.

Laubholz aufzuweisen hat. Nach Ankauf von 270 im jungen, lückigen Privatwaldes, welcher in obiger Fläche bereits einbegriffen ist, ist die älteste Altersklasse zu schwach vertreten; gleichwohl beträgt der AbnutzungS-satz 5,20 km Derbholz pro Hektar.

Der ExkursionSweg führte zunächst in ein Waldgebiet, welches 1845 auf 134 na zusammenhängend mit 100 —120 jährigem Altholz bestockt war. Nachdem in den darauffolgenden Jahrzehnten diese Bestände stets nur durchplentert warben waren unb sich unregelmäßig unb ungenügenb voruerjüngt hatten, begann man vor etwa 15 Jahren mit einer konsequent und rasch vorgehenben Neuverjüngung, bei ber ber vorhandene Tannen-jungwuchs nicht in der gehörigen Weife allmählich freigestellt und gefchont werden konnte und daher ebenfalls zu ausgedehntem Fichtenanbau ge-fchritten werden mußte. Neuerdings ist man hiervon abgekommen unb hat bis Verjüngung in ruhigere, der Tannenerhaltung günstigere Wege geleitet.

Auch war auf dem Exkursionspfade an einigen Beispielen das Be-streben der württembergischen Forstverwaltung wahrzunehmen, die Wirt-schaft durch Verkleinerung der Hiebszüge elastisch zu machen.

Leider wurde unser Begang durch einen kräftigen Platzregen derart beeinträchtigt, daß die Teilnehmer auf dem gerabesten Wege Freuben-stabt zueilten, woselbst sich in ber festlich geschmückten Turnhalle unter Dach unb Fach ein gemütliches Treiben entwickelte bis zur Rückfahrt bes SonberzngeS nach Stuttgart.

Die für ben 3. September geplante Nachexkursion nach Revier Pfalzgrafenweiler bei Freubenstadt verregnete. F .

Die Vorschriften über den Vaffengebrauch der Forst- und IaZdbeamten in Preußen.

Unterm 31. März 1837 würbe in Preußen ein Gefetz erlassen, bnrch welches bie Forstbeamten bie Befugnis erhielten, von ihren Waffen Ge-brauch zu machen, wenn ein Angriff auf ihre Pe r son erfolgt ober wenn sie mit einem solchen Angriff bebroht werben. Der An-brohung eines solchen Angriffes wird es gleich erachtet, wenn der Be-troffene die Waffen nach erfolgter Aufforderung nicht fofort n ieder leg t oder fie wieder aufnimmt.

Diefe klaren und präcifen Bestimmungen des Gesetzes wurden jedoch durch die „Instruktion über den Waffengebrauch" vom 17. April 1837 wesentlich und in für bas Forst- unb Iagbperfonal ungünstiger