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10 ORTHOPÄDIE & RHEUMA 2012; 15 (2) Weniger perioperative Infektionen Vor TEP-Implantation mindestens fünf Tage Clopidogrel-Karenz Bisher gibt es nur wenige Daten dazu, wie die perioperative Clopidogrel-Applikati- on erfolgen muss, um bei einer geplanten Hüft- oder Kniegelenkersatz-OP Komplikati- onen zu vermeiden. Eine Studie von Nandi et al. liefert nun neue Informationen [Clin Orthop Relat Res, DOI 10.1007/s11999-012-2306-7]. In der Studie der Tufts-Universität in Boston/USA wurden retrospektiv die Daten von 417 Patienten analysiert, die zwischen 2007 und 2009 wegen einer peripheren bzw. zerebralen Gefäßerkrankung, oder nach einer koronaren Stent-Implantation mit Clopidogrel behandelt wurden. Bei 116 dieser Patienten wurden insgesamt 126 Knie- oder Hüftendoprothesen implantiert. Bei 78 % der Eingriffe war Clopidogrel mindestens fünf Tage, bei 15 % einen und bis vier Tage vor der OP abgesetzt worden. Bei 8,7 % der Operationen wurde die Clopidogrel- Behandlung fortgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit für operative Revisionen wegen einer Infektion lag bei jenen Patienten, die Clopidogrel mindestens fünf Tage vor dem Eingriff ausgesetzt hatten, mit einer Odds Ratio (OR) von 0,07 am niedrigsten. Als Vergleichsgruppe wählten die US-Orthopäden Patienten mit Eingriffen, bei denen Clopidogrel nicht ausgesetzt wurde (OR = 1). In dieser Gruppe war bei jedem vierten Patienten wegen einer Infektion eine Revisionsoperation erforderlich, 38 % wurden wegen einer postoperativen Wundinfektion antibiotisch behandelt. In Deutschland empfehlen die Hersteller, Clopidogrel sieben Tage vor einem Eingriff abzusetzen, „wenn bei einem Patienten eine elektive Operation vorgesehen und die Thrombozytenaggregationshemmung vorübergehend unerwünscht ist“. Peter Leiner © Eisenhans / Fotolia.com © flic02 – Springer Verlag GmbH Erhöhte Arthrosegefahr Knorpelschäden mindern Erfolg nach Kreuzbandplastik Knorpel- und Meniskusverletzungen, die im Rahmen einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) entstehen, erhöhen das Risiko für frühe arthrotische Veränderungen im Knie. Zu diesem Ergebnis kam eine Stu- die des Australian Institute of Musculoscel- etal Research in Sydney, als Wissenschaftler die Langzeitergebnisse bei Patienten mit VKB-Plastik bzw. Patellarsehnentransplan- tat verglichen [Murray JRD et al.; Am J Sports Med 2012;40:404–413]. Insgesamt wurden 114 Patienten im Mittel 13 Jahre nachbeobachtet. Nach der Kreuz- band-Op. war die klinische Stabilität im Kniegelenk gut. Bei den Röntgenkontrollen zeigten sich in der Nachbeobachtungszeit in den operierten Knien signifikant mehr arthrotische Veränderungen als in den nicht operierten. 33 % der Knie nach VKB-Plastik wurden den radiologischen IKDC-Score- Kategorien C (abnormal) und D (stark ab- normal) zugeordnet, hingegen nur 24 % der kontralateralen Knie. Der negative Einfluss von Knorpel- und Meniskusverletzungen auf das Langzeitergebnis wurde besonders deutlich durch die Daten einer Subgruppe, in der die Patienten außer der Kreuzband ruptur keine weiteren Verletzungen erlitten hatten. Nur 7 % von ihnen wurden nach VKB-Plastik mit IKDC-Grad C bewertet. Dr. Christine Starostzik Selbstzahlerleistungen Die Zahlungsmoral vieler Patienten ist erschreckend schlecht Bei der Abrechnung von Selbstzahler- leistungen sind Ärzte unsicher, halbherzig und zum Teil irrational inkonsequent: Dieses Urteil fällen die Autoren der Studie „Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit“, die jährlich im Auftrag der Hamburger Stiftung Gesund- heit durchgeführt wird. 48,6% der befragten Ärzte berichten, dass Zahlungsausfälle bei 1–5% aller Privatversicherten und Selbst- zahler vorkommen. Weitere 10,5% vermel- den Zahlungsausfälle sogar bei mehr als 5% dieser Patienten. Nur 7% der Ärzte berich- ten, dass Zahlungsausfälle abnehmen, 30% dagegen beobachten eine steigende Ten- denz. Zur schlechten Zahlungsmoral trägt wohl auch bei, dass immer noch viele Ärzte bei individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) auf schriftliche Vereinbarungen verzichten. Dies bestätigt auch die IGeL-Studie des Wis- senschaftlichen Instituts der Ortskranken- kassen (WIdO). Sie ergab, dass 2010 in 54,4% aller Fälle IGeL ohne schriftliche Vereinba- rung und zu 14,5% ohne Rechnungsstellung erbracht worden sind. „Eine fehlende schrift- liche Regelung ist keine gute Grundlage für eine saubere rechtliche Abwicklung“, geben die Studienautoren zu bedenken. Selbstzah- ler tragen durchschnittlich 6% zum Praxis- umsatz bei. Dirk Schnack Äußerst komplex: die Anatomie des Kniegelenks Panorama

Die Zahlungsmoral vieler Patienten ist erschreckend schlecht

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10 ORTHOPÄDIE & RHEUMA 2012; 15 (2)

Weniger perioperative Infektionen

Vor TEP-Implantation mindestens fünf Tage Clopidogrel-Karenz

— Bisher gibt es nur wenige Daten dazu, wie die perioperative Clopidogrel-Applikati-on erfolgen muss, um bei einer geplanten Hüft- oder Kniegelenkersatz-OP Komplikati-onen zu vermeiden. Eine Studie von Nandi et al. liefert nun neue Informationen [Clin Orthop Relat Res, DOI 10.1007/s11999-012-2306-7]. In der Studie der Tufts-Universität in Boston/USA wurden retrospektiv die Daten von 417 Patienten analysiert, die zwischen 2007 und 2009 wegen einer peripheren bzw. zerebralen Gefäßerkrankung, oder nach einer koronaren Stent-Implantation mit Clopidogrel behandelt wurden. Bei 116 dieser Patienten wurden insgesamt 126 Knie- oder Hüftendoprothesen implantiert. Bei 78 % der Eingriffe war Clopidogrel mindestens fünf Tage, bei 15 % einen und bis vier Tage vor der OP abgesetzt worden. Bei 8,7 % der Operationen wurde die Clopidogrel-Behandlung fortgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit für operative Revisionen wegen einer Infektion lag bei jenen Patienten, die Clopidogrel mindestens fünf Tage vor dem Eingriff ausgesetzt hatten, mit einer Odds Ratio (OR) von 0,07 am niedrigsten.Als Vergleichsgruppe wählten die US-Orthopäden Patienten mit Eingriffen, bei denen Clopidogrel nicht ausgesetzt wurde (OR = 1). In dieser Gruppe war bei jedem vierten Patienten wegen einer Infektion eine Revisionsoperation erforderlich, 38 % wurden wegen einer postoperativen Wundinfektion antibiotisch behandelt.In Deutschland empfehlen die Hersteller, Clopidogrel sieben Tage vor einem Eingriff abzusetzen, „wenn bei einem Patienten eine elektive Operation vorgesehen und die Thrombozytenaggregationshemmung vorübergehend unerwünscht ist“. Peter Leiner

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Erhöhte Arthrosegefahr

Knorpelschäden mindern Erfolg nach Kreuzbandplastik

— Knorpel- und Meniskusverletzungen, die im Rahmen einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) entstehen, erhöhen das Risiko für frühe arthrotische Veränderungen im Knie. Zu diesem Ergebnis kam eine Stu-die des Australian Institute of Musculoscel-etal Research in Sydney, als Wissenschaftler die Langzeitergebnisse bei Patienten mit VKB-Plastik bzw. Patellarsehnentransplan-tat verglichen [Murray JRD et al.; Am J Sports Med 2012;40:404–413].Insgesamt wurden 114 Patienten im Mittel 13 Jahre nachbeobachtet. Nach der Kreuz-band-Op. war die klinische Stabilität im Kniegelenk gut. Bei den Röntgenkontrollen zeigten sich in der Nachbeobachtungszeit in den operierten Knien signifikant mehr arthrotische Veränderungen als in den nicht operierten. 33 % der Knie nach VKB-Plastik wurden den radiologischen IKDC-Score-Kategorien C (abnormal) und D (stark ab-normal) zugeordnet, hingegen nur 24 % der kontralateralen Knie. Der negative Einfluss von Knorpel- und Meniskusverletzungen auf das Langzeitergebnis wurde besonders deutlich durch die Daten einer Subgruppe, in der die Patienten außer der Kreuzband ruptur keine weiteren Verletzungen erlitten hatten. Nur 7 % von ihnen wurden nach VKB-Plastik mit IKDC-Grad C bewertet. Dr. Christine Starostzik

Selbstzahlerleistungen

Die Zahlungsmoral vieler Patienten ist erschreckend schlecht

— Bei der Abrechnung von Selbstzahler-leistungen sind Ärzte unsicher, halbherzig und zum Teil irrational inkonsequent: Dieses Urteil fällen die Autoren der Studie „Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit“, die jährlich im Auftrag der Hamburger Stiftung Gesund-heit durchgeführt wird. 48,6% der befragten Ärzte berichten, dass Zahlungsausfälle bei 1–5% aller Privatversicherten und Selbst-zahler vorkommen. Weitere 10,5% vermel-den Zahlungsausfälle sogar bei mehr als 5% dieser Patienten. Nur 7% der Ärzte berich-ten, dass Zahlungsausfälle abnehmen, 30% dagegen beobachten eine steigende Ten-denz.

Zur schlechten Zahlungsmoral trägt wohl auch bei, dass immer noch viele Ärzte bei individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) auf schriftliche Vereinbarungen verzichten. Dies bestätigt auch die IGeL-Studie des Wis-senschaftlichen Instituts der Ortskranken-kassen (WIdO). Sie ergab, dass 2010 in 54,4% aller Fälle IGeL ohne schriftliche Vereinba-rung und zu 14,5% ohne Rechnungsstellung erbracht worden sind. „Eine fehlende schrift-liche Regelung ist keine gute Grundlage für eine saubere rechtliche Abwicklung“, geben die Studienautoren zu bedenken. Selbstzah-ler tragen durchschnittlich 6% zum Praxis-umsatz bei. Dirk Schnack

Äußerst komplex: die Anatomie des Kniegelenks

Panorama