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Alfred Bekker Drachenschiffe vor Vinland Ein Abenteuer aus der Wikingerzeit Mit Illustrationen von Heribert Schulmeyer Deutscher Taschenbuch Verlag

Drachenschiffe vor Vinland - Alfred Bekker · Bauch binden,obwohl er so dick angezogen war. Sein Vater Sven Bleichhaar hatte ihm den Gürtel ... »Du redest schon wie Papa!«,meinte

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Page 1: Drachenschiffe vor Vinland - Alfred Bekker · Bauch binden,obwohl er so dick angezogen war. Sein Vater Sven Bleichhaar hatte ihm den Gürtel ... »Du redest schon wie Papa!«,meinte

Alfred Bekker

Drachenschiffevor Vinland

Ein Abenteuer aus der Wikingerzeit

Mit Illustrationen von Heribert Schulmeyer

Deutscher Taschenbuch Verlag

Page 2: Drachenschiffe vor Vinland - Alfred Bekker · Bauch binden,obwohl er so dick angezogen war. Sein Vater Sven Bleichhaar hatte ihm den Gürtel ... »Du redest schon wie Papa!«,meinte

Bei dtv junior sind von Alfred Bekker außerdem lieferbar:Überfall auf das Drachenschiff, dtv junior 71292

Verschwörung gegen Baron Wildenstein, dtv junior 71329

OriginalausgabeIn neuer Rechtschreibung

Mai 2009© 2009 Alfred Bekker

© 2009 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG,München

Die Veröffentlichung dieses Werkes erfolgt auf Vermittlung der Autoren- und Verlagsagentur Peter Mälden, Köln

www.dtv-tigerauge.deUmschlagkonzept: Ralph Bittner

Umschlagbild: Heribert SchulmeyerLektorat:Tanja Poestges

Herstellung: Stephanie LütjeGesetzt aus der Caslon 12,5/16˙Satz: Greiner & Reichel, Köln

Druck und Bindung: Druckerei C. H. Beck, NördlingenGedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier

Printed in Germany · ISBN 978-3-423-07718-7

Page 3: Drachenschiffe vor Vinland - Alfred Bekker · Bauch binden,obwohl er so dick angezogen war. Sein Vater Sven Bleichhaar hatte ihm den Gürtel ... »Du redest schon wie Papa!«,meinte

Inhalt

Abschied von Grönland . . . . . . . . . . . . 9Aufbruch ins Ungewisse . . . . . . . . . . . 19Sturmfahrt des Schreckens . . . . . . . . . 25Die fremde Küste . . . . . . . . . . . . . . . . . 33Vinland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41Der geheimnisvolle Pfahl . . . . . . . . . . . 47Ein Schatten im Wald . . . . . . . . . . . . . 55Der Skrälinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63Das Lager der Fremden . . . . . . . . . . . . 69Der Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79Umzingelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87Der neue Freund . . . . . . . . . . . . . . . . . 95Angriff! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105Einars mutige Tat . . . . . . . . . . . . . . . . 113Frieden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

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Abschied von Grönland

Ein eisiger Wind wehte über die Langhäuser derkleinen Wikingersiedlung. Einar Svenson hatte al-les, was er an Kleidung besaß, übereinandergezogen.Er trug mehrere knielange Wollgewänder und enganliegende Hosen, die er in seine Fellstiefel gesteckthatte. Der Ledergürtel war viel zu lang für einenNeunjährigen. Einar konnte ihn zweimal um seinenBauch binden, obwohl er so dick angezogen war.

Sein Vater Sven Bleichhaar hatte ihm den Gürtelgemacht und gemeint, dass er für lange Zeit passensollte. Alles, was Einar sonst noch besaß, steckte ineinem kleinen Bündel, das er über der Schulter trug.Neben ihm stand Freya Svenstochter, seine Zwil-lingsschwester. Auch sie hatte alle ihre Sachen über-einandergezogen und den Rest in ein Bündel ge-schnürt. Das blonde Haar war zu einem Zopfgebunden und sie hatte sich eine Decke wie einenUmhang umgehängt.

»Schade, dass wir wegziehen müssen«, sagte sie.»Ja«, murmelte Einar und blickte zu den drei

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Langschiffen, die am Strand lagen – bereit, um inKürze abzulegen. Die Segel flatterten lose im Wind.Ein paar Männer trugen Fässer mit Met und Frisch-wasser an Bord. »Aber es geht ja nicht anders.«

»Du redest schon wie Papa!«, meinte Freya.»Aber es stimmt doch. Es ist einfach zu kalt hier in

Grönland.« Einar sah zu den schneebedeckten Glet-schern hinüber, die das gesamte Innere des Landesmit einem Eispanzer überzogen. Nur hier an derKüste gab es einen schmalen Streifen, der im Som-mer für wenige Monate grün wurde. Aber das biss-chen Gras auf Grönland reichte nicht für die Rinder.Und es gab außerdem keine Bäume und daher immerzu wenig Holz, um Häuser zu bauen und zu heizen.

Zwei Männer versuchten gerade, eine Kuh aufeines der Schiffe zu zerren, aber das Tier sträubtesich. Einar und Freya beobachteten, wie ihr Vaterherbeilief, um es von hinten anzuschieben. Die Kuhmuhte laut auf.

»Ich glaube, die weiß schon, was ihr bevorsteht!«,sagte Freya. »Eine Fahrt durch raue See, bei der esdauernd hin und her schaukelt, dass einem schlechtwird!«

»Aber in Vinland soll es mehr Gras geben«, wand-te Einar ein, »und sogar Bäume!«

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Sven Bleichhaar hatte Einar und Freya oft davonerzählt, wie Bäume aussahen, bevor man ihnen dieÄste abschlug und sie fällte. Bäume gab es kaum imkalten Grönland, und die Grönländer mussten im-mer wieder über das weite Meer fahren, um Holzaus anderen Ländern zu holen. Ganze Schiffsladun-gen voll Baumstämme brachten sie dann heim, abernie ganze Bäume mit Wurzeln, Ästen und Blättern.

Mit viel Mühe hatten die Männer es inzwischengeschafft, die Kuh ins Schiff zu bugsieren. Aber eswarteten noch mehr Rinder an Land, die nun un-ruhig wurden.

Freya zuckte mit den Schultern. »Wir können so-wieso nichts daran ändern«, sagte sie. »Am traurigs-ten finde ich aber, dass wir Großvater und Groß-mutter wahrscheinlich für lange, lange Zeit nichtwiedersehen werden. Vielleicht sogar nie mehr, fallswir in dem neuen Land bleiben.«

»Wer sagt das?«, fragte Einar.»Großvater hat das gesagt. Du kannst ihn ja gerne

selbst fragen.«»Einar!«, rief in diesem Moment die helle Stimme

seiner Mutter. Sie stand vor Großvaters Langhausund winkte.

Bestimmt sollte er irgendwas helfen.Einar seufzte.

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»Eigentlich müsste doch außer den Tieren alles anBord sein!«, sagte Freya. Sie hatten schließlich schonbeide kräftig mitgeholfen und bei allem mit anfassenmüssen, was nicht zu schwer für sie war.

Einar setzte Freya sein Bündel vor die Füße.»Hier, pass du mal drauf auf!« Dann rannte er los.Wenig später hatte er seine Mutter Sigrun Björns-tochter erreicht. Auch sie war warm angezogen undfertig für die Reise. Sie trug ein bis zum Boden rei-chendes Kleid und hatte sich einen wollenen Um-hang um die Schultern gewickelt. Über dem Kragenbaumelte ein kleines Holzkreuz an einem Leder-band. Dieses Kreuz war das Zeichen dafür, dass siean den neuen Christengott glaubte. Sven Bleichhaar

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und die meisten anderen Wikinger aus Grönlandhielten sich dagegen noch an die alten Götter desNordens.

»Was ist los, Mama?«, fragte Einar.»Du sollst zu Großvater Björn in die Werkstatt

kommen. Beeil dich!«Einar nickte und machte sich auf den Weg. Die

Werkstatt von Großvater Björn lag im hinteren Teildes Langhauses und hatte einen eigenen Eingang.Björn war ein großer, stattlicher Mann mit schnee-weißen Haaren und langem Bart.

»Ah, schön, dass du kommst, Einar.«»Was ist, Großvater?«»Ich habe etwas für dich, das ich dir geben möch-

te. Nenn es ein Abschiedsgeschenk. Du wirst es drü-ben in Vinland sicher gut brauchen können.«

Damit reichte Großvater ihm eine Axt mit kurzemStiel, die sowohl als Waffe wie auch als Werkzeugbenutzt werden konnte. Sie lag sehr leicht in derHand.

Einar betrachtete den mit Runen verzierten Stiel.Sein Herz machte einen Satz. Eine eigene Axt!

»Ich habe darauf geachtet, dass sie nicht zu schwerist. Drüben in dem neuen Land im Westen gibt esBäume genug. Ihr werdet daraus Häuser und Schif-

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Wer waren die Wikinger?

Die Wikinger waren Seefahrer, Entdecker und Eroberer. Sielebten ursprünglich in Dänemark, Schweden und Norwegen.

Mit ihren Schiffen machten sie zwischen 750 und 1100 n. Chr.die Meere als Piraten unsicher. Im Westen gründeten sie Sied-lungen an den Küsten Irlands, Englands und Schottlands, in derNormandie und auf Sizilien.Von Island aus erreichten sie Grön-land und von dort sogar Nordamerika.Über die Flüsse im Ostenruderten sie bis zum Schwarzen Meer und trieben Handel mitdem Kaiser von Konstantinopel und dem Kalifen von Bagdad.

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fe bauen – und das Holz im Winter verheizen! Ichnehme an, du wirst kräftig mithelfen müssen, und dasollst du nicht ohne Werkzeug dastehen!«

»Danke, Großvater!«, stieß Einar hervor. »Das istein wirklich tolles Geschenk!«

»Kannst du die Runen auf dem Griff schon le-sen?«

»Noch nicht so gut«, gab Einar zu. Der Wander-lehrer, der die Kinder unterrichtete, war in diesemJahr nicht gekommen. Vielleicht hatte er kein Schiffgefunden, das ihn nach Grönland mitnahm. Oder eswar ihm dort einfach zu kalt und ungemütlich undder Lohn für seine Arbeit zu gering. Schließlich gabes anderswo Siedlungen, die viel reicher waren undwo man ihm mehr für seine Dienste geben konnte.

»Da steht: Njörd beschütze Einar!«, sagte Groß-vater Björn.

Njörd – der Gott des Meeres! »Steck dir die Axt hinter den Gürtel, so wie ich es

auch tue. Dann bist du immer gut ausgerüstet.«Einar tat, was Großvater gesagt hatte. Dann fiel er

ihm um den Hals. »Danke!«»Wir werden uns lange nicht sehen, Einar.« Der

Großvater sah Einar tief in die Augen.»Freya sagt sogar, vielleicht für immer.«

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»Ja, das ist sehr wahrscheinlich, denn ich glaubenicht, dass ihr noch mal zurückkehrt, wenn ihr eucherst in Vinland eingelebt habt!«

»Warum kommst du nicht mit nach Vinland?«,fragte Einar. »Du und Großmutter und alle deineLeute?«

»Ich bin zu alt«, sagte Großvater Björn. »Zu alt,um unseren Hof zu verlassen und noch mal ganz vonvorn anzufangen und alles neu aufzubauen. Aber ihrkönnt dort ein besseres Leben beginnen!«

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Aufbruch ins Ungewisse

Ein Hornsignal ertönte.Jetzt geht es los!, dachte Einar und kauerte sich in

eine Nische im vorderen Teil des Schiffes.Auch die letzte Kiste, das letzte Fass und die letz-

te Ziege waren auf die drei Schiffe geladen worden,die nun in See stechen würden.

Sven Bleichhaar, Einars und Freyas Vater, war derKapitän der Wellendrache. Vorne am Bug des rechtbreiten Schiffes befand sich ein grimmig dreinschau-ender, bunt bemalter Drachenkopf aus Holz. Nebender Wellendrache schaukelten noch die Schaumdracheund die Seedrache im seichten Wasser.

Die Seedrache, das größte der drei Schiffe, fuhrunter dem Kommando von Thorfinn Karlsefni. Erführte die kleine Flotte an. Vor zwei Jahren war erschon einmal nach Vinland gefahren. Zurück aufGrönland hatte er versucht, möglichst viele Wikin-ger dafür zu gewinnen, mit ihm als Siedler in dasneue Land zu ziehen. Einars Vater und 170 weitereMänner, Frauen und Kinder hatten sich von ihm

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überzeugen lassen. Das waren genügend, um in Vin-land eine neue Siedlung zu gründen.

Großvater Björn und zahlreiche andere Wikingerstanden am Strand und verabschiedeten die Besat-zungen der drei Schiffe. Einar winkte, bis ihm derArm wehtat.

Dann wurden die Segel gesetzt. Der Wind blähtesie auf.

»Setz dich in den Bug«, sagte Sigrun zu Freya, diebis dahin in der Mitte des Schiffs bei den Met-Fäs-sern gekauert hatte. »Dann bist du aus dem Wegund sicher aufgehoben.«

»Ja, Mama.«»Jesus Christus schütze euch«, murmelte Sigrun

und strich ihrer Tochter über den Kopf.»Aber auch Thor und Odin!«, meinte Freya. »Und

Njörd, weil wir doch über das Meer fahren!« Diekriegerischen Götter der Wikinger erschienen Freyastärker zu sein als der Christengott, für den dieNächstenliebe am wichtigsten war.

Sigrun lächelte. »Geh jetzt!«, sagte sie.Freya hangelte sich zum Bug und setzte sich ne-

ben Einar. Hier an der Spitze war das Schiff soschmal, dass sowieso kein Erwachsener dort Platzgefunden hätte.

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Außer Freya und Einar waren noch einige meistgrößere Kinder an Bord. Eine Frau hatte sogar ihrenwinzigen Säugling dabei.

Einar blickte zurück zur Küste, die sich rasch ent-fernte. Bald waren sie überall nur noch von schäu-menden Wellen umgeben. Die drei Drachenschiffepflügten durch die aufgewühlte See.

Immer wieder spritzte denKindern die kalte Gischtins Gesicht. Aber dieSonne schien und eswar gutes Wetter. DerWind blies kräftig undsorgte dafür, dass alledrei Schiffe gut Fahrt

aufnahmen.Sven kam zum Bug. Er hielt zwei Tau-Enden in

der Hand und gab jedem der beiden Zwillinge einsdavon. »Hier, schlingt es euch um die Brust und bin-det das andere Ende an der Reling fest!«, sagte er.»Schließlich sollt ihr nicht bei der ersten wirklichgroßen Welle über Bord gerissen werden!«

»Meinst du, die Wellen werden noch größer?«,fragte Freya.

Sven lachte. »Natürlich werden sie noch höher!

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Die Schiffe der Wikinger?

Die Wikinger waren die ersten Seefahrer, die tollkühn genugwaren,mit ihren Schiffen Meere zu überqueren und gegen den

Wind zu kreuzen. Sie waren nicht darauf angewiesen, dass derWind immer von hinten kommen musste.Bisher war man immermöglichst an der Küste entlanggefahren, weil die Menschen da-mals glaubten, dass das Meer voller schrecklicher Ungeheuersei, und sie sich fürchteten, sobald sie kein Land mehr sahen.

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Die schmalen Kriegsschiffe für bis zu hundert Mann Besatzungnannte man Draken, die breiten Schiffe für den TransportKnorr. Die Schiffe sahen mit ihren geschnitzten und bemaltenDrachen-, Wolfs- oder Vogelköpfen vorne am Bug furchter-regend aus und sollten die Feinde einschüchtern. Für den Fall,dass ein Wikingerschiff in einen befreundeten Hafen einlief,konnte man die Köpfe abnehmen.

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Und in den Gewässern, die wir durchqueren müs-sen, ist es besonders wüst! Das Wetter kann jederzeitumschlagen.«

Einar knüpfte eine Schlinge und schlüpfte mitKopf und Armen hindurch, ehe er sie stramm zog.Schließlich wollte er nicht erwürgt werden, falls ertatsächlich über Bord gehen sollte. Das andere Endedes Taus befestigte er mit einem Knoten an der Re-ling. Sein Vater hatte ihnen beiden beigebracht, wieman Knoten machte, die schnell zu knüpfen, abergenauso schnell wieder zu lösen waren.

Die Überfahrt nach Vinland war sehr gefährlich.Einar hatte zugehört, als Thorfinn am Lagerfeuerdavon berichtet hatte. Bei seiner ersten Fahrt nachVinland war ihm ein ganzes Schiff im Sturm ver-loren gegangen. Die unruhige See vor Vinland warder Hauptgrund dafür, dass Thorfinn auf dieserFahrt nur breite, bauchige Schiffe mitnehmen woll-te, die man Knorr nannte, und nicht die schmale-ren Draken oder Schniggen. Die waren zwar vielschneller, kenterten dafür aber auch leichter.

»Gut so?«, fragte Freya. Sven überprüfte noch ein-mal die Knoten und nickte. »Jetzt kann euch nichtspassieren«, meinte er und ging zurück zum Heck.

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